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F . Hutter : Aug . Chevaliers Forschungsexpedition usw .
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westafrikas von Süden zu Norden durctimessen : den nördlichen Äquatorialwald mit seinen Ausläufern zu Wasser auf dem Kongo und Ubangi , das Plateau des Sudan bis zum Tsad zu Land , und ist noch ein Stück in die Sabarazone eingedrungen , in das südliche Kanem .
Im Rahmen dieser drei Hauptzonen gliedert Chevalier in seinem Bericht die Tätigkeit der Mission nach den einzelnen Etappen : Äquatorialwald , Gebiet des oberen Ubangi , Gebiet des Sultans Senussi ( besser kannt unter dem geographischen Landscbaftsnamen Dar Kuti ) , mittlerer Schari , Bagirmi , Tsadsee und seine südliche und östliche Umgebung .
Der Äquatorialwald .
Dem überwältigenden Eindruck tropischer macht und - Pracht namentlich da , wo das Fahrzeug aus dem Riesenstrom des Kongo in den anfangs fast gleich mächtigen Ubangi unmerklich hinübergleitet , kann sich auch der wissenschaftlich forschende Chevalier nicht ziehen und findet neue schöne Worte und Bilder dafür . Bald aber kommt der Naturforscher zu seinem Recht , und unter der Flora „ pour le plaisir des yeux“ entdeckt er zahlreiche Nutzpflanzen : Gummilianen , Kola - und
Kaffeesträucher , Vanille , Pfefferbäume usw . ; den häufig sich vorfindenden Kopal sieht er in ganzen Blöcken von den Regengüssen in den Strom mit fortgerissen , der ihn so bis Stanley Pool mit hinunternimmt . Die „ funtumia elastica“ , die nach Chevaliers Ansicht der brasilianischen Hevea gleichkommt , ist außerordentlich häufig . Nicht minder bemerkenswert sind die sogenannten gräser , bei welchen der Gummisaft sich in den Wurzeln ansammelt , welch merkwürdige Erscheinung Chevalier auf die Grasbrände und die dadurch bedingte dation der Flora zurückführt . Maniok , Bananen , Ananas , Carica papaja finden sich bei allen Ansiedelungen der Eingeborenen . Von diesen , soweit sie in den nördlichen Ausläufern des Waldes am Ubangi leben und sich Bondjo nennen , bestätigt Chevalier aufs neue ihren Anthropo - phagismus unter gleichzeitiger Konstatierung ihrer im übi’igen auf durchaus nicht niedriger Stufe stehenden Kultur .
Am 31 . August traf die Expedition am Kemo ( Fort de Possei ) ein ; am 9 . September in Fort Sibut am Tomi , einem rechtsseitigen Zufluß des Kemo .
Das obere Ubangigebiet .
Ein zweimonatiger Aufenthalt ( bis 11 . November ) ward benutzt in erster Linie zur Anlage eines gartens ( ungefähr 460 Arten und Varietäten Nutzpflanzen wurden gesät bzw . eingesetzt ) ; sodann zur Erforschung von Land und Leuten in näherer und weiterer gebung . Zu diesem Behufe wurden ganz entsprechend die einzelnen Mitglieder an verschiedenen Punkten ( in Bessu am Ubangi , in Fort Possei , Fort Sibut und anderen Orten ) stationiert , und es arbeitete jedes in dem ihm damit zugewiesenen Rayon — ein äußerst richtiges Verfahren , das der Expeditionsleiter auch später in Bagirmi und am Tsad beibehalten hat und das zweifelsohne die wissenschaftliche Ausbeute der Mission ganz wesentlich reicher gestaltete . Chevalier selbst nahm zwei längere Exkursionen ; die eine gegen Westen in der Richtung nach dem Ursprung des Ombella ( eines nördlichen Zuflusses des Ubangi ) , die andere in östlicher Richtung gegen den mittleren Kemo ( gleichfalls ein fluß des Ubangi ) . Auf diesen Vorstößen ward zum ersten Male genauere und wissenschaftliche Fühlung mit ren Unterabteilungen des zwischen Fort Sibut und Fort Crampel und östlich davon sitzenden großen Stammes
der Banda ( deren Landschaft , Dar Banda , in der Rabeh - schen Eroberungsepoche2 ) eine Rolle gespielt hat ) wonnen . Sie sollen gleichfalls Menschenfresser sein ; was aber Chevalier in dieser Hinsicht berichtet , ähnelt ganz der von mir in Südwest - Adamaua mehrfach beobachteten Gepflogenheit3 ) und dürfte mehr religiös - abergläubischer Anschauung entspringen .
Ende Oktober begannen die Regen seltener zu werden , die Trockenzeit schien einzusetzen , und am 11 . November brach Chevalier mit einem Begleiter nach Dar Kuti auf . Dr . Decorse blieb vorerst in Fort Sibut zurück , die schungen in der umliegenden Landschaft fortzusetzen . Bis Fort Crampel hielt sich die Expedition auf der wöhnlichen Ftappenstraße . Die — übrigens fast bare — Wasserscheide zwischen Ubangi und Schari und damit zwischen den beiden Hauptwassersystemen afrikas , Kongo und Tsad , wird auf dieser Strecke schritten , und fast gleichzeitig hiermit auch eine völkerscheide ; man betritt das Gebiet der zweiten großen Völkerschaft im oberen Scharibecken , das der Mandjia . Diese sind nach Chevaliers Ansicht Autochthonen ( oder besser gesagt von alters her hier Sitzende ) mit einem mehr gegen den oberen Sanga zu liegenden Kernlande ; die Banda kamen von Osten . Erstere , gleichfalls Anthropo - phagen ( ? ) , scheinen eine ziemlich vorgeschrittene Kultur besessen zu haben , bewahren viel Tradition und gestaltige fetischistische Gebräuche . Heutzutage ist der Stamm stark dezimiert durch Hunger - und epidemien und insbesonders durch die Feindseligkeiten der erobernd eingedrungenen Banda .
Des Gebiet des Sultans Senussi ( Dar Kuti ) .
Anfang Dezember etwa gelangte Chevalier von Fort Crampel aus in das Land dieses Fürsten , der in der französischen Kolonialgeschichte eine bedeutende Rolle gespielt hat und noch spielt . Als Vasall Rabehs — ich entnehme diese geschichtlichen , zum besseren Verständnis notwendigen Angaben dem oben angeführten Buche Oppenheims — ließ er auf dessen Befehl im Mai 1891 die französische Expedition Crampel etwa 50 km westlich seiner Hauptstadt Ndele massakrieren . Gerächt wurde dieser Mord ein Jahr darauf durch Dybowski , den decker des Kemo . Des Sultans selbst wurde man dings nicht habhaft , und in der Folge sah sich die zösische Politik sogar durch die schwierigen Verhältnisse gezwungen , durch Prins freundschaftliche Beziehungen mit ihm anzuknüpfen , 1898 . Nach Rabehs Fall hat sich Senussi4 ) dann den Franzosen unterworfen , bildet für sie aber infolge seiner Macht einen recht beachtenswerten politischen Faktor .
Dem Forscher , der hier in Ndele mit dem oben wähnten Fourneau zusammentraf , kam Senussi mit großen Ehrenbezeigungen entgegen . Bereitwilligst zeigte er die dem Lande eigenen Produkte : Nüsse der Ölpalme , die Fasern der Raphia , äthiophischen Pfeffer und die Frucht des wilden Kaffeebaumes . Chevalier seinerseits entdeckte in der Landschaft die oben bereits im torialwald besprochenen Kautschukgräser in so großer Menge , daß er die mögliche jährliche Gummiausfuhr aus dem Lande auf 1000t schätzt ! Die hier Vorgefundene Kaffeeart bezeichnet Chevalier als von „ exquisitem
2 ) Siehe Oppenheim : Rabeh und das Tsadseegehiet , S . 17 u . a . a . O .
3 ) Ygl . mein Werk : Wanderungen usw . im Kord - lande von Kamerun , S . 357 .
4 ) Sein voller Käme ist Mohammed waled Abu Bekr es Senussi ; mit der bekannten , weitverzweigten religiösen schaft der Senussi hat der Herrscher von Kuti nichts zu tun . Der Karne „ Senussi“ kommt im Sudan , namentlich dem schen , mehrfach vor . ( Oppenheim . )