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Full Text: Zeitschrift für Volkskunde, 88.1992

Buchbesprechungen 
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Wirkungsgeschichtlich weist der Autor volkstumsideologische Konzepte in der Kultur 
politik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe bis in die 1960er Jahre hinein nach; erst 
seitdem ist sie zugunsten einer offenen, regionalen Kulturpolitik aufgegeben worden. 
Die umfangreiche und kenntnisreiche Arbeit ist beispielhaft. Sie ist ein Stück Grundla 
genforschung im Spannungsfeld zwischen Ideengeschichte, kultureller Praxis und politi 
scher Machtpolitik am Beispiel des Provinzialverbandes Westfalen. 
Minden Volker Rodekamp 
WERNER Freitag, Spenge 1900-1950: Lebenswelten in einer ländlich-industriellen Dorf 
gemeinschaft. Bielefeld: Verlag für Regionalgeschichte, 1988. 496 S. m. zahlr. Abb. 
Werner Freitags umfangreiche und leider mit wenig Sorgfalt korrigierte Veröffentlichung 
stellt eine Aufarbeitung der Kultur-, Wirtschafts-, Sozial- und politischen Geschichte des 
nördlich von Bielefeld gelegenen Amtes Spenge und seiner Gemeinden zwischen 1900 und 
1950 dar. Als zentrale Quelle zieht Freitag 93 offene Interviews heran, die er durch Archiv 
material und zahlreiche Fotografien ergänzt. 1 
Freitag gliedert seine Darstellung in vier Abschnitte. Der erste behandelt die Werte, Bin 
dungen und Normen, die im religiösen Glauben und im Zusammenleben in Familie und 
Gemeinde vermittelt wurden. Bis auf wenige Ausnahmen waren die Spenger evangelisch 
lutherisch; das private und öffentliche Verhalten wurde von ausgeprägten Kontrollmecha- 
nismen beherrscht. Im zweiten Abschnitt werden die einzelnen sozialen Gruppen mit ihren 
unterschiedlichen Erfahrungs- und Verhaltensmustern, sozialen Abgrenzungsmechanismen 
besonders im Rahmen des Vereinslebens sowie ihren politischen Orientierungen sehr diffe 
renziert vorgestellt. Der Darstellungszeitraum endet mit der Auflösung der Weimarer Repu 
blik. 
Im dritten Abschnitt untersucht Freitag die Einstellungen der Spenger zum Nationalso 
zialismus. Als eine der Voraussetzungen für die Durchsetzung der NSDAP in Spenge macht 
Freitag die Spaltung der Arbeiterschaft durch die Bedeutungszunahme der KPD aus. Als 
Gründe für die Zustimmung der bürgerlichen und bäuerlichen Kreise zur NSDAP führt er 
den Wunsch nach wirtschaftlicher Sicherheit und die Angst vor einer Radikalisierung der 
Arbeiterschaft an. Im Amt und besonders in den ländlichen Gemeinden konnten die Natio 
nalsozialisten höhere Wahlerfolge als im Reich erzielen (S. 366, 369, 373. Den Vergleich mit 
dem Reich zieht Freitag selbst allerdings nicht). Widerstand - nach Freitags Definition 
Flandlungen, „die vom Regime, von der Spenger NSDAP sowie von der Amtsverwaltung 
als gefährlich für den Bestand des nationalsozialistischen Staates eingeschätzt wurden“ und 
mit denen man sein Leben aufs Spiel setzte und Haftstrafen riskierte (S. 444) - leisteten drei 
Pfarrer und die Kommunisten in Spenge. Freitag hebt die weitgehende Akzeptanz des natio 
nalsozialistischen Staates durch die Spenger hervor und führt als Gründe dafür die Charak 
termerkmale an, die er auf den vorausgegangenen Seiten geschildert hat: Autoritätsgläubig 
1 Untersuchungen der Spenger Geschichte aufgrund archivalischer und statistischer Quellen lagen 
bereits vor; vor allem der von Wolfgang Mager herausgegebene Band „Geschichte der Stadt Spen 
ge“, Spenge 1984, ist in diesem Zusammenhang zu nennen.
	        
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