Einige Probleme der vergleichenden Erforschung der Sudsee-Sprachen.
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Einige Probleme der vergleichenden Erforschung
der Südsee-Sprachen'.
Von Otto Dempwolff, Hamburg.
Unter Südsee-Sprachen werden Wer „ach geographischen Gesichts
punkten alle Sprachen zusammengefaßt, deren Heimat östlich von Asien
( . 1 i * • _ T ; n jp umschlossen wird, die von der Insel
westlich von Amerika durch eine Lime umsuuu^c ,
c u no+pr i n op| dann um Neuseeland und Tasmanien
Formosa über Hawai zur Oster-lnsei, uaim u
i . 0 , Mrondpf und durch die Halbinsel Malaka hin-
herumgeht, sich nach Sumatra wendet una uuim u ......
durch naci Formosa zurückführt. Aus linguistischen Gründen wird d,e Insel
Madagaskar in dieses geographische Gebiet hinein ezogen.
Von etwa 600 Südsee-Sprachen ist Material bekannt; abei von ganz
verschiedenen Umfang: vielbändige Literaturen wie z. B ,n javamscher
Sprache, bis hinab zu kurzen und unsicheren Wörterverzeichnissen, wie z. B.
über einige Sprachen Australiens. . .. c .. , c ,
Die vergleichende Sprachforschung hat einen Teil dieser Sudsee-Sprachen,
an Zahl etwa nur die Hälfte, also rund 300, geographisch jedoch über das
ganze Gebiet - außer Australien - verbreitet, zu e, n e r Sprachgruppe
zusammengefaßt, die früher „malaio-polynesisch , jetzt nach .Schmidt s
Vorgang 2 — austronesisch“ genannt wird.
Es wird hier als erstes Hauptproblem die Frage hingestellt,
ob und inwieweit diese Zusammenfassung wissenschaftlich begründet ist.
lede vergleichende Sprachforschung knüpft an die Methoden und an
die Ergebnisse der historischen Sprachwissenschaft, insbesondere der Indo-
Nun entbehren freilich die austronesischen Sprachen solcher geschicht
lichen Dokumente über Jahrtausende, auf die sich die Indogermanistik und
andere Zweite der Sprachwissenschaft stützen. Was aus einigen Sprachen
Indonesiens an älterer Literatur vorhanden ist, geht nur auf Jahrhunderte
zurück und gewährt keinen tiefen Einblick in frühere Sprachperioden.
Trotzdem kann man das Material der lebenden austronesischen Sprachen
nach folgenden Grundsätzen bearbeiten, die sich an die historische Sprach
forschung und ihre Ergebnisse anlehnen.
Das Axiom dieser Sprachvergleichung ist der Analogieschluß,
daß gewisse Vorgänge sprachlicher Entwicklung, wie sie in indogermanischen
und anderen Sprachen dokumentär erwiesen sind, allgemeine Gültigkeit für
alles sprachliche Geschehen haben, nämlich die Vorgänge des Laut
wandels und des Bedeutungswandels.
Zunächst hält man sich an die Identität der Bedeutung,
sowohl bei lexikalischen als auch bei grammatischen Vergleichen, analysiert
Vortrag für den 6. Orientalisten-Tag in Wien, Juni 1930
W. Schmidt, „Die Mon-Khmer-VöIker‘, Braunschweig 1906
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