Buchbesprechungen
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Funktionsbestimmungen“ für die Krippe durch die katholische Kirche in den 1930er Jah
ren berichtet, die er als „reichlich aufgesetzt“ charakterisiert; „die Krippe wird“ so schreibt
er, „propagiert als häusliches Andachtsbild, als christliches Zeichen im verweltlichten
Schenkfest.“ Die Verwunderung des Autors verwundert ihrerseits den Rezensenten und ge
wiß die Mehrzahl der Leser!
Aufschlußreich sind dagegen die Bemerkungen über die in der Zwischenkriegszeit täti
gen katholischen Bewegungen, die der Kirchenkrippe im Kölner Raum in den 30er Jahren
zu weiterer Verbreitung verhalfen. Das Kapitel „Kontinuität und Wandel in der Nachkriegs
zeit“ berichtet über den Niedergang der Krippenbewegung im Rheinland und stellt den
Christbaum als einzig bindendes „Requisit“ des Weihnachtsfestes dar. Krippen, so meint
Markus Walz abschließend, bieten „ein diffuses Bild einer nicht zuzuordnenden Vergangen
heit“, der Stern über der Krippe sei Relikt einer „wissenschaftlich überholten Theorie“, die
Krippe Ausdruck einer „veralteten Katechese“.
Die vor allem in ihren statistischen Erhebungen sehr verdienstvolle Arbeit von M. Walz
entstand im Rahmen der Kunstgeschichte, obwohl gerade die hier bearbeiteten Krippen
kunsthistorisch so gar nicht interessant sind; so ist auch keine Einordnung oder Beurteilung
ihres künstlerischen Wertes versucht. Man hätte sich für den Bearbeiter eine intensivere
volkskundliche Betreuung gewünscht, denn die Fragestellung seiner Dissertation, das
Grundlagenmaterial und die Objekte, um die es konkret geht, sind der volkskundlichen
Forschung sehr viel .vertrauter als der kunstgeschichtlichen.
München Nina Gockerell
Martina Forkel, Wohnen im „Stil“ des Historismus. Cloppenburg: Museumsdorf Clop
penburg, 1990. 90 m. zahlr. Abb. in Schwarzweiß
Der reichbebilderte Band ist Katalog vielfältiger Aspekte zum Einstieg in die Quellenla
ge einer Epoche, die von der volkskundlichen Möbelforschung (und nicht nur von ihr) bis
vor ganz kurzer Zeit hartnäckig gemieden wurde. Diese Berührungsängste mögen z. T. in
der Geschichte des Faches selbst begründet sein. Lag doch den Anfängen des musealen Sam
melns von Sachkulturgut im fortgeschrittenen 19. Jahrhundert der Rettungsgedanke des Be-
wahrens der Volkskultur vor der alles überrollenden Massenware der aufkommenden Indu
striegüter zugrunde. Die abschätzige Beurteilung der Erzeugnisse des Historismus, mit der
Verlustideologie überkommener Werte verbunden, wurde erst im Laufe der letzten
20 Jahre allmählich überwunden. Dabei waren es zunächst wieder die Spitzenleistungen des
Kunstgewerbes, die renommierten Medaillenträger der Weltausstellungen, die Beachtung
und Anerkennung erfuhren. Diese „Hochkultur“ der unbezahlbaren Unikate wurde durch
die breite Basis der massenhaft abgesetzten, mit rationalisierten Verfahren hergestellten Ge
brauchsmöbel ermöglicht. Heute als beliebter „Trödel“ der Nostalgiewelle auf Flohmärk
ten und in aufgelassenen Abrißhallen in großem Stil gehandelt, finden diese Möbel sicher
niemals Zulassung zu den elitären Messen des Antiquitätenhandels. Wenn das Museumsdorf
Cloppenburg dennoch mit einer Sonderschau „Wohnen im ,Stil‘ des Historismus“ und ei
ner Meinungsumfrage auf den Antiquitätentagen ’88 in Münster vertreten war, ist das an