34 Bücher
stehen die hier behandelten Stämme nicht ganz auf der Höhe
der eigentlichen Halbkulturvölker, das äufsert sich auch poli
tisch in dem durchgängigen raschen Zerfall der von ihnen
gegründeten Staaten, wie er sich besonders deutlich bei den
A-Sandüh und den Mangbattu zeigt — ein Vorgang, der
wahrscheinlich zum grofsen Teil auf der niederziehenden
Wirkung der tiefer stehenden älteren Bevölkerung beruht.
Das Bestehen des Staates hängt hier gänzlich von der Per
sönlichkeit des Herrschers ab, die daher hier eine viel
gröfsere Bolle spielt als bei Staatenbildungen von beständigerer
Beschaffenheit, und das Hauptbindemittel ist die Furcht, die
Hauptwaffe des Herrschers ein strenger Despotismus.
Ausführlich ist die Erscheinung der „politischen Wüsten“,
der unbewohnten Grenzgebiete, behandelt. Die beigegebene
Karte erweckt eine fast verblüffende Vorstellung von ihrer
Gesamtgröfse, die schon Junker «für das Gebiet der A-Sandöh
für beträchtlicher als die Gesamtheit des besiedelten Gebietes
hielt; ihr Eindruck stimmt durchaus zu den Worten im Text,
dafs „die Staaten im weitmaschigen Netz des Unbewohnten
eingelagert sind wie die Zellen in der Zwischensubstanz des
Bindegewebes“.
Es wäre sehr erfreulich, wenn der Verfasser seine Unter
suchungen auf andere Gebiete, wie etwa den Sudan, für den
ja auch die Quellen nicht zu spärlich fliefsen, ausdehnen
wollte. Nur eins erscheint uns bei der Arbeit fraglich, ob
man sie nämlich als Ganzes schlechtweg als einen „Beitrag
zur politischen Geographie“ bezeichnen darf. Die meisten
Erörterungen sind doch mehr ethnologischer und psychologischer
als geographischer Natur, und die geographischen Einflüsse
sind vielleicht stellenweise etwas überschätzt, so bei den Er
örterungen über die „Enge des Gesichtskreises“: die meisten
hier betonten Erscheinungen, wiedas gegenseitige Mifstrauen,
die Neigung zur Abschliefsung, die Schwäche der ursprüng
lichen Handelsbeziehungen, wurzeln doch wohl mehr in
geistigen als in räumlichen Gründen.
Braunschweig. A. Vierkandt.
G. J. Tanflljew: Die boden- und pflanzengeogra
phischen Gebiete des europäischen Bufsland.
St. Petersburg, W. Demakow, 1897. 30 S. russisch, 3 S.
deutsch, 2 Karten.
Folgende Einteilung wird vorgeschlagen:
I. Das Gebiet Nordrufslands oder das der Fichte. — Der
Boden ist arm an löslichen Salzen, das Grundwasser gewöhn
lich weich. In den Wäldern herrscht Nadelholz vor. Süd
grenze: Lublin, Zitomir, Kiew, Nishni-Nowgorod, Kasan, Ufa.
1. Zone der Tundra. Wälder fehlen. Das Grundwasser
ist gefroren. Die Bewohner sind Nomaden ohne Ackerbau,
ihr Hauptweidetier das Kenn.
2. Zone der Nadelwälder und Mooi’e. Sie ist sehr reich
an Seen und Hochmooren, der Boden der Wälder ist oft ver
sumpft. Fichte und Kiefer herrschen vor. Die Ost - und
Westgrenzen mancher Baumarten sind nur von untergeord
neter Bedeutung. Hauptfeldfrüchte sind Boggen, Hafer und
Gerste, die Wirtschaft ist vielerwärts eine sehr extensive, nur
2 bis 10 Proz. der Gesamtfläche sind angebaut.
3. Zone des trockenen Bodens und der gemischten Wälder,
gegen die vorige sehr unregelmäfsig abgegrenzt, im allge
meinen die Ostseeprovinzen, Polen, Litauen und Weifsrufsland
umfassend. Hochmoore sind wenig vorhanden. Dagegen
bilden die grofsen Niederungsmoore des Poljesje einen beson
deren Bezirk. Nadelwald herrscht auch hier vor, selbst in
Polen bestehen drei Viertel der Bestände aus Kiefern. Unter
dem Laubholz ist die Eiche bemerkenswert, jedoch fehlt sie
auch der zweiten Zone nicht ganz. Aufser dem Poljesje
bilden noch die trockenen Bergwälder des westlichen Ural
einen Sonderbezirk dieser Zone, in welchem Kiefer, Birke und
Lärche vorherrschen. Hauptfeldfrucht dieser Zone ist der
Koggen, Hauptbetriebsart die Dreifelderwirtschaft.
II. Das Gebiet Südrufslands oder das der Steppe. — Der
Boden ist reich an löslichen Salzen, besonders an Kalk, das
obere Grundvrasser ist hart, oft reich an Chlor und Schwefel-
säui'e. In den Wäldern herrscht Laubholz vor, im Ackerbau
Weizen.
4. Zone des hellfarbigen Löfsbodens. Eine schmale,
stellenweise unterbrochene Zone, welche sich westwärts durch
Deutschland fortsetzt (vgl. die Karte im Globus, Bd. 65, Nr. 1).
Der Boden ist bedeutend ausgelaugt, Chlor und Schwefelsäure
spielen im oberen Grundwasser keine Bolle. Eichen - und
Birkenwälder herrschen vor.
5. Zone der Schwarzerde. Sie zerfällt in zwei Unter
abteilungen, deren Grenze über Kishinew, Poltawa, Saratow,
Samara, Sterlitamak verläuft.
a. Die Vorsteppe. Der Boden ist bis zu einer Tiefe von
mehr als 50 cm ausgelaugt. Waldinseln sind zahlreich, und
•sch au.
der Boden dieser ist bis zu einer Tiefe von mindestens 125 cm
ausgelaugt. Hauptwaldbäume sind die Eiche, Linde, drei
Ahornarten, die Espe, Hasel, und im Westen die Esche, sowie
gegen die westliche Grenze die Hainbuche und Buche.
Kiefernwälder finden sich im Westen fast nur auf den Sand
dünen, welche die linken Flufsufer begleiten. Im Osten des
Meridians von Pensa wird die Landschaft mehr hügelig, er
ratische Blöcke fehlen, und Kiefernwälder sind hier auch
auf den Wasserscheiden anzutreffen. Diese Unterabteilung
hat am meisten (60 bis'70 Proz. der Fläche) Ackerland.
b. Die waldlose Schwarzerdesteppe. Der Boden ist
höchstens bis zur Tiefe von 50 cm ausgelaugt, das Grund
wasser enthält meist viel Chlor und Schwefelsäure. Der
Weizen gedeiht dauernd auf ungedüngtem Acker. Besondere
Bezirke bilden in dieser Abteilung die Schwarzerdesteppen
auf den Vorbergen des Ural und das salzreiche Steppengebiet
östlich vom Uralgebirge.
Nicht zu diesem Gebiet gehört die aralokaspische Wüste,
deren Boden ehemaliger Seegrund ist. Sie ist besser zu
Asien zu rechnen. Das Stidufer der Krim gehört zum Mittel
meergebiet. Ernst H. L. Krause.
Eugen V. Cholnoliy: Limnologie des Plattensees. Be-
sultate der wissenschaftlichen Erforschung des Plattensees.
Herausgegeben von der Plattenseekommission der Ung.
Geogr. Gesellschaft. 1. Bd. Physikalische Geographie des
Plattensees und seiner Umgebung. 3. Teil. Wien, Kom
missionsverlag von Ed. Holzel, 1897.
Wie schon vor kurzem im Glohus, Bd. 71, S. 331, erwähnt,
sind die seit dem Jahre 1891 ins Werk gesetzten Unter
suchungen über den Balaton , den gröfsten Binnensee Mittel
europas, so weit gefördert worden, dafs nunmehr die wissen
schaftliche Darstellung, und zwar sowohl in magyarischer wie
in deutscher Sprache begonnen hat. Den Anfang macht der
von der Kommission so genannte limnologische Teil, d. h der
Bericht über die Besultate der Wasserstandsmessungen, der
Beobachtungen derregelmäfsigenund unregelmäfsigen Schwan
kungen des Niveaus und endlich der Strömungen in der
Enge von Tihany, welche den Balaton in zwei ziemlich gleich
grofse Hälften teilt. Die Schwankungen des Wasserspiegels
wurden mit zwei selbstregistrierenden Limnographen je in
Keszthely und in Kenese, die eigentümlichen Strömungen in
der Tihany-Szäntoder Einschnürung von einem Bheographen
aufgezeichnet. Zahlreiche sehr deutlich gezeichnete graphische
Darstellungen unterstützen in wirksamster Weise den Text,
der auch die mathematische Theorie der Oberflächenschwan
kungen (Seiches) ausführlich bespricht. Die mühsamen Beob
achtungen sind deshalb von ganz besonderem Interesse, weil
die Schwingungsdauer der Seiches am Balaton bedeutend gröfser
ist, als irgendwo bis jetzt beobachtet wurde, was bei seiner
regelmäfsigen Gestalt und seiner gleiclimäfsigen sehr geringen
mittleren Tiefe (etwa 3 m) nicht Wunder nehmen kann.
Wenn der Verfasser die eigentümliche Erscheinung der
Gegenströmungen unterhalb des Niveaus dem Umstande
zuschreibt, dafs die Wellenlänge die mittlere Tiefe des Sees
oft erheblich übertrifft, so kann Beferent dieser Anschauung
nicht beipflichten, da dieselbe Erscheinung auch am Arend-
see beobachtet wurde , dessen mittlere Tiefe umgekehrt sehr
viel gröfser ist als jemals die Wellenlänge. Dagegen kann
er den sehr sorgfältigen Erörterungen über die Ursachen der
periodischen und unperiodischen Niveauschwankungen im all
gemeinen sich durchaus anschliefsen und nur lebhaft wünschen,
dafs auch die übrigen Untersuchungen über den grofsen
Steppensee Ungarns ebenso ausführlich beschrieben und gleich
wichtige Ergebnisse zeitigen werden. Dr. Halbfafs.
J. Habel: Ansichten aus Südamerika. Schilderung
einer Beise am La Plata in den Argentinischen Anden
und an der Westküste. Mit 70 Tafeln und Panoramen
nach 165 photographischen Originalaufnahmen, einer
Kartenskizze und 3 Bildern im Text. Berlin, Beimer, 1897.
Das Werk bietet den kurzgefafsten Beisebericht über
zwei Expeditionen, die Herr Habel in den Südsommermonaten
der Jahre 1893/94 und 1894/95 nach den südamerikanischen
Anden ausführte. Dieselben hatten den Zweck, einige der
Tliäler, welche südlich vom Aconcagua hinziehen, besonders
das Thal des Bio de las Horcones und des Bio de las Bode
gas, zu erforschen und aufzuklären. Dieselben waren nämlich
bis jetzt noch ganz unbekannt, trotzdem sie in der Nähe der
bis jetzt am meisten zum Verkehr zwischen Chile und Ar
gentinien benutzten Uspallatapässe und der Stelle liegen, die
für den Bau des Tunnels der bekannten transandinischen
Bahn ins Auge gefafst ist. Die eine Beise wurde freilich
durch das vollständig unnütze Eingreifen der argentinischen
Polizei in unangenehmer Weise unterbrochen, da sie in dem
Beisenden einen chilenischen Spion vermutete und ihn des