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Full Text: Zeitschrift für Volkskunde, 88.1992

Buchbesprechungen 
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stenz hin orientierten) Lohnbedingungen arbeiteten. Besonders eindrucksvoll ist hier auch 
das Bildmaterial. 
Weit über den regionalen Bezug hinaus reicht schließlich der Artikel von Sigrid Jacoheit 
über Klein- und Mittelbäuerinnen im faschistischen Deutschland. Hier geht es um die Ein 
bindung der Frauen in die „Erzeugungsschlacht“, ihre Rolle in der Autarkie und der Reagra- 
risierungspolitik. Sehr plastisch beschreibt Jacoheit den gezielten Antimodernismus der na 
tionalsozialistischen Agrarpolitik, der besonders die Frauen traf, die nun vom Flachsanbau 
bis zum Spinnen und Weben alle Arbeitsschritte wieder per Hand vollziehen sollten wie 
weiland ihre Großmütter. 120000 Wollsocken wanderten durch Frauenhand so an die Füße 
der Soldaten des Führers, 520 000 Frauen wurden in Kursen über die Verwertung wirtschafts 
eigener Erzeugnisse geschult. Zurück zur Tracht, zurück zur bäuerlich altdeutschen Wohn 
kultur hieß die Devise der nationalsozialistischen Kulturerziehung für die Landfrau. Inter 
essant die Schlußfrage - wenn auch ohne Antwort - ob sich die Bäuerinnen von dem ihnen 
zugemuteten „Heldinnentum“ an der Heimatfront haben ansprechen lassen oder nicht. 
Dem letzen Artikel von Barbara Watz schließlich bleibt die undankbare Aufgabe Vorbe 
halten, zugleich die Technisierung der Landwirtschaft, den Wandel der Agrarstruktur und 
die Veränderung in den Anforderungen an die Bäuerin zusammenzufassen. Dementspre 
chend allgemein gehalten ist die Darstellung der Entwicklung hin von der im Betrieb mitar 
beitenden Bäuerin zur Familienhausfrau, wie sie sich zwischen den 1970er und den späten 
80er Jahren in den Phasen der sog. „Wohlstandsentwicklung und -konsolidierung“ heraus 
bildete. 
Göttingen Carola Lipp 
MARIA BIDLINGMAIER, Die Bäuerin in zwei Gemeinden Württembergs. Mit einem Vor 
wort von Carl Johannes Fuchs; Nachwort, Anmerkungen und Literaturhinweise von 
CHRISTEL KÖHLE-HEZINGER sowie einen dokumentarischen Anhang. Kirchheim/Teck: 
Jürgen Schweier Verlag, 1990. 305 S. (Nachdruck der Ausgabe von 1918). 
Diese Zweit-Veröffentlichung zu beurteilen, deren wissenschaftlicher Wert bisher aus 
schließlich mit hohem Lob bedacht wurde und die nun von einem heutigen ebenso positiv 
urteilenden wie zugleich gewinnbringenden Nachwort begleitet wird, ist der Rez. um so 
mehr ein Bedürfnis, als sie die Untersuchung von Maria Bidlingmaier für ihre eigenen For 
schungen mit großem Gewinn benutzt hat. 
Was an diesem Buch vom heutigen Standpunkt aus besonders beachtenswert sein dürfte, 
ist die Tatsache, daß damals -1918 - eine Frau sich einem Landfrauenthema widmete, die 
Staatswissenschaftlerin war. Die Erklärung dafür scheint einfach: Bidlingmaier zählte an 
der Universität Tübingen zu den Hörerinnen des engagierten Staatswissenschaftlers und 
Kenners dörflich-bäuerlicher Verhältnisse Carl J. Fuchs-, bei ihm hatte sie die Arbeit zur Pro 
motion am 24. Juli 1915 eingereicht - als erste Frau mit einem Frauenthema! Die Disserta 
tion fußt im theoretischen Konzept auf Max Weher, der ja seine wissenschaftlichen Studien 
gleichfalls auf dem Lande begonnen hatte. Außerdem dienten ihr die „Fünf Gemeinden auf 
dem Hohen Taunus ...“ von Gottfried Schnapper-Arndt (1883) ebenso als Vorbild wie die 
Schriften des Vereins für Sozialpolitik. Ein Forschungskonzept also, das volkskundliche 
Untersuchungen jener Zeit mit ihrer „Andacht zum Unbedeutenden“ weitestgehend ver 
missen lassen.
	        
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