Dr. Emil 5)eifert: Die nordamerikanischen Höhlen.
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Hauptgänge ist übrigens auch bei der Mammuth-Höhle zu
bemerken, und auch bei dieser sind die tiefer gelegenen
südwestlichen Räume die feuchtesten (vergl. den Plan
S. 213.)
In der Luray - Höhle H, die heute ebenfalls beinahe
vollständig frei ist von durchfließendem Wasser, weist das
Jrrsal der Gänge auf eine regellosere Bildungsgeschichte hm.
Nicht unmöglich wäre es wohl, daß mehrere von den Ouell-
Plan der Wyandotte - Höhlen.
i. Diamantcn-Avtmir. 2. Waslnngtoii-Aveiiiie. 3. Kriech-Avenuc. 4. Rothwell-Straße. 5. Wildkatzeu-Avcmie. 6. Pctrefactk„-Ave»»e.
7 . Worten? Marmor-Hnlle. 8. Niescn-?wenue. 9. Wadash-Avenue. — Die schraffirten Gänge liegen cm Stockwerk neser.
flüssen des Sheunandoah, die von der Massanutton-Kette
und von der Blauen Kette herabströmen, sich seinerzeit selbst
ständige unterirdische Kanäle gegraben hätten, und daß diese
Kanäle erst später zu einem einheitlichen Systeme vereinigt
worden wären. Die Lagerung der Kalkfteinschichten ist natür
lich in der Alleghauy-Regiou auch stärker gestört als in der
unteren Ohio-Region. Die
Hauptgänge verlaufen übri
gens doch in der Richtung
des „Großen Thales".
Am schwersten dürfte
es bei der Marmor-Höhle
des Mount Eoluö (in Ver
mont) fein, einen gegen
wärtig bestehenden Kluß
lauf zu den unterirdischen
Gängen in Beziehung zu
fetzen. Die betreffende Höhle
liegt in sehr beträchtlicher
absoluter und relativer Höhe
auf dem Berge — 525 m
über dem Meeresspiegel —
und kann sich offenbar nur
in einer Zeit gebildet haben,
in der das gesammte Relief
des Bodens rings umher
noch ein vollkommen anderes
war. Sollte sie schon seit
den mesozoischen oder pa
läozoischen Zeiten bestehen?
Bei der Rapidität, mit der
in Amerika die Verwitte
rung und Denudation der
oberflächlichen Kelsschichten
vor sich geht, ist es wohl
kaum nöthig, so weit in
die geologische Vergangen
heit zurückzugreifen, um das
Phänomen zu erklären.
Mit Rücksicht auf die
Formationen, in die die nordamerikanischen Höhlen eingegra
ben sind, könnte man füglich fünf große Gruppen unterschei-
l. tBorluiHf. 2 . Wa,In„qton-Saule. 3. Blumengarten. 4 Tl,enter
6. Natnrbrncke. , 6 . Ftichinnrkk. 7. Krost.il,quelle. 8 Prosero nn-'
Säule. 9 . Geioemt. io. Bnlkon. 11 . 5l-ero,.-Grotte 12 Titan n
«àicr. 13. «aracenen-Zelt. 14. Katliedralc, Orne! und ?l,ro»
15. Tl'ur.n Bal-el. 16. Muserin-Säule. 17. EblisÄle 9 l i
2 . 111 h'. 19. MnNcedoii-Miskave. 20 . K.isk.iscn-Quelle 21 Dr Mw
- 2 . Dteernhikchen. 23. Konigin-Schäroe. 24. Feuchte Mä »5 |Ä-'
umn-Lee. 26. ree-Lee. 2.7 Rlieinsäüösser und Letl>e-2ee 28 u.hü-r-
quelle. 2». Skelet. 30. Zwillàs-Seen, 31. MqschGenmn»,. 32. MiHer'-
34 . Petref.ictcn-.lllee. 35 . Schiefer Thurm.
Halle. 33. Hawes-Halle.
den: die silurische Gruppe der Alleghany- Region (Luray-
Höhle, Weyer-Höhle, Howe-Höhle, Marmor-Höhle re.); die
eoeäne floridanische Gruppe; die earbonische Gruppe des Ohio-
Gebietes (Wyandotte- Höhle, Mammuth-Höhle, Krystall-
Höhle, Nieojack-Höhle re.); die earbonisch-silurische Gruppe
von Missouri-Iowa; und die jurassische (und vulkanische)
Gruppe von Kalifornien-
Mexiko. Für die weitere
Erklärung des Höhlen-
Phänomens wird dadurch
aber kaunt sehr viel gewon
nen. Es finden sich eben
Höhlen in den Kalksteinen
aller Formationen. Bei der
earbonischen Gruppe des
Ohio-Gebietes ist es nur
auffällig, wie gleichmäßig
die Längsachse der unterirdi
schen Hohlräume von Südost
nach Nordwest gerichtet ist.
Wenn wir in Vor
stehendem die Ansicht ver
treten haben, daß die nord-
amerikanischen Höhlen in
erster Linie als eine Arbeits
leistung der fließenden Ge
wässer zu betrachten sind,
und daß der Charakter der
nordamerikanischen Ströme
sich in ihnen beinahe ebenso
deutlich ausspricht wie in
den „Glens" lind „Canons"
an der Oberfläche, so wollen
wir damit aber keineswegs
behaupten, daß an ihrer
Ausgestaltung überhaupt
keine anderen Agentien mit
gearbeitet haben. Die grö
ßeren Weitungen, die die
Höhlen enthalten, sind wir
viel mehr geneigt der lösenden Kraft der Feuchtigkeit, die
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x ) Vergl. hierzu 8. .1. Aramen, „The caverns of Luray“
(5 th ed., Philadelphia 1886).