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Full Text: Globus, 59/60.1891

m r ii 1t it f rfi hi i* i u Jährlich 2 Bände in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 
*¿7 i II u u | aj iu L i g. zum Preise von 12 Mark sür den Band zu beziehen. 1 
Das Gräberfeld von Reichenhall in Bayern. 
Von Dr. M. Weigel, Assistent am Museum für Völkerkunde. Berlin. 
Das Königl. Museum für Völkerkunde in Berlin ist 
vor kurzem durch eine großartige Sammlung bereichert 
worden, welche in archäologischer und kulturhistorischer 
Beziehung von ganz hervorragendem Werte ist. 
Herr M. v. Chlingensperg-Berg in Reichcnhatt hatte im 
Jahre 1884, gelegentlich eines Ausfluges in der Nähe der 
Stadt, ganz zufällig au dem Abhänge des Kirchbcrges, an 
einem durch Abbau entstandenen Bergeinschuitt eine Anzahl 
von muldenartigen Lehmgruben und die Reste menschlicher 
Gebeine entdeckt und war infolgedessen auf die Vermutung 
gekommen, daß sich hier eine Nekropole ans alter Zeit be 
fände. 
Der Besitzer des Grundstücks versicherte zwar, daß hier 
die im Anfange dieses Jahrhunderts, gelegentlich der blutigen 
Kümpfe zwischen den Bayern und Tirolern, erschlagenen 
Krieger bestattet seien, aber Herr v. Chlingensperg schenkte 
dieser Tradition keinen Glauben, da der schlechte Erhal 
tungszustand und das Aussehen der Knochen, sowie daS 
Vorkommen von Metallbeigaben, von dem ihm erzählt 
wurde, auf ein bei weitem größeres Alter hinwiesen. Er 
nahm eine genaue Untersuchung der Lokalität vor und seine 
Vermutung wurde in glänzender Weise bestätigt. Im Laufe 
von fünf Jahren, von 1884 bis 1888, gelang es ihm, ein 
großes, umfangreiches Gräberfeld aufzudecken, dessen Schätze 
zu den großartigsten gehören, welche bisher ans dieser Periode 
unsrer deutschen Vorzeit erhalten sind. Und die außer 
ordentlich sorgfältige Art der Ausgrabung, die peinliche 
Akkuratesse, mit der jedes Grab und jeder Fund gesondert 
und aufgezeichnet ist, verleiht dieser Sammlung ihren einzig 
dastehenden Wert in wissenschaftlicher Beziehung. 
Die Funde sind von dem Entdecker selbst in einem sehr- 
splendiden und mit vorzüglichen Photographiern ausgestatteten 
Werk publiziert *), und wurden dann durch Vermittelung von 
Max v. Ehlingen sperg-Berg, Das Gräberfeld von 
Neichenhall in Oberbayern. Geöffnet, untersucht und beschrieben. 
Reichenhall 1820. Buhler. 4". V, 164 S. Mit einer Karte 
und 40 Farbentafeln in unveränderlichen Lichtkupserdrucken aus 
Crayonpapicr. 40 Mk. 
Globus LX. Nr. 4. 
Herrn Prof. A. v. Heyden und Herrn Direktor Dr. A. Doß 
von Sr. M. Kaiser Wilhelm II. angekauft, um jetzt als kaiser 
liches Geschenk in der Reichshauptstadt in der prähistorischen 
Abteilung des Königlichen Museums für Völkerkunde eine 
würdige Ausstellung zu finden. 
Die ganze Umgegend von Neichcnhall, dessen außer 
ordentlich reiche Salzquellen schon Jahrhunderte vor unsrer 
Zeitrechnung von den Kelten, dann später von Germanen 
und Römern ausgebeutet wurden, ist reich an Altertümern 
der verschiedensten Kulturperioden. Auch die älteren Funde, 
die nicht speziell zu dem großen Gräberfelde und der Kaiser- 
sammlung gehören, aber in der Umgegend der Stadt gesunden 
wurden, sind in dem erwähnten Werk publiziert worden. 
Die Armspirale (Tafel I, Fig. 4), die Schaftlappcn-Zelte 
(Tafel I und II), sowie das Bronzeschwcrt von echt ungari 
schem Typus weisen auf die ältesten Perioden der Metallzeit 
hin und dürften wohl noch älter sein, als das nicht allzuweit 
entfernte berühmte Hallstätter Gräberfeld. Die beiden 
Ringe (Tafel III) zeigen La Töne-Charakter, und die 
römischen Skulpturen uttb Jnschriftsteine gehören der Kaiser- 
zeit an. Das große Gräberfeld selbst wird von Herrn 
v. Chlingensperg vom Anfang des 6 . Jahrhunderts bis 
zum Ende des 7. bezw. Anfang des 8 . Jahrhunderts ge 
fetzt. Wir werden uns jedoch am Schlüsse noch eingehender 
mit der Chronologie in dieser Lokalität zu befassen haben. 
ES herrscht, mit einer Ausnahme, wo der Entdecker- 
partiellen Leichenbrand annimmt — ob mit Recht oder nicht, 
wage ich nicht zu entscheiden —, durchweg Lcichcnbestattung, 
die nach der Zeit der Völkerwanderungen bei allen germani 
schen Stämmen, mit Ausnahme der Sachsen und Thüringer, 
Regel war. Die Fundstelle fällt somit in die Kategorie 
der sogenannten Reihengräberfelder, obgleich hier die Gräber 
nicht in regelmäßigen Reihen aneinander geordnet, sondern 
oft recht unregelmäßig nach verschiedenen Richtungen orien 
tiert sind. Die Zahl der sämtlichen von Herrn v. Chlingen 
sperg untersuchten Gräber beträgt 525, 184 Männer-, 
204 Frauen- und 132 Kindcrgräber. Durch frühere 
Grabungen und Verwüstungen schien aber bereits ein schr 
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