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Full Text: Globus, 47.1885

Amazonas und Cordilleren. 
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Grade entwickelt: sie schießen und verfolgen eine Spur in 
bewunderungswürdiger Weise. 
Pongo, ein Quichnawort, bedeutet „Pforte", und 
wirklich ist der Pongo de Manseriche die Pforte der Cordillere, 
durch welche der Rio Amazonas Serrano durchbricht, 
um daun zum Amazonas der Ebene zu werden. Ehe er 
die Stelle passirt, nimmt der Fluß, den die Huambizas 
schon Maranon nennen, der aber geographisch Tunguragua 
heißt, den Santiago oder richtiger Canuza auf. Das 
Wasser stürzt sich mit furchtbarer Gewalt durch den Pongo, 
aus 600 in stromabwärts hat es alle weiche Erde mit fort 
gerissen und biegt, durch eine Granitwand aufgehalten, in 
beinahe rechtem Winkel ab. Das Bild des Engpasses ist 
prächtig, die Wände fallen beinahe so steil wie Mauern ab 
und widerstehen seit Jahrtausenden dem brüllenden, mäch 
tigen Strome. Um so interessanter war es für Wiener, 
da er schon 1876 die Quelle des mächtigen Flusses, den 
See von Lanricocha, besucht und denselben als schwachen 
Wasserlauf, später als Tunguragua, gesehen hatte, denselben 
hier am Pongo, wo er in die reiche Ebene eintritt, bewun 
dern zu können. Wenige hundert Meter unterhalb des 
Pongo fließt der Fluß ruhig dahin. Ein siebenstündiger 
Marsch auf dem linken Ufer des Marañon führte zu dem 
Santiago, der oberhalb des Pongo in den großen Fluß 
mündet. Eine Gesellschaft von etwa 30 Indianern, mit 
der man Freundschaft schloß, führte Wiener in ihrem 
Boote den Santiago aufwärts und später mit erstaunlicher 
Geschwindigkeit durch den Pongo zum Ausgangspunkte 
zurück. Oberhalb des Pongo hat der Fluß mehr als 
250 in, der Pongo selbst nur 80 m Breite, und die auf 
gestauten Wogen bahnen sich unter furchtbarem Getöse den 
Weg zwischen den Felsen hindurch; beinahe am Ende der 
Enge, mitten im Fahrwasser, liegt eine große Klippe. In 
zwölf Minuten hatte man zu Wasser den Weg gemacht, 
Indianer-Hütten von Ungurahui am Rio Samiria. (Nach einer Photographie.) 
zu dessen Zurücklegung über Land man zwei Tage vorher 
sieben Stunden gebraucht hatte. Dieser Punkt scheint 
Wiener von der größten Bedeutung für die zukünftige Ent 
wickelung jener Gegend. Er sagt darüber etwa folgendes: 
„Wie Para das Entrepot für europäische Manufakturen 
ist, so wird der Pongo eines Tages das Entrepot der zu 
künftigen Kornkammer des Amazonas der Cordillere sein; 
doch wird der westliche Schlüsselpnnkt des Amazonas sich 
nicht bei dem alten Borja auf dem linken Ufer des Ma- 
ranon befinden, denn hinter demselben dehnt sich das Gebiet 
der Huambizas aus und die Stadt würde hier in der 
unmittelbaren Nähe der Abhänge der Gefahr ausgesetzt 
sein, bei dem geringsten Erdsturz verschüttet zu werden; 
käme dagegen die Stadt auf das rechte Ufer, so wäre letztere 
Gefahr ausgeschlossen; außerdem öffnet sich hier eine Ver 
bindung mit der civilisirten Cordillere von Peru; sie muß 
in die Nähe von Chachapoyas kommen, d. h. eines aus- 
gedehnten Thales, welches dem Amazonas Korn und Kar 
toffeln liefern kann. Der Versuch dagegen, an Stelle des 
alten Borja ein neues Borja zu gründen, hat zwei Millionen 
gekostet und ist vollständig mißglückt." Man fuhr nun den 
Maranon wieder hinunter, und etwa zwölf Kilometer ober 
halb der Mündung des Morona sah man die Feuer einer 
Abtheilung Ahuarunas, eines Stammes, der zwischen 
den halb und den ganz wilden Indianern in der Mitte 
steht; sie sammeln Sassaparille und Kautschuk, die sie in 
San Antonio und Aripari gegen Flinten und Pulver ver 
tauschen. Auch hier forschte man nach von Günzburg, ohne 
jedoch etwas Bestimmtes in Erfahrung bringen zu können. 
Die Zahl der Indianer betrug etwa 40; die dabei befind 
lichen Frauen, welche ziemlich angenehme Züge halten, 
waren in der Kultur schon genugsam fortgeschritten, um 
sich bei Annäherung der Europäer mit einem weiten Ge 
wände zu verhüllen, gewöhnlich aber gehen sie nackt.
	        
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