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Full Text: Anthropos, 20.1925

Studien über Ursprung, Zusammenhänge u. kulturelle Zugehörigkeit d. Trepanation. 1 
Die Trepanation. 
Studien über Ursprung, Zusammenhänge und kulturelle Zugehörigkeit der Trepanation. 
Von Dr. D. J. WÖLFEL, Wien. 
Erste Studie. 
Die kulturellen Zusammenhänge und der einheitliche Ursprung der Trepanation 
in Melanesien und Amerika 
Einleitung. 
Ausgangspunkt. — Seitdem Squier den bekannten trepanierten Schädel 
aus Peru heimbrachte und damit das Vorkommen der Trepanation unter pri 
mitiven Völkern bewies, und seitdem Broca 1876 das häufige Vorkommen in 
der Steinzeit nachwies, hat sich eine umfangreiche Literatur über diese Frage 
angehäuft, die aber größtenteils nur Besprechungen und Erklärungsver 
suche umfaßt und nur zum kleineren Teile neues Tatsachenmaterial beisteuert. 
Sicher bezeugt ist die Operation für das prähistorische Europa, von Rußland 
bis Spanien, von Schweden bis zum Balkan, ebenso für die Urbewohner der 
Kanarischen Inseln und im prähistorischen Nordafrika. Unter primitiven und 
Halbkulturvölkern der Gegenwart ist sie bisher an folgenden Stellen der Erde 
bekannt geworden: Unter den Berbern der Atlasländer, laut einer vereinzelten 
Nachricht in Abessynien, ferner, bis zur Gegenwart, unter den Albanern und 
Serben an den Küsten der Adria und des Jonischen Meeres. Dann aber gibt 
es eine klaffende Lücke bis Melanesien und Neu-Guinea, wo die Trepanation 
aber wieder so reich vertreten ist, wie nur mehr in ihrem letzten Verbreitungs 
gebiete, in Amerika, wo sie vom Quellgebiet und den Ufern des Mississippi 
über Mexiko, und mit einer großen Lücke in Zentralamerika bis nach Chile 
hinunter in zahlreichen Funden und Zeugnissen belegt ist. 
In der Literatur wird nahezu ausschließlich der Standpunkt vertreten, 
daß diese weltweite Verbreitung einer so seltsamen Erscheinung auf Konver 
genz beruhe und unter Broca’s Einfluß stehend versuchen die verschiedenen 
Autoren vor allem zu erklären, wieso „Wilde“ darauf gekommen sein könnten, 
eine so schwierige und kühne Operation auszuführen. Wie alle bloßen Speku 
lationen auf dem Gebiete einer Tatsachen Wissenschaft, sind auch diese voll 
ständig unfruchtbar. Als ich an dieses Problem herantrat, um, an der Hand 
des Vorkommens der Trepanation bei den Urbewohnern Tenerifes, eine der 
vielen Beziehungen der Kanarischen Bevölkerung zur übrigen Welt bis zu 
ihren Ursprüngen zu verfolgen, mußte ich erkennen, daß die Trepanation, 
statt bei der Aufklärung der Kulturbeziehungen der alten Kanarier mitzuhelfen, 
selber dringendst der Aufklärung bedürfe. Wollte ich zu einer Klärung gelangen 
und einen Schritt hinausgehen über das bisher Erreichte, so mußte ich nach 
eigenen Kriterien und Methoden Vorgehen. 
Anthropos XX. 1925. 
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