228
Dr. Emil Deckert: Die nordamerikanischen Höhlen.
fest gewordenen Eise des Meeres ein unglückliches Ende
nehmen. Und doch hält diese Erfahrung die Thiere von ihrem
Wandertriebe nicht ab, denn erstens sind die Inseln den
meisten ihre Heimath und ihr Geburtsort, und zweitens sind
sie hier gesichert vor ihren Peinigern, den Mücken und
Bremsen.
Mücken habe ich zwar an einem warmen Tage gesehen,
doch stachen sie nicht. Von Insekten fanden sich sonst noch
wenige Käfer und Zweiflügler sowie ein Schmetterling.
Der ärgste Feind der Renthiere, der Wolf, folgt ihnen,
obzwar vereinzelt, auch bis hierher.
Anfang Oktober waren auch unsere Zugrenthiere, auf
deren Kraft ich beim Hinüberschaffen der Sammlungen
besonders gerechnet hatte, schon in bedenklichem Zustande.
Doch Dank unserer reichlichen Jagdbeute konnte ich sie retten.
Ich ließ statt der Juktola an meine 26 Hunde sowohl von
dem Ueberslusse an erlegtem Wilde, als auch von den dem
Schlachtmesser zum Opfer gefallenen schwächeren Thieren
meiner Heerde verfüttern und setzte die dadurch ersparten
Fische den Renthieren vor, welche sich nicht nur bald, mit
Ausnahme eines einzigen standhaften Thieres, an die neue
Nahrungsweise gewöhnten, sondern mit Gier auf diese Kost
stürzten — mit dem Heißhunger eines bekehrten Vege
tarianers.
Die Thiere selbst trieb ihr Instinkt zu möglichst rascher
Rückkehr an das Festland, da die verödete Insel sie mit
dem Hungertode bedrohte. Dadurch hätten wir fast unsere
ganze Heerde verloren, die sich am Tage vor Unserem Aus-
bruche, den Spuren wilder Renthiere in einem unbewachten
Augenblicke folgend, bereits eine Meile weit von der Insel
entfernt hatten, und nur einem glücklichen Zufalle verdanken
wir es, daß wir die Thiere zwischen Schollenbergen verirrt
auffanden und zurücktreiben konnten.
(Schluß folgt.)
Die n o r d a rn e r i k a n i s ch e n H ö h l e n.
Von Dr. Emil Deckert.
(Schluß.)
Bei der Wyandotte-Höhle, die unsere Adelsberger
Grotte an Ausdehnung etwa um das Doppelte übertrifft,
ist die Anordnung
der Hauptgünge
merkwürdig. Die
selben laufen
sämmtlich von Nord
nach Süd und sie
stehen so nicht nur
unter einander, son
dern auch mit dem
Blue River, der
östlich davon dem
Ohio zu fließt,
in ziemlich stren
gein Parallelismus.
Man könnte sich
also sehr wohl vor
stellen, der betref
fende Strom sei
zuerst durch den
westlichen Höhlen
gang geflossen, dann
durch den mittleren
und dann durch den
östlichen, bis er
endlich sein Bett an
die gegenwärtige
Stelle und an das
Tageslicht verlegt
habe. Die That
sache, daß die west-
lichen Gänge (Mor
tons Marmor-
Halle rc.) die
trockensten sind,
würde damit gut
im Einklänge stehen.
Da verschiedene
Verbindungsgänge
zwischen den Haupt
gängen vorhanden sind, so dürfte die Veränderung des
unterirdischen Flußlaufes in der angedeuteten Richtung aber
wohl immer nur
schrittweise und all
mählich eingetreten
sein (vergl. den
beigegebenen Plan
der Höhle). Daß
wiederholte Zusam
menbrüche der Höh
lengewölbe statt
gefunden haben, ist
auch bei der Wyan
dotte-Höhle aus
zahlreichen großen
Anhäufungen von
Kalksteinblöcken und
Stalaktiten-Bruch
stücken zu schließen.
Im Uebrigen finden
sich in verschiedenen
Abtheilungen der
Höhle auch mächtige
Ablagerungen von
Flußsand und von
Rollkieseln („Wy-
andotte Potatoes").
Gegenwärtig ist die
Wyandotte - Höhle
freilich eine der
trockensten, die
Nordamerika besitzt,
und nur die Gänge
der unteren Etage,
die blos etwa 10 in
über dem Nieder
wasser des Blue
River liegt, halten
sich noch ziemlich
feucht. Ein gewisser
Parallelismus der
Das Labyrinth der Mammuth - Höhle.
1 Kegelbahn. 2. Sattelgrube. 3. Gorius-Dom. 4. Pntnam-Kabinet. 5. Hovey-Kabinet. 8. Ariadne-
Grotte. 7. Abgrund. 8. Ueberdeckte Grube. 9. Scylla. io. Charybdis. n. Schwärmer-Halle.