Musikwissenschaft und Kulturkreislehre.
Von Werner Danckert, Jena.
Die nachstehenden Darlegungen bildeten den Gegenstand eines der
Wiener Anthropologischen Gesellschaft vorgelegten Referates. Es handelt sich
um die notwendigerweise ganz summarisch gehaltene Überschau eines unge
mein weitschichtigen, in vielen Einzelheiten noch näherer Erforschung harren
den Erkenntnisgebietes, um die Skizzierung von Ergebnissen, deren volle
Beweislast einer größer angelegten Untersuchung zu tragen Vorbehalten bleibt,
die demnächst in der miusikethnologischen Reihe der Anthropos-Bibliothek Ver
öffentlichung finden soll.
Innerhalb des durch den Vortrag gezogenen Rahmens war eine wenig
stens flüchtige Veranschaulichung der Hauptergebnisse durch phonographische
Darbietungen möglich. Für die Drucklegung hingegen wurde auf Noten
beispiele verzichtet, denn erfahrungsgemäß vermitteln bloße Notierungen ohne
ausführliche stilkritische Analyse und Berücksichtigung des Klanglichen dem
fachlich ungeschulten Leser keine hinreichenden Aufschlüsse.
Sicherlich war es kein Zufall, daß die erste Verknüpfung zwischen den
beiden Erkenntnisbereichen Musikwissenschaft und Kulturkreislehre sich auf
dem Gebiete der Instrumentenkunde vollzog. Denn in den Klang
werkzeugen haben wir es ja mit regelrechten Artefakten zu tun, mit bleibenden
Niederschlägen des Musikempfindens, die an äußerer Handgreiflichkeit gewiß
kaum zu übertreffen sind. So ist es begreiflich, daß man auf dem Wege der
instrumentenkundlichen Forschung schon frühzeitig zu festen Zuordnungen
gelangte, daß sowohl in Monographien als auch in zusammenfassenden
größeren Arbeiten — genannt seien nur die synoptischen Studien von C. Sachs
und v. Hornbostel 1 , die Monographien von C. Lepa und O. Seewald 2
Ergebnisse erzielt werden konnten, die zum mindesten die Umrisse einer Instru
mentengeschichte auf kulturhistorischer Grundlage sicherstellen, mag auch im
einzelnen noch mancherlei klärungsbedürftig erscheinen.
Weniger ertragreich war hingegen die Ausbeute auf rein m u s i k-
stilistischem Gebiete. Hier herrschen noch vielfach evolutionistische
Ansichten vor, was ja im Grunde nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt,
1 Geist und Werden der Musikinstrumente, Berlin 1929. — The Ethnology of
African Sound-Instruments; Africa, Vol.VI, S. 129 ff., 277 ff.
2 i)i e Musikinstrumente der südamerikanischen Indianer, Diss. Wien. — Beiträge
zur Kenntnis der steinzeitlichen Musikinstrumente Europas; Bücher zur Ur- und Früh
geschichte, hrsg. von Oswald Menghin, 2. Bd., Wien 1934.
Anthropos XXXII. 1937.
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