Analecta et Additamenta.
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Änalecta et Additamenta.
Neue ethnologische und anthropologische Forschungen auf Manam und seinen
Nachbarinseln (Neuguinea). — Es ist schon oft gesagt und der Beweis dafür erbracht
worden, daß die Missionare infolge ihres jahrelangen innigen Umganges mit den Natur
völkern den besten Kennern der Primitiven in den betreffenden Gebieten zugezählt
werden müssen. Von dieser Tatsache ausgehend, wollte ich von Anfang an meine eigene
völkerkundliche Forschungsarbeit in Neuguinea mit den ethnologischen Kenntnissen und
Forschungen der Missionare verbinden, um so durch gemeinsame Arbeit gesicherte 'Er
gebnisse für die Ethnologie und Anthropologie zu gewinnen. Der Plan fand bei den
Missionaren begeisterte Aufnahme und zeitigte, wenigstens soweit sich das in einem
vorläufigen Überblick über das letzte Halbjahr 1936 feststellen läßt, schöne Erfolge.
1. Zunächst war ich mehrere Wochen auf der Insel Karkar (früher Dampier-
Insel genannt). Abgesehen von einigen mehr populären Aufsätzen in protestantischen
Missionszeitschriften und gelegentlichen Bemerkungen in ethnologischen Werken ist über
die etwa 8000 Köpfe zählende Bevölkerung Karkars kaum etwas bekannt geworden.
Das ist um so mehr zu bedauern, als das alte Volksgut mehr und mehr verschwindet.
Karkar hat wegen seines ausnehmend guten Bodens zahlreiche und ausgedehnte
Pflanzungen, deren schwarze Arbeiter wenigstens das äußere Kulturbild der übrigen
Kanaken auf der Insel stark beeinflussen, wenn nicht sogar in vielem direkt bestimmen.
So ist z. B. das europäische Lendentuch für beide Geschlechter fast überall in Gebrauch.
Jedoch ist unter diesem oberflächlichen „Kulturfirnis“ noch allerlei an alten Anschauungen
und Gebräuchen scheu verborgen, wie der Karkarmissionar P. Hubert Hubers, S. V. D.,
und ich in behutsamem Nachspüren feststellen konnten. P. Hubers arbeitet schon fünf
Jahre auf der Insel und kennt seine Leute und deren Sprache.
Auf Karkar wohnen zwei verschiedene Stämme, die Woskia und die Taikia, die
einen mit melanesischer, die anderen mit papuanischer Sprache. Glücklicherweise lag das
Standquartier unserer Forschungsarbeit genau auf der Grenze zwischen beiden Stämmen,
so daß wir von unserer Wohnung aus ebenso leicht und schnell in die Dörfer des einen
Stammes wie die des anderen kommen konnten. Dadurch wurde ein ständiges Ver
gleichen der beiden Sprachen und Kulturen fast täglich möglich und infolgedessen reiz
voll und fruchtbringend. Das gesammelte Material häufte sich. P. Hubers wird im Laufe
des Jahres 1937 noch mehr aus entlegenen Dörfern und Flecken Zusammentragen, so
daß wir dann in einer umfangreichen Monographie über Karkar noch viel altes Volksgut
für die Wissenschaft vom Menschen werden retten können, was in absehbarer Zeit sicher
aus dem Kulturbild dieser Insel verschwunden sein wird. Von 100 Karkar-Leuten, Männern
und Frauen, wurden in mehr als je 40 Einzelmessungen die anthropologischen Maße an
Kopf und Körper genommen.
2. Von Karkar aus in nordwestlicher Richtung sieht man den ständig rauchenden
Manam, dem mein nächstes Interesse gelten sollte. Ich war dann bis Ende des Jahres
1936 mehrere Monate auf der I n s e 1 Manam (früher Vulkaninsel genannt) und
arbeitete dort gemeinsam mit P. Karl Böhm, S. V. D., der auch schon fünf Jahre auf