Buchbesprechungen
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Wilfried Reininghaus, Zünfte, Städte und Staat in der Grafschaft Mark. Münster:
Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, 1989. 297 S. (Veröff. d. Historischen Kommission
für Westfalen XXII A, Geschichtliche Arbeiten zur Westfälischen Landesforschung, Wirt
schafts- und sozialgeschichtliche Gruppe, Bd. 7).
Als vorbildlich wird in der Handwerksforschung Mitteleuropas der ungarische Zunftka
taster angesehen, in dem alle bekannt gewordenen Objekte und Archivalien zur Hand
werksgeschichte Ungarns systematisch erfaßt und beschrieben wurden. Von diesem Projekt
sind viele wichtige Anstöße ausgegangen. Auch die vorliegende Veröffentlichung von Wil
fried Reininghaus vom Westfälischen Wirtschaftsarchiv in Dortmund ist durch das ungari
sche Projekt angeregt worden. Aus vielerlei Gründen mußte er sich jedoch bescheiden. Ein
ausführlicher Nachweis aller Zünfte in Westfalen im Alten Reich — wie ursprünglich ange
strebt — wäre zu umfangreich geworden. Daher entschloß sich der Verfasser, ein Territori
um exemplarisch zu behandeln, sozusagen als ersten Baustein für eine umfassendere Ge
schichte des Handwerks in Westfalen. Seine Wahl fiel auf die Grafschaft Mark mit den Städ
ten Soest und Lippstadt. Die Auswahlkriterien waren u.a.: die hohe Handwerkerdichte in
diesem Raum, ein ausgewogenes Verhältnis sowohl von Stadt und Land als auch von Metall-
und Textilgewerbe sowie die bislang geringe Berücksichtigung dieses z. T. früh industriali
sierten Gebietes in den Untersuchungen zum Handwerk in Preußen.
Die Veröffentlichung gliedert sich in zwei Hauptteile. In einer umfangreichen einleiten
den Darstellung behandelt W. Reininghaus kenntnisreich und auf das Wesentlichste be
schränkt die Rahmenbedingungen, in denen das Handwerk in der Mark eingebettet war:
Regionale Konzentrationen, Phasen der Zunftentstehung, Verhältnis von Zunft, städtischer
und ländlicher Obrigkeit. Für die volkskundliche Handwerksforschung im engeren Sinne
ist das Kapitel über die Merkmale der Zünfte in dieser Region von besonderer Bedeutung:
Zunftbezeichnung, Zünfte in der Stadtverfassung, Zünfte in der Reformation und ihre reli
giösen Merkmale; Binnenstruktur, Geselligkeit, soziale Verpflichtungen; berufliche Gliede
rung, wirtschaftliche Aufgaben und Besitz der Zünfte. Die Dichte der Darstellung weist W.
Reininghaus wieder einmal mehr als einen profunden Kenner der historischen Entwick
lung des Handwerks aus.
Der Hauptteil des Buches (S. 81—279) enthält ausführliche Regesten der gedruckten und
ungedruckten Statuten der Zünfte aus der Grafschaft Mark und den beiden Städten Soest
und Lippstadt. Die Behandlung erfolgt alphabetisch nach Orten, in denen die Ordnungen
wiederum alphabetisch nach Zünften zusammengestellt sind. Die ortsbezogenen Einfüh
rungen in die Zunftgeschichte sind nicht schematisch angelegt, sondern dankenswerterwei
se auf die individuelle lokale Quellenlage, die Uberlieferungsgeschichte und den jeweiligen
Forschungsstand zugeschnitten. Das Buch wird abgerundet durch einen Anhang (Nachweis
der allgemeinen Zunft- und Handwerksbestimmungen der Grafschaft Mark, Auflistung der
Zunftersterwähnungen und des Besitzes der Zünfte bei der Aufhebung) und durch ein um
fassendes Orts- und Sachregister.
Die Veröffentlichung ist nicht nur methodisch vorbildlich, sondern stellt ein nützliches
Flandbuch zur Regionalgeschichte des südwestlichen Westfalens dar, in dem man sich
schnell und gründlich informieren kann. Es wäre zu hoffen, daß weitere nordwestdeutsche
Territorien nach dem gleichen Grundschema bearbeitet werden.
Münster/Westf. Dietmar SAUERMANN