Bd. LXII
Nr. 14
Braunschweig.
Jährlich 2 Bände in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten
zum Preise von 12 Mark für den Band zu beziehen.
1893 .
Die Bahama-Inseln.
Nach wiederholten Besuchen geschildert von Baron H. Eggers. Aopenhagen.
Vor genau 400 Jahren betrat Kolumbus, wie bekannt,
auf den Bahamas das erste Land der Neuen Welt, das indes
von den Entdeckern bald vor andern reicheren Gegenden
vernachlässigt und erst viel später von englischen Abenteurern
wirklich besiedelt wurde.
Während der größte Teil dieser Neuen Welt im Laufe der
Zeiten infolge der Kolonisation durch europäische Nationen
durchgreifende Veränderungen erfuhr, find die Bahama-Jnseln
ihrer eigentümlichen Naturverhältnisse wegen fast unverändert
geblieben, so daß ich dieselben bei meinen verschiedenen Be
suchen, besonders als ich 1888 im Aufträge der British
Association die Vegetation der Inseln untersuchte, fast in
demselben Zustande vorfand, in dem sie sich ohne Zweifel
zur Zeit des großen Admirals befanden. Nur von den
friedlichen Eingeborenen, welche hier die Spanier bei ihrer
Ankunft empfingen, sind, wie überall in Westindien, fast
jegliche Spuren verschwunden. Dieselben wurden von den
Conquistadoren zum Minenbau nach Hispaniola geschleppt
und binnen kurzer Zeit auf ihren Heimatsinseln vollständig
ausgerottet.
Die Bahamagruppe bildet den nördlichen, zwischen 210 42'
und 27° 30' sich erstreckenden Teil des großen westindischen
Archipels und umfaßt, außer mehreren Tausenden von Felsen,
eine Anzahl von gegen 700 größeren und kleineren Inseln,
die alle gleichen Charakters und Ursprunges sind und einen
Flächeninhalt von zusammen 14 500 qkm besitzen.
Im Gegensatze zu ihren nächsten südlichen Nachbarn, den
Großen Antillen, Cuba und Haiti, stellen die Bahamas keine
Gebirgsländcr dar, sondern bestehen ans lauter niedrigen,
höchstens bis etwas über 100 m ansteigenden, flachen Kalk
inseln, die von Korallen auf Grundlage unterseeischer Ge
birge aufgebaut und in einigen Fällen durch teilweise Hebungen
zu einer etwas größeren Höhe über den Meeresspiegel empor
gehoben worden sind.
Der größte Teil dieser riesigen Korallcnbautcn befindet
sich noch unter dem Meere und bildet die ausgedehnten
Bahamabänke, die in einer Breite von über 1000 km diesen
Globus LXII. Nr. 14.
Teil des Nordatlantischen Ozeans erfüllen, und auf denen
die einzelnen Inseln oft nur ganz wenig hervorragen, so daß
bei vielen derselben der Unterschied zwischen Land und Meer
häufig ein sehr unbestimmter lvird.
Ein Hauptmerkmal der ganzen Inselgruppe ist deshalb
die geologische Gleichmäßigkeit und Einförmigkeit, so daß die
eine Insel in dieser Hinsicht der andern so ziemlich ähnlich
sieht. Dieselben schneeweißen oder grau angelaufenen, porösen
Korallenkalkmassen, mit dem, aus dem Detritus derselben ge
bildeten weißen Sande, der an den flachen Küsten häufig
ansehnliche Dünen bildet, treten überall hervor und werden
von der dünnen Vegetation nur spärlich verdeckt. Die Poro
sität der Korallenfelsen läßt sich auf vielen der Inseln in sehr
interessanter Weise beobachten, indem es nicht selten vorkommt,
das Binnenseen im Innern derselben mit dem Meere in
Verbindung stehen und sich mit diesem bei Ebbe und Flut
senken und heben.
Ans der Insel Acklin fand ich z. B. einen kleinen Binnen
see, Marys Pond, der nicht nur salziges Wasser und die im
Meere an der Küste wachsenden Algenarten enthielt, sondern
dessen Wasser auch regelmäßig den Flutbewegnngen des Ozeans,
wie zu erwarten mit einigem Zeitunterschiede, folgte. Das
selbe sah ich später am Killarneysee im Innern der Insel
New Providence, wie auch an Brunnen und kleineren Wasser
ansammlungen an verschiedenen Orten dieser Insel.
Die Gruppierung der Insel ergiebt sich als den großen
unterseeischen Bänken folgend, an deren Rändern entlang die
meisten derselben gelegen sind und zwischen sich gewöhnlich
ein seichtes Binnenmeer einschließen, das, wie die See auf
den Bänken im allgemeinen, wo der weiße Sand des niedrigen
Wassers wegen überall durchscheint, von den Einwohnern als
„White Water“ bezeichnet wird. Im Gegensatz hierzu
heißt der tiefblaue Ozean zwischen den Bänken sehr zutreffend
„Black Water“.
Während der Übergang von dem Lande zum White
Water ein sehr allmählicher, und, wie bereits erwähnt, der
Unterschied sogar oft ein sehr unsicherer ist, fällt das Land
27