Skip to main content
Page Banner

Full Text: Globus, 48.1885

314 
Marine - Premierlieutenant Garde: Die ostgrönlündische Expedition. 
Um die neue Besitzung nicht durch kostspielige Kriege 
zu einer neuen Last des Mutterlandes werden zu lassen, 
sieht die spanische Regierung vorläufig von jeder Unter 
werfung des Binnenlandes ab. Die Küstenbewohner werden 
durch Geschenke gewonnen, von ihnen hat man auch im 
Falle eines Aufstandes nichts zu fürchten, da sie elend be 
waffnet sind und gegen Mitrailleusen und Kanonen nichts 
ausrichten können. Mit den kriegerischen Stämmen im 
Inneren hofft Bonelli in regen Handelsverkehr zu treten, 
da es ihm gelungen ist, mit ihnen freundschaftlich zu ver 
kehren und ihnen durch seine Korankenntniß zu imponiren. 
Die Spanier hoffen den Handel der Sahara-Mauren von 
St. Louis nach dem Rio Oro und der Bahiu del Galgo 
zu lenken. Mit einem Schlage wird es nicht gehen, denn 
alte Handelswege und Traditionen werden nicht plötzlich 
verlassen oder aufgegeben. 
Die spanische Regierung legt in diesen neuen Besitzungen 
zwei kleine Forts (eigentlich Blockhäuser) an, eines am Rio 
Oro, das andere an der Bahía del Galgo. Die Sociedad 
de Africanistas hat drei Faktoreien gegründet, über deren 
Lage keine anthentische Nachricht vorliegt; sie heißen Villa 
Cisneros, Puerto Badia und Medina-Gatell. 
Außer den erwähnten neuen Erwerbungen hat Spanien 
noch einen weiteren Punkt der afrikanischen Küste nördlich 
vom Aequator in Besitz genommen; es ist dies der Hafen 
Jfni an der marokkanischen Küste. Die Geschichte, wie 
dieser Ort an Spanien gekommen, ist eine echte Cosa de 
España. In dem Vertrage von Uad Ras, welcher den 
spanisch-marokkanischen Feldzug beendete, verlangten und 
erhielten die Spanier die Abtretung von Santa Cruz de 
Mar Pequeña, eines Hafenplatzes an der Atlantischen Küste 
Marokkos, der einst in den Kümpfen der Glanzzeit Spaniens 
durch glorreiche Waffenthaten der Spanier sich einen guten 
Klang erworben hatte. Es wäre jedenfalls besser gewesen, 
die Spanier hätten das Cabo del Agua sich abtreten lassen, 
aber sie folgten eben der platonischen Schrulle und ihre 
sentimentalen Gelüste wurden befriedigt, der Sultan cedirte 
ihnen den verlangten Platz, „damit die Spanier dort die 
Fischerei betreiben könnten, wie sie es in den Tagen Her- 
rera's gethan hätten". Als aber die Spanier den ab 
getretenen Hafen in Besitz nehmen wollten — konnten sie 
ihn nicht auffinden, denn Santa Cruz de Mar Pequeña 
hatte nur aus einem spanischen Kastelle bestanden, welches 
die Marokkaner nach erfolgter Uebergabe dem Erdboden 
gleichgemacht hatten. Auch die Angaben der alten Chro 
nisten waren zu vage, um aus ihren Daten die genaue 
Lage des abgetretenen Platzes ermitteln zu können. Die 
Folge hiervon war, daß das Kabinet von Madrid sich nicht 
weiter um die Durchführung des Artikels von Uad Ras 
kümmerte, welcher von Santa Cruz de Mar Pequeña han 
delte; man wollte eben die Blamage todtschweigen, was 
auch um so eher gelang, als Spanien von 1861 bis 1876 
der Schauplatz unaufhörlicher Revolutionen großen und 
kleinen Stils wurde. Erst als die Regierung des Königs 
Alfonso dem Lande die langersehnte Ruhe brachte, begann 
man in spanischen Handels- und Gelehrtenkreisen sich mit 
der Santa Cruz-Frage zu beschäftigen, und das Annexions 
fieber der Kolonialstaaten brachte die Frucht zur Reife. 
Nach langwierigen Forschungen an Ort und Stelle, sowie 
nach emsigem Studium der alten Chronisten einigte man 
sich dahin, daß der fragliche Ort in der Nähe des heutigen 
Jfni zu suchen sei, ja Einige behaupteten geradezu, daß 
Jfni mit dem Santa Cruz de Mar Pequeña identisch wäre, 
obgleich Fernandez Duro nachwies, daß Jfni den alten 
Chronisten unter den Namen Jfini, Carguessen, Tahagost, 
Tagaost und San Bartolome bekannt gewesen ist. Die 
marokkanische Regierung willigte in diese Interpretation 
des Friedens von Uad Ras ein und so besetzte Spanien 
Jfni. Man war spanischerseits vernünftig genug, hier 
nicht die Presidio-Wirthschaft von Ceuta und Meli'lla ein 
zuführen, doch ist vorläufig die Bedeutung dieses Platzes 
eine geringe. 
Da aber eine Dampferverbindung zwischen Jfni, Spanien 
und den Kanarischen Inseln hergestellt werden soll und die 
kanarischen Fischer auch in diesen Breiten auf Beute stoßen, 
so kann dieser Hafenplatz immerhin Wichtigkeit für Spanien 
erlangen. In politischer Beziehung kann bei einem even 
tuellen spanisch-marokkanischen Feldzuge Jfni der Ausgangs 
punkt militärischer Operationen besonders gegen die Land 
schaften Sus und Wadi Draa werden. 
Die o st grün ländische Expedition'). 
Von Marine-Premierlieutenant Garde. (Deutsch von W. Finn.) 
I. 
Wie im letzten Berichte erwähnt (s. oben S. 124), 
hatte die südliche Abtheilung der ostgrönländischen Expedi 
tion zu Nanortalik Winterquartier genommen. Nach gut 
verbrachtem Winter brach nun diese Abtheilung am 16 . Mai 
1885 auf, um die letzte Reise nach der Ostküste anzutreten 
und ihrem auf der Heimreise begriffenen Chef, Holm, zu 
begegnen. Diesmal bestand unsere Expedition aus zwei 
Europäern, einem Dolmetscher, 16 Grönländern und zwei 
Frauenbooten. Da ein heftiger WNW-Sturm vom 16. *) 
*) Dieselbe ist am 3. Oktober auf dem Schiffe „Constanze" 
nach Kopenhagen zurückgekehrt. 
bis 18. Mai das Fahrwasser bei dem Kap Farewell ge 
reinigt hatte, so erreichten wir schon am 23. Mai Alluk 
auf der Ostküste; hier wurden wir jedoch, wie im vorigen 
Jahre, wieder vom Treibeise aufgehalten, das in großen 
Massen längs des Landes nordwärts festlag. Ein Schnee 
sturm löste den anderen ab; da aber mit kurzen Zwischen 
räumen Seehunde zu uns in die Bucht hineinkamen, so 
litten wir während unseres dreiwöchentlichen Aufenthaltes 
keine Noth. Am 23. Juni erreichten wir nach Ueber 
windung mancher Schwierigkeiten den nördlichsten Punkt, 
bis zu welchem wir im Jahre 1883 gekommen waren. 
Diesmal waren hier keine Heiden, welche uns auf dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.