Wri besonderer Herüebsrchtigung der Anthropologie und Othnologir.
Begründet von Kart Andrer.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Richard Kiepert.
Braunschweig
Jährlich 2 Bünde ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten
zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen.
1887 .
Dieulafoy's Ausgrabungen in S n s a.
Nach dem Französischen der Madame Jane Diculafoy.
Die gewaltigen Regen gegen Ende März hatten im
Graben L des Tumnlns Nr. 2 Einstürze hervorgerufen
und dadurch war eine Erdmaner bloßgelegt worden, die
man weiter verfolgte. Allmählich wurde dann eine Anzahl
von unter einander parallelen oder zu einander senkrecht
stehenden Mauern aufgedeckt, die man als die Krönung
einer sehr verwickelten Verteidigungsanlage erkannte. Die
selbe befand sich 6 m unter der heutigen Oberfläche des
Tumnlns und mag noch etwa eben so hoch über dem ur
sprünglichen Fußboden gelegen haben. Dagegen war ans
der Citadelle bis jetzt nichts gefunden worden; dort arbei
teten schon seit länger als einem Monat die sämmtlichen
Luren an zwei langen, nach Osten gerichteten Grüben,
I und J; wohl fand man hier und da einige Skulpturen
von einem Bau, der der Thronhalle des Artaxerxes Mnemon
ähnlich war, emaillirtc Blöcke, Ziegel mit elamitischcr
Inschrift; aber im Wesentlichen waren diese Nachgrabungen
bis zu einer Tiefe von 4 in ergcbnißlos. Kleinere Gegen
stände wurden täglich gesunden, z. B. eine elegante Terra-
cotta-Vase, eine bronzene Lampe, ein eigenthümlicher Elsen-
beinkegel mit eingeritzten Kleeblättern und gut charakteri-
sirten Pelikanen und einen Siegelstein, ein Chalcedon,
ans welchem das Königsbild, darüber Anramazda und zu
beiden Seiten zwei Sphinxe mit der oberägyptischen Krone
eingegraben sind; das Siegel muß einem Achämcnidcn-
könige, der über Aegypten gesiegt hat, Xerxes oder Arta-
xerxes I., gehört haben. Am Beginn des Grabens L fand
man 1,80 m unter der Oberfläche die Fundamente des
Hauses eines Töpfers und darin neben Vasen von vcr-
Globus LII. Nr. 24.
VI.
schiedener Form zwei Becher mit einer spiraligen Inschrift
in althebräischen Buchstaben. Becher aus Nummnlitenkalk,
Terracottalampen, eiserne Pfeilspitzen und sehr zerbrechliche
Glasflaschcn lagen überall umher.
Zahlreiche emaillirtc Bruchstücke, welche sich in jedem
Schutthaufen fanden, und die vielen, stets nur aus Lehm-
ziegeln aufgeführten Mauern legten den Gedanken nahe,
daß die Bauten Susas bloß ans Lehm bestanden, wie die
jenigen Babylons, und ihre Schönheit nur der dauerhaften
Bekleidung mit Emailplatten verdankten, welche sie vor der
Zerstörung schützten und die Basreliefs der assyrischen
Paläste ersetzten. Der früher erwähnte Löwenfries ist ein
Beispiel dieser wunderbaren Ausschmückung. Andere ent
deckte man am 18. April im Graben L; es waren Bruch
stücke von lebensgroßen, prächtig gekleideten Personen:
zierliche Lippen, ein bläulicher, mit einem weißen Lütz
umgebener Bart, braune Hände, ein prächtig schwarzer
Hals und zwei weiße Hände, Proben einer entwickelten,
vorgeschrittenen Kunst. Dann wieder fand Madame Dieu-
lafoy dicht bei den Zelten in einer Spalte in drei Lagen
über einander Emailziegel, welche ans grünem Grunde
gelbe und blaue Lotosblumen und darüber weiße Palmetten
zeigten und an ägyptische Grabgemäldc erinnerten. Andere
Stücke mit gelblichem Grunde und quer von einer orange
farbenen Linie geschnitten, schienen zu einer Treppenwange
gehört zu haben; schließlich kamen große quadratische Platten
zum Vorschein, von 0,36 w Seitenlänge und 0,08 m Dicke,
oben und an den Kanten cmaillirt und mit einer großen
grünen und gelben Rosette verziert. Man hatte es hier
47