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Full Text: Globus, 72.1897

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Dr. Karl Neukirch: Die Katschinas der Tusayanindianer. 
bäuden (siehe Rehr., V. 8713 bis 8715). Ebenso mag 
es in alter Zeit auch wohl kaum eine Handkammer un 
mittelbar neben dem nams gegeben haben. Auch an 
der Stelle solcher Handkammer scheint in alter Zeit 
ausschliefslich ein besonderes Gebäude, die Klete, gedient 
zu haben, welches bis heute in mannigfaltiger Aus 
stattung vorhanden ist und den Namen Klete (lettisch 
klets, litauisch kletis) führt. Das Wort ist nach 
Bezzenberger von den Slaven, wahrscheinlich den 
Russen, entlehnt. 
Die Katscliinas der Tusayanindianer. 
(Mit einer farbigen Tafel als Sonderbeilage.) 
Die auf der beifolgenden Tafel abgebildeten Schilde und 
Masken werden von den Hopi oder Moki, einem Teile der 
Walpi, bezw. Tusayan-, bezw. Puebloindianer im Staate 
Arizona, bei der Aufführung der Katscliinas gebraucht, über 
welche wir J. W. Fewkes eine genaue Monographie ver 
danken 1 ). Der Ausdruck Katscbinas bedeutet bei diesen 
Stämmen zunächst übernatürliche, den grofsen Gottheiten 
untergeordnete Wesen, welche durch maskierte Menschen 
(männlich Katscbinas, weiblich Katschinamanas) oder durch 
aus Holz geschnitzte Bildnisse und Puppen dargestellt 
werden. Sodann bedeutet das Wort auch die Tänze, welche 
von diesen maskierten Darstellern zu Ehren der gleichnamigen 
Gottheiten aufgeführt werden. Neben den Katschinas bilden 
eine andere grofse Gruppe von religiösen Gebräuchen und 
Festlichkeiten bei den Tusayanindianern die Neuntagsfeste. 
Entsprechend der Verteilung der Feldarbeit auf das Jahr 
finden im Winter (Ende August bis März) länger dauernde 
und aus verwickelteren Ceremonieen zusammengesetzte Fest 
lichkeiten als im Sommer statt, wo der Zeitmangel kürzere 
und einfachere Feste verlangt. Die einzelnen Jahre zeigen 
eine ziemlich auffallende Wiederkehr der Feste, sowohl nach 
ihrer Reihenfolge, wie nach ihrem Charakter. 
Die Neuntagsfeste haben gewöhnlich eine wirkliche 
Festdauer von neun Tagen und Nächten. Dieselben werden 
unterschiedlich von den Katschinas und ohne maskierte 
Katschinas und ohne Mitwirken der Tschaku’-wympkiyas 
oder clowns (auch mudheads = Lehmköpfe, gluttons = Viel- 
frafse genannt) abgehalteu. Gebete um Regen und ein Wett 
rennen am Morgen des achten oder neunten Tages sind 
charakteristisch für dieselben. 
Bei den Katschinas treten maskierte Katschinas auf; 
auch nehmen die Tschaku’-wympkiyas (Hanswürste) an den 
selben Teil. Der Körper der Katschinas ist während des be 
treffenden Festes nur von einem grünen oder weifsen, mit 
Regenbogensymbolen bestickten Röckchen bekleidet, welches 
durch eine Schnur gehalten wird, von der hinten ein Fuchs 
pelz herabhängt. Rasseln aus Schildkrötenschalen und 
Schafs- oder Antilopenhufe sind an einem Beine hinter dem 
Knie befestigt. Gewöhnlich werden auch Schlangen getragen. 
Am Gürtel befinden sich Fichtenzweige und in einer Hand 
wird eine Rassel gehalten, welche aus einer mit Steinen 
gefüllten, an kurzer, hölzerner Handhabe befestigten Kürbis 
schale besteht. Die eng an den Kopf anschliefsende Maske 
(kü'itü) ist meistens aus Leder gefertigt und besitzt die Form 
eines Helmes, welcher auf den Schultern ruht. Sie wird zu 
jedem Feste mit den ziemlich unveränderlichen Symbolen 
des darzustellenden Katschina von neuem bemalt; sie mufs 
mit der linken Hand aufgesetzt und abgenommen werden. 
Die Katschinas zerfallen in die grofsen Katschinas, bei 
denen Altäre erbaut werden, und in die kleinen Katschinas, 
bei denen Altäre im allgemeinen fehlen. 
Das erste Fest in der Reihe der grofsen Katschinas ist 
das Soyäluiia-Fest, das von Fewkes zuerst beschrieben 
wurde. Es ist eine Feier der Krieger zu Ehren des zurück 
kehrenden Kriegsgottes, des höchsten unter den Göttern. 
Charakteristisch hierfür ist besonders das nächtliche Absingen 
von Liedern durch die Krieger. Der Beginn des Festes war 
im Jahre 1891 am 22 . Dezember. Am ersten Tage beschenkten 
sich die Männer unter Beobachtung eeremonieller Bewe 
gungen gegenseitig mit einer Feder, welche an einer Schnur 
befestigt war. Diese Gabe wurde dem anderen mit dem 
*) Fewkes, J. W., The group of Tusayan ceremonials called 
Katcinas. (XV. Annual report of the Bureau of Ethnology 1893/94. 
Washington 1897.) Hervorgegangen aus den Studien F.’s als Mitglied 
der Hemenway- Expedition in den Jahren 1890 bis 1894. Die vor 
kommenden Namen sind möglichst in deutscher Lautschrift wieder 
gegeben. 
Wunsche eingehändigt: „Erfüllen Dir morgen alle Katschinas 
Deine Wünsche!“ Die Federn wurden dann zunächst in den 
Haaren befestigt. Beim Einbrechen der Nacht versah sich 
jeder mit einer etwa einen Meter langen Weidenrute, befestigte 
daran die erhaltenen Federn und Schnüre und steckte die 
also geschmückte Rute in die Dachsparren der Häuptlings- 
hütte (möiikiva). Gefeiert wurde in allen Hütten (kivas), die 
Hauptfestlichkeiten spielten sich jedoch in der „möiikiva“ 
ab. Die Obersten 
der verschiedenen 
Gesellschaften un 
terschieden sich 
durch den Kopf 
putz und die bild 
lichen Darstellun 
gen auf dem Schilde 
von einander. Der 
Oberste der Gesell 
schaft der Tätau- 
kyamü trug einen 
Kopfputz mit 
Regenwolken-Sym- 
bolen und einen 
Schild, auf wel 
chem die Sonne 
dargestellt war. 
(Fig. 1 der Tafel.) 
Der Anführer einer Big- 2. Schild mit Sternsymbol, 
zweiten Gesell 
schaft trug einen Schild mit einem darauf gemalten Sterne. 
(Fig. 2 im Texte.) Der einer dritten hatte einen Schild 
mit einer Antilopenabbildung. Auf dem Schilde des Ober 
hauptes der Gesellschaft der Aawympkiya war ein unbe 
kannter Katschina dargestellt. (Fig. 3.) Der Führer der 
Kwakwantu trug in der Hand das aus dem hölzernen Stiele 
der Aloe (Kwan) geschnitzte Bildnis der Grofsen Schlange 
(palülükonuh), während auf seinem Schilde ein Kwakwantü 
in voller Ausrüstung abgebildet war. Als alle in der „mon- 
kiva“ versammelt waren, wurden unter Gesängen Tänze 
und Angriffs-, bezw. Verteidigungspantomimen aufgeführt. 
Dann folgte ein Flötensolo, während dessen der Lukeneingang 
bewacht wurde, wobei eine weidengeflochtene, mit nach 
geahmten Bergschafhörnern geschmückte Kappe zur Ver 
wendung kam. (S. Fig. 4.) Hierauf fand ein komplizierter 
Grofser Schlangengötzendienst statt. Darauf wechselten 
wieder Gesänge und wilde Tänze mit Scheinangriffen auf die 
Sonnenschilde mit rasenden Einzeltänzen. Das Ganze ist 
nach Fewkes Ansicht wohl 
eine dramatisierende Dar 
stellung der Sage von dem 
Kampfe der Sonne ge 
gen feindliche Gott 
heiten und Mächte. Die 
Grofse Schlange und die an 
deren feindlichen Gewalten, 
welche in der Pantomime 
dargestellt werden, sucht 
man durch Opfer zu be 
schwichtigen oder deutet 
ihr Unterliegen, bezw. ihre er 
hoffte Nachgiebigkeit durch 
Scheinangriffe und Siege an. 
Das kompli 
zierteste Kat 
schinafest ist 
das Powamü. 
Seine Dauer 
war im Jahre 
1893 vom 
20. Januar bis 
zum 7. Fe 
bruar. Es ist 
das Erneue 
rungs- oder Fig. 8 . Maske, benutzt beim Pawik- 
Reinigungs- katschina. 
fest. Eine 
grofse Rolle spielen die Natäschkas (oder monsters, Mifs- 
gestalten, Ungeheuer) dabei, von denen wir eine eigenai-tige 
Maske wiedergeben. (S. Fig. 5.) Da die Festlichkeiten zu 
verwickelt sind, können wir eine Übersicht in Kürze nicht 
geben; wir führen daher nur einige interessante Gebräuche 
ohne Zusammenhang an. 
In geweibten Sand werden Pflanzensamen gelegt und 
durch übermäfsige Erhitzung der Kivas zum schnellen 
Sprofsen gebracht. Aufser den auch sonst geübten Gebeten, 
Gesängen, Opferspendungen mit Mehl und Rauchversamm-
	        
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