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Full Text: Globus, 47.1885

Kürzere Mittheilungen. 
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2000 Besuche empfängt. Den Gesetzen der Vernunft und 
Menschlichkeit gemäß, welche bei uns leider noch viel zu 
wünschen übrig lassen — in diesem Punkte wenigstens — 
wird bei der Aufnahme von Kindern weder gefragt noch 
geforscht, man legt ungesehen das Kind in das Rad (daher 
der Name ca8a de roda), zieht die Glocke und die Sache 
ist abgethan. Dadurch werden jährlich Hunderte von 
Müttern vor dem Verbrechen bewahrt und Kindesmord ist 
unbekannt. 
Im äußersten Norden der Stadt sehen wir den Riesen 
platz Campo da Ncgeneraoao mit Kasernen für 3000 Mann 
und hinter diesen die Kirche N. S. da Lapa, welche, weil 
sehr hochgelegen, ebenfalls eine hübsche Aussicht hat. Sie 
beherbergt das Herz des Kaisers D. Pedro I., welcher 1834 
starb. Von hier führt die endlos lange und gerade Rua 
d'Almada mit ihrer Verlängerung Rua das Hortas nach 
dem Rocio, jetzt Praoa de D. Pedro genannt, dem schönsten 
Platze der Stadt. In der Mitte befindet sich eine Reiter 
statue D. Pedro's IV. (des Kaisers). Auf diesem Platze 
ließ D. Miguel zwölf Liberale unter den scheußlichsten 
und bestialischesten Martern, welche ein verthiertes Gemüth 
ersinnen kann, hinrichten. Glücklicherweise hatte diese 
Schandthat den Sturz des Elenden zur mittelbaren Folge. 
Bon einem anderen Platze „Praxa dos Voluntarios da 
Rainha" —in langen Namen sind die Portugiesen groß! — 
gelangen wir auf die kleine Praga de Carlos Alberto, wo 
selbst der König zuerst nach seiner Abdankung residirte. 
Dann besuchen wir die alte Kirche Cedofcita und kommen 
nach Entre Quintas hinaus, so genannt nach fünf schönen 
Quintas (Landhäuser), von denen die eine durch ihre Riesen- 
magnolia berühmt ist. Der Stamm hat 15 Fuß Umfang, 
60 Fuß Höhe und die Zweige bilden ein Dach von 70 Fuß 
Durchmesser. In demselben Garten steht auch ein an 100 Fuß 
hoher Tulpenbanm von 17 Fuß Stammumfang. In einer 
anderen Quinta starb Carl Albert an gebrochenem Herzen. 
Von hier begeben wir uns zum Krystallpalast, welcher 
auf einem großen Platze mit schöner Aussicht steht. Er 
wurde 1865 für die Weltausstellung gebaut und dient seit 
her als Bergnügnngslokal. Er enthält ein kleines Museum 
und Bildergallerie, einen prächtigen Koncertsaal mit Orgel, 
Restaurant, Billard-, Lese- und Toilettezimmer rc. Der 
Park ist recht geschmackvoll. 
Im ganzen sind die Straßen Portos gleich jenen 
Lissabons steil, und in der Altstadt auch winkelig und eng. 
Auch das Leben in denselben erinnert an Lissabon. Die 
unzähligen Weiber, welche die Stadt durchziehen und ihre 
Waaren ausschreien, sind jedoch etwas hübscher und besser 
gekleidet. Sie tragen einen koketten, runden Hut von dem 
Schnitte der ungarischen Münnerhnte, der ihnen aus 
gezeichnet zu Gesichte steht, schweres Goldgeschmeide in den 
Ohren und um den Hals, und kurze bis an die Knie 
reichende Röcke. Von Strümpfen und Schuhen sind sie 
jedoch ausgemachte Feinde. Ihre Formen sind meistens voll. 
Eine seltsame Art Regenmantel tragen die Fuhrleute, 
Straßenkehrer rc. ; derselbe besteht nämlich ans lauter- 
künstlich aneinander gereihten Strohhalmen. Etwas Komi 
scheres als einen so durch die Straßen wandelnden Stroh 
mann kann man sich nicht denken. 
bürgere Mittheilungen. 
Die Ansiedelung am Port Darwin. 
Die Nachrichten ans der zu Südaustralien gehörigen 
Ansiedelung am Port Darwin an der Nordküste von Australien 
lauten wenig befriedigend, und von den glänzenden Prophe 
zeiungen, welche der jetzige Government-Resident Mr. I. L. 
Parsons bei seinem Antritte machte, ist bisher eben nichts in 
Erfüllung gegangen. Der Australier nimmt in solchen Dingen 
den Mund immer gern sehr voll, was er, mit einem ihm 
eigenartigen Ausdrucke, „blowing“ nennt. Mit Ausnahme 
der Beamten an dem dort einlaufenden Kabel und am Ueber- 
landtelegraphen, sowie derer im Dienste der Regierung, be 
steht die kaum 4500 zählende Bevölkerung fast nur aus 
Chinesen. Die wenigen Europäer verringern sich immer 
mehr und neue kommen nicht dazu. Aber die Chinesen er 
regen nun einmal die Feindschaft der Europäer, obgleich es 
stille und friedliche Menschen sind und den Behörden keine 
Veranlassung geben, gegen sie einzuschreiten. Als im Oktober 
1884 der Kapitän des an der Nordküste stationirten Regie 
rungsdampfers seine störrigen Matrosen entließ und dafür 
willige Chinesen engagirte, erhob sich darüber in der ganzen 
Kolonie ein solcher Lärm, daß man hätte glauben sollen, das 
Vaterland sei in Gefahr. Man möchte den Chinesen eine 
sehr hohe Kopfsteuer auferlegen, um sie los zu werden, und 
dagegen sogenannte Eurasians aus Ostindien auf Staats- ! 
kosten importiren- Man versteht darunter Ostindier, welche 
von europäischen und indischen Eltern abstammen, also Misch 
linge sind. Sie sollen intelligente, fleißige und nach Ver 
sicherung von Engländern, auch brauchbarere und nützlichere 
Menschen sein, als viele der ans Kosten der australischen 
Kolonie aus Europa eingeführten Emigranten. Sie betreiben > 
meistens ein Handwerk, sind jedoch zu arm, um die Fahrt 
aus eigenen Mitteln bestreiten zu können. Wir wüßten nicht, 
was für ein Gewinn aus diesem Wechsel für die Ansiedelung, 
wie sie einmal ist, hervorgehen sollte, es sei denn, daß man 
aus billigere Arbeitslöhne — für Gewerbe, die nicht da 
sind? — rechnete. — Die Erwerbszweige, welche bisher ver 
sucht wurden, mußten, nachdem sie große Summen ver 
schlungen hatten, größtcutheils wieder aufgegeben werden. 
Dies gilt namentlich von den Zuckerrohr- und anderen Plan 
tagen. Im September 1884 löste sich auch die Adelaide and 
Port Darwin Sugar Company, welche im Mai 1882 unter- 
großen Hoffnungen ins Leben getreten war, mit einem Ver 
luste von 20000 Pfd. St. auf, und ebenso im nächsten Oktobcr 
Poett's Northern Territory Plantation Company. Ob dcr 
Deutschc, Otto Brandt, welcher jetzt, angeblich im Interesse 
einer großen Lagerbierbrauerei, damit beschäftigt ist, an der 
Shoal Bay, in 12" 15' südl. Br. und 131 " östlich von Gr., 
auf einem Areale von vorläufig 310 Hektar eine Zuckerrohr 
plantage anzulegen, besser fahren werde, als bisherige Erfah- 
rungen an die Hand geben? Wir bezweifeln es. — Im 
Oktober 1881 wurde am Mc Kinlayfluffe unweit Mount 
Wells in ungefähr 13° 30' südl. Br. und 131° 30' östl. v. Gr. 
ein Zinnlager mit Beimischung von Gold, von, wie in 
allen Zeitungen ausgeschrien ward, sehr hohem Werthe ent 
deckt. Dieser hat nun darin bestanden, daß, nachdem die 
Mine einige Zeit mit Verlust bearbeitet worden, die Arbeiten, 
angeblich wegen der hohen Transportkosten, eingestellt wurden. 
Vor ungefähr einem Jahre wollte man an der Nordküste in 
der Nähe von Port Darwin reiche Perlmuschellager auf- 
gefnnden haben, und große Hoffnungen wurden darauf gesetzt. 
Leider hat sich aber bald ergeben, daß es auch damit nichts
	        
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