58 Prof. Gust. Oppert: Die Ureinwohner Indiens in ethnologischer, religiöser u. sprachl. Hinsicht.
gemein. Die dravidischen Pariah, Paraväri im Maratha-
lande genannt, haben ebenso wie die übrigen Kasten ihre
Unterabteilungen, stehen in den einzelnen Paraceri
(Pariabdörfern) unter ihren eigenen Ältesten, und sind
ebenso stolz auf ihre Abkunft und unduldsam gegen
Fremde, wie die hochmütig auf sie herabschauenden
höheren Stände.
Was nun das Wort Pariah betrifft, so hat man das
selbe bisher gewöhnlich von para (parai), Trommel, ab
geleitet, und die Pariah für die Trommlerkaste gehalten.
Diese Etymologie beruht aber auf sehr schwacher Grund
lage, denn nur eine der 18 Unterabteilungen der Pariah,
die sogenannten Vettiyan im Süden, welche die Leichen
verbrennen, und die^Gräber graben, den niedrigen Dom
käste, so würden sie wohl in ganz Indien dement
sprechend benannt worden sein. Dem dravidischen
Pariah stehen, wie schon bemerkt, die gaudischen Can-
däla gegenüber, die Kandaloi des Ptolemäus, welcher
gaudische Stamm zuerst in Sklaverei geriet.
Das Wort Pariah, sowie Parava, Paraväri, Parhéya,
Pahäria, auch Mala genannt, Bär, Mär (Mhar) und an
dere mehr, bedeuten alle insgesamt Bergbewohner, und
sind, wie schon bemerkt, von der obenerwähnten dra
vidischen Wurzel par und seinen Variationen abzuleiten.
Der Name Pahäria entspricht dem Mahära, und wie
Mahar und Bahar respektive von Mar (Mhar) und Bar
(Bhar) herkommen, so entstand auch Pahar aus der
Wurzel par (phar). Die Malälu oder Mälavändlu (von
Fig. 6. Gruppe des Mannarsvami mit den sieben Muni bei Tirumullaivasal unweit von Madras.
im Norden entsprechend, rührt die Trommel. Die bis
herige Ableitung beruht auf einem Mifsverständnis, das
dadurch entstand, weil die Pariah überhaupt Lärm und
insbesondere den Schlag der Trommel lieben, wodurch
sie auch ihre Anwesenheit bemerkbar machen, und die
sie bei allen Festen und Feierlichkeiten rühren. Die
Laute der Candäla, der Sklavenkaste bei den Gaudiern
[die Candälavallakl, candälikä, (cändälikä) kandöli oder
kandölavinä im Sanskrit] ist in ähnlicher Weise nach
den Candäla, und nicht die Candäla nach der Laute be
nannt. Überdies findet sich aufser in Malayälam und
Tamil in keinem dravidischen Dialekt das Wort para
(parai) zugleich im Sinne von Trommel und Pariah,
denn der Pariah heilst im Kanaresischen Holeya für
Poleya, und in Telugu Mälavädu, was Gebirgsmann be
deutet. Wären die Pariah in Wirklichkeit die Trommler-
malai, Berg), die Pariah der Telugubevölkerung, werden
noch heute Mannepuvändlu, Hochländer genannt. Die
Telugu Mala, die Tamil Malla, welche im Wörterbuch
als identisch mit den Palla aufgeführt werden, sind
dem Namen nach mit den an verschiedenen Stätten
sefshaften, in Sanskritwerken erwähnten Malla iden
tisch. Die Malla der Sanskritlitteratur wohnten vor
zugsweise in Nord-Indien, wo auch die Landschaften
Mallabhümi, Mallaräshtra, sowie Malayabhümi zu suchen
sind. Buddha, der grofse indische Reformator, wählte
Kusinagara, die Stadt der Malla, zu seinem Sterbeort.
Mit einem anderen Stamm der Malla kam Alexander
der Grofse bei Multän am Indus in Konflikt und wurde
von ihnen im Gefecht schwer verwundet. Multän ist in
der That nichts anderes als Mallasthäna, es wird auch
noch jetzt, wie Sir Alexander Burnes bezeugt, Mallithan