ffiii besonderer Berücksichtigung der Gtbnologie, der Kulturberhülinisse
und des Welthandels.
Begründet von Karl Andrer.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Emil Deckert.
Braunschweiq
Jährlich 2 Bände in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 LO s)
zum Preise von 12 Mark für den Band zu beziehen. icwv.
D i e Urbewohner Neufundlands').
Von Tr. H. Toppen.
Ein unwirthliches Klima und eine ihm entsprechende
Natur der Bodengestalt und Bodenbedeckung haben bisher
verhindert, daß die Insel Neufundland, welche Irland an
Größe übertrifft, eine dichtere Bevölkerung angelockt hat.
4-ie Mehrzahl der Bewohner drängt sich im Südosten zu-
sammen und hängt von Fischfang und Schiffahrt ab, denen
Neufundland seine Bedeutung im Weltverkehr verdankt. In
neuester Zeit schreitet man aber auch in Neufundland zu
Unternehmungen, die der modernen wirthschaftlichen Ent
wickelung entsprechen, zu Eisenbahubau, Bcrgwcrksunter-
uehmungen u. s. w. Doch verharrt der größte Theil der
Insel noch im Naturzustände, und viele Gegenden sind kaum
vom Fuße des Weißen betreten worden. Undurchdring
liche Wälder, in welchen Pappeln und Birken sich unter
das vorherrschende Nadelholz mischen, werden von wüsten,
sumpfigen Flächen unterbrochen, die mit Moosen und Flechten
oft bis zwei Fuß dick bedeckt sind. Das sogenannte Hirsch
hornmoos und die Nenthiersiechte herrschen unter den Pflanzen
dieser sogenannten Harrens" vor. An Beeren aller Art
herrscht dort im Spätsahre Ueberfluß, während im Sommer
Kalmien und Azaleen vielfach das eintönige Grau und
Grün der Landschaften im Innern der Insel unterbrechen.
Die Landfläche ist von zahlreichen Seen unterbrochen, welche
die Bewohner der Insel Teiche nennen. Dieselben treten
stellenweise so massenhaft auf, daß man z. B. von einem
^erge ihrer 180 auf einmal sieht.
Die Insel weist mehrere große Flüsse auf, die aber
nicht schiffbar sind, da sie bald seicht werden und vielfach *)
*) Nach E. Blake in dem „Ninsteentü Century“.
Globus LVII. Nr. 12.
durch Fälle und Schnellen unterbrochen sind. In die Bay
of Islands im Westen ergießt sich der Humber, und der
Hauptfluß der Insel, der Exploits-River, fließt nordöstlich
zur Notre-Dame-Bay; er bildet den Red Indian Lake, tief
im Innern der Insel gelegen und nur selten ausgesucht.
Der nördlichste Punkt der Insel, Kap Bauld, liegt etwa
unter der Breite von London.
Neufundland wurde wahrscheinlich schon von den nor-
männischen Seefahrern des zehnten Jahrhunderts besucht
und wird von einigen für das „Weinland" gehalten, welche
die Berichte über jene Fahrten erwähnen. Rhode Island,
Ncuschottland und Kap Breton machen freilich auch ans
diese Ehre Anspruch, und Neufundland bringt keinen Wein
hervor, jene alten Nordmänner müßten sich denn mit
„Heidelbeerwein" begnügt haben. Ob John Cabot Neu
fundland berührte, ist zweifelhaft, da eine im Vatikan be
findliche Karte'es wahrscheinlich macht, daß er vielmehr
Labrador angelaufen hat. Dann wäre der Portugiese
Gaspar de Cortercal — von den Normannen abgesehen —
der erste Europäer gewesen, der Neufundland betrat. Er
lief im Jahre 1500 in die Conception-Bay ein und gab
ihr den Namen. Uebrigens fand der kühne Seefahrer bereits
bastische und bretagnische Fischer in jenen Gewässern vor.
Da die drei von Cabot an den Hof Hcinrich's VII. ge
brachten amerikanischen Eingeborenen wahrscheinlich Eskimo
waren, so rührt die erste Kunde von den Eingeborenen der
Insel von Jaegues Cartier her, welcher im Jahre 1534
berichtete, daß sie von mäßiger Körpergröße und dabei wild
und unbändig seien; sie trugen nach seinen Angaben das
Haar auf dem Scheitel zusammengebunden, steckten eine
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