Mit besonderer V^rürbsrchtrgung der Ethnologie, der Kulturberhältnisse
und des Welthandels.
Begründet von Karl Andrer.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Emil Deckcrt.
cv«,«* 2 Bünde in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Pos,»„stalten
Braunschweig -’° W ' ’ °°" 12 M »,I snr den Band beziehen.
1890.
Die letzte Reise des Generals von Prshewalski.
Non Professor Dr. F. Marthc.
II.
(Mit einer Karte und
Vom 9. Februar bis zum 1. April 1885 hatte der
diesmalige Aufenthalt am Lob-Nor gedauert und Gelegen
heit geboten, die vormaligen, fast in demselben Jahres
abschnitt (vom 16. Februar bis 1. April 1877) gemachten
Beobachtungen über das dortige Klima, den Vogelslug und
andere, den Frühlingsanfang begleitende Erscheinungen zu
vervollständigen. Wir führen, mit Uebergehung der Einzel
heiten, hier nur die Worte an, in denen Prshewalski selbst
seine meteorologischen Beobachtungen zusammenfaßt: „Die
allgemeinen Charakterzüge dieses Klimas sind frühe Wärme,
noch lange Zeit mit Kälte abwechselnd, mächtige Stürme
nur aus Nordost kommend, beständige Staubatmosphäre,
häufige Bewölkung und Mangel an wässerigen Nieder
schlägen." Eine Zeit der Stürme beginnt namentlich bald
nach der Tag- und Nachtgleiche und hält noch den April
und Mai hindurch an. Das war nun die Zeit, in welcher
der Marsch in der terra incognita vom Lob nach Chotan
ausgeführt wurde, und so lösten sich während desselben
hauptsächlich zwei Witteruugszustände ab, entweder große
Hitze bei Windstille oder Sturm mit Külte gepaart; dabei
Tag für Tag Staub in der Luft, fein wie Mehl, so daß er
überall eindringt, z. B. in bestgeschlossene Chronometer und
andere Instrumente, zuweilen so dicht, daß sich der Tag in
Nacht verkehrte, und die weißen Zelte aus kaum 2 m Ent
fernung nicht mehr zu erkennen waren. So wurde und
wird hier mitten im Kontinente und im Bereiche eines aus
gesprochen trockenen Klimas die Fernsicht leider ebenso er-
Globus LVIII. Nr. 3 .
zwei A b b i l d u n g e n.)
schwerst, wie es ähnlich an nebel- und regenreicher Küste zur
Zeit der Frühlingsstürme geschehen mag!
Bei dem Weiler Wasch-Schari stieß man zuerst auf den
Rand jenes Sandmeeres, welches wohl den ganzen, vom
Jarkendflusse und dem Tarim im Westen, Norden und
Osten umschriebenen Raum erfüllt, aber auch über die linke
Seite dieser Flüsse sich noch weit erstreckt, namentlich nach
Osten hinaus, der ausgedehnteste und unzugänglichste Sand
bereich, den man in Mittelasien kennt, gegen 1000 irrn laug
und 4001cm auf dem Meridian von Kerija breit. Der
Prozeß der Versandung schreitet hier immer weiter vor, und
so werden nach Prshewalski's Aussage jetzt schon 23 Städte
und 360 Dörfer genannt, die in dem Raume zwischen Chotan,
Aksu und dem Lob-See unter dem Sande begraben sein sollen.
9coch heutigentages gehen die Bewohner der übrig gebliebenen
Oasen von Nija, Kerija, Chotan rc. zur Herbst- und Winter-
zeit in die Sandwüste, um die durch Stürme wieder ent
blößten Trümmerstätten auf- und nach Schätzen abzusuchen.
Ihre Bemühungen sind nicht umsonst; sie finden zuweilen
darin Gold und Silber und stoßen ans noch unversehrt ge
bliebene Hütten, in denen sich Filzdecken und Kleidungsstücke
vorfinden, nur daß letztere bei der Berührung in Staub zu
zerfallen pflegen. Den Rückweg sichern sich solche Besucher
der Wüste dadurch, daß ste entweder auf Kameelen oder auf
beut eigenen Rücken Stangen mitschleppen, die sie auf den
höchsten Sandhügeln einstecken und mit bunten Wimpeln an
der Spitze ausputzen. So sollte ein besonders kühner —
5