Die Stempel der Indianer Brasiliens
Von Herbert Baldus (Saö Paulo)
Eine größere Arbeit, die in portugiesischer Sprache erscheinen soll, wird
das aus Literatur, Museumssammlungen und persönlichen Angaben zusam
mengestellte Material über brasilianische Stempel enthalten, auf dem die
folgenden Ausführungen beruhen.
1. Typologie
Während Erland Nordenskiöld (1918 : 147 f. und Fig. 42) die indiani
schen Stempel nur bezüglich ihrer geographischen Verteilung in Südamerika
untersucht hat, ohne sie irgendwie zu klassifizieren, unterscheidet S. Linne
(1929 : 38-51) in seiner elf Jahre später veröffentlichten Arbeit, die sich mit
Stempeln von ganz Amerika befaßt, schon zwei Typen, nämlich die „flat
pattern stamps“ und die „cylindrical stamps". Eine Einteilung in vier Typen,
allerdings nur in Bezug auf einen einzigen brasilianischen Stamm, die Ramkö-
kamekra-Canela, wurde dann von Curt Nimuendaju (1946 : 54) gemacht.
Die ersten drei dieser Typen entsprechen ihrem jeweiligen Grundmuster,
nämlich Punkten (dots), sternförmigen Mustern (star-shaped designs) und
Streifen (stripes). Der vierte jedoch, der Typ der Rollstempel (roller stamps),
ist ausschließlich nach der Form des Stempels selbst definiert, ohne dabei zu
beachten, daß er dieselbe Art von Mustern produziert wie der dritte Typ,
d. h. Streifen.
Damit zeigt sich die Schwierigkeit, bei der Klassifizierung der Stempel
das Muster als Kriterium zu nehmen. Stempel so verschiedener Form wie die
Typen 3 und 4 von Nimuendaju, d. h., flache und zylindrische, können die
selbe Zeichnung hervorbringen, oder ein Stück Bambus und eine Kalebassen
trompete können denselben Kreis auf die Haut drucken, während anderseits
auch die von ein und demselben Stempel produzierte Zeichnung verschieden
interpretiert werden kann, und zwar je nachdem man die von der Farbe
bedeckten oder die unbedeckt gebliebenen Teile als die Zeichnung ansieht.
So nennt Nimuendaju die von seinem Typ 2 erzeugte Zeichnung „sternförmig"
und betrachtet dabei als Zeichnung die beim Stempeln mit der halbierten Frucht
der Babassü-Palme freigebliebenen Teile, Aussparungen, die von den durch
das Entfernen der Fruchtkerne gebildeten Höhlungen geformt worden sind.