Aus allen Erdtheilen.
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raume 1869 bis 1880 und eine, das Geschlechtsverhältniß
der Bevölkerung darstellend, letztere beiden von Le Monnier.
Die zweite Karte ist von besonderem Interesse; sie zeigt, daß
der größte Theil der Monarchie an Bevölkerung zunimmt,
besonders die Bukowina, der östliche ruthenische Theil von
Galizien, Mähren, Ostschlesien, Nieder - Oesterreich, Istrien,
der größte Theil Dalmatiens, dann der Südwesten und die
Mitte von Ungarn. Stationär blieb die Bevölkerung im
centralen Böhmen, im Hausruckkreise Oberösterreichsim
oberen Mur- und Ennsthale, in den mittleren Bezirken
Tirols und den gebirgigen Komitaten Ungarns. Eine Ab
nahme der Bevölkerung zeigt sich, von kleineren Thei
len Dalmatiens, Krains, Tirols rc. abgesehen, besonders in
einem ausgedehnten, zusammenhängenden Gebiete im nörd
lichen und östlichen Ungarn und fast ganz Siebenbürgen.
„Diese ungeheure Fläche der Volksabnahme bildet für die
Staatsmänner Ungarns, das ohnehin dünn bevölkert ist,
eine ernste Mahnung, den volksvermindernden Ursachen, inv-
besondere der starken Auswanderung aus den rumänischen
und serbischen Distrikten, sowie der großen Kindersterblichkeit
eine eingehende Aufmerksamkeit zu schenken." Ungarn hat
jetzt überhaupt unter allen Ländern Europas die geringste
jährliche Volkszunahme (0,11 Proc.), abgesehen von Irland,
wo sich die Bevölkerung in dem Jahrzehnte 1871 bis 1881
um 0,48 Procent vermindert hat. — Sehr viel schwerer ist
es, von dem Geschlechtsverhültnisse der Bevölkerung Oester
reich-Ungarns in kurzen Worten eine Uebersicht zu geben.
In Oesterreich entfallen ans 1000 Männer 1047 Frauen, in
Ungarn nur 1018. Wie in ganz Europa, so nimmt auch in
der Monarchie das Uebcrgewicht der weiblichen Bevölkerung
von Nord nach Süd und von West nach Ost hin ab, um im
Süden und Südosten einem bedeutenden Uebcrschuß der
Männer Platz zu machen. Letzterer findet sich namentlich in
Istrien, Kroatien, Slavonien, Bosnien und dem Südosten
Ungarns. Im Bezirke Pola — um die Extreme zu nennen —
entfallen nur 694 Frauen auf je 1000 Männer, in dem ganz
nahe gelegenen Fiume dagegen 1320 Frauen. Ungefähr
gleich stark vertreten sind beide Geschlechter in der Bukowina
und Siebenbürgen (ähnliche Verhältnisse herrschen in Bel
gien und Italien).
— „L'Exploration" (Nr. 407) bringt einen Aufsatz Han-
sen-Blangstcd's über den Wettkampf zwischen den Büu-
men in den dänischen Wälde r n. Die Hauptkombattan-
ten sind die Buche und die Birke; erstere dringt überall
siegreich vor. Die Mittheilungen beziehen sich hauptsächlich
auf den Bezirk von Silkeborg im Herzen Jütlands. Ganz aus
Birken bestehende Wälder findet man jetzt nur an öden, san
digen Stellen; überall sonst sind die Bäume gemischt, und
wo der Boden günstig ist, wird die Birke schnell von der
Buche verdrängt; sie verliert ihre Zweige bei der Berüh
rung mit der Buche und wendet ihre ganze Kraft auf die
oberen Theile, mit denen sic sich über die Buche erhebt. So
kann sie lange fortleben, aber schließlich unterliegt sie im
Kampfe, wenn auch oft nur aus Altersschwäche, denn die
Lebensdauer der Birke in Dänemark ist kürzer als die der
Buche. Verfasser glaubt, daß das Licht die Ursache der
Ueberlegenheit der Buche ist, denn ihr Zweigwerk ist besser
entwickelt als das der Birke, welche offener ist und den
Sonnenstrahlen gestattet, zwischen den Zweigen hindurch ans
den Boden zu dringen, während die dichte, buschige Spitze
der Buche sie zurückhält und so ihren Fuß in tiefen Schat
ten hüllt. Kaum vermag eine junge Pflanze unter der
Buche zn gedeihen, ausgenommen ihre eigenen Schößlinge,
und während die Buche unter der Birke kräftig aufwächst,
geht letztere unter der Buche schnell zu Grunde. Die Birke
ist vor der gänzlichen Ausrottung nur dadurch bewahrt wor
den, daß sie die dänischen Waldreviere in Besitz hatte, lange
bevor die Buche dieses Land erreichte, und daß einige Be
zirke dem Gedeihen der letzteren ungünstig sind. Wo aber
der Boden durch die Zersetzung der Birkenblätter bereichert
worden ist, beginnt der Kampf. Die Birke gedeiht auch
noch an den Seeufern und sumpfigen Stellen, wo ihr Feind
nicht fortkommen kann.
In gleicher Weise verschwindet in den Wäldern See
lands die Kiefer vor der Buche. Sich selbst überlassen, wer
den die Kiefern bald durch Buchen ersetzt. Länger und
hartnäckiger ist der Kamps der letzteren mit der Eiche, denn
diese hat ein dichteres Zweig- und Blattwerk, welches dem
Durchgänge des Lichtes viel Widerstand entgegensetzt. Die
Eiche hat auch eine lange Lebensdauer, aber früher oder
später unterliegt auch sie, weil sie sich nicht im Schatten der
Buche entwickeln kann. Die ältesten dänischen Wälder be
standen hauptsächlich aus Espen, mit denen die Birke augen
scheinlich vergesellschaftet war. Allmählich hob sich der Boden
und das Klima wurde milder; dann kam die Kiefer empor
und bildete große Wälder. Dieser Baum herrschte Jahr
hunderte lang und trat dann den ersten Platz an die Stein
eiche ab, welche jetzt vor der Buche zurückweicht. Espen,
Birken, Kiefern, Eichen und Buchen scheinen die Stufen zu
sein in dem Kampfe ums Dasein unter den Bäumen Däne
marks.
Asie n.
— In diesem Winter haben die Engländer vom Pand-
schab ans eine militärische Expedition nach Asghani-
st a n unternommen und zwar in das Z h o b - T h a l,
ein Nebenthal des Gumal, welcher unweit Dera Ismail
Chan sich mit dem Indus vereinigt. Nach den letzten Nach
richten (vom 9. Nov. 1884) ist sowohl der wissenschaftliche
als auch der militärische Zweck erreicht worden: das Zhob-
Thal sowohl als das ihm südlich parallel ziehende Bori-Thal,
bisher gänzlich unbekannte Theile Afghanistans, wurden auf-
genommen und die Verbindung mit früheren Aufnahmen in
der Richtung auf Kandahar bewerkstelligt. Außerdem wur
den die räuberischen Einwohner, die Zhobwals, gezüchtigt,
mußten Geißeln stellen und 20 000 Rupien Strafe zahlen
und ihr Häuptling Schah Dschehan durch seinen gefügigeren
Neffen ersetzt.
— In Turkestan beabsichtigt man von jetzt ab, auch die
Eingeborenen nach russischem Gesetz zu richten, so nament
lich für Tödtungen. Bis jetzt wurden die des Mordes
angeklagten Kirgisen nach dem Volksgesetz der Eingeborenen
in folgender Weise bestraft: sobald in einem Aule oder in
der Steppe ein Mord verübt ist, so fangen die Verwandten
und Freunde des Ermordeten an, nach dem Mörder zu
suchen. Mitunter dauern die Nachforschungen lange, beson
ders wenn die Leiche des Ermordeten nicht gleich gefunden
wird. Oft wird die Leiche entdeckt, indem man dem Flug
der Raubvögel folgt, oft werden andere Anzeichen benutzt,
welche von der außerordentlichen Findigkeit des Nomaden
Kunde geben. Ist der Mörder entdeckt, so haben die Ver
wandten das Recht, von ihm einen sogenannten „ K u n " zu
erheben. Der die Blutschuld sühnende „Kun" besteht in
einer bestimmten Anzahl Kameelen, Pferden, Schafen, Gewän
dern; einen besonderen „Kun" erhalten diejenigen Per
sonen, welche an der Entdeckung des Mordes betheiligt
waren, insbesondere diejenige, welche den Mörder auffand,
sowie der Richter. Der „ K u n " für eine getödtete Frau ist
geringer als für einen getödtcten Mann, und im letzten
Falle verschieden je nach der Abstammung des Ermordeten:
für einen ermordeten Kirgisen (mit weißen Knochen?) wird
ein größerer Kun bezahlt, als für einen, dessen Abstammung
unbekannt ist. Wenn der Mörder nicht im stände ist, den
Kun zu erlegen, so muß die Sippe des Mörders bezahlen.
Die Uebergabc und der Empfang des 5kuns ist von einer
Menge verschiedener Gebräuche begleitet, es ist eine Art
Fest für den Aul, in welchem die Verwandten des Ermorde
ten leben. Unter den als „Kun" abzuliefernden Hausthieren
muß unbedingt das Pferd des Mörders sein. Die Ver-