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Full Text: Zeitschrift für Volkskunde, 88.1992

Buchbesprechungen 
164 
W. Scherf auf die „Funktion und Bedeutung der Kindermärchen heute“ („Strukturanalyti 
sche Betrachtungen zur mündlichen und domestizierten Überlieferung“) ein, indem er die 
Kongruenz zwischen „textimmanente(r) Erzählstruktur“ und der „Konfliktgeschichte aus 
tiefenpsychologischer Erfahrung“, wie sie sich in den Vorstellungen dieser Schule von der 
menschlichen Entwicklung niederschlägt (S. 172), beleuchtete. 
Die Vorträge sind durch ihren unterschiedlichen gedanklichen und methodischen Ur 
sprung geprägt. Die Märchenforschung präsentiert sich damit in ihrer spannungsvollen 
Vielschichtigkeit von literaturwissenschaftlicher, volkskundlicher und psychologischer Be 
trachtungsweise, die den Vortragsband auch für Märchenliebhaber und -gestalter bedeutsam 
werden läßt. 
Brookline MA/USA Kathrin PöGE-Alder 
The Telling of Stories. Approaches to a Traditional Craft. A Symposium, hrsg. v. Morten 
Nejgaard, Johan de Mylius, l 0 rn Pie, Bengt Holbek. Odense: Odense University Press, 1990. 
192 S. m. Abb. 
Die Beiträge des vorliegenden Bandes gingen aus dem 13. Symposium (21.—22. 11. 1988) 
zum gleichen Thema an der Universität Odense hervor, das einerseits der 1000jährigen ur 
kundlich belegten Geschichte und andererseits dem bekannten Sohn der Stadt, Hans Chri 
stian Andersen, gewidmet war. Im Unterschied zu den oben besprochenen „Märchen in un 
serer Zeit“ besteht er aus folkloristischen bzw. kulturgeschichtlichen Arbeiten zur Thema 
tik „Volksmärchen“ (S. 9). Daher beschäftigte sich B. Holhek mit „Hans Christian 
Andersen’s Use Of Folktales“ und verglich dabei die rekonstruierbare zeitgenössische däni 
sche Erzählsituation sowie ihre Stoffe und die Gestaltungen des Dichters. So gelangte der 
Kopenhagener in einen Übergangsbereich zwischen volkskundlicher und literaturwissen 
schaftlicher Erzählforschung, den fortzusetzen er weiteren Studien überläßt (S. 177), die 
aber gerade für das 19. Jahrhundert und die romantische Märchenbegeisterung wichtig wer 
den dürften. Diesbezüglich läßt T. Brostrems Artikel „Hans Christian Andersen und die lite 
rarische Märchentradition“ wegen seiner assoziativen Unkonkretheit viele Wünsche offen. 
Hiervon setzt sich der Vortrag H.-J. Uthers über „Hans im Glück“ („KHM 83; Zur Ent 
stehung, Verbreitung und bildlichen Darstellung eines populären Märchens“) wohltuend 
ab. Er ging der Traditionsgeschichte des als „Antimärchen“ bezeichneten, „auf den Kopf ge 
stellten Zaubermärchens“ (S. 157), nach: Die in der mündlichen Überlieferung belegten 
Motive gestalteten die Grimms aus einem dichterischen Entwurf heraus zu dem berühmten 
Buchmärchen. Als solches wirkt es wieder auf die mündliche Tradition zurück und wird 
dort bis hin zu veränderten Inhalten umgeformt. In anschaulicher Weise schlug er für dieses 
Beispiel die Brücke von der Herkunft eines Stoffes bis zu seinen Wandlungen durch verschie 
dene schriftliche und mündliche Erzähler. 
Vor dem Hintergrund des mitteleuropäischen Erzählens und der Grimmschen Märchen 
steht auch L. Röhrichs wichtiger Beitrag „Tiererzählungen und ihr Menschenbild“. Geht es 
hier scheinbar um allgemeingültige Aussagen, so wird doch die historische Einordnung der 
Erzählungen, ihre Textgeschichte, der Standpunkt der Erzähler einbezogen und das mitge
	        
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