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Full Text: Anthropos, 32.1937

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Justus Hash agen, 
legung der Urnenfriedhöfe der späteren Eisenzeit auf hohe Bevölkerungsdich 
tigkeit gezogen haben, gelten nur für einzelne, besonders bevorzugte Gegen 
den, dürfen aber nicht verallgemeinert werden 7 * . 
Die Landnot ist offenbar nicht durch die Raumnot, sondern durch eine 
gewisse Rückständigkeit der germanischen Landwirtschaft mit hervorgerufen 
worden. Rodungen auf schwierigerem Waldboden und Leidbau in schlechteren 
Lagen werden erst spät in der fränkischen Zeit in Angriff genommen. Als 
sich die Vandalen im ersten nachchristlichen Jahrhundert zuerst in Schlesien 
ausbreiteten, haben sie nach Ausweis der Lunde immer nur die besten Böden 
in Besitz genommen. Als diese einigermaßen erschöpft waren, mußten sie 
weiterziehen: nach Gallien, Spanien, Afrika. 
Von einer intensiveren Landwirtschaft kann bei den Germanen schon 
deshalb nicht die Rede sein, weil ihnen der feinere Garten-, Obst- und Ge 
müsebau und der Weinbau ursprünglich fremd sind, woraus es sich teilweise 
auch erklärt, daß die Germanen die Weine des römischen Gebietes mit großer 
Bereitwilligkeit aufnahmen. Nur die Sueben hatten diese römische Weinein 
fuhr aus naheliegenden Gründen verboten. Daß aber der passive Weinhandel 
bei den Germanen einen großen Umfang annahm, ergibt sich aus der ein 
fachen sprachlichen Tatsache, daß das deutsche Wort Kaufmann vom lateini 
schen caupo — Küfer übernommen ist, also aus dem Weinhandel stammt s . 
Strabo, VII, 290 ff, der zeitlich zwischen Caesar und Tacitus schrieb, 
übertreibt gewiß, wenn er von den Germanen jenseits des Rheins bis zur Elbe 
ganz allgemein eine „innere Bereitschaft zum Wechsel ihrer Wohnsitze“ be 
hauptet, und wenn er fortfährt: „Der Grund dafür liegt in der Einfachheit 
ihrer Lebensführung und darin, daß sie keinen (!) Ackerbau treiben . .“ 
Aber daß zwischen der Primitivität der Landwirtschaft und dem unausrott 
baren Hang zur Wanderung ein Kausalzusammenhang bestanden haben muß, 
wird man nicht in Zweifel ziehen. Man kann diese sich endlos wiederholenden 
und sich unter den spätgermanischen Wikingern bis zur Höhe des Mittelalters 
erstreckenden Wanderungen doch nicht nur auf die gewiß reichlich bezeugte 
Raub- und Mordlust einerseits und auf die romantische Sehnsucht nach den 
warmen, kulturgesättigten Ländern des Mittelmeers anderseits zurückführen. 
Was aber von der Landwirtschaft gilt, gilt vom Gewerbe und besonders 
vom Bergbau in verstärktem Maße, soweit es sich nicht um Waffen handelt. 
Hier sind trotz allen beträchtlichen prähistorischen Leistungen noch in den 
ersten nachchristlichen Jahrhunderten wirkliche Lortschritte durchweg nur 
dann zu verzeichnen, wenn römischer Einfluß wirkt. 
Karl Schumacher sagt freilich in seiner ausgezeichneten Kultur- und 
Siedlungsgeschichte der Rheinlande, III, 8 (1925), von den ältesten frühger 
manischen Wanderungen der historischen Zeit: „Alle diese. . . geschahen aus 
Übervölkerung.“ Eine solche Lormulierung kann aber in zweifacher Richtung 
falsche Vorstellungen erwirken, da ja weder Raumnot, noch eine irgendwie 
übermäßige Bevölkerungsdichte Vorgelegen haben kann. Also hat das Wort 
7 Kauffmann, I, S. 279 f. 
s H. Aubin, Bonner Jahrbücher, 130 (1925), S. 30 ff.
	        
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