Rolf Wilhelm Brednich
Menschheit“ (Wirth 1931—36), das mit seiner „urgeistesgeschichtlichen
Forschungsmethode“ einen verhängnisvollen Einfluß vor allem auf die
Laienforschung des Dritten Reiches ausübte. „Er suchte seine Symbole auf
den unterschiedlichsten Inschriftenträgern, darunter Felsbilder, Grabfunde,
Schmuckgegenstände, Hausmarken, Waffen, Töpfereien, Kuchenformen,
Backmodel, überhaupt Verzierungen aller Art. Mittelalterliche Runenkalen
derstäbe, indianische Tanzmasken, griechische Höhlenzeichnungen, scha-
manische Idole, Negerplastiken, christliche Taufsteine, mexikanische Ideo
gramme und chinesische Felsinschriften galten ihm als gleichberechtigte
Fundorte von Sinnzeichen. Wirth kannte keine Quellenkritik [. . .]. Er
ignorierte geschichtliche Entwicklungen, ethnische Zuordnungen und geo
graphische Unterschiede. Auch hatte er keine Bedenken, bei Zeichen mit
unterschiedlicher Bedeutung und Herkunft eine verwandtschaftliche Bezie
hung zu unterstellen, obwohl die Ähnlichkeit allein auf der Form beruhte“
(Hunger 1984, 190 f.). Weigels Erstlingswerk, sein Büchlein über „Leben
dige Vorzeit rechts und links der Landstraße“ (Weigel 1934) ist den Wirth-
schen Gedankengängen stark verpflichtet.
Die Wege Weigels und Wirths führen im „Ahnenerbe“ zusammen, jenem
SS-Forschungsamt Heinrich Himmlers, das als Tummelplatz von zahlrei
chen zweifelhaften wissenschaftlichen Existenzen und Karrieren zu einem
der gefährlichsten Instrumente nationalsozialistischer Kulturpolitik werden
sollte (Kater 1974). Herman Wirth war 1935 zum ersten Präsidenten der
neuerrichteten Stiftung „Ahnenerbe“ und zum Leiter einer „Lehr- und For
schungsstätte für Schrift- und Sinnbildkunde“ in Marburg ernannt worden.
Weigels Bemühungen um die Sicherung der Sinnbilder wurden 1936 von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft durch die Errichtung einer „Haupt
stelle für Sinnbildforschung“ honoriert. Am 1. April 1937 wurde diese
Hauptstelle als „Pflegstätte für Schrift- und Sinnbildkunde“ in das „Ahnen
erbe“ übernommen und zog 1938 von Berlin nach Marburg um. Bis zur
Ausbootung H. Wirths aus dem „Ahnenerbe“ wegen Unfähigkeit arbeitete
Weigel zusammen mit Dr. Siegfried Lehmann und anderen Mitarbeitern
unter Wirths Leitung in Marburg, 1939 zog er in das Haus „Ahnenerbe“
nach Horn/Lippe um, seine Abteilung wurde in „Forschungsstätte für Sinn
bildkunde“ umbenannt. Der Kriegsausbruch führte zwar zu einer starken
Einschränkung im Bereich der Mitarbeiter, Weigels eigene Tätigkeit wurde
jedoch als kriegswichtig eingestuft (Hunger 1984, 218), und da er herzlei
dend war, entging er der Einberufung. 1943 wurde Weigels Forschungs
stätte mit der „Zentralstelle für Runenforschung beim ,Ahnenerbe'“ von
Wolfgang Krause in Göttingen zur „Lehr- und Forschungsstätte für Runen-
und Sinnbildkunde“ vereint, Weigel avancierte zum Leiter der „Abteilung
Sinnbilder“ und konnte vor dem Zusammenbruch noch Flandern und die
Niederlande bereisen (Hunger 1984, 219). Seine seit der Marburger Zeit be
triebenen Anstrengungen, aufgrund seines vermeintlich ,hochkarätigen'
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