Dr. I. H. Kloos: Die Höhlen bei Rübeland im Harz.
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nur die Sprache ihrer früheren Herren täuscht über den
Wechsel der anthropologischen Elemente innerhalb der Böller.
So sind also auch die knrzköpfigcn deutschsprechenden Bevölke
rungen des Südens in Wirklichkeit Tnranier, keineswegs die
Nachkommen der Germanen. Österreich und die Schweiz
sind anthropologisch geeinte Staaten, trotz der Sprachver-
schiedenhcit. Bezug genommen ist hierbei auf einen Aus-
spruch Ratzels (Anthropogcographic): Gemeinsamkeit der
Sprache, des Glaubens, der Sitten, vor allem, was man
National- oder Bolksbewnßtsein nennt, das sind alles nur
Gewänder, welche verhüllend und gleichmachend über Ver
schiedenstes geworfen sind. Es sind damit Völker gemeint
wie die Italiener, die die Anthropologie in verschiedene
Nassen zerlegen kann.
Es wäre also nach Penka das Klima, von dessen nach
teiligen Einflüssen in südlicheren Ländern das Verschwinden
der blonden Raffe bedingt sein soll. Hingegen sucht De
Lapongc die Gründe der gleichen Erscheinung in Frankreich
ausschließlich in geschichtlichen Thatsachen. Das arisch-kel
tische Rassenelcment sei schon durch Cäsars Eroberung auf
gerieben worden. Seine Erneuerung durch die germanische
Einwanderung der Franken, Goten u. s. w., der kriegerische
Lehensadel sei durch das Fehdewesen, die Krcuzzüge, denEöli-
bat der Geistlichkeit, das die Hälfte der Männer, zwei Drittel
der Frauen jeder Generation zur Unfruchtbarkeit verurteilte,
durch die Hngenottenvcrfolgnng und zuletzt durch die Revo
lution ausgemerzt worden, bis also im heutigen Frankreich
das knrzköpfige, keltoslavische oder mongoloide Rassenelement
die Vorherrschaft erlangt habe.
Noch stärker als Penka oder deutsche Anthropologen be
tont De Laponge die Starrheit und Unabänderlichkeit der
Raffenmerkmale. Die blonden Langköpfe und die dunklen
Kurzköpfe treten in seiner Auffassung wie scharf getrennte
Arten hervor. Wie er den Neger einen komplizierten Ehim-
panse nennt, den zivilisieren zu wollen eine verhängnisvolle
Thorheit sei, so behandelt er auch die Nachkommen der Kreu
zung zwischen Ariern und Mongolen, oder Lang- und Knrz-
köpfen nach Analogie der Anschlinge zwischen Weißen und
Farbigen. Er sieht in ihnen nur eine Verschlechterung und
behauptet, daß sie unter sich eigentlich nicht fruchtbar, nur
durch wiederholte Kreuzung mit reinem Blut den Anschein
einer konstanten Mischart erhielten. Die niedere Geburten
ziffer, den drohenden Rückgang der französischen Bevölke
rung, läßt er nur für die Gegenden der gemischten Nassen,
die fruchtbaren Flußthäler, gelten; sie ist ihm die Folge
der fortgesetzten Kreuzung der Mischlinge, deren Ergebnis
unter dem Gesetze des mangelnden Zusammenhanges der
durch verschiedene Vererbung überlieferten Körperteile znm
Widerspruch der Organisation führt, bei Frauen zur Sys-
symmetrie des Uterus, welche die Fortpflanzung unmöglich
macht. Das schließliche Aussterben der französischen Misch-
lingsbevölkernng, ihre Ersetzung durch reinere Rassen, durch
Belgier und Deutsche, scheint ihm unaufhaltbar.
In dieser Auffassung der Rassen als echte und ge
trennte Arten, die die Mischlinge nach Analogie der Maul
tiere und Maulesel betrachtet, folgen andre Anthropologen
nicht. Der Vertreter der Unveränderlichkeit der Rassen
merkmale seit dem Diluvium, Kollmann, läßt doch eine
frühere Periode der Veränderlichkeit zu, eben die Zeit der
Bildung der Rassen, zunächst der europäischen. Wie soll
man sich nun die Entstehung der Raffen in jener Urzeit
vorstellen? Das neue Dictionnaire des sciences anthro
pologiques 1889 kann als Definition für die beiden Haupt-
rassen schließlich doch nur die geben, daß ein Paar Lang-
köpse keinen Kurzkops, ein Paar Kurzköpfe keinen Langkopf
zeugen können. Ouatresages gab den beiden Rassen andre
Namen nach wichtigen Fundstätten, er nannte den urzeit-
lichcn Typus der Langköpfe die Kanstattraffe, — nach Penka
ist die blonde arische Rasse ihre direkte Fortsetzung, wobei
sich auch das charakteristische Merkmal der Knochenwülste
der Augenbrauengegend erhalten hat; die kurzköpfige kleine
Rasse, die Tnranier oder Mongoloiden, nannte er nach einem
belgischen Fundort Furfoozrasse und schrieb ihr fast gleich hohes
Alter, und nicht asiatische Abkunft 'zu. Eine dritte Rasse
nannte er die Ero Magnonrasse, gleichfalls groß, langköpfig,
aber abweichend von der ersten, mit rautenförmiger Gesichts-
form und sonstigen Eigenschaften. Penka erklärt sie für die
Stammform der mittelländisch semitischen Langköpfe, der
Iberer, Japygen, Pelasgcr. Auch De Laponge nimmt eine
mittelländische Rasse an, zu der die Knschiten zählen.
Es ist vielleicht an sich nicht so wichtig, wie viele solcher
fossilen Rassen, deren charakterisierende Umgrenzung doch nur
ans verhältnismäßig wenigen Funden gezogen ist, man auf
stellen will. Wichtiger ist, daß sie.nicht ausgestorben sind,
daß sie noch fortleben, daß ihre Nachkommen gelegentlich
in völliger Raffenreinheit noch jetzt unter den europäischen
Völkern sich vorfinden, und daß durch die Gräberfunde ans
allen Zeiten die Verbindung der Gegenwart mit jener Ur-
vergangenheit bewiesen ist. Daß die Kanstatt-Rasse und
der germanische Typus zusammenhängen, ist auch für die
Volksgeschichte eine wichtige Thatsache. Es fragt sich nur,
; wie sic einzuordnen ist.
Die Döhlen bei Rübeland im Dar
Don Dr. Z. H. Irloos. Braunschweig.
B
3- I7. Ixloos.
I.
Kalkige Gesteine besitzen im Harz eine geringe Ver
breitung, und namentlich die sogenannten Maffenkalke, nicht
geschichtete oder nur in dicken Bänken unregelmäßig abge
sonderte Kalksteine, nehmen nur einen verschwindend kleinen
Anteil am Aufbau des Gebirges. - Daher kommt cs, daß
trotz des Maffenrcichtums des hercynischcn Waldes, trotz
der vielen, tief eingeschnittenen Flußläuse, trotz der weit
gehenden Zerspaltung der Schichten, die Höhlenbildung ans
einzelne Teile des Gebirges beschränkt ist.
Denn Höhlen sind an bestimmte Gesteine gebunden,
an solche Felsarten, auf welche das Wasser in zweierlei
Weise einwirken kann. Zunächst ist die mechanische Wir
kung des Wassers erforderlich, welche bereits vorhandene
Klüfte und Richtungen geringsten Widerstandes erweitert,
und dann muß die chemisch wirkende, auflösende Kraft des
Wassers und der in demselben enthaltenen Bestandteile in
Thätigkeit treten können. Das Wasser nun kann diese
auslösende Thätigkeit in dem zur Höhlenbildung gerade
notwendigen Maßstabe nur entfalten in Kalksteinen, in
Gips und in dolomitischen Gebirgsmaffen.
Die ausgedehnteren unterirdischen Hohlräume werden
in Kalksteinen angetroffen und zwar in Maffenkalkcn, deren
kompakte Beschaffenheit es mit sich bringt, daß große natür
liche Gewölbe sich bilden und erhalten können; der Gips
weist nur selten größere Höhlensysteme aus, denn einmal
haben die Gipslager gewöhnlich nur eine geringe Aus
dehnung und dann ist diese Gebirgsart in zu reichlichem
Maße einer völligen Zerstörung durch fließende Gewässer