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Full Text: Globus, 48.1885

F. Blumentritt: Die neuen Erwerbungen Spaniens an der Atlantischen Küste Nordafrikas. 
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fremdartiges Treiben auf einem solchen arabischen Markte! 
Da sitzen die Fischhändler, daneben bieten Andere Schuh 
sohlen aus Kameelhaar aus, wieder Andere halten Kohöl 
(Antimonoxyd zum Färben der Augenlider), die unentbehr 
liche Heun ah und andere Färb- und Toilettemittel, die hier 
noch zusammenfallen, feil, dazwischen laufen die Gemüse 
händler mit Rüben und Kartoffeln, die sich nach und nach 
auch in Tunesien eingebürgert haben. Eine besondere Ab 
theilung nehmen die Goldschmiede ein, aber sie verfertigen 
nur den allerordinärsten Silbcrfchmuck. Nur einer hat 
ein altes Prachtstück, das ihm eine eingeborene Dame zum 
Verkauf anvertraut hat, ein Collier ans einer doppelten 
Reihe von Korallen- und Ambraperlcn, mit Gold gefaßt 
und mit Goldmünzen und allen möglichen Amuleten in 
Gold behängt; er fordert aber einen so hohen Preis, daß 
die Reisenden vom Erwerbe abstehen. Neben den Gold 
schmieden, die in ihren Verkaufsbuden emsig arbeiten, stehen 
die Strohverkäufer und weiterhin haben die Dscherabis 
ihre Verkanfsstände aufgeschlagen, die Bewohner von 
Dscherbe, die, wie die Mosabiten in Algerien, das 
Krämergewerbe monopolisiren; sie bieten neben allerhand 
europäischen Kleiderstoffen die Produkte ihrer industriellen 
Heimat zum Verkaufe, weitbäuchige Thonkrüge, Tschoben 
und Burnus, Pantoffeln, Gürtel u. dergl. Eine Anzahl 
von ihnen sind Stammgäste des Marktes und haben feste 
hölzerne Magazine, die anderen ziehen von einem Slck zum 
anderen und führen ihre Zelte mit sich. 
In dieser Gegend macht man seit einigen Jahren Ver 
suche mit einer neuen Kulturpflanze, welche, wenn sie ein 
schlägt, von großer Bedeutung für den ganzen Sahel wer 
den kann, nämlich mit der Erdnuß, Arachis hypogaea. 
Im Jahre 1884 hatte das Haus Latil et Vassal in Mar 
seille etwa 100 ha mit dieser Oelfrucht bepflanzt und aus 
gezeichnete Resultate erhalten. — Auch mit der Ramie 
(Chinagras, Roellmeria sp.) hat man ans Betrieb des 
Ingenieurs Favre, des unermüdlichen „Rropagatenr de 
la Ramie“ , Versuche im Großen gemacht, welche sehr 
günstig ausgefallen sind. 
Aber nun hat die Stunde der Trennung von dem 
gastlichen Lamta geschlagen und die Reisenden kehren nach 
Susa zurück, wo sie diesmal, dcur Drängen der Lokal 
autoritäten nachgebend, im Dar el-Bey ihre Wohnung anf- 
schlageu. Beinahe hätten sie die Frucht ihrer Arbeiten ver 
loren, denn unterwegs stürzte das Pferd, das den Kasten 
mit den photographischen Platten trug; doch blieben die 
selben glücklicher Weise unbeschädigt. 
Die neuen Erwerbungen Spaniens an der Atlantischen Küste Nordafrikas. 
Von F. Blume nt ritt. 
Es ist noch kaum ein Jahr her, daß die Spanier an 
der Atlantischen Küste Afrikas nördlich vom Gleicher keine 
andere Besitzung als die Kanarischen Inseln ihr Eigen 
nannten. Bei deut ewigen Deficit der spanischen Ncgie- 
rungskassen und bei dem scheinbar erstorbenen Conguista- 
doren-Sinne der Nachkommen der Cortés und Pizarro hätten 
gewiß die alten Besitzverhältnisse sich noch für Jahrzehnte 
unverändert erhalten, wenn nicht das Annexionsfieber der 
Kolonialstaatcn, welches durch die glücklichen Unternehmungen 
des jungen Dentschcn Reiches hervorgerufen wurde, auch 
Spanien ergriffen hätte. Als man am Manzanares be- 
tnerkte, mit welcher Schnelligkeit die noch unabhängigen 
Theile des schwarzen Kontinents unter Deutsche, Briten, 
Franzosen und Portugiesen vertheilt wurden, da wollte 
man nicht hinter den anderen Nationen zurückbleiben, zu- 
tnal seit der Regierung König Alsonso's Spanien einer 
Ruhe und eines Forschrittcs sich erfreute, wie seit den Tagen 
Karl's III. nicht mehr. Die Neigung der Spanier, sich 
tropische Länder zuzueignen, wo der Mensch mühelos die 
reichen Schätze dem Boden entnimmt, machte sich diesmal 
nicht geltend, im Gegentheile, mit einem kaufmännischen 
oder (wenn ich mich so ausdrücken darf) nationalökonomischen 
Scharfblicke wählten sie sich zu ihrem neuen Besitze gerade 
jene afrikanische Küste ans, die anscheinend die werthloseste 
ist, deren Erwerbung aber den Kanarischen Inseln eine 
sichere Zukunft verheißt, ja vielleicht geeignet ist, die im 
Muttcrlande fast verlernte Hochseefischerei wieder aufleben 
und zu neuer Blüthe gelangen zu lassen. 
In der That, an der zwischen Marokko und Sene- 
gambien gelegenen Küste liegen mehrere Bänke (in geringer 
Entfernung vom Lande), welche an Fischreichthum der be 
rühmten Bank von Neufundland in gar nichts nachstehen 
sollen; ja es wird sogar behauptet, die afrikanischen Bänke I 
überträfen an Jndividuenzahk und Qualität der Fisch- 
Species noch die amerikanischen, eine Behauptung, die mir 
doch etwas übertrieben erscheint, wenn sie auch bei dem 
letzten 0ongi'68o mercantil zu Madrid ohne Widerspruch zu 
finden aufgestellt wurde. Damals hielt De la Puente 
über die kanarisch-afrikanische Fischerei einen Vortrag, dem 
ich folgende Daten entnehme: 
Die reichsten Fischerei-Gründe liegen zwischen dem Rio 
Qro und dem Cabo Blanco, doch finden sich noch andere 
ertragreiche Bänke nördlich von dieser Zone. Beim Rio 
Oro kommen die Fische nur auf jenen Bänken vor, welche 
größtcntheils von Madreporen gebildet sind, während auf 
der Bank vom Cabo Blanco die Fische sandigen Grund 
vorziehen, was bei dem Fiord des Rio Oro übrigens auch 
der Fall ist. Am häufigsten vertreten sind Meerbrassen 
und Heilbutten und besonders eine rothe Seebrasse, welche 
jene der spanischen Küste bedeutend an Größe und Gewicht 
übertrifft. Die Brassen sind nicht durch eine einzige Spe 
cies, sondern vielfach vertreten und finden sich am häufigsten 
ans der Bank vom Rio Oro vor, während die Heilbutten 
die südlichen Bänke vorziehen. An dem erstgenannten 
Platze wimmelt es auch von Fischarten, welche den Meer 
aalen und Muränen gleichen oder doch zur selben Sippe 
gehören. Alle diese erwähnten Fische trifft man zu jeder 
Jahreszeit und immer in großer Menge an. In den 
Küstengewässern derRio-Oro-Landschaft trifft man während 
der größeren Hälfte des Jahres einen Seefisch in großen 
Mengen an, dessen Fang deshalb einen so großen Nutzen 
verspricht, weil sein Fleisch sich ähnlich wie das des Kabeljau 
zubereiten läßt. Die kanarischen Fischer nennen ihn 
Corbina, wegen derAehnlichkeit mit einem gleichnamigen, 
aber kleineren Fische der Mittelmeerküsten. Aehnlich prüpa- 
riren läßt sich das Fleisch einer barschähnlichen Art, welche
	        
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