BAESSLER-ARCHIV
BEITRÄGE ZUR VÖLKERKUNDE
Herausgegeben im Aufträge des
Museums für Völkerkunde Berlin
von
K. KRIEGER UND G. KOCH
NEUE FOLGE BAND XXVI (1978)
(LI. BAND)
Heft 1
Ansgegeben am 29. August 1978
BERLIN 1978 . VERLAG VON DIETRICH REIMER
INHALT
Veronika Bendt, Kpandu, Ghana
Abbau und Verwendung von weißem Ton in Südost-Ghana....................... 1
Peter W. Schienerl, Wien
Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen.................................... 37
Irwin L. Tunis, London
The enigmatic Lady........................................................ 57
Horst Gain, Marburg
Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie.................... 91
Renate von Gizycki, Kassel-Wilhelmshöhe
Faikava — Poeten in Polynesien heute...................................... 105
Anne-Marie Hocquenghem, Paris
Les combats modiicas: Essai d’interpretation d'un matériel archéologique a l’aide
de i’iconologie, de l’ethno-histoire et de l'ethnologie..................... 127
Barbara Braun, New York
Sources of the Cotzumalhuapa style........................................
„Baessler-Archiv* Band XXVI erscheint 1978 in 2 Heften zum Bandpreis von
DM 90/—.Bestellungen sind zu richten an den Verlag DIETRICH REIMER,Unter den
Eidien57,1000Berlin45, oder an jede Buchhandlung.Manuskripte werden erbeten an:
Redaktion des „Baessler-Archiv", Museum für Völkerkunde, Arnimallee 23/27,
1000 Berlin 33. Für unverlangt eingehende Beiträge kann keine Haftung übernommen
werden. Die Mitarbeiter erhalten unberechnet 30 Sonderdrucke.
Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren allein
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ISSN 0005 - 3836
Alle Rechte Vorbehalten
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
1
ABBAU UND VERWENDUNG
VON WEISSEM TON IN SÜDOST-GHANA *
VERONIKA BENDT, Kpandu, Ghana
„ . . . ingestión of white clay is almost universal among preg-
nant women in West Africa, and the greatest volume and best
quality clay comes from Anfoega, from which it is shipped all
over West Africa, and is quite common in Nigeria!“1
Der größte Teil des Anfoega-Tons stammt aus dem Dorf Bume, Bezirk
Anfoega, Distrikt Kpandu, Volta-Region, Ghana2. Die Bewohner sind Anfoe-
Ewe, genauer, sie gehören zur Inland-Gruppe der West-Ewe3. Ihre Identität
als Anfoe-Ewe leiten sie von ihrer Migrations- und Siedlungsgeschichte ab.
Bume war nach der Tradition der Anfoe-Ewe der Ort, an dem sich die ersten,
den Distrikt Kpandu erreichenden Anfoe-Ewe niederließen. Später breiteten
sie sich weiter aus und gründeten die Orte Anfoega-Akukome, heute Sitz des
Oberhäuptlings (Paramount Chief) von Anfoega; Anfoega-Gblenkor; An-
foega-Wademaxe; Anfoega-Dzana. Es existieren drei weitere Anfoe-Siedlungs-
gebiete: Anfoeta (Volta-Region, Ghana); Anfoe-Kuma und Anfoe-Afuta
(beide in der Republik Togo).
Das Dorf Bume besteht aus vier Sektionen: Wuve, Tokome, Agata, Agata-
nyigbe. Es liegt am Fuß eines Bergstockes, Kpotobleku, auf dem der Über-
lieferung nach der älteste tro4 von Anfoega, hrikuh, residiert und in dem sich,
* Das Material zu diesem Aufsatz sammelte ich während meiner Felduntersuchungen
in der Volta-Region in den Jahren 1977—78.
1 Persönliche Mitteilung von Dr. med. Braun, Adidome, Ghana.
2 Vgl. den Aufsatz von D. Vermeer, Geophagy among the Ewe of Ghana. Vermeers
Arbeit beschäftigt sich in erster Linie mit dem Aspekt des Essens von Ton. Er
hielt sich zweimal, 1966/67 und 1969, zur Materialsammlung in Anfoega-Bume und
an anderen Orten der Volta-Region auf. Meine Informationen beschränken sich auf
Anfoega-Bume.
3 In der umfangreichen Ewe-Literatur ragen vor allem die Werke von D. Wester-
mann heraus. Allerdings sind eigentliche ethnologische Feldforschungen im Ewe-
Gebiet selten, und die Inland-Ewe sind bei weitem nicht so ausführlich beschrieben
wie die Ewe der Küste (z. B. Anlo). Vgl. die Angaben bei Lohse (1970:90).
4 Anstelle des in der Umgangssprache häufig gebrauchten Wortes Fetisch wird hier die
Bezeichnung tro (Englisch: spirit) aus dem Ewe verwendet. Eine Begriffsbestim-
1 Baessler-Archiv XXVI
Orte:
Wellenlinien: Volta-Stausee
----------------internationale Grenze
Punktierung: Ghana
1 Accra, 2 Ho, 3 Kpandu, 4 Anfoega-Akukome, 5 Bume, 6 Denu, 7 Aflao.
Erhebungen des Akwapim-Togo-Bergzuges: 547 m ü. M. Mamfe, 616 m ü. M.
Two Tree Hill, 569 m ü. M. Weto, 666 m ü. M. Molomito, 833 m ü. M.
Agumale, 918 m ü. M. Agumasato, 944 m ü. M. Avegbadje.
Q) /
0° 15'
Asphaltierte Straße Kpandu—Accra Orte:
1 Anfoega-Akukome
2 Anfoega-Gblenkor
3 Anfoega-Bume, Sektion Wuve
4 Anfoega-Bume, Sektion Tokome
5 Anfoega-Bume, Sektion Agata
6 Anfoega-Bume, Sektion
Agatanyigbe
— — = = = = Nichtasphaltierte Straße
I Bergstock Kpotobleku, Höhenkonturen
a 330 m ü. M.
b 250 m ü. M.
c 170 m ü. M.
7 Aveme-Gbohome
8 Aveme-Beme
4
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
nach einer vor wenigen Jahren durchgeführten geologischen Untersuchung,
große Mengen von Tonablagerungen (Residuate) befinden.
Der Anbau von Kulturpflanzen war von jeher die Grundlage der Existenz
der Bewohner von Bume. Als wichtigste Anbaupflanze galt früher der Yams
(Dioscorea spp.), der jedoch in seiner Bedeutung im gesamten Ewe-Gebiet
gegenüber dem Anbau von Mais (Zea mays) und Cassava (Manihot esculenta)
in ständigem Rückgang begriffen ist.
Neben diesen Grundnahrungsmitteln werden allerlei andere Feldfrüchte
und Leguminosen angebaut. Die wichtigsten Dauerpflanzen sind: Ölpalmen
(Elaeis guineensis); Zitrusbäume (Citrus sinensis, Citrus paradisi); Bananen
(Musa sapientum, Musa paradisaica); Mango (Mangifera indica); Papaya
(Carica papaya). Ausschließlich zum Verkauf bestimmte Anbaufrüchte (cash-
crops) wie Kakao und Kaffee werden wegen der ungünstigen natürlichen Be-
dingungen nicht kultiviert. Bis vor wenigen Jahren galten Erdnüsse (Arachis
hypogea) als „cash-crop“. Die Kulturen wurden in einer Art Plantagenbau
mit Hilfe von co-operativer Arbeitserleichterung angelegt und sicherten den
Bauern ein regelmäßiges Einkommen.
Weitere Wirtschaftszweige, im Rahmen eines Zusatzverdienstes oder für den
Eigenbedarf, sind: Jagd auf Kleintiere; Haltung von Kleinvieh; Handwerk
wie Maurerei, Tischlerei, Backsteinherstellung, Schneiderei. Eine wichtige Rolle
spielt der Handel. Überschüsse an Ackerbauprodukten werden auf den 10 km
bzw. 15 km entfernten Märkten Akukome bzw. Kpandu oder auch im Ort
selbst verkauft, während die aus den Küstenstädten importierten Waren wie
div. Lebensmittel, Haushaltsgeräte, Stoffe, gebrauchte Kleider europäischen
Ursprungs, Medikamente, Kosmetika, u. a., von reisenden Händlern im Dorf,
das keinen festen Markt und keine Verkaufsläden besitzt, angeboten werden15.
Die Tonstein-Verarbeitung gehörte seit ihrer Existenz, ähnlich wie die (in
Bume nicht betriebene) Töpferei, zu dem von Frauen ausgeübten Hausgewerbe.
Männer sahen die Tonstein-Verarbeitung als eine wenig lukrative Neben-
beschäftigung an und beteiligten sich in keiner Weise an der Arbeit. Frauen
brachte sie einen geringen, für den persönlichen Bedarf bestimmten Neben-
verdienst.
mung von tro sowie eine Darstellung dessen, was tro für die Anfoe bedeutet, muß
im Rahmen dieses Beitrags unterbleiben.
5 Aus drucktechnischen Gründen wurde bei der Schreibung der Termini auf die in
der Ewe-Orthographie üblichen, ansonsten ungebräuchlichen Buchstaben verzichtet.
Die Schreibweise ist so, wie sie lautlich dem Ewe am nächsten kommt.
6 Zum Handel mit Tonstein, vgl. Im folgenden.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
5
Hier hat in den letzten 10 bis 12 Jahren ein entscheidender Wandel statt-
gefunden: Für viele, Haushalte in Bume ist die Tonstein-Verarbeitung zur
Haupteinnahme geworden, und die Zahl anderer, die Zusatzarbeiten wie Jagd
usw. aufgeben und sich stattdessen der Tonstein-Verarbeitung zuwenden,
um neben der Landwirtschaft eine zusätzliche Einnahme zu haben, ist ständig
am Wachsen7. Der kommerzielle Anbau von Erdnüssen ist bereits völlig auf-
gegeben worden. Männer haben ihre Ansichten über den Ton geändert. Eine
Reihe von Arbeitsgängen wird heute von Männern übernommen, wie zum
Beispiel das Ausheben der Gruben, Abbau in den Gruben. Auch diese schweren
Arbeiten waren bis vor einem Jahrzehnt ausschließlich Sache von Frauen.
Einige Männer haben gelernt, den Tonstein aufzubereiten, und Pioniere
haben begonnen, den Verkauf auf den Märkten zu betreiben8.
Die Ursachen für den großen Aufschwung in der lokalen Tonstein-Industrie
von Bume sind vielfältig. Neben der Ausweitung der Handelsbeziehungen
bzw. der Verkehrswege in andere Regionen Ghanas und in andere westafrika-
nische Länder, dem ständig steigenden Bedarf an Bargeld, dem ständigen
Rückgang von Arbeitskräften in der Landwirtschaft und der gleichzeitigen
Arbeitslosigkeit steht vorrangig die enorme Nachfrage nach dem Anfoega-
Ton. Die Nachfrage allein ist verantwortlich für die Ausweitung des Marktes,
des Handels und der Produktion. Das Ergebnis der geologischen Unter-
suchung, wonach die Lagerstätten den industriellen Abbau des Tons für die
Verwendung in der Keramik-Herstellung lohnen, hat außerdem dazu bei-
getragen, den Tonstein aufzuwerten. Er gilt in Bume heute als wichtiger,
gewinnbringender Rohstoff, der den Bewohnern möglicherweise dereinst den
7 Es hängt mit den Besitzverhältnissen zusammen, daß die Zahl bisher dennoch
relativ klein geblieben ist. Vgl. auch Vermeer, a.a.O., S. 59. Er schreibt, daß in
87% aller Haushalte von Agata, Agata-nyigbe und Tokome Ton verarbeitet wird.
Diese Angabe ist jedoch heute nicht ganz zutreffend, da in Agata und Agata-
nyigbe die Verarbeitung fast völlig aufgegeben wurde. Vermeer erwähnt nicht
Wuve.
8 Eine statistische Erhebung aus dem Jahre 1976 in mehreren Anfoega-Dörfern ergab,
daß der Anteil der Frauen in der Altersgruppe der 20- bis 50jährigen um ca. 50 %
höher liegt als der der Männer. Die einzige Ausnahme bildet Bume, und hier nur
die beiden Sektionen Wuve und Tokome. Während sich in Agata und Agata-nyigbe
das Bild aus den übrigen Anfoega-Dörfern wiederholt, entspricht in Wuve und
Tokome die Zahl der zu Hause lebenden Männer der der Frauen. In der Alters-
gruppe der 20- bis 35jährigen Hegt der Anteil der Männer sogar etwas höher als
der Anteil der Frauen. Der einzige Grund hierfür ist m. E. eine wirtschaftlich ein-
trägliche Beschäftigungsmöglichkeit, Tonabbau und Verarbeitung, außerhalb des
Sektors Landwirtschaft für junge Männer mit geringer schulischer und fehlender
beruflicher Ausbildung.
6
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
ersehnten wirtschaftlichen Wohlstand, den „Fortschritt“ allgemein — was im-
mer darunter verstanden wird — bringen wird. Ein erstes Zeichen davon ist
der Beginn des Ausbaus der Straßenverbindung zwischen Bume und dem an
der Kpandu—Accra-Überlandstraße gelegenen Dorf Anfoega-Gblenkor (vgl.
Kartenskizze).
I. Vorkommen und Geschichte
Die Tonablagerungen von Bume liegen in einem Bergstock des Akwapim-
Togo-Bergzuges (vgl. Kartenskizze), der sich von der Mündung des Densu in
nordöstlicher Richtung bis nach Togo und dort weiter als Togo-Atakora-Berge
bis hin zum Niger erstreckt. Es finden sich Sandsteine, Schiefer, Quarz und
aus alten Vulkanen stammender Basalt9. Die Basis des Anfoega-Tons sind prä-
kambrische Afram-Schiefer, wie sie in den Niederungen des Volta-Beckens mit
ihren Felsenbergen Vorkommen10.
Die mineralogische Untersuchung des Tons ergab folgende Werte:
Mineralogische Zusammensetzung
mit - 40 o/o (K, H) Al2 (OH)2 (AlSigCho)
Quarz — 30 fl/o SiCV
Geringer im Anteil:
Kaolinit — 20 fl/o Alu ((OH)§ — S4O10)
In Spuren sind vorhanden;
Alunit K A13(S04)2 (OH)6
Feldspat K (AlSißOg) — Ca (AlgSigs)
Na
Farbe und Härte der Probe haben keinen Einfluß auf die mineralogische Zu-
sammensetzung.
Die Werte sind plus/minus 5—10 % abgeschätzt.
Die Analyse der Proben wurde von Dr. Robert Deurer, Preussag Hannover,
durchgeführt.
Das Vorkommen von Tonen führte in der Stadt Kpandu zu der altein-
gesessenen Töpferei-Industrie.
Lokale Erklärungen über das Vorkommen des Tons existieren nicht. Manche
Informanten gaben an, es handele sich um ein „Geschenk Gottes“. Wenig oder
nichts ist über die traditionellen ökologischen Vorstellungen der Anfoe-Ewe
9 Vgl. Boateng (1970: 16 ff).
10 Vgl. ebenfalls Vermeer, a.a.O., S. 59.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
7
bekannt, und Fragen nach mündlicher Überlieferung aus dem Bereich der ur-
sprünglichen Erd- und Bodenkunde können im allgemeinen nicht beantwortet
werden11.
Fast alle Informanten waren sich darüber einig, daß die Verarbeitung des
„weißen Tons“, woe, im lokalen Umgang auch agatzwoe, „Agata-Ton“ ge-
nannt, auf eine Frau namens Gbo bzw. Ankunogbo (= Gbo, Mutter des
Anku) zurückgeht. Sie war die Tochter des Häuptlings Dawusu von Agata
und galt als stolze, eigenwillige Persönlichkeit.
Sie heiratete Dzovo und hatte fünf Kinder: Anku, Ankutse, Agbolokusi,
Atakloe und die Tochter Adodoo. Ankutse war der erste Konvertit der
Baseler Missionsgesellschaft aus Bume, und die Etablierung einer Missions-
station am Ort geht zum guten Teil auf seine Bemühungen zurück. Das Grün-
dungsjahr der Missionsstation ist 1892, und Ankunogbo fing mit der Tonstein-
Industrie an, als die Missionsstation bereits existierte, jedoch vor der Geburt
der ältesten Tochter von Ankutse.
Auf diese Informationen hin läßt sich der Beginn der Tonstein-Industrie
von Bume auf die Zeit zwischen den Jahren 1892 und 1895 festlegen. An-
kunogbo betrieb die Arbeit bis ins hohe Alter. Sie starb 1928.
Der Gebrauch des Tonsteins war nicht neu für Ankunogbo, da eine andere
Sorte Ton, genannt kalaba12, von jeher in das Ewe-Gebiet aus Nigeria ge-
bracht und gehandelt wurde. Als Ankunogbo beim Vorbereiten eines Feldes
für den Yamsbau ein Loch grub, in das sie die Saat legen wollte, fand sie ein
paar helle Steine, die sie als dem aus Nigeria gehandelten Tonstein ähnlich
erkannte. Sie nahm sie mit nach Hause und stellte fest, daß die gefundenen
Tonbrocken sehr viel härter waren als der nigerianische Ton13. Sie kam daher
auf die Idee, die Brocken zu zerkleinern und erfand eine Methode der Ver-
arbeitung, der die heutige grundsätzlich gleich geblieben ist14.
11 Es steht aus, zu diesem wie verwandten Themenkreisen intensiv zu forschen.
12 Benannt nach der Stadt Calabar in Nigeria. Vgl. die Angaben bei Vermeer, a.a.O.,
S. 57.
13 Der jetzige Häuptling von Agata, sich auf Erzählungen seines Amtsvorgängers
berufend, machte jedoch folgende Angaben: Ein deutscher Missionar, der längere
Zeit in Bume wirkte, habe auf seinen häufigen Wanderungen umherliegende Ton-
brocken entdeckt. Auf Grund seiner guten Beziehungen zur Häuptlingsfamilie war
es Ankunogbo, die als eine der ersten vom Vorkommen dieser Gesteinsart in Bume-
Agata erfuhr. Auf sie geht, in Übereinstimmung dieser Angaben mit anderen
Informationen, die Methode der Verarbeitung und der früher auf die nähere Um-
gebung begrenzte Handel des Agata-Tons zurück.
14 Vgl. Abschnitt II.
8
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Der nigerianische Ton, kalaha, wurde als Puder benutzt, indem man die
unbearbeiteten Tonbrocken auf der nassen Handfläche rieb, bis sich genügend
Staub abgesondert hatte. Mit diesem Tonstaub schmierte man sich nach dem
Baden ein15.
Nachdem nun Ankunogbo noch vor der Jahrhundertwende das lokale Vor-
kommen von Ton in Bume entdeckt und eine Methode der Weiterverarbeitung
erfunden hatte, sank die Nachfrage nach kalaha zugunsten des agata-woe in
Bume und der näheren Umgebung. Der Handel mit Agata-Ton nahm seinen
Anfang.
Heute sind die ergiebigsten Fundstellen nicht in Agata, sondern in Wuve
und Tokome, wo eine Zeitgenossin von Ankunogbo, Xexemetro, als erste beim
Graben von Yams-Gruben die weißen Gesteinsbrocken im Boden entdeckte.
In manchen Familien entwickelte sich eine nunmehr jahrzehntealte Tradition
der Tonverarbeitung. Von der Großmutter bis hin zu den 5- und 6jährigen
Mädchen waren und sind Frauen aller Altersstufen beteiligt: die Kleinen mit
den ersten Handreichungen wie Wasser nachgießen, Entfernen von Kieseln und
Grashalmen beim Kneten; und die Alten mit der Glättung der letzten Un-
ebenheiten, mit Beaufsichtigung, Anleitung.
II. Abbau, Verarbeitung
Der Verarbeitungsprozeß gliedert sich in mehrere Abschnitte:
1. Anlage einer Grube;
2. Ausschlagen des Gesteins aus der Grube;
3. Transport ins Dorf;
4. Bearbeitung;
5. Aufbewahrung.
Anlage einer Grube, Abbau
Dort, wo bei der Feldarbeit einige Tonbrocken gefunden wurden, oder an
Stellen, an denen man unter Buschwerk und Gestrüpp den Ton im Boden
vermutet, werden die ersten Vorbereitungen für die Anlage einer Grube ge-
troffen. Der Auftraggeber, es handelt sich um den Besitzer des Feldstücks oder
des Buschlandes, veranlaßt, daß Buschmesser, Hacken und Spaten an den aus-
gewählten Platz gebracht werden. Weiterhin muß er für Palmwein, etwas
Mehl aus gerösteten Maiskörnern, Palmöl, ein wenig Suppengemüse und einen
fehllosen Hahn von möglichst weißer Farbe sowie für Kochgeschirr sorgen.
15 Zur früheren und heutigen Verwendung des Agata-Tons, vgl. Abschnitt V.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
9
Einige von ihm bestimmte junge Männer säubern den Platz von Gestrüpp,
schweren Steinen und hohem Gras. Mit Hilfe von Hacken und Spaten graben
sie die Grube etwa 50 cm tief an. Danach wird die Arbeit unterbrochen, weil
die Vorfahren von dem Geschehen unterrichtet werden müssen. Dazu ist ein
Trankopfer (Libation) notwendig.
Der Besitzer oder der Älteste des Clans füllt eine Kalebasse mit Palmwein
und ruft die Vorfahren. Er berichtet, was vorgeht und bittet um Beistand.
Bevor er den ersten Schluck nimmt, wird Palmwein auf den Erdboden gegos-
sen. Dieser ist nicht allein für die Vorfahren, sondern auch für hriku und die
tro des Erdbodens bestimmt.
Danach wird dem Hahn, ohne daß bei der Tötung Blut fließt16, durch
schnelle, geschickte Drehungen der Hals gebrochen. Das geschieht durch einen
der im Auftrag des Eigentümers arbeitenden jungen Männer oder durch einen
blabu17.
Inzwischen entzünden andere Beteiligte ein Feuer; ein Topf mit Wasser
wird aufgesetzt. Der Hahn wird gerupft, zerteilt und zusammen mit Salz und
Gemüse in den Topf gegeben. Andere mischen das Maismehl mit Palmöl zu
einer Paste. Nach etwa 1 bis 2 Stunden, währenddessen alle umhersitzen und
sich unterhalten, ist die Suppe fertig. Bevor das Essen beginnt, werden mehrere
Hände voll der Maispaste in alle Richtungen geworfen. Dazu wird ein wenig
Suppe auf den Boden gegossen. Dies ist der den Vorfahren zustehende Anteil
der Mahlzeit. Nach dem Essen gehen alle nach Hause. Im Verlauf der nächsten
Tage und Wochen wird die Grube ausgegraben, bis das Erdreich abgetragen ist
und das Gestein erreicht wird. Trifft man auf Tongestein, wird der Erfolg mit
einer Danksagung an die Vorfahren gefeiert. Dabei wird nach Möglichkeit
Schnaps oder Gin verwendet. Gleichzeitig bittet man die Vorfahren um Schutz
und Beistand bei dem nun beginnenden Grubenunternehmen.
Die als senkrechte Schächte begonnenen Aushöhlungen erreichen eine be-
trächtliche Tiefe und Ausdehnung. Anfangs wird mit Leitern eingestiegen.
Bis zu 12 Leute können, gebückt stehend, hockend, liegend und sogar krie-
chend, zur gleichen Zeit das Gestein herausschlagen. Dabei entstehen auch
kurze Seitenstollen. Überhängendes Gestein und Erdreich werden nicht ab-
16 Die Bedeutung des unblutigen Hahnentodes ist die Hoffnung, daß während der
Lebensdauer der Grube kein Blut vergossen werde.
17 Die alte Regel, daß rituelle Tiertötungen nur von einer bestimmten Gruppe von
Männern, den blabu, vorgenommen werden dürfen, wird heutezutage häufig
durchbrochen, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, nicht um eine öffentliche,
sondern um eine private Angelegenheit handelt.
10
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
gestützt, so daß Einstürze nicht selten sind. Dabei kommt es zuweilen zu
schweren, mitunter tödlichen Unfällen. Im Jahr 1974 wurde ein junger Arbei-
ter beim Einsturz einer Grube verschüttet, und 1978 starben gleich drei junge
Männer durch niedergehendes Gestein, als sie bei Erkennen der Gefahr rasch
den Ausgang erklettern wollten und diesen nicht rechtzeitig erreichten18.
Gearbeitet wird mit Elacken, Stemmeisen und Hämmern. Die Werkzeuge
gehören dem einzelnen Arbeiter. Der Abbruch ist wegen der relativ weichen
Gesteinsart nicht allzu schwierig, und ein erfahrener geschickter Mann ist in
der Lage, an einem Arbeitstag 120 bis 150 kg, bei erhöhter Arbeitsleistung
auch mehr, Tongestein abzubauen. Die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit
ist 4 bis 5 Stunden. Die Hälfte des Ertrages liefert der Arbeiter dem Gruben-
eigentümer ab. Als Meßeinheit dienen Schüsseln oder Körbe einer bestimmten
festgesetzten Größe (Abb. 1).
Abb. 1. Schüssel mit Gesteinsbrocken
Transport, Bearbeitung, Aufbewahrung
Am Grubeneingang nehmen Frauen (Aufkäuferinnen) die Gefäße mit den
Tonbrocken in Empfang und tragen sie nach Hause. Je nach dem Härtegrad
18 Vgl. auch zu den mit dem Abbau verbundenen Tabu-Vorschriften, Abschnitt III.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
11
Abb. 3. Stampfen von Gestein
Abb. 2. Waschen von Gesteinsbrocken
■ *1
12
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
des Gesteins wird es in Schüsseln oder Eimern zwischen 30 Minuten oder
mehreren Stunden in Wasser geweicht. Der durchfeuchtete Ton wird gewa-
schen und in einen Korb gelegt (Abb. 2). Danach werden die Brocken in einem
Mörser oder in einer Schüssel mit Hilfe von Holzstampfern zu Tonsand zer-
kleinert (Abb. 3), bis dieser Sand sich unter Zusatz von Wasser zu 3 bis 5 kg
schweren relativ geschmeidigen Klumpen kneten läßt. Diese Klumpen können,
in durchfeuchtete Tücher gewickelt, in einem abgedeckten Korb innerhalb von
Räumen mehrere Tage bis zur weiteren Verarbeitung aufbewahrt werden.
Abb. 4. Tonrollen unterschiedlicher Größe
Von diesen Ton-Laiben bricht eine ältere, in der Gewichts- und Größen-
bestimmung19 erfahrene Frau kleinere Klumpen ab und formt sie mit der
19 Es gibt Standard-, Unter- und Übergrößen. Bedingt durch die momentane Wirt-
schaftslage Ghanas ändern sich die Preise für das gesamte Warenangebot im Lande
dauernd, und auch die Tonrollen aus Bume sind diesen Preisänderungen unterwor-
fen. Eine Form der Preiserhöhung ist, die Standardgröße und damit auch die
Unter- und Übergrößen laufend zu ändern. Innerhalb eines Jahres sind die Stan-
dardrollen um die Elälfte kleiner geworden.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
13
Abb. 5. Glätten von Tonrollen auf Deckel
Abb. 6. Tonrollen auf Wellblech zum Trocknen
14
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Hand zu Rollen von einer Länge zwischen 3 cm und 8 cm (Abb. 4). Diese
Rollen haben eine dicke Mitte und verjüngen sich zu den Enden20.
Die mit der Hand vorgeformten Rollen werden in einen Korb gelegt, in
dem sie mehrere Stunden zum Antrocknen bleiben. Vor der völligen Aus-
trocknung wird im letzten Arbeitsgang die Oberfläche der Rollen auf der
Innenseite eines nicht mehr gebrauchten emaillierten Kochtopfdeckels durch
Abrollen geglättet; die Enden werden flachgedrückt (Abb. 5).
Anschließend werden alle fertigen Rollen auf ein Stück Wellblech, auf
Plastikfolie oder auf eine Matte zum Sonnentrocknen ausgebreitet (Abb. 6).
Bei ununterbrochenem Sonnenschein können die Rollen nach weniger als 12
Stunden eingesammelt und in einen Korb, der mit Plastikfolie abgedeckt wird,
geschichtet werden. Damit sind sie fertig für den Weiterverkauf.
Man unterscheidet die Gesteinsart nach Farbe und Härtegrad. Am belieb-
testen für die Verarbeitung ist der weiche Ton, der nur etwa 30 Minuten zum
Anweichen benötigt. Harter Ton erschwert und verlängert den Arbeitsprozeß.
In Farbe ist der bevorzugte Ton weißlich-grau ohne irgendwelche Verände-
rungen in Struktur oder Maserung. Rostrote Farbe und dunkelgraue bis
schwarze Linien deuten auf Spuren von anderem Gestein, und Tonbrocken mit
solcher Färbung und Maserung sind aus verschiedenen Gründen sehr un-
beliebt21.
Die Qualität des Endproduktes, der zum Verkauf fertigen Rollen, wird
vom Härtegrad oder der Farbe des Rohmaterials nicht beeinträchtigt. Auch
erfahrene Frauen sind nicht in der Lage zu unterscheiden, ob eine Rolle aus
hartem oder weichem Gestein hergestellt wurde. Anders bei den Gesteins-
20 Die Darstellung Vermeers (a.a.O., S. 61 und S. 70), durch die Form der Tonrollen
sei eine Ähnlichkeit mit Eiern gegeben, und dieser Ähnlichkeit komme in den Vor-
stellungen der Ewe eine besondere Bedeutung zu, sei aus Mangel an weiteren
Informationen dahingestellt. Mir scheint jedoch, daß die Formgebung von den
arbeitstechnischen Möglichkeiten abhängt. Einmal wurde von allen Informanten
betont, in früherer Zeit sei die Verarbeitung „grob“ gewesen; eine Verfeinerung der
Arbeitstechnik sei neueren Datums. Damit ist gemeint, daß die Rollen ohne Hilfs-
mittel mit nur einer Hand geformt und danach nicht weiter geglättet wurden.
Durch diese Arbeitsweise ist die Form gewissermaßen vorgegeben; eine Formung
mit dem beabsichtigten Ziel einer Ähnlichkeit zum Ei würde den Gebrauch beider
Hände nötig machen und war nicht üblich. Die heutige Benutzung von konkaven
Deckeln, mit denen die Glättung der Oberflächen in wenigen Handgriffen gemacht
wird, betont die langgestreckte Form der Rollen mit verdickter Mitte. Der Eiform
entspricht weiterhin nicht, daß die sich verjüngenden Enden flachgedrückt werden.
21 Vgl. Abschnitt III.
ßaessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
15
brocken: hier genügt ein kurzer Blick, um zu wissen, ob es sich um die gesuchte
Qualität handelt oder nicht.
Die geformte Rolle läßt sich sehr leicht zerkrümeln, in Wasser zu einem
Tonbrei weichmachen, kauen. Die leichten Farbveränderungen des ursprüng-
lichen Materials sind später nicht erkennbar.
Die Qualität der Rollen hängt von der Sorgfältigkeit beim Stampfen und
Kneten und davon ab, ob der für die Verarbeitung benutzte Ton gekauft oder
gesammelt wurde. Gekauft, das bedeutet: die betreffende Frau kaufte den
ausgeschlagenen Ton in großen Brocken einem der Arbeiter oder dem Gruben-
eigentümer ab und bezahlte dafür. Gesammelt, das bedeutet: manche Frauen
können oder wollen für das Rohmaterial nichts bezahlen. Sie erhalten vom
Grubeneigentümer auf Anfrage die Erlaubnis, am Grubeneingang die von
anderen aussortierten Reste und Abfälle einzusammeln. Diese kleinen und
kleinsten Brocken werden zwar vor dem Einweichen verlesen, gesiebt und
gewaschen, doch ist es unmöglich, alle Kieselsteinchen, Sand und Grashalme
zu entfernen. Die Qualität der Rollen ist dadurch selbstverständlich beein-
trächtigt, und manche Aufkäuferinnen lehnen Rollen aus gesammeltem Ton
ab.
Nun muß kurz auf die Eigentumsverhältnisse eingegangen werden; Wie in
anderen Gebieten des Ewe-Landes gibt es auch bei den Anfoe-Ewe verschiedene
Kategorien von Landbesitz; die wichtigste Form ist das Linienland, nämlich
bebautes oder brach liegendes Land (Busch- und Waldland), das einer Linie
(„lineage“ = ko oder to) gehört. Das Linienland ist verteilt auf die zur Linie
gehörenden Großfamilien (toghejome); diese regeln untereinander die Nut-
zungsrechte an bestimmten Landstücken. Glieder der Großfamilien sind die
Klein- und Kernfamilien, und deren Oberhäupter bedürfen, wenn sie ein ihrer
Großfamilie zugesprochenes Stück Land bebauen wollen, der Zustimmung des
Familienältesten und -ältestenrats. Mit dieser Zustimmung dürfen sie das ent-
sprechende Stück Land nach eigenem Gutdünken benutzen, zum Beispiel auch
zur Bearbeitung einem Sohn, einer Tochter oder der Ehefrau, nicht jedoch
einem Fremden, überlassen. Vom Nutzungsrecht ausgeschlossen ist jede Form
von Veräußerung, Vermietung, etc., und auch der Anbau von Dauerpflanzen
wie Ölpalmen ist untersagt bzw. von der Zustimmung des Linienoberhauptes
abhängig. Nutzungsrechte gelten lediglich durante vita und müssen nach dem
Tod des Oberhauptes einer Kernfamilie neu geregelt werden. Gewohnheits-
mäßig gehen die Nutzungsrechte an die Söhne bzw. den ältesten Sohn über,
doch müssen diese formal die Zustimmung des oder der Ältesten einholen.
Gewohnheitsmäßige Nutzungsrechte resultieren jedoch keineswegs in einem
Privatrecht.
16
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Eine zweite Kategorie von Landbesitz ist nämlich individuell, durch Kauf,
Vererbung oder Schenkung erworbenes Privatland. Da auch Privatland nach
der patrilinearen Erbregelung vererbt wird, kommt es nach dem Tode des
privaten Eigentümers zur Entstehung von Familienland. In der Generationen-
folge verliert es vollständig den Charakter von Privateigentum, und obgleich
die Anfoe darauf beharren, daß es nicht zu Linienland wird wie in anderen
Tellen des Ewe-Landes22, wissen viele Familien nicht genau, ob ihre bearbei-
teten Felder auf Linienland oder Privatland liegen.
Bezüglich der Tongruben ist diese Frage jedoch von nicht unbeträchtlicher
Bedeutung. Als Grubeneigentümer wird derjenige angesehen, dem das Land-
stück, auf dem die Grube angelegt ist, zur Benutzung übergeben wurde. Er ist
es, der die Anlage betreibt, und er hat das letzte Wort darüber, wer den Abbau
in den Gruben betreiben darf und wer nicht. Meist erteilt er die Zustimmung
zum Abbau Söhnen sowie nahen männlichen Verwandten. Die Hälfte des abge-
bauten Tongesteins muß jeder Arbeiter dem Eigentümer aushändigen. Für
diesen Anteil erteilt dieser die Arbeitskonzession. Die andere Hälfte des
Ertrags gehört dem Arbeiter selbst. Dieser Ertrag wird, meist schon an der
Grube, an Frauen der eigenen Familie, an die Ehefrau oder an die Freundin
verkauft. Der Anteil des Grubeneigentümers wird auf die gleiche Weise ver-
äußert.
Die Frauen, die auf Grund einer verwandtschaftlichen oder anderen Be-
ziehung das unbearbeitete Tongestein günstig einkaufen können, verkaufen
dieses zum Teil weiter an interessierte Frauen, die keinen direkten Zugang zu
dem begehrten Rohmaterial haben. Der Verkaufspreis der fertigen Tonrollen
wird von der Gruppe von Frauen, die bei den Arbeitern direkt kaufen, fest-
gelegt. Sie verdienen durch ihren günstigeren Einkauf mehr als die anderen
Frauen. Das sowie Schwierigkeiten in der Klärung der Fragen der Erbfolge
führen zu Belastungen sozialer Beziehungen innerhalb von Großfamilien so-
wie auch zwischen Großfamilien.
III. Tabu-Vorschriften
Die Einhaltung einer Reihe von Regeln im Zusammenhang mit dem Abbau
des Tons wird folgendermaßen begründet:
1. Für eine reibungslose Arbeit ist es notwendig, daß die tro der Erde, die
in der Umgebung der Tongruben existieren, zufrieden mit dem Tun der
Menschen sind;
22 Vgl. Asamoa (1971: 65 f).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
17
2. Die Zufriedenheit der tro ist die Voraussetzung dafür, daß keine Unfälle
passieren;
3. Jeder Unfall ist eine Folge der Unzufriedenheit der tro, und es ist Auf-
gabe von iro-Priestern bzw. -Priesterinnen, die Ursache der Unzufrieden-
heit herauszufinden. Ihnen enthüllen die tro, wer der Schuldige ist und
welche Regel gebrochen wurde.
Die Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung des Zustandes der Zufrieden-
heit der tro liegt im allgemeinen Interesse. Die damit verbundenen Riten
sind eine öffentliche Angelegenheit. Die entstehenden Kosten müssen vom
Verursacher, dem, der die Vorschriften nicht einhält oder, falls dieser nicht
ausfindig zu machen ist, vom Grubeneigentümer oder dessen Clan getragen
werden.
Die tro-Priester spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle,
weil sich nur durch ihre Mitarbeit die Schuldfrage klären läßt. Es liegt auf der
Hand, daß diese Situation nicht ohne Probleme ist.
Die Vorschriften
Über den Ursprung und das genaue Alter der einzelnen Vorschriften wur-
den keine genaueren Angaben gemacht. Begründungen für die Vorschriften
waren allgemeiner Art: Forderungen der tro, die ihrerseits diese Forderungen
nicht begründeten.
1. Anlage einer neuen Grube
Vorschrift: Das Unternehmen muß den Vorfahren und den in der Um-
gebung der geplanten Grube residierenden tro angesagt werden.
Bruch der Vorschrift: Scheitern des Unternehmens.
a) Man findet keinen Ton;
b) Man findet Ton, aber dieser ist von minderer Qualität;
c) Das Unternehmen läßt sich gut an, wird jedoch nach einiger Zeit gestört
oder abgebrochen, meist als Folge eines Unglücks.
Folge: Finanzieller Verlust.
Ausgleich: Besänftigung der Ahnen und der tro23.
2. Das Graben einer neuen Grube hat Erfolg: Eon wird gefunden
Vorschrift: Danksagung an die Ahnen24.
Bruch der Vorschrift: Scheitern des Unternehmens.
23 Zum Ritual der Besänftigung, vgl. im folgenden.
24 Es erübrigt sich hier, auf die Bedeutung der Ahnenverehrung in einer afrikanischen
Gesellschaft einzugehen.
2 Baessler-Archiv XXVI
18
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
a) Die Lagerstätte ist nicht sehr ergiebig und muß bald
werden;
b) Die Lagerstätte ist ergiebig, aber der Ton ist minderwertig
c) Das anfänglich erfolgreiche Unternehmen scheitert durch
glücksfall.
Folge: Finanzieller Verlust.
Ausgleich; Besänftigung der Ahnen.
3. Das Gruhenunternehmen funktioniert
Vorschriften;
1. Bestimmten Personen ist das Betreten sowie der Aufenthalt in der
Nähe der Gruben untersagt;
2. Bestimmte Gegenstände dürfen nicht in oder in die Nähe der Gruben
gelangen;
3. Bestimmte Handlungsweisen sind vorgeschrieben.
Ad 3.1: Personen
a) Sechs-Finger-Leute25;
b) Schwangere Frauen26;
c) Menstruierende Frauen27;
25 Sogenannte Sechs-Finger-Leute werden bei den Anfoe-Ewe gefürchtet und geächtet.
Es handelt sich um Personen, die mit einem zusätzlichen Finger geboren wurden.
Zwar wird dieser unmittelbar nach der Geburt abgeschnitten, doch das Stigma
bleibt. Unkenntnis über die eigene angeborene Abnormität ändert nichts an der
eventuellen Tabu-Verletzung. Zur Ächtung gehört das Verbot, in die persönliche
oder in die Nähe des Wohn- oder Amtssitzes von Häuptlingen oder iro-Priestern
zu kommen, mit der Begründung, verunstaltete Menschen brächten diesen Unglück.
Die Ächtung gründet sich jedoch primär auf die traditionsgebundene Furcht vor
Sechs-Finger-Leuten, da man in ihnen Hexen vermutete. Diese Vorstellung teilen
die Ewe mit anderen Volksgruppen Ghanas. Vgl. auch Debrunner (1961: 101).
26 Traditionsgebundene Schutzmaßnahmen während der Schwangerschaft werden auch
heute von vielen Frauen eingehalten, um potentielle Gefahren für Gesundheit und
Leben zu vermeiden. Die tatsächliche Unglücksgefahr beim Abbau des Tons, der,
wie dargestellt, bis vor kurzem Angelegenheit von Frauen war, rechtfertigt somit
ausreichend das Aufenthaltsverbot für Schwangere.
27 Nach der Tradition der Anfoe-Ewe sind menstruierende Frauen unrein. Das be-
deutet eine Einschränkung ihrer Bewegungs- und Handlungsfreiheit während der
Menstruationsperiode. Reinigungsriten sind zur Wiederherstellung des Normal-
zustandes notwendig. Die Vorstellungen der Anfoe-Ewe über eine eventuelle Über-
tragung der Unreinheit auf Orte und Plätze sind nicht bekannt. Ob daher Unrein-
aufgegeben
(hart);
einen Un-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
19
Ad 3.2: Sachen
a) Keinerlei Gegenstände von roter Farbe28;
b) Keine Lampen und Lichter29;
Ad 3.3: Vorgeschriebene Handlungsweisen
a) Verbot, in oder in der Nähe der Gruben zu pfeifen30;
b) Arbeitsverbot vor 8 Uhr vormittags und nach 2 Uhr nachmittags31;
c) Arbeitsverbot in den Gruben an Wochentagen, an denen hriku auf dem
Berggipfel verehrt wird: jeder 4. Wochentag ist der Tag des hriku32;
d) Arbeitsverbot an Wochentagen der tro des Erdbodens, die in der Um-
gebung der Tongruben residieren; das sind die Tage Donnerstag und
Freitag jeder Woche33.
Bruch der Vorschriften34;
heit eine ausreichende Erklärung für das Aufenthaltsverbot menstruierender
Frauen in der Nähe der Tongruben ist, sei dahingestellt. Vgl. auch Anm. 28.
28 Keiner der Informanten war in der Lage, das Verbot von irgendetwas Rotem in
oder in der Nähe der Gruben zu begründen. Es liegt jedoch nahe, die Farbe Rot
mit Blut in Verbindung zu bringen. Der unblutige Hahnentod (vgl. Abschnitt II)
wurde jedenfalls mit der Frucht vor vergossenem Blut, also vor Unglücksfällen,
erklärt. Zu den Besonderheiten eines Todes, bei dem Blut vergossen wird, ametsiava
= Tod im Krieg, oder evuku = Tod mit Blut, Blut-Tod, vgl. Abschnitt V.
29 Diese Aussage wurde nur von einem Informanten gemacht. Ein Verbot des Ge-
brauchs von Lampen in anderen Situationen ist mir nicht bekannt.
30 Das Pfeifen nach Einbruch der Dunkelheit, das Hexen und böswilligen Geistern
die Anwesenheit von Menschen verrät, ist ein allgemeines Tabu für die Anfoe. Ob
ähnliche Beweggründe für das Pfeifverbot in der Nähe der Tongruben gegeben sind,
konnte nicht schlüssig in Erfahrung gebracht werden.
31 Die Angabe stammt von nur einem Informanten. Die Hintergründe dieser Regel
waren ihm nicht bekannt.
32 Dieser tro wird an einem besonderen Schrein von seiner Priesterin verehrt. Er
besitzt ihm zugehörige Riten.
33 Die in der Nähe der Tongruben residierenden tro sind allgemeiner Natur. Einige
sind besonders verantwortlich für den Tonstein im Boden, doch ist noch niemand
als iro-Priester des Tons berufen worden. Die für den Ton verantwortlichen tro
haben keinen Eigennamen. Viele Leute in Bume nehmen jedoch an, daß die Aus-
weitung des Tonunternehmens eine Enthüllung eines spezifischen Ton-tro und die
entsprechende Berufung eines Priesters bzw. einer Priesterin mit sich bringen wird.
Damit verbunden sei die Einführung neuer spezifischer Riten. Der Zeitpunkt hier-
für sei bald gekommen, hieß es.
34 Dabei ist ohne Belang, ob die Vorschrift wissentlich oder unwissentlich gebrochen
wurde, d. h. zum Beispiel, daß eine Frau in Unkenntnis einer Schwangerschaft
ebenso schuldig ist wie eine, die sich aus verschiedenen Gründen nicht an die Vor-
schrift hält, obgleich sie weiß, daß sie schwanger ist.
20
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Die Farbe und Maserung des Gesteins verändern sich, d. h. die tro sind in der
Lage, weißen Ton zu verwünschen35. Farbveränderungen gelten als Alarm-
zeichen, als Warnsignale des Unmuts der tro.
Folge: In der Vergangenheit war es üblich, den in Farbe veränderten Ton
nicht weiter zu verarbeiten. Dadurch entstand ein großer finanzieller Verlust,
da auch die Gruben nur bedingt weiter betrieben werden konnten.
Gegenwärtig hält man sich nicht mehr an diese Regel; farblich veränderter
Ton wird ebenfalls verarbeitet. Manche Aufkäuferinnen fertiger Tonrollen
erkundigen sich jedoch eingehend nach der Art des Rohmaterials, da sie den
Kauf von Tonrollen aus „verwünschtem“ Ton fürchten. Die Verwendung von
rotem Ton wird also möglichst geheim gehalten. Heutzutage gilt lediglich die
Beachtung oder Mißachtung der Warnsignale als wichtige Angelegenheit.
Beachtung: Es muß nach den Ursachen des Unmuts der tro geforscht wer-
den; dies bedeutet Arbeitsunterbrechung, Besänftigungsritual, etc. — also finan-
zieller Verlust.
Mißachtung: Das Unglück, vor dem durch die Farbänderungen gewarnt
wurde, bricht herein36.
Ausgleich: Nachdem der Verursacher und die Art der Tabu-Verletzung
bekannt sind, muß je nach der Schwere des Falles entweder ein Pazifizierungs-
oder Purifizierungsritual, oder beides, veranstaltet werden. Die Schwere des
Falles mißt sich daran, ob ein Unglück bereits geschehen ist oder nicht. Gene-
rell gilt, daß durch ein Unglück alle aufgerüttelt werden, während die Farb-
veränderungen so lange geflissentlich übersehen werden, so lange nichts pas-
siert. Vor allem die jungen Leute sind geneigt, den finanziellen Gewinn höher
zu bewerten als die Einhaltung von Vorschriften, die manche als überholt
und überflüssig erachten. Es gilt daher heute die Regel, daß der Eigentümer
für die Einhaltung der Vorschriften sorgt, d. h. er kann von denen, denen er
eine Arbeitskonzession erteilt, die Einhaltung fordern. Im Interesse der
Arbeitsmöglichkeit halten sich auch diejenigen an diese Forderung, die an eine
tatsächliche Wirksamkeit nicht glauben. Ist die Einhaltung der Vorschriften
vom Eigentümer gefordert, und ein Arbeiter/Arbeiterin wird der Tabu-Ver-
letzung für schuldig erkannt, muß der Arbeiter/Arbeiterin für die Kosten der
Besänftigung aufkommen. Es handelt sich in diesem Fall im allgemeinen um
eine einfache Besänftigung, vorausgesetzt, daß kein Unglück geschah.
35 Vgl. Abschnitt II.
36 Vgl. die Darstellung im folgenden.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
21
Schwieriger ist der Fall von kontinuierlichen Tabu-Verletzungen bei Miß-
achtung der Alarmzeichen oder bei Nicht-Entdeckung des Verursachers. Unter
Umständen sind wiederholte Pazifizierungen nötig, da immer die Gefahr
besteht, daß die tro mit dem, was ihnen bei einer einfachen Pazifizierung ge-
boten wurde, nicht zufrieden gestellt sind. Die Zufriedenheit ist gewährleistet,
wenn die maximale Pazifizierung stattfindet. Die Opfertiere sind:
1 weißer Hahn bei einfacher Pazifizierung;
2 oder mehrere Hähne bei Steigerungen;
1 Hammel; bei Steigerungen 2 Hammel;
1 Kuh37.
Dazu müssen immer die entsprechenden Mengen von Palmwein beigebracht
werden. Zur Bereitung der Mahlzeit gehören auch die Zutaten wie Gemüse
etc., Maismehl, Palmöl. Günstig gestimmt werden die Ahnen bzw. die tro
durch das Ausgeben von Alkoholika inländischen und ausländischen Ur-
sprungs. Je höher der Preis, desto besser sind die Erfolgsaussichten.
Das Pazifizierungsritual kann öffentlich oder privat sein. Im ersten Fall ist
die gesamte Dorfgemeinschaft beteiligt, im zweiten Fall nur der Grubeneigen-
tümer und diejenigen, die unmittelbar mit der Angelegenheit zu tun haben.
Selbstverständlich müssen die Konsultationen der iro-Priester entlohnt wer-
den. Dabei gibt es eine bestimmte, traditionell festgesetzte Minimalentlohnung
in Bargeld und Naturalien. Wer sich eine „günstige Stimmung“ erhofft, geht
in der Entlohnung freiwillig über das Mindestmaß hinaus.
Private wie öffentliche Pazifizierungen verlaufen nach einem Schema:
1. Libation mit Palmwein; Benachrichtigung der Ahnen; Darstellung dessen,
was geschehen ist; eventuell Bitte um Entschuldigung; Bitte um zukünfti-
gen Beistand und Schutz38.
2. Schlachtung des oder der Opfertiere; Bereitung einer Mahlzeit aus Teilen
des Opfertieres und den übrigen Ingredienzen; Verteilung bestimmter
traditionell festgelegter Teile des/der Opfertiere/s an Häuptlinge und
deren Klientel (im Falle öffentlicher Pazifizierung).
3. Essen der Mahlzeit und Ausstreuung eines Teiles davon auf den Erdboden
als Anteil der Ahnen oder der tro.
37 Niemand hatte je in Bume den Einsatz einer Kuh als Opfertier erlebt; die Mög-
lichkeit dazu wurde jedoch erwähnt.
38 Es wird betont, daß eine klare Trennungslinie zwischen Ahnen und tro nicht
gezogen wird.
22
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Tarifizierungen verlaufen sehr ähnlich. Zusätzlich wird jedoch ein Reini-
gungswasser aus Wasser mit bestimmten Pflanzen, denen eine Heil- und
Reinigungskraft zugeschrieben wird, bereitet. Von diesem Wasser wird ein
Teil von der die Unreinheit verursachenden Person getrunken. Der restliche
Teil wird auf dem Boden umhergesprüht.
Die im vorangegangenen Abschnitt aufgezeichneten Verhältnisse zeigen
m. E. eine Situation des Konflikts an, hervorgerufen durch das Aufeinander-
treffen verschiedener individueller und kommunaler Interessen39.
Der Unglücksfall, durch den Anfang 1978 drei junge Männer von Bume den
Tod fanden, erhellt die Situation:
Die Unglücksgrube war zur Zeit des Unglücks etwa 18 Monate in Betrieb.
Der Eigentümer, ein Mann von 76 Jahren, aus Bume-Tokome stammend,
lebte mehrere Jahrzehnte lang in anderen Teilen Ghanas und betrieb 16 Jahre
lang eine Kakao-Plantage im Norden der Volta-Region40.
Das Nutzungsrecht an dem Landstück, auf dem sich die sehr ergiebige Grube
befand, erbte er in der 4. Generationenfolge. Er wußte nicht, wie der Urahn
der 1. Generation das Land erworben hatte. Durch eine Tante, der er die
Erlaubnis zum Anpflanzen von Mais erteilt hatte und die beim Graben immer
wieder Tonsteine fand, war ihm seit langem der Reichtum seines Bodens be-
kannt. Dennoch erlaubte er niemandem, mit dem Grubenunternehmen zu
beginnen. Durch seinen langjährigen Aufenthalt außerhalb von Bume fühlte
er sich vielen Dingen seines Heimatortes entfremdet. Die Einhaltung von
Tabu-Vorschriften hielt er für völlig überflüssig, und er stellte keinerlei dies-
bezügliche Forderungen an die Arbeiter. Ihm war der Ertrag wichtig, und
daher erteilte er einer relativ großen Zahl von Leuten die Arbeitskonzession.
Jeden Tag wurde mindestens 8 Stunden lang in seiner Grube gearbeitet. Zwar
warnte er nach eigenen Angaben die Leute ständig aufs neue vor der Gefahr
einer zu großen Zahl von gleichzeitig in der Grube arbeitenden Menschen,
doch zur Zeit des Unglücks waren 10 Arbeiter mit dem Abbau beschäftigt.
Auch warnte er die Leute vor der Möglichkeit des Zusammenbruchs, da die
Grube sehr weit und tief war. Er trug ihnen auf, das am Eingang überhängende
Gestein und Erdreich niederzubrechen und auszuschaufeln. Niemand, so seine
Aussage, hörte auf ihn. Jede Arbeitsunterbrechung, ganz gleich, ob zur Ab-
39 In Vereinfachung der tatsächlichen historischen und sozialen Prozesse werden Cha-
rakterisierungen wie „individuell“ und „kommunal“ mit „Abwendung von über-
lieferten Traditionen“ resp. „Traditionsgebundenheit“ in Zusammenhang gebracht.
40 Zu beachten ist, daß die Besitzer von Kakao-Plantagen als reich gelten, auch wenn
dies im individuellen Fall nicht zutreffend ist.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
23
Wendung von imaginären oder wirklichen Gefahren, bedeutet für jeden Be-
teiligten eine finanzielle Einbuße.
Der 76jährige Grubenbesitzer, der nicht an tro glaubt, wie er sagt, der
gewisse minimale Regeln einhält, nur, weil sie von den Vorfahren stammen
und daher verehrungswürdig sind, nicht jedoch, weil Geister angeblich Macht
über Menschen haben, steht in recht krassem Gegensatz zu anderen, deren
Interesse an einem lukrativen Grubenunternehmen ebenfalls groß ist, die
jedoch aus hier nicht näher erläuterten Gründen weniger frei operieren können
oder nicht wollen.
Durch den Unglücksfall starben ein Sohn der Königin-Mutter von Tokome41
(also ein Mitglied des Häuptlingsclans); ein Sohn einer iro-Priesterin; ein
junger Mann aus der entfernten Verwandtschaft des Häuptlings.
Der gesamte Grubenbetrieb in Bume ist seit Monaten stillgelegt, da die Riten
noch nicht veranstaltet werden konnten. Wegen der Schwere des Falles und
wegen verwandtschaftlicher Bindungen ist die Anwesenheit sämtlicher auch
auswärts wohnender Häuptlinge notwendig. Wann sie Zusammenkommen
werden, ist nicht absehbar. Außerdem ist noch nicht bekannt, wer für die
Kosten der Pazifizierungsriten, die erwartungsgemäß sehr hoch sein werden,
aufkommen wird.
Unmittelbar nach dem Unglück wurden iro-Priester und sogar Wahrsager
(Magier) konsultiert. Als Ursache des Unglücks wurde die Unbekümmertheit
des Grubenunternehmers gegenüber Tabu-Vorschriften erkannt. Dieser jedoch
verweigert die Anerkennung einer Schuld und verweist auf die Unterlassung
wirklicher Schutzmaßnahmen. Die Befürworter konservativer Schutzmaßnah-
men lehnen es ab, eine solche als unverpflichtend empfundene Erklärung des
Geschehens zu akzeptieren.
Ein Ältestenrat entschied, daß der Tagesertrag an Ton am Tage des Un-
glücks zu verkaufen sei. Die Hälfte des Geldes wurde auf die 7 Überlebenden
verteilt; der Rest ging zu gleichen Teilen an die Verwandten der Toten42. Da-
her brauchte der Grubeneigentümer, der nichts von dem Ertrag erhielt, keine
Kompensation zu bezahlen43. Er mußte jedoch für das Ausgraben der Leichen,
41 Der Grubeneigentümer ist selbst mit der Königin-Mutter verwandt.
42 Jede Verwandtengruppe erhielt den Betrag von 75,00 Cedi. Zum Vergleich: Der
von der Regierung festgesetzte Mindestlohn in Ghana beträgt 120,00 Cedi monat-
lich.
43 Auf Grund seiner Verwandtschaft zur Mutter eines der Unfallopfer war er den-
noch zu gewissen Zahlungen verpflichtet, und dieser Verpflichtung kam er ohne
weiteres nach.
24
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
für die Verbringung in ein amtliches Leichenschau-Haus sowie für den Rück-
transport nach Bume zur Beerdigung bezahlen. Auch trug er freiwillig zu den
Beerdigungskosten bei.
Da durch den Unglücksfall eine enorme Verknappung des Rohmaterials
eingetreten ist, können augenblicklich nur diejenigen, die zum Zeitpunkt des
Unglücks größere Vorräte an Tongestein besaßen, Tonrollen herstellen und
verkaufen. Der Preis des Endproduktes hat sich seitdem verdoppelt.
IV. Der Handel mit Tonrollen; die Einnahmen
Verkauf:
1. Herstellerin verkauft durch Marktbesuche an die Verbraucher;
2. Herstellerin verkauft an gelegentliche oder ständige Wiederverkäuferin,
die ihrerseits nur mit Tonrollen handelt und ganz bestimmte Märkte auf-
sucht;
3. Herstellerin verkauft an Berufshändler(innen), meist Nigerianer(innen),
die mit verschiedenen Waren handeln, verschiedene Märkte aufsuchen, in
andere westafrikanische Länder vertreiben und größere Mengen an Einzel-
verkäufer Weiterverkäufen. Manche dieser Berufshändler(innen) kommen
inzwischen mit Lastwagen nach Bume;
4. Wiederverkäuferinnen verkaufen an Berufshändler(innen) oder Einzel-
verkäuferinnen, und zwar am ehesten in den großen Städten des Landes
oder in kleineren Städten in Grenznähe, z. B. Aflao (vgl. Kartenskizze).
Trotz der kleinen Zahl von Berufshändlern, die nunmehr in unregelmäßigen
Abständen nach Bume kommen, liegen Verkauf und die erste Stufe des Zwi-
schenhandels noch immer in Händen von Anfoe-Frauen. Doch die steigende
Menge der exportierten Tonrollen brachte die Frage des Abtransports in den
Vordergrund. War es immer üblich gewesen, und ist es noch immer über-
wiegend, die Rollen in Körben, auf dem Kopf balancierend, zu Fuß an die
Kpandu—Accra-Überlandstraße zu bringen, so mieten heute Gruppen von
Frauen Lastwagen, die bis ins Dorf kommen und 150 bis 180 kg fassende
Körbe in größerer Zahl nach Accra befördern. Zu anderen Bestimmungsorten
benutzen die Frauen jedoch auch jetzt die allgemeinen Transportmittel (Mam-
mie-lorries)44.
Die folgende Darstellung zeigt, wie Transport und Verkauf von Last-
wagen-Frauen und Mammie-lorrie-Frauen bewerkstelligt werden45.
44 Benannt nach den sog. „market-mammies“ = Marktmütter.
45 Aus Mangel an Informationen kann hier nichts über die nigerianischen Händlerin-
nen, gewöhnlich Yoruba-Frauen, gesagt werden. Yoruba-Frauen traten nach Ver-
meer (a.a.O., S. 64) auch schon früher als Zwischenhändlerinnen in Erscheinung.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
25
Denu-Aflao-Gruppe (Mammie-lorrie-Frauen)
Die Gruppe besteht aus 24 bis 30 Frauen, die alle auf den Märkten Denu
und Aflao verkaufen. Sie stammen aus Tokome, Wuve und aus Anfoega-
Gblenkor46. Än beiden Marktorten benutzen sie Marktstände, die der Tochter
einer Wuve-Frau gehören. 8 bis 10 Frauen können an den Ständen gleich-
zeitig verkaufen. Die Gruppe hat sich entsprechend unterteilt:
a) 8 bis 10 Frauen aus Tokome;
b) 8 bis 10 Frauen aus Wuve;
c) 8 bis 10 Frauen aus Gblenkor.
Im gesamten Ewe-Gebiet werden
Märkte abgehalten47, zum Beispiel:
Montag
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Kpandu
Denu
Aflao
Agbozume
an allen Marktorten an jedem 4. Tag
Freitag — Kpandu
Samstag — Denu
Sonntag — Aflao
Montag — Agbozume etc.
Die Frauen der Denu-Afloa-Gruppe reisen nach einem festgelegten Plan zu
ihren Marktorten.
a) Tokome-Frauen
Abreisetag: Kpandu-Markttag, Montag
1. Verkaufstag: Denu-Markttag, Dienstag
2. Verkaufstag: Aflao-Markttag Mittwoch
Rückreise: Donnerstag
b) Wuve-Frauen
Abreisetag: Kpandu-Markttag, Freitag
1. Verkaufstag: Denu-Markttag, Samstag
2. Verkaufstag: Aflao-Markttag Sonntag
Rückreise: Montag
c) Ghlenkor-Frauen
Abreisetag: Kpandu-Markttag, Dienstag
1. Verkaufstag: Denu-Markttag, Mittwoch
2. Verkaufstag: Aflao-Markttag Donnerstag
Rückreise: Freitag
46 Eine gewisse Menge Rohton wird an Frauen anderer Anfoega-Dörfer verkauft,
gewöhnlich Bume-Frauen, die wegen Verheiratung und sonstigen Gründen außer-
halb leben. Gblenkor ist 5 km von Bume entfernt.
4‘ Vgl. van Apeldoorn (1972:4; 29 ff.; 73 und Karten. Zu den Ausnahmen, desgl.,
S. 29 ff.). — Vgl. auch die Kalender 1976 und 1977 Asigbe woeletigbale (Markttag-
Kalender) von N. K. Dzobo.
26
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Jede der Gruppen hat nach jeweils 2 Marktperioden Gelegenheit zum Ver-
kauf. Die gemeinsam reisenden Frauen helfen sich gegenseitig, sie teilen sich
die allgemeinen Unkosten der Fahrt und arrangieren gelegentlich eine gemein-
same Unterkunft. Die Gruppe wird an den besuchten Marktorten von immer
den gleichen jungen Männern erwartet, die ihnen beim Schleppen der Körbe
und mit sonstigen Hilfeleistungen zur Hand gehen.
Kostenaufstellung
dargestellt am Beispiel einer Frau aus Tokome. Name: Grace; Alter:
50 Jahre. Sie arbeitet seit etwa 20 Jahren mit Ton. Das Handwerk lernte sie
von Mutters Mutter.
Sie kauft das Rohmaterial immer beim gleichen Grubeneigentümer und
sammelt niemals Reste. Die Rollen stellt sie, bis auf wenige Handgriffe, In
allen Arbeitsgängen selbst her.
Es kommt gelegentlich vor, daß sie die auf ihren Marktreisen üblicherweise
mitgeführte Menge von Rollen zum festgesetzten Abreisetag nicht vorrätig
hat; in solchen Fällen kauft sie von einer anderen Herstellerin in Tokome,
von der sie weiß, daß diese Rollen von ausgesuchter Qualität herstellt. Sie
gibt an, die Qualität der Rollen sei für den Verkauf von außerordentlicher
Bedeutung.
Unkosten
10 Körbe Rohmaterial, Gewicht je Korb ca. 15 bis 20 kg Cedi 100,00
Sie ergeben ca. 19 200 bis 19 500 Rollen, bei den jetzigen
Standardgrößen. Diese Menge von Rollen kostet im Einkauf
in Bume 120,00
Sie haben einen Verkaufswert von 240,00
Kosten einer Reise
Personenbeförderung 15,00
Transport der Körbe mit Rollen 40,00
Marktgebühr 0,40
Bezahlung für Träger 4,00
andere Dienstleistungen 4,00
Aufenthalt, persönliche Ausgaben 10,00
Straßenpassierschein, anteilmäßig 0,60
anderes 2,00
Insgesamt: Cedi 76,00
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
27
Daraus ergibt sich auf jeder Marktreise ein Verdienst von Cedi 64,00. Ent-
sprechend geringer fällt der Verdienst aus, wenn fertige Rollen in Bume zum
Weiterverkauf aufgekauft werden.
Die Reiseunkosten steigen, wenn die persönlichen Ausgaben steigen und
eine Marktstand-Miete hinzukommt. Grace übernachtet bei ihren Marktreisen
bei Verwandten in Denu und hat somit geringe Ausgaben. Sie zahlt keine
Marktstand-Miete, da sie mit der Frau, die die Stände in Denu und Aflao
zur Verfügung stellt, verwandt ist. Als Gegenleistung bringt sie dieser Frau
auf jeder zweiten Marktreise einen Korb Rollen zum Einkaufspreis mit.
Jahresdurchschnitt (1977)
Denu hatte 1977 insgesamt 90 Markttage, Aflao hatte 91 Markttage. Dar-
aus ergeben sich 30 Marktreisen. Der Jahresverdienst ist also Cedi 1920,00;
der monatliche Durchschnittsverdienst ist Cedi 160,0048.
Der Arbeitsaufwand konnte nicht genau berechnet werden. Die Arbeits-
stunden sind unregelmäßig, und zwischen den einzelnen Arbeitsgängen liegen
u. U. lange Pausen. Grace schätzte ihren eigenen Arbeitsaufwand auf monat-
lich 5 Tage kontinuierlicher Arbeit, bei einer Arbeitsstundenzahl von ca. 4 bis
6 täglich. Dazu kommen die Marktreisen, durch die sie ca. 8 bis 10 Tage
monatlich nicht zu Hause ist. Die Marktreisen sind nur möglich, weil sie keine
kleinen Kinder mehr hat.
Accra-Gruppe (Lastwagen-Frauen)
Die Gruppe besteht aus einer nicht festgesetzten Zahl von Frauen. Immer
wenn eine Frau ihre Rollen in Accra verkauft, reist sie nach Bume zurück
und wartet, bis etwa 3 bis 4 Frauen versammelt sind. Diese Mindestzahl ist
nötig, damit sich die Miete eines Lastwagens lohnt.
Die Accra-Gruppen, alles Frauen aus Bume oder anderen Anfoega-Dörfern,
kaufen die Rollen bei den Herstellerinnen; manche fertigen Sondergrößen
selbst an, wenn sie einen speziellen Auftrag dafür haben. Die Frauen mieten
gemeinsam einen Stand im Zentral-Markt von Accra (Makola II), und jede
einzelne Frau zahlt ihren Mietanteil nur während der Tage, an denen sie
tatsächlich zum Verkauf dort ist. 6 bis 8 Frauen können an diesem Stand
48 Nicht berücksichtigt sind hier die Schwankungen, die durch ausgefallene Markt-
reisen (Krankheit etc.), durch jahreszeitliche Preisschwankungen (das Angebot des
Rohmaterials sinkt während der Regenzeit, weil weniger abgebaut wird) und aus
anderen Gründen (vgl. Unglücksfälle) entstehen. Unberücksichtigt bleiben auch
Preisschwankungen durch die momentane inflationäre Wirtschaftslage in Ghana.
28
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
gleichzeitig verkaufen. Die meisten Frauen der Accra-Gruppen halten sich ca.
1 Woche lang in Bume auf, um 3 Wochen lang monatlich in Accra zu ver-
kaufen. Einige beschäftigen Aufkäuferinnen in Bume und lassen sich die
Körbe gelegentlich nach Accra bringen, ohne selbst nach Bume zu kommen.
Kostenaufstellung
dargestellt am Beispiel einer Frau aus Tokome. Name: Florence; Alter;
32 Jahre. Sie handelte früher mit anderen Waren und ist seit kurzem auf Ton-
rollen übergegangen.
Sie kauft die meisten Rollen selbst auf, ohne Aufkäufer zu beschäftigen.
Sondergrößen stellt sie selbst her. Das Fiandwerk lernte sie von ihrer Mutter,
von der sie ebenfalls aufkauft. Für jede Verkaufsreise kauft sie zwei große
Körbe voll Rollen in Standardgröße.
Unkosten
1 Korb, mit ca. 20 000 Rollen Cedi 120,00
1 Korb, mit ca. 15 000 Rollen 90,00
Die Körbe haben einen Verkaufswert von 450,00
Kosten einer Reise
Personenbeförderung 12,00
Transport der Körbe 55,00
Standmiete 5,00
Bezahlung für Dienstleistungen 10,00
Persönliche Ausgaben 15,00
Anderes 5,00
Insgesamt; Cedi 102,00
Daraus ergibt sich je Marktreise ein Verdienst von Cedi 348,00.
Monatliche sind drei Marktreisen nach Accra möglich, da der Verkauf dort
sehr rasch geht. Die meisten Rollen werden an Zwischenhändler verkauft, die
ihrerseits die Märkte in Mittel- und Nord-Ghana beliefern. Große Mengen
gehen, wie auch in Aflao, an die Yoruba-Händlerinnen aus Nigeria. Diese
beliefern die Märkte in Togo, Benin und Nigeria selbst. Nach eigenen Be-
obachtungen gelangen die Rollen auch nach Obervolta.
Florence ist also in der Lage, monatlich einen Nettoverdienst von Cedi
1044,00 zu erzielen49. Das entspricht einem Jahresverdienst von 12 528,00
(19 77)50.
49 Auch hier sind Schwankungen nicht berücksichtigt. Es handelt sich um das Durch-
schnittseinkommen des Jahres 1977.
50 Dieser Verdienst liegt weit über dem eines mittleren Angestellten, Lehrers oder
Arztes in Krankenhaus-Anstellung.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
29
Verdienst der Grubenarbeiter
Ein guter Arbeiter ist, wie bereits erwähnt, in der Lage, an einem günstigen
Arbeitstag bis zu 150 kg Gestein abzubauen; 75 kg sind sein eigener Ertrag.
Das bringt ihm ca. Cedi 50,00 ein. An besonders günstigen Tagen kann die
Menge noch erhöht werden, so daß ein Tagesverdienst zwischen Cedi 60,00 bis
80,00 möglich wird. Ausgaben entstehen durch die Anschaffung der Werk-
zeuge.
Verdienst der Herstellerin
10 Körbe zu einem Einkaufspreis von Cedi 100,00 werden, als fertige Rollen,
für Cedi 120,00 weiterverkauft. Eine gute Arbeiterin kann monatlich bis zu
Cedi 100,00 verdienen, ohne selbst den Markt aufzusuchen. Betreibt sie den
Weiterverkauf außerhalb von Bume neben der Herstellung, kann sie ihren
Verdienst auf Cedi 120,00 bis 140,00 steigern. Eine weitere Steigerung ist
nur bei aufwendigerem Reisen möglich und kommt nur für Frauen in Frage,
die zu Hause nicht zu stark gebunden sind (kleine Kinder).
Verdienst des Grubeneigentümers
Dieser Verdienst entspricht dem des Grubenarbeiters, multipliziert mit der
Zahl der Arbeiter, die täglich in seiner Grube beschäftigt sind. Aus Gründen
der Kontrolle der Tageserträge sei es, nach Aussagen von Grubeneigentümern,
besser, eine kleinere Zahl von Familienangehörigen als eine große Zahl von
Fremden mit dem Abbau des Gesteins zu betrauen.
Ausgaben entstehen dem Grubeneigentümer durch die Investitionskosten
sowie Unkosten bei Unglücksfällen51.
Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, daß auch der Handel mit
einem Zwischenprodukt, dem zerstampften Tonsand, begonnen wurde.
V er wendung
Mehrere Verwendungsmöglichkeiten der fertigen Tonrollen wurden ge-
nannt52:
1. Herstellung von kosmetischen und medizinischen Artikeln;
2. Herstellung von Weißfarbe für Totenfeiern, für Körperbemalung, als
Tüncherfarbe;
51 Nicht alle Unfälle haben einen tödlichen Ausgang, doch werden jedes Jahr Arbeiter
verletzt. Die Krankenbehandlungskosten werden teilweise vom Grubeneigentümer
getragen. Die Regenzeit, bedingt durch die Aufweichung des Bodens, bringt große
Gefahren beim Abbau. Früher wurde der Abbau während der Regenzeit völlig
eingestellt.
52 Durch eigene Beobachtungen nur zum Teil bestätigt.
30
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
3. Schnitzen von Figuren;
4. Essen.
Kosmetische, medizinische Artikel
Methode der Herstellung: Die aufbereiteten Tonrollen werden von neuem
zerkleinert, zerrieben und gesiebt, bis ein feiner, weicher Puderstaub entsteht.
Dieser Puder wird mit pulverisierten Gewürzen wie Nelkenpulver versetzt
und findet in der täglichen Körperpflege und in der Säuglingspflege Verwen-
dung.
Allerdings gibt es eine große Zahl von Körper- und Säuglingspudern, die
industriell gefertigt wurden, zu kaufen, so daß dem lokalen Puder aus Ton-
stein nur noch geringe Bedeutung beikommt53.
Pasten, Salben
Eine Anzahl von Informanten kannte die Verwendung von Pasten, Salben
und Pflastern aus Tonstaub für medizinische Zwecke. Die Aufbereitung ist
ähnlich der Herstellung von Puder, nur daß klebrige Pflanzensäfte, Pflan-
zenbreie, Wasser und andere Mittel zum Feuchthalten und Binden beigemischt
werden. Die pflanzlichen Mittel werden nach ihrer medizinischen Wirksam-
keit ausgewählt. Solche Pasten verteilen lokale Heilpraktiker auf große
offene Flächenwunden, zum Beispiel Schürfwunden sowie Brandwunden aller
Art. Auch die Verwendung in der Behandlung von Knochenbrüchen wurde er-
wähnt.
Mit dem Verschwinden einheimischer Heilmethoden der Medizin gerät
auch dieser Verwendungszweck immer mehr in Vergessenheit.
Farbe
Totenritual: Welche Vorstellungen sich im einzelnen mit dem Weißmalen
bei Totenfeiern verbinden, ließ sich nicht immer in Erfahrung bringen. Es
wurde berichtet, daß bei bestimmten Kategorien von „schlimmem Tod“ bzw.
Blut-Tod, ametsiava oder evuku genannt, dem Leichnam das Gesicht, der
Oberkörper und die Arme mit weißer Tonfarbe bestrichen wurde54. In dieser
Form wurde er außerhalb des Dorfes in einer speziell für das Totenritual
errichteten Hütte aufgebahrt, und alle mit der Totenfeier verbundenen Zere-
53 Manche, nicht alle Informanten gaben an, die Verwendung von Tonstein für die
Herstellung von Körperpuder sei die älteste Verwendung überhaupt. Vielleicht ist
damit gemeint, der Puder sei nicht zu kosmetischen Zwecken benutzt worden. Alle
Informanten sagten nämlich, das Weißmalen des Körpers sei noch älter.
54 Es ist mir nicht bekannt, ob in der älteren Ewe-Literatur Angaben über die Ver-
wendung von weißer Farbe bei Unfalltod vorhanden sind.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
31
monien spielten sich dort ab. Die Trauernden, unter ihnen die ebenfalls weiß
bemalten engen Angehörigen, durften das Dorf während der /tägigen Trauer-
periode nicht betreten. Entscheidend für diese Behandlung war die Einord-
nung als ametsiava. In diese Kategorie fielen alle Toten, die durch Unfälle
oder auf unerklärliche Weise ums Leben gekommen waren, also beispiels-
weise55:
1. Durch Unfälle irgendwelcher Art ums Leben gekommene Menschen; hier
wurde gradmäßig unterschieden nach Art des Unfalls;
2. Durch Kampfhandlungen, auch Streitfälle oder Mord, ums Leben gekom-
mene Menschen;
3. Durch magische Weise Getötete;
4. Im Kindbett verstorbene Frauen, d. h. Frauen, die innerhalb der ersten
8 Tage nach der Geburt eines Kindes starben. Trat der Tod nach Ablauf
dieser Zeit ein, so stand, nach Vorstellung der Anfoe-Ewe, die Todesur-
sache in keinem Zusammenhang mit der Entbindung. Der Leichnam der
Frau wurde dann als „guter Toter“ behandelt.
Die Einordnung einer im Kindbett verstorbenen Frau als ametsiava be-
ruht auf der Vorstellung der Anfoe-Ewe, daß dies das in der vorgeburt-
lichen Existenz festgesetzte Schicksal, ghetsi, der Frau sei.
Die wichtigste Erklärung für das Weißmalen von Unfalltoten ist, die weiße
Farbe diene als Unterscheidungsmerkmal von guten und schlimmen Toten in
der „anderen Welt“, der Welt der Ahnen, in die die Verstorbenen einkehren.
Allerdings kehren Unfalltote nicht immer in die Welt der Ahnen ein; oft
existieren sie als Hexen in der irdischen Welt fort.
Die Vorstellungen über die Besonderheiten des Unfalltodes können hier
nicht erläutert werden. Festzuhalten ist, daß sie, wenn auch in korrumpierter
und veränderter Form, noch immer lebendig sind. Die Beerdigungsfeiern von
Unfalltoten, vor allem auch für die ständig wachsende Zahl von Verkehrs-
toten, werden auch heute noch anders als die von auf gute, normale Weise Ver-
storbenen behandelt. Zu den hier nicht weiter aufgeführten Regeln gehört das
Weißmalen des Toten und der unmittelbaren Angehörigen.
Magische Zwecke, Verwendung durch Ao-Priester: Manche Ao-Priester
bzw. -Priesterinnen benutzten den Ton zum Weißmalen von Gesicht, Ober-
körper und Armen, bevor sie mit ihrem tro Kontakt aufnehmen. Auch dem
tro gehörende Gegenstände in dessen Schrein sowie der Schrein selbst sind
üblicherweise weiß bemalt. Weiß gilt als bevorzugte Farbe vieler tro; eine
Begründung für diese Vorliebe wurde nicht gegeben.
55 Zu den verschiedenen Kategorien im übrigen Ewe-Gebiet und zu den erbrechtlichen
Folgen der Behandlung eines Leichnams als ametsiava, vgl. Lohse (1970: 317 ff.).
32
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Einsetzen von Häuptlingen, Tanzfeste: Weiße Körperbemalung bei Häupt-
lingskandidaten und bei Tanzfesten wurde beobachtet und berichtet; dazu
wird der weiße Ton aus Anfoega benutzt56.
Tünchen: Die Tonrollen oder auch der Tonsand werden unter Zusatz von
Wasser zu einem flüssigen Tonbrei bereitet, der als Innen- und Außenfarbe
beim Bau und bei der Renovierung von Häusern verwendet wird. Auch
Grenzsteine, Weg- und Hofeinfassungen aus Gründen der Schmückung wer-
den mit Tonweiß getüncht.
Hier gilt analog das über die Aufbereitung des Tons zu kosmetischen und
medizinischen Zwecken Gesagte: das einheimische Produkt wird mehr und
mehr durch industriell produzierte Wandfarbe ersetzt.
Schnitzen von Figuren
Einige junge Männer sind dafür bekannt geworden, den unbearbeiteten
Tonstein zum Schnitzen von Figuren zu verwenden. Als Vorlage dienen die
aus Holz geschnitzten Stockaufsätze oder nach der Phantasie gestaltete Tier-
formen.
Das Schnitzen gilt als Zeitvertreib. Die Figuren werden nicht zum Kauf
angeboten. Über eine etwaige Bedeutung war nichts in Erfahrung zu bringen.
Nach eigenen Beobachtungen finden die Figuren weder im Profanen noch im
christlichen oder nicht-christlichen Religionsritual irgendeine Verwendung.
Essen
Die alle anderen Verwendungsmöglichkeiten überragende Bedeutung des
Tons besteht darin, daß er gegessen wird, und zwar
a) unvermischt, indem man ein Stück abbeißt, kaut und schluckt;
b) als Getränk, aufgelöst in Wasser mit etwas Salz.
Für das weitverbreitete Essen, vor allem durch schwangere Frauen,
(Abb. 7)57 wird keinerlei weitere Begründung gegeben als „es macht Freude,
es bereitet Vergnügen“. Über die natürliche Wirksamkeit wurden keine An-
gaben gemacht. Medizinisch wirksam dürfte der Kaolinit sein — gegen Übelkeit
und Durchfall wird als Medikament reiner Kaolinit gegeben.
56 Die Hintergründe dieser Sitte habe ich nicht erforscht.
57 Vermeers Vermutung, die Vorliebe schwangerer Frauen für den Tongenuß sei auf
die Formanalogie der Rollen mit Eiern zurückzuführen, wird durch meine Unter-
suchungen nicht bestätigt. Einmal bezweifle ich, daß eine Formanalogie bei der
Herstellung der Rollen beabsichtigt ist; zum anderen, sollte sie vorhanden sein,
müßte die Assoziierung mit Eiern schwangere Frauen vom Essen der Rollen ge-
radezu abhalten und es nicht, wie Vermeer schreibt (a.a.O., S. 70), wegen der bei
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
33
Äbb. 7. Schwangere Frau beim Essen einer Tonrolle
Die Nachfrage nach dem Ton, die zu der zu beobachtenden ständig stärker
werdenden Ausweitung des Handels führt, beruht allem auf dem Verwen-
dungszweck des Essens. Dabei wurde gesagt, der früher übliche nigerianische
Ton, kalaba, sei nicht gegessen, sondern nur als Puder (Farbe) benutzt
worden. Heute sei jedoch, neben dem Gebrauch für das Totenritual, das Essen
der wichtigste Grund, warum die Tonrollen gekauft würden.
Eine besondere Ursprungsgeschichte sowie das Alter des Essens von Ton
waren nicht bekannt58.
den Ewe mit Eiern verbundenen Vorstellungen von langem Leben, Fruchtbarkeit,
Gesundheit und Wohlergehen fördern.
Eine Formanalogie ist nämlich die Begründung für ein traditionelles und auch heute
häufig beachtetes Nahrungstabu bei den meisten Ewe: Eiergenuß wird während der
Schwangerschaft gemieden. Der Bruch des Tabus führt nach traditioneller Auffas-
sung zur Geburt eines Kindes mit eiförmigem Kopf. Diese Kopfform, vermutlich in
den meisten Fällen eine durch den Geburtsvorgang hervorgerufene temporäre De-
formierung und sicherlich nur selten pathologischen Ursprungs (Makrozephalie),
führte früher zur baldigen Tötung des Neugeborenen.
58 Vgl. Vermeer, a.a.O., S. 71: „ . . . suggest the custom of geophagy among the Ewe
is old, its origins now lost in antiquity.“ An anderer Stelle, a.a.O., S. 57, heißt es
jedoch: „Although the quantity of clay produced, marketed and consumed is con-
3 Baessler-Archiv XXVI
34
Bendt, Weißer Ton in Südost-Ghana
Außer- oder übernatürliche Beziehungen der Sitte des Tonessens sind nach
dem gegenwärtigen Informationsstand nicht rekonstruierbar59.
Das Trinken des aufgelösten Tons gilt als besonders wirkungsvolles Mittel
bei Herzschmerzen oder Herzbeschwerden. Was unter diesen Begriffen ver-
standen wird, kann nur schwer beurteilt werden. Das Ewe bietet nur be-
grenzte sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten für die Lokalisierung von
Schmerzen auf bestimmte innere Organe. Bei einer Ausdrucksweise wie „Herz-
schmerzen“ kann es sich daher um eine ganze Anzahl von als schmerzhaft
oder unangenehm empfundenen Körperreaktionen im Bauch- oder Brust-
raum handeln60.
Eine weitere Begründung für das Essen des Tons ist: Wirksamkeit bei
Speichelfluß während der Schwangerschaft, Übelkeit; Wirksamkeit bei Durch-
fällen, sogar bei Cholera.
siderable, no record of this geophagical practice among the Ewe was found in the
literature.“
59 Die Umschreibung einer Umweltsbeschaffenheit mit Begriffen wie „übernatürlich,
außernatürlich“ ist selbstverständlich als vom westlichen Wissenschaftsdenken ge-
prägte Formulierung zu verstehen. Eine Terminologie, die die traditionelle Vor-
stellungswelt der Ewe angemessen umschreibt, ist mir in diesem Zusammenhang
nicht geläufig.
60 Genauere linguistische Untersuchungen zur medizinisch-physiologischen Terminologie
des Ewe könnten hier allerdings neue Erkenntnisse bringen. Zu bemerken ist jeden-
falls, daß eine Reihe von pharmazeutischen Herzpräparaten Kalzium enthalten.
Vgl. zum ernährungsphysiologischen Wert des Tonessens die Angaben bei Vermeer,
a.a.O., S. 66 ff.
LITERATURHINWEISE
35
Apeldoorn, G. J. van
1972 Markets in Ghana, A Census and some Comments, vol. 2: Regions in
the Southern Half of Ghana. Technical Publication Series no. 17,
Institute of Statistical, Social and Economic Research, University of
Ghana. Legon.
Asamoa Ansa
1971 Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Ewe-Bevölkerung in Südost-
Ghana. Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde zu Leipzig,
Heft 22. Berlin.
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1970 A Geography of Ghana, 2nd. ed. Cambridge.
Dehrunner, Hans W.
1961 Witchcraft in Ghana, A Study on the belief in destructive witches and its
effect on the Akan tribes, 2nd ed. Accra.
Dzoho Noah K.
1976/1977 Asigbe woeletigbale, 1976 und 1977 (Markttag-Kalender, 1976 und
1977). Printed by Presbyterian Press Accra. Accra.
Lohse, Wulf
1970 Das Eigentum bei den Ewe, Ein ethnologischer Beitrag zur westafrika-
nischen Rechtsgeschichte des 19. Jahrhunderts. Hamburger Reihe zur
Kultur- und Sprachwissenschaft, Bd. 4, München.
Vermeer, Donald E.
1971 Geophagy among the Ewe of Ghana, in: Ethnology, vol. IX, no. 1,
56—72.
Mit Unterstützung des Instituts für den Wissenschaftlichen Film (IWF) Göttingen hat
die Verfasserin einen 16-mm-Schwarz-Weiß-Film zum Thema Tonabbau in Bume ge-
dreht. Die Endfassung wird frühestens 1979 herauskommen.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
:37
MISZELLEN
ZUM ÄGYPTISCHEN AMULETTWESEN
PETER W. SCHIENERL, Wien
A. Dolch und Schwert
Schiefer- oder Sandsteintafeln unterschiedlichen Formats mit eingravierten
Texten, magischen Charakteren und bisweilen sogar mit bildlichen Darstel-
lungen dürften noch zu Beginn dieses Jahrhunderts im ägyptischen Amulett-
wesen eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben. Einige sehr schöne Bei-
spiele für Amulette dieser Art aus der beachtlichen Amulettsammlung des
Ethnographischen Museums in Kairo wurden bereits publiziert (Kriss II,
Tafeln 20 — 22). Auch andere Publikationen über den Volksglauben in islami-
schen Ländern behandeln derartige Amulettsteine aus Ägypten (z. B. Zwemer
1920: Tafel vor p. 54 und p. 204), und eine Anzahl solcher Steintäfelchen,
die von Enno Littmann in Ägypten gesammelt worden sind, dienten Winkler
als Quelle zu seiner grundlegenden Studie über magische Zeichen im islami-
schen Zauberwesen (Winkler 1930).
Unter den bildlichen Darstellungen, die auf diesen Steinamuletten festzu-
stellen sind, tritt uns am häufigsten der Skorpion (Zwemer 1920: Tafel vor
p. 54; Kriss 1962: Tafel 20, 22), aber auch die Schlange (Winkler 1930: Ta-
fel 2, Nr. 1 u. 3; Kriss 1962: Tafel 21 )entgegen. Auf einem der Amulett-
täfelchen jedoch ist ein Dolch eingraviert (Winkler 1930: Tafel I, Nr. 6), und
diese Darstellung soll Gegenstand unserer Untersuchung sein.
In der Erläuterung zu diesem letztgenannten Steinamulett vertritt Winkler
(1930: 171) die Ansicht, daß die Dolchabbildung als Hinweis dafür anzu-
sehen sei, daß der Träger dieses Amulettes vor Schaden durch Waffeneinwir-
kung geschützt werden solle. Angesichts der übrigen bildlichen Darstellungen
auf den Steintäfelchen scheint zunächst eine derartige Interpretation des
Dolchamulettes durchaus vertretbar zu sein. Denn es darf ohne Zweifel ange-
nommen werden, daß die Abbilder von Schlangen und Skorpionen auf die-
sen Amuletten Schutz vor Bissen dieser Tiere gewährleisten sollten; ein
Schutz, der — wie wir noch später erörtern werden — allerdings nur unter
gewissen Voraussetzungen wirksam werden konnte. Eine analoge Wirksam-
keit des Dolchabbildes vorausgesetzt, müßte das Täfelchen tatsächlich Schutz
38
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
vor Waffeneinwirkung bieten, wobei der Dolch stellvertretend für Waffen
aller Art aufzufassen wäre.
Doch wird bei einer derartigen Interpretation das Wesen der Zauberkraft
dieser Amulette vielleicht etwas zu oberflächlich betrachtet, und es wird ein
fundamentaler Unterschied außer acht gelassen, der zwischen der Bedrohung
durch Schlangen und Skorpione einerseits und der durch Waffen andererseits
besteht. Muslimischer Tradition gemäß können Geister auch das Aussehen von
Skorpionen und Schlangen haben (Kriss 1962: 15; Westermarck 1935; 12).
Ebenso wie die Kenntnis eines Geisternamens Schutz vor Schäden durch den
Dämon dieses Namens gewährleistet, stellt auch das Abbild eines übelge-
sinnten Geistes auf einem Amulett ein Machtverhältnis des Trägers eines sol-
chen Schutzmittels gegenüber dem dargestellten Dämon her. Dieser Mechanis-
mus ist offenbar bei den oben erwähnten Schiefertäfelchen, auf denen Schlan-
gen oder Skorpione abgebildet sind, wirksam.
Ein trotz des Amulettes erhaltener Schlangenbiß oder Skorpionstich beweist
daher für den Träger nicht etwa die Wertlosigkeit des Amulettes, sondern
lediglich die Tatsache, daß es sich in diesem speziellen Falle nicht um einen
Dämon in Tiergestalt — gegen den ja das Amulett gerichtet war —, sondern
um einen echten Skorpion oder eine wirkliche Schlange gehandelt habe. Diese
Unterscheidung ist meines Erachtens sehr wichtig und wird üblicherweise zu
wenig beachtet. Derartige Amulette sind demnach nicht als Schmutzmittel ge-
gen „Skorpione und Schlangen“ — wie dies zumeist formuliert wird — an-
zusehen, sondern dienen einzig und allein als Schutz vor Dämonen, die
diese Gestalten angenommen haben. Daß in der Praxis diese Unterscheidung
nur sehr schwer zu treffen ist, hängt vor allem damit zusammen, daß erst
nach Eintreten des Unglücksfalles der eigentliche Beweis über die Natur eines
Skorpions oder einer Schlange erbracht werden kann. Aber, die Existenz von
Dämonen in Tiergestalt und die magische Wirkungskraft eines Namens oder
Abbildes des Geistes vorausgesetzt, entbehrt dieses Schutzsystem keineswegs
der Logik.
Doch wie verhält es sich nun mit dem Dolch, der auf einem der Amulett-
täfelchen zu sehen ist? Zweifellos gibt es im Islam auch die Vorstellung von
beseelten Waffen, wie etwa die vom Schwerte Alis. Aber vom Dhü 1-faqär
(Mittwoch 1965: 233) droht ja dem Gläubigen keine Gefahr. Zudem handelt
es sich bei der abgebildeten Waffe nicht um ein Schwert, sondern um einen
Dolch. Winkler, der bei der Deutung dieses Amulettes einen ähnlichen Mecha-
nismus anzunehmen scheint, wie er bei der magischen Wirksamkeit von Skor-
pion- und Schlangenabbildungen festzustellen war, folgert also, daß das Dolch-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
39
amulett vor Waffen schütze, wobei der Dolch als Symbol für alle Waffen
stehen soll.
Wenn diese Interpretation des Dolchabbildes richtig wäre, ergäbe sich aber
ein krasser logischer Fehler innerhalb des Amulettsystems, der umso unwahr-
scheinlicher ist, als auch der Aberglaube zwar vielleicht von anfechtbaren
Prämissen ausgeht, aber in der Folge ebenso konsequent den Regeln der Lo-
gik folgt wie jedes andere Gedankengebäude auch. Denn, wie wir gesehen
haben, sind Amulette mit der Darstellung von gefährlichen Tieren gegen
übernatürlich gedachte Gefahren, nämlich gegen die Geister gerichtet, die
diese Gestalten angenommen haben. Doch die Bedrohung durch ein Waffe
stellt keine übernatürliche Gefahr dar, sondern ist sehr irdisch bedingt: Die
Waffe ist kein Dämon, und der, der sie führt, zumeist auch nicht. Als einzig
logisch vertretbares Schutzmittel gegen die Einwirkungen von Waffen ist ein
Amulett vorstellbar, das das Eingreifen einer positiven Macht zur Folge hat,
die entweder den Schlag von vorneherein verhindert, also den Gegner be-
schwichtigt oder kampfunfähig macht, oder den Angriff fehlleitet. Auf diesem
letztgenannten Prinzip, das sich grundlegend von jenem unterscheidet, das bei
den Tierdarstellungen festzustellen war, beruht die Wirksamkeit jener weit-
verbreiteten Amulette, die vor Flintenkugeln, Schwertstreichen usw. schützen.
Die reale, natürlich bedingte Gefahr wird in solchen Fällen durch das Ein-
greifen einer übermenschlichen Macht beseitigt.
Damit ist aber hinlänglich bewiesen, daß die Abbildungen von Schlangen und
Skorpionen auf den ägyptischen Steinamuletten nicht zu einer analogen Er-
klärung der Dolchdarstellung herangezogen werden dürfen. Im ersteren Fall
handelt es sich um Bedrohungen durch überirdische Mächte, die man dadurch,
daß man ihr Abbild besaß, in menschliche Abhängigkeit gebracht und un-
schädlich gemacht hatte, die Waffe jedoch symbolisierte eine rein irdisch be-
bedingte Gefahr, die — da unbeseelt — durch das bloße Abbild z. B. eines
Dolches keinesfalls wirkungslos gemacht werden könnte. Die zweifellos vor-
handene Amulettwertigkeit des Dolches ist somit anderswo zu suchen.
Angesichts der vielfältigen Beziehungen zwischen dem islamischen Amulett-
wesen und dem jüdisch-orientalischen Brauchtum, die sich einerseits mit ihren
gemeinsamen Wurzeln, andererseits mit dem jahrhundertelangen Nebenein-
anderleben von Angehörigen beider Religionsgemeinschaften erklären lassen,
erscheint es nicht abwegig, Parallelen aus dem jüdischen Amulettwesen zur
Erklärung von Phänomenen des islamischen Volksglaubens heranzuziehen.
Schwerter, Dolche und deren Abbilder scheinen eine nicht unbedeutende Rolle
im jüdischen Amulettwesen zu spielen. Der Katalog einer kürzlich veranstalte-
40
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
ten Wanderausstellung in den Vereinigten Staaten, die dem Aberglauben
und Amulettwesen der Juden gewidmet ist (Josephy 1975), nennt zumindest
drei Objekte, die alle zum Schutz von Kindern dienen sollen und für unsere
Frage von Interesse sind;
Nr. 201 ist eine Farblithographie aus Algerien, die als ein Geburtsamulett
bezeichnet wird und die Abbildung eines Schwertes zeigt.
Nr. 202 ist ein Halsgehänge, das vielleicht aus Kurdistan stammt und dessen
Hauptstück aus zwei Schwertnachbildungen aus Silberblech besteht. Die beiden
Miniaturschwerter werden durch eine Anzahl von Korallenperlen und zwei
kugelige Silberschellen voneinander getrennt. Beide Schwerter sind mit ein-
gravierten hebräischen Buchstaben versehen, die den Amulettcharakter dieses
Schmuckstückes noch erhöhen.
Nr. 203 ist eine längliche Silberplatte mit abgeschnittenen Ecken. Die Vor-
derseite dieses aus Persien kommenden Amulettes ist vergoldet und trägt außer
eingravierten Texten im Zentrum den hebräischen Buchstaben Shin, der recht
häufig an Stelle von apotropäischen Händen gezeichnet wird. Zwei Dolche
(Josephy: swords) flankieren den Buchstaben. Die Rückseite der Amulettplatte
zeigt ein „magisches Quadrat“, das aus vier Zeilen von jeweils neun Zellen
zusammengesetzt ist. Die 36 Zellen sind mit hebräischen Buchstaben ausgefüllt.
Das „magische Quadrat“ kann als ziemlich sicherer Hinweis darauf angesehen
werden, daß das Amulett mit dem Geburtsaberglauben zusammenhängt (s.
Abschnitt B).
So sind von den drei Amuletten, die durch Schwert- oder Dolchdarstellungen
gekennzeichnet sind, eines mit Sicherheit (Nr. 201), ein weiteres mit großer
Wahrscheinlichkeit (Nr. 203) als Geburtsamulette zu verstehen. Das dritte
Amulett (Nr. 202), dessen Text zwar nur allgemeinen Schutz für den Träger
gewährleistet, kann somit in ähnlicher Weise interpretiert werden, weil es ja
gleichfalls für ein Kind gedacht war.
Die hauptsächliche Gefährdung bei der Geburt und während der ersten
Lebensjahre eines Kindes rührt vom Neid einer Kindbettdämonin her, die
bereits im alten Orient gefürchtet und unter den verschiedensten Namen mit
magischen Mitteln bekämpft worden ist. Bei den Babyloniern trug sie den
Namen Labartu (Kriss 1962: 24) oder Lamasu (Josephy 1975: 65), die Assyrer
nannten sie Lilatu, und unter dem Namen Lilith war sie bei den Juden ge-
fürchtet. Auch im islamischen Ägypten, wo der weibliche Dämon, der das
Leben der Kinder in Gefahr brachte, unter dem Namen Qarina oder euphe-
mistisch Umm as — sibyän (Mutter der Knaben) bekannt ist, versucht man mit
magischen Mitteln dem Wirken dieser Kindbettdämonin Einhalt zu gebieten.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
41
Eisen spielte bei den Juden eine bedeutsame Rolle, wenn es galt, das Leben
von Kindern vor Lilith zu schützen. Die Tatsache, daß die Dämonin bereits zu
einer Zeit gefürchtet war, als das Eisen noch unbekannt war, führte dazu,
daß beim ersten Auftreten dieses Metalls dem neuen, zunächst unerklärlichen
Stoff wegen seiner Seltenheit und seiner geheimnisumwobenen Herstellungs-
weise ein besonders hoher Amulettwert beigemessen wurde (Frazer 1922;
296 f.) und Eisen auch gegen die kinderraubende Dämonin verwendet worden
ist. Diese Bedeutung des Eisens im magischen Kampf gegen Edith hat sich
sodann in jene Zeiten hinübergerettet, in denen das Metall keineswegs mehr
selten oder geheimnisvoll war, sondern nur mehr als ein alltäglicher Werkstoff
empfunden wurde. Diese einstmalige Hochschätzung des Eisens hat sowohl im
jüdischen als auch im islamischen Amulettwesen seine Spuren hinterlassen.
Es steht fest, daß auch heute noch das Eisen als besonderes Schutzmittel
gegen das Wirken der Lilith von den Juden gewertet wird. Hufeisen und
andere Amulette aus Eisen gelten bei ihnen als Dämonen abwehrend (Josephy
1975: 67), doch am wichtigsten sind das Schwert und der Dolch, deren wesent-
lichste Teile ja aus dem unheilabwehrenden Metall verfertigt sind. So schützt
zum Beispiel der mit einem Elsenmesser gezogene Kreis den darinnen Stehen-
den vor allen bösen Dämonen, eine Vorstellung, die bei den osteuropäischen
Juden bei der Geburt eines Kindes dazu führte, daß um das Bett der Ge-
bärenden ein Kreis auf dem Boden eingeritzt wurde (Josephy 1975: 56). Auch
der Brauch, einer Frau nach ihrer Niederkunft ein eisernes Messer unter den
Kopfpolster zu legen (Josephy 1975; Nr. 202), und der Glaube, daß am Vor-
abend der Beschneidung das Beschneidungsmesser unter den Kopfpolster der
Mutter des Knaben gelegt werden muß, weisen in die gleiche Richtung; Eisen,
besonders in der Form von Schwertern und Messern wird als wirksames
Mittel im Kampf gegen die kinderraubende Dämonin betrachtet. Abbildungen
dieser Objekte, die an Stelle der echten Eiseninstrumente treten, sind — wie
wir schon ausführten — im jüdischen Amulettwesen vor allem zum Schutz von
Kindern, die ja den Nachstellungen der Lilith ausgesetzt waren, verwendet
worden.
Aufgrund der eben angeführten Tatsachen kann nunmehr kein Zweifel mehr
bestehen, daß Schwerter und Messer ihres Grundstoffes wegen im jüdischen
Amulettwesen Verwendung fanden und daß es insbesondere die Dämonin
Lilith war, gegen die derartige Amulette angewendet wurden. Doch wie ver-
hält es sich im islamischen Amulettwesen?
Auch im Islam herrscht die Vorstellung vor, daß Dämonen das Eisen fürch-
ten, (Zwemer 1920: 174; Westermarck 1935: 15), und gegen die Kindbett-
dämonin gerichtete magische Praktiken, wie sie uns bei den Juden begegneten,
42
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
finden sich auch im islamischen Brauchtum wieder. So werden in Marokko
etwa Messer unter das Kopfkissen von Kranken gelegt (Frazer 1922: 298;
Zwemer 1920: 136), um Geister zu vertreiben. Doch wollen wir uns hier nur
darauf beschränken, einige Beispiele anzuführen, die zeigen, daß auch im
islamischen Ägypten dem Eisen eine bedeutsame Rolle als magisches Schutz-
mittel für Kinder beigemessen wird.
Zunächst ist in diesem Zusammenhang das hazzäqa-Amulett zu nennen, das
zwar heute sehr häufig auch aus Kupfer oder Silber hergestellt wird, aber
ursprünglich aus Eisen geschmiedet sein mußte (Bachatly 1931: 183 ff.; Kriss
1962: 45). Es ist für Kleinkinder bestimmt, um sie vor Durchfall und Magen-
verstimmungen zu schützen. Der Tradition nach sollte dieses Amulett, das die
Gestalt einer Doppelspirale aufweist, von einem Schmied verfertigt werden,
in dessen Familie das Schmiedehandwerk seit sieben Generationen geübt wor-
den ist. Ein im Museum für Völkerkunde in Wien befindliches Eisen-hazzäqa
(Inv.-Nr. 158.110), das aus Kairo stammt, ist zusätzlich mit hellblauer Farbe
bestrichen, deren Amulettwertigkeit ja hinlänglich bekannt ist. Die Tatsache,
daß das hazzäqa für Kleinkinder bestimmt ist, und der Umstand, daß ur-
sprünglich ausschließlich Eisen zur Herstellung des Amulettes verwendet
wurde, zeigen, daß dieser Amulettyp mit jenen magischen Schutzmitteln ver-
wandt ist, mit deren Hilfe man das kinderfeindliche Wirken der Qarlna zu
neutralisieren suchte.
Auch bei einem anderen, gleichfalls für Kinder bestimmten Amulett ist die
Herstellung aus Eisen eine wichtige Voraussetzung für dessen Wirksamkeit. Es
handelt sich dabei um ein Paar einfacher Fußreifen, deren Enden nach außen
zu einem Ring gebogen sind. Wie bei den eisernen hazzäqa-Amuletten wird
auch bei diesen Fußreifen Wert darauf gelegt, daß der Hersteller aus einer
alten Schmiedefamilie stammt (Kriss 1962: 149). Daß eiserne Fußreifen auch
von Frauen während der Schwangerschaft getragen werden (Kriss 1962; 149),
ist ein weiterer Hinweis darauf, daß dem Eisen im islamischen Amulettwesen
eine ähnliche Bedeutung zukommt wie im jüdischen.
Von höchster Beweiskraft ist in diesem Zusammenhang jene Gruppe von
handgeschmiedeten Amuletten, die Kriss bei einer Zar-Sheikha kennengelernt
hat (Kriss 1962: 155; Abb. 126). Diese durchwegs aus Eisen hergestellten
Amulette werden nur dann verwendet, wenn eine Frau wegen ihrer Unfrucht-
barkeit oder deshalb, weil ihre Kinder kurz nach der Geburt gestorben sind,
eine Zar-Zeremonie veranstalten läßt. Außer einem eisernen Fußreifen, fünf
kleinen Ringen und einem stilisierten Männchen werden ein gleicharmiges
Kreuz und ein kleines Messer aus diesem Anlaß verwendet. Der Form der
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
43
einzelnen Objekte dürfte dabei weniger Bedeutung zukommen als dem Um-
stand, daß ausschließlich Eisen zu deren Fderstellung verwendet wurde. Mit
Ausnahme des Fußreifens werden alle diese eisernen Amulette schließlich dem
zu beschützenden Neugeborenen als magische Schutzmittel in die Kleider
eingenäht.
Die vielfach belegte Verwendung von Eisenstückchen im Zusammenhang
mit den Schreckschalen (Zwemer 1920: 182 f.; Kriss 1962: 126 ff.) ist ein
weiterer Hinweis auf die magische Wirkungskraft, die dem Eisen von den
Muslimen zugesprochen wird.
Wie wir bereits im jüdischen Amulettwesen gesehen haben, kann das Eisen
durch die Darstellung von üblicherweise aus diesem Metall hergestellten Ob-
jekten, vornehmlich durch die Abbildung von Messern und Schwertern, ersetzt
werden. Auch im islamischen Amulettwesen Ägyptens kann dieser Usus beob-
achtet werden. So gibt es z. B. kleine Schwerter aus Silberblech, deren arabische
Texte und islamische Segensformeln beweisen, daß sie für muslimische Frauen
und Kinder bestimmt waren. Es seien hier drei schwert- bzw. dolchgestaltige
Amulette publiziert, die durchwegs aus dem nordägyptischen Raum stammen:
1. (Abb. 1) Das aus Silberblech geschnittene Schwert hat einen geraden
Rücken und eine gekrümmte Schneide. Der kreuzförmige Griffteil endet in
Abb. 1
44
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
einem runden Knauf. Zwei kurze Kettchen, die von zwei Aufhängeschlaufen
ausgehen, werden durch einen Ring zusammengehalten, an dem der Draht
befestigt ist, mit dem das Amulett vermutlich in der Schläfengegend in das
Kopftuch gesteckt worden ist. Ein rautenförmiges Plättchen verziert den
unteren Teil dieses zu einem Haken gebogenen Drahtes. An der Unterkante
des Schwertanhängers sind fünf sphärische Anhängsel zu sehen, die ihrer Form
nach den in Ägypten gebräuchlichen galägll entsprechen, aber wesentlich klei-
ner als die üblichen Anhängsel sind. Die Fünfzahl der Kügelchen und der
Klang, den diese kleinen Schellen beim Tragen verursachen, sind ja bekannte
Maßnahmen zur Abwehr von Dämonen.
Die eine Seite des Amulettes ist mit gravierten Texten und Ornamenten
versehen. Der tramblierte Randdekor (Kalter 1976: 61) ist der gleiche, wie er
auf nahezu allen Zar-Amuletten in Ägypten festzustellen ist (z. B. Kriss 1962:
Tafel 115, 116), und dürfte zumindest in Ägypten magischen Charakter
haben; denn auf nicht amulettwertigen Schmuckstücken tritt dieser Dekor nur
höchst selten auf. Auch das blütenartige Ornament, das die kurze Inschrift
umrahmt, zeigt große Ähnlichkeit mit den stilisierten floralen Motiven, die
von den Zar-Amuletten her bekannt sind. Der Text ist kurz und lautet: Gott
ist sanftmütig (latlf) zu seinen Dienern. Fatlf, einer der asmä’ al husnä
(Gardet 1960: 715; s. a. Abschnitt B), tritt im ägyptischen Amulettwesen recht
häufig auf und wird gelegentlich auch als Basiswort für magische Quadrate
verwendet (Kriss 1962:115). Die staatliche Punzierung, die sowohl auf dem
Schwert als auch auf dem Aufhängerdraht angebracht ist, ermöglicht eine
Datierung um 1938.
2. (Abb. 2) Dieses Amulett weist etwa die gleiche Gestalt wie das zuvor
besprochene. Es ist etwas größer und hat einen leicht konkav ge-
Abb. 2
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
45
krümmten Rücken. Der Griffknauf ist nicht so deutlich hervorgehoben wie bei
Nr. 1. Der wesentlichste Unterschied ist jedoch darin zu erblicken, daß das
Schwert mit der Schneide nach oben getragen wurde, wobei zur Aufhängung
nur eine Metallschlaufe gedient hat. An der Unterkante des Amulettes waren
ursprünglich drei Anhängerschlaufen befestigt, an denen galägil der in Ägyp-
ten üblichen Größe hingen, von denen allerdings nur noch zwei erhalten sind.
Die Vorderseite zeigt keinerlei Dekor, sondern lediglich einen gravierten
Text, der außer der Basmalläh noch die Anrufung yä shäfi (oh Heiler) ent-
hält. Auch dies ist einer der asmä’ al husnä, der „schönen Namen Gottes“,
wird aber weder in der Liste des Ihn Mäga noch in der des Tirmidhi (Kriss
1962: 68 ff.) aufgeführt. Er tritt aber gelegentlich im Zusammenhang mit an-
deren Gottesnamen auf Schriftamuletten auf, wobei die dabei übliche Reihen-
folge yä käfi, yä shäfi, yä häflz, yä amin (Oh Genügender, oh Heiler, oh
Behüter, oh Treuer) lautet (Kriss 1962: 65 und 97). (Auch auf einem der süd-
ägyptischen Zahlenamulette (Schienerl 1976: 118) dürfte dieser Gottesname
gemeint gewesen sein.)
Dieses schwertgestaltige Amulett ist aber nicht aus neuem Silberblech ge-
schnitten worden, sondern ist eines jener seltenen Beispiele dafür, daß un-
brauchbar gewordener Schmuck nicht immer eingeschmolzen, sondern bis-
weilen auch zur Herstellung kleinerer Objekte wiederverwendet wurde. Die
Rückseite des Anhängers läßt Spuren eines gravierten Dekors erkennen, der
in Ägypten vornehmlich auf Armreifen, wie sie in Siwa (Schienerl 1976; 105;
fig. 2) und unter den Stämmen der Westlichen Wüste getragen werden, vor-
kommt. Dieser Umstand ist deshalb bedeutend, weil er die Richtigkeit der
Sammlerangabe beweist, wonach die beiden Schwertamulette in Alexandrien
erworben worden sind.
3. (Abb. 3) Ein in Silber nachgebildeter Dolch mit leicht gekrümmter
Klinge und deutlich davon abgesetztem Griffteil, dessen Ende durch eine
in Filigrantechnik hergestellte Silberperle gebildet wird, ist gleichfalls in die-
sem Zusammenhang zu erwähnen. Die staatliche Punze, die einen Silberfein-
gehalt von 80 Prozent garantiert, zeigt, daß es sich um ein in Ägypten ver-
wendetes Amulett handelt. Im Gegensatz zu den beiden schwertgestaltigen
Amulettanhängern, die horizontal befestigt waren, wurde dieses Dolchamulett
vertikal hängend getragen, wie an der Aufhängerschlaufe zu erkennen ist, die
am Griffknauf befestigt ist.
Es ist bei dieser Gelegenheit noch kleiner Karneol-Amulette zu gedenken,
die die Form von Schwertern mit leicht gekrümmter Klinge haben und ca.
46
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
Abb. 3
1,5 cm lang sind. Auch bei diesen Steinamuletten befindet sich die zur Auf-
hängung dienende Perforation im „Griffteil“, so daß die Karneolschwerter in
ähnlicher Weise getragen wurden wie der zuletzt erwähnte Silberdolch. Ein
Exemplar dieses heute sehr seltenen Steinamulettes befindet sich in einer deut-
schen Privatsammlung. Zu der Amulettwertigkeit der Form tritt bei diesem
Amulett noch die magische Kraft des Karneols, die durch zahlreiche andere
ägyptische Amulette aus diesem Material hinlänglich bewiesen ist (Hildburgh
1915: 179, Plate N; Kriss 1962: 39 ff.).
Auch für die Abbildung eines Schwertes auf Papieramuletten gibt es Par-
allelen im islamischen Amulettwesen. Der Schutzbrief mit den Salomonischen
Eiden (Kriss 1962: 110 ff.) zeigt das berühmte Schwert Alis, den dhü 1-faqär.
Es ist zwar anzunehmen, daß diese spezielle Schwertform (zweispitzig) im
Volksglauben eine gesonderte Stellung einnimmt, doch ist vermutlich das
Vorkommen des Schwertes auf einem primär gegen die Qarlna gerichteten
Amulett-Druck in diesem Fall wohl einer gewöhnlichen Schwertdarstellung
gleichzusetzen. Etwaige darüber hinausgehende Schutzfunktionen dieses beson-
deren Schwerttyps können aber nicht die Signifikanz überdecken, die der Ab-
bildung eines Schwertes auf einem Amulett innewohnt, das vor dem Wirken
der Kindbettdämonin schützen soll.
ßaessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
47
Das kleine aus Eisen gefertigte Messer, das bei bestimmten Zar-Zeremonien
verwendet wird, wurde bereits erwähnt, (s. o. S. 42), und es soll hier nur noch
auf einen weiteren bemerkenswerten Umstand im Zusammenhang mit dem
ägyptischen Zar hingewiesen werden: Auf einigen der scheibengestaltigen
Silberamulette, die für den ägyptischen Zar so charakteristisch sind, ist ein
Bild der fischgeschwänzten Dämonin als Safina zu sehen, die in ihrer Hand
ein Schwert schwingt. Es ist schwierig, diese Tatsache mit den zuvor ange-
führten Beweisen, daß das Schwert im Kampf gegen Dämonen von magischer
Bedeutung ist, in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen, und es bedürfte
zunächst einer eingehenden Analyse der Zar-Geister, bevor diese Frage zu-
friedenstellend beantwortet werden kann.
Um jedoch wieder zu den Schieferamuletten zurückzukommen, die den Aus-
gangspunkt unserer Betrachtung bildeten, sei zusammenfassend folgendes fest-
gestellt:
1. Der magische Mechanismus, der bei der Darstellung von Schlangen und
Skorpionen auf Amuletten wirksam wird, unterscheidet sich wesentlich von
dem, durch welchen die Dolchdarstellung zur Amulettwertigkeit gelangt.
2. Die Darstellung von Dolchen, Schwertern oder Messern bezieht ihre
magische Kraft aus deren ursprünglichem Herstellungsmaterial: dem Eisen.
3. Eisen ist sowohl im jüdischen als auch im islamischen Amulettwesen eine
wirksame Waffe im Kampf gegen den weiblichen Dämon, der als Lilith oder
Quarina das Leben von Kindern bedroht.
4. Das von Winkler publizierte Dolchamulett dürfte somit nicht ein Schutz-
mittel gegen Waffeneinwirkung sein, sondern muß in den Zusammenhang mit
jenen eisernen oder waffengestaltigen Amuletten gestellt werden, die im magi-
schen Kampf gegen die kindermordende Qarlna (Umm as-sabyän) in Ägypten
Verwendung finden.
B. Ein magisches Quadrat
Eine Reihe von Amulettanhängern und Fingerringen mit eingravierten
Zahlenquadraten ist kürzlich veröffentlicht worden (Schienerl 1976: 110—126).
Als Ergänzung zu diesem in Ägypten aufgenommenen Material sei hier ein
Zahlenamulett publiziert, das sich sowohl seiner Form nach als auch in seinem
textlichen Gehalt von den früher besprochenen Zahlenamuletten unter-
scheidet.
Es handelt sich um eine Silberscheibe von ca. 11 cm Durchmesser, deren
Rand gelappt ist (Abb. 4). Unregelmäßigkeiten in Größe und Form der
48
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
Abb. 4
runden Vorsprünge sowie gelegentlich geringfügige Einschnitte in die eigent-
liche Platte zeigen, daß diese Randgestaltung von Hand durch Schneiden er-
folgte. Von den zwanzig gerundeten Vorsprüngen, deren Breite durchschnitt-
lich 15 mm und deren Höhe ca. 6 mm beträgt, ist der am Scheitelpunkt der
Schmuckplatte befindliche etwas größer (ca. 25 mm breit, aber von gleicher
Höhe wie die anderen), weil an diesem die Aufhängerschlaufe befestigt wurde.
Diese weist einen Durchmesser von innen 13, außen 17 mm auf und besteht
aus einem fast 2 mm starken Silberstreifen, dessen Breite 12 mm mißt. Der
Streifen ist ringartig zusammengebogen, und seine beiden Enden sind an der
Vorder- bzw. Rückseite der Amulettplatte angelötet. Die Aufhängerschlaufe
zeigt an der Innenseite starke Gebrauchsspuren, die vermuten lassen, daß
dieses Amulett als Einzelstück an einer (vermutlich aus Leder geflochtenen)
Schnur getragen worden ist.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
49
Ein mit dem Zirkel gezogener Kreis von 9,8 cm Durchmesser umgibt das
mit Texten und Zahlen versehene Hauptfeld des Amulettanhängers. Der An-
satzpunkt des Zirkels ist noch deutlich in der rechten oberen Ecke des Feldes
C/3 zu erkennen. Der Kreis wurde etwa bei der linken oberen Ecke des magi-
schen Quadrates begonnen und unter zweimaligem Neuansetzen vollendet. Die
Spuren des Absetzens und wieder Ansetzens sind noch klar zu erkennen.
Durch den ständigen Druck, der auf den gravierenden Zirkelarm ausgeübt
wurde, vergrößerte sich allmählich die Distanz vom Zentrum so sehr, daß
jener Punkt, an dem die Kreislinie geschlossen werden sollte, nicht genau er-
reicht worden ist. Selbst der Versuch einer Korrektur im letzten Teil des
Zirkelschlages ist noch deutlich wahrzunehmen.
Der größte Teil der Kreisfläche wird von einem sechzehnzelligen Quadrat
ausgefüllt, dessen Trennlinien zwar mit einem Lineal gezogen sein dürften,
aber insgesamt, besehen unregelmäßig zueinander liegen. Die Felder der
obersten Zeile (A) sind mit eingravierten Worten versehen, die übrigen Zeilen
(B-D) sind mit je vier dreistelligen Zahlen ausgefüllt. Die vier Worte der
ersten Zeile sind so in die vier Felder eingraviert, daß sie im Zusammenhang
gelesen ein Zackenband ergeben, also eine Anordnung zeigen, die als Dekor-
element besonders im südägyptischen Raum eine hervorragende Stellung ein-
nimmt.
Die vier Worte gehören zu den „schönen Namen Gottes“, den asmä’ al
husnä, die im islamischen Amulettwesen eine bedeutsame Rolle spielen. Einer
muslimischen Tradition gemäß hat Gott 99 Namen (Gardet 1960: 714 ff.),
deren Reihenfolge jedoch ebenso wenig festgelegt ist, wie die Namen selbst.
Zwei von Kriss (1962: 68 ff.) wiedergegebene Listen von 99 Namen weichen
stark voneinander ab, und die Kombination dieser beiden in Kairo entstande-
nen Listen umfaßt insgesamt 122 Beinamen. Besonders von den Sufis wur-
den den asmä’ al husnä eine große Bedeutung beigemessen, und es sollen so-
gar 1001 Gottesnamen in Verwendung gestanden haben (Zwemer 1920: 189).
Der in das Feld A/1 eingravierte Gottesname al-qawl wird sowohl in der
Liste des Tirmidhl (Nr. 54 )als auch in der des Ibn Mäga (Nr. 62) angeführt
und bedeutet der Starke. Da jeder arabische Buchstabe einen bestimmten Zah-
lenwert besitzt, kann durch die Addition der Zahlen der numerische Wert
des Gottesnamens gewonnen werden:
a + l + q + w + y= l + 30 + 100 + 6 + 10 = 147
Der im nächsten Feld zu lesende Name al-matln ist gleichfalls in beiden
von Kriss publizierten Listen enthalten (Tirmidhl Nr. 53; Ibn Mäga Nr. 77)
und ist mit „der Feste“ zu übersetzen. Als Zahlenwert dieses Gottesnamens ist
4 Baessler-Archiv XXVI
50
ScKienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
RITT' ” '
a+l+q+r+y+n= 1 + 30 + 40 4- 400 + 10 -)- 50 = 531
zu errechnen.
Al-mänic, der Hindernde, ist gleichfalls ein Name, der in beiden Listen
vorkommt (Tirmidhi Nr. 90; Ibn Mäga Nr. 87). Er tritt auch bisweilen als
Basiswort von magischen Quadraten auf (Ahrens 1922: 160). Der Zahlen-
wert dieses Namens beträgt:
a + l + m + a + n + c= l+ 30 + 40 + 1+ 50 + 70 =192
Der vierte auf dieser Amulettscheibe verzeichnete Name al-qarin ist in
keiner der beiden Namenslisten enthalten. Am besten ist er wohl mit „der
Begleiter“ zu übersetzen (Wehr 1958: 678). Auch dieser Name läßt sich natür-
lich in Zahlen ausdrücken:
a + 1 + q + r + y + n = 1 + 30 + 100 + 200 + 10 + 50 = 391.
Die drei übrigen waagrechten Zeilen (B—D mit insgesamt zwölf Zellen
sind mit dreistelligen Zahlen versehen, so daß sich unter Berücksichtigung der
oben gewonnenen Zahlenwerte der Gottesnamen folgendes Bild ergibt:
4 3 2 1
391 192 531 147 A
530 148 390 193 B
149 533 190 389 C
191 388 150 532 D
Die Wiedergabe der Zahlen erfolgt in der Reihenfolge, in der sie auf dem
Original zu sehen ist, weil die bisweilen angewandte Methode der Umstellung
nach der europäischen Leseweise besonders bei solchen Amuletten, die eine
Kombination von Zahlen und Buchstaben enthalten, erfahrungsgemäß nur
Verwirrung stiftet. Um Verwechslungen auszuschließen, wurden die Zeilen
mit Buchstaben A—D, die Spalten mit Ziffern (1—4) gekennzeichnet.
Die den Zellen des magischen Quadrates eingeschriebenen Zahlen und
Worte stellen somit vier arithmetische Reihen dar, die durch je einen Gottes-
namen bestimmt sind:
147—150 (147 = al-qawl)
190-193 (192 = al-mänie)
388—391 (391 = al-qarin)
530—533 (531 = al-matin)
Die Konstante dieses magischen Quadrates, also die Summe der Zahlen jeder
horizontalen, vertikalen und diagonalen Reihen beträgt 1261.
ßaessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
51
Die äußere Begrenzung des magischen Quadrates wird aus vier Worten ge-
bildet, die so gestreckt geschrieben sind, daß die gerade gezogene Verbin-
dungslinie zwischen zwei Buchstaben jeweils eine Seite des Quadrates dar-
stellt. Der umrahmende Text beginnt am oberen Rand und ist der arabischen
Schreibweise entsprechend in der Richtung gegen den Uhrzeigersinn zu lesen.
Er lautet: Sein Wort ist die Wahrheit und sein ist das Reich (Sure 6, Vers 73:
Versangaben und Übersetzung nach Henning 1960).
Ein weiteres Zitat aus dem Koran ist in zwei Teilen oberhalb und unter-
halb des Zahlenquadrates eingraviert. Der erste Teil ist so geschrieben, daß er
vom Betrachter normal gelesen werden kann, während die unterhalb des magi-
schen Quadrates befindliche Zeile auf den Kopf gestellt ist. Die Übersetzung
lautet: Er läßt das Lebendige aus dem Toten erstehen / und läßt das Tote
aus dem Lebendigen erstehen (Sure 30, Vers 18, nach Henning 1960).
Zur Schreibung der Zahlen und Tetxe ist zu bemerken, daß die Schrift-
züge im Vergleich zu anderen Schriftamuletten aus Metall sehr sorgfältig
graviert worden sind. Wie bei den meisten der früher publizierten magischen
Quadrate aus dem südägyptischen Raum ist die Zahl Zwei als ein nach rechts
offener Bogen wiedergegeben, während die Zahl Drei — im Gegensatz zu vie-
len anderen Zahlenamuletten — hier korrekt mit zwei Häkchen geschrieben
ist.
Angsichts der bisher nur ungenügenden Dokumentation des ägyptischen
Schmuckwesens ist es ratsam, jene Merkmale dieses amulettwertigen Schmuck-
stückes eigens anzuführen, die die Lokalisierung der Amulettplatte in den
südägyptischen Raum rechtfertigen. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt
(Schienerl 1977), umfaßt der — nur behelfsmäßig eingeführte — Be-
griff „Südägypten“ nicht allein Oberägypten und ägyptisch Nubien, sondern
auch weite Teile des sudanesischen Staatsgebietes. Denn erst nach wesentlich
eingehenderen Studien zum Schmuck- und Amulettwesen dieser Region wird
es möglich sein, einzelne Schmuckprovinzen exakt voneinander zu unterschei-
den.
Der gelappte Rand der Silberscheibe ist ein gewichtiger Hinweis auf die
südägyptische Herkunft des Amulettes. Derartige Schmuck- und Amulett-
platten sind im südägyptischen Raum weit verbreitet und zeigen zumeist in
breiten Lettern gravierte kurze religiöse Formeln und Texte. Bisweilen tragen
sie auch eine runde Fassung im Zentrum, in die entweder ein Stein oder eine
Glaspaste (zumeist von roter Farbe) eingesetzt ist. Dadurch werden recht
häufig Teile der Inschrift überdeckt. Eine in Nubien als Einzelstück um den
Hals getragene Amulettscheibe mit gelapptem Rand bildet Elisofon (1964:
Abb. 115) ab.
4*
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
5 2
Ein weiteres Merkmal südägyptischen Schmucks ist die Art der Aufhängung.
Es ließen sich im südägyptischen Raum mehrere Arten von Aufhängungen
feststellen, die vermutlich weniger an bestimmte Objekte gebunden sind, son-
dern Typica bestimmter Schmuckprovinzen innerhalb dieser Region dar-
stellen. Die bei diesem Stück beschriebene Aufhängung, wobei die Aufhänger-
schlaufe aus einem breiten, zu einem Ring gebogenen Silberstreifen besteht,
dessen Enden an der Vorder- und Rückseite der Amulettplatte angelötet sind,
findet sich nur auf Schmuckscheiben aus dem südägyptischen Raum. In man-
chen Fällen wird die breite Aufhängerschlaufe seitlich etwas eingekerbt, um
dem als Einzelstück getragenen Schmuck einen besseren Halt zu geben. Ähn-
lich Einkerbungen finden sich auch auf manchen der in Südägypten getragenen
Amulettbehältnisse.
Wie bereits bei der Publikation der magischen Quadrate auf Fingerringen
und Amulettplatten aus dieser Region festgestellt worden ist, scheinen Amu-
lette dieser Art im südägyptischen Schmuck- und Amulettwesen eine bedeu-
tendere Stellung einzunehmen als im Norden des Landes, wo zwar auch magi-
sche Quadrate als Amulette in Verwendung standen, doch heute nur in rela-
tiv geringer Anzahl nachweisbar sind. Dies mag natürlich auch dadurch er-
klärbar sein, daß sich traditionelle Vorstellungen über die Wirksamkeit magi-
scher Quadrate in den südlichen Gebieten länger erhalten haben als im Delta
und in den Großstädten, wo unter dem Einfluß der Moderne westlicher Prä-
gung einheimische Traditionen allmählich in Vergessenheit geraten.
Als weiteres Argument für die Zuordnung der Silberplatte in den süd-
ägyptischen Raum kann der Versuch angesehen werden, mit Hilfe der Schrift
ein Zackenbandornament herzustellen. Das Zackenbandmotiv findet sich auf
zahlreichen Schmuckstücken aus dem südägyptischen Raum, besonders aber
auf Ohrschmuck, Amulettbehältnissen und Schmuckscheiben. Das Fehlen von
Werkstattzeichen ist auf Schmuckstücken, die im Süden getragen wurden, eher
die Regel als die Ausnahme, was in besonderem Maße für nicht sehr ge-
wichtige Silberobjekte zutrifft. Auch das Fehlen eines staatlichen Punz-
zeichens ist nichts Außergewöhnliches und darf keinesfalls als ein Datierungsbe-
helf verwendet werden, denn bis in die jüngste Zeit sind diesbezügliche ge-
setzliche Bestimmungen nur sehr selten beachtet worden.
Das magische Quadrat ist ursprünglich ein Geburtsamulett gewesen (Kriss
1962: 84), das einerseits die Geburt erleichtern sollte, andererseits aber sowohl
Mutter als auch Kind vor den Bedrohungen durch die gefürchtete Kindbett-
dämonin al Qarlna zu beschützen hatte. Bereits die frühesten arabischen
Autoren, die sich mit den magischen Quadraten beschäftigten, erwähnen diese
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
53
magische Wirksamkeit der Zahlenquadrate und beschreiben auch die Anwen-
dungsweise, durch die derartige Amulette besonders wirkungsvoll wurden
(Ahrens 1917: 221 ff.). Außer dem bekannten budüh-Amulett, das aus den
Zahlen 1 bis 9 gebildet wird und dessen Konstante 15 beträgt, finden auch
wesentlich kompliziertere Zahlenkombinationen Verwendung, wie den ein-
schlägigen Publikationen von Ahrens (1917, 1922) zu entnehmen ist. Sowohl
auf den gedruckten Amulettblättern mit den sog. Salomonischen Eiden (Kriss
1962; 110 ff.) als auch auf handgeschriebenen Amuletten, die der Gebärenden
Schutz bieten sollten, finden sich daher regelmäßig auch Zahlenquadrate
(Shah 1973: 97) oder Quadrate, deren Zellen mit magischen Zeichen ausge-
füllt sind (Blackman 1927: 74).
Wenngleich das magische Quadrat, besonders aber das budüh-Amulett, später
zu einer Art Universalamulett geworden ist, das nicht mehr ausschließlich als
Geburtsamulett verwendet wurde (Kriss 1962; 85), so ist gerade das eben
besprochene Zahlen- und Schriftamulett mit großer Wahrscheinlichkeit als
echtes Geburtsamulett zu betrachten. Denn wesentlich deutlicher als bei den
früher veröffentlichten magischen Quadraten aus dem südägyptischen Raum
wird bei dieser Amulettscheibe die ursprüngliche Anwendung des Amulettes
erfaßbar. Zweifellos ist der oberhalb und unterhalb des Quadrates eingravierte
Text: „Er läßt das Lebendige aus dem Toten erstehen und läßt das Tote aus
dem Lebendigen erstehen“ gerade im Hinblick auf die Verwendung als Ge-
burtsamulett recht passend.
Mit Hilfe dieser beschrifteten Amulettscheibe kann aber auch ein anderes
Zahlenamulett, das bereits früher veröffentlicht worden ist, in seiner Bedeu-
tung geklärt werden. Die rechteckige Silberplatte, die als Nr. 17 der Doku-
mentation (Schienerl 1976: 122) behandelt worden ist, zeigt sechs Zellen, die
mit fünf Zahlen und dem Gottesnamen latif ausgefüllt waren. Die rechte
obere Zelle, die teilweise stark verwischt war, ließ deutlich zweimal die Ziffer
vier erkennen, und durch die Gliederung der übrigen Zellen, die alle drei-
stellige Zahlen aufwiesen, erschien es ziemlich wahrscheinlich, daß auch in die-
sem Feld eine dreistellige Zahl gestanden hatte. Diese Annahme fand vor
allem auch dadurch scheinbare Bestätigung, als die Lage der beiden erkenn-
baren Ziffern der entsprach, die die Hunderter- und Zehnerposten der dar-
unter geschriebenen Zahl einnahmen. Dementsprechend wurde das Zahlen-
quadrat in folgender Weise wiedergegeben:
225
424
262
latif
44.
231
54
Schienerl, Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen
Da sich nach Errechnung der Reihensummen (latif = 129) keine Regel-
mäßigkeiten feststellen ließen, vermutete ich, daß die Amulettwertigkeit der
Schmuckplatte allein auf dem bereits genannten Gottesnamen beruhte und die
übrigen Felder in willkürlicher Weise mit Zahlen gefüllt worden waren, die
keine magische Bedeutung hatten.
Doch unter der Voraussetzung, daß bei der in der rechten oberen Zelle be-
findlichen Zahl keine Stelle fehlt, ergibt sich folgendes Bild:
225 262 44 (531)
424 129 231 (784)
(649) (391) (275)
Wie den in Klammern beigefügten Reihensummen zu entnehmen ist, sind
zwei der Zahlen auch auf unserer Amulettscheibe vertreten. Die Zahl 531 ent-
spricht dem Gottesnamen al-matln, die Zahl 391 dem eigenartigen al qarin.
Da diese beiden Reihensummen an hervorragender Stelle (erste Reihe bzw.
mittlere Spalte) festzustellen sind, kann an der absichtlichen Nennung der bei-
den Zahlen nicht mehr gezweifelt werden, und sie wurden daher auch in dem
später verfaßten Zahlenindex der Dokumentation (Schienerl 1976: 126) an-
geführt.
Die Übereinstimmung der beiden Reihensummen mit dem Zahlenwert der
auf der Silberscheibe eingravierten „Gottesnamen“ al-matln und al-qarln
beweist meiner Ansicht nach auch für das erstgenannte Zahlenamulett den
Charakter eines Geburtsamulettes, der für die Amulettscheibe bereits hin-
länglich bewiesen worden ist.
Damit ist aber auch für die regionale Zuordnung beider Objekte ein zu-
sätzlicher Hinweis gewonnen worden. Denn für beide Amulette konnte bis-
her allein aufgrund äußerer Merkmale die südägyptische Herkunft postuliert
werden. Durch die inhaltliche Übereinstimmung der beiden Zahlenquadrate
ist nun auch die geistige Verwandtschaft beider Amulettypen aufgezeigt wor-
den. Ihre jeweils gesondert festgestellte Zugehörigkeit zum südägyptischen
Raum hat durch den Nachweis ihrer gemeinsamen geistigen Grundlage eine
zusätzliche Untermauerung erfahren.
ZITIERTE LITERATUR
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Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
57
THE ENIGMATIC LADY-
A study of one Benin work
IRWIN L. TUNIS, London
The 46.5 cm high fully sculptured nude, figs. 1, 2, 3, with raised outstreched
arms and open hands is enigmatic. There are only two known examples. The
one which is the gravamen of this paper, and in the Museum für Völkerkunde
Berlin, and the other with its right arm missing and without a plinth in the
National Museum, Lagos.
An examination of the Berlin Museum’s archival materials indicates it was
purchased in 1900 by Felix von Luschan, for the museum, from Webster’s, the
ethnographical specimen dealer, Oxford, England. The work was listed in
Webster’s catalog number 24, “as representative of a queen of Benin.” (Von
Luschan 1919, 305.) The original number was 9794 and the Museum accession
number is III C 10864, both of which appear on the rear side. Webster orig-
inally sent the work along with several others on a consignment basis. Von
Luschan accepted the piece but thought the original asking price of 45.00
pounds sterling to be high. He agreed to pay but attempted to use this high
price as a wedge to drive down the cost of the other items. Subsequently, there
developed a predictable dialogue between the two men. Von Luschan always
complaining of the costs and the seller countering with either: There were
other dealers and collectors who were waiting for the particular work and
would pay a higher price or he, Webster, would, himself, pay a higher price
than he had quoted. The Museum’s bargaining could well have been the result
of Von Luschan using his own and personally borrowed monies to amass the
Benin collection. The sculpture has always been referred to as a Benin work
and from other correspondence in the archives it can be assumed that it
formed a part of the large number of pieces obtained in the British expedition
of 1897.
The Benin or Edo universe is divided into two parts: The real world in
which people live and the other — invisible world. It is in this latter half
where the spirits, deities and supernatural powers reside. Bradbury (1957, 52)
divides it into 4 main categories: Deities who have never been formed as
human beings; spirits of the departed; hero deities associated with natural
features of the environment and personal spirits and powers. There is no
prohibition in the Benin ethic for women to be any of the above.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
59
The deity Obiemwen, mother of Ge, is the mother of all things and is
worshipped with the same sacrifices as to Osa, the chief god and founder of
the universe, and Olokun, the god of the sea (Egharevba, 1971 reprint, 38).
Other deities include Ovia, who is worshipped as part of the Eho festival,
Fig. 2 Fig. 3
Figs. 1, 2, 3. Front, side and rear views of the enigmatic lady “Princess Edeleyo”. The
overall height is 46.5 cm. with a total breadth of 23.5 cm. Museum für Völkerkunde
Berlin, III C 10864.
60
Tunis, The enigmatic Lady
Figs. 4, 4 a. Front and side views of the lyoba or
Queen Mother with nude female court attendants.
According to tradition she resided with her own
court, Eguae-Iyoba, at Lower Uselu. Museum für
Völkerkunde, Berlin III C 8166.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
61
Fig. 5. Oba group with partially clothed female in the rear wearing stylized
hair, cap and holding in her right hand a flat object. The high coral choker
and crossed baldric indicate a person of high rank. Museum für Völkerkunde
Berlin, III C 8164.
and Emotan the market lady, who once saved Obu Ewuare (Egharevba 1971
reprint, 86; 1960, 17). The earth, “Oto” is a female spirit who Egharevba (71,
40) alleges is the most powerful in the world but of a different rank to the
62
Tunis, The enigmatic Lady
Fig. 6. Profile view of a very naturalistic Queen
Mother head except for the very stylized and
strangely located ears. Museum für Völkerkunde,
Berlin, III C 8057.
gods. There also exist in many households personal altars or shrines to the
spirits of departed mothers. Many other myths, tales and legends are re-
counted in the Benin complex but these usually contain strong elements of
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
63
Fig. 7. Semi-nude female with high coral choker,
conical cap and raised forearms. The torso circa-
trices are similar to those employed on the figure
under discussion. Museum für Völkerkunde Berlin,
III C 8057.
64
Tunis, The enigmatic Lady
witchcraft connected to some political struggle. Women are represented
throughout the range of Benin art. They can be found in cast figure group-
ings of themselves (fig. 4), in support of an Oba (fig. 5), individually port-
rayed as the Queen Mother (fig. 6, 7), on various ivories, cult shrines such as
the Altar of the Hand, wood carvings and on other items (Wolf 1970,
201—205, illustrations 1—20). Generally the figures are partially clothed and
where nudes appear it is in a supporting role to the main figure or theme
(figs. 4, 4a). The other fully modeled sculpture of a nude is shown in Charles
Hatton’s paper (1932, 211) and described as “Personnage et Vase”. Recently,
in a 1978 catalog from Sotheby’s (22, 23) this figure reappeared as an auction
offering but was labelled Lower Niger.
There are two Benin wall plaques which depict females: The nude with
the leopard perched upon her left shoulder and its forepaws resting in her
hand (Fagg 1958, 105). The second, which is of two figures, one nude-
supposedly Oba Ohuan, but represented on the bas relief as a male (Von
Luschan 1919, 234 fig. 360; Read and Dalton 1899, plate 14 no. 3).
In one version of the Ohuan tale, (Egharevba 1960, 34), Ohuan then
known as Prince Odogbo was thought to be a female. His father Oba
Ehengbuda (circa 1578—1608) in order to prove that his only son and heir
was a male caused the Prince and his followers to dance naked from Uselu to
Benin City. The crown prince or Edaiken and the others in the procession had
their hair cut short and as a result were termed “Ifieto” or hair curlers. The
other legend alleges Ohuan was a beautiful woman who was childless (Jung-
wirth 1968, 201—204). Ehengbuda learned from one of the palace retainers
how is daughter could be changed into a male. Subsequently, Ohuan was
killed, the necessary sacrifices were prepared and offered and 13 days later
the Prince was awakened as the rightful son. The remainder of the tale agrees
with the Egharevba version. Ohuan who ruled some thirty three years never
raised his mother to “Queen Mother”, who went to live at Ayen. The three
major families of Ayen, family of the Enogie, family of Isi and the family
of Ohogba (Jungwirth) have the right to receive the hand of any animal
which may be killed on their lands (see Bradbury 1973 for comments on the
various Kingship chronologies).
Perhaps the most intriguing oral legend concerns Princess Edeleyo, the
older sister of Obas Ezoti and Olua, all children of Oba Ewuare (c. 1440—
73). Either during Ezoti’s coronation ceremony as Oba or during the Azama
festival the king was assassinated. He was struck with a poisoned arrow in the
forehead. As an act of commemoration the stained beads of Ezoti were used
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
65
as an “Udahae” or headband (Egharevba 1960, 21; Jungwirth 1968, 126—
127). Olua, the second son was asked to become Oba as Ezoti was childless,
(Egharevba 1960, 21 reports the only son of Ezoti was murdered while the
Jungwirth, 127 version is that Ezoti was childless). Fearing the wrath of the
family’s enemies he refused and Princess Edeleyo was asked to reign. After
being invested with the office of Edaiken and on her way to Uselu, the
Edaiken’s official residence, she was struck with a female complaint and died.
Olua then accepted the kingship. As the result of Edeleyo’s death the chiefs
councils resolved that in the future no woman could ever become Oba (Egha-
revba, ibid).
Several facets of the recounted stories concerning Ohuan and Edeleyo fit
the physical characteristics of the sculpture. A comparison of the so called
“Ohuan ‘bronze’ wall plaque” to the full plastique show several similarities.
The plaque depicts two figures in relief, both male. The left larger one seems
to be holding out his left arm to his nude smaller companion, much in the
same gesture an individual would perform if he were introducing two people.
It could very well be Ehengbuda indicating to the populous at large that his
son and heir could inherit. Both figures are nude except for articles of per-
sonal adornment such as bracelets, anklets and the double collar. The hair
styles are similar even to the plaiting down the side of the head. Also the
relief has the fore arms extended forward holding what Von Luschan calls in
the plaque’s caption a broken round rattle. The crossed bandoliers or baldrics
on the full sculpture are not present on the plaque. However, this could be
nothing more than to indicate the nude female was the Edaiken. The lower
leg ornaments of the Prince on the two dimensional work suggest a wire
plaiting which could be correlative to the crossed chest ornaments, collars and
head band of the other. The bow and arrow which is on the sockel could be
mindful of Ohuan’s mother who lived at Ayen. An illustration of the plaque
under consideration is not appended to this paper. However, the similarity
to the nudes of fig. 8 will provide a good vehicle for comparison.
This writer does not believe the two figures represent before and after
versions of the Prince. Both the accepted historical and ethnographical data
demand a different solution. Ohuan was the 20th. Oba of the second period,
reigning from c. 1608—41 (Egharevba 1960, appendix 1; Talbot 1926, vol. I.)
in a time of peace and prosperity, when the kingdom was about at its zenith.
It reached beyond Lagos on the west; northwest as far as Ottun, the area of
the Ekiti Yoruba; and east to the Niger (Bradbury 1973, 48). It was also an
era of strong Dutch influence. The Portugese who traversed the Mina coast
down to Cape St. Catherine, c. 1470—71 (Blake 1941, 5, 6) and entered Benin
5 Baessler-Archiv XXVI
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
67
itself sometime between 1483—86 (ibid, 9) had lost their virtual monopoly, in
the latter reaches of the 16th. century (Ryder 1969, 75). Ryder also believes
the French trade had faded by the 1570’s with the Dutch taking over at
about the end of the century (also see Jungwirth 1968, 292-3). There was also
some trade with the English commencing about 1553 with the voyages of
Windham and others (Ryder 1969; Blake 1941, 282 et seq.). Well known items
of trade included brass, copper, manillas and beads.
It was also the middle or hieratical period of Benin art (Fagg 1963, 33;
Williams 1974, chap. 17) when the highest relief wall plaques were being pro-
duced as wall as the first and second sub-type of the third type of memorial
Oba head (Dark 1973, 7 & 10). Dark has divided the 160 or so known Benin
memorial heads inte 5 types of which the third type is the high collar head
without the flanged base. The sub-type 1 and 2 refer to the number of coral
clusters on each side of the Oba’s cap. Specifically sub-type 1 indicates 2
coral clusters on each side of the cap and a sensitivity of modelling close to
the main works of type 3. Sub-type 2 heads have two coral clusters on the
left side of the cap but only one on the right. Also, according to Dark (10)
it was time when the musketeers and aquamaniles were cast, examples of
which are found in Dark’s work (Musketeers plates 15 & 16; aquamanile
plate 13) as well as many other well known works. There also exists a
fragment of a pendant plaque identified to Oba Ohuan, shown as wearing
the full dress coral regalia and having his outstretched forearms supported
(Dark 1973, 10; ill. 1962, XXX upper portion). The two pieces identified
with Ohuan both show him as a male as well as the more sophisticated
Egharevba related story. Ohuan is remembered according to Jungwirth (1968,
293) as a soft female type king with no interest in war and having good
trade relations with the factors. No mention is made in the oral traditional
history of any heroics performed while as Edaiken to warrant such a work as
the instant sculpture, since it probably was made long after the Ohuan reign.
It is extremely incongruous to represent an Oba, who died childless, but
maintained the empire at or near its zenith, gave the people a time of peace
and prosperity, and died a male, as an altar and shrine figure prior to the
change. The aforementioned representations of Ohuan were probably well
known and if an ancestor figure were to be made they could have been used
Figs. 8, 8 a. Three court attendants wearing the double collar and arm and leg adorn-
ments. They also have very stylized hair with side braids as well as showing fore-
head circatrices, one running the entire length of the nose. The absence of the feet
and arms on the rear view, fig. 8 a., indicates these limbs were probably cast solid.
Museum für Völkerkunde Berlin III C 8755 (see table 1 for chemical analysis).
5*
68
Tunis, The enigmatic Lady
as a reference. Finally, the event is remembered on certain ceremonial occa-
sions by the Ifieto dancing in front of parading dignitaries (Egharevba 1960,
34; Jungwirth 1968, 202).
Culturally the sculpture must also be rejected as representing Oba Ohuan.
Firstly, it does not fit into any of the Bradbury classifications concerning
deities, spirits and supernatural powers. Also, if the work is Benin and an
example of the royal court art then it must be designed to glorify the Oba.
Ben-Amos (1973, 31) thinks ‘bronze’ was specifically chosen because besides
representing Ogun, the god of metal, with his masculine qualities of strength
and sudden violence, it was imported costly and non-natural. Some extremely
subtle and speculative arguments would have to be put forth to creat a “fit”
within this concept.
The Edeleyo tradition perhaps best describes the surface iconography of the
enigmatic lady. The guilloche motif is universal throughout Africa (see Tro-
well, 1965 for a discussion of African Design). Its origin and significance on
the great plenitude of Benin art forms regardless of material can, at this
stage, only be surmised. Dark (1973, 72, 73, plates 16, 79 fig. 200) thinks it
may be representative of intertwined snakes. This is re-echoed by Ben-Amos
(1976) and Thompson (1970). It may be also twisted rope (Dark, ibid), or
entwined birds. The motif cannot be used as either an identifying trait or a
time period indicator. At best, the absence of some form of guilloche could be
indicative of a non Benin work.
The bow and arrow symbol, centered on the front panel of the sockel, when
compared to Von Luschan, 1919, figs. 141, 142 a and 142 b, (which were taken
from the following Berlin Benin works III C 9948, III C 8370 and III C
8206) is identifiable as Benin. The wavy like line which is on the front por-
tion of the arrow shaft could well be the snake. The snakes, other than the
python, are very dangerous because they represent the night people sent to
kill offenders (Ben-Amos 1976, 250). The base or plinth measures along the
bottom edges 14.5 cm. square tapering to the top, which is 13.5 cm. front and
back and 12 cm. along the sides. The overall height of the base is 10 cm.
Other dimensions include the wall thickness of 8 mm. and surface opening
between the feet measuring 2 X 4.5 cm. This opening is the top surface of a
channel 4X4 cm. with a depth of 7 cm., and wall thickness of 3 mm. The
overall inside depth is 7.5 cm. Further there are 6 rings, 3 on front and 3 in
the rear which are integral to the casting. The open channel is a common
feature on Benin sculpture, (figs. 4, 9). It has been suggested the function of
this surface opening is to receive Kola nuts or other libations. If this be the
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
69
case one would expect to find such a device on all altar and shrine pieces. It
is absent on the Oba grouping (fig. 10) and present on the Musketeer (fig. 9).
Kola nuts are the symbol of friendship and sociability. The acceptance of the
Fig. 9. The rectangular shaped hole on the top of the
base is the opening for a channel similar to that of
figs. 1, 2, 3. Museum für Völkerkunde Berlin,
III C 10863.
70
Tunis, The enigmatic Lady
Fig. 10. Side view of an Oba with two nude court retainers. The
female figure in the rear also has a flat object In her right hand,
wears the crossed baldrics and in this case is shown with the
conical cap. One can only speculate that the reason for position
and smallness on the hieratic scale is the total divorcement of the
Oba from the Queen Mother. Museum für Völkerkunde Berlin,
III C 8165 (Table 1).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
71
Kola (Ben-Amos 1976, 245) is acknowledgment of the donor’s position and
authority. To offer the nut to a spirit or deity seems to be the reverse of its
purpose and more than a little presumptions. One wonders if the original pur-
pose of the channel and rings along the base could have been an aid not only
in fastening to an altar but also to assist in carrying the work during certain
festivals or ceremonies. The rings could provide the means of attaching
materials to mask the carrier. Something on the order of Willett’s idea (Wil-
lett 1966, 34, 35) concerning the second burial ceremonies connected with the
Ife heads.
Wristlets and anklets of brass and iron are common and worn especially by
women (Talbot 1926, II 399). The waist band is composed of 18 oval cylin-
drical beads on which 9 thin disks are centered. The larger beads are either
coral or agate (Ling-Roth 1903, 19) and the narrower items perhaps from the
kernel of a nut and were worn usually by women (Dark 1973, 68).
Coral it is believed was introduced during the reign of Oba Ewuare, the
father of Princess Edeleyo, when he went to the palace of Olokun under the
sea and brought them back. Ewuare is also credited with creating the Iwebo
palace association which is responsible for the royal regalia including coral
(Bradbury 1973 reprint, 34, 61). The wearing of beads, especially coral, is a
royal prerogative. To permit a royal princess to bedeck herself with more
than one strand, even though a mark of royalty, in a time of short supply
would not appear to be logical. Whether the waist band is simply an item
favored by women or indicative to royalty is still speculative. Although, the
attendants in front of the Queen Mother (figs. 4, 4 a) are adorned with the
same or a very similar item.
The crossed chest plaitings which also cross in the middle of the back
(figs. 1, 3) and the plaited inner and outer collar are probably brass wire.
Hanging vertically from the inner collar are some 9 Leopards teeth, and the
outer collar is both loose fitting and fastened in the rear with a clasp. The
chest and back pair is indicative of high rank found both on the Oba and the
Queen Mother (fig. 4 a, 5). Perhaps it is a reminder to the viewer of the
Edaiken status of the Princess who was about to be invested with the at-
tributes of holy kingship. Collars of metal, ivory or leather, with leopards
teeth pointing upwards were worn (Read and Dalton 1899, 23; plates XXII
fig. 3, XXIV fig. 3). Read and Dalton aver that such collars may have been
worn as much from superstitious as defense considerations. The teeth indicat-
ing the courage and facility of the leopard. The leopard was a sacred animal
in Benin and stands as the mythological counterpart of the Oba (Ben-Amos
72
Tunis, The enigmatic Lady
1976, 246). Therefore the collar could of itself be a sacred object. The use of
plaited wire in lieu of beads, metal also being subject to royal control, is in-
dicative of not only royalty but also coral may have been still in short
supply.
The headband is either the plaited wire or beads set into a framework of
wire, and very remindful of the death of Ezoti. The scalp adornment is a
tight fitting coral cap as illustrated in Ling-Roth (1903, 20) or a variation of
those caps illustrated by Von Luschan (1919, pp. 149—166), and most especially
fig. 258. It is more probable, the artist chose to depict very stylized hair thus
keeping more attuned to the other body accoutrements and the overall nudity.
This is a hard argument to sustain because the nude attendants in figure 4
appear to be wearing very stylized hair and a cap. There is a bewildering
number of hair styles in West Africa including Benin City. A marked distinc-
tion must always be made between that of the unmarried and married woman
(Johnson 1956 reprint, 125). Although the reference is to the Yoruba, neigh-
bors of the Edo it is thought the same applied in Benin. There is an “Awo-
yoyo” style where the rows can reach 30 to 60 in number. This hair style is
generally worn by members of the royal family including princesses, wives
and new brides (Ogunwale 1972, 44). Both in Ling-Roth (1903, 18) and Von
Luschan (1919, fig. 513) is a reproduction which originally appeared as part
of the account of D.R. in de Bry’s “India Orientalis” circa 1597, Frankfurt
am Main. There has been doubt cast as to the authenticity of the plate (Ling-
Roth, ibid). However, the bottom 8 profiles does give one an idea of what
perhaps could be expected. The small rolled horizontal and vertical hair
patches are not unusual. Similar designs can be found in Benin either on the
plaques (see previous reference to Oba Ohuan plaque; Foreman and Dark
1960, pi. 75—6). The rounded bosses are likely brass cast hair pins into which
are set rounded pieces of coral. This configuration was worn both by the
King’s wives and nobility (Dark 1962, 38). Read and Dalton (1899, 24) allege
cowrie shells of the small white type adorn the head dressings on ‘bronze’
castings. The shells were supposed to have been introduced into West Africa
during the 16th. century from the Indian Ocean by European traders (Read
and Dalton, ibid; Kirk-Greene 1960, 136—7). Unfortunately nothing can be
said for a positive identification. Negatively, it does not represent either the
known particularized hair and cap configuration of the Queen Mother, her
attendants or the Oba’s wives.
The 5 circatrices in the forehead, on each side of the nose, and the 6 on
the body, with a center loop from the navel to the pubic area are construed
as Benin. The practice of body markings reportedly started in the time of
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
73
Oba Ewuare so that a Bini could always be distinguished (Talbot 1926, II,
399). In the 16th. century the Benin cut their body from the armpit to the
groin with three large cuts on both sides and each cut being about one finger
broad (ibid). This was considered a great virtue and conducive to salvation.
The forehead tatooing of 5 cuts on each side is less common. Usually either
3 or 4 are found including the large slash which held the iron rods, closest
to the nose.
The 16th. century introduction of the small white cowrie shell, the partic-
ularized body slashes and the 17th. century introduction of brass wire
(Williams 1974, 277) though not in agreement with the Edeleyo era is
considered not to be fatal to the identification. Rather, this writer feels these
items can be used both as placing the sculpture within the Benin tradition
and as an aid in dating.
The overall nudity is important. Among the Edo both men and women did
not wear clothes until they were married or the Oba granted them license
(Marquart 1913, 6). It was not uncommon to see women in their twenties
going about without wearing any clothing. This was common until the 1920’s
among the Onitsha-Awka Ibo and the northern Edo (Talbot 1926, II 395).
The nudity, straight taut breasts and possible lack of a married woman’s hair
style all indicate the figure is representative of a woman who was unmarried
and childless. There is no mention whether Edeleyo was either married or
childless. Egharevba (1960, 21, 78) the source of the legend only alludes that
Edeleyo died from a female complaint and subsequently the councils enacted
no woman could ever be Oba. Further, she was rich and powerful.
The raised outstretched arms with open hands is a rare posture. There are
many Benin works, including full sculpture, plaques, ivories and wood carv-
ings where the figures are represented with raised forearms, and arms in a
similar position. Almost in all cases where the entire arm is raised the hands
contain either weaponry, other instruments or are self dompting. Those with
the outstretched forearms usually have the underside of the forearm sup-
ported, and the hands may or may not be full. Also figures of this type do
appear without the under arm support. Von Luschan (1919, fig. 586) has an
illustration of a chest plaque, and which is illustrated in Webster’s catalog 29
(1901), on which the single figure’s left arm is raised and empty. The right
arm is damaged and appears to be bent back on itself. Perhaps originally the
right arm was also raised. An ivory armband now in Stuttgart and illustrated
in Von Luschan (1919, fig. 615 c) has carved upon it, among many other
figures and animals, a horse and rider in profile with the upper torso and
74
Tunis, The enigmatic Lady
head in frontal view. The arms are raised and the hands clutch the side of his
very stylized hair.
The plastique is a late creation, and according to the current thinking
would be dated to the late 18th. to early 19th. century. This is almost 300
years after the death of Edeleyo and the first Portugese contacts. The hand
and arm configuration could easily be the result of European influence. The
figure could be performing a similar function as an open handed Christ or
saint in European art similarly depicted. Perhaps the Princess was indicating
her rank of Edaiken but not yet Oba because of the lack of arm support.
Whatever the reason the extended arms open hands with the entire body in a
quasi-contraposto position adds a concept of naturalness and fluidity which
enhance its majesty.
An 18th. century date has been mentioned in the previous paragraph. This
dating is based upon the chronologies of Fagg (1963) and Dark (1973) as well
as the zinc time schedule of Werner (1970). There have been at least 5
attempts to promulgate a Benin chronology beginning with the work of Von
Luschan in 1898 through 1919; Bernhard Struck in 1923; William Fagg in
1963; Philip Dark 1960 through 73 and Denis Williams 1964 through 1974.
The current vogue has moved away from Von Luschan and Struck to the
thinking of Fagg and Dark.
The “sheet anchor” of Fagg’s chronology are the Benin wall plaques to
which he assigned a mid 16th. to late 17th. century date (1963, 33). All works
which appear more natural are called anterior and those more stylized poste-
rior. Dark (1973, chap. 1) also dates the plaques to approximately the same
time. However he, Dark, also examines the surviving brass heads and assigns
them stylistically into 5 major groups and attendant sub-groups. Group 3,
sub-groups 1 and 2 have been mentioned in connection with the Ohuan tale.
Once the temporal position of the plaques and heads are determined the
balance of the works can be dated. In both the Fagg and Dark attempts the
oldest are considered the most naturalistic with an evolvment to the highly
stylized.
Williams (1974, chap. 17) uses a morphological approach and also ties the
dating directly to the plaques. He claims the earliest bas-reliefs were produced
from the end of the 15th. to the beginning of the 16th. centuries. The modern
or hieratical period commenced at the beginning of the 17th., the time of the
legendary Ahammangiwa (the white man who was living in Benin and taught
the casters the art of rounded forms and high relief 2 dimensional brass cast-
ing). That writer does not believe a post mid 17th. century morphology can
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
75
be determined because the sculpture in the round very closed tracked the wall
plaques. Therefore, dating must result from the technical virtuosity of the
casters. The dates upon which 'Williams’ chronology depends have been
recently criticized by Posnansky (1977, 298—99).
Bernhard Struck’s (1923) work is tied intimately to that of Von Luschan
(1898 through 1919). Both of these men also use the plaques as a dating base
for the other works, commencing also about the end of the 15th. or early
16th. centuries. Struck creates 5 time periods between 1140 and post-1897.
The present work would fall into group III c., 1648—91, the so called “post
revival”.
The basis of all the chronologies are the 900 or so bas-relief wall plaques.
The earliest stem directly from European influence and becoming more
elaborate, including higher relief, with the passage of time. Fagg and Dark
consider an Ife-Benin relationship provided the introduction of casting into
Benin during the reign of Oba Oguola (c. 1280—95; Egharevba 1960, App. 1;
Bradbury 1973 reprint, 42).
In an effort to account for the works in a Benin related style but which
“seem to have a grotesque and imaginative character inconsistent with a Benin
city origin.” (Fagg 1964, 48), the mysterious and shadowy “Lower Niger”
style was invented. The recent writings of Babatunde Lawal (1977, 193—216);
René Bravmann (1973); A. F. C. Ryder (1965, 25—37); Merrick Posnansky
(1977, 287—300) and others point out some of the difficulties and weakness of
assumptions concerning the existing chronologies.
Spectrographic analysis of the Benin collection in Berlin was reported by
Werner in 1970 (138—51). In that paper, the author (133—34) proposes a zinc
time scale of Benin alloys using the aforementioned chronologies of Fagg and
Dark. The high zinc content of the work (22 °/o head and 28 % sockel) places
the figure at the beginning of the late style, a possible transition piece, be-
tween the middle of the 18th. to the beginning of the 19th. centuries. The
alloy content is quite different from the Ife heads (Barker 1965, 23—4;
Werner & Willet 1975, 151). The heads which are almost all brasses display
a lower zinc significantly higher lead, antimony and arsenic and lower nickel
contents. Werner and Willet try to sustain (1975, 141—56) an Ife-Benin
relationship from the brass alloy contents of the works produced in each place.
Those writers argue the zinc to lead ratio between ore and alloy remains
constant or nearly so. If one dilutes a lead and zinc rich brass with copper the
absolute values of both elements are reduced but their ratio does not signifi-
cantly change. The authors therefore conclude that at some time or other Ife
76
Tunis, The enigmatic Lady
brass found its way to Benin where it was mixed with copper on hand. This
copper was higher in nickel and antimony content and lower in arsenic than
the Ife materials. The resultant mixture retained the same zinc to lead ratio.
The ratio of the Ife piece varies form 0.73 to 3.36. The instant sculpture
varies from 10.3 to 11.0. This gross discrepancy is of itself not necessarily
contradistinctive to the above. The time period to which Werner and Willet
referred was the 16th. and 17th. centuries, the time when the greatest number
of the wall plaques were produced and when Benin enjoyed a florescence with
the Portugese impact bringing new ideas and forms and making brass plentiful
(Dark 1973, 7). If the Benin work is later, doubtless the Ife supplies were
exhausted and European factors probably supplied the casting metal. One
could not expect harmony between the two sets of numbers.
Brass was produced in Europe until the 18th. century by cementation of
zinc into copper in the reduction of a calamine ore with charcoal. Haedecke
(1973, 229—33) has demonstrated that thermodynamically the maximum zinc
content which could diffuse into the copper matrix would be 30—31 °/o (Wolf
1968, 121—2 for comments). It is very doubtful a physical process carried out
to produce brass in the time period discussed would reach the maximum
allowable. Bibra (1869) in reporting chemical analysis of 61 European brasses
produced between the 17th.—19th. centuries indicates a zinc content below
25 %. Similar findings are reported by Werner (1970, 82) in 635 analyses of
copper alloys between the 10th.—19th. centuries on materials from Europe,
Asia and Africa. The frequency of zinc alloy content in some 244 Benin
works closely parallels these findings (ibid. 75). The agreement between Benin
brass content and those from without indicate not only a foreign trade source
but an exhaustion of the Ife materials by the time the Benin figure was
produced. It can be speculated the remelting problem, which was known to
exist in Europe, would not interfere with a Benin-Europe comparison because
of the constancy of the zinc-lead ratio. All of the analysis which were re-
ported are from known existing works, dated from other considerations.
The Benin ‘bronzes’ almost without exception are leaded brasses with only
the occasional true bronze. The “enigmatic lady” is also a leaded brass. There
is no agreement between the Benin wall plaques and this work (table 1). The
zinc content of the plaques is lower, varying from 1.3 to 20.5 percent, with
the usual zinc content being in the neighborhood of 12—15 percent. The
plaque antimony varies between 0.08—1.2 percent while the arsenic is higher
from 0.04—0.33 percent. The substantially higher zinc content and the lower
arsenic and antimony in comparison to the plaques could be indicative of a
later date. If works are considered from without Benin there is better agree-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
77
ment with Yoruba brass sculpture. The 23 analysis (Werner 1972, 440)
indicate a median zinc alloy content of 19.5 °/o, arsenic 0.07 °/o and antimony
0.06 °/o. The median zinc to lead ratio is 10.3.
The other large group of brass pieces are the Ashanti goldweights. The
median for 27 pieces (Werner 1972, table 1) is zinc 21.5%, lead 2.3%,
nickel 0.08 °/o, arsenic 0.09 % and antimony 0.05 °/o. The zinc to lead ratio
is 9.3. The nickel content agrees with the Benin work while the arsenic is
almost twice as much and the antimony five times. All the weights considered
are figurative.
It is throught (Menzel 1968, 28) the development of naturalistic figurative
weights began before the middle of the 18th. century when some Akan
migrated into areas of the Ivory Coast. It is known the Baule had both geo-
metric and figurative pieces but she (Menzel) believes the naturalistic repre-
sentations of humans represent a unique development, begun sometime after
1750, when gold dust currency was a developed feature of Akan culture, and
borrowed models could be adopted (Posnansky 1977, thinks 1700). There is
little doubt the same sources which supplied the Benin caster also supplied
the workers on the Ivory Coast (Sundstrom 1965, chap. VII). This is evi-
denced by the three weight standards in use, miktal and uqiya, Portugese
ounce, and the Dutch/English troy ounce.
This type of number manipulation must be used with extreme caution. The
concept of a time scale based on increasing zinc content is intriguing and may
only be true for selected works (Wolf 1968, 128). The work of Werner and
of Werner and Willet is an attempt to use a possible natural phenomenon, to
see through the remelting problem. They, Werner and Willet (1975, 147—149),
considered only the alloying of a brass with copper, and between the ore and
subsequent final product. No experiments have been reported concerning
mixing of various coppers, brasses and bronzes in different known quantities
and the subsequent effects to the zinc-lead ratio of the resultant mixture.
Arguments can be made for legitimately comparing different West African
brasses thought to be from the same time period if one very carefully con-
siders such items as the 4 to 10 percent loss in zinc content upon remelting
(Caley 1964, 99, 100; Wolf 1968, 128), arsenic sublimation, the various
calamine ores used, purposeful lead additions and others. Hopefully, more
work similar to the above will be attemped so a clearer picture of the sources
of brass (Goucher, Teilhet, Wilson and Chow 1976, 130—31) and artifact
dates will eventually emerge.
78
Tunis, The enigmatic Lady
The X-ray photographs, figs. 12, 13, 14, 15, clearly indicate a one piece
casting with the arms cast solid. The only core material in the arms are the
small patchy areas located where each arm joins the chest directly over the
Fig. 12
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
79
Fig. 13
Figs. 12—15. X-rays of the sculpture in question done at Museum für Vor- und Früh-
geschichte Berlin, July 1978. The one piece casting with the arms being cast solid is
readily apparent. Fig. 15 taken at a 45 degree angle shows the leg armatures terminat-
ing below the top of the base. This technique coupled with the metal pin in the
central portion of the head acted as the anchor of the core to the mould.
axillas. This is in contradiction to the analyses of Benin ‘bronze’ casting given
by Williams (1974, 186).
In the discussion of a Benin work depicting a European musketeer he
(Williams, 190—1) states several concepts as to the Benin techniques used in the
manufacture: Armatures were used throughout the work for the support and
rigidity of the clay mold. Discs were placed at right angles to the longitudinal
axis of the arm which eventually became an integral part of the casting. The
disc is transfixed in the arm by means of the iron armature. The musketeer is
missing most of the right arm and both legs from the area of the patella
downwards. Williams (ibid) thinks a possible source of fracture, as well as
the fractures in the Tada seated figure and Jebba bowman, was the altered
surface tension of the bronze surface combined with the expansion of the
80
Tunis, The enigmatic Lady
Fig. 14
internal brass disc. (See Posnansky 1977, 299 or comments on the disc
technique). An examination of the reverse side of fig. 8 (fig. 8 a) plaque no.
Ill C 8755, Three Nude Court Retainers’, shows the absence of both arms
and feet. One can easily surmise their absence is the result of these limbs being
completely modelled in wax and cast solid. This appears to be a common
occurence on plaque technique. Williams (1964, plate II d) shows X-ray
photographs of a Yoruba ‘edan Ogboni’ where the arms were also cast solid.
The lack of core material and armature is at first blush quite surprising.
One would think in a figure of this breadth, where the outstretched arms
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
81
measure 23.5 cm. between fingertips, should well supported internally because
of the large moment caused by cantilevering each arm. The lack of other
analytical photographs precludes a conclusion as whether this was a common
solution for both Yoruba and Benin casters or whether it was a time of
plentiful brass and a unique answer in both cases.
The only armatures discernible are 4 pieces of metal. One iron rod runs
from the top of the head to the area of the crossed chest decorations. The
second piece abuts this and terminates in the pubic area of the left leg. The
other two struts start in the upper groin through the entire length of each leg
6 Baessler-Archiv XXVI
82
Tunis, The enigmatic Lady
and terminate several centimeters below the top surface of the sockel. There
does not appear to be any tie between the armature pieces to ensure rigidity
and minimize core shift. The slightly oblique wavy like lines at the left leg
armature joint may have been tie material. However, a similar configuration
appears in the right leg. This could well be material from the clay investment
or other detritus. The Benin caster must have known his materials quite well
since he used the clay itself to provide the necessary anchoring of the adjoin-
ing section. The armature was used to anchor or fasten the entire sculpture to
the investment mold as evidenced by the struts below the top of the plinth.
The photographs also indicate little or no core shift, which would be expected
when the clay dried and pulled away from the armature. The writer does not
know whether the dark lines at the armature clay interface are indicative of
core shift or simply a demarcation of different density material.
Roqgh measurements on the original full size photograph, reproduced here
as fig. 12, indicates each of the 4 armature pieces to be approximately 18 cm.
in length and of about uniform diameter. Ryder (1969, 98) writes that manu-
factured iron was known in Benin at least from the English voyages of the
1580’s. The Dutch introduced the standard iron bar in the 1630’s and by
1644 it had become a permanent material in Benin trade (Ryder, ibid.;
Williams 1964, 157—8). Talbot (1926, III 875) advises iron bars gradually
became the dominating currency between the lower Niger and the Cross river
and was introduced by the European adventurers of the 16th. and 17th.
centuries. It is very tempting to hypothesize the armature materials are some
form of Nigerian currency because of the uniformity of length and diameter
or were cut from a currency bar. This indicates a post 1644 date of manu-
facture and would be in agreement with all the mentioned chronologies and
most especially Bernhard Struck’s.
The overall quality of the casting detiorates from the head downward to
the feet. This can be seen partly in the front view of the sculpture and in the
X-ray photographs. The main difficulty is in the area of the bottom portions
of both legs and on the sides of the feet. On the inner portion of the legs the
piece becomes extremely rough with sections where the metal is absent. The
progressive detiorations of quality is indicative of either insufficient out-
gassing, original thinness of the wax investment which caused premature
freezing of the hot metal, some combination of the two, or the presence of
foreign matter. Mold collapse due to shifting during the burn out of the wax
could also be another reason. However, the latter may not be serious
because of only slight core shift. The leg armature struts and the pin, the
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
83
remains of which still can be seen, in the top of the head seem to have done
a more than adequate anchoring.
The very similar work in Lagos does not have any sockel exept for a ring
on the outside of each foot, similar in shape and size to the rings on this
work. It is of poorer quality with a great deal less definition to each element
of the figure. The large discrepancy in time between the era of
Edeleyo and the actual casting may be explained: The Berlin work
is a replacement piece for the earlier Lagos casting which somehow was
broken. The fact that Princess Edeleyo was a deity to be worshipped (Egha-
revba 1960, 20) would prevent the Edo from destroying the original. There
is the analogous situation of Emotan, the market lady who was deified by
Ewuare. A tree was planted over her grave by Ewuare and subsequently
perished. Another tree was planted by Oba Osemwede (ca. 1816) and this also
died. Finally, under the aegis of Oba Akenzua II (1933-present) a statue was
erected (Egharevba 1960, 19—20). A similar situation may easily have devel-
oped in Edeleyo.
Conclusions
This writer agrees with Jungwirth (1968, 97—99) that the Benin ‘bronzes’
themselves are historical documents the significance of which must be deter-
mined from other sources, especially oral traditions. Of all the oral traditions
investigated the Ohuan and Edeleyo sagas best fit the characteristics of the
sculpture. The reasons for finally rejecting Ohuan and accepting the identifi-
cation of Edeleyo have been set forth in the body of paper.
There is not one real scintilla of evidence to warrant a serious consideration
of the work being anything other than Benin. Arguments to possible Lower
Niger and Yoruba have been examined and discarded. Many similar traits to
either of the above which are part of the style can be found. However when
the overall “style” is considered which includes not only the object’s appear-
ance but its expressive effect and the techniques used the sculpture clearly
becomes Benin.
The actual date when the casting was poured is beset with more than one
or two problems. All of the chronologies have basic weaknesses and to cate-
gorically place a work either in Struck’s III c (1648—91) post revival or
Fagg and Dark’s late period (mid. 18th. to early 19th. century) or guess on
the technical virtuosity of the caster is fatal. Willet (1973, 17) has pointed
out, earlier type Benin heads were in all probability copied at a later date.
84
Tunis, The enigmatic Lady
This further compounds the difficulties. Werner has attempted to marry an
increasing zinc content to the chronologies of Fagg and Dark.
Overall if one only considers selected Benin pieces and assumes the earliest
works were the most naturalistic with an evolvment to the more stylized the
zinc schedule seems to be approximately correct. A study of figs. 6, 11*, 10
with figs. 1, 2, 3 indicates a development away from naturalism with the
Fig. 11. Frontal view of a mask. A step in the
evolvement of style to the “Enigmatic Lady” of
figs. 1, 2, 3. Museum für Völkerkunde Berlin,
III C 10884 (Table 1).
concomitant increase in zinc (table 1). The increase in zinc also is correlative
of an European source of materials. Williams information on the introduc-
tion of brass wire as a mid 17th. century trade item coupled with the writ-
ings of Ryder, Sundstrom and Talbot is a dating feature. This would place
see Dark 1962, plate XXII no. 239 for a profile view of a similar ornamental mask.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
85
the work at the earliest to the 1640’s. The overall weight (10.25 kg.), because
of heavy wall thickness and solid arms are indicative of at least a 17th.
century date when brass was a very common trade item and plentiful from
European sources. Whether iron money was used as armature material is
entirely speculative but Sundstrom (1965, 204—16) reports that iron money
was used on the Niger in weights of IV2 and XU lb. weights. He also reports
the Sombé was a 10—15 cm. long stick of iron weighing 100 gms. and found
in the Touba area. Trade was indigenous throughout West Africa. Some of
these materials could have easily found their way into the Benin area. Wil-
liams (1964, 157) alleges the iron bar was used as a standard unit in currency
in the Yoruba area until the late 17th. century. Wether he was discussing the
above Sundstrom report on iron money or something else is unknown. It is
possible the armature material is not pure iron but a mixture of copper and
iron which was introduced into Nigeria towards the end of the 18th. century
(Talbot 1932, 284).
A comparison of the alloy content and most especially the zinc-lead ratio
of the goldweights with the work under consideration pushes the date closer
to the early to mid 18th. century. This would be in agreement with Werner
(1970), Menzel (1968, 23), the probable increase in the efficiency of the cala-
mine ore cementation process and the introduction of direct zinc allloying. The
attempt has been to use the physical evidence as much as possible, and con-
sidering an European source of brass a tentative mid 18th. century casting date
is assigned.
00
cs
Berlin Museum Nos. Zn Pb
Fig. 6 Queen Mother Ill C 2.0 0.8
Head 12 507
Fig. 11 Mask III C 10 884 13.0 4.2
Fig. 10 Oba Group III C 25.0 3.0
Large Figure 8 165
Fig. 1, 2, 3
“Princess Edeleyo” III C 10 864
Sockel 28.0 2.7
Head 22.0 2.0
Fig. 8 Wall Plaque III C 15.2 5.7
8 755
Sn Fe Ni As Sb Zn/Pb
2.2 0.10 0.06 0.12 0.19 2.5
0.60 0.30 0.21 0.07 0.26 3.1
Sp. 0.17 0.06 0.07 0.02 8.3
Sp. 0.12 0.07 0.06 0.01 10.3
Sp. 0.13 0.07 0.05 Sp. 11.0
0.6 0.34 0.19 0.10 0.10 2.7
Table 1. Spectrographic Analysis from Werner 1970, pp. 138—151
Tunis, The enigmatic Lady
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
87
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Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
91
DIE MARQUES ANISCHEN PARADIES-
VORSTELLUNGEN UND DIE HAIE
HORST CAIN, Marburg
Als die französische Fregatte „Reine Blanche“ unter dem Kommando des
Konteradmirals und Befehlshabers der französischen Marineeinheiten im
Pazifik, Abel du Petit-Thouars, am l.Mai 1842 die ostpolynesische Insel-
gruppe der Marquesas anlief, um sie für Frankreich zu annektieren, befand
sich an Bord auch der 1816 in Landerneau in der Bretagne geborene Stephan
Rénal, der unter dem Pseudonym Max Radiguet als Schriftsteller hervortrat.
Nach Aufenthalten in Chile, Peru und Brasilien wurde er 1841 von du Petit-
Thouars als Sekretär in dessen „état-major général“ berufen, ein Amt, das er
bis 1845 wahrnahm1.
Während der erwähnten Expedition widmete sich Radiguet neben seinen
amtlichen Obliegenheiten auch dem Studium der Sitten, Gebräuche und An-
schauungen der Marquesaner. Die Ergebnisse seiner Beobachtungen erschienen
erstmals 1859 in der „Revue des deux mondes“ und 1882 sowie 1929 in Buch-
form. Da die historisch belegbaren Kontakte zwischen Europäern und Mar-
quesanern vor 1842 in der Regel nur kurz und flüchtig waren2, so daß sie
auf die traditionellen Vorstellungen und Bräuche der letzteren kaum einen
verändernden Einfluß hatten, gilt dieser Bericht als wichtige Quelle für das
Studium der materiellen und geistigen Kultur der Marquesaner.
Für den Religionsethnologen ist ein Detail von Interesse, das nur bei Radi-
guet auftaucht, seither aber in der Literatur über die marquesanische Religion
mehrfach aufgenommen wurde, ohne kritisch gewürdigt zu werden. Radiguet
schreibt: „ A défaut de religion bien déterminée, la superstition n’est pas ce
qui manque chez les Nukahiviens, mais elle a ses côtés touchans. Pour les
canaques, les rêves sont des réalités: les âmes profitent du sommeil pour com-
muniquer entre elles. Une jeune fille vous dit quelquefois: «Cette nuit, je suis
partie pour Tiburones dans une magnifique pirogue. Il y avait là de belles
choses que nous n’avons pas ici. Les arbres y sont très grands, les habitans très
1 Radiguet 1929, S. I f. Catalogue général des livres imprimés de la Bibliothèque
Nationale t. 145, Paris 1937, Sp. 622 ff.
2 Rollin 1929, S. 225 ff. Radiguet 1929, S. I ff.
92
Cain, Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie
beaux; on y chante des comumus avec des musiques plus douces que les nôtres.
Ah! quand donc pourrai-je retourner à Tiburones?»“ In einer Fußnote dazu
gibt er die folgende Erläuterung: „Tiburones est une terre fantastique, une
sorte de paradis, que les Indiens placent dans l’ouest, à peu de distance de
Nukahiva. Parfois des émigrations se sont dirigées vers ces bords heureux;
l’Océan seul sait ce qu’elles sont devenues.“3 Auch die folgende Passage ist
hier noch von Interesse: „Le ciel et l’enfer, dans la croyance des canaques, ne
sont que des mondes différens plus heureux que celui-ci. Le ciel est habité
par des dieux de premier ordre, par les femmes qui meurent en couche, par
les guerriers tombés sur le champ de bataille, par les suicidés, et surtout par
la classe aristocratique des chefs.“4
Nach der zuerst zitierten Aussage Radiguets erscheint Tiburones nicht als
Bestimmungsort der „Seelen“ Verstorbener, also nicht als Totenreich, sondern
als paradiesisches Land, das die Marquesaner als ideales Gegenstück zu der
ihnen bekannten Welt konzipierten und das angeblich von den „Seelen“
der Schlafenden aufgesucht wurde. Die Anziehungskraft der im Traum er-
schauten und für absolut real gehaltenen Idylle scheint indessen so groß ge-
wesen zu sein, daß gelegentlich Expeditionen in Booten dorthin aufbrachen
und verschollen blieben. Von den beiden älteren Autoren, Gerland und
Zemmrich, die auf Tiburones eingehen, hält sich nur der zuletzt Genannte
strikt an den Wortlaut des Berichtes von Radiguet und zählt es ausdrücklich
zu denjenigen imaginären Ländern, die nicht als Totenreiche aufgefaßt wur-
den, während es Gerland offenkundig zu den Bestimmungsorten der Toten-
geister rechnet5. Williamson und einige ausschließlich ihm verpflichtete Autoren
gehen sogar davon aus, daß die Marquesaner Tiburones und den von Radiguet
als „ciel“ bezeichneten Aufenthaltsort der „Seelen“ bestimmter, privilegierter
Toter miteinander identifizierten und Tiburones folglich ein Totenreich war6.
Die Auffassung Williamsons wird besonders deutlich, wenn er sagt: „Accord-
ing to Radiguet, Tiburones (heaven) was inhabited by gods of the first order,
women dying in childbed, warriors fallen in battle, suicides, and above all by
the aristocratie dass of chiefs . . ,“7
3 Radiguet, Revue des deux mondes XXIII, 1859, S. 627 u. N. 1 ; ders. 1929, S. 174
u. N. 1. Nukahiva = Nukuhiva.
4 Radiguet, Revue des deux mondes XXIII, 1859, S. 626; ders., 1929, S. 160.
5 Zemmrich, IAE. IV, 1891, S. 222 f. Waitz-Gerland 1872 VI, S. 299.
6 Williamson 1933 II, S. 43, 51, 54, 56, 63, 70 u. Table B. vgl. Schuffenhauer 1941,
S. 58. Stiglmayr 1956, S. 245.
7 Williamson 1933 II, S. 56.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 9 3
Es ist möglich, daß Radiguet, ohne es ausdrücklich zu sagen, so verstanden
werden wollte; es steht auch außer Zweifel, daß die Marquesaner, wie die
meisten polynesischen Völker, mehrere Totenreiche kannten und sie westlich
der Marquesas, jenseits des Horizonts vermuteten. Durchaus nicht so ein-
deutig, wie sie nach Radiguets Darstellung erscheint, dürfte indessen ihre Zu-
ordnung nach den jeweiligen Todesumständen oder nach sozialen Gesichts-
punkten gewesen sein. Handy schreibt über die Totenreichvorstellungen der
Marquesaner folgendes: „Below the earth were three lower regions known as
Havai’i or Havaiki. The lowest was Havaiki-i-a’o-oa (i a’o oa, far below),
described as a paradise where there was an abundance of ripe fruit, of good
food, the best fish, and where beautiful women were abundant. Here dwelt
the spirits of chiefs (sometimes said to dwell in the sky) for whom a great
number of pigs were offered. Next above this was Havaiki-ta-a’o {a’o, below)
where there was an abundance of everything, but not the luxury of the lowest
Havaiki. A certain number of pigs were necessary for entrance into this
region. Lastly the upper region was Havaiki-ta-uka {uka, above). Here there
were only misery and disgusting articles of food, brought down from the
earth by vehine hea (evil spirits). Those who had offered, on behalf of their
spirits, only one pig’s head never went beyond this region. There was in addi-
tion a special region for those who had not even one head offered for them,
the region of the god Tavi-oa, where the bodies of the spirits lay in mire
until someone offered a pig for them.“8
Zur Bedeutung der Namen und damit zur Lage der Totenreiche stellt er fest:
„The phrase i a’o, applied to Havai’i and other ancient lands may be trans-
lated either ‘below’ or ‘to the westward.’ The ancient chants and traditions
indicate that formerly there was a conception of Havai’i as a land or region
where men and gods lived in ancient times. Some of the ancient or distant
lands mentioned in these chants have names familiar to us as names in other
parts of Polynesia, such as Vevau, Tona Nui, Fiti Nui, Po’apo’a, Upo’u, and
so on. When I questioned the informants ... as to what or where these lands
were, the reply was always, ‘They are lands, or regions in, or toward,
Havai’i’ {he fenua i Havai’i) — beyond that they knew nothing.“9
Schließlich kommt er zu folgendem Ergebnis: „In summary it may be said
that the evidence justifies the conclusion that, whereas Havai’i had recently
8 Handy 1923, S. 251.
9 ibid., S. 252. Vevau = Vavau in Tonga und in der mythischen Überlieferung an-
derer Inselgruppen, z. B. Samoas (Krämer 1902/3 I, S. 115 und 128); Tona Nui =
Großtonga (Nui = Groß); Fiti Nui = Großfidschi; Po’apo’a = Porapora in den
Gesellschaftsinseln; Upo’u = Upolu in Samoa.
94
Gain, Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie
corne to be regarded as an underworld, it formerly meant an ancient and
distant région to the westward.“10 Nach Dordillon ist ,,’a’o“ eine Präposition
mit den Bedeutungen „bas, sous, dessous“ und ,,’i ’a’o“ ein Adverb, das er mit
„en bas, au bas, sous, dessous“, aber auch mit „sous le vent“ wiedergibt. Als
Anwendungsbeispiel für den Ausdruck in der zuletzt genannten Bedeutung
führt er folgenden Satz an: ,,’Ua ka’o ’i ’a’o,“ und übersetzt: „II a disparu
sous le vent, il a été du côté de L’Ouest.“11
All dies soll aber nur eine sehr allgemeine Kenntnis der marquesanischen
Totenreich- bzw. Paradiesvorstellungen vermitteln. Der Hauptgegenstand die-
ses kurzen Beitrages ist indessen der Name Tiburones. Wenn Williamson in
bezug auf das bei Radiguet so genannte „Paradies“ der Marquesaner bemerkt:
„The specific name given to it is not important in considering this mat-
ter . . ,“12 und sich damit der Notwendigkeit einer Erklärung des Namens
entzieht, dann kann man dem grundsätzlich nicht beipflichten. Wie nicht nur
aus der zitierten Darstellung Handys hervorgeht, enthalten die Namen poly-
nesischer Totenreiche durchaus wichtige Informationen über deren Lage, wie
z. B. im Fall des samoanischen Sälefe’e (Verwandtschaft des Octopus), das in
der Tiefe des Meeres lokalisiert wird, oder ihren Charakter, wie im Fall des in
Polynesien verbreiteten Namens Pö, dessen Grundbedeutung Nacht oder Fin-
sternis ist. Die Unkenntnis der Bedeutungen mancher Totenreichbezeichnun-
gen, wie etwa der des westpolynesischen Pulotu, ist daher eine Lücke, deren
Schließung möglicherweise noch bestehende Unklarheiten beseitigen könnte.
Die mit Radiguets Bericht in der Marquesasliteratur auftauchende Bezeich-
nung Tiburones unterscheidet sich von allen anderen aus Polynesien bekannt
gewordenen Namen mythischer Inseln, Länder oder Totenreiche dadurch, daß
sie weder marquesanisch noch überhaupt polynesisch ist, sondern eindeutig aus
dem Spanischen stammt. Nach Corominas ist die Etymologie des Wortes
Tiburön, das im Spanischen Haifisch bedeutet, ungewiß. Es wird 1519 erstmals
schriftlich erwähnt, und man nimmt an, daß es aus einer dem Arawakischen,
Karibischen oder, wahrscheinlicher, dem Tupf zugehörigen südamerikanischen
Indianersprache vermutlich über das Portugiesische in die spanische Sprache
Eingang fand. In den Formen Tiburon oder Taburon bzw. Tiburone oder
Taburin kommt das Wort auch im Französischen und Italienischen vor13.
10 ibid.
11 Dordillon 1931, S. 107. Der Ausdruck „sous le vent“, d. h. „unter dem Wind“
bezeichnet die dem Südostpassat abgekehrte Himmelsrichtung, also Westen.
12 Williamson 1933 II, S. 54 N. 1.
13 Corominas 1954/7 IV, S. 328 u. 441 ff. Thibaut 1908, S. 816. Littré 1958/60 IV,
S. 2126. Robertson 1906 I, S. 35, 85 u. 244 N. 171. Battisti-Alessio 1950/7 V,
S. 3692.
-1-^
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 95
Anscheinend haben weder Radiguet selbst noch Gerland oder Williamson
und die ihm verpflichteten Autoren Tiburones als Fremdwort im Marquesa-
nischen erkannt, sonst wäre die Selbstverständlichkeit, mit der dieser Name
verwendet und zur Kenntnis genommen wird, kaum zu erklären. Tatsache ist
jedenfalls, daß Tiburones der Plural des spanischen Wortes Tiburón ist und
„Haie“ bedeutet. Zemmrich hat dies richtig erkannt, zieht daraus aber einen
falschen Schluß. Er schreibt: „Das mythische Land soll Tiburones heißen, viel-
leicht ist dies die spanische Übersetzung (tiburón = Haifisch) des einheimi-
schen Namens.“14
Für die Vermutung einer direkten Übersetzung könnte die erstaunliche Tat-
sache sprechen, daß dieses Wort in seinem spanischen Lautbestand vollständig
erhalten ist, obgleich die marquesanische Sprache weder b noch s kennt und
kein polynesisches Wort mit einem Konsonanten endet. Ebenso könnte dieser
Umstand aber auch ein Zeichen dafür sein, daß der Begriff Tiburones nicht in
die marquesanische Sprache integriert worden ist, also nicht zum normalen,
alltäglichen Vokabular der Marquesaner gehörte. Gegen Zemmrichs Ver-
mutung spricht einmal, daß eine marquesanische Totenreich- bzw. Paradies-
bezeichnung mit der Bedeutung „Haifische“ nicht nachweisbar ist, und zum
anderen, daß Radiguet, wäre er der Übersetzer, sich kaum der spanischen
Form Tiburones, sondern mit Sicherheit der französischen, Tiburons, bedient
hätte.
Absolut sicher ist jedenfalls, daß der Begriff Tiburones nur infolge des
Kontaktes zwischen Europäern und Marquesanern in dieses Gebiet gelangt
sein kann. Falls ihn Radiguet eigenmächtig eingeführt haben sollte, was denk-
bar wäre, aber die Authentizität seines Berichtes stark mindern würde, muß
man sich fragen, was ihn dazu bewogen haben könnte; falls das Wort da-
gegen, wie er suggeriert, von Marquesanern selbst benutzt wurde, stellt sich
die Frage, auf welche Weise es ihnen bekannt geworden sein könnte und war-
um sie es ausgerechnet zur Bezeichnung eines paradiesischen Traumlandes oder
Totenreiches verwendeten. Die Beantwortung dieser Fragen ist einfacher, als
sie zunächst erscheint.
Der erste Weltumsegler, Fernao de Magalhaes, entdeckte während seiner
Reise, 1521, auf der langen Strecke zwischen dem Kap Hoorn und den
Marianen nur zwei kleine unbewohnte Inseln, die den erschöpften Seefahrern
keinerlei Erleichterung ihres Daseins boten und daher, obgleich etwa 200
Meilen voneinander entfernt, gemeinsam Las Desventuradas (Die Unglück-
14 Zemmrich, IAE. IV, 1891, S. 223 N. 1.
96
Gain, Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie
lichen) genannt wurden15. Die erste der beiden Inseln entdeckte man am
24. Januar und nannte sie San Pablo; die zweite wurde am 4. Februar gesich-
tet und Isla de los Tiburones genannt. Die den 4. Februar betreffende Tage-
bucheintragung des Steuermanns Francisco Albo, den sowohl Burney als auch
Meinicke für den zuverlässigsten Chronisten halten16, lautet: „A los 4 del
dicho al noroeste en 11 grados y très cuartos. En esta altura hallamos una isla
despoblada en la cual tomamos muchos tiburones, y por eso le pusimos la isla
de los Tiburones, y esta con el estrecho noroeste sueste, cuarta del este oeste,
y esta en altura de 10 grados y dos tercios de la vanda del sur, . . .“17. Nach
diesen Angaben lag Tiburones bei 11° 45' südl. Breite und nicht, wie Burney
nach derselben Quelle angibt, bei 11° 15' südl. Breite18. Allerdings sind auch
Albos Angaben ungenau, denn wenn er andererseits davon spricht, daß Tibu-
rones 10 40' vom südlichen Wendekreis entfernt war, dann ergibt die Addi-
tion seiner beiden Breitenangaben die Entfernung von 22° 25' zwischen dem
Äquator und dem Wendekreis des Steinbocks und mithin eine Differenz von
1° 2' zu deren tatsächlicher Entfernung von 23° 27'. Da außerdem der Meri-
dian nicht angegeben ist, kann es nicht verwundern, daß über die genaue Lage
und Identität dieser Insel bis heute nur Mutmaßungen möglich sind.
So wenig Magalhaes von der Existenz der Marquesas wußte, so wenig
ahnten die Marquesaner etwas von seiner Reise, seiner Entdeckung und der
Namensgebung. Aufgrund der ungenauen Positionsbestimmung der Isla de los
Tiburones suchten spätere europäische Seefahrer, wie z. B. du Petit-Thouars
und Dumont d’Urville, vergeblich danach. Du Petit-Thouars schreibt: „Quand
nous eûmes ainsi terminé toute la reconnaissance du groupe des îles Marquises,
nous fîmes route pour nous assurer de l’existence et déterminer la position
d’une île désignée sous le nom de Tiburones, et portée sur la carte dans le
S.O. de cet archipel.“ Und etwas weiter heißt es: „Le 22 août, dès le matin,
la Vénus était rendue par la latitude d’une île indiquée sous le nom de Ti-
burones. Nous courûmes toute la journée sur le parallèle de cette terre pour la
trouver, mais ce fut bien inutilement que nous prîmes cette peine, car nous
n’aperçûmes rien qu’une goélette; . . .“1!) Dumont d’Urville erging es im Sep-
tember 1838 ganz ähnlich, und er berichtet: „Ce matin à 6 heures nous avions
déjà dépassé de près de 25 milles la position que Hutchinson m’avait indiquée
pour Tiberonnes, aucune terre ne se montrait dans l’ouest, quoique l’horizon fût
15 Burney 1803/17 I, S. 48 f.
18 ibid., S. 49. Meinicke, Petermanns Mitt. XV, 1869, S. 376.
17 Fernandez de Navarrete 1825/37 IV, S. 218.
18 Burney 1803/17 I, S. 48 f.
i* du Petit-Thouars 1840/5 II, S. 372 f.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
97
très-clair. Aussi je me décide à abandonner la recherche de cette île probable-
ment imaginaire, et je fais route au S. 1/2 O.“20 Alle diese Umstände haben
dazu geführt, daß z. B. Fiartwig über die Desventuradas schreibt: „Vergebens
würde man sie auf unsern Karten suchen, denn die Bestimmungen der Lage in
den verschiedenen Berichten über jene ewig denkwürdige Reise sind so un-
sicher, daß sie keinen festen Anhaltspunkt darbieten.“21
Andere Autoren dagegen haben nicht resigniert, sondern sich bemüht, die
Inseln zu identifizieren. Burney, der sich intensiv mit diesem Problem ausein-
andersetzt, lokalisiert Tiburones bei 11° 15' südl. Breite und 169° westl.
Länge, äußert dann aber die Vermutung: „The island Solitaria, discovered by
Mendana, in latitude 10° 40' South, and in longitude, as calculated from the
distances given in the Spanish relation, about 173V20 West from Greenwich,
which is described to be a low island, about a league in circuit, with a lagoon
or salt water lake in the middle, may with some appearance of probability
be supposed the island Tiburones.“22 Meinicke wendet sich gegen diese Ver-
mutung, wobei er Burneys Positionsangaben seinerseits falsch wiedergibt und
bemerkt: „Burney hielt Tiburones für dieselbe Insel, die Alv. Mendana 1595
Solitaria benannt hat, und stellte sie daher in 168° W. L. (denn es war ihm
unbekannt, daß Solitaria, welches die Insel Swain von Wilkes ist, in 170° 55'
W. L. liegt), . . .“ Er plädiert stattdessen für die Identifikation von Tiburones
mit der zur Liniengruppe gehörenden Insel Flint, die nach den von ihm kon-
sultierten Karten in 151° 48' westl. Länge liegt23. An anderer Stelle äußert er
20 Dumont d’Urville 1841/6 IV, S. 52. Tiberonnes = Tiburones.
21 Hartwig 1861, S. 33.
22 Burney 1803/17 I, S. 55.
23 Meinicke, Petermanns Mitt. XV, 1869, S. 376. Zu der Insel Swain vgl. Wilkes
1851, S. 540, wo es heißt: „Swain’s Island is nearly round, and four miles in cir-
cumference . . . This isolated spot gave no other evidence of its ever having been
inhabited, except the groves of cocoa-nut trees.“ Meinicke 1875/6 II, S. 128, schreibt
dazu: „Olosenga nennen die Bewohner der übrigen Inseln diejenige, welche Men-
dana 1595 Solitaria, Wilkes später Swain benannte; der irrigen Ansicht, daß sie das
Gente hermosa von Quitos sei, verdankt sie auf manchen Karten den Namen
Quitos. Es ist eine runde Koralleninsel (in 11° 5' Br., 170° 55' Lge.) von IM.
Durchmesser, von einem Küstenriff umgeben, ohne einen Ankerplatz und schwer
zugänglich. Das Innere nimmt ein großer Süßwassersee ein, so daß das Land um
ihn einen schmalen, mit schönen Bäumen bedeckten Streifen bildet. Die Insel war
früher bewohnt, und es haben sich auf ihr noch Spuren der alten Bewohner er-
halten; die Europäer fanden sie unbewohnt. . .“ Sievers und Kükenthal 1910, S. 6,
bemerken über Mendanas Reise von 1595 folgendes: „ . . . ferner fand er auf dieser
Reise die San Bernardo-Insel, jetzt Pukapuka, und Solitaria, jetzt Olosenga, in der
Tokelaugruppe . . .“ und S. 404 zunächst über die Tokelauinseln Atafu, Nukunono
und Fakaofo: „Während diese drei genannten Inseln in südöstlicher Richtung auf
Il Baessler-Archiv XXVI
98
Gain, Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie
sich dazu wie folgt: „Flint ist wahrscheinlich die Insel, welche von Magalhaens
1521 entdeckt und Tiburones (Haifischinsel) benannt worden ist; ihren jetzigen
Namen hat sie 1801 erhalten. Sie liegt in 11° 26' Br., 151° 48' Lge., hat kaum
V2 M. im Durchmesser und ist flach, dicht bewaldet (doch ohne Kokos), unbe-
wohnt, von Riffen umgeben und schwer zugänglich.“24 Diese Ansicht scheint
sich weitgehend durchgesetzt zu haben, denn auch bei Sievers und Kükenthal
heißt es ähnlich: „ . . . Flint ist sandig, unbewohnt, ohne Kokospalmen und
wahrscheinlich identisch mit der Insel Tiburones des großen Magalhaes; . . .“25,
und Grattan schreibt über Magalhaes’ Reise, ohne die alten Namen San Pablo
und Tiburones überhaupt zu erwähnen: „However, his track was such that he
barely touched the Southwest Pacific, for in that area he chanced on only
uninhabited Pukapuka, an outlier of the Tuamotus, and Flint Island in the
Line group.“26 Daß das Problem der Identität von Tiburones indes noch im-
mer nicht eindeutig geklärt ist, zeigen u. a. zwei Veröffentlichungen aus jüng-
ster 2eit. So schreiben Keim und Heintze ohne Angabe ihrer Quelle über
Magalhaes: „Bei der Durchquerung des Pazifik verlief sein Kurs nördlich der
Tuamotu- und südlich der Marquesas-Inseln. So sichtete er nur zwei Inseln,
San Pablo (wahrscheinlich Pukapuka) und Los Tiburones (vermutlich Caro-
line), . . .“27 und bei Salentiny ist zu lesen: „An den üppigen Phönix-, Gilbert-
und Marshall-Inseln vorbeisegelnd, steuerte Magellan nur zwei Inseln an, die
,St. Paul1 (Poumotou) und die ,Hai-Inseln‘ (Manihiki).“28
einem untermeerischen Rücken verlaufen, liegt Olosenga oder die Swaininsel mit
ihrer Süßwasserlagune etwas abseits; sie ist eine gehobene Insel von 5—8 m Höhe,
gut bewaldet und fällt, wie die meisten ihrer Nachbarinnen, mit steilen Böschungen
zum Meere ab.“ Nach Robson 1944, S. 59, liegt Swain bei 11° 3' südl. Breite und
171° 5' westl. Länge und gehört nach derselben Quelle S. 72 seit 1925 zu Amerika-
nisch Samoa. Im Gegensatz zu den vorangehenden Darstellungen macht Robson
dort noch folgende Angaben: „The Island was discovered by Quitos on March 2,
1606, and by him named La Peregrina. Espinosa called it Isla de Gente Hermosa,
because of the beauty of its inhabitants. It is eight miles in circumference, and
15—25 feet above sea level; and it encloses a fresh-water lagoon.“ Trotz des von
manchen Autoren angegebenen Namens Olosenga (richtiger Olosega) ist Swain nicht
mit der politisch ebenfalls zu Amerikanisch Samoa gehörenden vulkanischen Insel
Olosega in der den südöstlichen Ausläufer des Samoaarchipels bildenden Manu’a-
gruppe zu verwechseln. Vgl. dazu u. a. Meinicke 1875/6 II, S. 109. Krämer 1902/3
I, S. 372 ff. Sievers und Kükenthal 1910, S. 360 u. 363. Robson 1944, S. 71 f.
2i Meinicke 1875/6 II, S. 258 f.; vgl. auch ibid. I, S. 353 N. 3.
25 Sievers und Kükenthal 1910, S. 405.
28 Grattan 1963, S. 4.
27 Keim und Heintze 1976, S. 74.
28 Salentiny 1977, S. 152. Statt Poumotou muß es richtig Paumotu = Tuamotu
heißen. Manihiki heißt eine Insel, die mit keiner der bisher in diesem Text erwähn-
ten identisch ist. Nach Sievers und Kükenthal 1910, S. 405, wird gelegentlich auch
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
99
Trotz der verwirrenden Vielfalt der Daten und Vermutungen wird aus all
dem deutlich, daß die europäischen Seefahrer nach Magalhaes die ungefähre
Lage der Isla de los Tiburones, irgendwo westlich der Marquesas, kannten und
an deren Wiederauffindung bzw. Identifikation interessiert waren. Es ist
daher sicher legitim, davon auszugehen, daß außer du Petit-Thouars und
Dumont d’Urville, von denen wir es wissen, auch andere danach suchten und
nach der Entdeckung der Marquesas durch Mendana und Quiros im Jahre
1595 deren Bewohner häufiger nach dieser Insel fragten. Sie hatten dabei keine
andere Möglichkeit, als den einzigen ihnen bekannten Namen, Tiburones, zu
gebrauchen und auf deren Lage westlich der Marquesas hinzuweisen. Da eine
sprachliche Verständigung nicht möglich war, sich zumindest aber auf das
äußerste Minimum beschränkte, waren Mißverständnisse unvermeidlich. Es ist
deshalb fraglich, ob die Marquesaner überhaupt begriffen, daß sich die
Europäer nach einer Insel oder einem Land erkundigten. Möglicherweise ent-
nahmen sie deren Worten und Gesten nur, daß das Wort Tiburones die Him-
melsrichtung Westen bezeichnete und benutzten es daher später in diesem
Sinne, wenn sie Europäern über ihre Vorstellungen von den Wanderungen der
„Seelen“ Schlafender und/oder Verstorbener in ihr ebenfalls im Westen, jen-
seits des Horizonts, angenommenes paradiesisches Traumland und/oder Toten-
reich Auskunft gaben. Ein allgemein bekannter, etablierter und häufig in die-
sem Zusammenhang benutzter Begriff scheint Tiburones jedoch nicht gewesen
zu sein, denn außer bei Radiguet taucht er in keiner anderen Quelle auf, und
auch Dordillon verzeichnet ihn nicht in seinem Wörterbuch.
Abschließend kann folgendes festgestellt werden: Das Wort Tiburones kann
aufgrund seiner Phonetik weder marquesanisch noch überhaupt polynesisch
sein, sondern ist in dieser Form eindeutig als spanisches Wort identifizierbar.
Seine spanische Bedeutung, Haie, war den Marquesanern unbekannt, denn in
seiner von Radiguet angegebenen Verwendung als Name eines westlich Nuku-
hiva angenommenen „Paradieses“ steht es in keinerlei Zusammenhang mit
Haien. Als Übersetzung eines gleichbedeutenden marquesanischen Namens
kommt Tiburones ebenfalls kaum in Frage, da in keinem Werk über die
Marquesas von der Bezeichnung eines imaginären Landes oder einer Insel als
Hai, Haie oder Land bzw. Insel der Haie die Rede ist. Auch wenn es eine
derartige Bezeichnung gegeben hätte und man annähme, Radiguet selbst habe
sie übersetzt, müßte man sich fragen, warum er sie anstatt in seine Mutter-
sprache, das Französische, ausgerechnet ins Spanische übertragen haben sollte.
Wäre ein solcher theoretisch denkbarer, aber tatsächlich nicht nachweisbarer
von der Manihikigruppe gesprochen, zu der u. a. auch Caroline und Flint gerechnet
werden.
7*
100
Caín, Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie
marquesanischer Name von Spaniern übersetzt worden, die etwa als See-
fahrer, Missionare, Siedler oder Schiffbrüchige mehr oder weniger lange auf
den Marquesas weilten, hätten die Marquesaner kaum Grund gehabt, ihre
eigene, ihnen vertraute Bezeichnung für das Land oder die Insel ihrer Träume
durch eine fremde, ihnen nichts sagende zu ersetzen. Die einzig plausible Er-
klärung für das Auftauchen des Begriffes Tiburones auf den Marquesas und
dessen Verwendung in dem spezifisch religiösen Zusammenhang ist die Ent-
deckung einer Insel westlich der Marquesas durch Magalhaes, ihre Bezeich-
nung als Isla de los Tiburones und die Tatsache, daß sie in derselben Richtung
liegt, in der die Marquesaner ihr Traumland oder paradiesisches Totenreich
annahmen. Die Identität dieser Insel wird, wie aus der vorangehenden Er-
örterung zu ersehen ist, immer Gegenstand mehr oder weniger begründeter
Vermutungen bleiben.
Für die Verwendung des Wortes Tiburones als Name für ein marquesa-
nisches „Paradies“ sind zwei Erklärungen denkbar. Einmal könnte Radiguet
in Kenntnis der entdeckungsgeschichtlichen Zusammenhänge und aufgrund der
Position der Isla de los Tiburones, westlich von Nukuhiva, deren Namen
eigenmächtig auf das in gleicher Richtung angenommene „Paradies“ der Mar-
quesaner übertragen haben; zum anderen könnte die Übereinstimmung der
Lage sowie die Suche und die Erkundigungen der Europäer nach der von
Magalhaes entdeckten Insel in der weiter oben angedeuteten Weise die Mar-
quesaner nach und nach mit dem Begriff Tiburones vertraut gemacht und zu
dessen gelegentlicher Verwendung in dem von Radiguet berichteten Zusam-
menhang veranlaßt haben. In dem einen wie in dem anderen Fall ist der
lapidare, unkritische Gebrauch dieses Wortes, d. h. seine Behandlung als
autochthone Bezeichnung eines marquesanischen Traum- oder Totenlandes, wie
er seit Radiguet in einem Teil der einschlägigen Literatur üblich ist, irre-
führend und daher unzulässig.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
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105
FAIKAVA - POETEN IN POLYNESIEN HEUTE
Bericht über eine Informations- und Studienreise
in den Südpazifik
RENATE VON GIZYCKI, Kassel-Wilhelmshöhe
„The poets want to sing
with their own voices
again . . Pio Manoa
Mit der politischen Unabhängigkeit der pazifischen Archipele Samoa, Fidschi
und Tonga und mit der Gründung der regionalen „University of the South
Pacific“ (USP)1 beginnt Anfang der siebziger Jahre ein neues Kapitel in der
Geschichte Polynesiens. Zugleich und im Zusammenhang damit entwickelt sich
eine neue Literatur, die ihr Forum in der Zeitschrift MANA2 findet. Die Be-
ziehung zwischen Dichtung und Gesellschaft und die Rolle des Poeten in der
traditionellen polynesischen Kultur waren Thema meiner Dissertation (die
1971 unter dem Titel HAKU MELE — Der Poet in Polynesien — ein sozial-
anthropologischer Beitrag zur Rolle des Künstlers veröffentlicht wurde3). Die
Frage nach der heutigen Bedeutung der Literatur in den unabhängig gewor-
denen Staaten stand daher im Mittelpunkt einer Informations- und Studien-
reise, die mich im Dezember 1977 und Januar 1978 nach Fidschi, Samoa und
vor allem nach Tonga führte.4 Bevölkerungswachstum, Landknappheit, wach-
sende wirtschaftliche Ungleichheit, steigende Erwartungen im Sog der Außen-
kontakte, ökonomische Abhängigkeit: — die südpazifischen Inseln teilen die
Probleme vieler kleiner Länder in der Dritten Welt. Welche Rolle spielen die
Schriftsteller und Poeten in diesen Gesellschaften, die sich gegenwärtig einer
1 Die offizielle Gründung der South Pacific University, Laucala Bay, Suva, Fidschi,
erfolgte im Juli 1967; erste Kurse begannen im Februar 1968. 1971 hatte die Uni-
versität 629 „full-time students“.
2 MANA-Review — A South Pacific Journal of Language and Literature, January
1976, Vol. 1, No. 1. Edited by Subramani. Published biannually by Mana Publica-
tions and the South Pacific Creative Arts Society. Suva, Fiji.
3 Gizycki, Renate von. 1971. HAKU MELE — Der Poet in Polynesien. Ein sozial-
anthropologischer Beitrag zur Rolle des Künstlers. Göttinger Philosophische Disser-
tation. Arbeiten aus dem Institut für Völkerkunde der Universität zu Göttingen.
Band 6. K. Renner Verlag, München.
4 Während meines vierwöchigen Aufenthaltes im Königreich Tonga besuchte ich
außer Tongatapu auch die Inseln Vava’u mit Neiafu und Lifuka/Ha’apai.
106
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
nie gekannten weltpolitischen Dynamik ausgesetzt sehen? Wie reagieren sie
auf das überall spürbare Dilemma, daß die Bewohner dieser Inseln ihre
Kultur zugleich bewahren und „modernisieren“ wollen?
Begegnungen und Gespräche mit Schriftstellern aus dem Umkreis der
MANA-Review sind Grundlage des hier folgenden ersten Berichts, der durch
Zeitschriftenpublikationen und Informationsmaterialien verschiedener Art er-
gänzt worden ist.5
Ich habe bewußt auf schematische Fragebogeninterviews verzichtet, die zwar
die Vergleichbarkeit von „Daten“ hätten fördern können, allerdings um den
Preis spontaner und gegenseitiger Kommunikation. Auch habe ich meine eigene
Rolle nicht primär als Sozialwissenschaftlerin, sondern eher als „Kollegin“6
verstanden. Als „Ethnologin“ fühlte ich mich in meinem wissenschaftlichen
Selbstverständnis bei diesen Kontakten ohnehin durch die Frage beunruhigt,
ob — und auf welche Weise — die in unseren Gesprächen berührten Themen in
den Kompetenzbereich der ethnologischen Disziplin gehören.7
Meine Gesprächspartner gehören zur Generation der heute 30- bis 40jähri-
gen. Trotz allen individuellen Unterschieden in Temperament und Ausdrucks-
kraft verfügen sie über gemeinsame Erfahrungen, zum Beispiel in den Mis-
sionsschulen; sie sind hineingewachsen in den Prozeß der Entkolonialisierung
nach dem zweiten Weltkrieg; sie haben in Neuseeland, Australien oder auch
Kanada studiert und von daher ein differenziertes Verhältnis zur westlichen
Zivilisation. Sie kennen deren Widersprüchlichkeit und Komplexität und
können sie vergleichen mit dem oft recht kruden Auftreten der „Palangi-
culture“8 auf ihren Heimatinseln. Sie sind nicht länger angewiesen auf die
Vermittlung der Missionare.
Griechische Philosophie, die Aufklärung, bildende Kunst, Barockmusik und
klassischer Tanz wurden ausdrücklich als wichtige Beiträge westlicher Kultur
für den eigenen Bildungsweg genannt, ganz abgesehen natürlich von den
großen Dichtern der englischsprachigen Welt, von Shakespeare bis T. S. Eliot.
Auch machen sie in ihrer Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus keines-
wegs Halt vor den eigenen Eliten, wo sie als „brown Pakeha“9 in dessen Fuß-
5 Weitere Quellen sind die Tagebücher und Tonbänder der Verfasserin.
6 Vgl. die einleitende Begründung meiner Dissertation, S. 4.
7 Vgl. Gizycki 1971:19 und Überlegungen am Schluß dieses Aufsatzes.
8 Häufig in solchen Zusammenhängen im Südpazifik benutzter Begriff für die euro-
päische Kultur (In Samoa: ,,Palagi“-Culture).
9 Aus einem Gedicht von Tautalatasi Malifa aus Samoa: „Brown Pakeha“ ist für den
Poeten ein Landsmann, der sich europäisch gibt. Pakeha: Maori-Bezeichnung für
den Weißen.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
107
stapfen treten. Schließlich ist auch die selbstkritische Frage nach dem eigenen
Beitrag zur Erneuerung der kulturellen Identität immer wieder Thema ihrer
Arbeiten. •
Die meisten von ihnen lehren an Schule oder Universität. Sie gehören also
einer „Bildungselite“ an, die auch im Südpazifik keine unumstrittene gesell-
schaftliche Rolle spielt. Sie sind die Warner und Mahner eher als die Lob-
redner ihrer rasch sich verändernden Gesellschaften. Bel aller Vielfalt der
Betrachtungsweisen und der Ausdrucksformen gibt es Themen und Probleme,
die ihnen gemeinsam sind und die in der Literatur des Südpazifik ihren
Niederschlag finden:
1. Die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus und dem Erbe des Kolo-
nialismus, mit der christlichen Mission, den alten und neuen „Eliten“;
2. Erfahrungen mit der Dynamik des sozialen und kulturellen Wandels; Ver-
städterung, Industrialisierung, Arbeitsemigration, Tourismus;
3. Die Frage nach dem eigenen kulturellen Hintergrund, nach Tradition und
Identität; die Suche nach einem „neuen Ganzen“, nach der „cultural
identity“.10
Mit Aussagen und Versen, die mir als Belege für die hier angeführten
Themen charakteristisch erscheinen, sollen die Poeten und Schriftsteller der
Region im folgenden noch einzeln und exemplarisch zu Wort kommen.
Fidschi: Die Gespräche, deren Zustandekommen in der USP kurz vor Weih-
nachten zunächst gewisse organisatorische Schwierigkeiten machte, entwickelten
sich dann in einer Atmosphäre großer Offenheit und Freundlichkeit. Der In-
formationsaustausch mit dem Herausgeber der MANA-REVIEW, Subramani,
war für beide Seiten fruchtbar, da man nur wenig voneinander wußte, und
wurde für mich zum Schlüssel für alle weiteren Kontakte. Entstehung und
Funktion der Zeitschrift, die sich aus den Literatur-Seiten des „Pacific Island
Monthly“11 über „The Mana annual of Creative writing“ 197612 zur selbstän-
digen literarischen und kritischen Plattform entwickelte, standen im Mittel-
punkt des Interesses. Wie kam es zur Gründung? Wie wurde das Angebot
aufgenommen? Mit der Errichtung der „University of the South Pacific“ in
Suva als zentraler Bildungsstätte für alle südpazifischen Inseln (auch Cook-,
10 „Cultural identity“ (kulturelle Identität) bezieht sich z. B. auch auf die Abwehr
von Südsee-Klischees.
11 Pacific Island Monthly, Pacific Publications Pty. Ltd., Sydney.
12 THE MANA ANNUAL of Creative writing. 1974. Pacific Publications, Sydney.
(Siehe 11.)
108
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
Gilbert- und Ellice-Islands, Nauru, Neue Hebriden, Salomonen)13 wuchs das
Bedürfnis nach geistigem Austausch und Selbstdarstellung. Eine Flut von
Gedichten und Texten wurde inzwischen angeregt durch die Existenz dieser
Zeitschrift. Englisch, die Bildungssprache — nicht die Muttersprache der Poeten
— gewinnt auf diese Weise eine wachsende Bedeutung als Medium der Kom-
munikation. Welche Probleme ergeben sich aus diesem Grundtatbestand?
Subramanis Antwort darauf ist in mancher Hinsicht typisch: „Ich könnte
heute in Hindi nicht mehr all das ausdrücken, was mich beschäftigt und was
mich bewegt.“ Viele Erfahrungen, vor allem mit der Welt außerhalb der
Inseln, werden heute von vornherein durch die englische Sprache vermittelt.
Daran kann auch eine Zeitschrift nichts ändern. Im Gegenteil, indem sie
Sprachbewußtsein am poetischen Text entwickelt, trägt sie dazu bei, sich die
fremden Ausdrucksformen quasi einzuverleiben, sie der eigenen Bilder- und
Gefühlswelt aufzubereiten. Autoren wie Hone Tuwhare und Witi Ihimaera in
Neuseeland oder Albert Wendt in West-Samoa haben inzwischen bewiesen,
daß eine englischsprachige polynesische Literatur zu sehr eigenständigen Aus-
sagen kommen kann.14
„The Pacific Way“ als ein die pazifischen Inseln miteinander verbindendes
Konzept wird in diesem Gespräch über Probleme der Kommunikation hin-
gegen eher skeptisch beurteilt; es sei zu künstlich.15
„Caring and sharing“ bedeute in diesem Zusammenhang im Grunde „Aner-
kennung der gegebenen Autoritäten“. Als Ideologie beschränke sie sich kultu-
rell mehr oder minder auf Nebensächlichkeiten wie die Ausgestaltung von
Festen. Ein gemeinsames politisches Bewußtsein jedenfalls sei von diesem
Schlagwort nicht zu erwarten.
Mit dem Poeten Pio Manoa, der sich im traditionellen Vala faka-Fisi eben-
falls an unserem Gespräch in Subramanis Büro in der USP beteiligt, sprechen
wir über die Anfänge der Literatur in Fidschi. Die ersten Übergänge vom
gesprochenen zum geschriebenen Gedicht könne man in alten Kolonialzeit-
schriften um 1860 finden, ungehobene Schätze der Fidschi-Dichtung. Aber auch
heute gebe es ihn noch, den „song-maker“. Der MEKE, Tanz, Lied und Ge-
sang, sei in den Dörfern lebendig. Heute ginge es darum, diese alten Tradi-
tionen zu bewahren.
13 vgl. Pacific Islands Year Book. 1971. The Fiji Islands. Pacific Publications. Sydney.
(Siehe 11.)
14 vgl. Ken Arvidson: The Emergence of a Polynesian Literature. In: MANA-Review,
1976. Vol. 1. No. 1. pp. 28—48, siehe a. 2).
15 vgl. Ron Crocombe: The Pacific Way. An Emerging Identity. 1976. Lotu Pasifika
Productions. Suva, Fiji.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
109
Anhand von Pio Manoas Publikationen in der MANA-Review16 haben wir
am folgenden Tag Gelegenheit, Fragen zum Verhältnis zwischen Tradition
und Moderne zu vertiefen. „Bevor der weiße Mann kam, hatten wir unsere
eigenen Träume“ — kommentiert Pio Manoa sein Gedicht „The Dream“, das
er mir auf meinen Wunsch hin vorliest;
„You were the invader,
but armed with the promise
of paradise;
you offered us
the recovery
of what our ancestors
lost in the storm
on the high seas —
our chest of intelligence
and freedom.
We took your word
believing your paradise
accessible . . .“17
Das Wissen der Ahnen, das im Sturm verlorengegangen war — nach einer
alten Legende die Schrift —, wurde durch Hoffnung ersetzt. „Als ich ein
kleiner Junge war“, erzählt Pio Manoa, „sagte man mir, dieser Verlust würde
erklären, warum die Leute in Fidschi nicht so clever wären wie die Europäer.“
Aber die Träume von einem neuen Wissen, von einer neuen Freiheit seien
enttäuscht worden: die Menschen in Fidschi hätten sich inzwischen eingerichtet
mit der Illusion vom Paradies, den vielen Versionen des Konsums. Sie hätten
sich — so erläutert er seine Verse —, daran gewöhnt, daß sie ihre vorfabrizier-
ten Träume aus Büchsen kaufen müßten —
„ . . . your canned dreams
that we must purchase
to keep us high
in the web
we’ve all inherited.“
Der Poet beklagt diese Situation, aber er findet sich nicht mit ihr ab. In
seinem Aufsatz „Singing in their Genealogical Trees“ bestimmt er die Auf-
gaben zeitgenössischer Dichtung im Südpazifik: „The problem of poetry (in
1(i Pio Manoa: Singing in their Genealogical Trees. In: MANA-Review, 1976. Vol. 1.
No. 1. S. 61—70.
17 Pio Manoa: The Dream. In MANA-Review. Vol. 1. No. 2. S. 20. 1976.
no
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
English) in the South Pacific is the problem of finding voices again — as
individuals, as people, as nations. This is where we make our beginning, and
this is where we will end. This is the fundamental struggle, something which
explains the themes of cultural identity, of loss, something which explains the
anger, the concern for social and economic justice, and political wisdom. And
in the matter of expression there is the struggle to feel a new language, with
varying degrees of success, and various phases of development.“18
Pio Manoa untersucht die Möglichkeiten poetischer Kommunikation zwi-
schen den Inseln. Ein neues Gefühl der Gemeinsamkeit, das er nicht im Sinne
einer naiven pan-pazifischen Einheit verstanden wissen will, ist für ihn Grund-
lage der Betrachtung: „ . . . the more we read poems from the other islands
the more we get a sense of belonging together.“ Dieses Bewußtsein aber habe
noch eine weitere Dimension: „If our poets are successful in communicating
our sufferings and joys, and execute this with art, then this gives them not
only local significance but also participation in a wider community of the
world.“19 Da aber kein Poet mit geborgten Gefühlen singen könne, müsse er
verwurzelt sein in seinem eigenen Land, müsse er seine eigene Stimme haben:
„He has to sing with his own. That is one of the obligations he has towards
himself and his art.“20 Insel und Welt sind dialogisch aufeinander bezogen.
Im Rückblick auf die poetische Produktion der letzten Jahre — auf Samm-
lungen von Gedichten aus Samoa, Fidschi, Tonga und den Neuen Hebriden,
die überhaupt erst seit 1974 durch die verdienstvollen Publikationen der
„South Pacific Creative Arts Society“21 verfügbar sind —, unterscheidet Pio
Manoa zunächst verschiedene Stadien der Entwicklung; sie reichen von den
ersten Schreibversuchen junger Poeten bis zu Autoren wie Albert Wendt, die
inzwischen weit über die Region hinaus bekannt und anerkannt sind.22 Sie
verstünden einander aufgrund gemeinsamer historischer Erfahrungen, auch
wenn ihr sprachliches Können unterschiedlich sei. Das Bewußtsein der Poeten
konzentriere sich auf drei Phasen des Kulturkonflikts:
18 Pio Manoa: Singing In their Genealogical Trees. S. 62. s. a. LuBn. 16.
Pio Manoa: Singing in their Genealogical Trees. S. 61. s. a. LuBn. 16.
20 Ibid. S. 61. vgl. Albert Wendt: Towards a New Oceania. 1976. In; MANA-
Review. Vol. 1. No. 1. S. 51.
21 The South Pacific Creative Arts Soviety. Suva, Fiji, publizierte z. B. (als MANA
Publications): Some Modern Poetry from Fiji. 1974. Some Modern Poetry from the
Solomon Islands. 1975. Some Modern Poetry from the New Hebrides. 1975.
Poems: KORERO — by Makiuti Tongia. 1977.
22 z. B. durch den Roman: Sons for the Return Home. 1973. Pacific Paperbacks.
Longman Paul, Ltd., Auckland 10, New Zealand (5. Aufl. 1975).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
11 1
In der ersten Phase ist die Auseinandersetzung mit der Bevormundung durch
Fremde bestimmt von Bitterkeit und Wut — „a people’s way of keeping their
identity“.23
Die zweite Phase ist gekennzeichnet durch eine Einstellung, in der fremde
und eigene Kultur sich vermischen, und zwar auf eine Weise, die die eigene
allmählich schwächt. Nicht Feindseligkeit, sondern Trauer ist das vorherr-
schende Gefühl. So werden beispielsweise die Verführungen der jungen Leute
durch die Stadt beschrieben. „And the more there is of this urge to recover the
past or the Fijian identity the more we are aware of the feeling of loss.“24
Die dritte Phase des Kulturzusammenstosses ist komplexer. Sie gründet in
der Einsicht, daß westliche Lebensformen unwiderruflich eingebrochen sind in
die alte Welt und daß sie bleiben werden. Es gibt keinen Weg zurück zur
Welt der Ahnen.25 „ . . . The realistic attitude would now be of forging a new
way of life, of creating a new organism, of creating a new whole out of the
various humanizing agents at our disposal — from both the old and the
new.“26 Dies könne nicht durch eine platte Nachahmung westlicher Auffassun-
gen und Lebensweisen geschehen, zum Beispiel dadurch, daß man in Übersee
eine europäische Identität anstrebe. In dieser dritten Phase richtet sich die
Kritik der Poeten vor allem an die Adresse der eigenen Landsleute: auf die
Leute, die Gesetze machen, die Einfluß haben und die auf Kosten des gewöhn-
lichen Volkes im Wohlstand leben. Es sind die neuen Unterdrücker, die blind
sind für ihre gefälschte und geborgte Identität. Pio Manoa zitiert in diesem
Zusammenhang die anklagenden Verse seiner Kollegin aus Tonga, Konai
Helu Thaman, mit dem Titel „My Blood“27, in denen es zum Schluß heißt:
„No brother . . .
My problem is not exploitation
Or unequal pay, or unawareness;
My problem is that I
Have been betrayed and trampled on
By my own blood . . .“28
23 Pio Manoa: Singing in their Genealogical Trees. S. 62. s. a. Fußn. 16.
21 Ibid. S. 65. s. a. Fußn. 16.
25 vgl. Albert Wendt: Vortragsmanuskript. S. 1. („Contemporary Arts in Oceania:
Trying to stay alive in Paradise as an Artist“.)
26 Ibid. S. 65. s. a. Fußn. 16.
27 Konai Fielu Thaman: YOU, the choice of my parents. 1974. S. 5. MANA Publica-
tions. Suva, Fiji. (Available from: The South Pacific Creative Arts Soviety.) s. a.
Fußn. 16.
28 Ibid. S. 5. Vgl. Pio Manoa: Singing in their Genealogical Trees. S. 66. s. a.
Fußn. 16.
112
yon Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
Der neue Paternalismus ist deshalb so gefährlich, weil er nicht als solcher
erkannt wird. Für Pio Manoa gehört es zu den wichtigsten Aufgaben der
Poeten, herauszufinden, wer wirklich für das Volk spricht, welche Stimmen
authentisch sind. „There is enough evidence to show that our poets have
become aware. They are now aware of change and the various effects of
change. Their social tasks will be determined by their social conscience.“29
Allerdings müssen seiner Meinung nach diese Aufgaben mit den Mitteln der
Poesie angegangen werden, um die Gefühle der Menschen anzusprechen. Die
Umsetzung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse genüge dafür nicht, vielmehr
brauche man eine neue Sprache und die Wiederherstellung der Phantasie, wenn
die Arbeit der Poeten auch für ein größeres Publikum Bedeutung haben solle.
In der Entwicklung der Dichtung im Südpazifik erkennt Pio Manoa Anzeichen
einer wachsenden Sensibilisierung der Poeten für ihre Lage und für ihre Ver-
antwortung. „The impulse to song is there as our poets feel the urge to har-
monise the split in themselves, and the splits in their changing cultural
environments. Our poets will sing in their genealogical trees because their
several identities are at stake. And no one with a sense of harmony will bear
a song sung out of tune.“30
Im Gespräch über diesen Aufsatz steht die Frage nach den Möglichkeiten,
„ein neues Ganzes“ aus den Bruchstücken des Alten und des Neuen zu schaf-
fen, im Mittelpunkt — im Bewußtsein, daß es auch in Europa vergleichbare
Probleme gibt. Pio Manoa sieht die Dimensionen dieser Aufgabe und die Not-
wendigkeit einer geistigen Integration vieler Wissensgebiete, für die er eine
„gute Theorie“ verlangt, „a kind of philosophical vantage point. To go back
to the question of ‘What is Man’? . . . ‘What is Society’? — and what we
should be doing.“ Zu viele der gängigen Theorien reduzierten das Problem.
Vor dem Fiintergrund seiner Erfahrungen mit Studenten, deren Missionseifer
und Bibeltreue ihn oft irritieren — „we have kind of Inherited that evangelical
fervor and enthusiasm“ —, betont er die rationalen Fähigkeiten des Menschen,
seine Probleme zu lösen. Er verkennt dabei nicht die Bedeutung der spiri-
tuellen Dimension, denn in ihr fand die traditionelle Gesellschaft die alle
Lebensbereiche integrierende Kraft; selbst technische Vorgänge waren in ihr
mit Gebet und Gesang verbunden. „So if you go fishing you have to offer
something to the gods of fishing, and if you go planting you have to observe
all rituals involved with gardening.“ Die Beziehungen zu Göttern, Menschen
und Dingen wurden auf religiöse Weise geordnet.
29 Pio Manoa: Singing in their Genealogical Trees. S. 68. s. a. Fußn. 16.
30 Ibid. S. 69.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
113
Im Gespräch über die Gedichte Pio Manoas geht es im Grunde ebenfalls um
das Thema der zerbrochenen Welten, der Desintegration von Perspektiven und
Strukturen. Inwiefern ist der Schreibvorgang selbst der Versuch einer Antwort
auf diese Situation? Kann der Poet die disparaten Erfahrungen, die er mit
sich und der Welt macht, im Gedicht auf irgend eine Art bewältigen? Welche
Bedeutung hat das Schreiben von Versen im Leben Pio Manoas? Wie ist er
dazu gekommen? — Nicht auf der Schule. Dort habe er allenfalls gelernt, Ge-
dichte zu memorieren. „I haven’t studied poetry .. .“ Ein Jahr, nachdem er
die Schule verlassen hatte, machte er erste Versuche —, „there was a certain
kind of emotions and the sounds just beating that would’nt leave me . . . And
one evening I read through the ‘Waste Lands’ ... it was not the ‘Waste
Lands’ in form ... or anything. It was just the inspiration.“31
Pio Manoa schrieb sein erstes Gedicht während eines Studienaufenthalts in
Australien. Er besuchte in dieser Zeit „The Poet’s Society Meeting“ in Sydney.
Von einem Freund, später von dem bekannten australischen Dichter James
Macauly, wurde er ermutigt, seine Verse zu veröffentlichen. Bevor er sich dazu
entschloß, hatte er lange daran gearbeitet. Auch heute — befragt in welcher
Situation er zum Schreiben komme —, meint er: „For one thing, I don’t write
much at all. And I need a lot of time. You want to sit down ... and then ... at
certain times . . . when you are lonely, you get into the mood of writing . . .
You write to discover what you know . . . Yes, it is a very strange whole
affair ... I don’t put in words with a conscious view to assonance or allitera-
tion, no, it just happens . . .“
Manchmal ist es eine Beobachtung, die Pio Manoa zu einem Gedicht anregt.
Eine Alltagsszene unter einer Brücke — „Under Nabukalou Bridge“ — ruft
seine Kindheit in Erinnerung.32
„Two punts moored
And an old man tattered squats
Absorbed
(I thought of grandpa
who all night on a raft sat coaxing the sea
Fishing)
Here
Perched on the bank between traffic and tide
His fingers coaxing the tangled line
31 Gizycki, Renate von. 1977. Tagebuch I, S. 41 ff. und Tonband.
32 Pio Manoa: Under Nabukalou Bridge. In: MANA-Review 1976. Vol. 1. No. 2.
S. 19.
8 Baessler-Archiv XXVI
114
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
Dreaming
A boy intrudes
Steps over the old man like a challenge
Defiant . . .“
Der alte Mann, der unbeirrt vom Verkehrslärm der Stadt über ihm seine
Angelschnüre in Ordnung bringt, wird für den Dichter zum „image of Time“,
zum Symbol des Menschen und — ganz konkret — zum Bild des Großvaters,
der ebenfalls ein Fischer war, und mit dem er als Kind viel Zeit verbrachte.
In der Gegenwart Fidschis lebt die Vergangenheit fort.
Pio Manoa hat bisher nur wenig veröffentlicht33. Er ist ein stiller, relativ
unbekannter Poet, der aber im Urteil seiner Kollegen als ein Mann gilt, von
dem man noch viel zu erwarten habe. Aus diesem Grunde wurde er hier ver-
hältnismäßig ausführlich vorgestellt.
Tonga: Poesie in Tonga, das war mündliche Überlieferung von Versen, die
verbunden mit Tanz und Musik vor allem der höfischen Unterhaltung diente.
Viele der darin enthaltenen zahlreichen Anspielungen aus Mythologie und
Geschichte blieben den Aufführenden und dem größeren Publikum verborgen.
Sie wurden nur von den Poeten selber und anderen Eingeweihten in ihrer
Bedeutung verstanden34. Dichtung im alten Tonga kreiste um die Häuptlinge,
war „aristocentric“ (Futa Helu)35; sie blieb es in gewisser Hinsicht bis in
unsere Tage, zumindest bis zum Tode der Kuini Salote, 1968, der beliebten
Königin der Tonganer. Die erste Nummer der neugegründeten Literaturzeit-
schrift Tongas, FAIKAVA (Die Kava-Runde), die im April 1978 erschien, ist
ihrem Andenken als „the leading poet of this Century“ gewidmet. Daß die
verstorbene Königin den zeitgenössischen Schrifstellern als „yardstick of ex-
cellence“, als poetischer Maßstab und Leitbild vorgestellt wird, zeigt, wie
stark die neuen Dichter Tongas von der kulturellen Tradition ihres Landes
beeindruckt sind.36
Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, die anders als in Fidschi
und Samoa nicht direkt vom Kolonialismus bestimmt war, hat von daher oft
einen zwiespältigen Charakter, der vielleicht am deutlichsten in dem Gedicht
33 vgl. Fußn. 16, 17, 32. Zwei seiner Gedichte sind inzwischen in Schulbücher auf-
genommen worden.
34 vgl. Kaeppler, Adrienne L. 1967. Folklore as expressed in the Dance in Tonga.
In: Journal of American Folklore. Vol. 80. No. 316. S. 160 f., (insbes. S. 161).
35 Gizycki, Renate von. 1978. Tagebuch II, S. 140 ff. und Tonband.
36 FAIKAVA — A Tongan Literary Journal. 1978. (April) No. 1. c/o. University of
the South Pacific Centre, Nuku’alofa. Tonga, (s. Foreword. S. 2).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
115
„Blood in the Kava Bowl“ des Poeten und Sozialwissenschaftlers Epeli
Hau’ofa zum Ausdruck kommt:
„In the twilight we sit
drinking kava from the bowl between us.
Who we are we know and need not say
for the soul we share came from Vaihi.
Across the bowl we nod our understanding of the line
that is also our cord brought by Tangaloa from above,
and the professor does not know.
Fie sees the line but not the cord
for he drinks the kava not tasting its blood . . ,“37
Nach Streifzügen in mythologische und historische Gefilde kehrt der Dichter
und (promovierte) Anthropologe in das heutige Tonga zurück:
„The professor still talks
of oppression that we both know,
yet he tastes not the blood in the kava
mixed with dry waters that rose to Tangaloa
who gave us the cup from which we drink
the soul and the tears of our land . . .“
Epeli Hau’ofa weiß, daß er seinen Lesern heute einige der Metaphern in
seinem Gedicht erklären muß; er will nicht esoterisch sein, aber er will, gerade
auch gegenüber seinem akademischen Lehrer, seine kulturelle Identität be-
haupten.38
Im Gespräch über das Gedicht in seinem Haus in Nuku’alofa (am 17. Januar
1978) erläutert er die Zeile „of oppression that we both know“ und beschreibt
im Grunde zugleich die Beziehung des modernen Poeten in Tonga zu seiner
Gesellschaft, die man nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Machtverhältnisse
sehen dürfe. „If you look at it as Tongans do, that there are not only lines
but that there are cords that connect, expressive of kinship, umbilical cords,
. . . you see, in fact, that we are basically a kinship society.“ Das heißt, die
Leute, die „ganz oben“ sind („high up“), der König, die Häuptlinge — sie sind
nicht nur Leute „da draußen“ („out there“). Sie sind Verwandte von Leuten
„hier unten“ („down here“). Sie sind durch alle möglichen Blutsverwandt-
37 Epeli Hau’ofa: Blood in the Kava Bowl. In: MANA 1976. Vol. 1. No. 2. S. 21/22.
38 vgl. Epeli Hau’ofa. 1975. Anthropology and the Pacific Islanders. In: Oceania,
XLV, No. 4. S. 283—89. „It is a painful experience for people to sit and listen to
someone talking about himself . . .“
8*
116
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
schäften miteinander verbunden .. ,39 Es gibt also nicht nur Trennungslinien, die
die Gesellschaft zerteilen. „I do not deny that we are oppressed but I think it
is much more complicated than mere political oppression.“ Viel von dem, was
an der Gesellschaft Tongas schön sei, komme aus diesen traditionellen Bindun-
gen, sei aus ihnen erwachsen. Daher sei eine bloß politische Veränderung der
Machtverhältnisse auch keine Lösung der sozialen Probleme.
Die politische Seite sei nur Ausdruck einer tieferliegenden Struktur, und die
müsse zuerst verändert werden, ehe sich die Gesellschaft wandle. Dafür müsse
man ein geistiges Klima schaffen. Im Rückblick auf die Veränderungen in den
letzten zwanzig Jahren registriert der Poet eine ständig wachsende Abhängig-
keit der Tonganer von fremder Hilfe. In einem seiner Gedichte, — das er mir
vorliest —, sagt er dazu:
„Only yesterday
the Sands of Sopu brightened the shores of Nuku’alofa,
horse-drawn carts crawled half-awake the green roads,
and we sent men and money for Missions abroad.
Our fathers bent the winds and strode the waves
to bring the Kula and Mothers of Kings from Upolu . . .“
Und er betrachtet dann die Gegenwart in seinen Versen:
„But the Sands of Sopu are gone,
broken beer bottles strew the Sacred Shore,
the tennis-court from Salt Lake City marks the grave
of Salote’s lawn,
and the one-time nation of givers,
dreaded jaws of the ocean,
begs for crumbs from the Eagle and the Lion.
Yesterday Tangaloa made men,
but the God of Love breeds children.“40
Die letzte Verszeile kommentiert Epeli Hau’ofa auf meine Frage hin: „Der
,Gott der Liebe' ist der Gott der Christen. Und er zähmt die Menschen.“ Die
Art der Werte, die das Christentum eingepflanzt habe, und die er gar nicht
alle in Lrage gestellt sehen will, habe aber überall im Pazifik zu dem bei-
getragen, was er die „Mentalität von Abhängigen“ nennt, einer Bittsteller-
Haltung gegenüber den „Big Brothers“ in Übersee.
39 Gizycki. 1978. Tagebuch II, S. 180 f. und Tonband.
40 Epeli Hau’ofa: Our Fathers Bent the Wind. In MANA Review. Vol. 1. No. 2.
S. 23 (1976).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
117
Der Poet sieht die Verhältnisse mit kritischer Liebe zu seinem Land; er ist
nach Tonga zurückgekehrt, um dort zu leben und zu arbeiten.
FAIKAVA: Für viele Intellektuelle im Südpazifik — wie auch in anderen
Ländern der Dritten Welt —, ist die Beschäftigung mit Kunst und Dichtung
kein Rückzug aus der Politik. Im Gegenteil: Klärung der eigenen Identität
und politische Bewußtseinsbildung, Ausdruck und Vorschule des Befreiungs-
willens.41 Zum Zeitpunkt meines Besuchs in Tonga war die Gründung eines
Kunstzentrums und einer unabhängigen Zeitschrift für Poesie noch im Stadium
der Planung. In Ergänzung, nicht in Konkurrenz zu MANA, sollte eine Zeit-
schrift entstehen, die poetischen Talenten in Tonga selbst ein Forum bieten
könnte. Darüber hinaus sollte sie die literarische Diskussion und den Austausch
von Ideen und Meinungen fördern, nicht nur auf den Inseln selbst, sondern
auch mit Freunden in Übersee. Schließlich sollte sie als eine zweisprachige
Publikation zwischen traditioneller und moderner Poesie vermitteln und ge-
rade die tonganisch schreibenden Poeten ermutigen.
Inzwischen ist diese Zeitschrift unter dem Namen FAIKAVA — A Tongan
Literary Journal (mit ihrer ersten Nummer im April 1978) erschienen. Von
den technischen, finanziellen und organisatorischen Schwierigkeiten, die einer
solchen Gründung im Wege stehen, kann man sich hierzulande kaum eine Vor-
stellung machen; sogar die Schreibmaschine mußte ausgeliehen werden. Die
Herausgeber der Zeitschrift repräsentieren die Bandbreite heutiger Dichtung
und Diskussion in Tonga. Epeli Hau’ofa, der als Kind in Tonga lebte, dann
zwanzig Jahre in der Welt (in Papua Niugini, Australien und Kanada), und
der nun zurückgekehrt ist, um im Lande zu arbeiten, schreibt außer Lyrik
kritische Essays und satirische Geschichten, „zu denen diese Gesellschaft ge-
radezu herausfordert.“ Futa Helu, Philosoph und Gründer des unabhängigen
„Atenisi Institute“, sagt von sich selber, er sei „der Jüngste unter den traditio-
nellen Dichtern Tongas“.42
Konai Helu Thaman, die heute Geographie und Erziehungswissenschaften
an der USP in Suva unterrichtet, und die in Neuseeland und den USA stu-
diert hat, ist inzwischen als Dichterin weit über Tonga hinaus bekannt für
41 vgl. z. B. die Sammlung: Schwarzer Orpheus — Moderne Dichtung afrikanischer
Völker beider Hemisphären. Ausgewählt und übertragen von Janheinz Jahn (Neue
Sammlung). 1964. Hanser V. München.
42 Futa Helu, etwa 40 J., trägt auch alltags den traditionellen Vala. Er empfängt
mich in seiner Hütte, wo wir auf einer Matte sitzend das erste Gespräch führen.
118
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
ihre selbstkritischen poetischen Reflexionen.43 Zu den Herausgebern gehört
auch der deutsche Dozent Thomas Schneider, der 1977 ein Lexikon der All-
tagssprache (Functional Tongan-Englisch/English-Tongan Dictionary)44 her-
ausgebracht hat. Die Offenheit gegenüber „Palangi“-Mitarbeitern zeigt sich
auch darin, daß die Zeitschrift das Gedicht einer in Tonga lebenden Neusee-
länderin abgedruckt hat. Von großer Bedeutung für die Zukunft der Zeit-
schrift ist die Tatsache, daß sich angesehene alte Dichter wie Peni Tutu’ila
an diesem vielversprechenden Forum beteiligen. Das Bild von der traditionel-
len Kava-Runde erhält auf diese Weise einen neuen schöpferischen Sinn.
Poetische Produktion, aus dem Dienst und dem Schutz des Königs entlassen,
erfährt in ihr die lebenswichtige Resonanz. Mit dieser, in ihrer Aufmachung
bescheidenen, in ihrem Anspruch großen Publikation beginnt die moderne
Literatur Tongas.45
Im Gespräch mit Futa Helu geht es um Fragen tonganischer Erziehung
heute. 1963, nach seiner Rückkehr aus Australien, wo er studiert hatte,
gründete er mit einer kleinen Gruppe von Schülern „Atenisi Institute“. Diese
„Schule von Athen“ in Nuku’alofa unternimmt den mutigen Versuch, eine
freie Bildungsstätte zu sein, ohne kirchliche Bevormundung und staatliche
Kontrolle. Ihr Ziel ist es, selbständig denkende und kritikfähige Menschen
zu erziehen. Sie versteht sich bewußt als Alternative zur gängigen technokra-
tischen Ausbildung. Trotz ihrer ärmlichen Ausstattung ist diese kleine Uni-
versität in Tonga heute so etwas wie eine „Bastion des kritischen Denkens“,
in der Raum ist für griechische Philosophie und die Werte der alten Kultur.
(In der angeschlossenen High School gibt es heute etwa 800 Schüler. Am
College lernen 30 Studenten.)46
Auf meine Frage, ob er selber Gedichte schreibe, antwortet Futa Helu:
„Yes, but I write traditional poetry . . . there was no such thing as poetry
for its own sake in Tonga. Poetry, music and dance usually go together in
our arts. This is a recent thing, this specialization of the different arts. I
write poetry in this traditional way, I write poetry for dances. I put
it into traditional melodies myself. I am the youngest of these traditional
poets here in Tonga. The other traditional poets are very old men.“
43 vgl. Fußn. 27.
44 T. Schneider. 1977. Functional Tongan-English/English-Tongan Dictionary. Dis-
tributed through ’Atenisi University.
45 Schrift und Buchdruck dienten bisher fast ausschließlich kirchlichen bzw. staatlichen
Zwecken.
46 ’Atenisi Institute — University Division. 1978. (Informationsschrift).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
119
Futa Helu sieht den Tanz als Teil eines größeren kulturellen Zusammen-
hangs mit religiösem Hintergrund, und er sieht das Problem, ihn in einer
modernen Gesellschaft am Leben zu erhalten. Man könne die Kultur nicht von
der Gesellschaft abtrennen; sie müsse im Verlaufe sozialer Veränderungen im-
mer wieder modifiziert werden. Futa Helu beklagt, daß man die besonders
schöne Art der Poesie und Musik in Tonga vor dem Ansturm moderner Ein-
flüsse vermutlich nicht bewahren könne. „What the Tongan poets could do
is to adapt our poetry in characteristic ways to be able to live with this
modern World and enrich the modern society with what the past has to con-
tribute.“
Zur Zeit arbeitet Futa Helu an einem Buch über „Tongan Poetry“47, das
auch moderne Dichtung umfassen soll. Er berichtet, daß auch einige der Dich-
ter, die traditionelle Verse schreiben, heute versuchen, die Veränderungen in
der Gesellschaft zu reflektieren. In Peni Tutu’ilas Gedichten ginge es dabei um
Themen wie die steigenden Gemüsepreise auf dem Markt, um Touristen oder
um die Art und Weise, in der kleine Händler ihre Sachen an sie verhökerten.
Eine Neubelebung der Muttersprache scheint also auch in trationellen Versen
möglich.
Fragen tonganischer Kultur erleben gerade jetzt eine erstaunliche Renais-
sance. In „Atenisi College“ laufen Kurse über „Tongan Culture“ auf Univer-
sitätsebene; aber auch viele Schulen im Land interessieren sich dafür. Futa
Helu begrüßt diese Entwicklung, meint aber, daß es nicht genüge, die Kultur
wiederzubeleben. Man müsse sie auch verstehen lernen. Dazu müßten die
Studenten lernen, sich auf Distanz zu ihr zu begeben, sie zu analysieren, um
ihre Zusammenhänge zu begreifen. Um aber die eigene Kultur kritisch sehen
zu können, müsse man zurückgehen auf die Ursprünge europäischer Kultur,
auf die westliche kritische Tradition, denn nur dort fände man die Werkzeuge,
die man für die Analyse brauche, den kritischen Apparat für das Verständnis
einer jeden Kultur. Aus diesem Grunde hält er das Studium der griechischen
Klassiker für eine wichtige Voraussetzung. Diese unbefangene Einstellung
gegenüber westlichen Ideen und Werten, (die auch von Epeli Hau’ofa in vie-
len Hinsichten geteilt wird,) ist vermutlich aus der besonderen historischen
Situation Tongas zu erklären. „We have never known colonialism here in
Tonga. In that way we are different in our attitude not only towards „Palan-
gis“ but any other race of people . . . Wie really regard them as our
equals . . ,“48
47 vgl. FAIKAVA a. a. O., S. 21; (Tongan Poetry I.)
48 Gizycki. 1978. Tagebuch II, S. 141 ff. und Tonband.
120
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
Publikum und Resonanz: Für wen schreiben die modernen Poeten des
Südpazifik? Wer ist ihr Publikum? Wer hört sie heute? Höfische Gesellschaft
und Häuptlinge wurden inzwischen durch Universität und Schule ersetzt.
Ihr Mäzen ist beispielsweise die „South Pacific Creative Arts Society“. Im
Umkreis der Bildungsstätten, nicht mehr im Dorf, entstehen ihre Gedichte.
Ihre Adressaten sind imgrunde zunächst sie selber: Poeten und potentielle
Poeten, wobei die neugegründeten Zeitschriften ganz im Zentrum der Auf-
merksamkeit stehen. Hinzugewonnen haben manche von ihnen (wie z. B.
Albert Wendt) eine europäische Leserschaft, gebildete „Pakeha“ in Neusee-
land, deren Selbstbild Mitte der sechziger Jahre durch die in englischer Sprache
erscheinende Literatur ihrer braunen Landsleute und „Gastarbeiter“ (Maori
und Samoaner) plötzlich in Frage gestellt wurde.49 50 Die Vorstellungen von
einer Integration der „Maori Culture“ erwiesen sich als eine Illusion.
Und wie verhält es sich mit dem Interesse an Dichtung im Alltag der
Inseln? In welchen Situationen spielt sie heute noch eine Rolle? Während
meines Aufenthaltes in Tonga bin ich ihr in zahlreichen und sehr verschiede-
nen sozialen Situationen begegnet. Für die pensionierte Lehrerin Tu’ifua
’Utoikamanu in Neiafu/Vava’u z. B. ist die Poesie der Vergangenheit noch
bis in die Umstände ihrer Entstehung hinein vertraut; die Dichter Mamaeae-
poto und Falepapalangi30 sind für sie noch heute lebendig. Sie bewahrt sie in
ihrem Gedächtnis. Gemeinsam mit ihrer Freundin (Patricia Matheson-Led-
yard, Autorin des Buchs: Friendly Island)51 verwahrt sie sorgfältig hand-
geschriebene Textversionen von Gedichten der Queen Salote und anderer
Poeten. Auch unter jüngeren Tonganern schätzt man die noch lebenden
älteren und alten Dichter, wie zum Beispiel The Hon. Ve’ehala, der noch
1976, damals als Kulturminister, die tonganische Abordnung zum „South
Pacific Arts Festival“ in Fidschi anführte; mit einem eigenen Beitrag, zwei
Stücken auf der schwierig zu spielenden Nasenflöte (Fangu fangu), rief er
alte polynesische Weisen in Erinnerung.52 Das positive Verhältnis zur Tradi-
tion kommt in Tonga (wie bereits erwähnt) in der Anerkennung der ver-
storbenen Queèn Salote als Dichterin zum Ausdruck. Zu meiner Überraschung
sind aber auch die jüngeren und jüngsten Poeten Tongas bekannt und beliebt,
49 vgl. Fußn. 14.
50 vgl. Gizycki. 1971. S. 179 ff.
51 Ledyard, Patricia. 1974 (1956). Friendly Island. Pacific Publications. Sydney.
N.S.W.
52 vgl. Koch, G. 1955. Südsee — gestern und heute. (A. Limbach V.) Braunschweig.
S. 258; sowie: Festival Music from Tonga. Reed Pacific Records Ltd., Wellington,
N.Z. (1976) Side Two: Tau’a’alo.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
121
wie ich immer wieder in Gesprächen unterwegs, in meinen Unterkünften und
bei Zufallsbegegnungen feststellen konnte. Man kennt ihre Namen und weiß,
wo sie lebe« oder wo sie als Lehrer tätig sind. Oft waren es ehemalige
Schüler der Poeten. Auch wenn diese Beobachtungen wenig repräsentativ sein
mögen, so zeigen sie doch, daß in der jungen Generation ein Interesse an
Dichtung besteht, für das die neue zweisprachige Zeitschrift FAIKAVA wich-
tige Impulse geben könnte.
Welche Funktionen haben Zeitschriften wie MÄNA und FAIKAVAf
Hier können nur erste und unsystematische Überlegungen als Zwischen-
bilanz skizziert werden: Der Titel FAIKAVA evoziert das Bild einer Kava-
Runde, „einer Gruppe von Menschen, die reden, träumen und ihre Gedanken
schweifen lassen“53. Sie sind Forum für den Austausch von Ideen und Mei-
nungen. Sie sind Ermutigung für kreatives Schreiben, Katalysatoren der poeti-
schen Produktion. Sie verhelfen jungen und alten Inselbewohnern im Süd-
pazifik dazu, ihre Schreibtalente zu entdecken; ihren Gefühlen Ausdruck zu
geben; zur Bewußtwerdung der eigenen Welt, der sozialen und politischen
Situation.
Sie sind ein Beitrag zur Klärung von Selbstverständnisfragen, zur indivi-
duellen Identität, zur „cultural identity“.
Sie tragen bei zur Flerausbildung eines neuen Selbstbewußtseins; zur Aus-
einandersetzung mit den westlichen Lebensformen, der Welt der „Palangi“;
mit dem Erbe des Kolonialismus und den Einflüssen des Tourismus. Sie tragen
bei zur Information und zur besseren Kenntnis übereinander. Schließlich zur
Entwicklung eines eigenen Stils und einer eigenen Stimme. In diesen Zeit-
schriften hören die Menschen des Südpazifik auf, nur Gegenstand der Beschrei-
bung durch andere zu sein.
Eine weitere wichtige Funktion, die man nicht vergessen sollte, ist die
als Lesestoff in einer Region, die fast völlig alphabetisiert ist, jedoch kaum
über Lektüre verfügt, die über Bibeltexte, Erbauungstraktate, Regierungs-
blätter, importierte Schul- und Taschenbücher hinausgeht. Geschichten aus dem
heutigen Leben Tongas z. B. gibt es bisher so gut wie gar nicht.
West-Samoa: Gespräche mit Ruperake Petaia und Albert Wendt in Apia.
Fieute sehen viele Autoren im Südpazifik Entwicklung und Blüte der Poesie
im Zusammenhang mit der Befreiung von kolonialer Bevormundung. Sie be-
rufen sich auf eigene Erfahrungen oder verweisen auf Beispiele wie Papua
53 vgl. Fußn. 36, S. 1.
122
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
Niugini, wo innerhalb weniger Jahre eine neue Literatur mit großer Aus-
strahlung für Ozeanien entstanden ist.54 Mit der Schriftsteller-Werkstatt, die
im August 1974 von der UNESCO in Zusammenarbeit mit der USP in Suva,
Fidschi, veranstaltet wurde, und an der Poeten und Schriftsteller aus 12 ver-
schiedenen pazifischen Ländern beteiligt waren, entwickelte sich ein neues Zen-
trum der modernen englisch-sprachigen Literatur in dieser Region. Der
„Creative Writers Workshop“ wurde von den Beteiligten besonders deshalb
als Erfolg erlebt, weil er ohne ausländische Hilfe organisiert worden war.
„The canoe is afloat“ — mit diesem Bild beschreibt eine der Teilnehmerinnen
das Erfolgserlebnis.55 Der Name Albert Wendt ist mit dieser Entwicklung eng
verbunden; er steht nicht nur für den hervorragenden Autor.56 Als Roman-
schriftsteller, Dichter, Essayist sah er immer auch seine Aufgabe darin, Poeten
und Künstler zu fördern, junge Talente zu ermutigen, kritische Maßstäbe zu
setzen und mitzuarbeiten an Ausstellungen oder Workshops. Er unterrichtete
an der USP „creative writing“ und war Mitbegründer der MANA-Review.
„I have never been one for art with a capital A. Art is for human-kind’s
sake; it is for my children and their future. I am Interested in the arts of our
region not only for their own sake but in how they can be used to heal and
restore our pride, self-confidence, and self-respect; in how they can reshape,
redefine, discover and rediscover our cultures and help give birth to new
cultures and a new Oceania.“57
Albert Wendt, Jahrgang 1939, Samoaner „with a ‘dash’ of German“, hat
seine Wurzeln im Dorf und seine zweite Heimat in Neuseeland. Er ist kürz-
lich mit seiner Familie nach Samoa zurückgekehrt und an der Außenstelle der
USP in Apia verantwortlich für die Ausbildung von Studenten.58
Zum Zeitpunkt meines Besuchs, Ende Januar 1978, arbeitet Albert Wendt
gerade an seinem Vortrag „Contemporary Arts in Oceania: Trying to stay
alive in Paradise as an Artist“ für einen „Art Workshop“ in Wellington. Die
in diesem Papier entwickelte Position ist auch Gegenstand unseres Gesprächs.
Er setzt sich darin kritisch auseinander mit dem Anspruch von Gelehrten und
54 vgl. Black Writing from New Guinea. 1973. Edited by Ulli Beier. University of
Queensland Press. (Asian and Pacific Writing 3).
55 vgl. Fußn. 12: Introducing MANA 1974. S. 1; sowie: Writers Workshop. S. 67, by
Marjorie Tuainekore Crocombe.
56 vgl. Fußn. 22 sowie 2; Flying Fox in a Freedom Tree, short stories and a novel,
by Albert Wendt; Inside us the Dead, poems 1961 —1974, by Albert Wendt.
Pouliuli, Novel by Albert Wendt. 1978 (Pacific Paperbacks).
57 vgl. Fußn. 25.
38 Assistant Director of Extension Services, USP, Apia/W.Samoa.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
123
Wissenschaftlern, „foreign scholars“, die Kunst dieser Region zu erforschen,
sie zum Thema akademischer Untersuchungen zu machen:
„My objection to this literature is that it gives the impression that our
ancestors’ art; is still the Oceanic Art of today; or that, if it isn’t, it ought to
be; or that we have not produced any worth-while art since the papalagi
came; or that if we are producing some art it is not ‘authentic’ Oceanic Art
and therefore not worthy of serious discussion.“59
Diese diskriminierende Beurteilung betreffe nicht nur Gegenstände und
Bücher, sondern das Leben der Künstler auf diesen Inseln: „it has been a
bitter source of anger and humiliation.“ Warum verlangen diese Experten
denn nicht die gleiche „Authentizität“ von ihren eigenen Schriftstellern und
Malern? „Beowulf“ oder die „Höhlenmalerei“ ihrer Ahnen? Mit dieser Frage
verdeutlicht er die Zumutung, die eine gewisse puristische und bornierte
Wissenschaft für die Betroffenen bedeutet; romantische Forderungen dieser
Art könne man allerdings auch auf den pazifischen Inseln hören. Man dürfe
die Achtung vor der Kunst der Vorväter aber nicht dazu mißbrauchen, die
gegenwärtige Kunst zu verdrängen.
Kolonialismus und Christentum haben den Künstler der traditionellen Ge-
sellschaft von seinen Wurzeln abgetrennt und ihm die spirituelle und die
ökonomische Lebensgrundlage entzogen. Heute kommt es, nach Meinung
Albert Wendts, zu einer Wiederbelebung künstlerischer Produktion. Wie
schnell die Heilung nach diesem Verfall fortschreiten könne, hänge von vielen
Faktoren ab; vom Prozeß der Dekolonisation; vom Wiedererstarken des
Selbstgefühls der Völker; von einzelnen Künstlern, Katalysatoren und Mäze-
nen; von der Bereitschaft aufgeklärter Führer und Bildungspolitiker. Daß eine
„großzügige“ Tourismus-Industrie die Künste Ozeaniens beleben könne, wie
einige Politiker naiv und optimistisch hoffen, hält Albert Wendt allerdings für
ausgeschlossen. Er verweist auf den Zwangsjacken-Charakter, den solche Er-
wartungen für die Künstler haben und auf die verlogenen und mediokren
Ergebnisse solcher Arbeiten in einer Pseudo-Tradition.
Ruperake Petaia, ein junger, zunächst etwas stiller Poet, der als Verwal-
tungsangestellter sein Brot verdient und gerade mit Gedichten in der Zeit-
schrift MANA hervorgetreten ist60, nimmt an einem zweiten Gespräch über
Aufgaben und Möglichkeiten der Dichtung im heutigen „Oceania“ im Hause
Albert Wendts teil. Schreiben ist für ihn ein Weg der Befreiung, zum Beispiel
59 vgl. Fußn. 25.
90 Ruperake Petaia: Star in the Marble. MANA Vol. 1. No. 2. S. 25 (1976).
124
von Gizycki, Faikava — Poeten in Polynesien heute
vom Trauma der Schule, die er in seinem Gedicht „Education“ mit einem Akt
des „Kidnapping“ satirisch beschreibt. Das Ergebnis dieser Prozedur ist schließ-
lich die „whitefication“, das Weißmachen und die Anpassung an das fremde
kulturelle System.
„Kidnapped
I was six when
Mama was careless
She sent me to school
alone
five days a week
One day I was
kidnapped by a band
of Western philosophers
armed with glossy-pictured
textbooks and
registered reputations
‘Eiolder of B.A.
and M.A. degrees’“ . . .
Im Verlaufe dieses Vorgangs wurden seine Eltern immer ärmer, seine Kid-
napper immer reicher, er selber immer weißer, bis man ihn schließlich, nach
15 Jahren, zusammen mit anderen Opfern entlassen habe; geblieben sei ihm
„a piece of paper / to decorate my walls / certifying my release“.01 Der Alp-
traum der Schule ist poetisch gebannt. Wie wird es weitergehen? Individuelle
Emanzipation ist hier ein Anfang.
Bis vor wenigen Jahren wurde fast alle Literatur über Ozeanien von
Außenstehenden geschrieben. Poesie in Fidschi, Samoa und Tonga war münd-
liche Überlieferung oder kirchliches Lied. Sie wurde gesammelt und bearbeitet
von Missionaren und Wissenschaftlern und als Folklore gewürdigt. Fieute ist
die moderne Dichtung Polynesiens auf dem Wege, als Teil der Weltliteratur
ins Bewußtsein ihrer Zeitgenossen zu dringen. „Wir haben nichts dagegen, daß
man über uns berichtet“, sagte mir eine junge Lehrerin in Tonga, „aber nicht
so, als wären wir stumm.“ Die Stimmen der Poeten Polynesiens sind im Süd-
pazifik unüberhörbar geworden. In seinem Aufsatz „Towards a New
Oceania“62 entwirft Albert Wendt, der profilierteste Sprecher einer neuen
Generation von Poeten, das Bild einer Kultur, die ihr Erbe lebendig weiter-
entwickelt; die sich nicht einsperren läßt in falsche Begriffe von „Tradition“
(il Ruperake Petaia: Education. MANA. Vol. 1. No. 1. S. 54/55 (1976).
In MANA. Vol. 1. No. 1. S. 49—60.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
125
und „Authentizität“; die wie ein Baum aus ihren Wurzeln heraus wächst und
immer neue Zweige und Blätter bildet. Er analysiert die Irrwege und die
Gefahren bei der Auseinandersetzung mit der „Papalagi culture“ — wie die
kritiklose Übernahme westlicher Werte, den Mangel an Selbstvertrauen —, und
beschreibt dann das ungeheure Potential an Kreativität in diesem Kulturraum:
„A fabulous treasure house of traditional motifs, themes, styles, material
which we can use in contemporary forms to express our uniqueness, identity,
pain, joy, and our own visions of Oceania and earth.“63
63 Ibid., S. 58, vgl. Fußn. 20.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
127
LES COMBATS MOCHICAS:
ESSAI D’INTERPRETATION D’UN MATERIEL
ARCHEOLOGIQUE A L’AIDE DE L’ICONOLOGIE,
DE L’ETHNO-HISTOIRE ET DE L’ETHNOLOGIE
ANNE MARIE HOCQUENGHEM, Paris
L’iconographie Mochica
Entre —200 et 700, sur la côte septentrionale du Pérou, les Mochicas dépo-
saient à côté des corps de certains de leurs morts du matériel funéraire, en
particulier des vases de terre cuite. Toutes les tombes ne sont pas également
riches en objets, dans certaines, près des grands centres cérémoniels, les archéo-
logues ont retrouvé plusieurs dizaines de poteries, dans d’autres près des sites
d’habitations, ils ont mis à jour quelques vases seulement, dans d’autres encore,
aucun matériel n’avait été placé (Uhle 1913, Kroeber 1925, Doering 1967,
Donnan 1973).
Nous pouvons supposer que le contenu des tombes n’est pas sans rapport
avec le rang et la fonction qu’occupait et remplissait le défunt de son vivant
dans la société mochica.
Les objets qui proviennent des fouilles dans les cimetières sont généralement
décorés, les vases sont modelés et peints, l’iconographie qu’ils présentent
constitue une source d’informations sur l’environnement, les coutumes et les
croyances des Mochicas. L’étude des représentations figurées sur les poteries
conservées dans les collections du Musée de l’Homme de Paris, du Museum
für Völkerkunde de Berlin, du Museo Nacional de Antropología y Arqueo-
logía de Lima, ainsi que sur les pièces publiées, nous a permis de constater
quelques faits à propos de cet ensemble iconographique.
Les scènes sont en nombre limité, elles ne sont pas indépendantes les unes
des autres, des personnages, des animaux, des végétaux, des objets ou un décor
en commun, comme une même action les unissent. Elles sont sujettes à une
double représentation, elles se jouent dans un monde «réel» et dans un monde
«fabuleux». Ce sont des évènements à caractère cérémoniel qui sont traités, et
non pas les tâches et les échanges de la vie quotidienne. Chaque scène particu-
lière est reprise un grand nombre de fois, soit de manière identique, soit avec
des moyens d’expression artistique variés, sur des supports de formes diffé-
128
Hocquenghem, Les combats mochicas
rentes; de plus chacun de ses détails est susceptible d’être, lui même, repris et
reproduit en plusieurs exemplaires.
Ce qui nous a paru caractériser cette iconographie c’est la répétition systé-
matique, qui dénote un ordre intentionnel, une logique interne. Le système
cohérent de relations, entre chaque représentation et leur ensemble, nous a
semblé témoigner du sens profond de ces images (Hocquenghem 1973, 1977
a et b).
A ce niveau d’analyse un choix s’impose, ou se limiter à une recherche
descriptive, présenter chaque scène et ses détails publier un corpus photo-
graphique des vases, ou poursuivre une recherche interprétative, tenter de
restaurer le sens perdu de cette iconographie et la signification particulière de
chacune des scènes. Il n’y a pas lieu de revenir ici sur le problème de «l’inter-
prétation», de ses définitions, de ses objets, de ses méthodes, de ses limites,
disons simplement que nous sommes, au moins partiellement, conscients de
tous ces écueils. Malgré les difficultés et les objections prévisibles, nous avons
choisi, pour compléter le travail d’analyse, d’interroger les images, et de
proposer quelques réponses quant à leurs significations possibles. Il est bien
entendu que celles-ci ne sont pas le fait des Mochicas, mais de l’iconologue,
qu’elles ne sont en aucune façon définitives et qu’elles demandent à être
discutées, remises en question.
Comme les scènes se répètent toujours semblables, qu’elles sont modelées et
peintes sur des vases qui ont été déposés, non pas dans toutes les tombes mais
dans celles de certains individus et qu’elles représentent, non pas des actes
profanes mais des actes sacrés, nous avons été amenés à supposer qu’elles
illustraient des mythes et des rites, et à penser que ceux-ci devaient être en
relation avec les défunts, avec les rôles qu’ils avalent tenus de leur vivant et
ceux qui leurs étaient attribués au delà de la mort (Hocquenghem 1977 b).
Suivant cette hypothèse, chaque scène «réaliste» devrait correspondre à un
rite particulier dont il faut reconstituer le, ou les, sens (Hocquenghem 1977 c).
Une des scènes de l’iconographie mochica, souvent reprise dans toute sa com-
plexité, ou dans chacun de ses détails, représente un combat. Nous nous pro-
posons d’analyser les données iconographiques sur ces combats et de les com-
parer aux données ethno-historiques et ethnographiques contenues dans les
textes qui se réfèrent aux combats rituels andins; ceci dans le but de déter-
miner, dans quelle mesure les informations réunies depuis la conquête sur les
rites indigènes peuvent aider à retrouver le sens des rites modelés et peints sur
les vases que nous étudions.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
129
Données iconographiques sur les combats mochicas
Les guerriers qui s’affrontent portent des costumes semblables, ils sont
protégés contre les projectiles par des casques et des boucliers, leurs chemises
et leurs jupes sont, quelquefois, recouvertes de plaques de métal, ils sont armés
de frondes, de propulseurs, de massues et de fouets (Hocquenghem 1974 et
fig. 1 à 7).
Ce ne sont pas des mélées générales qui sont représentées, un ordre règne,
et les combattants s’affrontent deux à deux (fig. 1 à 6).
Bien que du sang coule, indiquant des blessures, et que des corps inanimés
restent sur le terrain (fig. 4 et 5), le but de ces combats paraît être de
capturer l’adversaire. Les prisonniers sont ramenés nus, la corde au cou, par
les vainqueurs qui portent en trophée les armes et les vêtements des vaincus
(fig. 7, ph. 2, et Kutscher 1954 pl. 24).
Le décor des scènes indique que les combats se livrent dans une région
désertique, aux pieds des montagnes (fig. 1, ph. 1 et Kutscher 1954 pl. 20 A
et B).
Des éléments iconographiques attirent l’attention, les guerriers ont des
ceintures ornées de petites graines et des petits chiens y sont attachés (fig. 1, 6),
sur le champ de bataille se trouvent des jarres (fig. 3), les cactus et les tilland-
sias, qui font partie de la flore de cette région désertique, sont souvent repré-
sentés déracinés (fig. 2). Plus étonnant est le fait que des fruits et des
graines, qui ne poussent pas dans le désert, flottent dans le décor entre les
guerriers (fig. 1 à 7 et ph. 1).
Données ethno-historiques et ethnographiques sur les combats rituels
dans les Andes
D’après Rowe, qui a réuni les informations de Cobo, Molina, Polo de
Ondegardo, Acosta, Poma de Ayala et Betanzos, sur les cérémonies des Incas,
un combat rituel avait lieu chaque année le jour de la nouvelle lune de
janvier. Les jeunes nobles, qui venaient d’être initiés en décembre, et de rece-
voir le cache-sexe et les ornements d’oreilles, insignes de leur statut d’hommes
et d’incas, s’affrontaient avec des frondes sur la grande place de Cuzco (Rowe
1946 p. 309). Cristobal de Molina, el Cuzqueno, précise que les deux camps
qui s’opposaient représentaient les deux moitiés de la ville, et que les jeunes
guerriers montraient leur courage, leur force (Molina 1947 p. 118—119).
9 Baessler-Archiv XXVI
130
Hocquenghem, Les combats mochicas
Le combat était suivi d’autres rites au cours du mois de janvier qui, tous,
faisaient partie de la cérémonie du «Kamay». Un lama était sacrifié, d’autres
lamas destinés à servir au cours des rites suivants étaient consacrés, des danses
avaient lieu. A la pleine lune, des sacrifices étaient encore pratiqués et les
guerriers dansaient entre eux en tenant une corde de quatre couleurs. Six jours
plus tard, les cendres des sacrifices de l’année précédente étaient mélangées avec
de la coca, des fleurs, des piments, des cacahouètes, de l’alcool de maïs, la
chicha, du sel, et le tout était jeté dans la rivière pour être porté à Viracocha
le créateur (Rowe 1946 p. 309).
A l’époque inca, les membres de l’élite, les nobles, se chargeaient d’accom-
plir les tâches rituelles, le reste de la population effectuait les tâches profanes.
Les rites étaient célébrés chaque année, une cérémonie particulière correspon-
dait à chacun des douze mois lunaires, et le calendrier cérémoniel était réglé
sur le calendrier agraire (Rowe 1946 p. 308, Valcarcel 1946 p. 471).
Dans les Andes le calendrier des tâches agricoles est rythmé par l’alternance
d’une saison sèche, de juin à novembre, et d’une saison humide, de décembre
à mai. Quand, il pleut sur les hautes terres, l’eau descend dans le lit des
fleuves' intermittents, qui forment les vallées oasis du désert côtier. Bien qu’il
existe quelques décalages, suivant les altitudes et les plantes cultivées, pendant
la saison sèche, les champs sont préparés, les canaux d’irrigation nettoyés et le
maïs, les haricots, les pommes de terre, le manioc sont plantés. Les graines
poussent et les fruits mûrissent pendant la saison humide et la récolte a lieu
à la fin de cette période.
Les nobles incas plantaient, entretenaient et récoltaient cérémoniellement le
maïs, la plante noble par excellence. En décembre, le premier mois de la
saison humide et celui du solstice d’été, se célébrait le «Kapac Rzymi», le
festival magnifique. Ces cérémonies en tant que rites agraires devaient être
liées à la germination du maïs. En tant que rites de passage, ils devaient
correspondre à l’initiation des jeunes nobles. Après le solstice, en janvier, le
deuxième mois de la saison humide, se célébrait le «Kamay», qui a le sens
«d’animer» ou de «créer» (Taylor 1974—1976 p. 231—244), pendant le mois
dit «Juchuy Pokoy» ou «petite maturation». En tant que rites agraires, les
combats du «Kamay» devaient être liés à la poussée du maïs, en tant que rites
de passage il semble que les jeunes guerriers devaient faire la preuve de leur
force et de leur courage. Nous pensons qu’une certaine correspondance entre
la vie du maïs et celle des nobles était reconnue, et qu’après le solstice, les
jeunes hommes, comme les jeunes plantes, devaient montrer leur vitalité.
Il faudrait rechercher systématiquement les informations sur les combats
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
131
rituels pendant la période coloniale, d’après Hartmann (1972 p. 135), Acosta
mentoinne un jeu dangereux ou «Puccla» qui se rapproche des batailles
rituelles telles que nous pouvons les observer actuellement.
Chervin (1907—1908 p. 218) a noté, au début du siècle, qu’à l’époque du
Carnaval des simulacres de combats avaient lieu en Bolivie. Bandelier (1910
p. 88, 96, 15) a constaté que dans la région du lac Titicaca les Indiens se
livraient à des combats à l’occasion de la fête de la Candelaria, en janvier.
De nos jours de batailles rituelles ont été observées, décrites et analysées par
de nombreux ethnologues (Alencastre et Dumézil 1953, Gorbak, Lischetti et
Muñoz 1962, Contreras 1955, Barrionuevo 1971, Hartmann 1972, Brownrigg
1972). Elles ont lieu chaque année, autour du mois de janvier, entre Noël et
le Carnaval, en Equateur comme au Pérou, et elles présentent des traits
communs d’une région à l’autre.
Au Pérou, les guerriers sont vêtus de leurs costumes traditionels (Alencastre
et Dumézil 1953 p. 22, Gorbak, Lischetti et Muñoz 1962 p. 247). En Equa-
teur, où les combats se nomment «pucara», les combattants se protègent des
projectiles avec des boucliers, des larges chapeaux, des ponchos et des panta-
lons de cuir (Hartmann 1972 p. 131). Leurs armes sont dites «incaïques» ou
«traditionnelles» ce sont des frondes, des bolas, des fouets et des bâtons qui
servent de massues (Alencastre et Dumézil 1953, p. 20, Gorbak, Lischetti et
Muñoz 1962 p. 248, Hartmann 1972 p. 131).
Les combats suivent des règles, ils se déroulent en plusieurs phases entre-
coupées de chants, de danses, des musiciens accompagnent les guerriers. Les
participants consomment de la nourriture, de l’alcool et de la coca (Alen-
castre et Dumézil 1953 p. 20, Contreras 1955 p. 111, Gorbak, Lischetti et
Muñoz p. 253—255).
Au Pérou il ne semble pas qu’il y ait de chefs, mais les guerriers les plus
courageux s’opposent les premiers, ils donnent l’exemple (Alencastre et Dumé-
zil 1953 p. 20, 25, 26, Gorbak, Lischetti et Muñoz 1962 p. 249—250). En
Equateur, Hartmann (1972 p. 132) indique qu’il y a deux chefs, ou «man-
dones», qui s’opposent avant les autres.
Les vaincus sont faits prisonniers, ils sont dépouillés de leurs vêtements, de
leurs armes, et de leurs femmes si elles ont l’imprudence d’assister à la fin du
combat. Tout est rendu quelques jours plus tard, ou légalement conservé. Bien
qu’il y ait des morts et des bléssés, les familles des victimes ne se plaignent
pas. S’il faut déclarer les décès aux autorités, et que celles-ci réclament un
coupable, l’ensenble de la communauté désigne un bouc émissaire dont la
a*
132
Hocquenghem, Les combats mochicas
famille sera entretenue par le village, s’il doit purger une peine de prison.
Les hommes qui ont perdu leur vie au cours de la bataille ne sont pas l’objet
d’un deuil marqué (Alencastre et Dumézil 1953 p. 20, 21, 28, Gorbak, Lis-
chetti et Muñoz 1962, p. 249, 250, 258, Hartmann 1972 p. 132, Barrionuevo
1971 p. 84, Contreras 1955 p. 117).
Le caractère rituel de ces batailles est noté par tous les observateurs, elles
«doivent» avoir lieu et les autorités n’arrivent pas à les interdire (Alencastre
et Dumézil 1953 p. 22).
Les Indiens, eux-mêmes, expliquent que l’origine des combats est très an-
cienne, que leurs aieuls y participaient et qu’ils continuent à s’affronter parce
que c’est la coutume (Alencastre et Dumézil 1953 p. 27, Gorbak, Lischetti et
Muñoz 1962 p. 290, Barrionuevo 1971 p. 81).
Les participants pensent qu’il est possible, suivant l’issue du combat, de
prédire si la récolte sera abondante ou non, si la faim sera ou ne sera pas à
craindre dans l’année qui viendra (Alencastre et Dumézil 1953 p. 21, 29,
Gorbak, Lischetti et Muñoz 1962 p. 289). La valeur agraire du rite est aussi
indiquée par Hartmann (1972 p. 132) et par Barrionuevo (1971 p. 79).
Brownrigg (1972 p. 96) note que les guerriers combattent pour le bien-être
de toute la communauté. Le camp des vainqueurs est assuré d’une récolte
abondante, inversement celui des vaincus peut craindre la famine. Pour que la
nourriture ne manque pas il faut que du sang ait été répandu, qu’il y ait eu des
morts (Barrionuevo 1971 p. 79).
Les batailles se livrent loin des terres cultivées, sur des hauteurs désolées
généralement dominées par des pics à l’est (Gorbak, Lischetti et Muñoz 1962
p. 247). Ces sommets enneigés sont considérés comme les demeures des esprits
qui président à la destinée des villages, et qui se réjouissent du courage des
combattants et leur accordent de bonnes récoltes (Barrionuevo 1971 p. 79).
Ces montagnes sont aussi dites être les lieux d’origine. Leur importance dans
la cosmologie indienne peut s’expliquer en partie, et peut être d’une manière
un peu trop mécanique, si l’on tient compte du paysage, les Andes sont
orientées du nord au sud, et pour les agriculteurs andins l’eau, source de vie,
descend des sommet, de l’est, du levant.
Le sens de rite de passage, que présentait le combat du «Kamay», semble
s’être perdu au Pérou, toute la population masculine peut participer aujourd’hui
à la bataille rituelle. Alencastre et Dumézil, en 1953, ont vu des combattants
de 18 à 60 ans. Dans la même région, Gorbak, Lischetti et Muñoz ont noté,
en 1962, la présence de guerriers de 10 à 70 ans; elles ont remarqué une dimi-
nution du nombre des participants entre 1953 et 1962. Il se peut, si la
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
133
coutume a tendance à se perdre au Pérou, que des jeunes de plus en plus
jeunes, et des hommes de plus en plus âgés soient poussés à combattre, pour
compenser le fait que certains n’observent plus les traditions.
En Equateur, les combats ont toujours conservé le sens de rite de passage, ce
sont des hommes mariés qui participent au «Pucara», et se battre fait partie
des devoirs du nouvel époux (Brownrigg 1972 p. 96).
Essai d’interprétation des combats mochicas
Nous avons pu noter un certain parallélisme, entre les données icono-
graphiques sur les combats mochicas et les données ethno-historiques et ethno-
graphiques sur les batailles rituelles andines. Au cours des deux mille ans qui
se sont écoulés depuis l’époque mochica, bien que les modes de production
soient restés proches, des changements sociaux et idéologiques importants ont
eu lieu. Il est donc difficile de déduire d’une persistance dans la forme des
cérémonies, que leurs sens n’ont pas subi des évolutions, des transformations,
ou des adaptations. Murra a aussi souligné les différences qui existent entre les
rites d’une élite et ceux des paysans (Murra 1960 p. 393—407). Il reste que
des survivances formelles indiquent qu’il peut être intéressant d’éclairer les
sens possibles des combats mochicas, à la lueur de ceux qu’avaient les batailles
rituelles au moment de la conquête et qu’elles ont gardé.
D’après les données archéologiques et iconographiques, nous avions supposé
que les combats mochicas étaient des cérémonies rituelles célébrées par les
membres d’une élite. Les données ethno-historiques et ethnographiques sem-
blent confirmer notre hypothèse, des batailles rituelles font partie des rites
andins, et au moment de la conquête, quand il existait une élite indienne, elles
se livraient entre les jeunes nobles.
Nous avions remarqué, dans les scènes de combats, des fruits et des graines
qui flottaient dans le décor, alors qu’elles ne faisaient pas partie du paysage.
Ces mêmes éléments végétaux apparaissent dans les scènes de courses et de
sacrifices étudiées par Kutscher (1951 et 1955 b), le paysage est, comme dans
les scènes de combats, celui de montagnes désertiques. Pour Kutscher, ces
éléments végétaux indiquent une relation avec l’agriculture, et nous pensions
aussi qu’ils symbolisent le fait que les rites présentés sont, à un certain niveau,
des rites agraires. Les données ethno-historiques et ethnologiques confirment
cette interprétation, puisque les batailles rituelles font partie des rites agraires
andins.
Le paysage de montagne désolée dans lequel se déroulent les scènes de com-
bats, comme celles de courses et de sacrifices, signifie, sans doute, que les
134
Hocquenghem, Les combats mochicas
hauteurs étaient, déjà du temps des Mochicas, considérées comme les sources
de l’eau, donc de la vie, les demeures des êtres surnaturels, les lieux d’origine
à l’est, au levant.
Actuellement, les batailles rituelles sont dites faire partie des anciennes
coutumes ancestrales, à l’époque de la conquête elles étaient déjà reconnues, de
même que toute les cérémonies incas, suivre des règles établies par la tradition
(Rowe 1946 p. 308). Puisque nous retrouvons des combats dans l’iconographie
mochica, il semble bien que, comme l’affirment les Indiens, ce rite a été
respecté de génération en génération.
Nous pouvons supposer que les deux camps qui s’affrontent dans les scènes
de combats mochicas, par analogie avec ceux qui s’opposaient dans les combats
du «Kamay», représentent les deux «moitiés», le «Haut» et le «Bas», qui
constituent les communautés dans les Andes. Cette interprétation avait déjà
été suggérée en 1950 par Hissink, à propos des deux camps qui rivalisent aussi
dans les scènes de courses.
La division en «moitié» peut s’expliquer, en partie, si nous tenons compte
du paysage andin. D’un point de vue économique Murra (1975) a insisté sur
le fait que les Indiens exploitaient les ressources offertes par des niches éco-
logiques verticalement contrastées. Duviols (Dumézil et Duviols 1974—76) a
souligné les relations de rivalité et d’alliance qui s’établissent, du fait de cette
exploitation verticale du territoire, entre les gens du «haut», de la montagne,
des sources, qui peuvent contrôler l’eau, et les gens du «bas», de la vallée, des
champs, qui peuvent posséder la terre. Cette division en régions opposées mais
complémentaires se reflète dans l’organisation sociale, c’est du moins ce que
laisse supposer la dénomination de «Haut» et de «Bas» pour les deux moitiés
constituant le Cuzco. Il n’y a donc rient d’étonnant si nous retrouvons cette
notion de «Haut» et de «Bas» dans les comportements rituels. Nous sommes
tentés d’attribuer une origine très ancienne à cette division en deux moitiés, et
portés à en reconnaître des indices de son existence dans les deux camps
mochicas.
D’après les scènes elles mêmes nous n’avons pas su déterminer à quelle
période de l’année se livraient les combats. Comme ces rites ont des formes
proches de celles des rites incas et actuels, nous pouvons penser qu’ils se prati-
quaient, eux aussi, après le solstice d’été.
Pour les Mochicas comme pour les Incas et les Canaris Quechuas d’Equateur,
les combats peuvent avoir eu le sens de rites de passage mais nous ne pouvons
pas déduire cette signification de la seule analyse de leurs représentations.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
135
Les scènes de danses entre guerriers qui tiennent une longue corde (fig. 8)
sont à rapprocher des danses qui avaient lieu pendant les rites du «Kamay».
Les représentations de guerriers qui boivent ou prennent de la coca (ph. 3, 4)
peuvent être mises en parallèle avec la consommation de chicha et de coca
pendant les poses entre les affrontements, observés de nos jours, mais prendre
de la coca, de la chicha, de la nourriture fait partie de toutes les cérémonies
andines.
Aujourd’hui, après la bataille rituelle, les Indiens capturés et gardés au plus
quelques jours en otages sont rendus à leur famille. Les Incas vaincus dans
las affrontements du «Kamay» ne payaient pas de leur vie leur faiblesse, au
moment de la conquête les sacrifices humains semblent avoir été limités à ceux
d’enfants. D’après l’iconographie, les prisonniers Mochicas ramenés après les
combats étaient sacrifiés.
Un vase du Museo Nacional de Antropología y Arqueología de Lima in-
dique une relation entre les combats et les sacrifices (ph. 5). Sur ce vase,
d’après Tello (1938 pl. 202) un animal mythique a introduit une canule dans
la gorge tranchée de sa victime un prisonnier reconnaissable à sa nudité et à
ses mains liées derrière le dos. D’une main le sacrificateur tient la canule et de
l’autre un récipient destiné à recevoir le sang qui jaillit de la blessure. La
canule décrite par Tello pourrait être la carotide du prisonnier, mais son
interprétation est renforcée par le fait que, sur d’autres vases, les animaux
sacrificateurs tiennent des petites jarres et des canules (ph. 6). En janvier 1978,
le Dr. Immina von Schüler nous a signalé qu’elle avait retrouvé, parmi les
tessons non classés dans les réserves des collections du Museum für Völker-
kunde de Berlin, un intéressant fragment mochica: un petit personnage, fine-
ment modelé et peint alors qu’il ne mesure que quelques cinq centimètres de
haut, nu, son corps est tatoué ou peint, se tient dans la position des prison-
niers, les bras vers l’arrière et comme eux porte les cheveux pendant dans le
dos, sa gorge est largement fendue et dans la blessure une canule a été intro-
duite, il nous a immédiatement rappelé le vase décrit par Tello (ph. 8).
Ce type de sacrifice par égorgement (ph. 7 a, b) se retrouve dans les scènes
publiées par Kutscher (1955 a p. 24, 25 et 1955 b) et par Donnan (1976
p. 117—119). Un relevé de vase peint mochica, peu connu parce que publié à
propos d’une scène nasca par Tello en 1931, indique que ces représentations
de sacrifices et d’offrandes aux êtres mythiques sont directement en rapport
avec les combats (fig. 9).
Le personnage qui reçoit les offrandes est un être anthropomorphe rayon-
nant associé au serpent bicéphale et au jaguar qui garde sa litière. Il apparaît
136
Hocquenghem, Les combats mochicas
par ailleurs en connection avec le crapaud mythique porteur des plantes
cultivées, la récolte (fig. 10 et ph. 9). Cet être a été interprété par Doering et
par Kutscher comme une déité lunaire en relation avec l’agriculture. En fait,
ce personnage rappelle très fortement la discription que donne Antonio de la
Vega en 1590 de l’idole principale du temple du soleil de Cuzco: Punchao.
Celle-ci a une forme humaine, comme un noble ou un roi inca, avec des
rayons qui sortent de son dos, elle a deux serpents et deux félins à ses côtés
(Duviols 1976 cité par Zuidema 1974—1976). D’après Zuidema, «Punchao»
représente le soleil sous la forme qu’il prend au moment du solstice d’hiver,
après la récolte, pendant la saison sèche. Le soleil était consideréré comme
l’ancêtre mythique des Incas, ce raprochement entre «Punchao» et l’être my-
thique rayonnant renforce notre interprétation des être mythiques anthropo-
morphes mochicas comme étant des «ancêtres mythiques» (Hocquenghem
1977). Le sang, la vie des prisonniers mochicas seraient offert aux ancêtres
mythiques.
Aujourd’hui c’est un système complexe de relations d’échanges qui règle la
vie dans les communautés andines et ces relations établies entre les vivants
s’étendent au-delà de la mort entre ceux-ci et leurs ancêtres. Les Indiens
offrent à leurs défunts, et aux puissants ancêtres mythiques qui résident sur
les sommets qui dominent les villages, de l’alcool, de la nourriture, de la coca
et dans les combats leurs vies, en échange de la fertilité de leurs terres.
A l’époque inca et mochica, entre les agriculteurs qui assuraient les tâches
productrices et les spécialistes des tâches administratives et rituelles, une rela-
tion d’échange devait être établie. L’élite mochica conservait ses privilèges
contre le sacrifice de certains membres offerts aux ancêtres mythiques pour
qu’en retour ceux-ci accordent une récolte abondante.
Par l’accomplissement des rites, l’observation des coutumes, le respect des
institutions de leurs ancêtres, les Mochicas, comme les Incas et les Indiens
devaient assurçr la survie de leurs communautés (Hocquenghem 1978 a et b).
Archéologie, Iconologie, Ethno-histoire, ethnologie et la reconstitution
du passé andin
Les données de l’archéologie, de l’iconologie, de l’ethno-histoire et de
l’ethnologie nous conduisent à interpréter les scènes de combats, modelées et
peintes sur les vases retrouvés dans les tombes mochicas, comme des repré-
sentation d’un rite agraire, sans doute aussi considéré comme un rite de pas-
sage, accompli par les jeunes membres d’une élite, composée de deux moitiés
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
137
en relation avec le «Haut» et le «Bas», et à penser que cet acte sacré faisait
partie d’une cérémonie célébrée chaque année, après le solstice d’été.
L’analyse des scènes de combats nous a entraînée vers celle des scènes de
sacrifices, il faut continuer à étudier chaque scène particulière de l’icono-
graphie mochica et tenter de montrer les correspondances qui existent entre
celles-ci et les grandes cérémonies du calendrier rituel inca ou celles qui
rythment encore l’année pour les paysans andins.
Note: Ce travail a été effectué en 1977 dans le cadre d’une convention d’échange de
chercheurs entre le CNRS et la DFG à l’Ibero-Amerikanisches Institut, Preussischer
Kulturbesitz de Berlin, au Staatliche Museen, Preussischer Kulturbesitz, Museum für
Völkerkunde de Berlin et au Lateinamerika-Institut der Freien Universität de Berlin.
Que soient ici remerciés le Professeur Gerdt Kutscher, le Docteur Dieter Eisleb, le
Docteur Immina von Schüler et le Docteur Jürgen Gölte de leur accueil chaleureux
et de leurs précieux apports en connaissances qui nous permettent depuis 1975 de
poursuivre l’analyse de l’iconographie mochica.
138
Hocquenghem, Les combats mochicas
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Tome LXIII. Paris.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
141
Fig. 1. Linden-Museum Stuttgart No. 93 385.
D’apre un dessin du Musee repris par Gerdt Kutscher.
Fig. 2. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 62 196.
Collection Gildemeister. D’après un dessin du Musée.
Hocquenghem, Les combats mochicas
Fig. 3. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 18 397.
Collection Baessler, publiée dans Baessler 1902—1903,
Taf. 34, fig. 193. D’après un dessin du Musée.
Fig. 4. Hamburgisches Museum für Völkerkunde Hamburg No. B 6582.
Collection Zimmermann. D’après un dessin du Musée repris par Gerdt Kutscher.
144
Hocquenghem, Les combats mochicas
Fig. 5. Peabody Muséum Cambridge U.S. No. 46-77-30/492.
D’après un relevé de Gerdt Kutscher.
Fig. 6. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 17 641.
Collection Baessler, publiée dans Baessler 1902—1903,
Taf. 36, fig. 195. D’après un dessin du Musée.
146 Hocquenghem, Les combats mochicas
148
Hocquenghem, Les combats mochicas
Photo 1. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 4640.
Collection Gretzer d’après Schmidt 1929, Taf. IL
Photo 2. Musée de l’Homme, Paris No. 83.30.318.
Collection Drouillon.
Photo 3. Musée de l’Homme, Paris No. 87.53.4.
Do de Monsieur Colpaert.
-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 149
150 Hocquenghem, Les combats mochicas
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
151
Photo 5. Museo Nacional de Antropología y Arqueología, Lima.
152
Hocquenghem, Les combats mochicas
Photo 6 a
Photo 6 a, b, c. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 18 095
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
153
Photo 6 b Photo 6 c
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
153
Photo 7 b
Photo 7 a, b. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 18 096
156
Hocquenghem, Les combats mochicas
Photo 8. Museum für Völkerkunde Berlin,
sans numero,
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
157
Photo 9. Museum für Völkerkunde Berlin No. VA 4626,
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
159
SOURCES OF THE C O T 2 U M A L H U A P A STYLE
BARBARA BRAUN, New York
Cotzumalhuapa art from the Pacific slope of Guatemala has traditionally
been regarded as a provincial echo of highland Mexican aesthetic expression.
Prior to Parsons’ excavations at Bilbao, the Cotzumalhuapa style was associ-
ated with Post-Classic sources, either Pipil, Toltec or Aztec. Parsons showed
through stratigraphy that the style was earlier than previously supposed,
dating mainly to A. D. 400—700. To accord with these new dates, he substi-
tuted Teotihuacan influence for later Mexican influence.
While some typical Teotihuacan motifs and deities make an appearance at
Cotzumalhuapa, and Teotihuacan presence is doubtless felt on the south
coast at Tiquisate in ceramics and at various highland Guatemalan sites in
architecture and ceramics, the main sources of the style derive from elsewhere.
To the north, a narrative style first established at Chalcatzingo, Morelos,
and Oxtotitlan, Guerrero, in the Middle Pre-Classic period and also seen at
Dainzu and Monte Alban I and II, Oaxaca valley, and Izapa, Chiapas, in
the Late Pre-Classic period, contributed significantly to Cotzumalhuapa
relief sculpture. Some of these narrative reliefs have in turn been suggested
to be a possible focus of Andean influence in Mesoamerica (Badner 1972). To
the south, a three-dimensional sculptural complex characteristic of Peru and
Colombia in the Early Horizon and Regional Developmental periods was a
major source of Cotzumalhuapa three-dimensional sculpture.
In addition, the Olmec monolithic sculptural tradition of the Gulf Coast
area doubtless exerted an impact on Cotzumalhuapa three-dimensional art.
Miles (1965) and Parsons (1967) have argued that the Olmec and Olmecoid
tradition continued uninterrupted through Cotzumalhuapa art, via the inter-
vening Izapan style, until it was displaced by Teotihuacan influence in the
fifth and sixth centuries A. D. Such a unilineal conception of the development
of southern Mesoamerican art is disputed here. The principal focus of this
discussion will be the previously neglected sources of Cotzumalhuapa art.
These are considered to be Northern Andean three-dimensional styles as well
as Pre-Classic Mesoamerican relief styles, representing a distinctly non-
Olmec tendency, that are quite probably also linked with South American
sources.
160
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
I. General Characteristics of the Style
Cotzumalhuapa art is human-centered and realistic. Human beings occupy
stage center in the reliefs. Typical figures are youthful, athletic in build, and
dignified in bearing. There are very few grotesque or demonic forms, and even
supernaturals are represented in human guise, so that they are indistinguish-
able from men. Sometimes, however, the position of figures at the top of
reliefs is a key to their identity as supernaturals. This situation is distinctly
different from most other Mesoamerican art styles. In Olmec art the were-
jaguar is the standard form of supernatural, and figures with cleft heads and
feline mouths dominate the imagery. Aztec art represents grotesque deities
with frightening non-human attributes of predatory animals and birds, as
well as human deities, along with men and vividly realistic animals and
vegetables.
The attention lavished on the realistic representation of certain details
of anatomy, physiognomy, and dress indicates that Cotzumalhuapa sculptors
were intensely interested in the world around them. For example, faces on
both three-dimensional and relief sculptures typically have lines between
nostril and jaw, and complex, question-mark shaped ears, and each strand of
hair on heads is recorded (Fig. 1). But they never convey emotional expression
or individual personality. The careful rendition of joint bones (tibia) of
ankles and wrists, prominence of knees and elbows, definition of musculature
of body and face, are testimony to a close observation of objective reality,
but also to an exclusive interest in those body parts that contain potential
for movement and action. The articulation of the flexed and separated thumb
digit of the hand shows a concern for the capacity to manipulate objects.
Note, for example, the manner in which the protagonist on Bilbao Mon. 21
grasps a sacrificial knife between the thumb and forefinger of one hand and
anthropomorphic cacao pod similarly in the other (Fig. 2). The frequent
depiction of speech scrolls issuing from mouths of individuals conveys an
appreciation for man’s ability to formulate and communicate ideas and com-
mand events. Each detail of costume and ornament specifies the rank and
status of a given individual within the social and religious hierarchy. Sim-
ilarly, the locale of the action on the relief is indicated by the presence of a
few significant forms. Every one of these emphasized traits expresses an
abiding concern for the human ability to make, act, control, and co-ordinate
the world. The Cotzumalhuapa style can therefore be characterized as a form
of selective realism. Certain telling observations of the world are registered,
while other aspects of objective reality that have no bearing on the intended
message are ignored.
ßaessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
161
Cotzumalhuapa sculpture represents a bewildering variety of three-dimen-
sional and relief monuments that range in format from narrative to hieratic,
in mode from naturalistic to abstract, and in execution from crude to refined.
The category of three-dimensional sculpture includes monumental free-stand-
ing figures and heads, tenoned heads, pedestal figures, and basins, as well as
smaller metates, yokes, hachas, and figures. The reliefs include monumental
carved boulders, giant stelae, lintels, as well as smaller scale plaques, disks,
and boulders. The many kinds and large number of sculptures have led some
observers to suggest that more than one style is represented under the Cotzu-
malhuapa rubric. Closer examination reveals that all of these different types
of sculptures are intrinsically related to one another and constitute one more
or less contemporaneous sculptural style.
The essential unity between the narrative and hieratic impluses in Cotzumal-
huapa art may be seen by the fact that most of the relief and three-dimen-
sional sculptures share similar features. Comparable body proportions, pos-
tures, facial features, types of headdress, costume, and body ornaments appear
on figures in both formats. Examples include the turbaned heads on Bilbao
Mon. 21 and Pantaleon Mon. 1 (Figs. 1 and 2) or the bird headdresses on a
Bilbao disk relief and a three-dimensional head from Los Tarros, Escuintla
(Figs. 3 and 4), or cross-armed figures on El Baul Mon. 27 (Fig. 5) and El
Baul Mon. 5 (Fig. 31). In fact, a certain literalness and concreteness is char-
acteristic of the style and unites both formats. Objects represented on the
reliefs nearly always have a corporeal reality in threedimensions. Well-
known examples of this trait are the replicas of actual stone yokes worn by
figures on the Bilbao ball-player stelae, for example on Mon. 3 (Fig. 7).
Another example is the crab represented in relief on El Baul Mon. 7 (Fig. 8),
and in threedimensions on Palo Verde Mon. 4 (Fig. 9) and Bilbao Mon. 71
(Parsons 1969: Pi. 45 e). Perhaps the most striking example of this trait is
a recently unearthed three-dimensional death manikin torso, Bilbao Mon. 80
(Fig. 10). It can be compared with the torsos of many death manikins on the
reliefs, such as Bilbao Mon. 3 (Fig. 7), which share a similarly stylized rib cage
and pelvis, and it also my be seen to be a near-exact translation of the dis-
membered torso directly below the protagonist on Bilbao Mon. 1 (Fig. 6).
The only other Pre-Columbian style in which three- and two-dimensional
forms are interchangeable with such consistency is the Mochica style on the
north coast of Peru in the Early Intermediate period, roughly contemporane-
ous with Middle Classic Cotzumalhuapa. In Mochica art this duplication is
largely confined to one medium; painted and modeled ceramics represent
narrative and plastic versions of precisely the same images. The ceramic relief
11 Baessler-Archiv XXVI
162
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
format stands apart here in being almost exclusively reserved for the represen-
tation of mythological subject matter. Larco’s seriation of Mochica pottery,
based on a classification of stirrup spout forms (Larco Hoyle 1948), shows
three-dimensional preceding painterly versions, but the intermediate phases
show both formats operating simultaneously. As yet, no sequence has been
established for Cotzumalhuapa sculpture, but a similar development from
plastic to flat forms appears a likely possibility here.
While it is true that Gulf Coast and “colonial” Olmec styles represent
similar conceptions in hieratic and narrative formats, these renditions do not
occur in the same place (at a single site) nor is it certain whether they occur
in the same time frame. Furthermore, no one-for-one comparison can be
made between petroglyphs at Chalcatzingo, Morelos, and three-dimensional
forms at La Venta (cf. Petroglyph 1 and Altar IV) (Joralemon 1971: Figs.
142 and 144). Thus, Cotzumalhuapa and Mochica are the only unified
styles in which two- and three-dimensional versions of the same images are
consistently represented.
The range form naturalistic to highly stylized or emblematic representations
is another unusual aspect of Cotzumalhuapa art. Representations of serpent
heads exemplify this tendency of the style. The serpent maw on Bilbao
Mon. 3 (Fig. 7) is a highly realistic image detailing parts of the serpent’s
mouth, including the ridges of the palate, outer lips, gums, teeth, and fangs.
The sides of Bilbao Mons. 33 and 84 a, b, c (Fig. 11), shafts carved on three
sides with reptile’s eye (RE) glyphs (U-shaped motifs topped by three peaks
framed by scrolls) and serpent-maw markings, depict the same elements in
stylized fashion, shifted scale, and entirely different context. It is difficult
to recognize the original point of departure for the representation; the serpent
maw has become an abstract emblem. An even more abstracted version of
a serpent maw motif occurs in Cotzumalhuapa art as an ornamental device
and as a glyph (see Braun 1979). This mixture of naturalistic and abstract,
realistic and emblematic representations recalls lowland Maya art when
elements that appear on reliefs in realistic form are abstracted and com-
bined into hieroglyphs. It does not occur in the art of Teotihuacan, which is
consistently emblematic in character—everything is a sign or symbol—nor in
the predominantly naturalistic art of Veracruz.
Another unusual aspect of Cotzumalhuapa art is the appearance of very crude
and highly refined sculptures side by side at the same site. Among the three-
dimensional sculptures there are fully articulated, elegantly finished monu-
ments that are all but dissociated from the original shape and texture of the
rock from which they were carved. Others appear to be barely worked, mini-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
163
mally carved, and unfinished to the extent that the rock from which they
were carved has been left practically in its natural state. A comparison be-
tween Bilbao Mons. 46, 47, 58 and Mon. 24 (Fig. 29 a b; Parsons 1969: Pi.
45 c, d) or El Baul Mon. 5 (Fig. 31) is revealing. The first three represent
rather crude potbelly boulder figures, dated by Parsons to a Pre-Classic (Algo-
es-Algo?) phase with a question mark, but found in association with
the Monument Plaza and Late Classic (Santa Lucia) levels (Parsons 1969:
122), and the latter two are finely carved seated figures dated to the Late
Classic phase. Other examples include the many pedestal figures, such as
Bilbao Mons. 64—68 and 75, found in association with the Monument Plaza,
some well-finished, others more crude, which Parsons has dated Late Pre-
Classic to Middle Classic (Algo-es-Algo to Illusiones) (Parsons 1969: Pis.
48 e—h, 49 a, b). Among relief sculptures high- and low-relief and incision
techniques are to be found side by side on separate, contemporaneous monu-
ments, as well as in combination on an individual specimen. Some are
elegantly finished, with careful attention paid to textural definition and
gradations of relief, while others appear carelessly executed. Comparisons
might, for example, be made between Bilbao Mons. 38 and 82 (Parsons 1969:
cover illustration; Ichon and Gassier 1975: Fig. 3), respectively crudely
pecked and finely carved executions of the same image of a profile male head.
Similarly, Bilbao Mons. 29 and 37 (Parsons 1969: Pi. 43 a, b) represent two
disparately treated relief images of death. All of these sculptures probably
date to the Santa Lucia phase.
Because most of these monuments are iconographically and conceptually
related, it is not possible to sort them out in a meaningful way solely on the
basis of style traits. Nor is it possible to explain these great differences in
terms of status orientation, since most of the monuments were displayed in
the same public spaces. In the final analysis, it is precisely these contra-
dictions, the diversity of forms, variety of types, and mixture of genres,
that characterize Cotzumalhuapa art and provide a key to an understanding
of the style. This juxtaposition of old and new, hieratic and narrative, two-
and three-dimensional, realistic and abstract tendencies side by side in a uni-
tary context suggests that a major cultural transformation involving the
economic, social, and political bases of society was taking place here at this
time. Change of this order might account for the expansive energy which
appears to be manifested in the monumental sculpture associated with a ball
game cult at Cotzumalhuapa. An enormous surge of creative activity seems
to have shaped a jumble of contradictory impulses coming from different
directions into a unified whole, using realism as the dominant organizing
principle.
ii*
164
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
The previously neglected sources of the Cotzumalhuapa style will be
shown to derive from two areas and periods, Late Pre-Classic Mesoamerica
and the Northern Andes in the Regional Developmental period. For the pur-
pose of clarity, the relief and three-dimensional sculptures will be treated
separately in the following discussion of the sources, with a consideration of
the reliefs preceding that of the three-dimensional forms. The reliefs will be
shown to have precedents in earlier Mesoamerican narrative art from Chalcat-
zingo, Morelos, and Oxtotitlan, Guerrero, in the Middle Pre-Classic period,
and form Daizu and Monte Alban I und II in Oaxaca and Izapa, Chiapas,
in the Late Pre-Classic period. Some of these Pre-Classic narrative reliefs have
been convincingly shown by Badner (1972) to be a possible focus of Andean
artistic influence in Mesoamerica. Considered in this light, the ultimate sour-
ces of Cotzumalhuapa relief sculpture may be located in South America.
II. Two-Dimensional Sculpture
Cotzumalhuapa relief art is characterized by a story-telling or anecdotal
impulse; it is primarily concerned with the expression of narrative action.
Figures, are shown dynamically acting and interacting in a dramatic sequence
of events. Certain major themes and motifs recur with frequency in the narra-
tive flow. These include ball game rituals, confrontation between two gestic-
ulating figures, sacrifice, death, trophy heads, vegetation, jaguars and eagles,
serpents, phallic figures, diving deities, and elemental forces, such as wind
and fire.
Diagnostic traits of ball game players are callused knees, wide belts, and
animated postures. Many players also wear protective kilts, long hair queues,
gloves, sandals, garters, feathered back ornaments, and elaborate headdresses.
Ritual scenes involve interaction of ball players with one another or with
celestial deities. Ball players are pictured confronting, petitioning, climbing,
sacrificing, reclining, and enthroned. They gesticulate broadly, and have
speech scrolls issuing from their mouths. Woven amidst these vigorous life-
filled figures are many representations of death und sacrifice, in the form of
ubiquitous skeletal figures and heads—mostly in frontal postures, but also
as protagonists and deities (e.g., Bilbao Mon. 3 and El Baul Mon. 4), as well
as representations of decapitation, heart extraction, and dismemberment.
Trophy-head taking and collecting involves the decapatation of a ball player
at the end of a game and the presentation of trophy heads as offerings, as
well as the adornment of hair, headdress, and costume of ball players with
trophy beads. This interpenetration of life and death is one of the most
striking features of Cotzumalhuapa art.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
165
Representations of vegetation feature vines laden with fruit, cacao pods,
flowers, buds, and even inorganic forms (Fig. 2). Anthropomorphic icacao
pods also appear both as primary and subsidiary forms on reliefs independ-
ently of vines, and as costume accessories, and seem to substitute for trophy
heads and hearts at certain times in the ritual. Occasionally, maize leaves and
buds, as well as spiky palmate leaves in groups of three are represented on
headdresses or as parts of glyphs. Fluid natural elements, including fire,
smoke, water, and wind—as breath or human speech—are frequently rendered
on the reliefs.
Jaguars and eagles are represented in their natural state, for example, as
leaping jaguars (Fig. 17) or swooping eagles (Fig. 12), but serpents rarely
appear as discrete images, only as heads or maws that enclose human faces
and figures, as on Bilbao Mon. 3 (Fig. 7), or isolated bifid tongues and eyes
(Fig. 11). Jaguars, eagles, and serpents are represented as alter ego motifs,
either standing behind or enclosing human figures, often in the form of head-
dress elements, or as anthropomorphic beings. Phallic imagery is infrequent,
and appears almost exclusively in connection with jaguars at Cotzumal-
huapa, for example, on Bilbao Mon. 19 (Fig. 13). Diving deities appear at
the tops of several reliefs, their torsos implied but never stated, and seem
ready to receive offerings from below.
Cotzumalhuapa two-dimensional art is typically carved in low-relief tech-
nique, rendered with subtle gradations of plane and volume, and punctuated
with high-relief elements, such as the heads of diving deities on Bilbao Mons.
2—8, and textural incision. As noted, there are also several monuments that
are executed entirely in incision technique, for example, Bilbao Mon. 38. Con-
tours of forms are generally angular with rounded edges, severe and simple,
and distributed rather openly on the field. Figures, with large heads and
long, well-proportioned bodies, usually loom large in relation to the ground,
and sometimes spill over into the borders. They are usually arranged in
simple compositions of one, two or three figures, with space fillers in the
form of vines or smoke, but never scrolls, occasionally inserted between them.
The spare, direct, and expressive character of Cotzumalhuapa forms has
probably fostered the erroneous notion of a highland Mexican derivation of
the style, propounded by Waterman (1924), Thompson (1941 a; 1948), Par-
sons (1967; 1969), and others.
Sources
The narrative format and many of the themes and motifs characteristic of
Cotzumalhuapa art appear earlier in Mesoamerica at “colonial” Olmec sites,
such as Chalcatzingo and Oxtotitlan, in the Middle Pre-Classic period, as well
166
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
as at Monte Alban I and II, Dainzu, and Izapa, in the Late Pre-Classic
period. These sources will be discussed in roughly chronological order.
Central Mexico
The petroglyphs at Chalcatzingo, Morelos, are the earliest complex of
descriptive two-dimensional art in Mesoamerica. The scene represented on
Petroglyph I appears to be a narrative rendition of emblematic heartland
Olmec altars depicting a figure seated in tailor fashion in front of a cave
which is also a jaguar mouth. Here, the figure is enthroned within a cave-
maw from whose entrance emerge spirals representing plumes of smoke—pos-
sibly incense—while raindrops fall from overhead clouds. Other petroglyphs
represent scenes of action and conflict in which jaguars attack a man (Petro-
glyph 4), a serpent devours a human figure (Petroglyph 5) (Fig. 15 a, b),
and warriors either menace or dance in front of a reclining ithyphallic
figure (Petroglyph 2) (Joralemon 1971: Fig. 259). A recently discovered relief
pictures a winged or caped flying figure, called the “volador,” in a half-
kneeling posture, somewhat akin to the flying accessory figures on La Venta
Stela 3. Also present for the first time in Mesoamerica is a highly naturalistic
rendition of a squash vine plant (Petroglyph 6) (Jorelemon 1971: Fig. 26),
very different from emblematic heartland Olmec representations of maize
plants.
At Oxtotitlan, Guerrero, similar narrative scenes are painted in poly-
chrome on a cave face and interior. Painting 1-d shows an interaction be-
tween a human being with an erect phallus and a rampant jaguar connected to
him by its tail (Fig. 14). Painting 1-c depicts a reptilian creature nearly iden-
tical to the serpent carved on Chalcatzingo Petroglyph 5. Mural 1 represents
a figure seated on a jaguar maw throne, wearing a raptorial bird mask and
featured cape (Grove 1970: Fig. 12 and Frontispiece).
Designated as provincial Olmec manifestations, these reliefs and paint-
ings from Chalcatzingo and Oxtotitlan are thought to be derived directly
from contemporaneous Olmec heartland monuments, and therefore dated to
ca. 900—600 B. C. But the many radical new elements suggest the presence of
an entirely different style, predicated on a new way of seeing the world,
rather than an expansion and development out of Olmec art (see Badner
1972). These new elements embody a perceptual approach to reality, entailing
a careful observation of material phenomena, and a realistic portrayal of
figures in a flat format. For the first time, figures are shown moving together
in the same space; they are reclining, enthroned, dancing, leaping, gesturing.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
167
devouring, flying, and fighting. Some of the non-Olmec themes represented
are the serpent, phâllicism, naturalistic vegetation, and the flux and flow
of lifegiving elements, such as water in the form of rain, and vapor in the
form of clouds and smoke.
The dynamic postures of the Chalcatzingo figures can be compared with
similar representations in Cotzumalhuapa art roughly a thousand years later.
The animal dynamism of a Cotzumalhuapa-style hacha (Fig. 16) and a disk
relief from Bilbao (Fig. 17) recall the leaping jaguar attacking a man on
Chalcatzingo Petroglyph 4. Many Cotzumalhuapa relief images of figures
enclosed within a serpent maw, such as Bilbao Mon. 3 (Fig. 7), are concep-
tually akin to the serpent engorging a human figure on Chalcatzingo Petro-
glyph 5. Diving, reclining, enthroned, gesticulating figures from Bilbao
(Mons. 9, 13, 14, 18) (Parsons 1969: Pis. 32—34, 36 a, 37, 42 a, b) recall the
gesturing, leaping, flying, dancing, and reclining figures on many Chalcat-
zingo petroglyphs. The ubiquitous vines on Cotzumalhuapa reliefs are reminis-
cent of the squash plant on Petroglyph 6. Representations of smoke and fire
on many Cotzumalhuapa reliefs, such as Palo Verde Mon. 1 (Thompson
1948: Fig. 6 a), are not very far from the smoke whisps emanating from the
cave on Petroglyph 1. The relationship between two figures on Bilbao Mon.
19, an anthropomorphic jaguar standing behind a human being (Fig. 13),
resembles the intimate interaction between a phallic jaguar and a human
being depicted on Oxtotitlan Painting 1-d (Fig. 14), and also recalls the
reclining ithyphallic figure on Chalcatzingo Petroglyph 2. In addition, figures
with bird masks, headdresses, and costumes on several Cotzumalhuapa monu-
ments, including Figures 3 and 4 and Bilbao Mon. 2 (Parsons 1969: Pi. 33 b),
seem to hark back to the bird mask and winged cape of a figure on Oxtotitlan
Mural 1 as well as to the Chalcatzingo “volador” relief.
Oaxaca
Somewhat later in time, in the post-Olmec period, reliefs at Monte Alban
I, II and Dainzu in the Oaxaca valley appear to carry on and advance the
narrative tradition first established at Chalcatzingo and Oxtotitlan, and also
show motifs and themes that are strikingly similar to those represented on
Cotzumalhuapa reliefs at a much later time. The Pyramid of the Danzantes,
dated to Monte Alban I, a stone-faced platform contemporary with the first
occupation of the region, has over 140 strange, monumental relief carvings
on large stone slabs set into the outside of the platform. The figures have
rubbery postures and loose hand gestures, as if they were swimming, dancing,
reclining—perhaps in a trance—or, most likely, dead. There is also an empha-
168
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
sis on genitalia, which appear to be decorated with scroll forms signifying
blood or possibly plants. A few slabs picture trophy heads with blood stream-
ing from necks (Scott 1971: 152-3, 225). Numerical glyphs appear on some
slabs, and some figures have speech scrolls issuing from their mouths. Indi-
vidual figures are large in relation to the ground, and their heads are big in
proportion to their bodies.
Monte Alban II danzantes decorate Mound J and other buildings, and have
slightly different characteristics, associated with Dainzu and Izapan style
carvings. The latest phase of period II is the Incised style, in which figures
have special new features, including jointed thumbs with nails, ear holes (in-
dicating absent earplugs), tibia bones of the ankle, and big toes with nails.
Some of these figures also have dualistic faces tatooed on only one side, as
well as different facial types with oval eyes, long noses, open mouths, and
teeth. New kinds of glyphs, including house and plant glyphs, are associated
with the Incised style. There is also at least one explicit representation of death
in the form of a skeletal head (Scott 1971: 130-7; Pi. 90 (N-14)).
Approximately at the same time level as the Monte Alban II danzantes and
stylistically and thematically related to them are the reliefs at Dainzu.1 As at
Monte Alban I, rows of slabs were set up on the facade of a mound at Dain-
zu, as well as at nearby Tlacochahuaya and Macuilxochitl (Bernal 1973: 13).
They are carved in piano-relief and incision techniques, with active figures,
trophy and death heads, speech scrolls, and non-numerlcal glyphs. Entirely
new is the ball game theme presented in monumental form for the first time
in Mesoamerica. Masked and helmeted ball players, holding balls and moving
dynamically—half-kneeling, tumbling, running—appear to be engaged in the
game. Other figures are seated cross-legged and hold sacrificial knives on
which human heads and hearts are impaled. The breath of life seems to linger
in some of these offerings, and smoke from burning incense to accompany
them. Compositions are simple and consist of one or two large figures who
occupy a good portion of the relief surface. Figures are elaborately costumed,
wearing belts, kilts, gloves, knee guards, masks, catcher-like helmets, or turban-
like headdresses with frontal crests; and round disk earplugs with either holes
or stoppers at their centers (Fig. 18 a, b). At least one figure is adorned with
a trophy head and three pendant plaques. Some figures encased in jaguar
skins appear to be anthropomorphic jaguars, while others wear bird head
dresses (Fig. 19 a, b). Knots and bows are prominently featured on hands,
1 According to Scott, the reliefs at Dainzu are related to the danzantes associated
with the beginning of phase II. Overall dates for the danzantes are 300—100 B.C.
(Scott 1971: 191).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
169
feet, waists, and hair, and ruffs are worn about necks. Facial features include
almond-shaped eyes, question-mark-shaped ears, and crease lines from nose to
mouth.
The period between the end of the Olmec hegemony and the onset of the
Classic period states has generally been regarded as one of artistic decline and
decadence. The new emphases on flat carving techniques and loose, imprecise
forms have been taken as signs of a low cultural level and a debasement of
high Olmec standards of craftsmanship (Scott 1971). Viewed from a different
perspective, it seems equally possible that what appears to be an epigonal
manifestation may in fact represent a deliberately new approach embracing
different values, based in changed social and economic conditions. While
certain continuities with “colonial” Olmec reliefs are apparent at Monte
Alban I and II and Dainzu, new elements have also been introduced. Both
the emphasis on moving figures and explicit male sex have been carried over
from Chalcatzingo and Oxtotitlan to the Oaxaca valley. But now the the-
matic repertory has been extended to include the representation of death, in
terms of sacrified victims, decapitated trophy heads, extracted hearts, and
even skeletal imagery. Also, more careful attention is now paid to costume
and physical traits, such as jointed thumbs and nails. In addition, human
speech, in the form of speech scrolls, the breath of life, and blood have been
added to the vocabulary of elements. Important new symbolic forms have
also emerged, including linguistic and calendrical glyphs, and a conflict in the
guise of a ceremonial ball game. Also new is the use of stela-like slabs with
individual or paired figures carved on them, as well as a mixture of carving
techniques (piano relief and incision), and a looser, less precise execution of
forms.
Many of these new traits appear directly related to the relief monuments
of Middle Classic period Cotzumalhuapa. Late Pre-Classic Oaxaca valley
representations of sacrifice, in the form of trophy-head taking, as well as
heart extraction, and death, in the form of skeletal heads, are a likely precedent
for similar depictions at Cotzumalhuapa, although such imagery was more
fully developed first at Izapa. Representations of speech scrolls as signs
of human speech and vitality appear frequently at Cotzumalhuapa, as on
Bilbao Mons. 1 and 4 (Fig. 6; Parsons 1969: Pi. 32 c), where scrolls issue from
figures’ mouths and also from decapitated heads and dismembered torsos.2
2 Parsons associates these speech scrolls with Teotihuacan influence, but there is
clearly a precedent for them in the Oaxaca valley prior to their appearance in
highland Mexico.
170
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Physical traits such as jointed thumbs, tibia bones, nails, earholes, and teeth,
introduced on Monte Alban II danzantes, are specific characteristics of the
Cotzumalhuapa style. The presence of a similar type of glyphic system, sim-
ilarly positioned, in relief compositions at Cotzumalhuapa and Oaxaca is also
of interest in this regard.
Above all, the ball game at Dainzu appears to be directly linked with
Cotzumalhuapa, in general and specific terms. In both places representations
of ball players in dynamic postures are carved on boulders and stela-like
slabs. In both areas ball players wear similar headdresses, helmets, masks,
broad belts, gloves, and garters. In both, figures dressed as anthropomorphic
jaguars appear to be associated with the game as patrons and other figures
are enthroned in similar fashion (cf. Dainzu 58 and Bilbao Mon. 21). In both,
sacrifice is associated directly with the game and players present decapitated
heads and extracted hearts as offerings (cf. Figs. 6, 19 a, b). In addition, many
physical and ornamental details are shared by figures in both styles, including
facial structure, almond-shaped eyes, question-mark-shaped ears, crease lines
from nose to mouth, types of ear ornaments, multiple bows and knots, neck
ruffs, and pendant ornaments consisting of trophy heads and three dangling
plaques (cf. Figs. 19 b and 24). The similarity between El Baul Mon. 27 and
Dainzu reliefs has been pointed out by Bernal (1968: 251), who noted similar
balls held in the hands of Dainzu and El Baul ball players. Moreover, entire
scenes are comparable; both El Baul Mon. 273 and Cerro Dainzu 5 (Figs. 5
and 18 b) show a victorious helmted and gloved ball player holding a ball
attacking a falling opponent. The animal helmet (variously identified as a
stylized jaguar, pisote, monkey, or coyote), gloves and belt fastened with
knots, knee garter, and scarf-like streamer worn by the El Baul ball player
can also be found on many Dainzu players. In addition, the descending
celestial deity on the upper left of Mon. 27 recalls similar motifs on Dainzu
and other Oaxaca valley slabs (e. g., Dainzu 1; Bernal 1973: Fig. 6).
Izapa
The reliefs at the site of Izapa, located on the Pacific slope of Chiapas very
near Guatemala, have been assigned a range of dates from 500 B.C. to A.D.
3 This monument is unique among Cotzumalhuapa reliefs in several respects, in-
cluding its predella-like lower register, feathery speech scroll issuing from the
protagonist’s mouth, nature of the diving deity in terms of its size and profile
position, gloves, balls, and helmet masks. These anomalous details, the close
resemblance it bears to Dainzu slabs, and the frame around the stela (indicative
of an early phase of the style, according to Parsons) all suggest that Mon. 27 is
among the earliest ball game reliefs at Cotzumalhuapa.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
171
100, but the mature style appears to be datable to the first and second cen-
turies B.C. (see Coe 1962: 115; Parsons 1967; Ekholm-Miller 1969: 19), con-
temporary with Monte Alban II and Dainzu (Scott 1971: 152-3). Izapan
iconography presents a more systematic application of perceptual concerns
and narrative themes first established in Middle Pre-Classic period reliefs.
Where the above-noted scenes were limited to a few interacting figures, at
Izapa the subject matter seems to explode into highly complex scenes charged
with drama, crowded with characters, and set in a landscape. Figures per-
form a variety of actions (striding, half-kneeling, seated, reclining, gesticulat-
ing) and interactions (animated conversations, combat between men and
monsters, human sacrifice, offerings to celestial deities). Familiar themes and
motifs are more highly developed; flying figures become full-fledged diving
figures (Stelae 2, 4, 9, 11) (Fig. 20); death figures are now complete skeletons
(Stela 50) (Fig. 21); phallic motifs are associated with skeletons and repre-
sented separately (Stelae 50 and 10); vegetation now takes the form of fruit-
laden trees, and also grows from serpents and decapitated heads; the serpent
dragon is given fullbodied form, and also represented in complex ways as
serpent maws, doubleheaded serpents entwined, undulating serpents, which
often enclose or frame entire scenes; and scrolls now clearly signify all liquid
and fluid natural elements, such as rain, water, blood, and smoke. Previously
represented in isolated and fragmentary terms, these themes and motifs have
now been put together and elaborated in complex compositions suggesting
a subject matter of myth or legendary history, quite possibly the Popol Vuh,
later handed down as the sacred book of the Quiche Maya.
There are noteworthy distinctions between Izapan and previously cited
narrative scenes. Whereas Izapa Stela 21 (Fig. 22) represents a decapitation
suggestive of ball game ritual sacrifices, it does not appear to be associated
with the ball game, since no other ball game traits are found on Izapan
reliefs. Instead, the many conflicts between humanoid and serpentine figures
enacted on Izapan stelae, for example, Stela 3 and Kaminaljuyu Stela 19,
suggest different kinds of symbolic battles. Like the ball game, however, these
seem to be of a cosmic nature, pitting earth against sky (see Quirarte 1973:
24). In addition, anthropomorphic jaguars occur at Dainzu and Monte Alban
I and II, but do not appear in the same form at Izapa, where anthro-
pomorphic birds are stressed instead, e.g., Altar 3 and Stelae 2, 4, and 25
(Norman 1973: Pis. 58, 4, 8, 42). There are also no speech scrolls in evidence
at Izapa, despite the many representations of apparently conversing figures
(Stelae 5, 12, 14, 18, 27),4 and profuse numbers of scroll forms, while these
4 An exception appears on the upper register of Stela 27 (Norman 1973: Pi. 46). The
figure on the left may have a speech scroll issuing from its mouth.
172
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
appear with some frequency at Dainzu and Monte Alban. The absence of
speech scrolls may be related to the absence of glyphs at the site of Izapa,
whereas both are represented at Dainzu and Monte Alban. Finally, the
numerous grotesque heads and monster compounds that combine anthro-
pomorphic and zoomorphic (serpentine-crocodilian-feline) attributes are
uniquely Izapan. Two separate traditions thus appear to be at work, one in
the Oaxaca valley, and the other at Izapa.
The Izapan style is characterized by piano- and low-relief techniques, with
occasional incised detail. The stela surface is typically covered with a pro-
liferation of elaborate curvilinear scrolls, florid space-filling devices, and
overlapping forms. Compositions are generally divided into three separate
registers (suggesting underworld, earth, and sky) with much dynamic inter-
action taking place between these levels. Often, the upper and lower registers
are symbolized by stylized gaping jaguar or serpent jaws. They frame a
central register of pictorial character that usually suggests a drama within
a landscape setting. In this case, the central action may be taking place in the
underworld. A few scenes are framed on all four sides, for example, Stela 2.
Most stelae are accompanied by flat, circular, sometimes carved altars, an
ensemble found only at Izapa in the Pre-Classic period.
Cotzumalhuapa art shares the narrative framework and many themes and
motifs with Izapa, including diving-flying figures, skeletal figures, phallicism,
trophy head cult, botanical forms, conversing figures, serpent heads and
maws, and scrolls as signifiers of elements. Both styles may also share a com-
mon myth. Izapan conventions that appear to have had a special impact on
Cotzumalhuapa art include: forms of serpent representation, such as diagonal
bands, bifurcated tongues, crossed bands, trefoil leaves, and an open croco-
dilian jaw, rendered both naturalistically and as a framing device; the sky-
ward orientation stressing diving-flying winged figures; skeletal figures; and
conversing figures. On the other hand, Izapan scenes of combat between men
and monsters, scenes with multiple figures and elaborate landscape settings,
and grotesque and compound figures do not have a place in Cotzumalhuapa
art.
The style of Cotzumalhuapa art differs in many essentials from that of
Izapa. Cotzumalhuapa compositions are consistently less complex, with far
fewer figures and less indication of setting, and resemble only those Izapan
representations with relatively simple forms and large figures viewed close
up. Certain postures appear to be borrowed from Izapa, such as profile figures
with frontal chest and raised arm (cf. Izapa Stelae 3, 4, 10, 21 and Bilbao
Mons. 1—7) and frontal figures with displayed arms and feet (cf. Izapa
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
173
Stelae 11 and 67 and Bilbao Mons. 21 and 26), but figures are quieter, less
exuberant, in their actions and gestures than at Izapa. Cotzumalhuapa figures
are also more robust and athletic in build, with different proportions, bigger
heads, and taller bodies. As a rule, Cotzumalhuapa reliefs have a sense of
austerity, sobriety, and spareness; compositions are uncrowded, forms rarely
overlap, they are more angular than curvilinear, each has an individual
clarity, and non-essential elements have been eliminated. Scrolls are not used
as filler, although vines sometimes function in this way. As at Izapa, space is
often divided into registers, but these are less formally defined into distinctive
zones at Cotzumalhuapa. Early Middle Classic Cotzumalhuapa reliefs are
framed all around like some Izapan scenes, and there is frequent extension of
forms into border areas in both styles. The range and refinement of carving
techniques is greater in the Cotzumalhuapa style, which moves from high
relief to incision with subtle gradations of volume and texture in between,
while most Izapan stelae are conceived in terms of silhouette.
There are three Cotzumalhuapan reliefs from Bilbao and El Baul that
deserve attention because they are exceptionally close in style to Izapan art.
These include El Baul Stela 1, also known as the Herrera stela, and Bilbao
Mons. 42 and 78. Stela 1 (Fig. 23) has the elaborate scrollwork associated
with Izapan forms over the upper portion of its much eroded surface.5 From
out of a conventionalized feline-serpent maw flows a mass of cloud scrolls
and the head of a downward peering deity figure. There is also a detached
head in the upper righthand corner, from which a braided serpent motif
descends, as in many Izapan reliefs. Below, there is a striding profile figure
with staff that closely resembles figures on Monte Alban II danzantes and
Dainzu and Macuilxochitl slabs (Bernal 1973: Fig. 14). The figure stands on a
baseline with diagonal bands similar to many Izapan lower registers. To the
left of the figure is a long calendric glyph column. In fact, the carving style
of the upper and lower portions of Stela 1 are at variance with one another
(see Quirarte 1973:29). Above, there are multiple scrolls whose inner corners
are strongly defined with tilted planes, while the rest of the relief shows an
absence of scrolls, rectilinear contours, different spacing, and (unmodulated)
flat piano relief. It seems clear that at least two different styles are conjoined
on this relief, and that they have not yet been fused into a new whole.
After much controversy (see Coe 1957: 600-3), the glyphs on Stela 1 have
been accepted as a cycle 7 Maya data (A.D. 35), marking this monument as
the only heartland Cotzumalhuapa monument carved with Maya style
glyphs. It is one of a number of proto-Classic period Izapan style monuments
5 The scrollwork and general configuration of Abaj Takalik Stelae 1 and 2 are close
to those of El Baul Stela 1. Parsons has recently included these within the para-
meters of Cotzumalhuapa style (1973).
174
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
with late seventh baktun (ca. 50 B.C. to A.D. 50) bar and dot dates also
found at Tres Zapotes, Chiapa de Corzo, and Abaj Takalik (San Isidro
Piedra Parada), but not at Izapa itself.6
Bilbao Mon. 42 is a stela fragment in the Izapan style, with an accompany-
ing altar (Fig. 24). It was found displaced from its original position in a
dump of monumental sculpture in the Monument Plaza. It is finely carved
of atypical pink granite, unlike the basaltic stone of most other Cotzumal-
huapa monuments, and a corner fragment of an altar of the same stone, ex-
cavated in the immediate vicinity of Mon. 42, probably once accompanied it
(Parsons 1967: 173—4). It depicts a profile male figure (only a portion
remains) standing on a basal panel that is carved with a distinctly Izapan
style profile serpent-dragon head. The costume details include sandals,
garters, and elaborate belt with a front ornament that has been Identified
as a lower portion of a trophy or symbolic deity head (Parsons 1967:
Fig. 9 E). There is a typically Izapan double scroll motif in front of the head
and three shell ‘tinklers’ tied to its base (cf. Dainzu Relief 40 [Fig. 19 b], as
well as many Classic Maya reliefs, e.g., Tikal Stela 31). There are only a few
other indications of the stela and altar complex at Cotzumalhuapa. These
include five plain stelae from the monument dump that resemble Izapan plain
stelae, and an altar set in front of Bilbao Mon. 19, a large upright carved
boulder. As a representative of the stela-altar complex, Mon. 42 is distinct
from other Cotzumalhuapa monuments. Its presence indicates the mixture of
genres and styles that is characteristic of Cotzumalhuapa art.
Parsons calls Mon. 42 proto-Maya in style and proto-Classic in date, and
assigns it to the late Illusiones phase at Bilbao. He explains it as a link be-
tween Izapan and Maya sculpture, representing the stela-altar complex at
the time it was diffusing to the central Maya lowlands (ca. 100 B.C. — A.D.
100) (1967: 180). He suggests that there were two Izapan substyles, one
narrative, the other Olmecoid or proto-Maya (1967:184). El Baul Stela 1
belongs to, and is synchronomous with, the first tendency, while Mon. 42
belongs to, but is later than, the second tendency. The proto-Maya tendency
is felt by Parsons to be more conservative, refined, graceful, and linear, and
to have a different figure-ground relationship than the narrative style (1967;
6 There is a curiously large gap between these monuments and the earliest Maya
Initial Series dated monument in the Peten, Tikal Stela 29 (A.D. 292). Recent finds
of early Maya monuments with glyphs at Abaj Takalik and current excavations at
the site by the University of California, Berkeley, should contribute greatly to our
understanding of these anomalous cycle 7 monuments, and perhaps also fill in this
time gap.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
175
184). Parsons’ suggestion that there are two different styles at Izapa appears
to be correct, but his estimation that the narrative channel fed into Cotzumal-
huapa and the other into Maya art seems overly schematic, and fails to take
into consideration the complex nature of the sources of Cotzumalhuapa style,
including its unmistakable links with Late Pre-Classic period Oaxaca valley
art.
Mon. 78 (Fig. 25) is one of a pair of horizontal rectangular slabs recently
uncovered at Bilbao. It closely resembles the Izapan style in the shallow, low
relief carving, symmetrical composition (cf. Izapan Stelae 5, 11, 12, 18, 23),
paired scrolls with double outlines, and even in the puffy face and splayed
arms of the figure (cf. Izapa Stelae 11, 67 and Kaminaljuyu Stela 4 [Miles
1965: Fig. 4 b, c]). This figure is either a diving or, more likely, an ascending
deity, emerging from a reptile’s eye (RE) motif backdrop (cf. Bilbao Mon. 5).
An RE glyph also adorns the turban headdress of the youthful male profile
head on the matching Mon. 77 (Ichon and Carrier 1975: Fig. 7). In distinct
contrast to the completely filled surface of Mon. 78, Mon. 77 simply repre-
sents an isolated profile head, like many other Middle Classic Cotzumalhuapa
reliefs (e.g., Bilbao Mons. 20, 55 c, 63 g).
Just why these three Cotzumalhuapa reliefs (as well as Abaj Takalik
Stelae 1 and 2) uniquely exhibit pure Izapan style traits—scroll forms, serpent-
dragon heads, facial features, and symmetrical compositions—is not entirety
clear. The cases of Stela 1 and Mon. 42 can be explained in terms of early
experimentation with new forms before the crystallization of the Cotzumal-
huapa style. On the other hand, Mon. 78 appears to be a single instance of
deliberate archaizing during the course of the mature Cotzumalhuapa style.
Badner has shown that the Izapan style arose out of the Olmec tradition
enriched by contact with other artistic modes, particularly Chavin in Early
Horizon period Peru (1972: 8). He has pointed out similarities between both
isolated motifs and thematic complexes found in Izapan and Chavin reliefs.
Among the isolated motifs are grimacing mouths with protruding canines
(distinct from Olmec mouths) typified by the mouth of the Chavin Lanzon;
agnathic heads; dragon-headed serpentlike creatures, including doubleheaded
and entwined dragons and an undulating monster that flows into a plant;
and fantastic creatures, including birdmen (see Badner 1972: 8—14; Figs. 4—
29). The thematic complexes include representations of a man blowing a
conch shell, wrestling with a snake, and holding up a trophy head (see Badner
1972: 14—18). All such motifs found on Izapan sculpture Badner would
attribute to Chavin sources.
176
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
On the other hand, complex narrative scenes of dynamic action between
figures, involving flight, exchange, combat, death, and sex that are seen on
Izapan but not on Chavin reliefs, have earlier roots in Mesoamerica, accord-
ing to Badner (1972: 19—23). These dynamic conceptions were probably
brought to Peru at the time of Chavin-Izapan contact, where they influenced
later styles that embody these characteristics, such as Moche. Included in this
category are representations of consulting, gesticulating figures and attendants,
winged birdmen in action, men in combat, animated skeletons, and ithyphallic
figures. In addition, serpent frames, seen In both Izapan and Moche art, also
originated at Izapa (Badner 1972: 23). Thus, Badner envisages a mixture of
impluses coming first from the Northern Andes to influence Izapan art, and
at a slightly later time going in a reverse flow from Izapan to Moche art.
Cotzumalhuapa art shares may of the Izapan style traits seen by Badner to
be of Chavin origin, in particular the emphasis on serpent heads and maws,
trophy heads, plants growing from heads, and birdmen. An additional trait,
unnoted by Badner, is an elaborate back ornament worn by persons associated
with headhunting or decapitation (cf. Chavin Sculpture 53 [Badner 1972:
Fig. 40], Izapa Stela 21 [Fig. 22], and Bilbao Mon. 4 [Parsons 1969; Pi.
33 c]). The dynamic and narrative components of Cotzumalhuapa art—figures
interacting in exchange or conflict situations—and certain themes—animated
skeletons and phallic imagery—can be associated with Izapan art and its
Mesoamerican antecedents. The many correspondences between Cotzumal-
huapa and Moche art, including a style based in selective realism, and the
narrative representation of ritual contests keyed to agricultural fertility and
death rites, may also be the result of pan-American contact, but a more sig-
nificant factor may be a parallel evolutionary development of the two
cultures.
Summary
Cotzumalhuapa relief art is indebted to a complicated blend of sources,
including Olmec, Chalcatzingo, Oxtotitlan, Dainzu, Monte Alban I and II,
Izapan, and possibly Chavin art styles. It resembles Dainzu reliefs more
closely than any others, in terms of overall configuration (composition, figural
proportion, facial features, a certain angularity of line, etc.), content (the
ball game, head and heart sacrifice), and particular details, such as glyphs
and speech scrolls. From Chalcatzingo, Oxtotitlan, and Izapa come the
descriptive format, encompassing dynamic figural scenes, botanical, elemental,
sexual, and skeletal representations; zonal compositions which seem to ac-
company a new skyward orientation involving diving and flying figures; and
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
177
innumerable variations on serpent head and maw motifs. Representations of
conflict, trophy heads, sacrifice, death, and sexual organs are also common
to Oaxaca styles. The emphasis on the serpent-cayman, perhaps accompanied
by underworld myths, as well as the concept of anthropomorphic eagles orig-
inate at Chavin. But the grotesques and monsters of Chavin and Izapan art
do not appear in Cotzumalhuapa reliefs, except on rare ocassions in the form
of subsidiary figures, for example, on Bilbao Mon. 42 (Fig. 24). They have
been superseded by realistic heroes and gods in human form. Moreover, the
exuberant Izapan crowd scenes, elaborate spacefilling, and ubiquitous scroll
forms have no place at Cotzumalhuapa. Contrary to Parsons’ view, the
Cotzumalhuapa relief style does not derive from Olmec through Izapan art in
a single, direct line of descent.
It is unnecessary to postulate the intervention of Teotihuacan in the fifth
and sixth centuries A.D. to account for the spareness, directness, and severity
of mature Cotzumalhuapa art. To be sure, Teotihuacan art is overwhelmingly
two-dimensional in format, but so is Izapan art. The prevailing artistic
tradition at Teotihuacan is basically at odds with Cotzumalhuapa art; it is
characteristically hieratic rather than narrative, emblematic rather than
realistic, static rather than dynamic, repetitive and patterned rather than
varied and individualized, and fundamentally non-human in its orientation.
Moreover, the forms are squat rather than tall, geometric rather than organic,
slack rather than tense, and their disposition on the surface is at great variance
with Cotzumalhuapa style. Where resemblances do occur, as in the frescoes
at Tepantitla, they seem to be the result of southern, perhaps Izapan, in-
fluence on Teotihuacan, rather than the other way around (see Pasztory
1974).
A new style was developed at Cotzumalhuapa in the Middle Classic period,
which was probably impelled by changing socio-economic relations. Looking
around and at themselves, adapting what they needed from the past, and
discarding the rest, Cotzumalhuapa artists created an image of their world in
accord with new values. Their art focuses selectively on certain aspects of
reality: the human capacity to mobilize, manipulate, and communicate; the
well-developed physique and dignified bearing of athletic heroes; the austere
regimen of the competitive ball game ritual and its harsh attendant sacrificial
practices; and the important cacao crop that supported their mercantile
culture.
111. Three-Dimensional Sculpture
The neglected sources of the three-dimensional art of Cotzumalhuapa will
now be shown to be located in the Northern Andean area in the Early
12 Baessler-Archiv XXVI
178
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Horizon and Regional Developmental periods. Using broad conceptual cate-
gories and formal analysis, a sculptural complex will be defined for the
Pacific slope and related highland Guatemala in the Late Pre-Classic and
Classic periods. A similar and demonstrably earlier sculptural complex will
then be traced in the Northern Andean area and shown to relate to Guate-
malan forms culminating in the ball-game associated style of Santa Lucia
Cotzumalhuapa. The discussion will focus on the nature and range of this
sculptural complex, rather than on regional and chronological distinctions,
which are in any event still so uncertain.
Concurrent with the idea of South American sources for Cotzumalhuapa
art, a re-evaluation of the thrust and significance of the post-Olmec sculp-
tural tradition in Mesoamerica is proposed. The need for reassessing possible
contributions of non-high culture areas to mainstream developments is also
indicated. Finally, the question of the larger meaning of the outlined sculp-
tural complex will be examined.
Limited attention has been devoted to the subject of southern sources for
Guatemalan monolithic sculpture, and it has usually been in terms either of
broad cultural questions of origins and diffusion or narrow single-trait dis-
tribution studies. An exception to this rule is the work of Lothrop, who, over
a long career, combined the two approaches, beginning with his articles on
Nicaraguan (1921) and Kaminaljuyu (1926) sculpture, in which he distin-
guished an archaic non-Maya sculptural tradition in these areas. In addition,
the 1940 publication, the Maya and Their Neighbors, contained statements by
Lothrop, Richardson, Kidder, and Means addressed to this problem. Lothrop
posited an Arawak base beneath all New World higher cultures spreading out
from Orinoco and Amazon basins, and later reinforced by a migration of
the same stock of South American people carrying Peruvian culture traits to
upper Central America. Richardson tackled the problem of Guatemalan mono-
lithic sculpture and its interrelationships with Central American styles for
the first time. Kidder suggested that South America contributed far more to
Mesoamerican culture than is generally supposed, and Means discussed the
points of convergence between Mesoamerica and Andean religions. Miles
(1965), following Richardson, attempted to systematize Guatemalan sculpture
of all types and time periods in an invaluable and densely packed study. In it,
she touches briefly on the subject of southern sources for some Guatemalan
Post-Classic forms.
The Container and Shaft Complex
In an effort to penetrate the bewildering variety and quantity of three-
dimensional forms found on the Pacific slope of Guatemala during the Late
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
179
Pre-Classic and Classic periods, a reductionist approach seems to offer the
most promise. If we can establish the presence of some basic configurations,
then we can begin to make significant distinctions about this material, and
perhaps reach some conclusions about its nature. On the basis of careful
observation of the sculpture of this region, two fundamental conceptions of
form have been isolated: the containing of voids and the projection of solids.
They are manifest in the sculptural categories of receptacles, which include
decorated and effigy basins, mortars, troughs, cup-shaped depressions in solid
rock; and shafts, which include figures and heads with vertical or horizontal
projections—tenons, pedestals, bases, pegs, or notches—columnar statues, and a
variant type known as boulder sculpture or potbellies. In both columnar and
boulder sculpture, the posture and limb position of the figures are treated
similarly, despite the difference in the shape of the core. Also included in the
broad category of projecting forms are seats. These two types of forms,
receptacles and shafts, are often combined in one sculpture, as when basins
are supported by pedestals. A subcategory of receptacles and shafts is open-
work form. Some examples of Guatemalan openwork forms are silhouette
figures and hachas. There is thus a sculptural complex involving interiorized
space and projected forms.
Many of the containers and shafts to be considered here are monumental
stone forms, and all are ceremonial in nature. These sculptural categories may
at first appear to be isolated arbitrarily and grouped together as a complex
without justification. However, it will be seen that they are usually found in
close association, and often also in combination, as noted. Moreover, it will
be seen that these forms have consistent secondary associations with certain
iconographic motifs, and that they are linked on a symbolical and ideological
level.
The sculptural complex makes its first appearance in the Pacific slope and
related highland areas of Guatemala in the Late Pre-Classic period. Pre-
Classic receptacles take the form of effigy mortars and metates, as well as
cup-shaped depressions in rocks. Shafts assume the shape of pedestal figures,
mushroom stones, bench figures, seats, and potbelly boulder figures. Significant
representative examples of each of these forms follow.
Three small frog effigy mortars, one double-headed, were found stacked in
a cache in a Kaminaljuyu tomb (mound E-III-3, Verbena subphase of Mira-
flores) (Fig. 26). Larger and better-formed frog effigy mortars, with bowl-
shaped receptacles in their backs, are known from both the highland and the
coast in the proto-Classic period. Two were found in relation to Esperanza
12»
180
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
mounds (Fig. 27).7 The frog motif seems particularly linked with container
forms.8
Rock-hewn hemispherical cavities of uncertain, although probably Pre-
Classic date, should be mentioned in the receptacle category. At the site of
La Gomera on the south coast, Girard located three such basins at the foot of
the central of three mounds delimiting the main ceremonial plaza. In the
vicinity were a fragmentary boulder figure, a pedestal stone, and a seat
(Girard 1969: 30). These rockhewn basins tend to be overlooked, yet there
appears to be some pattern in their adornment and distribution. When elab-
orated, as at the later sites of Chuitinamit and Pachiuak in the Atitlan area
(Lothrop 1933: 69), they are carved with low-relief or incised forms of
jaguars and amphibians loosely arranged on the rock surface. Where they
occur in Guatemala, other forms in the sculptural complex are also found.
In the category of shaft forms are mushroom stones, named for the hemi-
spherical top that surmounts the narrower shaft support which rests on a
square or round base, or tripod feet. Many have effigies of humans, animals,
and birds, which sit or crouch on their bases; others are plain or have incised
geometric designs on their shafts. Like the metates and effigy mortars with
which they have often been found, mushroom stones have been linked with
hallucinogenic mushroom cults (Borhegyi 1961: 503).9 An interesting early
example, showing a jaguar head with a prominent squared jaw, interlocking
canine teeth, and unusual perforated handlelike forms above the head came
from the same Verbena tomb cache at Kaminaljuyu as the above noted frog
effigy mortars (Fig. 26).
7 One lay with two small human effigies, a crouching human in battered state and
a head broken off at the neck (Kidder, Jennings, and Shook 1946: 103; Fig. 170 i),
8 Furst (1972: 28 n) has connected frogs with hallucinogenic properties, and main-
tains that their representation suggests some relationship to hallucinogenic rituals.
The more conventional interpretation of frogs relates them to water. Two bowls
with frog representations are of interest here: one from Xochipala, Gurrero, in the
Princeton Museum, which has two frogs incised in quartered form on the outside
surface, and another found in the interior of the pyramid cave at Totimehuacan,
Oaxaca. Both are dated to the Middle Pre-Classic.
9 In discussing a cache of nine miniature mushroom stones and metates and manos
also found in a Verbena tomb at Kaminaljuyu, Borghegyi suggested that the number
nine was related to the nine Maya lords of the underworld and night. It is of
interest to note that caches of nine hachas have been found at Aguna and Tiquisate
on the south coast of Guatemala by Shook (1965: 193).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
181
Pedestal and tenon sculptures are clearly related to mushroom stones both
stylistically and conceptually.10 Pedestal figures represent kneeling or crouch-
ing humans (often prisoners), animals (often jaguars, monkeys and pisotes),
and birds carved on top of carefully shaped square or round shafts. Human
forms appear to be treated more schematically than animals, which are more
naturalistic. The figure is placed either on a molding or bench or seated
directly upon the shaft. An unusual type of human figure introduces gro-
tesque imagery; it has a dualistic face, half skeletal, half flesh (Fig. 28).11
Skull effigies also occur on mushroom stones (Borhegyi 1961: 500-3), although
rarely. Pedestal figures have a very wide distribution, from El Salvador to
the Gulf Coast of Mexico, but the largest number are from the Guatemalan
highlands and Pacific slope. Their dating is somewhat problematical,12 but
they are usually ascribed to the Late Pre-Classic period, and often found at
sites with potbelly boulder figures.
There can be no question that pedestal figures, mushroom stones, and bench
figures are related to one another in a cluster. They share the same icono-
graphie motifs, e. g., upper arm bracelets, similar squared blocky forms, and
a certain roughness of finish. Bench figures consistently exhibit a trait that
is seen only rarely on mushrooms and pedestals: openwork perforations, made
with the string-saw technique, separate the limbs from the torso of the figure.
Apart from the openwork handlelike forms on the Verbena jaguar effigy
mushroom, these are the first indications of the use of openwork form, which
reaches its full development in the Classic period. Related to bench figures are
discrete bench forms or seats. Many seats have been found on the south coast
at sites with early occupations and boulder sculptures. There are also a num-
ber of seats from Classic and later period sites on the Pacific slope, e. g.,
Bilbao, and in the highlands, e. g., Chuitinamit and Tajumulco.
10 In his classification of mushroom stones, Borhegyi (1961) included three effigy
head tenon sculptures with pointed shaft-shaped supports under a category (Type
E) labeled “possibly related stone objects”. He also illustrated a mushroom stone
with an effigy head and a tenoned support (Type A), and a bench figure with a
mushroom cap on his head.
11 Dieseldorff illustrates an excellent example from the Leipzig Museum collection
(1920—33: PI. 39). Another dualistic pedestal figure in fragmentary condition is
known from the south coast (Miles 1965: Fig. 11 e).
l- Miles places most of them in her Division 2, Providencia phase (1965: 248). On the
basis of scanty stylistic evidence, she has attempted to group them by locality and
date, and distinguish them from similar pedestal forms which she gives to the Late
Classic period. But upon examination, her conclusions cannot be sustained.
182
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Potbelly boulder figures are characterized by fat bodies sculpted in the
round, arms and flexed legs curving around the boulder core to the front,
and sexlessness (Fig. 29). Their disproportionately large, bald, neckless heads
usually overhang the chest, but sometimes tilt upward, and occasionally their
eyes are closed in death or sleep. Infrequent body ornaments Include round
or square, usually concave, pectorals and neck ruffs decorated with spiked
forms; similar spiked ornaments appear as headdress elements on mushroom
effigies and on tenoned serpent heads. Although generally regarded as mon-
umental boulders, potbelly figures range from huge to portable in size. There
is also some range in their carving from very crude to more carefully articu-
lated bodies and limbs, but as a rule there is minimal modification of the
natural boulder form. The almost unvarying features of these sculptures are
their sexlessness and rudeness of form. They are closely associated with the
Pacific coast site of Monte Alto, where a number have been found aligned
with mounds, but are also widely distributed across the Pacific slope and high-
lands from western to eastern Guatemala. Outside these boundaries they have
thus far been identified in Veracruz and Chiapas, at the sites of Copan and
La Florida in Honduras, at the site of San Leticia in western El Salvador,
and at Tikal. Accompanying them at Monte Alto and Kaminaljuyu are
enormous heads with closed eyes—probably representations of trophy heads.
It seems clear that potbelly figures are related to the effigy mortars,
mushroom stones, bench and pedestal figures of the Late-Pre-Classic period,
contextually, stylistically, and iconographically. They are frequently found
at the same sites, and in association with the same objects. A giant potbelly
from Finca El Transito on the south coast was found with a metate and
mano buried beneath it (Girard 1969: 21-2), just as Miraflores phase mush-
room stones were cached with metates and manos (Borhegyi 1961: 498). They
all share a roughness of finish not simply attributable to their having been
carved from volcanic stone. Body positions and motifs are often inter-
changeable among them, and sometimes one kind of sculpture merges into
another. The conical shape of one potbelly from Finca Nueva on the south
coast (Girard 1969: Figs. 4 and 5) suggests that it was fashioned to be secured
into the earth like a tenon. The sin cahezas sculptures from a site near
Tiquisate share the general format of some cross-legged potbelly figures,
but are seated on columnar pedestals, which are unmodified parts of the
boulders they are carved from.
The dating of these boulder figures is disputed, and the subject is further
confused by the presence and character of the sin cahezas figures. Current
estimates place them in the Late Pre-Classic, somewhat earlier than the mush-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
183
room stones and pedestal figures (Metropolitan Museum of Art 1970: 92;
Porter-Weaver 1972: 81-2). The issues lurking behind the problematical
dating of these sculptures are their relationship to the Olmec culture, and
the nature of the Olmec cultural presence in Guatemala.13
The general consensus about this group of sculptures is that they are post-
Olmec developments, and implicitly Olmec-derived. Unspecified southern
affiliations have been hinted for the pedestal and bench figures (Miles 1965:
270), and local folk cult traditions held to account for the mushroom stones
(Metropolitan Museum of Art 1970: 93). Potbelly and sin cahezas sculp-
tures are seen to be examples of Provincial Olmec, unrelated to pedestal,
mushroom, and bench figures.
It is conceivable that the Olmec hegemony was so widespread that these
sculptures are a reflection of Olmec Gulf Coast prototypes. It is also possible
that the crude finish and unrefined character of the forms in this cluster do
not signify an epigonal or provincial version of Olmec forms. Could it be
that the few examples of tenon, pedestal, bench, and potbelly figures, as well
as certain basin monuments known from the Olmec heartland sites of Tres
Zapotes, San Lorenzo, La Venta, and Cerro des las Mesas14 reflect intrusions
of a different style from the south,15 rather than incipient versions of forms
later to be picked up and developed in the provinces? Perhaps the crudeness
and lack of definition characterizing these sculptures represents an entirely
separate style tradition, in which high finish was of no concern, or even pos-
sibly a deliberate reference to natural forms. Considered in this light, the
objects in this cluster take on new significance, and it becomes possible to
13 Miles placed the potbellies in her Division 1 (1965:242), considering them pre- or
proto-Olmec, and Girard is in agreement with this position. Parsons and Jensen
placed them in the Middle to Late Pre-Classic (1965: 144), Lothrop thought they
were archaic and proto-Maya (1926: 163), and Drucker felt that they were con-
temporaneous with Olmec Gulf Coast material (1952: 222). Ceramics from the
Monte Alto excavations have not been worked up as yet. No firm date has yet
been published for the El Salvador potbellies, but Demarest has suggested a Middle
Pre-Classic date recently (International Symposium of Maya Archaeology, Guate-
mala, July 1977). He also noted that a large oval stone basin was found beneath
one of the potbelly sculptures at San Leticia.
14 Examples are Monuments F and G at Tres Zapotes, the La Venta Mono and La
Abuela, San Lorenzo duck basin, Tres Zapotes potbelly, and bench figures from
Cerro de las Mesas.
15 Greene and Lowe (1967: 68 ff) have made a similar suggestion with regard to
certains ceramic forms appearing in the Olmec heartland region. An analogous
argument might be advanced with regard to the La Venta relief sculptures, partic-
ularly as they are late in the sequence.
184
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
view this Late Pre-Classic southern Guatemalan style as not merely transi-
tional but innovative.
To review the components of the sculptural complex in the Pre-Classic
period, the two basic configurations are seen to be containers and shafts, in-
cluding effigy mortars, various figures with bases, and boulder figures. A
secondary trait accompanying some of these forms is openwork perforation.
Associated iconographic motifs include trophy, dualistic, and death heads,
canine teeth, alter ego representations,16 as well as prisoners, frogs, jaguars,
pisotes, monkeys, and birds.
A number of potbelly boulder and pedestal figures, mushroom stones, and
benches have been found in Middle Classic contexts at the sites of Bilbao and
El Baul in the Cotzumalhuapa area on the piedmont coast. A cache buried
near the main platform at El Baul consisted of ball game-associated yoke and
mushroom stone fragments, as well as tenoned or pedestal figures of Late
Pre-Classic appearance. From Bilbao (now in Berlin) are two standard
bearer type figures with short tenons or pegs (Fig. 30), very closely resembling
Pre-Classic figures from Patzun (Stone 1972: ill. p. 69, right), as well as many
bench figure types, in terms of the blocky character of the forms, squared
headdresses, and perforations between the limbs. There are also five pedestal
figures of human beings with crossed arms, a phallic figure, and a bird,
many on long shafts. Three potbelly figures are known from Bilbao. Two
are distinguished by their sagital crests (Fig. 29 a, b) (a trait found on
certain Olmec heartland figures, such as La Abuela from La Venta) and ruffs
with spiky designs encircling their necks (a trait shared with the giant
jaguar from El Baul, as well as many effigies from Monte Alban I and II,
Chiapas, and Teotihuacan tenoned heads). A third, more carefully articulated
than the others, is seated cross-legged with head tilted skyward (Parsons 1969:
Pi. 45 c). It was found in front of the main platform directly underneath a
stone seat. Incised on the surface of the seat is a skeletal manikin figure
(Parsons 1969: Pi. 49 c-e) corresponding to a number of curious figures just
like it that are represented on both three-dimensional and relief monuments
from Classic period Bilbao.
16 These motifs are all in evidence in the Late-Pre-Classic, but not as thoroughly
integrated with the sculptural forms as they become in the Early Classic. Trophy
heads are seen at Monte Alto, but they are not worn or held by human figures as
yet. Alter egos are present at Kaminaljuyu in the Miraflores phase (Metropolitan
Museum of Art 1970: No. 55; Stone 1972: ill. p. 94) and are represented on crouch-
ing or kneeling figures related In style and pose to pedestal and mushroom stone
figures.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
183
The problem raised by the presence of these forms in Classic contexts is
whether they represent a survival, in terms of heirlooms, or revival of Pre-
Classic types. Or could it be that they simply persist well into the Classic
period because they continue to be expressive of prevailing concepts? What-
ever explanation is preferred, it is clear that their presence was not in con-
flict with newer forms that emerge during the Early Classic period at Cot-
zumalhuapa sites. In fact, upon examination, these new forms appear to be
elaborations and more complex versions of older, Late Pre-Classic concep-
tions.
Significant examples of Classic period Cotzumalhuapa editions of the basic
complex outlined above—containers, shafts, and openwork form—will be dis-
cussed in more detail. There are a large number of three-dimensional monu-
ments from Cotzumalhuapa sites; over one third of the known monuments
from the focal site of Bilbao fall into this category. Within this group, a large
proportion are container forms, including effigy and relief decorated basins,
troughs, and cavities carved into boulders; eleven of these sculptures are
known from Bilbao. One of the most imposing Cotzumalhuapa monuments
is a cylindrical effigy basin found on the main Monument Plaza, quite near
the sunken (ball) court, at Bilbao, and brought to Berlin in 1880 (Fig. 32).
Approximately 1.23 m. high and 0.75 m. in diameter, the basin represents a
crouching anthropomorphic simian supernatural figure wearing a feathered
cape or sporting wings, a rope around its waist, and holding in a protective
pose, a displayed death manikin between its clawed hands. The receptacle
is round and relatively shallow, its rim separated from the effigy figure by
a groove; the awesome quality of the effigy and the death imagery suggest
that it was associated with sacrificial offerings—heads, hearts, limbs, or blood.
The terrifying monster head of the supernatural projects from the basin rim
in solidly plastic form. The face suggests both a monkey, with bulging fore-
head, sunken eyes and prognathic jaw, and a skull, with absent nose and
fleshless jaw. The mouth area is defaced, but probably displayed prominent
lower incisors, resembling those on a similar, although smaller, Bilbao effigy
basin, also in Berlin. The anatomical features of the main figure, including
the round head, chin overhanging chest, striated hair, careful hairline, and
joint markings on wrists and ankles, are characteristic of figures in relief at
Bilbao and other Cotzumalhuapa sites. Another important effigy basin from
Bilbao represents a human bust with crossed arms, a characteristic Cotzumal-
huapa motif, and combines a cylindrical columnar format with a shallow
receptacle, like the monkey-death basin above (Parsons 1969: Pi. 47 a). A
fragmentary cylindrical basin recently unearthed at Bilbao has affixed to its
surface a displayed death manikin in an inverted position identical to the
186
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
one noted above. Also recently found at Bilbao is a unique monumental
skeleton manikin torso whose pelvic area is a shallow basin (Fig. 10).
There are several interesting relief decorated containers from the Cotzumal-
huapa area. The long side of an unusual rectangular trough from Finca El
Salto, Escuintla (El Coyol site) (Fig. 33), is adorned with a jaguar head in
high relief, with its extended arms (paws?) incised in a displayed position,
and flanked by two incised “prowling” felines in a perfect hieratic formal
arrangement.17 From Bdbao, now in Berlin, come two sizable hemispherical
basins with deep receptacles, which are decorated with wide bands with raised
borders. The larger of the two (90 cm. in diameter), shows a relief of a
flowering plant or vine motif within the band, and the smaller one (56 cm. in
diameter) (Fig. 34) shows two swimming amphibianlike creatures and a
round plantlike design with spiral grooves in relief. Also from Bilbao are a
cylindrical basin adorned with a low relief serpent scale pattern (Parsons
1969: Pi. 47 b), and a boulder that has a hollowed out basin with twin
“Tlaloc” heads in raised relief in the center of the cavity, and a deep drain-
like groove connected to the basin (Thompson 1948: Fig. 12 f).
Parsons considers that Cotzumalhuapa basins of both round and rectan-
gular format derive from Teotihuacanoid sources (1969: 126, 140). In support
of this idea, he points to style traits and motifs, e. g., facial types and Tlaloc
images, which he associates with Teotihuacan. Fiowever, it will be shown that
these kinds of receptacles are more characteristic of the Northern Andean
area.
Sculptures at Cotzumalhuapa sites that fit into the category of shaft forms
include effigy metates, tenoned heads and figures, hachas, and columnar
figures. The presence of other types of shaft sculptures—pedestal figures,
mushroom stones, seats, and potbelly boulder figures—has already been noted.
Effigy metates, or ritual grinding stones, might easily be grouped with con-
tainers, but most Guatemalan examples are rimless, and are therefore grouped
with the shafts. A well-known tripod effigy metate from the Cotzumalhuapa
area in the University Museum, Philadelphia, has a perforated serpent head
projecting from the front end of the sloping surface (Fig. 35). It closely
resembles metates characteristic of the Nicoya area of Costa Rica and similar
17 As Parsons points out, this sculpture is closely related to a rectangular block from
El Baul on which a relief of “Tlaloc” is centered between four plain disks (1969:
140; PI. 57 g), and to a pair of rectangular blocks incised with “prowling” jaguars
from Finca El Portal, near Antigua (Thompson 1943: p. 110 g, h). It is my estimate
that these blocks were set up flanking one of the several tenoned heads known
from the site, thereby composing a similar hieratic design.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
187
ones from eastern Honduras.18 Thus, the Cotzumalhuapa metate is either an
import or a local copy of an import, and direct evidence of trade between
these areas. This type of metate is not uncommon in Guatemala; a number of
specimens are known from the western piedmont and highlands, which are
probably local adaptations of this southern style.19 A jaguar effigy with four
legs, characteristic of both the Atlantic watershed of Costa Rica and Chiriqui,
Panama, is also known from the south coast of Guatemala (Nottebohm col-
lection) (Parsons 1969: Pi. 25 e).
By far the largest number of Cotzumalhuapa three-dimensional monuments
are tenoned heads and figures. Tenons are projecting vertical or horizontal
devices to secure the sculpture by means of interlocking positive and negative
space. There are at least fifty Classic-period horizontally tenoned heads from
related highland sites. Few have been found in situ, but it is generally sup-
posed that they functioned either as architectural decoration inserted into
masonry walls and stairways, or ball court markers, arranged with other
types of sculpture on or near the playing field.
Tenoned heads depict animals, birds, humans, and supernaturals. Most
common are representations of serpents with elaborated scrolls over the eyes,
a ruff around the neck, and often a human head enclosed within the jaws.
Parsons suggests that the prototype for these heads is to be found in phase II
Teotihuacan (1969: 139). Also frequently represented are jaguars with inter-
locking canine teeth, monkeys, and parrots. The entire range of Cotzumal-
huapa personalities, probably all supernaturals and culture heroes, may be
found among the tenoned heads. The fact that they have generally been
identified in the literature by Mexican deity names has doubtless lent credence
to the notion of their formal derivation from Mexican sources. One partic-
ular deity, probably the maize-sun or cacao god, always wears a projecting
panache in his headdress, which is rendered in openwork form. Examples of
this deity from El Baul and Pantaleon (Fig. 1) are notable for their complex
18 Stone (1972: 132) illustrates an almost identical effigy metate, even down to the
herringbone relief pattern on the side of the plate, from Tigre Island, Gulf of
Fonseca, Flonduras.
19 Thompson (1943: p. 112 h) has illustrated an interesting example from El Paraiso,
near Quetzaltenango, in which the projection takes the form of a human head
under the jaws of a serpent. The Heye Foundation Collection has three additional
specimens from western Guatemala. Three tripod effigies from Bilbao, which
Parsons places in the Post-Classic on the basis of comparative material from
Zaculeu, may conceivably also reflect local adaptations of lower Central American
types. On one, a supporting foot represents an animal head, and a displayed
version of the animal is carved on the underside (Parsons 1969; 85; Pi. 25 b).
188
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
treatment of high- and low-relief form, and for their clear presentation of the
typical Cotzumalhuapa facial type of a stern young man, with deep-set eyes
within raised sockets, crease line separating cheek from thin-lipped mouth, firm
protruding jaw, and stylized ear with large ornament. Characteristic traits of
tenoned heads include crocodile nose masks, extruded eyeballs, dualistic faces—
half skeletal and half alive (Fig. 36)—wrinkled faces, peaked headdresses, and
turbans. Two types of alter ego motifs are associated with tenoned heads:
naturalistic representations of protector animals over human heads, as in an
example from Finca Azotea, Antigua (Parsons 1969: Pi. 64 a), and emblem-
atic renditions of the same conception showing a head flanked by feathers
at the front of the headdress (Thompson 1948: Fig. 15 e). The many tenoned
heads representing serpent and parrot or eagle heads enclosing humans (Fig. 4)
may possibly be related to the alter ego conception. A majority of the monu-
ments display a roughhewn quality, as if in deliberate reference to the natural
state of the volcanic rock from which they are carved. It seems clear that this
condition is not merely the result of weathering, since there are sufficient
examples of well-finished tenoned heads from the same school. This lack of
definition recalls the cluster of Pre-Classic sculptures in which the same trait
was observed.
Cotzumalhuapa vertically tenoned figures, ofen merging with pedestal types,
have already been noted in connection with the Pre-Classic period. A new
type of tenoned figure, introduced in the proto-Classic peroid, is silhouette
sculpture. Where previously perforations were restricted to accented parts of
a sculpture, they are now used on every part of the flattened image. A Cotzu-
malhuapa silhouette, supported on a peg base, represents a human clasping a
double-headed serpent (Parsons 1969: Pi. 51 g). Fragments of silhouette reliefs
are also known from El Baul (Thompson 1948: Fig. 19 h), and from Kaminal-
juyu come silhouettes whose style and motifs resemble certain Cotzumalhuapa
reliefs (Lothrop 1926; Fig. 48; Metropolitan Museum of Art 1970: No. 62).
The most common manifestation of the openwork technique in the Cotzu-
malhuapa area are hachas, which are another variety of tenoned sculpture.
They are small-scale combinations of three-dimensional tenond heads and
flat silhouette reliefs. A range of personalities, animals, and birds similar to
those represented on monumental tenoned heads may be found on hachas.
They also depict scenes of sacrifice (Fig. 16), trophy and death heads, and
severed limbs. In most instances in Veracruz, hachas are tenoned or notched
at the bottom to permit attachment to yokes. In Guatemala and El Salvador,
they are more frequently provided with holes for suspension or handle-shaped
perforations. Along with hachas, yoke forms occur at Cotzumalhuapa sites, as
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
189
do perforated stone objects, such as padlock, donut, and tapered stones, whose
function remains enigmatic.
The final subtype to be grouped with Classic period shaft sculptures from
the Cotzumalhuapa region is columnar sculpture. The figures are carved from
a cylindrical block, and remain embedded in that shape or superimposed on
it in relief. There are a variety of columnar figures from the Cotzumalhuapa
area, but one type is of special interest here. The figures have a blocky
format, and are either crouching with feet drawn up to the torso or standing
in a displayed manner; arms hug the body, disproportionately large neckless
heads, deeply grooved under the chin, hang over the chest. At least a half
dozen of these figures from Bilbao, El Baul, and Palo Gordo are warriors,
holding a rectangular feathered shield in one hand and a weapon, usually a
club, in the other (Fig. 37). A figure on a related sculpture from Jutiapa on
the south coast displays a trophy head symbol on his weapon (Miles 1965:
Fig. 19 f). Other columnar figures have the posture and format of the war-
riors, but instead of wielding weapons, their arms are crossed or extended on
the chest (Termer 1973: Abb. 64—9). On the basis of motif similarities, e. g.,
the squared feathered shield, Parsons related these warriors to Teotihuacan
prototypes. Fiowever, if the whole configuration of these sculptures is con-
sidered, different conclusions appear to be in order.
Sources
An alternative possibility to the accepted view that favors Gulf Coast and
Mexican highland origins for this sculpture is that it derives from the North-
ern Andean area. Sculptural conceptions involving hollowed-out space and
projected solids will be shown to occur in a cluster at various sites in Peru
and Colombia. As before, the primary focus will be on style, with icono-
graphy considered secondarily. Where chronology has been established, cur-
rent dating will be noted, beginning with the earliest dated occurrence of this
complex.
Chavin
Most stone sculpture found at the type site of Chavin de Fiuantar (ca.
1200—500 B.C.) in the north highlands of Peru is in the low-relief format.
Exceptions include the three-dimensional tenoned human and animal heads
inserted into the walls of the Castillo, feline- and bird-effigy and relief-
decorated mortars, and the great idol itself, the Lanzon, from the interior of
the old part of the temple. According to Rowe’s seriation of the monuments
190
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
at Chavin, all of these three-dimensional sculptures belong to the earliest
phase of the site (AB), although the heads continue into successive phases and
the Lanzon image may have been reworked (around the mouth area) in a
later phase (CD) (Rowe 1967). There are also a few minor three-dimensional
objects from the site, including small stone “axe gods” and enigmatic stone
rings with eccentric perforations (Tello 1960: 304; Figs. 134, 136).
It appears likely that the matrix of the sculptural complex of container
and shaft forms in southern Guatemala is to be found here in this cluster of
three-dimensional objects from Chavin. In the category of receptacles are the
ceremonial effigy mortars, among them the well-known jaguar from the type
site in the University Museum, Philadelphia (Badner 1972: Fig. 2). A few of
the relief-decorated mortars, incised with mythological, vegetal, and geo-
metric designs, seem to correspond to the Tello Obelisk in style. One mortar
carved with a geometric stepped design, found in association with the
Castillo, may be compared both in shape and design to a cylindrical basin
with an ophidian pattern from Bilbao, noted above (Tello 1960: Fig. 132;
Parsons 1969: Pi. 47 b).20 Similar effigy and relief-decorated mortars have
been found in coastal valleys at sites associated with Chavin culture (Tello
1960: 303—04). Also from the coast come numerous elaborately carved
steatite cupsize containers.
Both tenoned heads and the Lanzon fit into the category of shaft sculpture.
The tenoned heads are supported by horizontal projections which are held in
the wall by sockets and divided between animal and human or anthropo-
morphic representations. It seems possible that these dismembered forms repre-
sent trophy heads. If so, and if they first appear in the earliest phase at Chavin,
then we might consider that trophy-head taking was an important aspect of
Chavin religion from its inception, even though it is not until the later phases
at the site that explicit trophy-head relief representations are introduced.21
20 Bilbao Mons. 33 and 84 a, b, c (Fig. 11), shafts with relief designs on three sides,
are strongly reminiscent of Chavin forms, both in terms of relief design format and
overall contour. For example, the modular serpent-maw markings on their sides
might be compared with relief designs on the cornices and the black-and-white
portal of the Castillo at Chavin (Rowe 1967: Figs. 11 —15). The shape of Mon. 33,
which has a notch on its top, may be compared with that of the Tello Obelisk.
The Lanzon also has a notched top (Rowe 1967: Figs. 5,6).
21 Included in this category are relief plaques depicting warriors brandishing weapons
and trophy heads. Examples of these can be seen ranged on the walls of the sunken
circular plaza recently uncovered at Chavin, along with plaques depicting “prowl-
ing” jaguars.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
191
Both the blocky forms of these heads and many of their motifs might be
compared with tenoned heads from Cotzumalhuapa sites, including jaguars
with interlocking canines, serpent heads, wrinkled old and stern-visaged
youthful men, and skeletal representations with fleshless jaws (Tello 1960:
Figs. 70, 95, 97, 101, 118, 119).
The Lanzon has usually been consigned to the realm of two-dimensional
form, because attention invariably focuses on its elaborate relief designs.
However, the basic shape of the object seems worthy of consideration as the
prototype for columnar and pedestal figures.22 The manner in which the
figure conforms to the columnar shaft shape, with its legs flexed and turned
in and arm hugging the torso, and the proportions of the body, with its
overly large, neckless head, suggest this conclusion. The extension of the shaft
above the head (perhaps representing an alter ego image) to the chamber
ceiling also embraces the conception of an atlantean figure.
Thus, the sculptural complex is to be found first in early Chavin stone
three-dimensional sculpture: containers in the form of ceremonial mortars,
and shafts in the form of columnar figures and tenoned heads. Apart from
the enigmatic stones noted above, and perhaps mace heads that appear in
later coastal Chavin sites, the only Chavin-period manifestations of openwork
technique are in the metal and ceramic media, most particularly in the form
of stirrup-spout vessels. The imagery nearly always associated with the sculp-
tural complex in Guatemala is also present at Chavin, including trophy head
and death representations, interlocking canine teeth, and possibly alter ego
motifs as well.
Post-Chavin Sculpture
In the late or post-Chavin period, the complex appears in the north high-
lands of Peru at the Chavinoid sites of Pacopampa, where huge feline mortars
and bowls were found, and Kuntur Wasi (La Copa), where shafts (remini-
scent of the Lanzon) carved with dualistic figures, having skeletal rib cages
22 In drawing attention to the tapering outlines on certain figures of bone and stone
from Code and other areas, Lothrop pointed to the possibility that this shape was
intentional, and probably held some significance (which he did not venture to
suggest). He included the Lanzon among his illustrations (1937—42: 177). In this
regard, the stone “axe god” figures found at Chavin may be of more than passing
interest. Tello notes that they resemble ceramic figures found at Ancon and in
Paracas tombs (1960: 304). It seems conceivable that they embody the same concept
as monolithic shaft figures.
192
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
and holding trophy heads, incipient animal pedestal figures, and tenoned
heads (and lintels) occur in association with the temple (Fig. 38 a) (Carrion
Cachot 1948: Pi. XXI a, b). Also in the north highlands, in the Callejón de
Huaylas and surrounding region, former Chavin heartland, a Recuay style
sculptural complex embodying the basic features emerges around the begin-
ning of the Early Intermediate period, if not before (ca. 200 B.C.). Here, con-
tainer forms encompass rock-hewn circular and rectangular depressions,
variously used for mortars, storage, and burial (Tello 1929: 37; 1960: 90 and
Pi. XXI a), and sarcophagi,23 often associated with subterranean stone-lined
chambers or galleries (reminiscent of Chavin). These sarcophagi were made in
various sizes, and some were fitted with lids and had thick walls with chan-
nels in them for collecting water (Tello 1929: 38—9).
In the category of shaft sculpture, there are columnar figures and tenoned
serpent heads from Recuay sites. From Aija come statues of females and
warriors (Fig. 38 b), with flexed legs and turned-in toes, arms across chest,
frequently holding a club and square shield, enlarged, neckless head with
deeply grooved chin overhanging chest, and headband often decorated with
emblematic alter ego image, and other elaborate patterns. Often, the entire
figure is covered with symbolic figural and geometric relief designs, and hung
with trophy heads. From Huaraz come essentially similar statues, although
representing males only, with exposed phallic parts, and hands resting on
crossed legs, and without decoration except for headbands. Related carved
slabs, probably lintels, often show a similar frontal displayed figure flanked
by two profile, “prowling” felines. These might well be compared with the
hieratic group composed of a central figure flanked by felines carved on the
sarcophagus-shaped trough from El Coyol site, Escuintla (Fig. 33), or on
separate blocks from Finca Azotea, near Antigua. Also in the shaft sculpture
group are Recuay heads of humans and felines with squared tenons. Their
geometric format, with square set jaws filled with rows of straight teeth
punctuated with interlocking canines, stubby noses, and rounded ear forms,
23 The relationship between death and burial cult practices and the complex out-
lined above is most clear-cut In terms of sarcophagus containers. Shaft tombs and
cist burials are inextricably linked with the appearance of this complex. Under-
ground galleries and interior spaces were first introduced at the Chavin type site
inside the temples, and the interior chambers and cist burials of the Recuay period
follow this tradition. These are connected with the rock-cut shaft graves of
Colombia and Ecuador, which merge with the cist burials of Code and Chiriqui,
Panama, and the Atlantic watershed of Costa Rica. Kidder, Jennings, and Shook
(1946:97) noted that Kaminaljuyu Esperanza phase tombs resemble most closely
Sitio Conte graves from Code, Panama.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
193
closely resembles a type of tenoned feline head common in the Guatemalan
highlands and the Pacific slope in the Early Classic period (Parsons 1969:
PI. 64 d-g).24
San Agustin
The early appearance of the container-shaft complex in the southern
hemisphere is not restricted to Peru, although it apparently had its beginnings
there in the northern highland area. During the Regional Developmental
Period (ca. 500 B.C. — A.D. 500), at a time level roughly corresponding to
the post-Chavin and Recuay periods, the cultures of San Agustin and Tierra-
dentro flourished in the area of the Magdalena headwaters in Colombia.
There are marked formal and iconographic correspondences between Chavin-
oid, Recuay, and San Agustin sculpture.
Receptacles and shaft sculptures have often been found in direct association
here (e.g., Perez de Barradas 1943: Pi. 20 a, b; Nachtigall 1955: Pi. XXVII,
Abb. 20). At San Agustin sites, the many sarcophagi, often enclosed in cists,
and sometimes adorned with carved heads and figural reliefs on their fitted
lids, occupy a central position (Reichel 1972: 49—50). There are also rock-
hewn basins carved with petroglyphs depicting amphibian creatures and other
forms, of both simple and complex nature, such as slabs from El Batan
(Reichel 1972: Fig. 13) or the large sanctuary consisting of rectangular pools,
round depressions, canals, and figural reliefs at Quebrada de Lavapatas (Perez
de Barradas 1943; Pis. 135 ff.). Monumental sculptures, identified as females
wearing skirts, hold containers as atttributes at San Agustin (Reichel, 1972:
Pis. 43, 76).
Among shaft forms at San Agustin are monolithic columnar figures set
inside rock shelters, where they are fixed to the floor with tenons and pegs
and serve as a brace for the roof (thereby recalling the Lanzon at Chavin).25
24 On the same time level, in the southern highlands of Peru near Titicaca, Pucara
and first phase Tiahuanaco cultures show tenoned heads and columnar statues
that clearly belong to the same tradition. Later phase Tiahuanaco monolithic shaft
figures carved with textile designs suggest attenuated versions of Recuay columnar
figures. It is also likely that the tenon joints and notches associated with Tiahua-
naco architecture relate to this sculptural complex.
23 Nearly all of the sculptures at San Augustin have pegs or tenons to secure them In
the earth or rock-hewn sanctuaries, and some also have flat circular bases. More-
over, many of the San Agustin and Tierradentro figures show depressions or
grooves in back (e. g., Preuss 1929: PI. 51 (4); Nachtigall 1955: Pi. 23) which might
have socketed them to walls or some complementary solid form.
13 Baessler-Archiv XXVI
I94
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Many of these statues represent deities, with interlocking canine teeth, pro-
minent genitalia, and doubleheaded feline or dragon alter egos covering their
heads and backs. They are often flanked by columnar sculptures representing
guardian warriors who hold shields and clubs, thus forming a hieratic group-
ing of three figures. San Agustin warriors (Fig. 39) recall both Recuay and
Cotzumalhuapa columnar warriors; not only sharing the same motif, but also
similar body proportions, with overly large head, grooved chin, squared
headdress form, and compressed, blocky torso. The Peruvian and Colombian
warriors usually wear alter ego emblems in their headdresses (Preuss 1929:
Pi. 24 (2)). Other types of columnar figures at San Agustin include a group
from Mesita B with skeletal rib cages and death connotations that appears
related to shafts from Kuntur Wasi in northern Peru (Preuss 1929: Pi. 25 (1,
2); Reichel 1972: Pi. 29). There are also undoubted potbelly boulder figures,
including anthropomorphic figures with extended paunched and feline char-
acteristics, e.g., interlocking canines, and representations of frogs (Reichel
1972: Pi. 55; Preuss 1929: Pis. 5, 53). An example of the latter (Fig. 40 a, b)
is of particular interest in relation to boulder figures from the south coast of
Guatemala. In profile, the San Agustin frog appears to be lying on top of a
boulder, in a manner recalling the amphibian creatures carved on rock-hewn
basins. Frontally, the frog sculpture resembles many Guatemalan boulder
figures with huge distended torsos, undifferentiated heads resting on chests,
and flipperlike hands. The frog’s legs, which are normally in a flexed posi-
tion, are only visible in profile view, but they recall the flexed, rubbery legs
on many potbelly figures in the north.
There are San Agustin representations of separate heads, both human and
animal, but none are tenoned (Reichel 1972: Pi. 84) — possibly because there
were no architectural forms to accommodate them. Trophy head represent-
ations are frequent, and often held by or suspended from figures (Reichel
1972: Pi. 60). There are also pedestal-based cylindrical offering tables, another
type of shaft structure, which have trophy head adornments pendant from
their rims (Reichel: Pi. 99).
Most of the secondary characteristics associated with the formal complex in
Guatemala and Peru are in evidence at San Agustin: alter ego or protector
figures (of both emblematic and descriptive types), skeletal and phallic figures,
trophy heads, and interlocking canine teeth. As was the case in Peru, there is
an absence of openwork forms in stone, but this conception is, likewise, applied
to other media in Colombia. Thus, it appears that this container-shaft sculp-
tural complex was first established at Chavin and further developed during the
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
195
post-Chavin period in the northern highlands of Peru and the southern high-
lands of Colombia.
Several regional styles in northern South America and lower Central
America bear the imprint of this Northern Andean sculptural complex,
including from south to north, Manabi in Pacific coastal Ecuador, Code and
Chiriqui in Panama, Diquis, Nicoya, and Atlantic watershed areas, particu-
larly Las Mercedes, in Costa Rica, Pacific Nicaragua, including the lake island
sites and Chontales area, and northeastern Honduras, including the Ulua Valley
and the Bay of Fonseca. In each of these culture areas, container and shaft
sculpture of different types predominate, and the associated secondary traits
are always present, although sometimes one or more of them receives greater
emphasis in a particular region.
Lower Central America
Current dating of Central American monumental sculpture ranks Nicoya
metates (ca. 300 B.C.—A.D. 300) and the Barriles sculpture of Chiriqui (ca.
0—300 A.D.) among the earliest styles, and equivalent to the Mesoamerican
late Pre-Classic and proto-Classlc periods; Code and Diquis styles, equivalent
to Early and Late Classic in Mesoamerica; and Manabi, Atlantic watershed
and highland Costa Rica, Nicaraguan Lake islands and Chontales, and Ulua
Valley styles as beginning in the equivalent of the Late Classic Period (ca.
A.D. 800 to Conquest). An unaccountable time gap exists between the first
appearance of the complex in Peru and its manifestation in Central America.
If these dates are accepted—although few of them are firmly based on strati-
graphic sequences—then most of these cultures are too late to have affected
late Pre-Classic and Early Classic period developments in Guatemala. Thus, if
the Chavin and San Agustin styles are reflected in Guatemala at an early time,
the route of their diffusion would more likely have been by sea. It follows
that formal and iconographic correspondences between certain Central Ameri-
can and Guatemalan sculptural styles are mainly attributable to a common
archaic base. Still, the many specific similarities between the sculpture of these
two areas seem too striking to be dismissed as coincidental.
As early as 1926, Lothrop pointed out that the real meeting ground between
South and Middle American cultures lay in Atlantic watershed and highland
Costa Rica, on the evidence of the quantity and variety of Colombian and
Panamanian gold and Peruvian motifs found there. One of the basic character-
istics associated with Mercedes and Reventazon sculpture is its consistent
incorporation of openwork technique into all types of monuments, e. g., effigy
13'
196
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
metates, atlantean offering tables, grave slabs, and figural sculpture. As noted,
the Andean area lithic sculpture does not embody the openwork connection,
although small scale forms in gold, ceramic, and bone often display this trait.
The earliest evidence of perforated monumental sculpture is found in Nicoya
metates and Chiriqui atlantean figures and offering tables. However, it was
on the Tinea Vieja in the Atlantic watershed area of Costa Rica that the lithic
openwork technique was perfected in small scale jadework at an earlier time.2B
A long-standing tradition of trade between Costa Rica and Mesoamerica
dates to the Middle Pre-Classic period, when Costa Rica was a major jade
source for the Olmec. It is assumed that on the Pre-Classic level Costa Rican
jade entered Mesoamerica as a raw material, but that after this period,
worked jades of both Nicoyan and Tinea Vieja type are imported and widely
distributed in Mesoamerica. They have been found on the Early Classic level
(in Esperanza graves) at Kaminaljuyu and at Quiche in the Guatemalan high-
lands, and (in a huge jade cache) at Cerro de las Mesas, Veracruz, and on the
Tate Classic level at Nebaj, Guatemala, and the Chichen cenote in Yucatan
(Tothrop 1955: 48). Nevertheless, it seems possible that the string-saw jade
technique perfected in Costa Rica made its way into Mesoamerica as early as
the Pre-Classic.26 27 Moreover, it seems likely that Guatemalan proto-Classic
silhouette sculpture was either modeled after small-scale Costa Rican jades in
the string-saw technique,28 or the example of imported large-scale stone
26 Applied to jadeworking, the string-saw technique produced lacelike perforations or
smoothly curved convex surfaces, and allowed for the separation of limbs from the
block of stone in figural representations (Easby 1968: 23—4, 43). Some string-saw
jades show designs recalling Peruvian motifs, including a staff-bearing profile
figure, and displayed females flanked by animal heads and surrounded by a
stirrup-shaped frame. The dating of these jades is uncertain, as is the case for so
much Central American stonework, with Easby suggesting A.D. 200 as the earliest
possible date for the introduction of the technique (1968:77), a radiocarbon date
of A.D. 144 cited by Stone for a figural string-saw jade found with a mace head
and two pyrite disks (1972: 97), and Snarskis noting a date as early as 150 B.C.
on the basis of his stratigraphy (personal communication). Despite many formal
and iconographic links between string-saw jades and Las Mercedes and Reventazon
monumental sculpture in the same area, they are held to be widely divergent in
date.
27 Consider, for example, the syle of two well-known perforated Olmecoid jade
pendants from Guerrero and Puebla representing reclining figures (Dumbarton
Oaks 1963: No. 18).
28 In discussing Silhouette X from Kaminaljuyu, Proskouriakoff (1950: 178) observed
that the peculiarities of the silhouette technique may derive from lapidary arts.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
197
sculpture, such as openwork effigy metates from the greater Nicoya area or
Honduras.
From the Early Classic period on, there is considerable evidence of Costa
Rican trade items in Mesoamerica, not only jade, but also gold, ceramics
(Lothrop 1936), and large-scale stonework. In this light, is it conceivable that
the notable stylistic and iconographie resemblances between Las Mercedes and
Cotzumalhuapa sculpture are the result of contact between the two cultures,
in a south to north direction? These include a stress on volumetric form and
monumental perforated stone sculpture. In addition, there are comparable
figurai proportions and postures, as well as facial features and expression:
compact muscular body frames, geometricized facial planes, crease lines from
nostril to protruding jaw, thin lips, stylized ears, striated hair (the latter traits
can be seen most clearly in the disembodied three-dimensional trophy heads
common to Bilbao and Las Mercedes). Iconographie similarities include peaked
“coolie” hats and emblematic headdress ornaments representing alter egos
flanked by feathers, the display of trophy heads and knives, figures with
exposed rib cages, crab, crocodile, and monkey motifs, and interlocking canine
teeth, as well as representations of serpents, ropes, and reclining figures.
Summary
I have outlined a lithic sculptural complex consisting primarily of container
and shaft forms, secondarily of openwork forms, and often accompanied by
alter ego and trophy head representations. The earliest manifestation of this
complex was noted in the Early Horizon in the north highlands of Peru at
Chavin de Huantar, followed closely by Colombian developments. It was
suggested that a possible connection existed between this Andean sculpture
and a similar complex occurring in late Pre-Classic and Classic period Guate-
mala, with the seminal impulses rising from the south. Where previously a
vague archaic substrata underlying both culture areas has been offered in
explanation of common elements in their artistic production, something more
substantial has been substituted.
It is further suggested that consideration be given to the possibility that one
route of transmission of this complex, perhaps in a second wave, might have
been an overland trans-isthmian highland passage from the Northern Andes
through Panama to eastern Costa Rica, then to Pacific Nicaragua and northern
Honduras, and from there diverging to both highland and coastal Guatemala.
En route through Central America, it seems possible that the openwork aspect
of this complex was enlarged in the Costa Rican region, and conveyed to
198
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Guatemala. Basically, what is envisaged is a pan-American Regional Develop-
mental Period propelled by elaborate trade networks.
The forms comprising the sculptural complex—shafts, containers, and open-
work-should be seen primarily in symbolic and expressive terms. They are
not determined by materials,29 nor are they merely functional. The sculptures
considered are all stone, often, although not exclusively, monumental in size,30
and ceremonial in nature. While apparently arbitrarily linked, they are, on
the contrary, closely related, often found in association, and in combination.
Symbolic Meaning of the Container-Shaft Complex
On the level of symbolic expression, these forms embody polarities of the
most basic kind, and their reconciliation. Shafts, be they columnar or pedestal
figures, seats, metates, altars, tenons, pegs, bases, and notches, represent a
positive spatial assertion. Containers, be they basins, mortars, bowls, sarco-
phagi, or troughs, represent a negative space. The connotation suggested by
these forms is the male-female opposition in nature.31 This physiological
explanation can be applied to our sculptural complex, with shaft forms sym-
bolizing the thrusting male phallus and containers, the enclosing female uterus
and vagina.
Openwork form might then symbolize a fusion of these polarities, a neutral
spatial forum where active and passive forces interpenetrate. Correspondences
might also be drawn between the openwork symbol and ideas involving trans-
itional states and ambiguous beings. The latter may be projected in forms
29 Columnar sculpture may have originated from the carving of wooden tree trunks,
basins from gourds, and openwork from shell or bone. However, the application of
these same forms to many other media speaks for their symbolic meaning.
30 All of the forms that have been examined were expressed in a range of sizes, from
miniature to monolithic. Columnar figures are compressed at Recuay, miniaturized
(and sheathed with gold) at Code, attenuated at Tiahuanaco and Chontales,
Nicaragua, or Rio Caño, Panama. Potbellies undergo the same transformation in
size, from portable to huge boulders. Effigy basins show the same transformation
from miniature to massive size.
31 A study of play configurations among pre-adolescents by Erikson (1951), based on
observations of boys and girls building with blocks, may shed more light on the
sculptural complex. Pie found that sex differences determined the type of con-
struction made: boys tended to erect buildings and towers, while girls tended to
make enclosures. In interpreting the data, Erikson used a biological model, since
these spatial tendencies closely parallel the morphology of the sex organs (1951:
690).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
199
equivalent to openwork, such as sexless or neuter figural representations like
the potbelly boulder sulpture, or dualistic faces with half-skeletal, half-alive
features, or simultaneous imagery. Fiallucinogenic transformation ideas also
seem connected to this in-between realm.
Iconographic associations and ethnographic interpretations support this
masculine-feminine dichotomy in sculpture. Whe have seen that trophy head
and alter ego representations consistently accompany the sculptural complex.
Columnar and pedestal figures in all areas often display trophy heads, and
the rims of offering tables and metates are often decorated with them. Animal
alter ego forms are worn on the heads of many columnar figures (almost as
if they were guardians of the male principle). Another constant of this com-
plex are shaft tombs, ducts leading back to the womb of the earth.
Two animals are frequently associated with the complex, jaguars and frogs.
More often than not, frogs or other amphibians relate to containers, includ-
ing effigy mortars, bowls, and rock-hewn basins. On the other hand, columnar
and pedestal figures usually have feline characteristics in the form of inter-
locking canine teeth. Once again, the male-female dichotomy is present, with
jaguars representing the sky, aggression, and potency, and frogs, the earth,
water, and procreation.32 Both frogs and jaguars are associated with trans-
formation states, the one in physical, the other in metaphorical terms. Water-
bound tadpoles mature into frogs, and shamans turn into jaguars in their
quest for power. Both frogs and jaguars have been connected with hallucino-
genic experiences and properties (Furst 1968; 1972). In the Americas, both
animals are regarded as ambivalent forces, and in this sense may also fit into
the dualistic framework that I have connected with openwork forms. Frogs
often represent female fertility, but are also associated with disease and the
danger of pollution; jaguars represent male virility, but also the powers of
night, destruction, and the underworld (Reichel 1972: 106—9).
The sculptural complex cannot be considered only in terms of physiological
reference to body parts, but should also be regarded as an attempt to rein-
force a particular set of assumptions about the world, a religious cosmology.
In this sense it may be seen as a projection of a dualistic universe in which
all things are related in the life cycle of birth, death, and renewal. The per-
32 Reichel (1972: 109) has noted that frogs or toads symbolize the female principle
in the mythology of several Colombian tribes. For example, the common epithet
for the female sex organ and the word for frog are synonymous among the Kogi.
Frogs are often figured in low relief on female statues from Aija, Peru. The Aztec
fertility goddess Tlazolteotl has a giant toad counterpart, Tlaltecuhtli.
200
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
petuation of the cycle was insured by sexual union and by sacrifice performed
by aggressive male action. Trophy heads, emblems of male power, and other
sacrificed offerings, such as severed limbs, hearts, and blood, were deposited
in containers, symbols of female receptivity.
Connections were drawn between agricultural and human fertility, between
the growth of humans and animals, plants, seasons, game and crops. Many
objects demonstrate the link between trophy head gathering and agricultural
fertility. In Guatemala, trophy heads were frequently placed in graves
together with metates, and in Central America, ceremonial metates were often
adorned with trophy heads. Indeed, in Mesoamerica, decapitation has been
seen to relate to nearly all aspects of the annual magico-religious agricultural
cycle, and the associated calendric rituals (Moser 1973; 38).
I have noted that the post-Olmec period in Mesoamerica saw the intro-
duction of iconographic and formal changes, among them trophy head repre-
sentations and scenes of subjugation. It is at this time that a new religion
involving a preoccupation with sex, death, and the passage of time in the life
cycle seems to take hold. There is a reticence about the expression of overt
phallicism in the Mesoamerican area, and perhaps shaft-type sculpture dis-
places a more direct genital display.33 But there is little hesitation in represent-
ing man in his different seasons; depictions marking the stages of infancy,
youth, old age, and death assume a prominence at this time. Probably also at
this time, glyphs and calendrics devoted to time-keeping make their first full-
fledged appearance in Mesoamerica.
In the peripheral coastal lowlands in the Middle Classic period, there
developed a localized cult expression of this religion that was ritualized in
the ball game. In the Cotzumalhuapa area, and subsequently in Veracruz,
there appears an elaboration of the basic container-shaft sculptural complex
in the guise of liturgical paraphernalia of the ball game ritual. Yokes may be
seen as a refinement of the container form; a type of highly emblematic
sculpture evolved in a direct line from Late Pre-Classic period frog effigy
containers. Receptacles which offered up sacrificed parts, now enclose the
whole sacrificial victim. Hachas—flat, perforated trophy head emblems of
death and sacrifice—developed from tenoned heads through the mediation of
silhouette sculpture. Their openwork form seems to underline the transition
from life to death enacted in the ball game ritual.
33 One example may be the mushroom stone cult noted above. To attribute only a
hallucinogenic significance to these sculptures is to limit their range of reference
seriously. On one level, they are probably related to ritual drug ingestion, but In a
larger sense, they are probably also related to phallic display.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
201
IV. Conclusion
In conclusion, the Cotzumalhuapa style has been shown to derive from a
combination of many sources, including Olmec, “colonial” Olmec, Dainzu,
Monte Alban I and II, and Izapa from Mesoamerica; Chavin, Recuay, and
San Agustin from the Northern Andean area; and also possibly from the
Atlantic watershed of Costa Rica in Central America. A direct line of descent
from Olmec through Izapan art with an overlay of later Teotihuacan in-
fluence cannot account for the development of Cotzumalhuapa art. The
severe, full-bodied forms and trophy heads that are among the hallmarks of
Cotzumalhuapa style appear to owe at least as much to the Northern Andean
monolithic sculpture tradition as to the Olmec style, while the dynamic
narrative compositions and ball game ritual appear to derive from a mixture
of Dainzu and Izapan style conventions, themes, and motifs.
202
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
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Fig. 1. Pantaleon Monument 1. Horizontally tenoned human bust.
Photograph by the author.
208
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 3. Unnumbered carved disk, Bilbao. Fiuman head with a parrot
or eagle headdress, or eagle headdress. Photograph by the author.
Fig. 4. Los Tarros Monument 1. Parrot head with human head in Its beak, front and
side views. After Thompson 1948, Fig. 17 g, h.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
209
Fig. 5. El Baul Monument 27. Two grappling ball players, stela.
Photograph courtesy Joya Hairs.
212
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 8. El Baul Monument 7. Anthropo-
morphic crab, relief. Photograph courtesy
Joya Hairs.
Fig. 9. Palo Verde Monument 4. Crab,
full round. Photograph by the author.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
213
Fig. 10. Bilbao Monument 80. Skeletal torso basin, full round, recently unearthed.
Photograph by the author.
214
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 11 a
Fig. lib
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
215
Fig. 11a, b, c. Bilbao Monuments 84 a, b. Stelae carved on three
sides with RE glyphs and serpent maw markings, recently unearthed.
Photographs by the author; drawing after Ichon and Gassier 1975,
216
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 12 a, b. a. Bilbao Monument 16; b. Bilbao Monument 17. Sun
vultures, reliefs on rectangular blocks, a. After Parsons 1969, PL 42 e;
b. After Tozzer 1957, Fig. 440.
Fig. 13. Bilbao Monument 19. Three con-
fronting human figures, rock carving.
Photograph by the author.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
217
Fig. 14, Oxtotitlan Painting 1 d. After Grove 1970, Fig. 13
218
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 16. Hacha, unknown provenience.
Jaguar attacking a man. Nottebohm col-
lection, Guatemala. Photograph by the
author.
Fig. 17. Unnumbered Bilbao disk. Death’s
head and leaping jaguar carved in relief,
unpublished. Photograph by the author.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
219
Fig. 18 a, b. a. Dainzu Relief 7; b. Dainzu Relief 5. After Bemal 1973, Figs. 5, 7.
Fig. 19 a, b. a. Dainzu Relief 38; b. Dainzu Relief 40. After Bemal 1973, Figs. 10, 11.
2 20
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 20. Izapa Stela 11. Drawing after
Garth Norman 1976, Fig. 3.11.
Fig. 21. Izapa Stela 50. Drawing after Fig. 22. Izapa Stela 21. Drawing after
Garth Norman 1976, Fig. 3.35. Garth Norman 1976, Fig. 3.20.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
221
Füg. 23. El Baul Monument 1. Human
figure, stela. Photograph by the author.
222
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 25. Bilbao Monument 78. Ascending supernatural, relief on rectangular block.
Photograph by the author.
Fig. 24. Bilbao Monument 42. Human
figure, stela. After Greene, Rands, and
Graham 1972, PI. 198.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
223
Fig. 26. Frog effigy mortars and a mushroom stone, Miraflores, Kaminaljuyu.
After Shook and Kidder 1952, Fig. 78.
224
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 27. Frog effigy basin, Esperanza, Ka-
minaljuyu. Photograph by the author.
Fig. 28. Dualistic pedestal figure, south
coast, Guatemala. Museo Nacional de
Antropologia, Guatemala. Photograph by
the author.
tip-' ? ^ f ''.y.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
225
Fig. 29 a, b. a. Bilbao Monument 46; b. Bilbao Monument 47. Potbelly boulder figures.
Photographs courtesy Museum für Völkerkunde, Berlin.
Fig. 30 a, b. Tenoned standard bearer figures, Bilbao and Antigua.
One is fragmentary. Collection Museum für Völkerkunde, Berlin.
Photograph by the author.
14a Baessler-Archiv XXVI
226
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 31. El Baul Monument 5. Seated human figure.
Photograph by the author.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
227
Fig. 32 a, b. Bilbao Monument 26. Monkey effigy basin with death manikin,
a. frontal view; b. profile view. Collection Museum für Völkerkunde, Berlin.
Photographs by the author.
Fig. 33. Trough, Finca El Salto (El Coyol), Escuintla. Photograph by the author.
228
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Fig. 34. Bilbao Monument 73. Hemispherical basin.
Photograph courtesy Museum für Völkerkunde, Berlin.
Fig. 35. Effigy metate of Costa Rica style from Santa Lucia Cotzumalhuapa.
Photograph courtesy University Museum, Philadelphia.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
229
Fig. 36. Dualistic horizontally tenoned
head, south coast, Guatemala. Nottebohm
collection, Guatemala. Photograph by the
author.
Fig. 37 a, b. a. Bilbao Monument 48. Columnar warrior skeleton. Photograph courtesy
Museum für Völkerkunde, Berlin; b. Columnar warrior with shield and weapon,
Bilbao. Collection Museum für Völkerkunde, Berlin. Photograph by the author.
230
Braun, Sources of the Cotzumalhuapa style
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
231
Fig. 39. Columnar warrior figures with shields and weapons,
San Agustin, Colombia. After Preuss 1929, Pi. 24.
Beihefte zum BAESSLER-ARCHIV
Beiheft 1: KURT KRIEGER
Geschichte von Zamfara
Sokoto-Provinz, Nordnigeria
147 Seiten mit 12 Tafeln und einer Karte. 1959. Broschiert DM 21,—
Beiheft 2: HERMANN TRIMBORN
Archäologische Studien in den Kordilleren Boliviens (I)
76 Seiten mit 66 Abbildungen. 1959. Broschiert DM 18,—
Beiheft 3: HORST HARTMANN
Georg Catlin und Balduin Möllhausen
Zwei Interpreten der Indianer und des Alten Westens
156 Seiten mit 37 Lichtdruck-Reproduktionen, einer Tafel
mit Zeichnungen und zwei Karten. 1963. (Nachdruck in Vorbereitung)
Beiheft 4: Archäologische Studien in den Kordilleren Boliviens II:
HEINZ WALTER
Beiträge zur Archäologie Boliviens
Die Grabungen des Museums für Völkerkunde Berlin im Jahre 1958
361 Seiten mit 159 Abbildungen im Text und auf Tafeln und 20 Grabungsplänen. 1966.
Broschiert DM 50,—, Leinen DM 62,—
Beiheft 5: HERMANN TRIMBORN
Archäologische Studien in den Kordilleren Boliviens III
182 Seiten mit 138 Photos, Zeichnungen und Plänen. 1967.
Broschiert DM 40,—, Leinen DM 50,—
Beiheft 6: SIGRID PAUL
Afrikanische Puppen
VIII und 208 Seiten mit einer Farbtafel und 98 weiteren Abbildungen, 1970
Broschiert DM 45,-
Beiheft 71 HEIDE NIXDORFF
Zur Typologie und Geschichte der Rahmentrommeln
Kritische Betrachtung zur traditionellen Instrumententenninologie
286 Seiten mit 5 Abbildungen und 11 Tafeln. 1971. Broschiert DM 60,-
Beiheft 8: BERNHARD ZEPERNICK
Arzneipflanzen der Polynesier
307 Seiten mit einer Kartenskizze. 1972. Broschiert DM 69,—
Verlag von DIETRICH REIMER in Berlin
WÖRTERBUCH DER DU ALA - SPRACHE
von
Johannes Ittmann f, bearbeitet von E. Kähler-Meyer
XXVIII + 676 Seiten (Deutsch-Englisch-Französiseh-Duala) 1976. Gebunden
DM 165,—, broschiert DM 150,—.
Der Verfasser ist als Kenner der Völkerschaften des küstennahen Gebiets von
Kamerun bekannt. Er sammelte das Material bereits vor dem zweiten Welt-
krieg, zum großen Teil während seiner Reisen als Missionar. Es enthält
unwiederbringliches volkskundliches und religiöses Gut, aber auch eine
Sprache, die von den mancherlei in der Zwischenzeit eingedrungenen Fremd -
einflüssen frei ist und hier für spätere Generationen bewahrt wird. Das Wörter-
buch wird auf Grund der zahlreichen Beispielsätze, die eine Fülle von Rede-
wendungen, Sprichwörtern, Ideophonen und Bemerkungen aus dem täglichen
Leben bieten, nicht nur Bantuisten, sondern auch Völkerkundler, Soziologen
und Religionswissenschaftler interessieren. Die 8.200 Stichwörter sind ins
Deutsche, Französische und Englische übersetzt.
Beiheft 29 zu „Afrika und Übersee“
NDONGA-ANTHOLOGIE
von
Ernst Dammann und Toivo E, Timmen
XIV und 239 Seiten, Ndonga-Texte mit anschließender deutscher Über-
setzung und eingehenden Erläuterungen. 1975. Kart. DM 70,—.
Im Ovamboland, im nördlichen Südwestafrika, hat der finnische Missionar
Martti Rautanen um 1890 das hier vorgelegte Material gesammelt. Es ist
durch Texte jüngeren Datums und durch Tonbandaufnahmen ergänzt worden.
Das Hauptziel der Anthologie ist, eine einwandfreie Sammlung von Ndonga-
Texten darzubieten. Es sollte die Sprache der Zeit festgehalten werden, in
der die Ndonga verhältnismäßig unberührt und eigenständig ihr Leben
führten. Völkerkundler und Religionshistoriker werden in ihren Kenntnissen
ebenso bereichert werden wie Linguisten.
VERLAG VON DIETRICH REIMER • BERLIN
BAESSLER-ARCHIV
BEITRÄGE ZUR VÖLKERKUNDE
Herausgegeben im Aufträge des
Museums für Völkerkunde Berlin
von
K. KRIEGER UND G. KOCH
NEUE FOLGE BAND XXVI (1978)
(LI. BAND)
Heit 2
Aasgegeben am 29. Dezember 1979
18 P45
BERLIN 1978 • VERLAG VON DIETRICH REIMER
INHALT
Hasso von Winning, Los Angeles
Betrachtungen zu einem gefälschten polychromen Maya-Gefäß................... 233
Franz Feuchfwanger, México D. F.
Ikonographische Ursprünge einiger mesoamerikanischer Gottheiten............. 241
Peter Thiele, Berlin
Darstellungen von Kampfszenen des 18. Jahrhunderts in Chinas Randgebieten
am Beispiel Taiwans............................................................ 281
Simon Kooijman, Leiden
Continuity and Change in Houses and House Construction:
The Case of the Lau Islands, Fiji .....,..................................... 299
O. Werner, Berlin
Metallurgische Untersuchungen der Benin-Messinge des Museums
für Völkerkunde Berlin
Teil II. Beitrag zur Frage der Datierung der Messinge und der Herkunft
des Rohmaterials ............................................................ 333
„Baessler-Ardiiv" Band XXVI erscheint 1978 in 2 Heften zum Bandpreis von
DM 90,—. Bestellungen sind zu richten an den Verlag DIETRICH REIMER,Unter den
Eichen57,1000Berlin45, oder an jede Buchhandlung.Manuskripte werden erbeten an:
Redaktion des „Baessler-Ardiiv", Museum für Völkerkunde, Arnimallee 23/27,
1000 Berlin 33. Für unverlangt eingehende Beiträge kann keine Haftung übernommen
werden. Die Mitarbeiter erhalten unberedinel 30 Sonderdrudce.
Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren allein
verantwortlich
ISSN 0005-3836
Alle Rechte Vorbehalten
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
233
BETRACHTUNGEN ZU EINEM
GEFÄLSCHTEN POLYCHROMEN MAYA-GEFÄSS
HASSO VON WINNING, Los Angeles
Hervorragend gut hergestellte Fälschungen präkolumbischer Kunstwerke aus
Mexiko und Guatemala, wie sie jetzt zahlreich angeboren werden, stellen ein
nicht zu unterschätzendes Problem dar, wenn sie unkritisch als echt bewertet
Eingang in die Fachliteratur finden. Zunehmendes Sammlerinteresse, steigende
Preise und Ausfuhrverbot werden von Fälschern ausgenutzt, die ihren Erzeug-
nissen mit raffinierten, ständig verbesserten Methoden einen überzeugend
authentischen Aspekt verleihen. Gelegentlich bedienen sie sich moderner Datie-
rungsmethoden, um einer Imitation ein respektables Alter nachzuweisen. So
werden z. B. „klassische Maya“-Holzskulpturen mit Radiokarbon-Tests als
antik dokumentiert. Dem Kenner fallen allerdings ikonographische Unstimmig-
keiten auf, und das C-14-Datum besagt nichts, denn die Fälschung wurde aus
alten Holzbalken geschnitzt, die aus Mayaruinen entwendet sind. Desgleichen
werden Maya- und olmekische Jadeskulpturen aus echten, aber unverzierten
Jade-Votiväxten aus einem Hort am Rio Pesquero, Veracruz, nachgearbeitet.
Das zu besprechende Gefäß, das ich hier als „F-Gefäß“ bezeichne, ist mit ähn-
lichen „Echtheitsbeweisen“ versehen und bemerkenswert durch seine Beziehung
zu Grabfunden in Tikal (Abb. 1). Es ist rot und schwarz bemalt auf orange-
farbigem Grund und stellt eine gestikulierende, auf einem Tisch-Thron sitzende
Figur dar, vor der ein Mann niedrigeren Ranges kniet. Die Szene wiederholt
sich auf der Rückseite des Gefäßes und ist durch ein oberes Hieroglyphenband
und zwei Begleittexte, die sich auf die Figuren beziehen, ausgezeichnet, was
ganz dem Stil spätklassischer Mayagefäße des Peten entspricht. Die Linien-
führung ist flott und wirkt auf den ersten Blick hin überzeugend echt. Das
Gefäß war in drei oder vier Teile zerbrochen und wurde geschickt zusammen-
geklebt, ein oft von Fälschern angewandter Trick, der einen glaubwürdigen
archäologischen Fund vortäuschen soll.
Ich sah das Gefäß im Oktober 1972 bei einem Antiquar, fotografierte es,
befaßte mich aber nicht weiter damit. Sechs Jahre später wurde es mir von
einem anderen Händler zur Begutachtung vorgelegt, der mir als Echtheits-
beweis eine Abbildung auf dem Umschlag eines 1974 erschienenen Buches zeigte
(Hammond 1974). Ein darin enthaltener Artikel (Gifford 1974; 77—98) bildet
15 Baessler-Archiv XXVI
. 1
. Moderne Nachahmung einer Thronszene unter Verwendung eines echten Gefäßes.
Als Vorlage diente das Gefäß der Abb. 2.
Abb
234 v. Winning, Betrachtungen zu einem gefälschten polychromen Maya-Gefäß
2 36 v. Winning, Betrachtungen zu einem gefälschten polychromen Maya-Gefäß
eine Fotografie und eine Abrollzeichnung des Gefäßes mit derselben Thron-
szene wie auf dem F-Gefäß ab (Abb. 2). Der Autor geht nur ganz allgemein
auf die Vase ein. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Quellenangabe seiner
Abbildung. Diese führt nach Tikal und verweist auf einen Fund in der reich
ausgestatteten Grabkammer (Burial 116) des regierenden Fürsten (Ruler A), der
unter der großen Tempelpyramide I beigesetzt wurde. Giffords Illustration ist
einer Veröffentlichung von William Coe (1965) entnommen. Laut Coe (S. 42)
wurden insgesamt neun Gefäße gefunden, die alle dasselbe Thema, von ver-
schiedenen Künstlern gemalt, darstellen. Da das F-Gefäß auch diesem Themen-
kreis angehört, sich aber in gewissen Einzelheiten unterscheidet, liegt der Ver-
dacht nahe, daß es nach Ausgrabung aus den Lagerräumen entwendet wurde
und in den Handel geriet. Dies ist aber nicht der Fall.
Aufschluß über die Funde in Grab 116 gibt Coggins in ihrer Dissertation
über Tikal, die alle neun bemalten Gefäße ausführlich behandelt (Coggins 1975:
513 ff.). Im folgenden soll an Hand von Coggins Ausführungen dargestellt
werden, daß das F-Gefäß eine Imitation des von Hammond, Gifford und Coe
abgebildeten Gefäßes ist (s. auch die Abrollzeichnung in Coggins, Fig. 122 a),
wobei zu bemerken ist, daß dem Fälscher diese Werke, abgesehen von Goes,
nicht zugänglich waren, da sie später erschienen sind.
Form. Zunächst fällt die abweichende Form des F-Gefäßes auf, das leicht
ausgewölbte Wände hat (wie sie in der Uaxactun-Keramik der Tepeu-2-Phase
Vorkommen, die der Imix-Phase der neun Tikal-Gefäße entspricht). Jedoch ist
der untere Rand eingeschnürt; derartige „ring base“-Formen (Tepeu 1—3) wur-
den vornehmlich mit eingepreßten oder eingeritzten Motiven verziert (vgl.
Smith 1955, Fig. 42: 6).
Ferner sind die neun Tikal-Gefäße alle ungefähr gleichen Ausmaßes, d. h.
durchschnittlich 28,3 cm hoch (unterschiedlich 3,9 cm), mit einem Durchschnitts-
durchmesser von 18,7 cm (unterschiedlich 2,2 cm). Dagegen ist das F-Gefäß nur
17,5 cm hoch mit 14 cm Durchmesser. Der Fälscher hat sich also eines echten,
wahrscheinlich unverzierten Gefäßes bedient und die Bemalung nach einer Vor-
lage in den 60er Jahren aufgetragen. Nach Form und Größe fällt daher das
F-Gefäß aus dem Rahmen der Tikal-Gruppe.
Die Hieroglyphen. Als Vorlage zur Bemalung mag die Abbildung in Goes
Veröffentlichung oder vielleicht sogar das Original gedient haben. Auf diesem
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
237
Abb. 2. Thronszene, polychromes Gefäß, Grab 116, Tikal, Guatemala;
nach Wm. Coe 1965.
238 v. Winning, Betrachtungen zu einem gefälschten polychromen Maya-Gefäß
sind die beiden Thronszenen durch senkrechte Streifen getrennt, die je vier
logographische Zeichen enthalten. Diese fehlen auf dem F-Gefäß, auf dem sie
durch zwei unverzierte Streifen ersetzt sind, die aber nicht bis zum oberen Rand
reichen. Flier hat der Fälscher sich die Arbeit leicht gemacht, aber andererseits
eine eigene Zutat erdacht, indem er die eine Längsseite und den oberen Rand
mit einem breiten schwarzen Streifen versah, wodurch eine perspektivische
Täuschung entsteht, die die Trennungsstreifen dreidimensional wiedergibt.
Bei dem echten Tikal-Gefäß befindet sich im oberen Randstreifen eine
Inschrift von 14 deutlichen, d. h. lesbaren Glyphen. Die auf dem F-Gefäß in
zu weiten Abständen vorkommenden 14 Glyphen verraten, daß der Maler
wenig Kenntnis vom Aufbau der Zeichen hat und sie, wahllos aneinander
gereiht, selektiv kopierte. Immerhin hat er sich um eine kursive, schräg nach
oben gerichtete Darstellung bemüht, die sich von der senkrechten Ausrichtung
des Begleittextes auf beiden Gefäßen unterscheidet. Dieser Umstand ist Coggins
auf den Tikal-Gefäßen aufgefallen, was sie zu der Annahme führt, es seien
zwei Künstler am Werk gewesen.
Beweis dafür, daß es sich um eine Fälschung handelt, sind die beiden Begleit-
texte. Sie bestehen auf dem Original, linke Seite, aus einem Tierkopf (T 757),
mit drei daneben senkrecht angeordneten Zeichen, deren unterstes eine Schild-
kröte darstellt (Coggins 1975, Appendix I: 17). Diese Inschrift bezieht sich auf
den Knienden, der offenbar der Schildkrötenfamilie angehört (Coggins 1975:
524). Beim Kopieren hat der Fälscher allerdings wichtige Einzelheiten schlecht
gezeichnet (das Ohr und den Infix des Tierkopfes, sowie das Präfix in B 2).
Im rechtsseitigen Originaltext befinden sich sechs Glyphen, die sich auf den
Thronenden beziehen, und wahrscheinlich Namen, Titel und Fierkunft (?)
bezeichnen. Der Fälscher hat das aber nicht gewußt und einfach den Schild-
krötentext der linken Seite wiederholt. Dadurch bleibt die Hauptperson, näm-
lich der Thronende, unbenannt, was selbst in Mayazeiten einer Majestäts-
beleidigung entsprechen dürfte.
Coggins erklärte das Vorkommen der neun ähnlichen Gefäße als Grabbeigabe
von regionalen Häuptlingen, die anläßlich der Beisetzung des „Ruler A“, die
von anderer Hand vorbereiteten Gefäße, in oder in der Nähe von Tikal eigen-
händig bemalten und mit individuellen Begleittexten versahen. Damit erklärt
sich auch der Stilunterschied des kursiven, vom Vorbereiter gemalten Rand-
textes.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
239
Position der Hände des Knienden. Einen groben Fehler beging der Fälscher
bei der Darstellung der verschränkten Arme des Knienden, eine Geste, die
bekanntlich Unterwürfigkeit ausdrückt. Auf dem F-Gefäß übersah er, daß beide
Kniende im Original die Hand senkrecht flach auf den Rücken legen, was er
undeutlich durch einen roten Fleck wiedergab (ein roter Fleck erscheint tatsäch-
lich auch auf dem Tikal-Gefäß). Die Unterwerfungsgeste ist nicht nur in der
Maya-Ikonographie weitverbreitet, sondern auch aus dem klassischen Veracruz
bekannt. Sie ist deutlich genug, um überall verständlich zu sein, ihr Sinn war
aber dem Fälscher offenbar unbekannt. Im übrigen fehlt die Trennungslinie
zwischen den Armen der linken Figur.
Der Thronende. Ein von Coggins hervorgehobenes Emblem ist die Muan-
Feder, die auf dem Tikal-Gefäß deutlich gekennzeichnet ist, vom Fälscher aber
nicht verstanden wurde. Eine Seerose (water lily) und Muan-Feder im Kopf-
schmuck des Thronenden sind von besonderer Wichtigkeit, um beurteilen zu
können, ob es sich um eine dynastische (also lebende) oder um eine in der
Unterwelt befindliche (also verstorbene) Persönlichkeit handelt. Im allgemeinen
ist die Seerose eng mit dem Imix-Monster der Unterwelt verbunden und die
Muan-Feder als Attribut eines alten Unterweltsgottes bekannt.
Schließlich sei nur noch auf die Doppellinien hingewiesen, die horizontal die
Darstellungen des Tikal-Gefäßes unterteilen. Coggins Annahme, daß der Vor-
bereiter nur eine Linie zeichnete und es dem zweiten Künstler überließ, die
Parallel-Linie zu vollenden, beruht wohl auf persönlicher Beobachtung des
Originals. Abgesehen von einigen anderen Einzelheiten, die auf dem F-Gefäß
oberflächlich gezeichnet sind, auf die aber hier nicht eingegangen werden soll,
ist die Gesamtausführung der Bemalung verblüffend gut und wirkt bei nicht
eingehender Betrachtung echt.
Man fragt sich nun, wo die Fälschung hergestellt wurde und ob die von
Wm. Coe veröffentlichte Abrollzeichnung oder das Original als Vorlage diente.
Wie dem auch sei, die Fälschung ist immerhin so gut ausgeführt, daß sie ihren
Zweck erreicht hat, mehrere Sammler zu täuschen und dann zu enttäuschen.
Erfahrungsgemäß gelingt es selten, eine Nachahmung auf ein bestimmtes Modell
zurückzuführen, da Fälscher vorzugsweise Elemente verschiedener Stilgruppen
kombinieren. Abgesehen von groben und minderwertigen Fabrikationen, ist ein
eindeutiger Beweis der Unechtheit oft schwer zu erbringen, da subjektive Ein-
drücke des Kenners den gutgläubigen Besitzer nicht vollständig überzeugen.
240 v. Winning, Betrachtungen zu einem gefälschten polychromen Maya-Gefäß
Um in diesem Fall die Beweiskette zu schließen, wäre eine chemische Unter-
suchung der drei Farbstoffe zu erwägen, aber selbst diese kann die ikono-
graphischen Indizien nicht entwerten.
Resumen
El análisis iconográfico de una vasija polícroma comprueba que se trata de
una falsificación. Nos ocupa un vaso auténtico del período clásico tardío maya
al que se le aplicó una decoración muy semejante a la de una vasija encontrada
en la tumba 116 debajo del Templo I de Tikal. Aunque pinta con gran destreza
y fluidez, el artista del siglo veinte cometió ciertos errores que ponen de mani-
fiesto que no entiende ni el significado de las Inscripciones ni el sentido del
bien conocido gesto de sumisión. Son raras las ocasiones en que es posible
encontrar el modelo que sirvió para hacer la falsificación ya que frecuentemente
los falsificadores son eclécticos en sus composiciones. Además queda compro-
bado que la vasija no fué sustraída fraudulentamente de Tikal.
LITERATUR
Coe, William R.
1965 Tikal: Ten years of study of a Maya ruin in the Lowlands of Guatemala.
Expedition 8:1.
Coggins, Clemency C.
1975 Painting and drawing styles at Tikal: an historical and iconographic
reconstruction. Doctoral dissertation, Harvard University.
Gifford, James C.
1974 Recent thought concerning the interpreation of Maya prehistory. In:
Mesoamerican Archaeology, ed. by Norman Hammond, pp. 77—98.
Hammond, Norman, ed.
1974 Mesoamerican Archaeology, New Approaches. University of Texas Press,
Austin.
Smith, Robert E.
1955 Ceramic sequence at Uaxactun, Guatemala. Middle American Research
Institute, Tulane Univ., Pub. 20. New Orleans.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
241
IKONOGRAPHISCHE URSPRÜNGE
EINIGER MESO AMERIKANISCHER GOTTHEITEN
FRANZ FEUCHTWANGER, Mexico D.F.
I
In einem vorausgehenden Aufsatz über Tlatilco hatte ich beiläufig erwähnt,
daß zahlreiche dort gefundene Terrakotten ikonographische Einzelheiten auf-
weisen, die in späterer Darstellung zu den Kennzeichen bestimmter, mytho-
logisch fest umrissener und überlieferter Gottheiten werden1. Im folgenden
sollen die wesentlichen in dieser Hinsicht ermittelten Übereinstimmungen dar-
gelegt werden.
Das präklassische Fundmaterial, auf das sich die vorliegende Untersuchung
stützt, beschränkt sich nicht auf Tlatilco, sondern schließt dazu Fundplätze wie
Gualupita, Tlapacoya und Las Bocas ein, die der gleichen Kulturströmung
zuzurechnen sind und die olmekische Einflußzone markieren, die sich gegen
1000 v. Chr. im Zentralmexiko ausbreitet. Herangezogen werden weiter Funde
aus dem im heutigen Bundesstaat Morelos gelegenen Gebiet von Santa Cruz —
San Pablo, das eine besonders reiche Ausbeute an Tonwaren der mit der
Tlatilcokultur aufs engste verbundenen Typengruppe D 2-K erbracht hat.
Berücksichtigt wird schließlich auch die im Hochtal von Mexiko im älteren
Präklassikum vorwiegend verbreitete Zacatencokultur, deren Tonbddnerei
allerdings erheblich dürftiger an für unser Thema einschlägigen Darstellungen
ist. Auf jeden Fall sind damit aber die wichtigsten der in Zentralmexiko vor
600 v. Chr. auftretenden keramischen Frühkulturen erfaßt, für die öffentliche
und private Sammlungen ein übersichtliches Fundmaterial bieten.
Tlatilco und Tlapacoya liefern für unser Thema die meisten, vielfältigsten
und anschaulichsten Belegstücke2. Auch wenn beide Fundplätze unseren heutigen
1 Siehe Baessler-Archiv, Band XXIV, 1976.
2 Dies erklärt sich schon allein aus dem Umfang des vorliegenden Fundmaterials.
Tlatilco liegt in dieser Beziehung weitaus an der Spitze. Doch ist das Vorkommen
242
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Kenntnissen nach geographisch genommen eigentlich nur Vorposten einer Kultur
waren, über deren ursprüngliche Ausbreitung vorläufig wenig Gewisses bekannt
ist, sie eröffnen jedenfalls in einzigartiger Weise den Einblick in eine Kultur-
folge, in deren Verlauf das Hochtal von Mexiko als Schauplatz geschichtlichen
Geschehens und damit verbundener kultureller Aktivitäten mehr und mehr in
den Mittelpunkt rückt. In diesem Siedlungsraum erstehen in der Folge Teoti-
huacan und schließlich Tenochtitlan als politische, religiöse und kulturelle Zen-
tren und damit auch Knotenpunkte einer Kunstentwicklung, in der rückblickend
betrachtet eine nahezu drei Jahrtausende umfassende ikonographische Kontinui-
tät in Erscheinung tritt.
Die präklassischen Terrakotten, die im weiteren als Beweisstücke der in so
frühe Zeiten zurückreichenden Kontinuität vorgestellt werden, gewinnen ihre
eigentliche Bedeutung in der Konfrontierung mit den aus späteren Kultur-
perioden stammenden und dann schließlich auch dokumentarisch belegten Dar-
stellungen einzelner menschenähnlich gestalteter und namentlich bezeichneter
Gottheiten. Der Rückgriff auf „beglaubigte“ ikonographische Informationen,
wie sie Bildwerke, Codices und historische Quellen aus der Zeit unmittelbar
vor und nach der Conquista bieten, erwies sich, beginnend mit Eduard Selers
Untersuchungen zur Identifizierung mythologischer Darstellungen der klassi-
schen Kulturen, als äußerst fruchtbar. Eine analoge Erforschung des unterdessen
in reicher Fülle vorliegenden präklassischen Fundmaterials ist jedoch erstaun-
licherweise bis heute kaum in Angriff genommen worden.
Diese Unterlassung ist wohl nicht zuletzt dem Umstand zuzuschreiben, daß
in den meisten Phasen und Varianten der keramischen Frühkulturen die unbe-
kleideten weiblichen Figuren unter den figürlichen Darstellungen in nahezu
ausschließlicher Weise vorherrschen. Die Erforschung der präklassischen Terra-
kotten, deren gegenständliche Monotonie durch den vielfachen, archäologisch
im übrigen höchst aufschlußreichen Wechsel kleiner und kleinster Einzelheiten
stilistischer Einzelheiten aufgelockert wird, konzentriert sich auf jeden Fall nach
wie vor gemäß der von George C. Vaillant entwickelten Methode hauptsächlich
auf die typologische Klassifizierung. Selbst die Funde von Tlatilco haben eine
derartige einseitige Betrachtungsweise vorläufig nur insofern korrigiert, daß
nun auch die künstlerische Bedeutung der präklassischen Tonplastiken Würdigung
fand. Aber auch Miguel Covarrubias, der in dieser Hinsicht bahnbrechend
wirkte, vertrat die Meinung, „die Leute von Tlatilco hatten wenig Interesse an
bestimmter Objekte und Darstellungen zweifellos auch auf seinerzeit von Ort zu
Ort wechselnde Verhältnisse und Bräuche zurückzuführen.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
243
der Darstellung ihrer religiösen Vorstellungen, und man findet wenig in ihrer
Kunst, was als Darstellungen von Göttern interpretiert werden könnte, obzwar
auch diese Statuetten zeremonielle Bedeutung gehabt haben müssen“.3 Diese
Auffassung wird nach wie vor ausdrücklich oder stillschweigend übernommen4,
so wie man immer noch die Darstellungen von Maskierten und Verkleideten
schlichtweg und summarisch als „Schamanen“ zu bezeichnen pflegt und damit
zu allem übrigen die betreffenden präklassischen Kulturen auf eine Religions-
stufe festlegt, für die sich schwerlich Beweise beibringen lassen. Soweit die
Beschreibungen der im alten Mexiko verehrten Gottheiten überhaupt über die
klassische Periode zurückführen, begnügen sie sich gewöhnlich mit dem allge-
meinen Hinweis, daß Götter wie Huehueteotl oder Tlaloc bereits in der Spät-
phase des Präklassikums zur Darstellungen kamen.
Zu den interessantesten Ergebnissen der neuerdings systematisch in Angriff
genommenen ikonographischen Erforschung der olmekischen Kunst gehört die
Identifizierung von im einzelnen gewiß noch reichlich hypothetischen Götter-
darstellungen5. Hier muß die Feststellung genügen, daß diese in Gestaltung und
Ausdruck einzigartigen und vielfach esoterisch verschlüsselten olmekischen
Götterbilder sich grundlegend von den direkt ansprechenden und handgreiflich
realistischen Darstellungen unterscheiden, wie sie in den gleichzeitigen kera-
mischen Frühkulturen bevorzugt wurden.
Es sind Darstellungen solcher Art, die Ausgangspunkt und Gegenstand
unserer Betrachtungen bilden. In ihren Besonderheiten suchen wir die ikono-
graphischen Aufschlüsse, die nahelegen, sie zu den in den Bildwerken späterer
Zeiten identifizierten Gottheiten in Beziehung zu bringen. Auf diese Weise wird
auch vermieden, einseitig von dem bereits Geläufigen auszugehen und Bekann-
tes unbewußt als Schablone anzuwenden6. Die Tonfiguren und Tonmasken, die
3 Covarrubias 1950, S. 158.
4 So etwa Bemal 1968, S. 178; „Ninguna de las figurillas representa propiamente una
divinidad.“ Oder noch kategorischer Krickeberg 1961, S. 6: „Auf jeden Fall schließt
die ganz individuelle, rein naturalistische und jeder Symbolik ferne Gestaltung der
Figuren von Tlatilco aus, daß sie Vorläufer der formal gebundenen, typisierten
Götter der späteren mesoamerikanischen Kulturen waren.“
3 Hier sind vor allem die im Literaturverzeichnis genannten Arbeiten von Peter
David Joralemon zu nennen.
6 Man könnte die von mir angewandte Untersuchungsmethode, die von der ikono-
graphischen Analyse des archäologischen Objekts ausgeht, induktiv nennen Im
Gegensatz zu der deduktiven Methode, die z. B. Nicholson 1976, S. 173, wie folgt
umschreibt: „The most basic religious-ritual patterns were probably widely shared
244
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
unser hauptsächliches Studienmaterial bilden, sind, wie klein sie auch sein
mögen, exakt in der Darstellung und präzis in den Einzelheiten, die nie über-
flüssig und stets von Bedeutung sind. Dank diesen Eigenschaften bestehen sie
auch die Gegenüberstellungen mit den in Material, Technik und Format vielfach
sehr verschiedenen Darstellungen späterer Zeiten.
II
Es sind nicht allein die ikonographischen Übereinstimmungen, die in fünf
verschiedenen Fällen dermaßen hervortreten, daß die betreffenden präklassi-
schen Terrakotten als Vorläufer bestimmter, in späteren Kulturen in menschen-
ähnlicher Gestaltung auftretender und schließlich auch namentlich überlieferter
Gottheiten betrachtet werden können. Die Übereinstimmung in wesentlichen
gegenständlichen Zügen ist selbstverständlich conditio sine qua non. Darüber
hinaus gilt jedoch, daß jeder dieser „Vorläufer“, wie sie kurz genannt seien,
1. in mehr- oder vielfachen Darstellungen, 2. in verschiedener figürlicher Gestalt,
d. h. als Statuette, Maske, in Gefäßform und dergleichen, und 3. auf verschie-
denen Fundplätzen nachweisbar ist. Dies läßt darauf schließen, daß die betref-
fenden Darstellungen und damit auch die in ihnen verkörperten Vorstellungen
bereits einen festen Platz im religiösen Leben der keramischen Frühkulturen
gefunden hatten.
Fall 1; Xipe
Prägnant und unverwechselbar in allen charakteristischen Einzelheiten sind
die in Abb. 1—4 gezeigten Tonfiguren, die in gleicher Weise kostümierte und in
Identischer Pose festgehaltene kultische Tänzer darstellen. Daß es sich um
solche handelt, geben schon die Rasselhosen zu erkennen, die auch anderweitig
wiederholt zur Darstellung kommen, und zwar stets dann, wenn es sich augen-
scheinlich um Teilnehmer an kultischen Tänzen und Pantomimen handelt. Die
im vorliegenden Fall eigentlich kennzeichnende Kostümierung besteht aus zwei
Teilen; einmal aus einer hautartigen Körperbedeckung, die zum Teil noch Ober-
arme und Oberschenkel einschließt, und zum anderen aus einem auf den Schul-
tern des Tänzers ruhenden und dessen Kopf wie ein Futteral umschließenden
hohen Kopfputz mit einer Rundmaske als Mittelstück.
throughout Mesoamerica from Late Preclassic or latest Early Classic times on. This
probability . . . provides us with exceptional opportunities to interprete more ancient
Mesoamerican Iconographic Systems through a sensible, critical application of the
direct historical approacb—whereby we move . . . back from the living of the six-
teenth Century to the remote dead of the end of the second milenium before Christ.“
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
245
Die glatte, eng anliegende Hautbekleidung wird in der Modellierung bei den
Figuren größeren Formats durch sich deutlich abzeichnende „shorts“ sichtbar
gemacht, an den Oberarmen dagegen gewöhnlich nur durch leichte Einkerbun-
gen angedeutet. Bei den kleineren Tonfiguren werden die Säume der Haut meist
durch aufgelegte Tonwülste markiert. Ursprünglich dürfte die Hautbekleidung
dieser Terrakotten in erster Linie durch die in manchen Fällen noch erhaltene
Körperbemalung in Gelb und Rot hervorgehoben worden sein. Was die Haut
als solche anlangt, so steht außer Zweifel, daß hier Menschenhaut gemeint ist
im Gegensatz zu der immer gestrichelt oder punktiert dargestellten Fellbeklei-
dung anderer Figuren. Einige in Las Bocas gefundene Statuetten zeigen die
Hautverkleidung mitsamt männlichem Geschlechtsteil (Abb. 4), ähnlich wie sich
später dann an aztekischen Steinskulpturen des Xipe die Hoden dargestellt
finden. Im allgemeinen weist die Haut jedoch keinerlei Geschlechtsmerkmale
auf. öfters tragen diese Terrakotten einen, wie es scheint, unter der Haut-
verkleidung sitzenden Hüftgürtel, der dem obligatorischen maxtlatl des Tän-
zers entsprechen dürfte.
Der den Kopfputz bildende Teil der Verkleidung hebt sich in Halshöhe seit-
lich vorspringend ab und setzt sich langgezogen oder kreisförmig nach oben
fort. Allem Anschein nach bestand er aus einem dem Kopf des Tänzers über-
gestülpten Aufsatz, der vermutlich aus einem leichten Material wie etwa Flecht-
werk angefertigt war. Sein Oberteil ist stets abgerundet, der weißgefärbte Rand
bald von einer Leiste eingefaßt, bald mit Zacken oder kleinen Tonklumpen
besetzt. Abgesehen von den wiederholt eingeschnittenen runden oder manchmal
auch fensterartigen Öffnungen beschränkt sich die in Modellierung dargestellte
Ausschmückung des Kopfputzes auf die in normaler Gesichtshöhe angebrachte
Rundmaske. Die durch ihre verhältnismäßig komplett erhaltene Bemalung aus-
gezeichnete, in Abb. 2 wiedergegebene Hohlfigur zeigt einen Kopfputz mit
schmalen roten und breiteren weißen Längsstreifen.
Die Gesichtsmaske von natürlicher Größe ist dem Kopfputz vorgesetzt
(Abb. 2). Sie ist mit Ohrringen und beiderseits wie Zöpfe auf Brusthöhe herab-
fallenden Bändern geschmückt. Manche der Liguren zeigen in kurioser Weise
zwei in verschiedener Höhe sitzende Paare von Ohrringen, das eine zur Maske
und das andere wohl zu dem im übrigen unsichtbaren Kopf des Tänzers ge-
hörig (Abb. 4).
Nimmt man die größeren dieser Figuren zum Maßstab, so dürfte es sich um
einen recht umfangreichen Kopfputz gehandelt haben, dessen Höhe mehr als
das Doppelte des Durchmessers der Maske betrug. Im Garderobebestand der
246
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
keramischen Frühkulturen bildet er insofern wohl ein Unikum. Es ist kaum ein
Zufall, daß sich in dieser Phase des Präklassikums sonst nur bei den Olmeken
Kleidungsstücke finden, die offenbar darauf zugeschnitten waren, ihrem Träger
eine die Masse normaler Sterblicher übertreifende Statur zu verleihen, so wie es
bei den großen Herren der klassischen Periode dann zur Regel wird. Sollte der
ungewöhnliche Kopfputz der hier beschriebenen Figuren darauf angelegt ge-
wesen sein, Statur und Status herauszustreichen, so dürfte das gewiß nicht
seinem Träger gegolten haben, wohl aber dem mittels seiner Verkleidung sicht-
bar gemachten höheren Wesen.
Diese sehr eindeutigen und einmaligen ikonographischen Züge rücken die
solcherart charakterisierten präklassischen Terrakotten in eine Reihe mit den
aus späteren Kulturen bekannten Darstellungen jener Gottheit, die zur Zeit der
Conquista Xipe benannt wurde. Allein die übergezogene Menschenhaut bezeugt
diese Identität aufs Nachdrücklichste. Es spielt dabei keine Rolle, daß gerade
dieser Teil der rituellen Verkleidung bei den frühen Tänzerfiguren auch nicht
entfernt so anschaulich ausgearbeitet erscheint wie beispielsweise bei den im
übrigen keinerlei weiteren Kleidungsstücke tragenden aztekischen Steinskulp-
turen des Xipe, die die Flaut in der Regel mit Einzelheiten wie Nähten und
Verschnürungen zeigen7. Die kleineren Terrakotten der Teotihuacankultur
wiederum, die schon Seler unter dem Kennwort „das maskierte Gesicht“ mit
einem Kult in Verbindung brachte, „der dem des mexikanischen Xipe Totec,
unseres Herrn des Geschundenen verwandt ist“8, beschränken sich, soweit die
plastische Ausarbeitung in Betracht kommt, überhaupt darauf, die Hautmaske
darzustellen (die übrige Hautverkleidung wurde wahrscheinlich farbig hervor-
gehoben), tragen dafür jedoch einen Kopfputz, der an den der präklassischen
Figuren erinnert (Abb. 5). Wieweit dieser Kopfschmuck formgerecht wieder-
gegeben wurde oder schon darum schematisiert, weil es sich in diesem Fall nicht
mehr um frei modellierte, sondern aus flachen Formen gepreßte, kleine Terra-
kotten handelt, ist nicht von Belang. Jedenfalls handelt es sich auch in diesem
Fall um einen dem Kopf der Statuette übergestülpten rahmenartigen Aufsatz
mit vorgebundener Gesichtsmaske, deren Züge, ähnlich wie bei anderen Xipe-
Masken jener Periode, auf drei runde Öffnungen reduziert wurden, in denen
Augen und Mund des Maskenträgers angedeutet sind.
7 Seler 1915, S. 462.
8 Die beiden in Abb. 1 gezeigten Figuren tragen rückwärts in Höhe der Schulter-
blätter einen schleifenartigen Besatz, der eigentlich nur als Verschnürung der Haut-
verkleidung Sinn gewinnt.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
247
Unter den zahlreichen und verschiedenartigen in den Bilderhandschriften der
Spätzeit zu findenden Darstellungen der Gottheit verdient die des Xipe Itzta-
paltotec auf Blatt 20 des Codex Borbonicus in unserem Zusammenhang beson-
dere Erwähnung (Abb. 6). Die Art und Weise, wie in dieser Variante des Xipe
die Gestalt des Gottes mit der des Steinmessers kombiniert wird, ergibt ein den
präklassischen Terrakotten augenfällig ähnliches Bild. Der Obterteil der Figur,
der nach allen vorliegenden Kommentaren als belebtes Messer zu verstehen ist,
erscheint wie ein auf den Schultern ruhender Kopfputz mit Vorgesetzter Ge-
sichtsmaske. Diese entspricht mit dem halbkreisförmig geöffneten Mund und
den eingeschrumpften Lippen wiederum der Fiautmaske der Gottheit und bildet
mit ihrer Einfassung gleichzeitig das Maul des Messerwesens, dessen Nase und
Mund eben noch wie dekoratives Beiwerk zur Darstellung kommen. Eigenartig
ist weiter die mit Federbällen besetzte Bordüre des Messers, das dadurch ent-
schärft und eher einem Futteral ähnlich wird, und mit all dem eine weitere
Parallele zum Kopfputz der präklassischen Terrakotten bildet. Alle diese ikono-
graphischen Übereinstimmungen lassen an die Möglichkeit denken, daß ein
ähnlicher Kopfputz noch im aztekischen Garderobeschrank des Xipe zu finden
war. Hinzuweisen wäre in dieser Verbindung auch auf den Kopfschmuck des
auf Blatt 14 der gleichen Bilderhandschrift dargestellten Xipe, der unter dem
den verschiedensten Gottheiten eigenen flatternden Federschmuck eine den
Scheitel umziehende, mit Zacken eingefaßte Scheibe zeigt, die sich auch bei dem
Xipe auf Blatt 19 des Codex Vaticanus B wiederfindet. Man könnte sich dar-
unter die ins Lineare übertragene, verkleinerte Wiedergabe des seit frühen
Zeiten zum Kostüm des Gottes gehörenden Kopfputzes vorstellen. Bei dieser
Gelegenheit ist schließlich auch der ringförmige Brustschmuck des zuletzt er-
wähnten Borbonicus-Xipe zu erwähnen, der darum interessant erscheint, weil
nicht wenige der präklassischen Statuetten einen ähnlichen Brustschmuck tragen
in Gestalt eines meist in Weiß aufgemalten, seltener auch von einem Tonwulst
gebildeten Ringes (Abb. 3).
Den hier geschilderten Statuetten entsprechen in stilmäßiger und dann zwei-
fellos auch in kultischer Hinsicht eine Reihe von Tonmasken, die von den
gleichen Fundplätzen stammen. Sie geben die auf dem Kopfputz der Figuren
dargestellten Masken in größerem Format und in einer mehr in die Einzel-
heiten gehenden Ausführung wieder. Diese Xipe-Masken unterscheiden sich
von den übrigen, ihnen oft sehr ähnlichen Rundmasken der gleichen Stil gruppe
durch einen vom wirklichen Maskenrand gewöhnlich in kurzer Entfernung ab-
gesetzten Tonwulst, der die Maske in der Maske markiert, wie sie das unter
Nummer 7 abgebildete Exemplar in übertriebener, ungewöhnlich anschaulicher
248
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Weise darstellt. Die Besonderheiten einer Maske, die nicht wie sonst das Gesicht
ihres Trägers einfach ersetzt, sondern dazu noch ein weiteres, aus fremder Fiaut
angefertigtes Gesicht zeigen soll, werden so unmißverständlich zum Ausdruck
gebracht. Darum sitzen auch die, sei es durch Ringe, sei es durch Fiaarbüschel,
angedeuteten Ohren stets an dem das Xipe-Gesicht markierenden Wulst. Manche
dieser Masken nehmen auch bereits die runden Augenöffnungen vorweg, die
späterhin zum Kennzeichen der Xipemasken werden, und lassen überhaupt in
Formung und Gestaltung der Einzelheiten das Bemühen erkennen, das FFaut-
gesicht als solches kenntlich zu machen (Abb. 8). Zu den besonderen Kenn-
zeichen der Xipemasken gehört auch ihre Bemalung in den für Tipe überliefer-
ten Farben gelb und rot, wobei in einigen Fällen sich schon die die Augen
schräg überkreuzenden Streifen finden, die bei späteren Darstellungen des Xipe
immer wieder auftreten9.
Neben den Xipe-Tänzern, der häufigsten Variante der diesen Kult darstellen-
den Terrakotten, gibt es eine Anzahl in Morelos gefundener Statuetten beschei-
denerer Aufmachung, die einfach die Körper und Gesicht bedeckende FFaut-
verkleidung zeigen (Abb. 9 und 10). Für die wenigen Einzelheiten, die sie dar-
über hinaus aufweisen, wie blütenförmige Ohrpflöcke im einen Fall oder eine
kegelförmige Kopfbedeckung im anderen lassen sich ebenfalls spätere Analogien
finden. Selbst die seitlich offene Schlaufe, die die Spitze der kegelförmigen
Kopfbedeckung der präklassischen Terrakotten bildet, kehrt auf dem Scheitel
einiger aztekischer Tonfiguren des Xipe wieder!
Unter den verschiedenen Tonbildwerken der Tlatilcokultur, die mit bestimm-
ten religiösen Vorstellungen und Riten in Verbindung gebracht werden können,
zählen die auf einen Xipekult hindeutenden zu den verbreitetsten. Die hier
geschilderten Statuetten gibt es in verschiedenen Größen, Fiohlfiguren einge-
schlossen. In den Gräbern von Tlatilco und Las Bocas wurden solche Figuren
in Paaren gefunden. Auch in diesem Fall treten, soweit die Ausführung in Frage
kommt, öfters lokale Varianten auf. Offenbar gab es aber auch schon so etwas
wie eine Standardfassung dieser Xipetänzer, denn Terrakotten entsprechend
den in Abb. 10 gezeigten kommen in genau gleicher Ausführung und Größe
nicht nur wiederholt in Tlatilco, sondern auch an anderen Fundplätzen vor.
9 Man findet den oft nur durch eine Doppellinie markierten Auge und Wange über-
kreuzenden Streifen später zwar häufig, aber keineswegs ausschließlich an Xipe-
Darstellungen, er ist also allein genommen noch kein Xipe-Indiz. Beispielsweise
weisen auch die verschiedenen, jetzt als Götterdarstellungen gedeuteten olmekischen
Gesichtsprofile diesen Streifen auf. Siehe dazu auch Nicholson 1976, S. 165.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
249
George C. Vaillant hat bereits 1934 ein in Gualupita gefundenes Exemplar
veröffentlicht10. Jedenfalls lassen alle Beobachtungen darauf schließen, daß der
Xipe-Kult in der Tlatilcokultur eine beträchtliche Rolle gespielt haben muß.
Gerade auch unter diesem Gesichtspunkt verdient festgehalten zu werden,
daß die zahlreichen auf Xipe bezüglichen Terrakotten stilmäßig stets der
Typengruppe D 2-K entsprechen, also der Stilgruppe angehören, die die dörf-
liche Komponente der Tlatilcokultur repräsentiert. Soweit dagegen die olme-
kische Kulturkomponente in Betracht kommt, wüßten wir keine Darstellung
anzuführen, die sich mit Xipe in Verbindung bringen ließe11.
Fall 2: Der göttliche Affe
Die in Abb. 11 wiedergegebene vorzügliche Kleinplastik aus Tlapacoya zeigt
einen lebhaft bewegten Tänzer mit einer über Arme und Beine reichenden Fell-
bekleidung. Die offenbar aus gleichem Material angefertigte kapuzenartige
Kopfbedeckung läßt das Gesicht des Tänzers frei, und ebenso seinen beiderseits
verschiedenen Ohrschmuck, der zur Linken aus dem mythologisch bedeutsamen
Ohrgehänge oyohualli besteht. Ein ins Auge fallendes Kennzeichen bildet der
stark vorgewölbte Flängebauch. Vervollständigt wird die Verkleidung durch
ein anscheinend mit Blättern oder Blüten besetztes Halsband sowie einen Hüft-
gürtel — maxtlatl — mit Vorgesetztem Phallus. Rückwärts fällt von dem mehr-
fach verknüpften Gürtel dem Bein entlanggeführt ein Band herab, das dem
Tierschwanz entsprechen dürfte. Auch der Hängebauch und der Phallus sind
allem Anschein nach Attrappen, die zum Kostüm gehören, und nicht zum
Tänzer selbst.
Zwei ikonographische Parallelen aus sehr viel späterer Zeit mögen zur
Ermittlung der Identität der präklassischen Figur genügen: der auf Blatt 10 des
Codex Borgia dargestellte Affe (Abb. 12) so wie der Abdruck eines der überaus
zahlreichen aztekischen Flachstempel mit dem tanzenden Affen (Abb. 13), wobei
das Tier stets als Begleiter, wenn nicht überhaupt Doppelgänger, des „Blumen-
prinzen“ Xochipilli zu verstehen ist, des, um E. Seler zu zitieren, „jungen
Gottes der Zeugung und der Vegetation, des Herren der Tänze und Gesänge“.
All diese Eigenschaften werden in der Kostümierung und in der Bewegung der
Tonstatuette deutlich zum Ausdruck gebracht.
10 Vaillant and Vaillant 1934, Plate I.
11 Ich verdanke P. D. Joralemon unterdessen den Hinweis auf eine kleine olmekische
Grünsteinfigur, die eine offenbar hautartige Verkleidung trägt. Die auch stilmäßig
eigenartige Statuette unbekannter Herkunft gilt als Unikum.
16 Baessler-Archiv XXVI
250
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Vor allem in Tlapacoya und Tlatilco wurden zahlreiche solcher Terrakotten
gefunden, immer mehr oder weniger verstümmelt. Das hier abgebildete Exem-
plar trug vermutlich Rasseln in den Händen. Im Gegensatz zu der sehr beton-
ten Bewegtheit einiger aus Tlapacoya stammender Statuetten verharren die in
Tlatilco gefundenen in starrer Haltung, eine wohl nicht zufällige Differenzie-
rung lokaler Stilvarianten, die sich aus dem auch sonst wiederholt zu beobach-
tenden Temperamentsunterschied der Töpfer der beiden Fundplätze erklären
dürfte12. Der Verzicht auf die Darstellung der tänzerischen Bewegung hat für
uns den Nachteil, daß zumal wenn es sich um Figurenfragmente handelt, nicht
selten schwer zu sagen ist, ob der göttliche Affe gemeint ist oder der manchmal
ähnlich gestaltete Fette Gott.
Neben diesen als Affen verkleideten Statuetten, deren Kostümierung bis ins
einzelne festliegt, gibt es eine Anzahl präklassischer Terrakotten, die das Tier
selbst darstellen. Zweifellos liegen auch ihnen so wie den ikonographisch „un-
beschriebenen“ präklassischen Tierskulpturen im allgemeinen bestimmte magisch-
religiöse Vorstellungen zugrunde — dahingestellt bleibt, wieweit auch sie dem
Xochipili-Konzept entsprechen. So symbolisierte der Affe, wie Alfonso Caso
vermerkt, für die Azteken nicht nur die in Xochipili personifizierten Eigen-
schaften, sondern auch die Nordrichtung, die Konstellation Kleiner Bär-Polar-
stern u. a.13. Jedenfalls dürfte die Feststellung Selers, der Affe sei ein „in her-
vorragendem Maße mythologisches Tier“, auch für die hier behandelten Früh-
kulturen zutreifen, denn es gibt kaum ein anderes Tier, das damals so konstant
und gleichzeitig in so wechselvoller Gestaltung zur Darstellung kam.
Dazu einige Hinweise und Beispiele; G. C. Vaillant führt unter seinen Fund-
stücken aus Zacatenco mehrere Affenköpfchen an14. Auch in der an ähnlichen
Kulturresten reichen Urbina-Zone an der Peripherie von Tlatilco kamen nicht
wenige Fragmente von Affenstatuetten zum Vorschein, die bereits die im wei-
teren typisch werdende Schädelform zeigen. Das in Abb. 14 wiedergegebene
Köpfchen nimmt mit der heraushängenden Zunge ein weiteres Charakteristi-
kum späterer Darstellungen mythologischer Affen vorweg — siehe u. a. den hier
abgebildeten Affen aus dem Codex Borgia.
12 Man kann, ohne zu übertreiben, sagen, daß die Figuren von Tlatilco in der liebe-
vollen Ausarbeitung kleiner und kleinster Einzelheiten und dann überhaupt in
ihrem naiven und dabei etwas steifen Liebreiz unübertroffen sind. Im Vergleich zu
ihnen sind die Terrakotten von Tlapacoya im allgemeinen flüchtiger in den Einzel-
heiten, jedoch wiederholt ausdrucksvoller und bewegter in der plastischen Gestal-
tung.
13 Caso 1968, S. 273.
14 Vaillant 1930, Plate XVI.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
251
Ebenfalls in Maskenform wird der Affe dargestellt, wenn auch nicht gerade
häufig. Bei der hier abgebildeten Maske aus Tlatilco erscheinen die Züge des
Tieres ungewöhnlich scharf herausstilisiert (Abb. 15). Mythologisch bedeutsam
ist wiederum der verschieden geformte Ohrschmuck, der auf einer Seite der
lanzenförmigen Variante des oyohualli entspricht. Einige fein modellierte klei-
nere Affenmasken mit schwarzem Engobe kamen in Las Bocas zum Vorschein.
Die verschiedenen, aus der Reihe des Üblichen fallenden Terrakotten des
Affen, wie man sie besonders aus Tlatilco kennt, lassen erkennen, wie sehr
dieses in der Kunst Mesoamerikas immer wieder variierte Thema schon die
Phantasie der präklassischen Keramiker angeregt hat. Hervorzuheben in diesem
Zusammenhang ist nicht zuletzt eine in der Art der figürlichen Gefäße gestal-
tete Tonfigur von vorzüglicher Ausführung (Abb. 16), die in der Gesichtsform,
der durch Strichelung angedeuteten Behaarung des Körpers und der fein abge-
wogenen Proportionierung den Affen deutlich erkennen läßt. Ungewöhnliche,
für uns nicht weiter deutbare Einzelheiten sind der eigenartig geformte Hinter-
kopf und der mit sichtlicher Gewandtheit gehandhabte Stab. Gerade auch in
dieser Verbindung interessant sind zwei auf der Außenseite mit heftig gestiku-
lierenden schwanzlosen Affen geschmückte Tonobjekte, die allem Anschein nach
als Griff etwa für einen Stab gedacht waren. In einem Fall handelt es sich um
einen hohlen, an seinem Ende geschlossenen Tonzylinder mit röhrenartigem
Einsatz (Abb. 17), im anderen um einen wie ein flacher Messergriff geformten
Gegenstand. Die übereinstimmende Dekoration der beiden offenbar gleicher
kultischer Zweckbestimmung dienender Objekte läßt darauf schließen, welch
strikten Regeln die Verwendung mythologischer Schmuckmotive bereits in jenen
Zeiten unterworfen war.
Ein höchst aufschlußreiches Beispiel einer im Präklassischen wurzelnden und
selbst die Formgebung einschließenden ikonographischen Kontinuität bietet das
in Abb. 18 abgebildete Tiergefäß, daß ebenso wie die vorausgehend erwähnten
Keramiken der olmekischen Stilkomponente zuzurechnen ist. Der Kontrast zwi-
schen den langen schlanken, über den Kopf greifenden, angewinkelten Armen
(für die das gewöhnlich als Affendarstellung interpretierte Monument 62 von
La Venta eine Parallele bietet) und dem vorgewölbten Flaschenbauch, der
gleichzeitig ein für den Affen typisches ikonographisches Detail bildet, findet
sich hier in ausgesprochen bizarrer Weise gestaltet. Doch gerade auch in seiner
so eigenwilligen Formung ist dieses Gefäß unbestreitbar ein Vorläufer jener
postklassischen, zumeist aus Onyx geschnitzten Affengefäßen, die dann freilich
nicht mehr als Flasche, sondern als Napf geformt sind, während die nun beider-
16'
252
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
seits des Tierkopfes rechtwinklig vorstehenden Arme nach dem Schwanz grei-
fen, der sich am Gefäßrand wie ein Henkel entlangschlingt (bei der präklassi-
schen Keramik ist der Schwanz in Ritzzeichnung mit Rockerstamp-Muster aus-
geführt). Diese späteren Affenvasen sind vor allem für Kulturen typisch, die
auch ihrer Verbreitung nach nicht in den Rahmen dieser Untersuchung fallen,
doch ist das wohl kostbarste Exemplar der Gattung die aus Texcoco stammende
Obsidianvase im mexikanischen Nationalmuseum (Abb. 19), die zu den klas-
sischen Bildwerken der aztekischen Kultur zählt.
Fall 3: Der Fette Gott
Über den sogenannten Fetten Gott ist weder in den Aufzeichnungen, die die
überlieferten Informationsquellen bezüglich der mesoamerikanischen Religionen
bilden, ein Hinweis zu finden, noch sprechen andere Unterlagen dafür, daß die
Azteken zur Zeit der Conquista eine solche Gottheit verehrten. Er ist lediglich
aus archäologischen Funden „herausinterpretiert“, darunter aus Teotihuacan-
Terrakotten, die das zeigen, was E. Seler das Vollmondgesicht nannte15. Von
H. Beyer zum „pausbäckigen Gott“ erhoben, figuriert er im Katalog der meso-
amerikanischen Gottheiten jetzt gewöhnlich als der Fette Gott, der dem vor-
liegenden Fundmaterial zufolge besonders in der südlichen Hälfte Mesoameri-
kas verehrt wurde.
Auf die Qualitäten der Gottheit deuten somit allein die an den entsprechen-
den Darstellungen plastisch hervortretenden Züge, darunter in erster Reihe das
feiste Gesicht mit Paus- oder Hängebacken und von den von den oberen Lidern
nahezu zugedeckten Augen. Ein Kranz solcher aus Formen gepreßter Gesichter
ziert wiederholt die untere Leiste von Teotihuacantöpfen, gelegentlich — bei
südlichen Kulturen übrigens häufiger — schmückt ein einzelnes größeres „Voll-
mondgesicht“ die Vorderseite eines sonst glatten Topfes. Auch die figürlichen
Aufsatzstücke gewisser Teotihuacanschalen, die Seler die inneren Griffe nennt,
zeigen öfters dieses Gesicht (Abb. 20 unten). Wo der Gott in ganzer Figur zur
Darstellung kommt, trägt er eine den ganzen Körper bedeckende Bekleidung
aus offenbar wattiertem Material, das nicht selten auch für den Ohrschmuck
verwendet wurde. In anderen Fällen wiederum besteht der Ohrschmuck beider-
seits aus dem oyohualli-Gehänge. In die Stirn solcher Teotihuacan-Terrakotten
findet man öfters ein rundes, mit einem Symbol geschmücktes Zeichen ein-
gepreßt, zumeist umzieht auch ein schmaler haubenartiger Schmuckstreifen den
Kopf.
15 Seler 1915, S. 506.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
253
Unter den präklassischen Terrakotten mit den Kennzeichen des Fetten Gottes
verdient ein in Tlatilco in Bruchstücken aufgefundenes schwarzpoliertes Kopf-
gefäß an erster Stelle erwähnt zu werden (Abb. 21). Gewiß wird die Wirkung
der auch künstlerisch bedeutenden Tonplastik durch die Verstümmelung der
Mundpartie fühlbar beeinträchtigt (der verhältnismäßig kleine Mund war, wie
es scheint, durch eine leicht überhängende Oberlippe pointiert), jedenfalls sind
aber die in unserem Zusammenhang belangvollen Einzelheiten erhalten geblie-
ben: die mächtigen Hängebacken, die fleischige Nase, die eingesunkenen win-
zigen Augen, die zusammen mit dem kleinen, fast unmerklich zugespitzten
Kinn das Musterbeispiel eines fetten Gesichts bieten. Die kuppenartige Stirn-
verzierung und der merkwürdige, um die Ohren gezogene und die Rückseite
des Gefäßes umziehende Haarstreifen scheinen mit einem flockigen Material
belegt, ähnlich wie bei der Bekleidung der späteren Darstellungen der Gottheit.
Ein ganz ähnliches kleineres Gesichtsfragment aus Tlapacoya zeigt bereits die
bis auf einen sichelförmigen Schlitz geschlossenen Augen16.
Aus dem weiteren Umkreis von Tlatilco kommt die kleine amüsante Maske
mit Hängebacken (Abb. 22), die wie eine Vorwegnahme der von Daumier
gezeichneten bürgerköniglichen Birnengesichter erscheint. Mit den unverkenn-
baren Stilmerkmalen der Figurengruppe C 4 ist sie ein Interessantes Beispiel
für das Auftreten des fetten Gesichts in der Zacatenco-Kultur. In den gleichen
Kulturzusammenhang gehören zu einem pausbäckigen Gesicht ausgeformte
Tonpfeifchen.
Auf dem Figürlich ausgearbeiteten Griff einer kleinen, ähnlich einem Schöpf-
löffel geformten Schale aus Tlatilco erscheint das fette Gesicht in ziemlich
grober Modellierung (Abb. 23). Daß es sich um nichts anderes handeln kann,
bestätigen Fragmente gleicher Keramiken mit sorgfältiger ausgeführten Hänge-
backen.
Alfonso Caso erwähnt bei der Beschreibung der aus Teotihuacan stammen-
den Darstellungen des Fetten Gottes ausdrücklich den ihnen eigenen unwirschen
16 Nahezu identische Gesichter trägt ein Paar größerer Hohlfiguren aus Xochipala,
Guerrero, wo vor nicht langer Zeit Keramiken zum Vorschein kamen, die sehr wohl
einem späten, stilistisch auf jeden Fall durchaus originellen Ausläufer der Tlatilco-
kultur entsprechen könnten. Von den mir bekannten Terrakotten aus Xochipala
— dem „Marktplatz“ einer archäologisch noch kaum erforschten Zone — sind für
unser Thema diese beiden Figuren (eine davon jetzt im New Orleans Museum of
Art, New Orleans, Lousiana) zweifellos die interessantesten. Sonst gibt es von dort
auch einige Xipe-Darstellungen.
254
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Gesichtsausdruck. Auch in Hinblick darauf sind die in Abb. 20 oben wieder-
gegebenen Kopffragmente aus Tlatilco bemerkenswert. Bei der Gegenüberstel-
lung mit den Teotihuacan-Beispielen darf nicht übersehen werden, daß diese
aus Formen gepreßt, die anderen dagegen freihändig modelliert sind. Die
Strichelung des durch die überdeckten Augen und den beiderseitigen oyohualli-
Ohrschmuck deutlich charakterisierten Tlatilco-Köpfchens läßt im übrigen auf
eine von Kopf bis Fuß reichende krause Körperverkleidung schließen, wie man
sie bisweilen bei späteren Darstellungen des Gottes findet und die in der Aus-
führung von der des göttlichen Affen kaum zu unterscheiden ist. Nun sind wir
zur Rekonstruktion dessen, was der Prototyp der präklassischen Figur des
Fetten Gottes war, hauptsächlich auf Fragmente angewiesen und können daher
nur vermuten, daß ihm die Körperfragmente mit rundem Bauch und dem
Gürtel ohne Phallus entsprechen. Zu den wenigen, einigermaßen kompletten
Statuetten, die in gleicher Richtung deuten, zählt die in Abb. 24 gezeigte, die
überdies einen wiederum von späteren Darstellungen der Gottheit bekannten
latzartigen Halsschmuck trägt. Sie verdient im übrigen auch Beachtung als sel-
tenes Beispiel einer Tonstatuette mit hohlem Körper und beweglich eingesetztem
Kopf.
Fall 4: Der alte Feuergott
Für den Feuergott, den die Azteken Huehueteotl nannten, gibt es wohlbekannte,
vielfach publizierte präklassische Belegexemplare: es sind die beiden vor über
fünfzig Jahren in Cuicuilco unter der Lavadecke ausgegrabenen Terrakotten,
die die seit der klassischen Periode verbreiteten Skulpturen des alten Gottes mit
der Feuerschale in den wesentlichen Einzelheiten vorwegnehmen (Abb. 25). Sie
gelten bis heute als älteste Beispiele von Götterdarstellungen im alten Mexiko
und werden gewöhnlich, so wie die Ruinen von Cuicuilco, ins späte Präklassi-
kum datiert. Wahrscheinlidi stammen beide Tonskulpturen jedoch aus einer
älteren Phase von Cuicuilco, denn ihr in mancher Hinsicht gewiß eigenartiger
Stil entspricht in den allgemeinen Zügen eher dem im älteren Präklassikum
Hergebrachten. Es sei dazu auf das Figurenfragment aus Tlapacoya verwiesen,
das auch hinsichtlich einer so ungewöhnlichen und originellen Einzelheit, wie es
die verschränkten Hände sind, ein interessantes Gegenstück bildet (Abb. 26).
Die vorgestreckten Hände der höchst ausdrucksvoll modellierten Figur, die in
komplettem Zustand vermutlich auf einem trommelförmigen Untersatz hockte,
scheinen ein imaginäres Gefäß zu erheben. In der Haltung wiederum erinnert
der verkrümmt Hockende mit dem nach oben gedrehten Kopf an die winzigen
Statuetten eines buckligen Alten (Abb. 27), die zu den für den Zacatenco-Typ A
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
255
charakteristischen Terrakotten gehören und ebenfalls schon früher als Darstel-
lungen des Feuergotts betrachtet wurden (viel stärker noch als in den foto-
graphischen Aufnahmen zeigt sich die Ähnlichkeit, wenn man die beiden Stücke
in natura konfrontiert). Es bietet sich hier ein interessantes Beispiel — gewiß
nicht das einzige — für das Ineinandergreifen bestimmter plastischer Einzelzüge
von getrennt auftretenden figürlichen Darstellungen, die damit in eine ikono-
graphische Beziehung zueinander treten, die kaum zufällig sein dürfte. Wieweit
das Fragment aus Tlapacoya überhaupt in die Reihe der Feuergott-Vorläufer
fällt, bleibt dabei offen. Jedenfalls kann man annehmen, daß auch der Feuer-
gott mancherlei ikonographischen Wandlungen unterworfen war, ehe er seine
klassische Gestalt gefunden hat.
Diese Gestalt entspricht der von der Last der Feuerschale niedergedrückten
Figur. Unter den verschiedenartigen Figuren von Schalenträgern, die in den
keramischen Frühkulturen auftreten, finden sich mehrere, die dieses Motiv in
einer auf den Feuergott deutenden Weise darstellen. Dazu gehört die Statuette
eines auf überkreuzte Arme gestützten Fiockenden, dem ein wiederum konisches
Gefäß so zwischen den Schultern herauswächst wie den Cuicudco-Figuren aus
dem Rücken (Abb. 28). Primitiver in der Gestaltung sind einige teils konische,
teils runde kleine Schalen, die auf den abgeplatteten Körpern ihrer unter der
Last fast verschwindenden Träger ruhen (Abb. 29). Beachtlich ist, daß diese
Terrakotten stets dem Stil des hauptsächlich in Tlatilco verbreiteten Figuren-
typ D 4 entsprechen.
Auf den Alten Gott, der in der Mythologie mit dem Feuergott verschmilzt,
deuten zahlreiche, zumeist längliche, kräftig modellierte, rot eingefärbte Ton-
masken. Sie zeigen ein von Runzeln durchzogenes Gesicht mit vorspringenden
Backenknochen, eingefallenen Wangen und zahnlosem, die Unterlippe vorschie-
benden Mund. Manche dieser Masken tragen einen ausgesprochen burlesken Zug
(Abb. 30), andere wiederum sind von ungewöhnlich edler Formung, wie das in
Abb. 31 gezeigte Fragment. Verschiedene größere Exemplare halten sich mit
den besonders eingeschnittenen Sehschlitzen und der auf der Innenseite ange-
brachten Nasenausbuchtung offenbar eng an die bei kultischen Vorführungen
wohl hauptsächlich verwendeten Fiolzmasken.
Für eine in Tlatilco verbreitete Variante dieser Masken sind kleine Augen,
eine Sattelnase und der lediglich durch die heraushängende Zunge angedeutete
Mund charakteristisch. Die konkave Gesichtsform einer Kleinmaske dieser Art
(Abb. 32) wiederholt sich in dem um ein Mehrfaches größeres Gesicht des Alten
auf einem Kopfgefäß im mexikanischen Nationalmuseum. Eine Maske gleichen
256
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Typs zeigt ein schwarzpoliertes figürliches Gefäß in Gestalt eines Kauernden
mit helmartiger Kopfbedeckung und in Ritzzeichnung ausgeführten Körper-
bekleidung (Abb. 33). Bei diesem Maskenträger wurde auch die herkömmliche
Schambinde nicht vergessen, die bei den Figuren der Schalen merkwürdiger-
weise durchweg fehlt.
Fall 5: Der Windgott
Es gibt eine Reihe präklassischer Terrakotten, deren gemeinsames Kenn-
zeichen in der vorspringenden Mundpartie mit einem in der einen oder anderen
Weise geöffneten Mund besteht. In Fällen, wie dem nur wenige Zentimeter
hohen Kopfgefäß aus Tlatilco (Abb. 34) oder der nicht viel größeren Rund-
maske, die stilistisch der Zacatenco-Kultur angehört (Abb. 35), wird einfach
ein wie zum Pusten zugespitzter Mund dargestellt. Eine ähnliche Mundform
weisen besonders in Tlapacoya verbreitete Statuetten auf (für die darum auch
die Bezeichnung „soplador“ — Puster — in Gebrauch kam), allerdings mit dem
Unterschied, daß es sich nun um die untere Hälfte einer Gesichtsmaske handelt.
Ein Merkmal dieser in verschiedenen Abwandlungen dargestellten Maske ist
auch die eigenartige Mischung menschlicher und tierischer Züge (Abb. 36). So ist
der vorspringende Mund manchmal wie ein Schnabel geformt, dann wieder wie
eine Schnauze, gelegentlich auch wie ein Rüssel, und nicht selten bildet er eine
Art Trichter mit heraushängender Zunge. Ein weiteres Charakteristikum bildet
die scharf gegen den Mund abgestufte Nase. Sie tritt am deutlichsten in der
Profilsicht hervor, da die Abstufung frontal gesehen oft durch ein aufgesetztes
Tonplättchen verdeckt wird, den häufigen, wenn auch gerade in Tlatilco sonst
weniger üblichen Nasenschmuck präklassischer Terrakotten. In nicht wenigen
Fällen findet man diesen Teil der Maske zu einem regelrechten Keil ausgeformt,
so wie es viel später bei den aztekiscben Steinfiguren oder der in Bilderhand-
schriften dargestellten Maske des Windgottes Ehecatl zur Regel wird (Abb.
37 a und b).
Allem Anschein nach leitet sich das in der Kunst der Spätzeit vielfach nur-
mehr als Mundmaske dargestellte Emblem des Windgottes von jener Maske
her, die bei den kleinen Statuetten aus Tlapacoya und Tlatilco noch das ganze
Gesicht bedeckt, und deren seltsame Gesichtsbildung so ihre nachträgliche Recht-
fertigung erfährt. Trotz der extremen Verschiedenheit der Darstellungen — hier
meist höchstens fingerlange Tonstatuetten, dort Steinbildwerke stattlichen For-
mats oder lineare Buchmalereien — ist die ikonographische Übereinstimmung
deutlich übersehbar. Sie reicht bis zu Einzelheiten wie dem Nasenschmuck, der
auch bei der späteren Mundmaske nie fehlt und in zeitgemäßer Ausführung
ßaessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
257
nun bald unter dem Nasenkeil seitlich angebracht erscheint. Noch eine weitere,
gewiß auch nicht zufällige Analogie zwischen den durch einen Abstand von
weit mehr als zweitausend Jahren getrennten Darstellungen sei erwähnt: gleich
den präklassischen Tonfiguren tragen auch die mit der Ehecatlmaske geschmück-
ten Steinfiguren außer dem üblichen maxtlatl kein weiteres Kleidungsstück (es
sei denn, der Träger der Maske repräsentiert dazu noch eine andere, gewöhn-
lich bekleidet dargestellte Figur); die imposante Statue der Gottheit aus Ca-
lixtlahuaca ist dafür ein vorzügliches Beispiel.
Ein für die präklassischen Statuetten und die ihnen entsprechenden kleinen
Tonmasken bezeichnendes Detail, bestehend aus einem in die Stirn fallenden
Zierat etwa in Form eines mit Tonplättchen besetzten Streifens, kommt bei den
späteren Mundmasken von selbst zum Fortfall. Bei einer hauptsächlich aus
Tlapacoya stammenden Variante trägt der Maskierte eine von der rechten
Schulter schräg über die Brust gezogene Binde, und an dieser eine kleine
gestrichelte Felltasche (Abb. 38). Diese Statuetten des Windgottes zeigen wieder-
um Tänzer, zumeist in kauernder Haltung, doch mit aufrechtem Körper und
öfters Handrasseln schwenkend (Abb, 39).
Zu den interessantesten, auf den Windgott hinweisenden präklassischen Dar-
stellungen zählt das in Abb. 40 wiedergegebene Profilgesicht, das sich in doppel-
ter Ausführung auf einigen jener Töpfe aus Tlapacoya findet, die eine zumal
auch in ikonographischer Hinsicht wichtige, einzigartige Gruppe olmekischer
Keramiken bildet. Es unterscheidet sich von den sonst in diese Töpfe eingeritz-
ten und mittels in Negativtechnik getönten Profilen in nahezu allen wesent-
lichen Einzelheiten, von denen eine durch Schraffierung und Bemalung besonders
hervorgehoben wird — nämlich die aufklaffende Mundmaske, die mit einer
kleinen, aber sehr deutlich ausgeführten Zunge versehen ist. In dieser Maske
erscheint die mythologische Bedeutung dieses bisher unveröffentlichten Profil-
gesichts konzentriert und zur gleichen Zeit definiert. Man findet in der olmeki-
schen Kunst selten Darstellungen, die in solch sichtbarer Weise mit der Ikono-
graphie späterer Kulturen übereinstimmen. Als ein zeitlich noch verhältnismäßig
nahes ikonographisches Gegenstück sei lediglich das berühmte, im Grabhügel 303
von Izapa gefundene Kopfgefäß mit der Windgottmaske erwähnt.
Im übrigen bietet dieser Fall ein weiteres Beispiel für die Unterbrechung, die
die zwischen 1500 vor und 1500 nach unserer Zeitrechnung feststellbare ikono-
graphische Kontinuität während der klassischen Periode erfährt; Darstellungen
des Windgottes bzw. der Ehecatlmaske sind in der Teotihuacankunst so gut wie
nicht zu finden.
258
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Stellt man zum Abschluß den hier beschriebenen „Vorläufern“ die Gottheiten
gegenüber, die in den späteren Kulturen vorzugsweise in Form von Terrakotten
oder, wie dann bei den Azteken, von vermutlich bereits serienweise erzeugten
kleineren Steinskulpturen dargestellt wurden, so zeigt sich eine ausgesprochene
Übereinstimmung. Es sind eben die Gottheiten, die zu allen Zeiten volkstümlich
waren, da sie Konzepte verkörpern, die mit dem Alltag und den unmittelbaren
Bedürfnissen der Menschen verbunden waren. Wenn nun auch die präklassische
Götterreihe sogar kompletter erscheint, sofern unter den Darstellungen der
Teotihuacan-Periode der Windgott nicht zu finden ist, und bei den aztekischen
der Fette Gott fehlt, so weist sie doch im Vergleich mit jenen eine auffallende
Lücke auf; es gibt keine Vorläufer von Tlaloc.
In der Tat sind unter den immerhin zahlreichen und vielfältigen Darstellun-
gen mythologischen Charakters, von denen die fünf „Vorläufer“ einen erheb-
lichen Bruchteil ausmachen, keine zu finden, die ikonographisch betrachtet eine
Beziehung zu Tlaloc erkennen lassen. Es finden sich nicht einmal solche, von
denen man mit Bestimmtheit sagen könnte, daß sie das in der Folge von Tlaloc
verkörperte Konzept anderweitig veranschaulichen. Höchstens gibt es Anhalts-
punkte in dieser Richtung. Hervorzuheben in diesem Zusammenhang sind einige
in Tlatilco gefundene Schalen ungewöhnlicher Form, ähnlich kleinen Henkel-
körben, mit einem die Gefäßwandung durchbrechenden Ausguß. Dieser ist mit
dem „alten Gesicht“ geschmückt, dessen übertrieben vorspringende, zugespitzte
Unterlippe auch funktionell bedingt erscheint (Abb. 41). Offensichtlich handelt
es sich um ein Gießgefäß. Das Fragment eines besonders stattlichen Exemplars
weist nun noch zwei interessante Einzelheiten auf; die ringförmigen Augen des
Ausgußgesichts und einen Gefäßhenkel in Gestalt von zwei ineinander ver-
flochtenen Schlangen (Abb. 42), beides Motive, die später als Kennzeichen des
Tlaloc erscheinen. Die Vermutung, daß derartige Gefäße für Regenzeremonien
oder dergleichen bestimmt waren, läßt sich nicht von der Hand weisen, so
wenig wie die Vorstellung, daß das „alte Gesicht“ einer Gottheit gehört, die
ursprünglich nicht nur über das Feuer, sondern auch über dessen gegensätzliches
Element gebot17.
III
Die verschiedenen, hier erörterten Beispiele präklassischer „Vorläufer“ sollten
nicht nur als ikonographisch interessante Einzelfälle betrachtet werden. Zusam-
17 Es sei daran erinnert, daß in der späteren mesoamerikanischen Mythologie und
Ikonographie die mit Feuer und Wasser verbundenen Gottheiten nicht selten Eigen-
schaften und Symbole zu teilen scheinen.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
259
mengenommen deuten sie auf ein zumindest in den Ansätzen bereits existieren-
des religiöses System, das in gewissen Grundzügen, wie eben der bildlichen
Darstellung personifizierter, individuell gestalteter Gottheiten, auf die in späte-
ren Zeiten etablierten Religionen zuführt.
Es soll hier nicht erörtert werden, wieweit dieses vergleichsweise rudimentäre
System von den festgefügten und hochorganisierten Religionen von Teotihuacan
und Tenochtitlan entfernt war. In Verbindung mit unserem Thema genügt es,
auf den Abstand zwischen den ihrer Kunst zu Gebot stehenden Ausdrucks-
mitteln hinzuweisen — Tonbildnerei im einen Fall, im anderen dazu Architek-
tur, Steinskulptur und Malerei in den verschiedensten Dimensionen. Um so
beachtlicher ist die bereits erwähnte Kontinuität in der Darstellungsweise der
seit den keramischen Frühkulturen populären Gottheiten. Sie stützt sich auf
eine ikonographische Tradition, für deren ursprüngliche Stärke der Umstand
spricht, daß sie sich bis in die Spätzeit hinein selbst da durchsetzt, wo sie
zeitweilig, wie etwa in der Teotihuacan-Periode, verdrängt und unterbrochen
war.
Zwei Eigentümlichkeiten seien noch hervorgehoben. Beachtlich ist zunächst,
daß in der präklassischen Kunst die Gottheiten vorzugsweise nicht in direkter
Wiedergabe gezeigt werden, sondern in der Vermittlung über Figuren von
ihrem Kult dienenden Tänzern oder auch nur deren Masken. Ferner ist nicht
zu übersehen, daß so gut wie alle diese frühesten Götterdarstellungen aus Grä-
bern stammen, also besonders auch als Totenbeigaben verwendet wurden; sie
gehören dabei nicht zu den normalen Grabbeigaben, sondern wurden offenbar
immer nur bestimmten Toten mitgegeben. Zusammenhänge zwischen dem ge-
rade in der Tlatilcokultur ausgeprägten Bestattungskult und den im gleichen
Kulturbereich so nachdrücklich auftretenden Anfängen religiöser Tonplastik
scheinen jedenfalls nicht ausgeschlossen.
Die hier beschriebenen Figuren bilden gewiß die Mehrzahl der Terrakotten
dieser Art, doch sind sie keineswegs die einzigen. Es fanden sich zum Beispiel
auch Tänzer in Jaguarverkleidung (für die es ebenfalls Gegenstücke in Teoti-
huacan gibt) oder mit Vogelmasken, ferner solche, für deren Maskierung mit
einem schafsähnlichen Gesicht oder einem menschenähnlichen, jedoch mit un-
natürlich vorspringendem, wie eine Schaufel geformten Unterkiefer spätere
Gegenstücke nicht zu finden sind. Ein Gleiches gilt für verschiedene, seltsam
maskierte und kostümierte Statuetten, die lediglich in der Typengruppe D 4
von Tlatilco anzutreffen sind. Wahrscheinlich personifizierten auch diese Terra-
kotten religiöse Vorstellungen, ohne daß sie in die Ikonographie späterer Kul-
turen eingegangen wären.
260
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Das aus der Ikonographie späterer Zeiten wohlbekannte Phänomen der aus-
tauschbaren Kennzeichen und Einzelzüge, die bald der einen, bald einer anderen
Gottheit zugeteilt werden, macht bereits bei der Interpretation der präklassi-
schen Terrakotten zu schaffen. Dazu gehören die schon erwähnten ringartigen
oder sichelförmig mit überhängendem Lid dargestellten Augen, der oyohualli-
Ohrschmuck, auch die Körperbekleidung, die bei gleichem Zuschnitt einmal aus
Tierfell und dann wieder aus pflanzlichem Material wie Blättern, Bast oder
Baumwolle zu bestehen scheint, ferner das unterm Arm getragene Rutenbündel,
ähnlich dem, das in Teotihuacan in Verbindung mit dem Feuergott erscheint.
Neben den Figuren sind Masken immer wieder besonders aufschlußreich,
öfters deuten sie sonst nicht weiter feststellbare ikonographische Parallelen an,
so wie etwa die kleinen, in Tlatilco gefundenen Totenkopfmasken vorweg-
nehmen, was im Postklassikum zum Thema par excellence wird. Für die olme-
kischen Einschlag tragenden Masken, die ein in Leben und Tod aufgespaltenes
Gesicht zeigen, gibt es wiederum verschiedene spätere Gegenstücke, u. a. auch in
Teotihuacan.
Der Umstand, daß sich die Terrakotten der „Vorläufer“ auf verschiedene
Stilgruppen des älteren Präklassikums verteilen, läßt darauf schließen, daß ihre
ursprüngliche Verbreitung auf verschiedene Kulturströmungen zurückgeht. Ein
ganz eindeutiges Bild bieten in dieser Fiinsicht die auf Xipe deutenden Dar-
stellungen, die gleichviel, ob Statuetten oder Masken, stets der Typengruppe
D 2-K entsprechen und überall dort gefunden wurden, wo diese Typen vor-
herrschen, also vor allem auch in der subtropischen Zone zu Füßen des Popoca-
tepetl. Bei den auf den Fetten Gott weisenden Darstellungen überwiegen hin-
gegen Stilzüge, die Einflüsse aus dem Süden Mesoamerikas erkennen lassen, wo
in der Tat zahlreiche frühe Spuren der Gottheit zu finden sind. Der Affe
wiederum scheint damals schon in ungewöhnlich abwechslungsreicher Gestal-
tung seinen Platz in der Mythologie der verschiedenen Frühkulturen eingenom-
men zu haben. Die Bedeutung der verschiedentlich festgestellten olmekischen
Einflüsse wiederum läßt sich wohl am besten beurteilen, wenn man von den
beiden stilmäßig scharf ausgeprägten Grundlinien ausgeht, die sich in der olme-
kischen Kunst durchgehend abzeichnen. Der einen entsprechen die naturalistisch
gestalteten Rundplastiken aus Stein und Ton, gekennzeichnet durch großzügige
und klare Formen. Es ist die Linie, die auf die verhältnismäßig bescheidenere
Kunst der keramischen Frühkulturen zuführt und in deren Richtung bezeich-
nenderweise auch die in unserem Zusammenhang erwähnten olmekischen Ton-
bildwerke liegen. Dagegen finden sich auch in ikonographischer Beziehung so
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
261
gut wie keine Berührungspunkte mit jener anderen Linie, die etwa in den
menschliche und tierische Züge mischenden Masken zum Vorschein kommt oder
besonders auch in den linear stilisierten Kombinationen von Symbolen und
Einzelmotiven, ausgesprochen und ausschließlich olmekischen Gebilden, deren
mythologischer Sinn erst zu einem kleinen Teil entschlüsselt ist. Auch in diesem
Fall bilden die mit einer Reihe solcher Bildzeichen geschmückten Töpfereien aus
Tlatilco, Tlapacoya usw. ein ebenso anschauliches wie reichhaltiges ikono-
graphisches Studienmaterial, das besonders über olmekische Götterdarstellungen
wichtigste Aufschlüsse vermittelt. Seite an Seite mit den „Vorläufern“ auf-
tretend, sind diese Darstellungen in Form und Vorstellung gänzlich verschieden.
Das in Abb. 40 gezeigte Profil mit der ungewöhnlich realistisch ausgeführten
Maske ist insofern eine Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Zum Schluß bleibt eines festzuhalten, sucht man den Platz zu bestimmen,
den die „Vorläufer“ in dem mehrschichtigen Kulturgefüge einnehmen, dem sie
als unbestreitbar originelle Gruppe angehören: sie bilden nur einen kleinen
Bruchteil der figürlichen Keramiken ihrer jeweiligen Kulturen — einen ver-
schwingend geringen, soweit die Zacatenco-Kultur in Betracht kommt, einen
etwas ansehnlicheren im Fall Tlatilco. Aber auch dort sind die unbekleideten
weiblichen Statuetten immer und überall weit in der Überzahl. Zweifellos
knüpfen sich auch an diese ikonographisch sehr viel weniger differenzierten
Figuren religiöse Vorstellungen und Riten, von denen in diesem Zusammenhang
lediglich gesagt sei, daß sie den Menschen der keramischen Frühkulturen beson-
ders vertraut gewesen sein mußten. Ihre massenhafte Verbreitung, die dafür
spricht, hält gerade in Zentralmexiko bis ins späte Präklassikum an, dann
jedoch verschwinden sie völlig. Ihr Verschwinden deutet auf tiefgehende Um-
wälzungen sowohl in religiöser Beziehung — zu erwähnen ist hier auch das
Verschwinden der für das Präklassikum sehr typischen doppelköpfigen Figu-
ren — wie auch in kultureller Hinsicht — weibliche Statuetten sind zumal in
Teotihuacan von nun an voll bekleidet. Andererseits finden sich, beginnend mit
der klassischen Periode, zunehmend weibliche Figuren, die allem Anschein nach
ikonographisch differenzierte Gottheiten darstellen und damit auch über die
von den „Vorläufern“ repräsentierten Entwicklungsstufe hinausführen.
262
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
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1934 Excavations at Gualuplta.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
265
Abb. 4. Aus Las Bocas.
Höhe 22 cm. Privatslg.
Abb. 3. Aus Tlatilco. Höhe 15,5 cm.
Museo Nacional, México D.F.
266
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Abb. 5.
Rechts Fragment aus Teotihuacan.
Höhe 6 cm. Links Fragment aus
Tlatilco. Höhe 5,5 cm. Privatslg.
Abb. 6. Nach einer Zeichnung von
Miguel Covarrubias in Caso 1953, S. 43.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
267
Abb. 9. Aus Santa Cruz, Morelos.
Höhe 20 cm. Privatslg.
Abb. 10. Aus Santa Cruz, Morelos.
Höhe 23 cm. Privatslg.
17'
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
269
Abb. 14. Peripherie von
Tlatilco (Urbina). Höhe 4 cm.
Abb. 15. Aus Tlatilco.
Höhe 11 cm. Privatslg.
Abb. 16. Aus Tlatilco.
Höhe 23 cm. Privatslg.
270
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Abb. 17. Aus Tlatilco. Höhe 9 cm.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
271
Abb. 18. Aus Tlatilco.
Höhe 26 cm. Privatslg.
Abb. 19. Aus Texcoco. Höhe 13,7 cm.
Museo Nacional, Mexico, D.F.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
273
Abb. 22. Peripherie von Tlatilco (Urbina).
Höhe 5,8 cm. Privatslg.
Abb. 23. Aus Tlatilco.
Höhe 12 cm. Privatslg.
Abb. 24. Aus Tlatilco.
Höhe 11,5 cm. Privatslg.
Abb. 25. Aus Cuicuilco.
Museo Nacional, Mexico, D.F.
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Abb. 28. Aus Tlatilco.
Höhe 10 cm. Privatslg.
Abb. 26. Aus Tlapacoya.
Höhe 11 cm. Privatslg.
Feudi twanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Abb. 32. Aus Tlatilco. Höhe 5 cm. Privatslg.
Abb. 33. Aus Tlatilco. Höhe 26 cm. Privatslg.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
277
Abb. 34. Aus Tlatilco.
Höhe 5,5 cm. Privatslg.
Abb. 35. Peripherie von Tlatilco (Urbina).
Höhe 6 cm. Privatslg.
Abb. 36. Obere Reihe aus Tlatilco; untere Reihe aus Tlapacoya.
Köpfe zwischen 3 und 8 cm hoch.
278
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Abb. 37 a. Steinskulptur im Museo Nacional,
Mexico, D.F. Höhe 39 cm.
Abb. 37 b. Nach postklassischen Ehecatl-Masken auf aztekischem Steinrelief (links)
und in Bilderhandschriften (C. Magliabechiano bzw. Borbonicus)
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
279
Abb. 38. Aus Tlapacoya.
Höhe 6 cm. Privatslg.
Abb. 39. Aus Tlapacoya.
Höhe 6,5 cm. Privatslg.
Abb. 40. Original etwa 15 cm hoch.
280
Feuchtwanger, Mesoamerikanische Gottheiten
Abb. 41. Aus Tlatilco.
Höhe 17 cm. Privatslg.
Abb. 42. Aus Tlatilco.
Höhe 19 cm. Privatslg.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
281
DARSTELLUNG VON KAMPFSZENEN DES
1 8. JAHRHUNDERTS IN CHINAS RANDGEBIETEN
AM BEISPIEL TAIWANS
PETER THIELE, Berlin
1. Einführung
Die Abteilung Ostasien des Museums für Völkerkunde Berlin verfügt in
ihren Sammlungsbeständen über 24 Originalkupferplatten und deren Abdrucke
von Schlachten- und Kampfszenen aus der Eroberung chinesischer Grenzbereiche
im 18. Jahrhundert durch Truppen des Mandschu-Kaisers Ch’ien-lung (1736 bis
1796). Diese Sammlungsobjekte gehören zu einem umfassenderen Bestand ähn-
licher Platten in anderen europäischen Museen, vor allem im Musée Guimet
Paris. Hier erschien unter dem Titel „Gravures des Conquêtes de L’Empereur
de Chine K’ien-long au Musée Guimet“ 1969 ein Katalog von Michèle Piraz-
zoli-T’Serstevens, in dem 16 Drucke ähnlicher Form und Darstellung wie im
Berliner Völkerkundemuseum behandelt werden.
2. Herkunft der Kupferplatten
Die Berliner Kupferplatten wurden am 18.7.1911 durch den damaligen
Leiter der Ostasien-Abteilung, Prof. Müller, angekauft. Nach den Archivunter-
lagen stammen sie aus dem Besitz A. Goebel in Hellinghausen. A. Goebel bot
sie dem Auktionshaus M. Heberle/H. Lemperts’ Söhne in Köln an, durch das
sie schließlich in den Besitz des Museums für Völkerkunde gelangten. Interes-
sant wäre es, die weitere Provenienz der Platten zu verfolgen, deren Entstehung
und historische Hintergründe ein bezeichnendes Licht auf die Eroberungspolitik
der Mandschu- oder Ch’ing-Dynastie in China werfen. Es ist der Nachweis der
Platten bis nach Mukden in der damaligen Mandschurei gelungen, aber davor
leider nur zu vermuten, woher die Objekte stammen bzw. wie sie in den Besitz
der Familie Goebel gelangten. Entweder wurden sie um 1900 während des
Boxeraufstandes direkt aus dem Pekinger Kaiserpalast nach Europa gebracht,
oder sie befanden sich bereits in Frankreich und wurden von dort nach Deutsch-
land transferiert. Für die Geschichte Chinas im 18. Jahrhundert stellen sie jeden-
falls einen hohen Dokumentationswert sowohl hinsichtlich ihrer Darstellungs-
weise als auch wegen der eingravierten Begleittexte dar, die ausnahmslos in
K’ai-shu-Schriftzeichen, also in chinesischen Charakteren, gearbeitet sind. Aus
18 Baessler-Archiv XXVI
282
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
den 34 Platten sollen hier nur zwei Exemplare (ID 31 748 Kupferplatte/ID
32 501 Abdruck 93 X 58 cm und ID 31 749 Kupferplatte/ID 32 502 Abdruck
95 X 58,5 cm) behandelt werden. Die übrigen 32 Kupferplatten und deren
Abdrucke werden später in einem Katalog erscheinen. Sämtliche Platten sind
im Jahre 1976 restauratorisch überholt worden. Von ihnen wurde jeweils ein
Abdruck hergestellt. Der vorliegende Artikel ist in vieler Hinsicht eine Ergän-
zung zu den Pariser „Gravures“ des Musée Guimet, wo zwar die beiden hier
zu behandelnden Plattendarstellungen abgebildet, aber weder übersetzt noch
kommentiert sind1.
Die Formosa- oder Taiwan-Serie umfaßt nach den Angaben Pirazzoli-
T’Serstevens zwölf Platten, von denen die beiden vorliegenden Originale
Bestandteil der Berliner Sammlung sind.
Les gravures relatant la campagne de Formose (1786—1787) sont au
nombre de douze. Les poèmes qui les accompagnent datent de 1789,
l’ensemble parut en 1789—90. Deux artistes de la cour, Kia Ts’inan (chines.
Name mit chinesischen Schriftzeichen, d. V.) et Li Ming (chines. Name mit
chinesischen Schriftzeichen, d. V.) ont dessiné les esquisses pour cette série2.
3. Ursprung des chinesischen Kupferstichs
Dem Inhalt und der Form nach wurzeln diese Kupferplatten und Abdrucke
in Arbeiten einer deutschen Künstlerfamilie des 17. und 18. Jahrhunderts, auf
die hier kurz eingegangen sei. Georg Philipp Rugendas (1666—1742) aus Augs-
burg war Maler, Kupferstecher und Kunstverleger, der sich bereits als Junge
mit der Kupferstichtechnik in seiner väterlichen Uhrmacherwerkstatt beschäf-
tigte. Er besuchte Wien, Rom und Venedig, wo er Maltechniken studierte, die
er besonders bei seinen ersten Schlachten- und Lagerdarstellungen anwandte.
Später übertrug er die Motive auf Kupferplatten, bei denen er Stich- und
Schabtechniken ausführte. Seine ersten Schlachtenbilder erfand er selbst, sie
entsprangen seiner eigenen Phantasie, wurden aber durch italienische Meister
auf diesem Gebiet stark beeinflußt. Seit 1700 nahm Rugendas zeitgenössische
historische Motive als Vorlagen, wobei Szenen aus dem Spanischen Erbfolge-
krieg, hier besonders die Belagerung seiner Heimatstadt im Jahre 1703, über-
wogen. Bei den späteren Darstellungen wirkte sich ein gewisser niederländischer
Einfluß auf die Kupferstiche hinsichtlich der Motive aus. Von diesen druck-
graphischen Arbeiten über Jagden, Lagern, Plünderungen und Schlachten mußte
1 Pirazzoli-T’Serstevens, Michele: Gravures des Conquêtes de L’Empereur de Chine
K’ien-Long au Musée Guimet. Paris 1969. S. 44, 46.
2 Ebenda, S. 43.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
283
der chinesische Kaiser wohl durch die am Ch’ing-Hofe zu Peking tätigen Künst-
ler aus Italien, Frankreich und Deutschland, den Jesuitenpatres also, Kunde
und vor allem Originalstiche aus Europa erhalten haben, die ihn dazu bewogen,
Drucke in ähnlicher Form aus seiner Zeit und vor allem aus seinen eigenen
Eroberungszügen in Auftrag zu geben.
Zwei weitere Beeinflussungen des chinesischen Kaisers Ch’ien-lung lassen sich
über die Familie des Georg Philipp Rugendas nachweisen. Georg Philipp II
(1701—1774) war ebenso wie sein Vater als Maler und Kupferstecher tätig,
malte zunächst jedoch überwiegend Tierbilder, bis er zu Soldatenthemen über-
ging und schließlich sogar Themenvorlagen des Vaters in Schab- und Stech-
technik übernahm bzw. ausführte. Auch der Enkel des ersten Georg Philipp
Rugendas, Jeremias Gottlob (1710—1772), befaßte sich mit den gleichen Kunst-
handwerkstechniken wie sein Vater und Großvater. Er stellte vor allem Szenen
aus dem Siebenjährigen Krieg nach Vorlagen des berühmten D. Chodowiecki
dar, die möglicherweise den chinesischen Kaiser wegen der modernen Waffen-
technik und Strategie beeinflußt haben. Es scheint hier ferner über die damals
in Peking bekannten europäischen Künstler eine Art Wechselwirkung vorzu-
liegen, da neben den kriegerischen Darstellungen („Das Spiel des Krieges 1756“,
„Regiones bello presente depressae 1756“ und „Gespräch zwischen den sechs
kriegenden Nationen 1757“) von Johann Georg Lorenz Rugendas, einem wei-
teren Enkel des Georg Philipp I, auch chinoise Genreszenen überliefert sind.
Dieser wechselseitigen Beeinflussung sind jedenfalls die hier liegenden Kupfer-
platten und Abdrucke aus China u. a. mit zu verdanken.
Am kaiserlichen Flofe Ch’ien-lungs (besser: der Ära Ch’ien-lung, da es sich
hier um dynastische, nicht Familiennamen handelt) waren im 18. Jahrhundert
vier europäische Missionare tätig, die neben ihren seelsorgenschen Aufgaben
hauptsächlich als Berater in künstlerischen Dingen fungierten. Von ihnen wur-
den die meisten Kupferplatten und -Stiche über die Eroberungszüge des Ch'ien-
lung sowie Porträts unterworfener Fürsten3 aus den Randgebieten des chine-
sischen Reiches angefertigt bzw. unter deren Leitung ausgeführt. Pater Giuseppe
Castiglione (1688—1766) stammte aus Italien, Pater Jean-Denis Attiret (1702
bis 1768) und Pater Jean Damascene (gest. 1781) aus Frankreich sowie Pater
3 Die Abteilung Ostasien des Museums für Völkerkunde Berlin verfügt über ent-
sprechende Porträts, die unter dem Titel: Veit, Veronika (Bonn), „Die in Deutsch-
land befindlichen Porträts der von Ch’ienlung 1954—55 unterworfenen Ölöten-
fürsten“, Wiesbaden 1970, in den Zentralasiatischen Studien, Band 4, bereits publi-
ziert worden sind.
18'
284
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
Ignatius Sichelhart (Sickeipart) (1708—1780) aus Deutschland. Alle Patres
hatten — wie das noch heute in China üblich ist — einen sinisierten Namen,
unter dem sie bei Chinesen bekannt waren bzw. sind. Für nichteingeweihte
Ausländer ist es oft schwierig, Werke von Europäern mit chinesischen Namen
auch als europäische Arbeiten zu identifizieren. So heißen: 1. Giuseppe Castig-
lione mit seinem chinesischen Namen Lang Che-ming, 2. Jean-Denis Attiret mit
seinem chinesischen Namen Wang Tche-tch’eng oder Pa Teni (— Pater Denis),
3. Jean Damascene mit seinen beiden chinesischen Namen Ngan T’ai oder Ngan
Jouo-wang, 4. J. Sichelbart mit seinem chinesischen Namen Ngai K’i-mong.
Um die Entstehung der Kupferplatten, die verwendeten Techniken und die
dargestellten Motive zu verstehen, sei in Anlehnung an die Ausführungen
Pirazzoli-T’Serstevens4 der Werdegang der am chinesischen Kaiserhof im
18. Jahrhundert tätigen europäischen Künstler nachvollzogen.
4. Italienischer Jesuiten-Einfluß
Giuseppe Castiglione aus Mailand trat 1707 dem Jesuitenorden bei und
wurde 1714 über Portugal nach China geschickt. Im Juli 1715 landete er in
Macao, fuhr nach Kanton weiter und erreichte am Jahresende Peking. Hier
wurde er am Kaiserhof eingeführt und diente fortan als künstlerischer Berater,
wobei er offiziell beauftragt war, die Ölmalerei in China einzuführen. Bis da-
hin kannte man nur die Tusche-5, also Wasserfarbenmalerei. Castiglione freun-
dete sich nach Ankunft des Paters Jean-Denis Attiret 1739 mit diesem an, und
gemeinsam versuchten sie, europäische Maltechniken in China zu propagieren.
Hierzu erläutert der französische Kunsthistoriker und Asienkenner Paleologue,
wiedergegeben bei E. Haenisch, folgendes:
Die Jesuitenpatres Castiglione und Attiret hatten um die Mitte des
18. Jahrhunderts versucht, am chinesischen Kaiserhof die europäische Mal-
weise einzubürgern. Als Künstler vom Kaiser Kienlung geschätzt und
begünstigt, erfreuten sie sich häufiger Aufträge und hatten eine ganze
Reihe von Bildnissen der Majestät selbst sowie der bedeutendsten Generäle
und Minister hergestellt, die zur Ausschmückung des Sommerpalastes ver-
wandt wurden. Allmählich aber hatte der Kaiser seinen Gefallen an der
fremden Malerei verloren und die Künstler gezwungen, ihrer Eigenart zu
entsagen und sich mehr und mehr der chinesischen Geschmacksrichtung
4 Pirazzoli-T’Serstevens, M.: S. 13 ff.
5 Vgl. hierzu Franke, Herbert: Kulturgeschichtliches über die chinesische Tusche.
München 1962 (Bayer. Akad. der Wiss. Phil.-Histor. Klasse, Abhandl. NF, Heft 54).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
285
anzupassen. Nach diesem Fehlschlage gedachten die Künstler, es mit dem
in China unbekannten Kupferstich zu versuchen. Anläßlich der Eroberung
der Dsungarei in den Jahren 1755—1760 fertigten sie, zur Verherrlichung
der kaiserlichen Kriegstaten, eine Reihe von 16 Kupferplatten mit Dar-
stellungen der wichtigsten Feldzugsbegebenheiten an, die in Frankreich
abgezogen wurden (wie unten zu sehen, ist diese Angabe nicht zutreffend).
Die Abzüge, die man danach in China von den Platten nahm, fielen aber
sehr unglücklich aus, und später ist das Verfahren dann wieder in Ver-
sessenheit geraten, bis auf ein unabhängiges Unternehmen des Kantonesen
Lan Kua in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts6.
In den Berichten Paléologues liegen verschiedene Widersprüche vor. Nach
Jüngsten Erkenntnissen hatte Castiglione bereits 1732 mit einigen chinesischen
Gehilfen in Peking Kupferplatten hergestellt und entsprechende Abzüge mit
Ansichten der Anlagen und Gebäude des Pekinger Sommerpalastes Yuan-ming-
vuan im Nordwesten der Stadt geliefert. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß
die chinesischen Assistenten Castigliones, Chen Yuan, T’ang Tai und Souen Yu
die Techniken des Kupferstichs weitergeführt, wenn nicht gar ausgebaut haben.
Bei diesen liegt nämlich auch der Ursprung der Taiwan-Ansichten, die nicht
mehr von europäischen, sondern schon von chinesischen Kupferstechern ange-
fertivt worden sind. Castiglione selbst, der das Vertrauen des Kaisers genoß,
wurde von ihm 1747 zum Architekten für seine Sommerpalastanlagen im euro-
päischen Baustil ernannt. Gleichzeitig zu dieser Tätipkelt nahm Castiglione von
1765 an für ca. fünf Jahre die Kupferstichtätigkeit über die Darstellungen der
zentralasiatischen Feldzüge des Ch’ien-lung wahr, die von Erich Fiaenisch und
Paul Pelh’ot7 beschrieben wurden, wobei sich Pelliot bereits 1921, also zehn
fahre nach dem hiesigen Ankauf der Kupferplatten, auf die Berliner Sammlung
bezieht;
„ ... la campagne même était de 1775. Quelques unes des nlaques de
cuivre de la série du Kin-tch’ouan ont été acquises vers 1910 par le
Museum für Völkerkunde de Berlin (cf. aussi Münsterberg, Chinesische
Kunstgeschichte, II, 370), et un tirage de l’une de ces planches est reproduit
■ \V' -, '• vv - V' \ V '.\1V ' ■>
6 Hänisch, Erich: „Der chinesische Feldzug in Ili im Jahre 1755 (mit zwei zeitgenössi-
schen französischen Kupferstichen).“ In: Ostasiatische Zeitschrift. 7. Jg., Berlin
1918/19.
7 Pelliot, Paul: „Les ,Conquêtes' de l’Empereur de la China.“ In: T’oung Pao ou
archive concernant l’histoire, les langues, la géographie et l’ethnographie de l’Asie
orientale. Vol. XX, Leiden 1921, S. 185—274.
286
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
dans A. Tafel, Meine Tibetreise, II (1914), pl. LI; elle ne paraît s’identi-
fier à aucune des 12 planches décrites dans le T’ien yi ko chou mou.“8
Der Ankauf erfolgte nicht nach ,vers 1910C, sondern genau am 18. Juli 19119.
Offensichtlich sind damals dem französischen Verfasser nicht alle 34 Platten
bekanntgegeben worden, da er in seiner Arbeit immer nur knapp ein Drittel
des tatsächlichen Bestandes erwähnt.
Vom Jesuitenkünstler Jean Damascene, einem römischen Priester aus Frank-
reich, ist bekannt, daß er zum Bischof von Peking avancierte, wenig chinesisch
sprach und in seinen künstlerischen Arbeiten keine hohe Qualifikation erzielte.
5. Französischer Jesuiten-Einfluß
Der französische Einfluß hinsichtlich der Malerei und des Kupferstichs am
chinesischen Kaiserhof wurde durch den Jesuitenpater Jean-Denis Attirer pro-
pagiert. Attirer wurde 1702 in Dole als Sohn eines Malers geboren, trat 1735
dem Jesuitenorden bei und wurde 1737 auf Ersuchen der Missionare in Peking
als Assistent Castigliones nach China geschickt. Er erreichte im Frühjahr 1739
Peking und führte sich beim Hof dadurch ein, daß er dem Kaiser ein Bild mit
der Anbetung der Könige überreichte. Nach den überlieferten Angaben soll der
Kaiser hocherfreut über dieses Geschenk gewesen sein, dem Maler aber zu ver-
stehen gegeben haben, daß er fortan seine Bilder nicht mehr in öl, sondern
ausschließlich in Wasserfarben nach chinesischer Tradition zu malen hätte.
Offensichtlich hielt sich Attiret nicht immer an dieses Gebot, da die Porträts
der von Ch’ien-lung unterworfenen westmongolischen Derbet-Fürsten in der
Berliner Sammlung in reinster Ölfarbe gehalten sind. Da ein großer Teil der
Arbeiten Attirets beim großen Brand des Pekinger Sommerpalastes 1860 ver-
lorengegangen ist, zählen die hiesigen Ölporträts und die von ihm beeinflußten,
aber von anderen Meistern (Le Bas, F. D. Née, A. de St. Aubin u. a.) herge-
stellten bzw. gravierten Kupferplatten im Berliner Völkerkundemuseum zu den
Raritäten der Sammlung. Nachdem Attiret in Jehol die zu Vasallen gemachten
24 Mongolenfürsten in öl porträtiert hatte, lehnte er weitere Mal- und Kupfer-
stichaufträge und Ehrungen durch den Mandschu-Kaiser ab.
6. Deutscher Jesuiten-Einfluß
Pater Ignatius Sichelbart, in Neudeck/Böhmen geboren, wurde 1736 Jesuiten-
novize und reiste schon neun Jahre später nach China, wo er den eigenen
8 Ebenda, S. 242.
9 Archiv des Museums für Völkerkunde Berlin.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
287
Anlagen und Fähigkeiten entsprechend unter Castiglione am Pekinger Kaiser-
hof seine Mal- und Kupferstichstudien vervollkommnete. Er spezialisierte sich
auf Tier- und Blumenmotive und genoß beim chinesischen Kaiser durch seine
exzellenten Malkünste höchstes Ansehen. Seine Arbeiten wurden selbst unter
Chinesen hoch gehandelt.
Wie kommt es nun zu Kupferstichen gerade mit kriegerischen Themen und
den Kampfszenen aus Formosa bzw. Taiwan? Welche historischen Beweggründe
haben zu dieser eigentlich nichtchinesischen Form der geschichtlichen Dokumen-
tation geführt, denn als solche ist sie zumindest hinsichtlich ihrer Aussagekraft
anzusehen. Um diese Frage zu beantworten, sei im folgenden auf die geogra-
phische Beschreibung, die ethnische und historische Entwicklung dieser Insel
eingegangen. Für jedes festlandchinesische Kaiserhaus mußte Taiwan ein strate-
gisch wichtiges Verbindungsglied zwischen den Philippinen und Japan sein. Die
Insel, von den Portugiesen Ilha Formosa, die „schöne Insel“ genannt, war
gleichzeitig auch ein notwendiger Stützpunkt für die frühen europäischen Kolo-
nialmächte Portugal, Spanien und Holland für deren Seewege nach Ostasien.
7. Geographische Kurzbeschreibung Taiwans
Die Insel gehört geomorphologisch als Bindeglied zu den vom Beringmeer
über Kamtschatka, die Kurilen, Japan und die Riu-kiu-Inseln (Ryu-kyu, Liu-
chiu, Lyu-chyu) nach Süden sich ziehenden Inselgruppen. Im Süden wird diese
Kette von dem philippinischen Archipel fortgesetzt. Taiwan (wörtlich übersetzt:
,die große Terrassenbucht4) bildet den flächenmäßig umfangreichsten Brücken-
schlag zwischen Japan und den Philippinen. Die Insel liegt zwischen dem 21°
und 25° nördlicher Breite und dem 121° und 120° östlicher Länge, d. h. im
Bereich des nördlichen Wendekreises des Krebses. Vom chinesischen Festland
liegt die kleinste chinesische Provinz (35 750 qkm) nur 200 km entfernt. Die
Insel wird von einem teilweise vulkanischen Zentralgebirge mit Alluvialgestein,
Sedimenten und kristallinen Felsen in einer Gratlänge von 270 km und einer
Ausdehnung von 80 km durchzogen. Die überwiegend bewaldeten, bis zu knapp
4000 m hohen Berge bildeten von jeher ideale Schlupfwinkel für Piraten, poli-
tische Flüchtlinge und ethnische Rückzugsgruppen.
Die Eroberung der Insel durch Portugiesen, Holländer und Chinesen erfolgte
von der Westküste, vom terrassierten Tafelland her. Das ozeanische, sub-
tropische Klima im Norden und das tropische im Süden begünstigen den Anbau
288
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
von Reis, Zuckerrohr, Ananas und Bananen. Diese Früchte und deren Anbau
werden in den Kupferstichen erwähnt.
8. Die ethnische Entwicklung Taiwans
Die Ureinwohner der Insel zählen zu den Protomalaien. Sie sind also mit
jenen in Indonesien und den Philippinen verwandt, die heute in Rückzugs-
gebieten leben. Es sind neun Stämme, die Taiwan besiedelten und die jetzt
weitgehend akkulturiert bzw. sinisiert sind; 1. Atayal (im NO). 2. Saisiat
(im NW). 3. Bunun (im zentralen Bergland). 4. Tsou (im W). 5. Ami (im O).
6. Rukai (im südlichen Bergland). 7. Puyuma (im SW). 8. Paiwan (im S).
9. Yami (auf der Insel Lan-hsü oder Botel Tobago). Diese Bewohner wurden
im Laufe der Geschichte langsam aber sicher von den Chinesen, Portugiesen,
Flolländern und dann wieder von den Chinesen in das Landesinnere abgedrängt
oder der starken chinesischen Kultur angeglichen. Der Akkulturationsprozeß,
der sich hier im Laufe der vergangenen drei Jahrhunderte abgespielt hat, führte
u. a. zu den Kampfhandlungen, die in unseren Kupferstichen aus dem 18. Jahr-
hundert dargestellt sind. Von den heute in Taiwan lebenden 16 Milk Bewoh-
nern zählen 10 % zu den die politische Macht ausübenden Lestlandchinesen, die
nach 1945/49 auf die Insel kamen, 86% zu den Taiwan-Chinesen (Taiwanesen),
die überwiegend im Laufe des 18./19. Jahrhunderts die Insel von Südchina aus
besiedelt hatten, und nur 4 % zu den ehemaligen protomalaiischen Bewohnern,
von denen der größte Teil bereits aus Mischlingen besteht.
9. Historische Entwicklung in Taiwan
Die Insel war den Festlandchinesen bereits im Altertum bekannt. Um die
Zeitenwende taucht in chinesischen Annalen der Name I-chou (I-chow) für
Taiwan auf, was soviel wie „Barbaren-Insel“ heißt. Es ist aufschlußreich, daß
eine „Geschichte“ Taiwans immer mit einem Zug der chinesischen Geschichte in
Verbindung gebracht wird, obwohl ursprünglich die Insel überhaupt nicht zum
chinesischen, sondern zum malaiischen Kulturbereich gehört. Es müssen daher
immer zwei historische Abläufe bzw. Entwicklungen im Auge behalten werden,
nämlich die, welche mit dem chinesischen Einfluß durch Zuwanderung, kultu-
relle Überlagerung und Einnahme der Insel im 17. Jahrhundert im Zusammen-
hang steht, und jene der „ungeschriebenen“ Geschichte der einheimischen Bevöl-
kerung. Eine Form der historischen Dokumentation kann die der graphischen
bzw. bildlichen Darstellung mit begleitendem Text sein, wie sie in den Kupfer-
stichen vorliegt.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
289
Obwohl indivduelle Kontakte immer bestanden haben mögen zwischen den
Festlandchinesen und den Ureinwohnern Taiwans, kann von einer planmäßigen
Besiedelung der Inseln durch die Chinesen erst während der Mandschu- oder
Ch’ing-Dynastie (1644—1912) gesprochen werden. Handelskontakte dagegen
wurden, wie Ts’to Yung-ho10 nachwies, sogar regelmäßig schon vom 12. Jahr-
hundert zwischen Chinesen und malaiischen Ureinwohnern Taiwans gepflegt.
Die Insel bot sich als idealer Umschlagplatz für chinesische und japanische
Schmuggler und Piraten an, als der Gewürzhandel im Mittelalter stark anwuchs
und europäische Seefahrer bis in diesen Raum vorstießen. Bei derartigen ille-
galen Aktivitäten ließ es sich auch nicht vermeiden, daß sich Chinesen auf der
Insel ansiedelten, die Schmuggelwarendepots verwalteten und allmählich auch
das fruchtbare Land der westlichen Küstenstriche unter ihren Pflug nahmen.
Es liegen Berichte vor, daß am Ende des 17. Jahrhunderts chinesische Siedler
die Einheimischen immer mehr ins Landesinnere abdrängten. Ein schwungvoller
Handel mit Fellen und Horn setzte nach Japan ein. Im Zuge dieses Handels
ließen sich auch japanische Kaufleute in Taiwan nieder, die jedoch ohne bevöl-
kerungspolitischen Einfluß geblieben sind. Vom Ende des 14. Jahrhunderts bis
in das erste Viertel des 17. Jahrhunderts verfügten die Mingkaiser (1368—1644)
ein allgemeines Auswanderungsverbot nach Taiwan. Es wurden sogar chine-
sische Siedler von den Penghu-Inseln im Jahre 1387 auf das Festland zurück-
beordert, um auf den Pescadores einen Flottenstützpunkt zu errichten, der
gegen japanische Piraten zielte. Trotz des Aus- bzw. Einwanderungsverbotes
nach Taiwan brachten es viele Chinesen fertig, sich in Formosa anzusiedeln.
Vielleicht gerade wegen des Verbotes war die Insel um so verlockender.
Als die Flolländer 1624 auf Formosa landeten, um für ihre Dutch East India
Company einen Stützpunkt zu errichten, sollen sie ca 25 000—30 000 dort
ansässige Chinesen vorgefunden haben. Viele von ihnen betrieben einen blühen-
den Handel mit der einheimischen Bevölkerung, einige hatten sich bereits
malaiische Frauen genommen. Die vielen noch heute in der Taiwan-Straße
liegenden Schiffswracks alter Handelscompagnien zeugen von der Bedeutung
der Schiffahrtswege um Taiwan sowohl für die Piraterie als auch für den
Handelsverkehr. J. Davidson11 gibt z. B. an, daß allein in den Jahren 1850
bis 1895 in den Gewässern um Taiwan 190 ausländische Schiffe gestrandet
seien, von denen noch nicht alle geborgen sind. Die Heftigkeit und Schwierig-
keit der Taiwan-Passage und der Philippinen-See wird auch an anderen Stellen
10 Ts’to Yung-ho: East Asian Cultural Studies. Vol. VI, 1—4, Tokyo 1967.
11 Davidson, James: The Island of Formosa. Historical view from 1430 to 1900.
New York 1903, S. 180, 216, 256.
290
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
bezeugt. Selbst aus dem Südseeraum sind Insulaner mit ihren Fischfangbooten
bis nach Taiwan verschlagen worden, wie man bei Davidson nachlesen kann.
So berichtet er z. B. von einer Gruppe von drei Auslegerbooten, die im Mai
1874 in der Nähe von Keelung an Land gekommen seien, völlig erschöpft und
ausgehungert. Es stellte sich heraus, daß sie ca. 2400 km gesegelt und über die
Karolinen kommend bis nach Taiwan abgetrieben waren.
Nach Ferrell12 sollten Ethnologen nicht vergessen, auch Kultureinflüsse zu
registrieren, die z. B. auf derartige Zufallsfahrten zurückzuführen sind.
Mit dem Ende der Ming-Dynastie 1644, ausgelöst durch den Druck tungu-
sischer Völker im Norden Chinas, wurden zunächst für Taiwan die Einwande-
rungsverbote aufgehoben. Mit der Übernahme der Macht im chinesischen Reich
durch die Mandschus setzte eine Wanderungsbewegung von Nord- nach Süd-
china ein, wobei auch Taiwan miteinbezogen war. Nach Angaben chinesischer
Historiker sollen im 17. Jahrhundert über 100 000 Chinesen in Taiwan gelan-
det sein. Seither wird auch der Name „Taiwan“ verwendet. Die Chinesen
benutzten diese Bezeichnung in der Folgezeit nur im Gegensatz zu den Euro-
päern, die noch heute Taiwan als Formosa bezeichnen. Mit dem Eindringen so
vieler Menschen mußten sich zwangsläufig die Einheimischen von den Küsten-
regionen in das Landesinnere zurückziehen. Sie wanderten in unwegsame und
schwer zugängliche Gegenden ab und fristeten ihr Dasein als „Rückzugsgrup-
pen“. Mit dem Jahre 1624, der Ankunft von Vertretern der Durch East India
Company, begann die Phase der kolonialen Auseinandersetzung europäischer
Mächte um die Insel. Die Holländer, die im südostasiatischen Raum durch ein-
träglichen Handel mit Gewürzen stark expandierten, herrschten in Taiwan von
1624—1661, bis zu dem Zeitpunkt, als die Chinesen die lästigen Europäer aus
ihrem Inselreich vertrieben. Maßgeblich an dieser Austreibung war der berühmte
Seeräuber und chinesische Feldherr — Sohn eines chinesischen Vaters und einer
japanischen Mutter — Cheng Cheng-kung oder Koxinga, wie er im Westen
allgemein genannt wird, beteiligt. Aber vorher, zwei Jahre nach dem Eintreffen
der Holländer, hatten auch Spanier auf der Insel Fuß gefaßt, gab es noch eine
harte Auseinandersetzung zwischen den beiden europäischen Kolonialkonkur-
renten, aus der schließlich die Holländer als Sieger hervorgingen. Die spanischen
Siedler und Händler mußten nach nur ISjährigem Aufenthalt die Insel Taiwan
wieder verlassen.
Koxinga nahm Taiwan nicht nur als Zufluchtsstätte vor den einrückenden
Mandschus, sondern die Insel wurde auch eine Hochburg der Ming-Kultur.
12 Ferrell, J.: Taiwan Aboriginese Groups . . . Taipei 1969, S. 15.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
291
Noch heute finden sich sehr viele Mingobjekte wie Vasen, Kultgerät und Bdder
aus jener Zeit. Taiwan nahm so viele Flüchtlinge auf, daß die Chinesen bald
die Mehrheit in der Bevölkerung bildeten. Im Jahre 1683 wurde Taiwan dann
doch von den Mandschus erobert und zu einer Präfektur der Provinz Fukien
erklärt.
Vor diesem allgemeinen historischen Hintergrund ist es nur zu verständlich,
daß es auch im 18. Jahrhundert, also während der Ära des Kaisers Ch’ien-lung,
zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Chinesen, die bereits auf Taiwan
siedelten, protomalaiischen Restgruppen, die hier in Agonie lagen, und Regie-
rungstruppen des Ch’ing-Kaisers kam. Die vorliegenden beiden Kupferstiche
geben davon ein beredtes Zeugnis, wobei aus Mandschusicht die Aufständischen
und Rebellen als „Banditen“ bezeichnet wurden. Durch die bildlichen Darstel-
lungen und die begleitenden Texte sollten im Pekinger Sommerpalast die sieg-
reichen Feldzüge und Eroberungskampagnen Ch’ien-lungs bzw. seiner Generäle
aus dem fernen Süden einer breiteren Führungsschicht deutlich vor Augen
geführt werden.
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Abb. 1. Kampfszene bei Tou-Iiu-men in Mitteltaiwan.
(ID 32 501 Bild — ID 31 749 Kupferplatte)
292 Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
293
10. Bildbeschreibungen
a) ID 32 501 / 1 D 31 749 (Kupferplatte). Das Bild zeigt die
typische Landschaftsformation Mitteltaiwans mit seinen steilen Bergen im lin-
ken und den sanfteren Hügeln im rechten Bereich. Dazwischen Bambushaine
mit den für Taiwan charakteristischen, sehr hohen und geradlinig verlaufenen
Gräsern, die in dichten Bündeln zusammenstehen. Ferner sind verschiedene
Kiefern- bzw. Föhrenarten und im Vordergrund rechts Laubbäume, vermutlich
Schirmbäume, die für die tropische Regenwaldzone auffällig sind, zu sehen. Die
Mitte des Bildes wird von einer ummauerten Wohnanlage, wie sie zum chine-
sischen Dorfbild in Taiwan gehört, beherrscht. D’m die festungsartige, etwas
abschüssige Hangsiedlung zieht sich ein Graben bzw. Fluß, der weiteren Schutz
bieten soll. Oberhalb dieser Anlage lugt durch zwei Bambushaine eine weitere
Siedlung mit strohbedeckten Giebeldachhäusern hervor. Um beide Siedlungen
schwärmen die Truppen des Mandschu-Generals Fu K’ang-an, die im Begriff
sind, Tou-liu-men einzunehmen bzw. die Siedlung von Räubern (welchen, wird
hier nicht gesagt und geht auch nicht aus dem Bild hervor) zu befreien. Die
bezopften Mandschusoldaten sind sowohl mit Feuerwaffen wie Gewehren, im
Vordergrund links, als auch mit Pfeil und Bogen ausgerüstet, im Vordergrund
rechts zu sehen. Beim Sturm auf die Anlage werden ferner berittene Bogen-
schützen und mit Schwertern und Schilden bewaffnete Fußtruppen eingesetzt.
Ein Teil letzterer ist bereits durch das südliche Tor eingedrungen und kämpft
sich von Haus zu Haus weiter vor. Die fratzenartigen Kampfschilde der
Schwertkämpferformationen im rechten Bildteil oben tragen das chinesische
Schriftzeichen ,wang = König' im oberen Schild, d. h. auf der Stirn der Kriegs-
fratze. Bei den angreifenden Soldaten handelt es sich um mandschurische
Bannertruppen, was an ihren Kopfbedeckungen erkennbar ist. Der Bildaufbau
erinnert mit seinen Felsen, Wasser und Bäumen sehr stark an die typische Shan-
shui = Berg-Wasser = Landschaftsdarstellung, wie sie traditionell von chine-
sischen Künstlern ausgeübt wurde. Das Bild zeigt im Vergleich zu anderen
Kampfszenen aus Zentralasien z. B. sehr wenig europäischen Einfluß. Tatsäch-
lich liegt hier bereits eine rein chinesische Arbeit vor, die zwar von den euro-
päischen Jesuitenkünstlern beeinflußt, aber schon eigenständig ist. Die beiden
chinesischen Künstler des Kaiserhofes, Kia Ts’inan und Li Ming, haben diesen
Kupferstich hergestellt.
294
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
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Abb. 2. Kampfszene an der Festung Chu-lo in Westtaiwan.
(ID 32 502 Bild — ID 31 748 Kupferplatte)
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
295
b ) ID 32 502 /ID 31 748 (Kupferplatte). Dieses Bild zeigt eine
Hügellandschaft, die dem terrassierten Vorland Taiwans an der Westküste der
Insel ähnlich ist. Dort sind auch die Truppen gelandet, die die Festung Chu-lo
angreifen bzw. angegriffen haben. Im linken Teil des Stiches schießen Mand-
schutruppen mit Feuerwaffen auf eine Siedlung hinter einem Bambushain, die
in Flammen und Rauch aufgeht. Einige Soldaten stürmen über eine Brücke, um
in den Ort zu gelangen. Dragoner- und Infanterieformationen haben sich über
das gesamte Bild verteilt. Im Vordergrund auf Pferden sitzen die Heerführer,
erkennbar an ihren Pfauenfedern, die nach hinten von den Mützen abstehen.
(An den Augen der Federn und den Knöpfen der Mützen ist der Rang inner-
halb der Militärhierarchie der Mandschus zu erkennen.) Im Vordergrund hält
ein Reiter die Fahne mit dem fünfklauigen Drachen, Symbol der kaiserlichen
Truppen. Im rechten oberen Bereich des Kupferstichs ist die Festung mit ihren
Ringmauern und Eingangstoren zu sehen. Auch hier stehen überall Soldaten-
formationen in Bereitschaft. Die Umzingelung ist perfekt, aus allen Tälern
strömen neue Truppen mit Pfeil und Bogen und Feuerwaffen zum Schauplatz
der Kämpfe heran. Landschaft und Kampfverbände bilden hier fast eine kom-
positorische Einheit. Die Aufstellungen der Truppen erinnern sehr stark an
europäische Schlachtenbilder, obwohl auch dieser Stich eine rein chinesische
Arbeit darstellt, die von denselben Künstlern stammt wie das oben beschriebene
Bild.
11. Textübersetzungen
Bei beiden chinesischen Texten handelt es sich um Lob- und Preisgedichte, die
direkt zu dem Geschehen auf dem Kupferstich Stellung nehmen:
a ) ID 32 501 / I D 31 749 (Kupferplatte). Heute erreichte uns die
Nachricht von der Eroberung Tou-liu-mens (dem heutigen Touliu in Zentral-
taiwan, d. V.). Die Nachricht wäre schon früher eingetroffen, aber durch den
Seeweg hat sie sich verspätet. Die andere Nachricht, daß die Truppen alle
Schlachten gewonnen haben, ist schon längst in der Kreisstadt Shan-yin (der
Provinz Chekiang, d. V.) eingegangen. Alle Hofbeamten lobten die Truppen
sehr. Sie hatten jedoch von ihnen die Festnahme des Anführers der Räuber
erwartet.
Dies ist der Anlaß des Berichtes (in vorliegender Gedichtform, d. V.) des Gene-
rals Fu K’ang-an für den Thron in Erinnerung an die Eroberung der Tou-liu-
Festung.
296
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
Vom Kaiser eigens verfaßt (geschrieben) im Dezember 1787 (nach dem chine-
sischen Kalender, d. V.).
Siegel: Ku-hsi-t’ien-tzu chih pao.
b ) ID 32 502 / I D 31 748 (Kupferplatte). Obwohl Pen-kang (das
heutige Peikang, d. V.) erobert worden war, war es immer noch schwierig,
Chu-Io (das heutige Chia-i, d. V.) anzugreifen. Es war gut, daß die Truppe
frühzeitig den Weg fortgesetzt hatte. Mit den neu angekommenen Soldaten, mit
hundert ausgewählten Generälen sowie würdigen und berühmten Ministern an
der Spitze, konnten die Feinde eingeschüchtert werden. Obwohl sich die Truppe
bei der Überquerung des Meeres verspätet hatte, konnte sie diese Verspätung
bald wettmachen. Sie (die Soldaten, d. V.) hatten bald die Schwierigkeiten der
Passage überwunden, indem sie den günstigen Wind ausnutzten. Sie landeten
in Lu-tzu-kang (dem heutigen Lukang, d. V.) und waren bereits nach drei
Tagen bis zum Schlachtfeld vorgedrungen. Dort eroberten sie Lun-tzu-ting,
und jeder einzelne focht so tapfer und verwegen, als ob er hundert Feinde zu
bekämpfen hätte. Alle Zuckerrohrfelder und Strohhütten wurden vollkommen
zerstört. Dann wurde die Umzingelung der Cho-lo-Festung durchbrochen und
die Festung entsetzt. Die Nahrungsmittel der Räuber wurden an die Soldaten
und treuen Bewohner als Belohnung verteilt. Der Jubel über die Befreiung
linderte den Hunger. Zehntausende von Personen wurden gerettet. Die kaiser-
lichen Auszeichnungen und Belohnungen für treue Soldaten und Zivilpersonen
waren nicht gering. Durch das Bekanntwerden der guten Taten und der Tapfer-
keit der Menschen wurde der gute Ruf der Stadt begründet. Sie erhielt den
neuen Namen Chia-i (wörtlich: Fob der Rechtschaffenheit, d. V.). Nach der
Eroberung Chia-is wurde geplant, die Stadt Tou-liu anzugreifen, und zwar in
einer Blitzaktion, so wie man Bambus mit einem Messer schnell und einfach
spleißt. Erst wenn Tou-liu erobert sein wird, dann sind auch die Tage von
Tali-i gezählt, und der Anführer der Räuber kann lebendig gefangengenommen
werden, worauf dann der Bericht des großens Sieges folgen wird.
Dies ist der Anlaß des Berichtes (in vorliegender Gedichtform, d. V.) des
Generals Fu K’ang-an für den Thron in Erinnerung an die große Ausrottung
der Räuber, die Wegbahnung nach Chu-lo, den Angriff auf die Tou-liu-Festung
und die Vertreibung der Räuber.
Dem Chu-lo-Verwaltungskreis wurde gestern der neue Name Chia-i ver-
liehen. Da die Soldaten und Zivilisten des Verwaltungskreises die Stadt loyal
und mutig verteidigt hatten, wurde ihre Treue und Tapferkeit belohnt.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
297
Vom Kaiser eigens verfaßt (geschrieben) im Dezember 1787 (nach dem chine-
sischen Kalender, d. V.).
Siegel: 1. Ku-hsi t’ien-tzu.
2. Yu jih tzu tzu.
12. Siegelinterpretation
Der chinesische Text zieht sich block- und wellenförmig über der Landschaft
hin. Die Schrift bildet mit der Malerei bzw. dem Kupferstich eine harmonische
Einheit. Die einzelnen Zeichen sind in Kolumnen von drei bis sechs Gruppen
scheinbar durcheinander senkrecht von rechts nach links angeordnet. Eine
Gedichtform nach europäischem Standard würde man zunächst gar nicht erken-
nen können. Am Ende der Zeilen stehen die beiden Siegelabdrücke in Ku-wen,
also altertümlichen chinesischen Zeichen, die den ursprünglichen Piktogrammen
näherstehen als alle übrigen in Ch’uan-shu bzw. K’ai-shu abgefaßten Charak-
tere. Als Eigentumsmarke und zur Beglaubigung von Schriftstücken, Bildern,
Kalligraphien und — wie man hier sieht — auch für neue Darstellungstechniken
wie dem Kupferstich wurden und werden auch heute noch in China Siegel-
abdrucke verwendet. Ursprünglich bestanden kaiserliche Siegel aus zwei Hälf-
ten, die jeweils beim Überbringen von Dokumenten zusammengesetzt wurden,
um die Echtheit nachzuweisen. Es gibt eine unendliche Fülle von Siegeln in den
verschiedensten Schriftarten, die von Chinesen im Laufe ihrer Geschichte ent-
wickelt worden sind. Auch die Materialien für die Stempel können aus Gold,
Silber, Eisen, Elfenbein, Holz, Bambus, Mineralien etc. bestehen. Jeder Chinese
besitzt noch heute ein oder mehrere Siegel, mit denen er offiziell seine Unter-
schrift dokumentiert.
Nach V. Contag13 findet sich das Siegel von ID 32 501/ID 31 749 (Kupfer-
platte) unter Ch’ing Kao Tsung (1711—1799), einem berühmten Kalligraphen,
der aus der Mandschurei stammte und für den Ch’ing-Kaiser Ch’ien-lung
arbeitete.
Der Kupferstich ID 32 502/ID 31 748 (Kupferplatte) weist zwei Siegel auf,
die von demselben14 Kalligraphiemeister stammen, in ihrer Form und ihren
Schriftzeichen jedoch unterschiedlich sind. In diesem Umstand kommt ein charak-
teristischer Zug der chinesischen Siegelschneidetechnik zum Ausdruck: kein Stem-
13 Contag, Victoria, und Wang Chi-Ch’üan; Maler- und Sammler-Stempel aus der
Ming- und Ch'ing-Zeit. (Shanghai) 1940. Reprint: Taipei 1966, S. 582, rotes Siegel
Nr. 27.
14 Ebenda, S. 586, rote Siegel Nr. 75 und Nr. 77.
19 Baessler-Archiv XXVI
298
Thiele, Darstellung chinesischer Kampfszenen
pel oder Petschaft ist mit einem anderen identisch, womit gleichzeitig ostasia-
tische Individualität angezeigt wird.
13. Schlußfolgerung
Die Berliner Kupferplatten und -Stiche gehören zu den seltenen Sammlungs-
stücken chinesischen Kunsthandwerks, das direkt auf europäischen Einfluß
zurückzuführen, in China selbst jedoch nicht weitergeführt bzw. in größerem
Rahmen entwickelt und ausgebaut worden ist. Hierzu mag die aufwendige
Arbeitstechnik und auch der Werkstoff Kupfer, den man ja in China haupt-
sächlich zum Gießen von Bronzen, für Spiegel, Kultgeräte und Münzen ver-
wendet hat, eine ablehnende Rolle gespielt haben. Chinesen stecken zu sehr in
ihren Traditionen und verwenden höchst ungern neue Materialien. Ferner ist
nicht auszuschließen, daß die Darstellungsweisen der Abdrucke doch zu euro-
päisch, zu ,barbarisch' waren, als daß man sich damit hätte befreunden können.
Vom Inhaltlichen der hier vorliegenden Kupferplatten und Abdrucke werden
die Kampfformen der Chinesen im 18. Jahrhundert, ihre Ausrüstungen, Waffen-
technik und Strategie so anschaulich beleuchtet, wie man sie in geschriebenen
Annalen nicht lebendiger antrifft. Von diesem Aspekt her weisen sie einen
hohen Dokumentationswert auf.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
299
CONTINUITY AND CHANGE
IN HOUSES AND HOUSE CONSTRUCTION:
THE CASE OF THE LAU ISLANDS, FIJI
SIMON KOOIJMAN, Leiden
Introduction
Within the Fiji Archipelago the Lau Islands culture is characterized by a
number of elements giving it an identity of its own and setting it more or less
apart culturally from the main island of Viti Levu. One of these elements is
formed by houses and house construction. The traditional houses on Viti Levu
have a rectangular shape (Roth 1954; Derrick 1965, Plates 33—35, 46, 88,
and 91). The Lau Islands house, to the contrary, has an oval ground plan and
a long curved roof. The latter type is very similar to one of the traditional
Tongan house forms (Koch 1955, p. 126 ff.). In fact, it is one of the elements
shared by the Lau and Tonga cultures1.
Houses and house construction in the Lau Islands have been discussed by
A. M. Hocart (1929) und Laura Thompson (1940). Hocart’s description was
published many years after the collection of the data in the field, which took
place in the years preceding the First World War (Hocart 1939). Thompson
carried out her research in the Southern Lau in 1933—1934, about twenty years
later.
The most recent information dates from 1973, some sixty years after Hocart’s
study and forty years after Thompson observed the building of houses on
Kabara Island. This later information was acquired on Moce Island, Southern
Lau Group, where the present author did field work from January to Sep-
tember.
My main interest was the study of not only the manufacture and decoration
of tapa but also its social, ceremonial, economic, and commercial implications2.
The research was not restricted to the tapa complex in the Moce society. A num-
ber of other subjects, mainly in the field of the material culture, were included.
1 According to Laura Thompson (1938, p. 196), the oval house was introduced by the
Tongans and replaced the old Lauan house form, the change being already in
progress at the end of the eighteenth century.
2 For the results, see Kooijman 1977.
19'
3U0 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
One of these was the house and its construction. In this research I had the good
fortune to obtain the co-operation of Mr. Steven Symonds, a construction
engineer from Sydney, Australia, who came to the island for a vacation during
the month of July, 1973. Mr. Symonds collected much of the information about
the house construction, which he embodied in a structural description and in
drawings. The latter were adapted for publication and are used here as
illustrations (Fig. 8 I—IV)3.
Hocart’s description deals with the Lau Islands in general, the subject of
Thompson’s study is the Southern Lau, and my own discussion is restricted to
Moce Island. However, the traditional ‘Tongan’ house type is basically uniform
throughout the Lau area, and this makes it possible to look for continuity as
well as development and changes in house construction in the course of the last
sixty years. This will be dealt with in the last section.
The presentation of the material consists of my report on Moce Island houses
and house construction. The accounts by Hocart and Thompson will not be
reproduced or summarized, since they are easily accessible. Thompson’s chapter
on house building in the Southern Lau (1940, p. 159 If.) gives by far the most
complete picture and contains invaluable information about the actual con-
struction process and its social and ceremonial implications. Her description
also provides more particulars about house construction and houses within the
context of the Lau culture than my report on Moce. The latter gives mainly
information of a technical nature. I should mention, as an explanation and an
apology, that no house building took place during my stay on the island and
that my attention was focussed primarily on the tapa complex.
The official spelling of Fijian words will be used. In this system the b is
pronounced as mb, c as th (as in that), the d as nd, the g as ng (as in sing), and
the q as ng (as in finger).
Houses and house construction on Moce Island
The building materials
The materials used for house construction on Moce are wood, reed, Pandanus
leaves, corrugated iron, sennit cord, nails, sand, fern leaves, and mats.
Since the basic structure is formed by a frame of wooden posts, beams, and
rafters, wood is the most important building material. For house building, hard
3 This work was done by Mr. J. Gressie of the Rijksmuseum voor Volkenkunde,
Leiden, to whom I express my sincere thanks.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
301
woods are needed. The kind most valued is vesi (greenheart of India, Intsia
hiuga). Other trees supplying good, solid timber are the tugasele and selavo4.
Vesi and tugasele do not grow on Moce, selavo trees are very scarce. Further
south, however, these kinds of wood are available in large quantities, viz., on
the islands of Fulaga, Kabara, and Ogea, which is actually two separate islands,
Ogea Levu and Ogea Driki, both densely wooded and the most important
source of vesi for the Moce people. Ogea, Fulaga, and part of Kabara have
limestone soils on which hardwoods flourish. The yam (Dioscorea alata), which
is the most valued staple food in the Lau, does not grow well on this type of
soil. Moreover, the islands have a fresh-water problem, because rain-water
disappears rapidly into the porous limestone. For these reasons, agricultural
conditions are marginal. Ogea, Fulaga, and Kabara are even called the ‘famine
islands’ (Thompson 1972, p. 3). For their livelihood the inhabitants depend
mainly on the abundant wood supply. Woodworking, particularly canoe build-
ing and the manufacture of bowls (kumeti) for kava drinking and other
purposes, has become the local specialization, and the products of this handicraft
are traded for products of neighbouring islands5.
The Moce islanders participate in this trading system, obtaining not only
products made of wood — canoes, kumite, and anvils (dudua) for tapa beating —
but also timber from Ogea, Fulaga, and Kabara. Since Moce has a good, fertile
soil due to the basaltic rocks underlying the island, its people produce more
yams, sweet potatoes, and manioc in their gardens than they can consume. This
agricultural surplus is given in return for the wooden objects from the southern
islands with their scanty food production. This trade between the Moce people
and the inhabitants of the wood-producing islands is based on individuals’
obligations within a system of family and friendship relations. According to
Fijian custom, a man can ask (kerekere) for a thing he wants. His partner
cannot possibly refuse his request, and will ‘give’ it to him, but this puts the
recipient in an inferior position, which he will do his utmost to abolish by
making a reciprocal gift. Gift and countergift should balance in the long run.
Thus, when a Moce man is ‘given’ a canoe or a certain amount of timber by a
relative on Ogea, the latter will be supplied, when he visits Moce, with baskets
of yams, sweet potatoes, and manioc. The amount of food he accepts during a
4 The botanical names of these two trees are unknown.
5 The abundance of vesi and the building of Fijan double canoes (drua) on these
islands were among the reasons why Tongans came to the Lau, an intense contact
having existed as early as the first decade of the last century (Derrick 1950, p. 121;
Thompson 1938, p. 190 ff.).
302 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
certain period depends on his needs and those of his family, the carrying
capacity of his canoe, and the frequency of his visits. However, it usually
takes a long time, often a period of many months, before he has acquired all
he is entitled to and some kind of equilibrium is reached. This system provides
the hardwood required for house building (Fig. 1).
The walls of the houses are made of a kind of reed (gasau; ?Miscanthus
floridulus), which flourishes on Moce. East of Delaimakotu, the geographical
—and historical—centre and one of the highest peaks on the island, large parts
of the foothill area are covered with it (Fig. 2). This reed is available in large
quantities, and the inhabitants of the neighbouring islands of Komo, Ogea, and
Fulaga, where gasau does not grow, are free to cut it and take it home as
material for the walls of their houses.
The leaves of the Pandanus (vadra), which occurs widely on the laterite
soils of the hillsides, supply the material for the traditional thatching. This
process, and in particular the working of the leaves, will be dealt with below.
Sennit (magimagi) was generally used in the past for joining the members
of the wood construction. At present, it is still employed to tie the reed {gasau)
to the frame of the walls. This very strong cord is made by the people them-
selves from the fibre (bulu ni niu) of a large, elongated kind of coconut called
niu magimagi. The bast layers containing this fibre are baked in a lovo or earth
oven, which gives them a reddish colour. The particularly hard ones are sub-
merged in sea-water, weighted with stones, left there for a few weeks, and then
dried partially, after which the material is beaten. The outer skin is first pulled
off and the fibres are hammered out, first at one end and then at the other, on
a wooden anvil with two legs sunk into the ground. After the beating, the
remaining moisture is squeezed out and the bunches of fibres are laid in the
sun to dry. Then small bunches of the required size are rolled into string on
the wrist or the forearm. Finally, three of these strings are plaited into a
sennit cord (tali magimagiJ6 7.
The last item on our list of traditional Fijian building materials is the mats
which form an essential part of the floor. As normal elements of the Moce
house, two types of mat are in use: the tevutevu and the tahakau. The former,
used to cover almost the entire surface of the floor, is made of plaited strips
of the leaves of a shrub called kie or voivoi1. The latter, the tahakau, is an
6 This description is based on my own observations on Moce Island in 1973. See also
Thompson's description of the making of magimagi (1940, pp. 174—175).
7 Kie is the Lau word, which is the same in Tongan; voivoi is the Bau term;
?Pandanus thurstonii Wright is given as the botanical name.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
303
oblong mat made of plaited palm leaves and is placed just inside the entrances,
and is also used to close off the doorways.
When a tevutevu is to be made, the leaves are stripped of their thorny edges
and the raised, hard parts of the midrib. After being boiled for about fifteen
minutes, they are laid out in the open to dry, which may take from two to four
weeks, depending on the weather. Before being plaited, the leaves are flatten-
ed out and cut into strips with a shell (Fig. 3). The plaiting itself is rather
complicated, and a detailed description would take us beyond the scope of
this article. Two photographs (Figs. 4 and 5) will suffice here to give a general
impression. The woman shown in Fig. 4 is the chief’s wife. She is a native of
Lakeba, and the women of that island, like those of Kabara and Moala,
specialize in mat plaiting. The specialization of the Moce women is the manu-
facture and decoration of tapa (masi); mats are only made by a few of them
who, like the chief’s wife, were born and bred on one of the ‘mat-producing’
islands. Due to these local specializations, virtually all of the mats in use on Moce
Island have been imported from Lakeba, Kabara, or Moala. Some of them are
obtained in a way similar to the acquisition of timber from the southern islands,
viz., by a system of exchange within the framework of personal family and
friendship relations. However, mats are also acquired by trade in the com-
mercial sense, that is, by means of what is called the matana system. A matana
is based on a contract entered into by two groups of women from different
islands, in this case Moce and one of the mat-producing islands. Both groups
are supposed to have an equal number of members, and each woman has her
own personal trade partner in the other group. Arrangements are made between
these partners as to the number und types of mats and tapas to be exchanged.
By these two systems the Moce women obtain the various kinds of mats they
need for both ceremonial and domestic purposes. The ceremonial mats are often
elaborately decorated, the tevutevu are simple and plain and also serve very
effectively as the top layer of the floor of the traditional Moce house.
The oblong tahakau mats are made, throughout the island, of the young
upper leaves of the coconut palm (uvu ni niu). The leaves are first laid out in
the sun to dry for three or four days. Then the leaflets are trimmed to form
straight narrow strips, which are left attached to the midrib. Most of the
midrib is removed, the remaining part keeping the strips together in a straight
row which greatly facilitates plaiting (Fig. 6).
These mats, whose manufacture and acquisition are part of the work of the
304 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
women, actually belong to the furnishings of the house. In supplying them, the
women participate in the final stage of the building process, that is, the com-
pletion of the interior. All of the other work, including the making of sennit
cord and palm-leaf thatch, is done by the men.
Structural description
The traditional Moce house is an oblong single-story dwelling with rounded
ends. A typical specimen is shown in the photographs and drawings of Figs. 7 a, b
and 8 I—IV8. The dimensions of the plan at ground are approximately 10X6
metres. The main frame consists of a construction of six wooden poles (duru
levu, A 1—6), the main posts, which are 4 to 4.50 m long, rising 2 to 2.50 m from
the ground.
The duru levu support a square of beams and plates, viz., the tie beam plate
(kacu halavu, Cl) running along the sides of the house and the tie beam (coka,
C 2) at right angles to its end. The two kacu halavu are connected by a
number of transverse beams running parallel to the coka. A heavy beam along
the axis of the house, the median plate, connects the two coka. This beam is
called the yavu ni hou (C 3), the ‘foundation of the hou\ the latter being the
king posts (B 5) which support the ridgepole or doka (C 9). Parallel to the
doka run the two roof plates or lewe ni vale (C 4). These plates are connected
by a collar beam and each of them is strutted by a slanting post resting on the
yavu ni hou. This construction of collar beam and slanting struts is called
soka9.
This main frame carrying the construction of the gable roof is surrounded
by a perimeter consisting of four wall plates, two of which are straight and
placed longitudinally; the qasiqasi (C 5). The other two are curved to form the
shape of the short sides of the house: the ilolo levu (C 6), which may be made
of a combination of 1 to 2 m long spliced sections when natural trunks of the
required shape are not available. The perimeter as a whole is so coherent that
the ilolo levu is actually the curved extension of the qasiqasi. Additional
support is given to this construction by a number of end-wall posts called duru
lekaleka (B 1—4), the ‘short duru\ whose number and disposition can vary
strongly.
8 A slight discrepancy will be noticed between the photographs and the drawings:
the latter show a roof with a straight triangular cross-section, which is a stylized
version of the real curved shape.
9 The collar beam is called ilege by Hocart (1929, Fig. 4, p. 120). Thompson gives
the names soka or coka leka (‘short coka') and ilege for the collar beam and the
slanting struts, respectively (1940, pp. 163—164).
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
305
The main elements in the construction of the round ends of the roof are
the curved roof plates or ilolo lailai (C 7)10. These ‘small ilolo' are also curved
beams connecting two ends of two qasiqasi. They may be spliced, like the ilolo
levu. The plane in which they lie forms an angle of approximately 45° with
that of the qasiqasi and the ilolo levu.
In its triangular section the roof construction is strengthened by purlins
running parallel to the lewe ni vale. These purlins are called iapai or poleni
(D 2), the latter word being a Fijian version of the English term. The roof is
also provided with vertical ribs or rafters called is a (D 1). Isa and poleni are
also substantial elements of the construction forming the rounded parts of the
roof. Here, the poleni are curved ribs placed below and above the ilolo lailai
and running along the inside of the domed surface in the same way as the
latter. Part of the roof construction is shown in Fig. 9.
The walls (lalaga) are independent of the main frame. They consist of a
skeleton of wall poles (latu, D 3) and crossbars (volosi, D 4) made of bundled
gasau reeds; sometimes the volosi are made of can wood (Casuarina nodiflora).
Two layers of gasau are tied to the outside of this frame with magimagi.
Most traditional Moce houses have four doors, one at each of the rounded
ends and one on each side. Houses with three, five, or six entrances occur
occasionally, the number depending on the size of the house and the owner’s
preference and status11. At night, and in periods of rainy weather, wind, and
storm, also during the day, these openings are closed by doors made of planks
or by tabakau.
The wooden elements of the house construction are joined by nails and
magimagi lashings, the latter being the traditional method. When the lashing
shows an ornamental pattern it is called lalava, which is a Tongan term
(Churchward 1959, sub lalava). Fig. 10 shows a lalava connecting a tie beam
plate (kaca balavu) with a tie beam (coka) in a Moce house. This pattern with
its composition of square elements was referred to as daimani (diamond), which
was the only name mentioned in this connection.
10 Both Hocart and Thompson give the Tongan term for the curved roof plate which
is spelled respectively feleanga and feleano (Hocart 1929, p. 120; Thompson 1940,
p. 165; Churchward 1959, sub feleano).
11 The chief’s house, which was the highest dwelling on the island, and the com-
munity house of the Methodist Church, had six doors.
306 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
The corrugated iron roof or kava is the modern replacement of the thatch
made of Pandanus leaves, which only a few Moce houses now show. The con-
structing of an iron roof could not be observed, because no dwellings were
under construction during my stay on the island. However, in this period the
Pandanus-leaf roof on one of the kitchen houses (vale ni kuro) on the school
compound had to be replaced, and the entire process could be observed and
photographed. The ‘shingles’ needed for the covering were prefabricated. They
were made of dried leaves of the vadra (Pandanus odoratissimus), which were
cut into strips about 15 cm wide and about 150 cm long. First, the strips are
made supple by drawing them backward and forward around an upright stick.
One end of the strip was left intact over a length of about 50 cm; the rest was
cut to a kind of fringe of narrow bands. The uncut part was folded back, and
the fold was then hung over a gasau stem with the strips overlapping slightly.
With a ‘thread’ consisting of a stem of the vativati plant (Phymatodes
scolopendria), the two parts were stitched together (Fig. 11 a, b). The apron-
like shingles (rau) thus formed have two layers, one short and uncut, the other
long and fringed. These units of rau (batina rau) were then lifted up by means
of a long pole (ciha) and delivered to the people working on the roof, who
mounted them on the frame of the roof construction by tying them to the
rafters (isa) with magimagi. This was done from the inside (Fig. 12), the
unfringed part facing inward, the part with the fringed end lying outside
(Fig. 13). The roof was thus made rainproof, the unfringed sections of the rau
giving the effect of real shingles. The ridge was covered with plaited coconut
palm leaves, which is common practice for small houses. This ridge covering,
which is called tokai, consists of two types of oblong plaited ‘mats’, hola and
teviti, which were fastened to the raurau, the Pandanus-leaf thatch, by means
of wooden sticks. Finally, coconut-palm leaves (ravui) were laid on the roof
to protect it against the wind. The fringes of the rau, together with the tokai,
formed a thick layer of leaf material which also keeps the house relatively
cool12.
The sequence of building activities
Since house construction could not be observed, the following account of the
sequence of the building activities is based on communications by native infor-
mants13.
12 A much more elaborate description of roof thatching is given by Thompson (1929,
pp. 166—167).
13 This information was conveyed to Mr. Symonds.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
307
Construction starts by digging holes about 2 metres deep in which the posts
(duru levu, A 1—6) are placed. Then a base is made for the floor by forming
a flat mound of earth from the surrounding soil. This foundation mound is
called the yavu. In general, the height of the yavu is about 10 cm above the
level of the ground outside, but houses of chiefs have a higher yavu. The floor
of the Moce chief’s house, for instance, lies about 1 metre above the level of
the village green. For some houses the circumference of the raised floor and
the house coincide, the sides of the mound often being covered with iron
sheeting to retain the soil. Other houses have the yavu extended as a platform
beyond all four walls. Generally, the distance between the wall and the edge
of the platform is about the width of a footpath. The chief’s house, however,
was surrounded by a raised platform extending 2 to 3 metres beyond the walls.
Yavu of this kind are supported by a wall of piled stones.
The two tie beam plates (kacu halavu, Cl) and the tie beams (coka, C 2) are
fixed to the top of the duru levu. The heavy median plate (yavu ni bou, C 3)
is then laid over the middle of the two coka and fastened to it. Next, the king
posts (bou, B 5) are made fast to their foundation, the yavu ni bou. The roof
construction is further strengthened by lashing in place the collar beams and
slanting struts (soka, C 8), the roof plate (ewe ni vale, C 4), and the ridge
pole (doka, C 9). After this, the surrounding perimeter is placed, viz., the
straight wall plates {qasiqasi, C 5) and their curved extensions (ilolo levu, C 6);
and then the curved roof plates (ilolo lailai, C 7) are fastened to the qasiqasi.
The final stage in the construction of the wooden framework of the house is
the strengthening of the roof unit by the addition of the purlin system: the
iapai or poleni (D 2) and the rafters or isa (D 1).
The earth of the yavu mound is covered with a layer of sand (nuku) from
the beach. This will keep the floor dry.
The construction of the wall (lalaga), which takes place next, can be
described on the basis of my own observation of the restoration of the kitchen-
house already mentioned in connection with the Pandanus-leaf thatch. First,
the wall poles (latu, D 3) are sunk about 30 cm deep into the earth. The
skeleton of the wall is then completed by tying the crossbars—the volosi (D 4),
which are made of bundles of gasau stems—to the latu. To this lalaga frame
gasau stems, which have been collected in sufficient quantities, are tied in two
layers. The stems are fastened slantwise with magimagi, forming an angle of
60—70° with the ground, the stems of the layers running in opposite directions
(Fig. 14 a, b). By plaiting stems of the two layers, the makers create a zigzag
308 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
pattern which is the usual embellishment of the lower section of the wall
(Fig. 15).
After the construction has been completed in this way, the sand on the floor
is covered with fern leaves and then with mats.
The historical perspective: continuity and change
Description and evaluation of the sources
For the span of sixty years covered by our research, three sets of data are
available: Hocart’s record from about 1913, the relevant part of Laura Thomp-
son’s Ethnography from 1933—1934, and the information collected by Kooijman
and Symonds in 1973. A summary of each of these will be followed by an
evaluation of the information in question.
Hocart’s section on house building consists of seven pages (pp. 119—126)
illustrated by drawings. The latter show the construction and include a picture
of the attachment of the palm-leaf roof thatch to the ridgepole (doka). Hocart
also gives drawings of fourteen lashing designs, for eight of which the name is
given. Specimens of coir work made for him by a Tongan informant and
presented to the Pitt Rivers Museum in Oxford and the University Museum of
Ethnology and Archaeology in Cambridge, are referred to in the text. Hocart
does not give a detailed description of the actual building process but restricts
himself to a number of remarks of a rather general nature concerning certain
stages in the process and the ceremonies belonging to them. These data were
evidently obtained from native informants and are not, or only partially, based
on his own observations. The text conveys information about the building
materials.
On pp. 159—174 of her Ethnography, Thompson discusses house building in
the Southern Lau. As remarked above in the Introduction, her picture of the
subject is by far the most complete. This holds for the technical as well as for
the social and ceremonial aspects of the ‘house complex’. Her account contains
a lively and accurate description, based largely on her own observations on
Kabara, of the process of construction and the persons and groups involved.
She describes, and shows in a number of drawings, the traditional house of the
Southern Lau in its cultural setting. Her information is extremely important
for our knowledge of the subject. However, her data have the defect of a
certain one-sidedness: her research had been made possible by a Bishop Museum
Fellowship and was carried out as one of the series of field-studies sponsored
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
309
by this institution in the 1920s and 1930s aiming at the most complete possible
registration of the ‘native cultures’ of the Pacific. This is what Thompson had
in mind during her research on the islands of the Southern Lau. In her Ethno-
graphy, therefore, only those elements which form part of the ‘traditional
culture’ are dealt with. Very little mention is made of Western influences, and
this holds for the ‘house complex’ as well. Fortunately, however, her picture
of traditional houses and house construction in the Southern Lau can be ampli-
fied by data from her other publications (1938 and 1972) in which the culture
of this area is analysed from a historical point of view and Western influences
and their effect on the Lau culture are discussed.
As already mentioned in the Introduction too, the information on Moce
island houses provided by Mr. Symonds and myself is largely technical in
nature, as has become evident from the preceding chapter. The process described
there is basically traditional, and so are the constructional elements and their
names. Reference was also made to modern, Western elements that had been
introduced.
Continuity and change
The data from ca. 1913, 1933—1934, and 1973 provide a picture of con-
tinuity and change which is relatively clear from the technical and con-
structional points of view. It was therefore possible to determine the extent
to which the ‘Tongan’ house in the Lau had remained unaltered, ‘traditional’,
in this period of sixty years. The changes which occurred will be indicated and,
if possible, the time at which they began to appear. Where the data permit, the
social significance of these changes and the function of the newly introduced
elements will be dealt with.
The constructional principles of the wooden frame have remained unaltered.
An exception to the rule seems to be the presence of a number of duru lekaleka
(B 1—4) called side posts and wall posts by Hocart and Thompson, respectively,
as supports for the straight wall plates or qasiqasi (C 5) in drawings dating
from ca. 1913 and 1933—34, whereas in 1973 these duru were found only
underneath the ilolo levu (C 6), which is the curved extention of the qasiqasi,
the qasiqasi itself being supported only by a number of wall poles or latu (D 3)
(Hocart 1929, Fig 5 b and c; Thompson 1940, Fig. 5; Fig. 8 here). These,
together with the horizontal crossbars (volosi, D 4) attached to them, form the
frame to which the reed (gasau) of the wall is fastened. The question arises,
however, whether this concerns a change or a local variation, for it is possible
3 10 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
that formerly too the houses on Moce were not provided with duru lekaleka
along the straight sections of the walls. Since they were not one of the vital
parts of the construction, they may have been omitted to save timber, which
the Moce people have to import, whereas Kabara, from which Thompson’s data
mainly derive, has a natural abundance of wood suitable for house building.
The construction of the palm-leaf roof thatch does not appear to have
undergone any relevant changes either. Since the record of the process observed
on Moce in 1973 does not differ from Thompson’s description of roof thatching
on Kabara in 1933—1934 (1940, pp. 166—167) or from Hocart’s remarks on
the subject (1929, p. 121), it may be concluded that really significant changes
did not take place between 1933 und 1973.
But in 1973 a dwelling-house with a thatched roof was an exception. Roofs
of corrugated iron were the rule in the Lauan villages. These roofs began to
appear between 1900 and 1920 when, as a result of the rise of the market
price, copra production greatly increased and money started to play an impor-
tant part in the economy. Trade stores were established on all of the islands,
and Western commodities such as metal tools, cloth, soap, kerosene, matches,
tobacco, tinned meat, rice, flour, sugar, mosquito nets, chairs, and Singer
sewing machines were imported. ‘Iron roofs appeared on the houses of the most
prosperous natives . . . and became [one of] the means by which a person might
raise his status in the community’ (Thompson 1972, p. 92). The slump in the
price of copra after the First World War, the spread of a pest and a plant
disease which severely curtailed copra production during the 1920s, and the
Great Depression in the early Thirties, put an end to this short-lived boom.
In 1933—34 Thompson found that money had lost its influence on the native
economy almost completely. People had resorted to the traditional way of life,
and the only luxuries they could afford to buy were ‘a few trade articles such
as bush knives, metal axes, trade cloth, soap, and cooking pots’ (Thompson
1972, p. 94).
The economic situation improved in the course of the 1930s, but it is not
very likely that in the Lau Islands this led to any appreciable growth of the
cash income or significant changes in the material culture. Therefore, the use of
corrugated iron for roof construction probably did not increase much during
this period. The same may be assumed on good grounds for the ensuing war
years.
After the war, Fiji became one of the most important tourist centres of the
Pacific. The early 1960s saw the realization of a modern tourist Industry which
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
311
was concentrated mainly on Viti Levu and particularly in the capital Suva
and its immediate vicinity. From the very beginning there was considerable
interest in the products of native handicraft, such as wooden bowls, baskets,
mats, and tapas. Many of these products were made and exported by the
Lauans, in particular the inhabitants of the Southern Islands. These people had
long been famous for their woodcraft, mat making, and barkcloth manufacture
and, futhermore, their culture had been less affected by Western influences
than life on the main island.
In the course of the following years the demand for these products increased
considerably as a result of the increasing number of tourists (Kooijman 1977,
p. 100). In addition to the cash from copra, the sale of handicraft products
made for the tourist market became one of the main sources of cash income
for the Lau Islands. The influx of money made it possible to purchase Western
food and commodities. It also led to the almost complete replacement of roof
thatch by corrugated iron on the dwelling houses. On Moce Island only a very
few of these were thatched in 1973, though most kitchen huts still were. Iron
roofs have the advantage of being durable, whereas the palm-leaf thatch has
to be renewed every few years. This would require the co-operation of a large
number of men for a considerable time, thus putting the owner of the house
under a heavy obligation (Thompson 1940, p. 162 ff.). It would not be easy to
satisfy these conditions in the present-day situation. The owner would need
the support of a great many relatives and friends to be able to remunerate the
men who worked for him. The latter would have to put off or neglect other
tasks of a more personal nature. In short, all concerned would have to spend
more time on communal work than would fit in with the present individualistic
trend in native society. This tendency manifests itself in tapa making by time-
saving innovations in the processes of manufacture and decoration, and it was
possible to show that the main cause of this development was probably the
production of tapa for the tourist market (Kooijman 1977, pp. 19, 33—34, and
127—128). The men participate in this production by making and tending the
gardens where the paper mulberry is grown, and this source of cash income
for the individual families, and the time and energy spent in earning it, cer-
tainly form an important factor in the introduction of time-saving innovations
in house construction, particularly the replacement of the palm-leaf thatch by
the iron roof. Moreover, as in the boom period of 1900—1920 and the years
thereafter, an iron roof still elevates the owner’s status.
The development in house building, however, has gone further than this
partial innovation. A few prosperous men in the village of Moce lived in
312 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
cement houses built in the Western style. Another example of complete inno-
vation was the house built for the son of the chief’s matanivanua (‘herald’ or
‘speaker’), who was a young man of marriageable age. This dwelling, which
was nearing completion, had a quadrangular shape and a frame of wooden
poles and beams. The walls, and also the roof, were made of corrugated iron.
The chief is the highest ranking man on the island, the personification of
traditional authority. His status is reflected in his dwelling, which offered an
impressive and beautiful specimen of the ‘Tongan’ house-type. It was the most
spacious private building on the island, and its yavu or foundation mound was
extended to form a broad platform which was higher than all other yavu and
raised the chief’s dwelling above all other houses. In addition to the huge roof
dominating the building and which, according to post-war Lauan custom, was
made of corrugated iron, this house and almost all of the other houses, differed
from the traditional prototype in a number of constructional details.
A striking difference between the construction of the ‘Tongan’ dwelling
some sixty-five years ago and the house construction in the Lau in 1973 was
formed by the materials used for joining the wooden elements, viz., sennit
bindings versus nails. Neither Hocart nor Thompson mention the use of nails
for housebuilding. In his section on house construction, Hocart records that
‘the Lauans boast that coir rope is far superior to nails for it never rots whereas
nails rust’ (1929, p. 124). It is not clear whether this refers only to Western
products such as boxes and crates or to the use of nails in native practice as
well. In the latter case nails were used for purposes other than housebuilding,
because Hocart mentions explicitly that all beams are bound together by wind-
ing coir string round the joint (1929, p. 124), and there is no reason to doubt
the truth of his statement.
Reference has already been made to the interesting lashing designs he presents
and to the Lauan names for a number of them (1929, Fig. 8, p. 123). More
names are given by Thompson, and she adds that she was told that people had
more patterns than they had had in the past because new designs were being
invented (1940, p. 164). This makes it probable that sennit was still used pre-
ponderantly for joining purposes in the early Thirties and that the picture she
gives of the construction with the traditional magimagi lashings agrees fairly
well with the real situation.
Even for a small house a large quantity of sennit was necessary. Thompson
gives the example of a man on Fulaga who was building a house of modest
dimensions, viz., about six metres long and four metres wide, and who estimat-
ßaessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
313
ed that he needed about 11,000 metres of sennit. He made this lashing in his
leisure time, mainly in the evening, and it would take him from six months to
a year of steady work to complete this task (1929, p. 162). This time-consuming
manufacture of sennit needed for traditional house construction was probably
the main reason why, in later years, more and more nails were used for joining
purposes. In 1973, only a few houses on Moce had sennit lashings and even
then only for a very limited number of joints. Even the heavy magimagi
lashing holding together the spliced parts of the curved wall plate (ilolo levu)
supporting the heavy roof had mostly been replaced by nails.
No exact knowledge is available to date the period in which people on the
island started to abandon the traditional technique of joining. It is probable,
however, that large quantities of nails were first used in house construction in
the late 1930s, when copra prices rose and copra production increased. In the
post-war years, when the Lau Islands became involved indirectly in the tourist
industry—by the manufacture and sale of handicraft products—less time was
available for other work and people probably wanted to economize on their
traditional time-consuming tasks, one of which was the making of sennit for
housebuilding, and there are strong indications that this economizing trend in
native society was the main cause of this constructional innovation. This trend
was probably reinforced by other Western-influenced activities, particularly
copra production. Moreover, an increasing number of Lauans began to visit
the main island and to live in Suva for some time. The contact they had there
with the Western way of life and the Western products and commodities they
became familiar with, certainly helped to promote the process.
Western influences have also manifested themselves in changes and innova-
tions with respect to the furnishings. Hocart scarcely mentions them, but
Thompson provides us with a detailed description of the interior of a ‘Tongan’
house (1940, pp. 169—171). She says that whereas mats were in general use as
shutters for the doorways, modern houses occasionally had wooden doors hung
on metal hinges attached to a wooden door frame (1940, p. 169). This also
applies to the village situation on Moce some forty years later, although doors
of corrugated iron were also in use then.
According to Thompson, the houses were lighted by burning sevua (tVavaea)
wood in the fireplace and by means of oil lamps consisting of half a coconut
shell containing a small amount of boiled coconut oil and a wick made of the
midrib of a coconut leaflet wrapped in barkcloth. The Depression had struck
the Lau by then, and the people had had to resort to the resources of their
20 Baessler-Archiv XXVI
3 14 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
islands. Kerosene, which had been imported during the 1900—1920 boom, was
probably no longer available. Thus, the kerosene lamps which were undoubt-
edly still among the possessions of several households, could no longer be
used14.
The changes in illumination practice have been drastic. In 1973, neither the
traditional oil lamps nor the kerosene lamps were still in use for lighting. On
Moce the latter served only for the production of soot or loaloa, a black
colouring matter used for the decoration of tapa. So-called benzine pressure
lamps which gave a clear white light formed part of the standard equipment of
every family.
Other amenities of Western origin had also been accepted and integrated
into the normal pattern of daily life. Formerly, the smoke of a fire served as
protection against the mosquitoes. In the modern Lau villages most people sleep
under mosquito nets. Wooden headrests, which a few old people still keep in their
house as a kind of curio, have been replaced by pillows. In every kitchen metal
cooking pots are in use which have replaced the traditional earthenware vessels.
Indeed, the latter had already disappeared by the early Thirties.
The more prosperous families owned a Singer sewing machine, small cup-
boards for storing their plates, cups, glasses, and cutlery, and chairs and tables.
Since people always sit on the floor, the latter served solely as status symbols,
the chairs standing in a row against the wall and the table being used to
display such luxuries as flower vases, a carafe with glasses, etc. So many people
had transistor radios that anyone walking through the villages could hear the
programme being broadcast by Radio Suva without interruption.
Outlook for the future
What is going to happen to the ‘Tongan’ houses of the Lau Islands in the
future will depend largely on economic developments in this area. So far, the
important changes and innovations in house construction have had their greatest
impetus in periods of prosperity. People started to replace the palm-leaf
thatching by iron roofs during the 1900—1920 boom, and this development
continued in the post-war years when tourism increased steadily and became
14 Hocart already mentions ‘hurricane lanterns' among the ‘modern’ elements of the
furniture in the Lauan houses (1929, p. 10). Thompson’s report gives only the
traditional means of illumination, but there can be no doubt that she came across
(unused) kerosene lamps.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
313
an important factor in the economy. The latter period also saw the substitution
of nails for the sennit lashings, which were an ornamental asset to the tradi-
tional ‘Tongan’ house. The interior of the houses then changed considerably due
to the increased use of furnishings and household equipment of Western origin,
such as kerosene and ‘benzine’ lamps, mosquito nets, pillows, iron cooking pots,
and transistor radios. All of these innovations were made possible by a surplus
of money. By surplus is meant the amount of money left after the purchase of
Western food and commodities such as sugar, flour, rice, tea, matches, tobacco,
cigarettes, and clothes, which have become part of the normal pattern of life.
On this basis it seems justified to predict that any further development of
houses and house construction involving the introduction of still more Western
elements will depend strongly on the persistence or improvement of the present
economic situation. These conditions could lead to further innovations in the
already partly transformed ‘Tongan’ house. Another trend is also conceivable,
however: the gradual disappearance of these beautiful houses from the Lauan
villages and their replacement by dwellings made of cement and corrugated
iron.
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Tippett, Alan Richard
1968 Fijian Material Culture. B. P. Bishop Museum Bulletin 232. Honolulu.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
317
Fig. 1. Beams (boca) of hardwood timber on the
deck of a Fijian sailing canoe. The owner, an in-
habitant of Moce, had just arrived from Ogea,
where he had received the timber from a relative
who lived on that island.
318 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
Fig. 2. Gasan growing on the eastern foothils
of Delaimakotu.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
319
Fig. 3. Kie leaves being cut Into strips for mat plaiting.
Fig. 4. Mat plaiting by the chief’s wife. The work is done on the
mat-covered floor of the house.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
321
Fig. 6. A plaited tahakau mat.
3 2 2 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
Fig. 7 a, b. Two views of a typical Moce house in Korotolu village.
O CD
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
323
Fig. 8. Drawings of a typical Moce house
I Plan at ground
II Front view from inside
IV Reflected plan of ceiling
Constructional elements
A 1—6 Main post (duru levu) C6 Curved wall plate (ilolo levu)
B 1—4 End-wall post (duru lekaleka) C 7 Curved roof plate (ilolo lailai)
B 5 King post (bou) C 8 Collar beam and slanting
C 1 Tie beam plate (kacu halavu) struts (soka)
C 2 Tie beam (coka) C 9 Ridgepole (doka)
C3 Median plate (yavu ni bou) D 1 Rafter (isa)
C 4 Roof plate (lewe ni vale) D 2 Purlin (iapai, poleni)
C 5 Straight wall plate (qasiqasi) D 3 Wall pole (latu)
D 4 Wall crossbar (volosi)
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
327
Fig. 11a, b. Stitching of Pandanus-leaf strips with a vativati for the thatch.
3 28 Kooijman, Continuity and Change in Houses and
House Construction
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
329
21 Baessler-Archiv XXVI
330 Kooijman, Continuity and Change in biouses and House Construction
of a house.
Baessler-Arcliiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
331
zigzag pattem.
33 2 Kooijman, Continuity and Change in Houses and House Construction
Sketch-map of the Fiji Islands
1 Lakeba
2 Vanua Vatu
3 Oneata
4 Komo
5 Namuka
6 Kabara
7 Fulaga
8 Ogea Levu
9 Ogea Driki
10 Vatoa
11 Ono-i-Lau
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
333
METALLURGISCHE UNTERSUCHUNGEN
DER BENIN-MESSINGE
DES MUSEUMS FÜR VÖLKERKUNDE BERLIN
Teil II
Beitrag zur Frage der Datierung der Messinge und der Herkunft
des Rohmaterials
von O. WERNER, Berlin
Einleitung
Der 1970 erschienene erste Teil dieser Arbeit1 enthielt eine Liste von rd. 180
Analysen der Objekte der Benin-Sammlung des Museums für Völkerkunde
Berlin. Die ganz überwiegende Zahl dieser Objekte besteht aus Messing, d. h.
aus einer Kupfer-Zink-Legierung mit Zinkgehalten zwischen 2 °/o und 38 %
Zn. Diese Messinge enthalten außerdem noch etwas Zinn sowie verschiedene
Verunreinigungen, von denen hier ihr Gehalt an Nickel, Arsen und Antimon
besonders interessiert. Bei dem Versuch zu einer Systematik dieser Messing-
legierungen war darauf hingewiesen worden, daß kleinere Zinkgehalte von
1 bis 2 °/o Zn bei der Verhüttung zinkhaltiger Kupfererze, sog. Meliert-Erze,
in das Kupfer gelangt sein können. Kleinere Zinkgehalte können aber auch
durch Verdünnen zinkreicherer Messinge mit viel Kupfer entstanden sein.
Höhere Zinkgehalte zwischen etwa 7 % und 30 °/o Zn sind dagegen das Er-
gebnis einer planmäßigen Messingherstellung. Sie dürften im allgemeinen nach
dem bereits im Altertum bekannten sog. Galmei-Verfahren hergestellt worden
sein. Bei diesem Verfahren wird das Zinkerz Galmei zusammen mit Kohle und
Kupfermetall zu Zinkmetall reduziert, welches von dem Kupfermetall unter
Messingbildung in statu nascendi aufgenommen wird. Messinge mit Zink-
gehalten, die den Grenzwert von rd. 30 °/o Zn wesentlich überschreiten, kön-
nen nicht nach dem Galmei-Verfahren hergestellt worden sein, denn der nach
diesem Verfahren erreichbare Höchstgehalt an Zink liegt aus thermodynami-
schen Gründen2 bei rd. 30 % Zn. Messinge mit einem 30 % Zink überschrei-
1 Werner, O. 1970, S. 71—153
2 Haedecke, K. 1973, S. 229—233
334
Werner, Benin-Messinge
tenden Gehalt können erst nach Beginn des 19. Jahrhunderts aus Zinkmetall
und Kupfermetall hergestellt worden sein, denn erst von dieser Zeit an gelang
die gesonderte Herstellung von Zinkmetall und seine industrielle Verwendung
zur Messingherstellung. Messinge mit Zinkgehalten zwischen etwa 24 % und
30 % Zn können nicht nur nach dem Galmei-Verfahren, sondern natürlich
auch durch Verdünnen wesentlich zinkreicherer Messinge mit Kupfer entstan-
den sein. Neben den Messingen finden sich unter den Objekten der Berliner
Benin-Sammlung in geringer Zahl auch einige Bronzen, d. h. Kupfer-Zinn-
Legierungen. Zu ihnen gehören neben einigen wenigen Platten vor allem die
den sog. „Werkstätten am unteren Niger“ zugeordneten Objekte.
Die im Benin-Schrifttum ausführlich erörterten Datierungsfragen3-14 basie-
ren ganz überwiegend auf geschichtlicher Überlieferung und stilkritischen Un-
tersuchungen. Als Ergebnis dieser Forschungen kann festgestellt werden, daß
die Zinn-Bronzen und die zinkarmen Messinge zu den ältesten Objekten ge-
hören. Die zinkreicheren Messinge, vor allem die überwiegende Zahl der
sog. Platten, werden etwa auf das Ende des 15. bis Mitte des 17. Jahrhunderts
datiert. Sie haben mittlere Zinkgehalte um etwa 10 % bis 15 %, und der
Höchstwert überschreitet kaum 20 °/o Zn. Die noch zinkreicheren Benin-Mes-
singe mit Zinkgehalten bis etwa 25 °/o Zn sind nach diesen Forschungen etwa
auf das ausgehende 17. bis zum 18. Jahrhundert zu datieren. Messinge mit
wesentlich über 25 % liegenden Zinkgehalten, insbesondere die sog. Spitz-
haubenköpfe mit Plinthe, deren Zinkgehalte meist zwischen 28 °/o und 38 °/o
Zn liegen, sind sowohl aus stilkritischer Sicht als auch aus den genannten
metallurgischen Gründen dem 19. Jahrhundert zuzuordnen.
Veranlassung für die vorliegende Untersuchung sind neuere Erkenntnisse
über metallurgische Zusammenhänge, die der Verfasser auf Grund einer großen
Zahl von Analysen mittelalterlicher mitteleuropäischer Messinge und Bronzen
3 Read, C. H., und Dalton, O. M. 1899
4 Luschan, F. v. 1919, Bd. 8—10
5 Crahmer, W. 1908, S. 301—303, 1909, S. 345—349, 1910, S. 78/79
6 Struck, B. 1923, S. 113—166
7 Sydow, E. v. 1932, S. 121—128
8 Schweeger-Hefel, A. 1948, S. 5—34
9 Bradburry, R. E. 1959, S. 263—287
10 Dart, Ph. 1960
11 Wolf, S. 1962, 1963, 1965, 1966, 1968
12 Fagg, W. 1963
13 Ryder, A. F. C. 1965, S. 25—37
14 Willett, F. 1967
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
335
gewonnen hat15. Aus vielen Überlieferungen16' 17 ist bekannt, daß sowohl im
Mittelalter als auch vor allem von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an,
nachdem die Portugiesen den Seeweg nach Westafrika erschlossen hatten, ein
umfangreicher Export europäischer Messinge und anderer Kupferlegierungen
nach Nigeria stattfand. Daher liegt es nahe, auf Grund des nunmehr vor-
liegenden umfassenden Analysenmaterials sowohl europäischer wie nigeriani-
scher Objekte einen Vergleich der europäischen mit den nigerianischen Messin-
gen vorzunehmen und sowohl die Frage der Datierung als auch die Frage
nach der möglichen Herkunft dieser Materialien zu erörtern.
Kurze Zusammenfassung der aus den Analysen der mittelalterlichen und
spätmittelalterlichen europäischen Bronzen und Messinge
gewonnenen Erkenntnisse
Die Angaben über Herkunft und Datierung der vom Verfasser analysierten
europäischen Objekte stützen sich zunächst auf die zahlreichen für diese Ob-
jekte vorliegenden kunstgeschichtlichen und stilkritischen Feststellungen und
Erkenntnisse. Ihre Anwendung auf die Analysenergebnisse ließ erkennen, daß
zwischen der Reinheit der Legierungen, d. h. ihrem Gehalt an den in geringer
Menge vorhandenen Nebenbestandteilen Nickel, Arsen und Antimon, und
ihrem Alter ein deutlich erkennbarer Zusammenhang besteht. Die Analysen
ergaben, kurz gesagt, daß der Nickelgehalt und meist auch der Arsengehalt der
Bronzen und Messinge des 11. bis 13. Jahrhunderts bedeutend geringer ist als
der der Messinge und Bronzen des 15. bis 18. Jahrhunderts. Der Nickelgehalt
der älteren Messinge und Bronzen übersteigt nur in wenigen Fällen den Grenz-
wert von 0,1 °/o Ni. Der Nickelgehalt der späteren Messinge liegt dagegen bei
der ganz überwiegenden Zahl der Objekte über 0,1 °/o Ni und erreicht in eini-
gen Fällen sogar Beträge von 1 °/o bis 2 % Ni und mehr. Das 14. Jahrhundert
ist eine Übergangszeit, in der mit gleicher Wahrscheinlichkeit Nickelgehalte
unter 0,1 <Vo wie auch über 0,1 % Ni auftreten können. Die folgende Tabelle 1
gibt einen Überblick über die im vorliegenden Zusammenhang wichtigsten
Ergebnisse.
Aus Tabelle 1 ist zu entnehmen, daß der Nickelgehalt des älteren Kupfers
wie auch der älteren Bronzen und Messinge im Mittel bei etwa 0,04% Ni
liegt. In der späteren Zeit steigt er dagegen auf rd. 0,38 %Ni an und kann, wie
gesagt, Höchstwerte von 2 % Ni und mehr erreichen. Ein ähnlicher, wenn auch
15 Werner, O. 1977, S. 144—197
16 Strieder, I. 1932, S. 249 ff.
17 Sundström, L. 1965
33ó
Werner, Benin-Messinge
Tabelle 1
Zusammensetzung von älterem und jüngerem Kupfer sowie von Bronzen
und Messingen nach Analysen des Verfassers
Zeit- °/o °/o °/o °/o °/o °lo °/o Zahl der
abschnitt Kupfer Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon Analysen
Kupfer
11.-13. Jh. Anoden-Kupfer 98,5 0,23 0,51 0,38 0,04 0,17 0,17 22
20. Jh. 98,4 0,05 0,2 n. b. 0,6 0,39 0,34 1
Bronzen
11.-13. Jh. 84,4 0,84 6,1 6,8 0,04 0,11 0,22 48
14.-17. Jh. 87,8 0,66 2,6 7,3 0,38 0,51 0,58 40
Messinge
11.-13. Jh. 83,1 11,3 2,5 2,8 0,04 0,11 0,17 185
14.-17. Jh. 76,7 15,9 4,1 1,7 0,34 0,25 0,28 59
nicht ganz so starker Anstieg findet sich bei dem Arsen- und Antimongehalt.
Bei den Hauptlegierungsbestandteilen der Bronzen ist mit Annäherung an die
jüngere Zeit eine Abnahme des Bleigehaltes festzustellen, während der Zinn-
gehalt praktisch konstant bleibt. Bei den jüngeren Messingen ist eine Zunahme
des Zink- und des Bleigehaltes festzustellen, während der Zinngehalt abnimmt.
Bei den Zahlen der Tabelle 1 handelt es sich in allen Fällen um Mittelwerte,
bei denen im Einzelfall z. T. erhebliche Abweichungen sowohl nach oben wie
auch nach unten auftreten können.
Auf die tieferen Ursachen für die zeitabhängige Verminderung des Reinheits-
grades der Kupferlegierungen kann hier nur kurz eingegangen werden. Die
Erklärung für diese Erscheinung ist darin zu suchen, daß in der älteren Zeit
vorwiegend oberflächennahe, sog. sekundäre Kupfererze gewonnen und zu
Kupfer verhüttet wurden. Diese Sekundärerze sind oxidisch-carbonatische Erze,
die durch große Reinheit ausgezeichnet und leicht zu verhütten sind. In der
späteren Zeit waren die Vorkommen der früher leicht zugänglichen oberflächen-
nahen Sekundärerze praktisch erschöpft. Nun wurde es notwendig, zur Gewin-
nung der Kupfererze tiefere Schächte zu graben, wo man auf die sulfidischen
Primärerze stieß. Diese enthalten z. T. erhebliche Mengen an Verunreinigungen,
insbesondere auch an Nickel, Arsen und Antimon. Die Verhüttung der sulfidi-
schen Erze war mit großen Schwierigkeiten verbunden, und das aus ihnen
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
337
gewonnene Kupfer hatte einen erheblich höheren Gehalt an den genannten Ver-
unreinigungen, der sich auch den aus diesem Kupfer hergestellten Bronzen und
Messinglegierungen mitteilte.
Hier ist übrigens noch anzumerken, daß der Anteil der Bronzen unter den
Kupferlegierungen der älteren Zeit bei etwa 15 °/o und der der Messinge bei
rd. 78 % lag. In der späteren Zeit stieg der Anteil der Messinge auf rd. 86 °/o,
und der der Bronzen verminderte sich auf rd. 6 °/o. Aus diesen Zahlen geht
hervor, daß der Anteil der Bronzen unter den Kupferlegierungen der älteren
Zeit ganz erheblich geringer ist, als vielfach angenommen wird. Als Ergebnis
der Analysen von Tabelle 1 ist festzustellen, daß die hier besonders interessie-
renden Messinge mit einem unter 0,1 °/o liegenden Nickelgehalt, einem eben-
falls niedrigen Arsengehalt und einem mittleren um rd. 11 °/o liegenden Zink-
gehalt mit einem hohen Grade an Wahrscheinlichkeit auf das 11. bis 13. Jahr-
hundert zu datieren sind. Messinge mit einem wesentlich höheren Nickel- und
Arsengehalt und einem mittleren Zinkgehalt von rd. 16 %, der auch auf
20 % Zn und mehr ansteigen kann, sind dagegen auf das 14. bis 17. Jahrhun-
dert zu datieren. Dabei ist nicht auszuschließen, daß in Ausnahmefällen bei den
älteren Messingen gelegentlich einmal ein Messing mit etwas mehr als 0,1 °/n
Nickel und bei den jüngeren Messingen gelegentlich einmal ein solches mit etwas
unter 0,1 °/o Ni liegendem Nickelgehalt auftritt.
Etwa vom Ende des 15. Jahrhunderts an tritt im norddeutschen Bereich als
Folge der Verhüttung besonders unreiner sulfidischer Kupfererze noch ein wei-
teres Produkt auf, welches, wie später noch zu zeigen sein wird, gerade für
Benin von besonderer Bedeutung wurde. Dieses Produkt entstand bei der Ver-
hüttung von mit Blei verunreinigten Kupfererzen mit einem besonders hohen
Gehalt an Nickel, Arsen und Antimon, den sog. Fahlerzen. Es wurde zunächst
als kaum verwertbares Abfallprodukt beiseite geschoben, gelegentlich aber auch
als billiger Zusatz bei dem Guß von Bronze- und Messing-Objekten verwendet.
Dieses auch als „Speise“ bezeichnete Abfallprodukt trat bei Kupferhütten im
norddeutschen Raum noch im 19. Jahrhundert auf. Nach C. Eluhn18 19 lagerten
auf dem Gelände des Hüttenwerkes Oker im Harz noch um die Mitte der sieb-
ziger Jahre des 19. Jahrhunderts „beiseite geschobene Speisen“ in einer Menge
von rd. 500 t. Diesem Autor verdanken wir auch die erste Analyse einer solchen
„Speise“, denn im 15. und 16. Jahrhundert konnten natürlich noch keine exak-
ten Analysen ausgeführt werden. Die Analyse einer ähnlich zusammengesetzten
Speise teilte W. George10 1930 mit.
18 Huhn, C. 1905, S. 1165 ff.
19 George, W. 1930, S. 605—612
338
Werner, Benin-Messinge
Tabelle 2
Zusammensetzung zweier Speisen
Speise aus Speise aus
Okerls Lautenthal19
% Kupfer 51,73 33,5
% Blei 36,20 28,5
% Arsen 2,75 8,2
% Antimon 3,34 17,0
% Nickel 0,3 1,2
Speisen sind also, wie man aus Tabelle 2 sieht, Kupfer-Blei-Legierungen mit
einem sehr hohen Bleigehalt und einem ebenfalls hohen Gehalt an Arsen und
Antimon sowie auch an Nickel. Unter den vom Verfasser analysierten euro-
päischen Messingen und Bronzen aus dem 15. bis 17. Jahrhundert finden sich
mehrere Objekte mit einem ungewöhnlich hohen Arsen- und Antimongehalt,
der die in Tabelle 1 genannten Mittelwerte bedeutend übersteigt und stets mit
einem ebenfalls ungewöhnlich hohen Bleigehalt verbunden ist. Dies deutet auf
die Verwendung von Speise als Zusatz zu dem in den norddeutschen Gießereien
verwendeten Gußmaterial hin. Einige ganz ähnlich zusammengesetzte Messinge
finden sich auch unter den vom Verfasser analysierten Benin-Objekten20. Vor
allem haben viele der nigerianischen Geldringe (Manillas), deren Analysen
ebenfalls bereits in Teil I dieser Arbeit veröffentlicht wurden, abgesehen von
einem etwas niedrigeren Arsengehalt, eine ganz ähnliche Zusammensetzung wie
die in Tabelle 2 genannten europäischen Speisen. Diese Feststellungen legen die
Vermutung nahe, daß manche der besonders Blei- und Antimon-reichen Benin-
Messing-Objekte unter Zusatz der aus Europa importierten Manillas hergestellt
wurden. Nach diesen Feststellungen kann das Auftreten ungewöhnlich hoher
Blei- und Antimongehalte bei Benin-Messingen als eine weitere Datierungs-
möglichkeit Verwendung finden. Sie deuten auf eine Entstehung dieser Messinge
im 16. und 17. Jahrhundert hin.
Über die Herkunft des Bleigehaltes der Messinge
Nach den jetzt vorliegenden Analysen haben die bekannten Messinge viel-
fach sehr unterschiedliche Bleigehalte, die zwischen wenigen Zehntel Prozenten
und Höchstgehalten von 15 °/o bis 20 % Pb liegen können. Hier erhebt sich
natürlich die Frage nach der Herkunft so hoher und unterschiedlicher Blei-
20 Werner, O. 1970, S. 90
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
339
gehalte. Kleine Bleigehalte von weniger als 1 % bis höchstens 2 % Pb können
aus einem mit Blei verunreinigten Kupfer stammen. Bei den höchsten Bleigehal-
ten ist dagegen mit einem absichtlichen Bleizusatz, wahrscheinlich zur Verbesse-
rung der Gießfähigkeit der Legierung zu rechnen. Auch der Zusatz der eben
erwähnten besonders bleireichen „Speise“ kann einen erhöhten Bleigehalt zur
Folge haben. Die Betrachtung mancher bleireichen Messinge mit einem oft nicht
unerheblichen Zinngehalt legt die Vermutung nahe, daß Zinn und Blei diesen
Messingen nicht getrennt und in reiner Form zugesetzt wurden, sondern in
Form von Blei-Zinn-Legierungen, die schon im Altertum vielfach Verwendung
fanden21. Solche Legierungen hatten Bleigehalte von 15 % bis 35 °/o Pb, Rest
Zinn. Sie werden auch zlsTafelzinn, englisch pewter bezeichnet22. Oder sie hat-
ten Bleigehalte von 50% bis 60% Pb, Rest Zinn. Eine solche Legierung ent-
spricht dem heutigen Lötzinn und war ebenfalls bereits im Altertum bekannt23.
Angesichts des bereits im Altertum bestehenden großen Preisunterschieds zwi-
schen Zinn (plumbum candidum) und Blei (plumbum nigrum)24ist anzunehmen,
daß bei der Fierstellung von Zinn-Bronzen dem Kupfer nicht immer reines
Zinn, sondern häufig auch eine zinnreiche Bleilegierung nach Art des pewter zu-
gesetzt wurde. Flierauf dürfte der oft auffallend hohe Bleigehalt mancher Zinn-
Bronzen zurückzuführen sein. Andererseits ist es aber auch denkbar, daß das
manchen Messingen zugesetzte Blei nicht immer reines Blei, sondern gelegentlich
auch Lötzinn war, wodurch der Schmelzpunkt und damit die Gießfähigkeit der
Legierung verbessert wurde.
Alle diese Überlegungen reichen jedoch nicht aus, um den vielfach sehr unter-
schiedlichen Bleigehalt der Messinge zu erklären. Hier muß nochmals auf das
klassische Verfahren der Messinggewinnung, das Galmei-Verfahren, eingegan-
gen werden. Bei diesem Verfahren wird, wie bereits eingangs erwähnt, das
Zinkerz Galmei mit Kohle bei Gegenwart von Kupfer reduziert. Ohne den
Kupferzusatz würde der bei der erforderlichen hohen Reduktionstemperatur
von rd. 1000 °C zunächst entstehende Zinkmetall-Dampf sofort wieder oxidiert
werden. Bei Gegenwart von Kupfermetall wird er jedoch in statu nascendi vom
Kupfermetall sofort unter Messingbildung aufgenommen und nur ein geringer
21 Plinius, G. Historia naturalis, Buch 34, S. 160—161
22 Tylecote, R. F. 1962, S. 68/69
23 Wolters, J. 1975, S. 75
21 Bibra, E. v. 1869, S. 33, „Zwei Teile Blei und ein Teil Zinn heißt tertiarium . . .
Unredliche Leute nehmen zum tertiarium noch gleiche Teile Zinn und nennen es
argentarium . . . Sie lassen sich für das Pfund dieser Mischung 166 Denare zahlen,
während Zinn 10 Denare, Blei 7 Denare kostet.“
340
Werner, Benin-Messinge
Teil verfällt der Oxidation. Bei der Erörterung des Galmei-Verfahrens ist nun
darauf zu achten, daß das Zinkerz Galmei nicht ausschließlich aus Zinkkarbo-
nat besteht, sondern fast immer mit anderen Metallen in mehr oder weniger
großem Umfange verunreinigt ist. Zu diesen Verunreinigungen des Galmei-
Erzes gehört auch das Blei. Wie unterschiedlich der Bleigehalt von Zinkerzen
sein kann, soll die folgende Tabelle 3 zeigen23 * 25.
Tabelle 3
Bleigehalt verschiedener Galmei-Erze
Herkunftsland der Erze °/o Zink °lo Blei
Griechenland 47,6 0,37
Sardinien 53,1 1,92
Iran 51,7 2,35
Kalifornien (eigene Analyse) 42,3 3,28
Ägypten 39,6 6,3
unbekannt (Analyse Maréchal)26 38,2 11,2
Der Bleigehalt der Galmei-Erze ist also sehr unterschiedlich, und selbst der in
der Tabelle 3 angegebene Höchstgehalt von 11,2% Blei kann in einzelnen
Fällen noch erheblich überschritten werden. Im norddeutschen Harzgebiet kom-
men Zink-Blei-Erze vor, bei denen der Bleigehalt den Zinkgehalt noch über-
treffen kann. Bei der Bleigewinnung aus solchen zinkhaltigen Bleierzen blieb in
alter Zeit das sich dabei an den Ofenwänden absetzende Blei-Zinkoxidgemisch
zunächst noch als Abfall unberücksichtigt. Im Jahre 1548 wurde jedoch bei den
Harzer Blei-Hütten Erasmus Ebener, Hofrat und Berater des Herzogs Julius
von Braunschweig27, auf dieses zinkreiche Abfallprodukt aufmerksam und ver-
anlaßte seine Verwendung bei der Messingfabrikation. Es erhielt den Namen
Ofengalmei und hatte nach neueren Analysen28 neben dem Hauptbestandteil
Zinkoxid einen Bleigehalt von rd. 12 % Pb. Daneben wurde im Harz-Gebiet
aber auch weiterhin der Rammeisberger Berggalmei zur Messingfabrikation
verwendet, dessen Bleigehalt vielfach noch größer gewesen sein dürfte als der
des Ofengalmeis.
Große Galmei-Vorkommen gab es indessen auch im rheinisch-lothringischen
Grenzgebiet, dem ehemals römischen Niedergermanien. Diese Galmeierze wur-
23 Ullmann, 1931, Bd. 19, S. 47
2(1 Marechal, J. 1938
27 Erker, L., bearbeitet und eingeleitet von Beierlein, 1968
28 Hofmann, K. B. 1882, S. 527/28
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
341
den schon in spätrömischer Zeit ausgebeutet und zur Messingfabrikation ver-
wendet29. Das Spitzenprodukt dieses Gebietes war der Galmei vom Alten-
berge, dessen Bleigehalt ungewöhnlich niedrig war. Er lag bei rd. 0,5 °/o Pb30
Mengenmäßig übertraf die Galmei- und Messingproduktion dieses Gebietes bei
weitem die des Flarzgebietes. Durch seinen geringen Bleigehalt war das rhei-
nisch-lothringische Messing besonders für die formgebende Bearbeitung geeignet
und unterschied sich dadurch grundsätzlich von dem viel bleireicheren Harzet
Messing, welches vorwiegend für Gießereizwecke Verwendung fand.
Mit diesen Feststellungen ist bereits zum Ausdruck gebracht, daß der Blei-
gehalt des Galmeierzes bei der Messingfabrikation zusammen mit dem Zink
in das Kupfer übergeht und je nach der dabei in das Messing gelangenden Blei-
menge dessen Charakter und Verwendbarkeit beeinflußt. Der Übergang des
Bleis aus dem Galmeierz in das daraus hergestellte Messing wurde bereits 1938
durch Versuche von J. Maréchal31 sowie später durch eigene Versuche des Ver-
fassers bestätigt. Bei diesen neuzeitlichen Nachahmungen des alten Galmei-
verfahrens enthielt das aus einem bleihaltigen Galmeierz hergestellte Mes-
sing infolge des unvermeidlichen Abbrandes zwar weniger Zink und
weniger Blei als das Erz ursprünglich enthalten hatte, aber das Verhältnis
Zink : Blei in dem daraus hergestellten Messing war annähernd dasselbe,
wie in dem ursprünglichen Galmeierz. Entgegen älteren Vermutungen
war also der Zinkabbrand bei der Messingfabrikation nicht wesentlich
größer als der Bleiabbrand. Die eigenen Versuche führten zugleich
noch zu einem weiteren wichtigen Ergebnis: verdünnt man ein bleihaltiges
Messing durch Zusammenschmelzen mit Kupfer, so vermindert sich zwar der
Zink- und der Bleigehalt der Legierung, das Verhältnis Zink : Blei bleibt je-
doch auch jetzt praktisch unverändert. Diese wichtige Feststellung bedeutet; da
bei dem Umschmelzen von Messing mit Kupferzusatz der Zinkabbrand nicht
wesentlich größer ist als der Bleiabbrand, weist das Umschmelzprodukt nicht
nur praktisch dasselbe Zink/Blei-Verhältnis auf wie das Ausgangssmessing,
sondern sogar annähernd dasselbe Zink/Blei-Verhältnis wie das Galmeierz, aus
dem das Ausgangsmessing hergestellt wurde. Hierzu die folgende Modell-
rechnung:
Ein Messing mit 25 % Zink und 10 °/o Blei soll in mehreren Stufen mit
Kupfer verdünnt werden:
29 Willers, H. 1901, 251 S.
30 Voigt, A. 1955/56, S. 318—336
31 Maréchal, J. 1938
342
Werner, Benin-Messinge
Kupfer n/o Zink °/o Blei °/o Blei °/o Zink
65 25 10 40,00 o/o
75 17,85 7,14 40,00 o/o
85 10,71 4,29 40,00 %
95 3,57 1,43 40,00 o/o
Wie man sieht, findet beim Verdünnen von Messing mit Kupfer zwar eine
bedeutende Veränderung der Einzelkonzentrationen statt, der BleHZink-
Quotient bleibt jedoch unverändert. Die vorstehenden Ausführungen können
zu dem folgenden wichtigen Ergebnis zusammengefaßt werden:
E Der Bleigehalt der Messinge ermöglicht Rückschlüsse auf die Lagerstätte,
aus der das zur Messingfabrikation verwendete Galmeierz stammte. Eine
Lagerstätte, die durch bleiarme Galmeierze gekennzeichnet ist, läßt die
Entstehung eines relativ bleiarmen Messings erwarten. Umgekehrt kann
man aus einem nach dem Galmeiverfahren hergestellten relativ bleireichen
Messing auf die Verwendung eines Erzes aus einer bleireichen Lagerstätte
schließen.
2. Auch bei sehr unterschiedlichen Blei- und Zinkgehalten mehrerer Messinge
kann man bei Konstanz des Blei/Zink-Quotienten auf die Herkunft
der Legierungen aus einer gemeinsamen Erz-Lagerstätte oder auf das Vor-
handensein eines gemeinsamen Ausgangsmessings schließen, welches nur mit
Kupfer verdünnt wurde. Voraussetzung für einen solchen Schluß ist, daß
das zum Verdünnen verwendete Kupfer nicht selbst nennenswerte Mengen
Blei oder Zink enthielt.
Nach den vorstehenden Ausführungen gab es im mitteleuropäischen Raum
im Mittelalter und auch noch in der späteren Zeit zwei Hauptlagerstätten von
Galmeierz und damit auch zwei Haupterzeugungsgebiete für Messing. Das eine
war das Harzer Bergbaugebiet, welches durch sehr bleireiche Galmeierze ge-
kennzeichnet ist, mit den hauptsächlichsten Messing-Werkstätten in Hildesheim,
Braunschweig, Lübeck. Das andere waren die im rheinisch-lothringischen Grenz-
gebiet gelegenen Galmei-Lagerstätten von Gressenich, Stolberg und vor allem
Altenberg und die Messing-Werkstätten in Köln, Trier, Aachen, Dinant. Die
Galmeierze der hier gelegenen Lagerstätten waren durch einen relativ geringen,
wenn auch örtlich etwas unterschiedlichen Bleigehalt gekennzeichnet, der sich,
ähnlich wie der hohe Bleigehalt der Harzer Erze, auf das daraus hergestellte
Messing „vererbte“. Bei den im Mittelalter und im Spätmittelalter aus Mittel-
europa nach Westafrika exportierten Messingen wird man daher aus dem mehr
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
343
oder weniger hohen relativen Bleigehalt dieser Messinge gewisse Rückschlüsse
auf ihre Flerkunft aus dem einen oder dem anderen der beiden europäischen
Haupterzeugungsgebiete ziehen können. Gegen Ende des 17. und mit Beginn
des 18. Jahrhunderts sind dann wahrscheinlich zunehmend Messinge aus ande-
ren westeuropäischen Produktionsgebieten, z. B. aus Frankreich, England oder
Spanien nach Westafrika exportiert worden, so daß von dieser Zeit an die
mitteleuropäischen, insbesondere die deutschen Messinge wahrscheinlich mehr
in den Hintergrund getreten sind.
Die vorstehenden Ausführungen sind natürlich nur ein grundsätzlicher Bei-
trag zur Frage nach der Herkunft des Bleigehaltes der Messinge. In praxi wird
man selten mit einer solchen Konstanz des Blei/Zink-Quotienten rechnen
können wie in der Modellrechnung. Abgesehen von einem bereits erwähnten
möglicherweise vorhandenen geringen Bleigehalt des zum Verdünnen des Mes-
sings verwendeten Kupfers muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß das
vorhandene Messing nicht mit Kupfer, sondern mit einem anderen als Schrott
vorhandenen Messing oder den Resten einer Zinn-Bronze zusammengeschmol-
zen wird. Dann ergeben sich begreiflicherweise Schwierigkeiten bei der Quo-
tientenberechnung.
Weitere Schwierigkeiten bestehen darin, daß bei der Lokalisierung bestimm-
ter Objekte aus kunsthistorischer Sicht die vorhandenen Angaben sich auf das
Objekt, nicht aber auf das Material beziehen. Alle auf Grund der vorstehenden
Ausführungen gemachten Aussagen haben daher nur den Charakter einer mehr
oder weniger großen Wahrscheinlichkeit. Auch die eingangs beschriebenen Da-
tierungen auf Grund des mehr oder weniger großen Reinheitsgrades der Legie-
rungen haben natürlich ebenfalls nur Wahrscheinlichkeitscharakter, denn es
kann nicht ausgeschlossen werden, daß in älterer Zeit gelegentlich ein etwas
stärker verunreinigtes Kupfer zur Verarbeitung gelangte oder daß in jüngerer
Zeit einmal neue, bis dahin unbekannte Lagerstätten von sehr reinen Sekundär-
erzen erschlossen wurden, die dann zu einem für diese Zeit ungewöhnlich reinen
Kupfer und reinen Kupferlegierungen führten. Dies ist z. B. von Kupfererz-
Lagerstätten im Nahe-Gebiet bekannt, die erst im 15. Jahrhundert erschlossen
wurden. Das hier gewonnene Kupfer wurde etwa im 16. Jahrhundert nach dem
westdeutschen Grenzgebiet gehandelt, wo es bei der Messingfabrikation Ver-
wendung fand. So ist zu erklären, daß sich auch unter den auf das 16. und
17. Jahrhundert datierten Objekten gelegentlich solche mit einem für diese
Zeitperiode ungewöhnlich hohen Reinheitsgrad finden.
Auf die Frage nach der Möglichkeit der Unterscheidung zwischen einem von
einem bleireichen Galmeierz stammenden bleireichen Messing und einem Mes-
344
Werner, Benin-Messinge
sing, dessen hoher Bleigehalt auf dem Zusatz von Bleimetall, einer Blei-Zinn-
Legierung oder einer bleireichen „Speise“ beruht, wird weiter unten noch näher
einzugehen sein, ebenso auch auf Möglichkeiten zur Unterscheidung zwischen
Messing- und Bronzeschrott-Zusätzen.
Anwendung vorstehender Überlegungen auf die Benin-Messinge
Überblickt man die in Teil I dieser Arbeit mitgeteilten rd. 180 Analysen von
Benin-Objekten und dazu die älteren von anderer Seite mitgeteilten Analysen32,
so kann man, wenn man in einem Diagramm den Bleigehalt dieser Messinge
in Abhängigkeit von ihrem Zinkgehalt aufträgt, grob gesprochen, zwei Haupt-
gruppen unterscheiden. Die Messinge der einen Gruppe haben bei meist hohem
Zinkgehalt einen relativ kleinen Bleigehalt. Die Messinge der anderen Gruppe,
zu denen die Mehrzahl der sog. Platten gehört, haben dagegen einen relativ
hohen Bleigehalt, während ihr Zinkgehalt die Grenze von rd. 20 °/o kaum
überschreitet. Zum besseren Verständnis der aus einer solchen Darstellung zu
gewinnenden Erkenntnisse sollen die daraus möglichen Schlußfolgerungen zu-
nächst an Hand der folgenden schematischen bildlichen Darstellung unter Bezug-
nahme auf die Ausführungen im vorstehenden Abschnitt erläutert werden.
Im vorstehenden Abschnitt war an Hand eines Rechenbeispiels (S. 342) gezeigt
worden, daß bei Verdünnen eines stark bleihaltigen Messings mit reinem Kup-
fer sich zwar der Zink- und der Bleigehalt ändert, daß aber der Quotient
°/o Blei
----—- X 100 praktisch unverändert bleibt. Die Zahlen der Modellrechnung
°/o Zink
auf S. 342 liegen der Kurve B in Bild 1 zugrunde. Als Folge der Konstanz des
Quotienten zielt die Verbindungslinie der vier Zahlenwerte genau auf den
Koordinaten-Anfangspunkt im Zink-Blei-Diagramm. Der Quotient hatte im
Rechenbeispiel den Wert Q = 40,0. Im folgenden zweiten Rechenbeispiel haben
wir es mit einem relativ bleiarmen, aber zinkreichen Messing zu tun.
°lo Kupfer °/o Zink
65 32
75 22,86
85 13,71
95 4,57
°/o Blei
°/o Blei °/o Zink
3 9,38 %
2,14 9,38 %
1,29 9,38 o/o
0,45 9,38 %
32 Wolf, S. 1966, S. 245; 1968, S. 150/153; Fröhlich, W. 1966, S. 253; Willett, F. 1964,
S. 83; Shaw, Th. 1965, S. 88/89; 1966, S. 150; 1969, S. 96/98; Werner, O., und
Willett, F. 1975, S. 151
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
345
Der Quotient (Q = 9,38 °/o) ist auch hier konstant, und die Verbindungslinie A
in Bild 1 zielt wieder genau auf den Koordinaten-Anfangspunkt. Die Voraus-
setzung für einen solchen Kurvenverlauf ist, wie bereits erwähnt, daß das zum
Verdünnen der Messingschmelze verwendete Kupfer einen hohen Reinheitsgrad
hat, insbesondere daß es keine nennenswerte Menge Blei enthält, da sonst in
Abhängigkeit von der Höhe des zusätzlichen Bleigehaltes eine Veränderung des
22 Baessler-Archiv XXVI
346
Werner, Benin-Messinge
Quotienten eintritt. Verdünnt man das Ausgangsmessing mehrere Male mit
einem solchen etwas Blei enthaltenden Kupfer, so kommt es zu einer Parallel-
verschiebung der Ausgangslinie. Sie ist in Bild 1 gestrichelt als Parallele Ai und
Bi zu den beiden Verbindungslinien A und B gezeichnet. Sie schneidet die Blei-
Achse nicht im Nullpunkt, sondern bei rd. 0,5 °/o Blei. Bei der Quotienten-
berechnung muß man in einem solchen Falle den analytisch bestimmten Blei-
gehalt um 0,5 °/o Pb verringern.
Schneidet die Verbindungslinie mehrerer Meßpunkte die Blei-Achse bei einem
wesentlich höheren Bleigehalt, so ist daraus zu schließen, daß der Legierung
beim Umschmelzen außer Kupfer noch Blei aus einer anderen Quelle zugesetzt
wurde. Dieser Vorgang ist in Bild 1 durch die parallel zu B verlaufenden
Linien B2 und B3 angedeutet. Aus dem parallelen Verlauf aller drei Linien
kann auf eine einigermaßen gleichartige Zusammensetzung des Ausgangsmes-
sings wie auch des ihm zugrunde liegenden Galmeierzes geschlossen werden. Der
Unterschied zwischen den drei Linien liegt nur in der Höhe des Bleizusatzes.
Für eine größere Gruppe von durch eine solche Darstellung zusammengefaßten
Messingen bedeutet dies, daß das Rohmaterial aller Objekte aus derselben
Quelle stammt. Dies wird weiter unten an einer großen Zahl von Benin-Platten
noch näher zu erläutern sein.
Bisher war nur von zusätzlichen Blei-Verunreinigungen die Rede. Es kann
aber auch Vorkommen, daß die Verbindungslinie mehrerer Meßpunkte weder
auf den Koordinaten-Anfangspunkt zielt, noch die Blei-Achse schneidet, son-
dern vielmehr die Zinkachse bei einem mehr oder weniger großen Zinkgehalt.
Beispiele hierfür sind die in Bild 1 parallel zur Linie A verlaufenden, gestrichelt
gezeichneten Linien A? und A3, welche die Zink-Achse bei etwa 5 °/o und 8 °/o
Zink schneiden. In einem solchen Falle muß angenommen werden, daß der Aus-
gangslegierung beim Umschmelzen nicht Kupfer, sondern ein anderes, zink-
reicheres Messing zugesetzt wurde. Wir hätten es hier mit einer Art „Schrott-
verwertung“ zu tun, ein Vorgang, welcher in praxi nicht selten vorgekommen
sein dürfte. Auch hierfür wieder zwei Rechenbeispiele: Ein vorhandenes Mes-
sing mit 22 °/o Zink und 2 °/o Blei wird mit einem zinkreicheren Messing zu-
sammengeschmolzen, dessen Zinkgehalt 30 °/o Zn und dessen Bleigehalt 1,2 °/o
Pb beträgt. Im 1. Falle werden 10 Teile des Ausgangsmaterials a mit 3 Teilen
des zinkreicheren Messings b zusammengeschmolzen. Dies ergibt die Legie-
rung c:
°/o Kupfer °/o Zink °/o Blei
10 Teile Messing a 76,0 22,0 2,0
3 Teile Messing b 20,64 9,0 0,36
Messing c 74,34 23,85 1,82
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
347
Im zweiten Falle werden gleiche Teile der Legierungen a und b miteinander
verschmolzen. Dann ergibt die Rechnung die folgende Zusammensetzung der
Legierung
°lo Kupfer °/o Zink °/o Blei
1 Teil Messing a 76,0 22,0 2,0
1 Teil Messing b 68,80 30,0 1,2
Messing d 72,40 26,0 1,6
Die Ausgangslegierung a und die beiden durch Mischung entstandenen Legie-
rungen c und d sind in Bild 1 auf den gestrichelten, parallel zu A verlaufenden
Linien Ao und A3 eingetragen. Sie schneiden die Zinkachse bei rd. 4 °/o und
rd. 8 °/o Zink. Bei einer Quotientenberechnung würde in diesen beiden Fällen
der analytisch bestimmte Zinkgehalt um 4 °/o bzw. 8 % Zn zu kürzen sein.
Das beschriebene Verfahren gewinnt vor allem dadurch an Bedeutung, daß
durch die Verbindung mehrerer Meßpunkte mögliche Zusammenhänge zwischen
Legierungen unterschiedlicher Zusammensetzung erkennbar werden. Ein großes
Analysenmaterial erleichtert die Herstellung solcher Verbindungslinien, doch ist
eine gewisse Willkür dabei natürlich nicht auszuschließen, und in jedem Falle
bedarf es einer sorgfältigen Überlegung. In der bisherigen Praxis zeichnen sich
für die Herstellung solcher Verbindungslinien folgende Bedingungen ab:
1. Die Verbindungslinien sollen, wenn irgend möglich, auf den Koordinaten-
ausgangspunkt zielen oder wenigstens doch in seine Nähe.
2. Die Verbindungslinien sollen so viele Meßpunkte wie irgend möglich mit-
einander verbinden.
Die Richtigkeit vorstehender Überlegungen ließ sich in mehreren Fällen an ein-
zelnen Objekten nachweisen, von denen mehrere Analysenproben unterschied-
licher Zusammensetzung entnommen worden waren. Die Verbindungslinie der
Analysenwerte zielte auf den Koordinaten-Anfangspunkt oder doch in seine
Nähe.
Wendet man die vorstehenden Überlegungen auf die Analysen der Benin-
Messinge an, so erhält man in Bild 2 den geschilderten Zusammenhang zwischen
dem Zink- und dem Bleigehalt dieser Messinge. Bild 2, bei welchem die Analy-
sen der Platten und der anderen Messinge unterschiedlich gekennzeichnet sind
und welches auch einige Analysen von Ife-Messingen enthält, läßt auf den
ersten Blick an den eingezeichneten Verbindungslinien zwei Hauptgruppen von
Messingen erkennen, von denen die eine durch einen sehr steilen Verlauf der
Verbindungslinien, die andere durch einen wesentlich flacheren Verlauf gekenn-
zeichnet ist. Der steile Linienverlauf deutet auf ein relativ bleiarmes Messing,
22'
Bild 2
348 Werner, Benin-Messinge
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
349
der wesentlich flachere Verlauf auf relativ viel bleireichere Messinge, von denen
viele offenbar recht erhebliche Bleizusätze erhalten haben, was man daran
erkennt, daß die Verbindungslinien die Blei-Achse bei Bleigehalten bis zu mehr
als 6 % Pb schneiden. Zur zweiten Gruppe der Messinge gehört die große
Mehrzahl der Platten.
Die hier gewählte bildliche Darstellung hat den Vorteil, daß man eine große
Zahl von Analysen überblicken und Analysen neu hinzukommender Objekte
leicht einordnen kann. Die Verbindungslinien der Analysen der 1. Hauptgruppe
deuten auf einen Blei/Zink-Quotienten von etwa Q = 10 bis 12 %, die der
zweiten Gruppe deuten auf Quotienten zwischen 26 und 50 %. In Bild 2 ist die
erste Hauptgruppe der relativ bleiarmen Messinge im Bereich zwischen 20 %
und 21 °/o Zink nochmals unterteilt worden, so daß in diesem Bereich zwei
Untergruppen erkennbar werden. Die zweite Hauptgruppe soll dann als Unter-
gruppe III bezeichnet werden.
Aus der Lage der durch Punkte gekennzeichneten Platten-Analysen ist zu
erkennen, daß in beiden Hauptgruppen die Höchstwerte der Zinkgehalte der
Platten zwischen 20 % und 21 % liegen. Von den rd. HO analysierten Platten
liegen nur 15 im Bereich der Untergruppe II und keine im Bereich der Unter-
gruppe I.
Zu den Messingen der Untergruppe I gehören die auf das 18. und 19. Jahr-
hundert datierten Objekte, in erster Linie die Ahnenkult-Köpfe und die Figuren
der großen Gruppen. Ihr Zinkgehalt ist der höchste aller Benin-Objekte und
liegt zwischen rd. 21% und 38 % Zn. Der Bleigehalt ist verhältnismäßig
niedrig und der Zinngehalt meist verschwindend gering. Eine Übersicht über
die Zusammensetzung der Objekte der Untergruppe I ist in der folgenden
Tabelle 4 enthalten.
Tabelle 4
Analysen der Objekte der Untergruppe I
°/o °lo °!o nlo °/ö °lo Analysen-
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon zahl
Höchstwert 38 3,8 0,3 0,12 0,09 0,11
Mittelwert 26 2,3 0,02 0,06 0,06 0,03 45
Tiefstwert 20 0,9 n. n. 0,01 0,02 Sp.
Das kennzeichnende Merkmal der Objekte der Untergruppe I ist der hohe
Zinkgehalt, der relativ niedrige Bleigehalt und der niedrige Nickelgehalt. Der
hohe Zinkgehalt in Verbindung mit dem meist erheblich unter 0,1 % liegenden
350
Werner, Benin-Messinge
Nickelgehalt bestätigen die Datierung dieser Objekte auf das Ende des 18. bis
Ende des 19. Jahrhunderts.
Der relativ niedrige Bleigehalt verbindet die Messinge der Untergruppen I
und II miteinander. Diese Verbindung kommt in den Analysen der Objekte der
Untergruppe II (Tabelle 5) wie auch in dem in Bild 2 erkennbaren steilen Ver-
lauf der Verbindungslinien der Analysenwerte beider Untergruppen zum Aus-
druck.
Tabelle 3
Analysen der Platten der Untergruppe II
°/v °/o °/o °/o °/o °/o Analysen-
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon zahl
Höchstwert 20,0 2,3 2,6 0,23 0,14 0,32
Mittelwert 12,8 1,8 0,93 0,15 0,08 0,14 15
Tiefstwert 5,0 0,9 0,3 0,11 0,04 0,08
Tabelle 6
Analysen einiger Benin-Objekte der Untergruppe II ohne die Platten
°/o °/o °/o °/o °/o °/n Analysen-
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon zahl
Höchstwert 20,0 3,1 1,4 0,21 0,17 0,45
Mittelwert 13,0 1,5 0,3 0,10 0,06 0,12 16
Tiefstwert 5,4 0,9 Sp. 0,02 0,04 0,01
Die Analysen der beiden Objektgruppen unterscheiden sich nicht wesentlich
voneinander, doch liegt der Nickelgehalt der Platten ausnahmslos etwas über
0,1 % Ni, während der Nickelgehalt der anderen Objekte der Untergruppe II
zu mehr als der Hälfte unter 0,1 °/o Ni Hegt. Dieser Unterschied ist nicht ohne
Bedeutung für die Datierung der beiden Objektgruppen. Der relativ niedrige
Nickelgehalt der Objekte der Tabelle 6 verbindet diese mit denen der Unter-
gruppe I (Tabelle 4), während der deutlich über 0,1% liegende Nickelgehalt
der Platten der Tabelle 5 diese mit den Platten der Untergruppe III verbindet,
wie die folgende Tabelle 7 zeigt:
Tabelle 7
Analysen der Benin-Platten der Untergruppe III
°/o °/e °/o °/o °/o »Io Analysen-
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon zahl
Höchstwert 20,5 14,8 3,1 1,0 0,33 1,2
Mittelwert 9,7 6,1 1,4 0,21 0,15 0,35 75
Tiefstwert 2,7 1,8 0,2 0,06 0,05 0,08
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
351
Der entscheidende Unterschied zwischen den Platten der Untergruppe II und
denen der Untergruppe III liegt in dem relativ sehr viel höheren Bleigehalt der
Messinge der letztgenannten Untergruppe. Dieser Unterschied kommt sowohl
in der unterschiedlichen Neigung der Verbindungslinien in beiden Untergrup-
pen zum Ausdruck (Bild 2), wie auch in dem Unterschied der Blei/Zink-Quo-
tienten, der im Falle der Platten der Untergruppe II bei etwa Q = 10'%, im
Falle der Platten der Untergruppe III im Mittel bei Q = 40 % liegt. Die Ver-
bindungslinien der einzelnen Analysenwerte der beiden Objektgruppen wurden
gemäß den auf S. 347 erläuterten Bedingungen gezeichnet.
Geht man von der geschichtlichen Überlieferung33 aus, daß vor allem die von
den Portugiesen nach 1485 nach Westafrika gelieferten Buntmetall-Legierungen
aus Mitteleuropa stammen, so legen die vom Verfasser aus den Analysen der
mittelalterlichen und spätmittelalterlichen mitteleuropäischen Messinge gewon-
nenen Erkenntnisse die Vermutung nahe, daß die Messinge der Untergruppe II
überwiegend aus dem westdeutschen Grenzgebiet (Rheinland-Lothringen) stam-
men, die Messinge der Untergruppe III dagegen überwiegend aus dem nord-
deutschen Raum gekommen sind. Auch die Messinge der Untergruppe I müssen
aus dem westeuropäischen Raum importiert worden sein, denn sie haben prak-
tisch denselben Blei/Zink-Quotienten wie die der Untergruppe II, von denen sie
sich freilich durch den höheren Zinkgehalt und den niedrigen Zinn- und Nickel-
gehalt unterscheiden. Diese Unterschiede stehen in Übereinstimmung mit der
von den Benin-Fachleuten vorgenommenen Datierung dieser Messinge auf das
18. bis 19. Jahrhundert, während die Objekte der Untergruppe II auf das späte
17. bis frühe 18. Jahrhundert datiert werden. Der höhere mittlere Zinkgehalt
der Objekte der Untergruppe I erklärt sich aus dem technischen Fortschritt in
der Messingerzeugung bei Verwendung derselben Galmei-Erze wie bei den
Messingen der Untergruppe II. Der niedrigere Nickigehalt der Messinge der
Untergruppe I läßt auf die Verwendung einer reineren Kupfersorte im Ver-
gleich zu dem bei den Messingen der Untergruppe II verwendeten Kupfer
schließen.
Die Zuordnung der Messinge der Untergruppe III hinsichtlich ihrer Fler-
kunft auf den norddeutschen Raum wird nicht nur durch den vergleichsweise
sehr viel höheren Bleigehalt gestützt, sondern, wie weiter unten noch zu zeigen
sein wird, durch die in dieser Untergruppe III erscheinenden an Blei und Anti-
mon auffallend reichen Einzelobjekte, die auf die Verwendung der aus diesem
Raum stammenden Manillas als Legierungszusatz hindeuten. Objekte, die
33 Strieder, I. 1932, S. 249—259
Sundström, L. 1965
352
Werner, Benin-Messinge
durch einen auffallend hohen Blei- und Antimongehalt gekennzeichnet sind,
sind in Bild 2 durch Unterstreichen der Analysennummern besonders markiert.
Die Messinge der Untergruppen I und II
Der parallele Verlauf der in Bild 2 für die Analysenwerte der Objekte der
Untergruppen I und II gezeichneten Verbindungslinien deutet auf einen ge-
meinsamen Ursprung des bei der Herstellung dieser Messinge verwendeten
Galmei-Erzes. Um die Darstellung in Bild 2 nicht zu überladen, sind nur fünf
Verbindungslinien eingezeichnet worden. Bei etwas stärkerer Vergrößerung
lassen sich neun solche Verbindungslinien zeichnen. Die ersten vier dieser nach
den Prinzipien auf S. 347 gezeichneten Verbindungslinien schneiden die Zink-
Achse bei 10 °/o Zn, 5,8 % Zn, 4,0 % Zn und 1,9 °/o Zn. Nach den Ausführun-
gen in Verbindung mit Bild 1 muß angenommen werden, daß wir es hier mit
Messingen zu tun haben, die durch Zusammenschmelzen zinkärmerer Messinge
mit zinkreicheren Messingen entstanden sind. Die fünf verbleibenden Ver-
bindungslinien zielen entweder auf den Koordinatenanfangspunkt oder sie
schneiden die Blei-Achse bei den relativ geringen Bleigehalten von 0,2 °/o Pb,
0,5 % Pb, 0,7 % Pb und 0,9 °/o Pb. Es kann angenommen werden, daß diese
geringen zusätzlichen Bleigehalte nicht absichtlich zugesetzt wurden, sondern
aus dem bei der Messingherstellung verwendeten Kupfer stammen oder auf
einen leichten Zinkabbrand zurückzuführen sind. Kleinere Unterschiede im
Bleigehalt, die zu einer Parallelverschiebung von Verbindungslinien führen,
können auch auf Inhomogenitäten in der Bleiverteilung in den einzelnen Ob-
jekten zurückgeführt werden. Solche Fälle können auftreten, wenn von ein
und demselben Objekt mehrere Proben entnommen werden. Während die Le-
gierungsbestandteile Kupfer und Zink miteinander homogene Mischkristalle
bilden, ist der Legierungsbestandteil Blei in dem Mischkristall unlöslich. Diese
Unlöslichkeit kann je nach den Schmelz- und Abkühlungsbedingungen zu einer
ungleichmäßigen Bleiverteilung innerhalb desselben Objektes führen. Hierbei
spielt das hohe spezifische Gewicht des Bleis noch eine besondere Rolle.
Die auf diesen Verbindungslinien liegenden Analysenwerte sind für die
einzelnen Linien in der folgenden Tabelle 8 (a bis i) zusammengestellt.
Neben den Analysenwerten und einer kurzen Beschreibung des einzelnen
Objektes enthält jedes zu einer Verbindungslinie gehörende Objekt unter Be-
rücksichtigung der angegebenen Korrekturen für den Zink- und den Bleigehalt
den daraus berechneten Blei/Zink-Quotienten Q. Die Übersicht über diese neun
Analysengruppen zeigt, daß die so berechneten Blei/Zink-Quotienten mit rela-
tiv geringen Streuungen zwischen rd. 9 °/o und 12 °/o liegen. Diese gute Über-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
353
einstimmung bestätigt die Vermutung, daß alle diese Messing-Objekte eine
gemeinsame Herkunft haben, und zwar aus einem geographischen Bereich, in
dem die dort vorhandenen Galmei-Erze durch einen vergleichsweise niedrigen
Bleigehalt gekennzeichnet sind. Die zu einer der Untergruppen I und II ge-
hörenden Objekte sind in Tabelle 8 durch die Randbezeichnung I und II ge-
kennzeichnet.
354
Werner, Benin-Messingi
Tabelle 8
Die Messinge der Untergruppen I und II
Verbindungslinie a
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
3 IIIC 8*198 Flügelhaubenkopf mit Plinthe
36 IIIC 17*118 Leopardenschädel, Nachbildung
137b IIIC 10 863 Rundfigur, Europäer mit Flinte
132 IIIC 41 194 Stab mit drei Figuren
Verbindungslinie b
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
146 IIIC 8 080 Glocke, viereckig, durchbrochen
Köln K 48 Spitzhaubenkopf mit Plinthe
139 IIIC 20 295 Stuhl mit geschuppten Schlangen
4 IIIC 8 191 Spitzhaubenkopf mit Plinthe
31c IIIC 10 885 ampelartiges Gefäß, Kette
135 IIIC 7 653 Plakette mit drei Figuren
38 IIIC 9 951 Anhänger, Widderkopf
31a IIIC 10 885 ampelartiges Gefäß, Unterteil
42b IIIC 8 164 Große Gruppe, König mit 2 Figuren, Sockel
Mannheim 4 916 Flachkappenkopf mit Plinthe
129 IIIC 27 490 eiserner Armring mit Messing-Knöpfen
Köln 17 974 Flachkappenkopf ohne Plinthe
Verbindungslinie c
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
Wien 64 699 Flügelhaubenkopf mit Plinthe
42a IIIC 8 164 Große Gruppe, Königsfigur
140a IIIC 10 864 weibliche Figur, Sockel.
16 IIIC 8 550 weibliche Rundfigur mit „Brief“
33 IIIC 9 952 Anhänger, Krokodil-Kopf
39 IIIC 10 883 Büchse in Kopfform
Wien 64 714 schraubenförmiges Gebilde mit Plinthe
140b IIIC 10 864 weibliche Rundfigur, Kopf
Wien 64 696 Flachkappenkopf ohne Plinthe
41a IIIC 17 117 Reiterfigur, Reiter
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
355
°lo °/o °/o o/o °/o °/o °/o Blei
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon o/o Zink — 10 o/o
28,0 2,0 Sp. 0,02 0,07 0,03 11,11 °/o
24,0 1,5 0,10 0,04 0,05 0,02 10,71 °/o
21,0 1,0 Sp. 0,04 0,06 Sp. 9,09 °/o
19,0 0,9 0,15 0,08 0,06 0,04 10,00 %
°lo °/o o/o o/o o/o °/o °/o Blei
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink — 5,8 °/o
30,5 2,6 0,06 0,07 0,09 10,53 °/o
29,1 2,4 — n. b. n. b. n. b. 10,30 %
29,0 2,3 Sp. 0,03 0,05 0,01 9,91 °/o
28,0 2,4 Sp. 0,05 0,06 0,04 10,81 °/o
27,0 2,2 Sp. 0,08 0,05 0,03 10,38 °/o
27,0 2,1 — 0,05 0,06 0,02 9,90 o/o
26,0 2,2 — 0,12 0,02 0,03 10,89 °/o
26,0 2,2 0,05 0,12 0,06 0,03 10,89 °/o
25,0 2,1 — 0,06 0,06 0,04 10,94 %
24,1 2,0 0,3 n. b. n. b. n. b. 10,93 o/o
22,0 1,6 0,2 0,13 0,19 0,11 9,88 o/o
21,1 1,62 0,19 n. b. n. b. n. b. 10,59 o/o
Vo °/o °/o o/o o/o o/o o/° Blei
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink — 4,0 °/o
30,0 2,9 0,06 — — 11,15 o/o
28,0 2,5 — 0,07 0,07 0,03 10,42%
28,0 2,7 Sp. 0,07 0,06 0,01 11,25 %
27,0 2,5 — 0,03 0,04 0,03 10,87 %
26,0 2,4 — 0,04 0,16 0,05 10,91 %
26,0 2,4 Sp. 0,07 0,07 0,04 10,91 %
26,2 2,4 — Sp. Sp. - 10,81 %
22,0 2,2 Sp. 0,07 0,05 Sp. 11,67 %
21,7 1,9 0,7 0,12 - 0,29 10,73 %
17,0 1,4 0,3 0,19 0,04 0,07 10,77 %
356
Werner, Benin-Messinge
V erhindungslinie d
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
8 IIIC 8 181 Figur auf Sockel, Hände abwehrend
5 IIIC 8 189 Spitzhaubenkopf mit Plinthe
6 IIIC 8 186 Spitzhaubenkopf mit Plinthe
I 2 IIIC 8 203 Flügelhaubenkopf mit Plinthe
40b IIIC 8 166 Große Gruppe, Königin mit Hofdamen, Sockel
37 IIIC 8 756 Maske, Gitterhaube mit Rosetten
II 121 IIIC 27 485 Platte, Leopardenjagd
Verhindungslinie e
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
1 IIIC 8 176 Flachkappenkopf mit Plinthe
lOd IIIC 8 168 Große Gruppe, Delinquent, linke Figur
I Wien 64 733 Hahn auf Sockel
40a IIIC 8 166 Große Gruppe, Königin mit Hofdamen, Fig. 1
Köln 17 793 Platte, Rasselträger
II 127 IIIC 12 529 Kupfer-Armreif mit Messing-Knöpfen
104a IIIC 8 054 Platte, 3 Krieger mit Schild, 4 kleine Figuren
Verhindungslinie f
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
26b IIIC 8 165 Große Gruppe, König mit 2 Figuren
I 26a IIIC 8 165 Große Gruppe, Leopard
27b IIIC 8 488 Kasten in Hausform, Unterteil
104b IIIC 8 054 Platte, 3 Krieger, 4 kleine Figuren, Fuß
9 IIIC 8 491 runder Untersatz
108 IIIC 8 055 Platte, 3 Krieger
II 41b IIIC 17 117 Reiter auf Pferd, Sockel
79 IIIC 8 258 Platte, Krieger mit Schwert
12 IIIC 8 527 kleiner Kopf
30a IIIC 10 872 Rundfigur mit hohem Helm, Steinbeil
Verhindungslinie g
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
10a IIIC 8 168 Große Gruppe, Delinquent, Sockel
22 IIIC 8 515 Schlangenkopf mit Schuppen
I 26c IIIC 8 165 Große Gruppe, kleine Figur
Wien 64 801 Großer Geldring, Gewicht 4,5 kg
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
357
°/o ulo °/u Blei
Arsen Antimon °lo Zink — 1,9 °/o
ulo °/o
Zink Blei
31,0 3,1
29,0 2,9
29,0 2,9
27,0 2,7
26,0 2,6
25,0 2,5
9,5 0,9
°/o °l»
Zink Blei
28,0 3,0
27,0 2,9
27,0 2,9
27,0 3,0
19,5 2,0
17,6 1,9
15,0 1,7
°/o °/o
Zink Blei
25,0 3,0
23,0 2,8
22,0 2,5
20,0 2,3
20,0 2,3
19,0 2,3
18,0 2,2
15,0 1,9
9,1 1,2
7,6 1,0
°/o °/o
Zink Blei
29,0 3,8
25,0 3,2
23,0 3,0
21,2 2,9
°lo o/o
Zinn Nickel
Sp. 0,07
Sp. 0,07
Sp. 0,04
Sp. 0,01
Sp. 0,06
0,15 0,06
0,3 0,11
0/0 o/o
Zinn Nickel
Sp. 0,02
— 0,05
— 0,09
Sp. 0,07
2,64 n. b.
0,4 0,21
0,8 0,14
°lo °/o
Zinn Nickel
Sp. 0,06
Sp. 0,05
Sp. 0,05
0,9 0,18
0,22 0,07
0,7 0,23
0,4 0,19
1,1 0,17
0,6 0,08
0,4 0,04
°/o o/o
Zinn Nickel
— 0,05
— 0,09
Sp. 0,06
Sp. Sp.
0,08 0,02
0,07 0,04
0,05 0.03
0,03 0,02
0,06 0,04
0,09 0,05
0,04 0,08
°/o °/o
Arsen Antimon
0,06 0,03
0,07 0,02
0,06 0,04
n. b. n. b.
0,08 0,11
0,07 0,08
°/o °/o
Arsen Antimon
0,07 0,03
0,05 0,02
0,05 0,02
0,07 0,13
0,08 0,05
0,09 0,10
0,07 0,12
0,07 0,12
0,15 0,13
0,06 0,12
°lo
Arsen
0,07
0,04 0,03
0,04 0,02
Sp.
10,65 °/o
10,70 °/o
10.70 °/o
10,76 %
10.79 °/o
10,82 %
11,84 o/o
°/o Blei
°/o Zink
10.71 °/o
10,74 °/o
10,74 °/o
11,11 °/o
10.26 °/o
10.80 %
11,33 °/o
°/o Blei — 0,2 °/o
°/o Zink
11,20 o/o
11,30 o/o
10,45 0/o
10,50 0/0
10,50 0/0
11,05 0/0
11,11 0/0
11,33 0/0
10,99 °/o
10,53 %
0/0 Blei — 0,5 °lo
°lo Zink
11,38 0/0
10,80 0/0
10,87 °/o
11,32 0/0
fl/»
Antimon
0,03
X 100
X 100
X /00
X /00
358
Werner, Benin-Messinge
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
Wien 64 699 „Altar der Hand“
49 nie 8 269 Platte, 2 Fische
90 IIIC 7 657 Platte, Krieger mit Schild u. Speer, 2 kleine Figuren, 2 Busti
55 IIIC 8 268 Platte, Fisch
Wien 64 799 Platte, Europäer mit Geldringen
II 115 IIIC 8 267 Platte, Fisch
15 IIIC 12 513 dünnwandiger Kopf (vom Unteren Niger?)
136b IIIC 8 056 Platte, Reiter auf Maultier
14 IIIC 7 658 Kopf
149 IIIC 8 169 Kopf
Verbindungslinie h
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
lOe IIIC 8 168 Große Gruppe, Delinquent, kleiner Mann
10b IIIC 8 168 Große Gruppe, Delinquent, runde Figur
I 26b IIIC 8 165 Große Gruppe, Sockel
18a IIIC 10 873 Figur mit Fischkopf, Flickstelle
20 IIIC 8 075 Armmanschette
II 30b IIIC 10 872 Rundfigur mit hohem Helm, Unterteil
Verbindungslinie i
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
I 23b IIIC 8 216 Großer Schlangenkopf, Unterkiefer, Flick
27a IIIC 8 488 Kasten in Hausform, Dach
145 IIIC 8 057 weibliche Figur mit Klanggerät
44 IIIC 8 261 Platte, Krieger mit hohem Helm
II 142 IIIC 10 866 Anhänger, Tierkopf
136a IIIC 8 056 Platte, Reiter auf Maultier, Fuß, r.
125a IIIC 8 377 Platte, 4 Afrikaner vor Hausdach
35 IIIC 8 753 Plakette, 3 Figuren Hände haltend
Die Objekte der Untergruppe I
Bei den 33 Objekten, die durch die Verbindungslinien a bis d miteinander
verbunden sind, treten Zinkgehalte unter 21 °/o Zn nur in drei Fällen auf. Die
ganz überwiegende Mehrzahl dieser Objekte gehört also zur Untergruppe I.
Sie sind wegen ihres hohen mittleren Zinkgehaltes auf das 18. bis Ende des
19. Jahrhunderts zu datieren. Einige der zinkärmeren Objekte der Unter-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
359
•/* »/« »/fl «/» «/» »/fl »/» Blei — 0,5 »/fl
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon »/»Zinn
20,4 2,5 Sp. <0,01 Sp. - 9,80 °/o
15,0 2,1 0,6 0,16 0,05 0,12 10,67 o/o
12,2 1,8 0,5 0,13 0,07 0,15 10,66 o/o
12,2 1,9 1,2 0,12 0,07 0,16 11,48 o/o
11,2 1,8 0,8 0,14 — 0,18 11,61 o/o
8,0 1,4 0,6 0,13 0,05 0,13 11,25 %
7,4 1,2 0,5 0,12 0,04 0,13 9,46 o/o
7,0 1,3 0,7 0,16 0,07 0,20 11,43 o/o
5,4 1,1 0,7 0,07 0,05 0,19 11,11 o/o
5,4 1,0 1,4 0,10 0,14 0,45 9,26 %
«/« «/fl »/fl »/fl »/fl »/fl ®/o 5/« — 0,7 »/fl
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon »/fl 2m&
27,0 3,6 — 0,04 0,07 0,01 10,74 %
26,0 3,7 — 0,05 0,06 0,03 11,11 %
25,0 3,5 Sp. 0,08 0,04 0,02 11,20 o/o
23,0 3,3 0,3 0,05 0,04 0,05 11,30 o/o
21,0 3,0 0,1 0,07 0,06 0,05 10,95 o/o
9,2 1,7 0,8 0,06 0,09 0,18 10,87 %
«/» «/fl »/fl «/fl «/fl »/fl »/fl 5/« — 0,9 »/fl
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon «/» Zm&
24,0 3,6 Sp. 0,08 0,15 0,04 11,25 o/o
22,0 3,3 Sp. 0,08 0,04 0,04 10,91 o/o
14,5 2,6 0,4 0,19 0,06 0,12 11,72 %
13,0 2,3 1,2 0,16 0,06 0,11 10,77 o/o
13,0 2,4 0,05 0,08 0,08 0,05 11,54 o/o
9,0 1,9 1,3 0,18 0,12 0,23 11,11 o/o
5,0 1,4 0,7 0,14 0,11 0,25 10,00 %
2,1 1,1 1,4 0,07 0,11 0,29 9,52 o/o
gruppe I haben kleinere zwischen 0,05 °/o und 0,7 °/o liegende Zinngehalte. Die
große Mehrzahl der Objekte dieser Untergruppe ist dagegen frei von Zinn. Da
aus den Analysenzahlen für die auf den Verbindungslinien e bis i liegenden
Objekte, vor allem aus den Analysen der hier liegenden Platten zu entnehmen
ist, daß diese kleinere Zinngehalte aufweisen, ist es denkbar, daß die in weni-
gen Fällen auftretenden geringen Zinngehalte der Objekte der Untergruppe I
360
Werner, Benin-Messinge
etwas Materialschrott von Platten enthalten, der mit zinnfreiem Messing mit
höherem Zinkgehalt zusammengeschmolzen wurde. Für diese Vermutung
spricht nicht nur die Tatsache, daß diese etwas Zinn enthaltenden Messinge
nicht nur einen erhöhten Zinkgehalt aufweisen, sondern daneben auch einen
über 0,1 % liegenden Nickelgehalt haben, der aus dem Plattenschrott stammen
könnte.
Allgemein gesprochen ist der Gehalt der 33 Objekte der Verbindungslinien a
bis d an den drei Nebenbestandteilen Nickel, Arsen und Antimon insofern
bemerkenswert, als der Antimongehalt fast durchweg geringer ist als der
Nickel- und der Arsengehalt. Mit diesem Unterscheidungsmerkmal besteht auch
für die Mehrzahl der auf den Verbindungslinien e bis i liegenden Objekte der
Untergruppe I Übereinstimmung mit den entsprechenden auf den Verbindungs-
linien a bis d liegenden Objekten.
Unter den mit den Tabellen a bis d erfaßten Objekten befinden sich vor
allem die Spitzhaubenköpfe mit Plinthe und die Flügelhaubenköpfe mit
Plinthe. Ferner gehören zur Untergruppe I auch einige Flachkappenköpfe teils
mit, teils ohne Plinthe, wobei die Flachkappenköpfe ohne Plinthe, z. B. Wien
Nr. 64 696 mit 21,7 °/o Zink, 1,9 % Blei und 0,7% Zinn sowie Köln
Nr. 17 974 mit 21,1 % Zink, 1,62 % Blei und 0,19 % Zinn an der Grenze des
Überganges von Untergruppe I zu Untergruppe II liegen. Sie dürften damit
etwas älter sein, als die anderen Spitzhauben-, Flügelhauben- und Flachkappen-
köpfe mit Plinthe. Hierfür spricht auch der, wenigstens für Wien 64 696 be-
stimmte höhere Nickelgehalt von 0,12 % Ni und der höhere Antimongehalt
von 0,29 % Sb.
Die freistehenden Rundfiguren, die großen Gruppen, die Schlangenköpfe mit
Schuppen wie auch der Stuhl Nr. 139 mit der geschuppten Schlange sowie die
viereckige Glocke gehören ebenfalls zur Untergruppe I. Ein weiterer Flach-
kappenkopf mit Plinthe erscheint noch auf der Verbindungslinie e. Alle diese
Ahnenkultköpfe mit Plinthe sind durch ihren hohen Zinkgehalt, einen nur
wenig wechselnden Bleigehalt und den praktisch fehlenden Zinngehalt gekenn-
zeichnet. Eine überraschende Ausnahme bildet daher der aus der Mannheimer
Benin-Sammlung stammende Spitzhaubenkopf mit Plinthe Ma 3 092, dessen
Analyse S. Wolf34 mitteilt. Dieser Kopf hat mit 4,7% Zink, 1,4% Blei und
3,4 % Zinn eine für diese Objektgruppe völlig abweichende Zusammensetzung.
Im Zink-Blei-Diagramm liegt Ma 3 092 im unteren Bereich, wo sich die Ver-
bindungslinien der Untergruppen II und III schneiden (Bild 2). Sieht man von
31 Wolf, S. 1966, S. 245
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
361
dem niedrigen Zinkgehalt ab, so fällt der für die Objekte der Untergruppe II
ungewöhnlich hohe Zinngehalt von 3,4 °/o Sn auf, der seiner Größe nach mit
der des Zinkgehaltes vergleichbar ist. Unter den im Schrifttum bekannten
Benin-Objekten finden sich nur wenige Analysen, die mit der des Kopfes
Ma 3 092 zu vergleichen sind. Die folgende Tabelle 9 enthält eine Zusammen-
stellung solcher Legierungen:
Tabelle 9
Benin-Messinge mit vergleichbarem Zinn- und Zinkgehalt
Katalog- Gegenstand Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
Nr. °/o °lo °lo °/o °lo °/o
Ma 3 092 Spitzhaubenkopf mit Plinthe 4,7 1,4 3,4 n. b. n. b. n. b.
W 64 745 Hofzwerg I35 4,22 1,96 3,52 0,23 n. n. Sp.
W 64 743 Hofzwerg II35 8,4 2,1 4,5 0,26 n. n. Sp.
W 64 739 Schlangenkopf35 6,1 3,7 2,5 0,14 0,14 0,45
Nr. 149 dünnwand. Kopf36 4,3 1,0 3,0 0,04 0,06 0,15
Nr. 38a Figurengruppe37 6,5 3,4 7,1 0,14 n. n. n. n.
Mittelwerte 5,65 2,26 4,00 0,16 0,04 0,16
Die beiden Wiener Hofzwerge werden von Schweeger-Hefel38 auf das
14. Jahrhundert, von W. Fagg39 als nicht älter als das 16. Jh. datiert. Der
Schlangenkopf ohne Schuppen kann nach Fagg39 aus dem 16. oder 17. Jahrhun-
dert stammen. Der dünnwandige Benin-Kopf Nr. 149 wird von Willett40 auf
das 16. Jahrhundert datiert. Für die Figurengruppe Nr. 38a mit fünf weib-
lichen Figuren macht Th. Shaw37 keine Zeitangabe, doch kann nach den jetzt
vorliegenden Erfahrungen angenommen werden, daß sie wie viele andere
Figurengruppen auf das 18. bis 19. Jahrhundert zu datieren ist.
Betrachtet man die Mittelwerte der drei Hauptlegierungsbestandteile, so
sind diese sechs Legierungen mit ihren annähernd gleichen Zink- und Zinn-
Gehalten und einem nur wenig niedrigeren Bleigehalt mit ganz ähnlich zu-
sammengesetzten modernen als Rotguß bezeichneten Legierungen zu verglei-
chen. Solche Rotgüsse haben nach DIN 1705 folgende Zusammensetzung:
7 °/o Zink, 3 °/o Blei, 5 % Zinn.
35 Wolf, S. 1968, S. 151
3ti Werner, O., und Willett, F. 1975, S. 151
37 Shaw, Th. 1969, S. 97
38 Schweeger-Hefel, A. 1948, S. 20
39 Fagg, W. 1963, Nr. 25
40 Willett, F. 1973, S. 16
23 Bacssler-Archiv XXVI
362
Werner, Benin-Messinge
Legierungen dieser Zusammensetzung finden sich auch ziemlich häufig unter
den vom Verfasser analysierten mittelalterlichen Messingen41.
Tabelle 10
Rotgußähnliche Legierungen aus dem 12. und 13. Jahrhundert
Lfd. Nr. Gegenstand °/o Zink °/o Blei °/o Zinn °/o Nickel
62 Kruzifixus 4,8 1,3 3,9 0,13
78 Kruzifixus 7,6 2,3 4,0 0,05
92 Rundleuchter 4,6 2,8 3,3 0,01
137 Rundleuchter 3,7 1,9 4,5 0,05
211 Aquamanile 6,0 1,1 5,8 0,02
220 Aquamanile 7,2 2,2 4,0 0,09
235 Aquamanile 7,6 2,3 5,4 Sp.
Mittelwerte 5,9 2,0 4,9 0,05
Das besondere Merkmal dieses Legierungstypus ist, daß die übliche Unter-
scheidung zwischen Bronzen und Messingen hier ziemlich verwischt ist. Legt
man als kennzeichnend für Bronzen den höheren Zinngehalt gegenüber dem
meist niedrigen Zinkgehalt fest, so könnte man beispielsweise den Rundleuchter
Nr. 137 in obiger Tabelle oder die Figur 38a in Tabelle 9 als Bronze bezeich-
nen, da der Zinngehalt den Zinkgehalt, wenn auch nur wenig, überschreitet.
Alle übrigen Legierungen wären als Messinge zu bezeichnen wegen des den
Zinngehalt, wenn auch oft nur wenig übersteigenden Zinkgehaltes.
Der Vergleich der Mittelwerte der sechs Benin-Rotgüsse mit den Mittelwer-
ten der sieben mittelalterlichen Rotgüsse zeigt eine bemerkenswerte Überein-
stimmung. Hierbei spielt die Datierung offenbar keine Rolle, denn die mittel-
alterlichen Rotgüsse sind auf das 12.—13. Jahrhundert datiert, die Benin-Rot-
güsse dagegen auf das 14. bis 18. Jahrhundert. Der zeitliche Unterschied zwi-
schen den beiden Gruppen kommt nur in dem höheren mittleren Nickelgehalt
der Benin-Rotgüsse zum Ausdruck.
Der festgestellte enge Zusammenhang zwischen Bronzen und Messingen bei
den Rotgüssen legt den Gedanken nahe, daß dieser Legierungstypus möglicher-
weise durch Zusammenschmelzen von Bronze- und Messingschrott entstanden
ist. Die Bronzen lieferten den hohen Zinngehalt, die Messinge den Zinkgehalt
der Rotgüsse. Da die Bronzen sich jahrhundertelang, wenn auch in vergleichs-
weise geringerer Menge neben den Messingen erhalten haben, ist es verständ-
41 Werner, O. 1977, S. 175, 178, 185
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
363
lieh, daß rotgußähnliche Legierungen sowohl im Mittelalter als auch in der
späteren Zeit entstehen konnten. Die relativ geringe Zahl rotgußähnlicher
Legierungen unter den Benin-Messingen ist höchstwahrscheinlich damit zu er-
klären, daß der Anteil der Bronzen in der späteren Zeit, sowohl in Europa als
auch in Westafrika, wesentlich geringer war als in der früheren Zeit, also im
Mittelalter. Unter den rd. 180 Benin-Analysen in der Tabelle von Teil I dieser
Arbeit42 finden sich nur 9 Analysen von Bronzen mit Zinngehalten zwischen
4,7 °/o und 9,3 °/o Sn. Das sind nur rd. 5 % aller Analysen. Der Anteil der
Bronzen unter den mittelalterlichen europäischen Kupferlegierungen liegt da-
gegen bei rd. 15 °/o. Die Wahrscheinlichkeit einer Bronzeschrottverwertung ist
daher in der jüngeren Zeit geringer gewesen als in der älteren.
Es ist nicht schwierig, an Hand einer Modellrechnung zu ermitteln, wie etwa
die für die sechs Benin-Rotgüsse berechneten Mittelwerte durch Zusammen-
schmelzen von Messing und Bronzeschrott entstanden sein könnten. Bei der
Modellrechnung soll von dem Messing Nr. 27a (Kasten-Oberteil) und der
Bronze-Platte Nr. 50 ausgegangen werden.
°lo Zink °/o Blei °lo Zinn
Messing Nr. 27a 22,0 3,3 Sp.
Bronze Nr. 50 1,5 1,6 5,7
3 Teile von Nr. 27a und 10 Teile von Nr. 50 ergeben
Rotguß 6,23 1,99 4,38
Benin-Rotgüsse 5,7 2,3 4,0
Die Übereinstimmung zwischen der Modellrechnung und den Mittelwerten der
sechs Benin-Rotgüsse kann als befriedigend bezeichnet werden. Selbstverständ-
lich sind auch andere Kombinationen denkbar, die zu demselben Ergebnis
führen würden. Aus diesem Grunde ist es oft schwierig, die rotgußähnlichen
Legierungen in das Zink-Blei-Diagramm einzuordnen.
Zu den Messingen der Untergruppe I gehören, wie bereits erwähnt, neben
den Ahnenkult-Köpfen, den Schlangenköpfen mit Schuppen und den frei-
stehenden Rundfiguren auch die großen Gruppen. Bei der Gruppe Nr. 10
(Delinquent mit zwei Häschern) gehören zwar die beiden Nebenfiguren, die
„Häscher“, und der Sockel dem Material nach zur Untergruppe I. Die Haupt-
figur jedoch, der „Delinquent“, Analyse Nr. 10 c, ist mit 22 °/o Zink, 7 °/o
Blei, 0,2 °/o Zinn und 0,27 °/o Arsen deutlich anders zusammengesetzt als die
übrigen Teile der Gruppe. Der relativ hohe Bleigehalt von 7 % Pb und der
42 Werner, O. 1970, S. 138—151
23*
364
Werner, Benin-Messinge
ungewöhnlich hohe Arsengehalt von 0,27 % As zeigen, daß für die Herstellung
der Hauptfigur offenbar ein anderes Messing verwendet wurde, als für die
übrigen Teile der Gruppe. Die Legierung 10c paßt offenbar nicht in die Unter-
gruppe I. Aus Bild 2 ist zu ersehen, daß die Legierung der Hauptfigur 10c eher
der Untergruppe III zuzurechnen ist. Der Analysen wert von 10c liegt an der
Spitze der ersten in dieser Untergruppe gezeichneten Verbindungslinien. Wie
weiter unten noch zu zeigen sein wird, schneidet diese Verbindungslinie, der
auch der Ahnenkult-Kopf Ma 3 093, ein Flachkappenkopf ohne Plinthe43, der
Kopf mit Schlangen und Vögeln Nr. 141 und die Rundfigur Nr. 19 ange-
hören44 45, die Blei-Achse bei 0,65 % Pb. Während sich für die im Bereich der
Untergruppe I liegenden Teile der Gruppe Nr. 10 der Blei/Zink-Quotient
11 % errechnet, beträgt der Blei/Zink-Quotient der Hauptfigur 10c
7 % Pb — 0 65 %
----oy 2ink-------^ 100 = 28,85 %. Das Messing der Objekte der Unter-
gruppe I könnte, wie bereits ausgeführt, aus dem westdeutschen Grenzbereich
stammen, für den Messinge mit einem Quotienten Q = 10 bis 12 % kennzeich-
nend sind. Die Untersuchungen des Verfassers über die Herkunft der mittel-
europäischen Messinge haben nun ergeben45, daß neben den durch den niedrigen
Quotienten gekennzeichneten Messingen westlicher Herkunft dort auch solche
mit einem Quotienten Q zwischen 25 % und 29 % Vorkommen können. Dies
ist darauf zurückzuführen, daß dort nicht immer der sehr bleiarme Alten-
berger Galmei zur Messingfabrikation verwendet wurde, sondern vielfach
auch weniger qualifizierter Galmei, etwa aus Stolberg oder Gressenich, Verwen-
dung fand oder mit Altenberger Galmei vermischt wurde. Der Quotient Q =
28,85 % schließt also nicht aus, daß das Messing der Hauptfigur 10c, ebenso
wie das des Flachkappenkopfes mit Plinthe Ma 3 093 und des Kopfes Nr. 19
aus dem westlichen Bereich gekommen ist. Alle diese Teile sind dann auf das
18. bis 19. Jahrhundert zu datieren. Die auf der ersten Verbindungslinie der
Analysen der Untergruppe III liegenden Objekte nehmen also gegenüber den
anderen Objekten dieser Gruppe, deren Quotienten alle über 30 % liegen, eine
Sonderstellung ein.
Bemerkenswert ist übrigens, daß das Messing der Figur 10c wie auch die
übrigen Teile dieser Gruppe einen unter 0,1 % liegenden Nickelgehalt haben,
während der Nickelgehalt der ganz überwiegenden Zahl der Objekte der
Untergruppe III über 0,1 % Nickel liegt. Dies gilt auch für die im Bereich
der Untergruppe II liegenden 15 Platten, während die anderen in diesem Be-
43 Wolf, S. 1966, S. 245
44 Werner, O. 1970, S. 138—151
45 Werner, O. Noch unveröffentlicht
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
365
reich liegenden Objekte, wie Plakette, Anhänger und Rundfiguren ausnahmslos
unter 0,1 °/o liegende Nickelgehalte aufweisen. Für die Datierung dieser Ob-
jekte auf das 17. und 18. Jahrhundert müssen diese unter 0,1 °/o liegenden
Nickelgehalte als ungewöhnlich gering bezeichnet werden. Es ist zu vermuten,
daß bei der Herstellung dieser nickelarmen Messinge ein besonders nickelarmes
Kupfer verwendet wurde. Es gibt Hinweise dafür, daß im Spätmittelalter
neben den bekannten Kupfer-Produktionsstätten in Mansfeld, Österreich-
Ungarn und anderen Stätten, deren Kupfer meist einen erheblichen Nickel-
gehalt aufweist, auch Kupfererzvorkommen von oberflächennahen Sekundär-
erzen verarbeitet wurden. So wird von W. Rosenberger46 darauf hingewiesen,
daß schon im 14. Jahrhundert in Westdeutschland, z. B. im Hunsrück, im
Nahe-Raum und im Pfälzer Bergland zahlreichere kleinere Gruben Kupfererz-
bergbau betrieben. Einer brieflichen Mitteilung von Herrn G. Boor47 ist zu ent-
nehmen, daß im Fischbacher Revier (Nahe-Raum) im 14. Jahrhundert die dort
vorhandenen oberflächennahen Sekundärerze im Tagebau abgebaut wurden.
Sie zeichneten sich durch besonders große Reinheit aus. Nach einer von Herrn
Dr. Riederer ausgeführten Analyse48 liegt der Nickelgehalt des Fischbacher
Kupfers bei 0,02 °/o Ni. Den brieflichen Mitteilungen von Herrn Dr. Wild und
Herrn G. Boor49 ist zu entnehmen, daß das Fischbacher Kupfer im 15. Jahr-
hundert in den west- und süddeutschen Raum verkauft und dort wie auch in
Dinant zur Messingfabrikation verwendet wurde. Dies alles führt zu dem
Schluß, daß auch noch nach dem 15. Jahrhundert ein sehr reines nickelarmes
Kupfer im westdeutschen bzw. im westeuropäischen Raum, wenn auch viel-
leicht in begrenztem Umfange, verfügbar war. Messinge dieses Typus könnten
also im 16. und 17. Jahrhundert nach Westafrika exportiert worden sein und
dort zu den nickelarmen Benin-Objekten verarbeitet worden sein. Man wird
freilich solche auf Grund chemisch-technologischer Untersuchungen gewonnenen
Erkenntnisse stets nur in Verbindung mit geschichtlichen, ethnologischen und
kunstkritischen Erkenntnissen erörtern müssen.
In diesem Zusammenhänge ist auch bemerkenswert, daß der „Hahn auf
Sockel“ des Wiener Völkerkunde-Museums (64 723) seiner Zusammensetzung
nach eindeutig zur Untergruppe I gehört (27 % Zink, 2,9 °/o Blei, 0,09 °/o
Nickel, Q = 10,7 °/o). Der „Hahn auf Sockel“ des Berliner Völkerkunde-
46 Rosenberger, W. 1971
47 Boor, G. Für diese briefliche Mitteilung sei Herrn Boor auch an dieser Stelle ge-
dankt.
48 Herrn Dr. Riederer sei auch an dieser Stelle für die Ausführung der Analyse ge-
dankt.
49 Herrn Dr. Wild und Herrn G. Boor möchte ich auch an dieser Stelle danken.
366
Werner, Benin-Messinge
Museums (IIIC 8 085, Nr. 25) ist dagegen, seiner Zusammensetzung nach zu
urteilen, offenbar wesentlich älter als das Wiener Objekt. Er hat 9,0 % Zink,
9,0% Blei, 2,0 % Zinn, 0,15 % Nickel und 0,47% Antimon, Q = 46,7%,
eine Zusammensetzung, die der vieler auf das 16. oder 17. Jahrhundert datier-
ter Platten ähnelt. Nach Fagg50 gibt es unter den 15 bis 20 bekannten Benin-
Hähnen deutliche stilistische Unterschiede, die auch auf zeitliche Unterschiede
schließen lassen. Nach Fagg läßt die „besonders einfache und naturalistische
Ausführung“, wie sie bei dem Hahn des Hamburger Völkerkunde-Museums
vorliegt, eine Datierung auf die sog. mittlere Periode zu, das wäre das 16. bis
17. Jahrhundert. Leider ist eine Analyse des Hamburger Hahns bisher nicht
bekannt geworden. Es muß also dahingestellt bleiben, ob auch der Berliner
Hahn auf eine frühere Zeit zu datieren ist, als der Wiener Hahn, oder ob für
die Herstellung des Berliner Hahns nur Material aus dem 16. oder 17. Jahrhun-
dert Verwendung gefunden hat. In der Beschreibung des Wiener Hahns durch
S. Wolf51 findet sich keine Zeitangabe. A. Schweeger-Hefel52 dagegen schreibt,
daß der Hahn „trotz weitgehender Stilisierung einen ungewöhnlichen Eindruck
von Naturnähe mache“. Diese Formulierung läßt eher einen Schluß auf das
16. bis 17. Jahrhundert zu, wogegen freilich eindeutig der hohe Zinkgehalt und
der relativ niedrige Bleigehalt des Materials spricht. S. Wolf (a. a. O.) weist in
diesem Zusammenhang auf die von Shaw53 veröffentlichten Analysen zweier
Benin-Hähne (Nr. 4 und Nr. 27) hin. Leider sind die Angaben von Shaw über
den Zinkgehalt dieser beiden Messinge mit > 10 % Zn für eine Beurteilung
nicht ausreichend. Immerhin findet sich bei der Analyse des Hahns Nr. 4 doch
die Angabe, daß die Legierung 1,4 % Blei und 0,061 % Nickel enthalte. Der
Zinngehalt liegt unter 0,1 % Sn. Aus diesen Zahlen könnte in Verbindung mit
der Angabe, daß der Zinkgehalt > 10 % ist, geschlossen werden, daß doch eine
gewisse Übereinstimmung in der Zusammensetzung beider Objekte besteht, also
eine Zugehörigkeit zur Untergruppe I und damit auf eine Datierung auch der
Nr. 4 auf das 18. bis 19. Jahrhundert.
Objekte der Untergruppe 11
Die Analysen der Objekte der Untergruppe II sind im Zink-Blel-Diagramm
in Bild 3 graphisch dargestellt. Zur besseren Verdeutlichung der Zusammen-
hänge wurde für die Darstellung in Bild 3 ein etwas größerer Maßstab gewählt
als in Bild 2.
50 Fagg, W. 1963, Nr. 44
61 Wolf, S. 1968, S. 131
52 Schweeger-Hefel, A. 1948, S. 25
53 Shaw, Th. 1966, S. 150
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
367
Bild 3
368
Werner, Benin-Messinge
Von den neun möglichen Verbindungslinien sind hier nur die Verbindungslinien
c bis i eingetragen, da auf den ersten beiden Verbindungslinien a und b fast
ausschließlich Objekte der Untergruppe I liegen (s. Tab. 8). Es soll hier noch-
mals darauf hingewiesen werden, daß die Konstruktion solcher Verbindungs-
linien nicht immer ganz ohne Willkür ist und daß deshalb dabei gelegentlich
Meinungsverschiedenheiten auftreten können. Die Grundsätze, nach denen diese
Verbindungslinien gezeichnet wurden, sind auf S. 347 kurz erläutert. Bild 3 ent-
hält auch noch zwei Verbindungslinien von einigen Objekten der Unter-
gruppe III. Die Verbindungslinien beider Untergruppen schneiden sich bei klei-
nen Zink- und Bleigehalten, und es ist begreiflicherweise manchmal schwierig
zu entscheiden, ob ein bestimmter Analysenwert in diesem Bereich nun der
einen oder der anderen Untergruppe zuzurechnen ist. Dies soll hier kurz an
dem Beispiel des Objektes Nr. 103, einer Platte mit Großdarstellung dreier
Europäer, erläutert werden. Der Analysenwert von Nr. 103 ist links unten in
Bild 3 eingetragen. Etwas rechts davon, in der Nähe der Verbindungslinie i,
liegt der Meßpunkt der Platte Nr. 122. Beide Platten haben denselben geringen
Zinkgehalt und einen nur wenig voneinander unterschiedenen Bleigehalt, wie
die folgenden beiden Analysen zeigen:
°/o °/o °/o °/o °/o °/o
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
Platte Nr. 103 1,3 0,7 0,8 0,06 0,08 0,19
Platte Nr. 122 1,3 1,1 0,7 0,06 0,06 0,20
Auch die Platte Nr. 122 ist eine Großdarstellung zweier Europäer, die sich
ebenfalls an den Händen halten. Es besteht also sowohl von der Analyse als
auch vom Motiv her Übereinstimmung zwischen den beiden Platten. Man
könnte sie ihrer Zusammensetzung nach auch für ein wenig mit Zink, Blei und
Zinn verunreinigtes Kupfer halten. Wie weiter unten bei der Besprechung der
Objekte der Untergruppe III in Verbindung mit Bild 7 zu zeigen sein wird,
gehört der Analysenwert von Nr. 122 zur Verbindungslinie 2, auf der sich noch
eine weitere Platte mit Europäer-Darstellung befindet. Es ist die Wiener Platte
Nr. 64 735, die Ganzdarstellung eines Europäers mit einem Geldring in jeder
Hand (Bild bei Schweeger-Hefel Nr. 39)54. Hier die Photos der Platten Nr. 103
und Nr. 122 (Abb. 1 und 2).
Dieser Zusammenhang dreier Platten untereinander spricht bereits für eine
Zuordnung der Platte Nr. 103 zur Untergruppe III. Die Quotientenberechnung
von Nr. 103 und Nr. 122 spricht für ihre Zusammengehörigkeit mit der Wiener
31 Schweeger-Hefel, A. 1948, Abb. 39
Abb. 1. Platte, drei Europäer. Kat.-Nr. IIIC 8353
Museum für Völkerkunde Berlin
Abb. 2. Platte, zwei Europäer. Kat.-Nr. IIIC 8366,
Museum für Völkerkunde Berlin
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 369
370
Werner, Benin-Messinge
Platte. Die Quotienten liegen nach Abzug zusätzlicher kleiner Bleigehalte in
allen drei Fällen bei rd. 33 bis 34 °/o, sie sprechen damit für eine Zuordnung
aller drei Platten zur Untergruppe III.
Für diese Zuordnung von Nr. 103 und 122 zur Untergruppe III, also für die
Zeit des 16. bis 17. Jahrhunderts, spricht auch die im Schrifttum mehrfach erör-
terte Feststellung, daß Ganzdarstellungen von Europäern eher auf eine ältere
als auf eine jüngere Zeit schließen lassen. S.Wolf55 hat sich besonders mit dieser
Frage beschäftigt. Er kommt zu der Feststellung, „daß die Wiedergabe von
Europäern in Ganzdarstellung oder (andererseits) als Halbfigur nicht als ein
zufälliges Nebeneinander, sondern als ein Nacheinander zu deuten ist. Der
Europäer sinkt in der späteren Zeit als bloßes Beiwerk ab, was zugleich auch
ein Sinken der Wertschätzung und des Einflusses der Europäer am Hofe von
Benin bedeutet“. In der späteren Zeitperiode kommen Ganzdarstellungen von
Europäern kaum noch vor, vielmehr finden sich die Darstellungen von Euro-
päern meist als Beifiguren in Form kleiner Köpfe, sog. Bustis. Diese Unter-
scheidung in zeitlicher Hinsicht kommt auch in den Analysenergebnissen zum
Ausdruck. Die überwiegende Mehrzahl der Platten von Europäern in Ganz-
darstellungen gehört zur Untergruppe III, z. B. lfd. Nr. 83, 92, 94, 98, 103,
114, 122, 124, 138. Dazu kommen noch die Wiener Platten Nr. 64 718 und
64 735 sowie die Kölner Platte Nr. 2004. Die Wiener Platte 64 718 ist der
Unterteil einer Doppelplatte, deren Europäerdarstellung im Oberteil sich im
Britischen Museum befindet. Dazu kommt, daß diese Platte das seltene Kreis-
grundmuster aufweist, von dem S. Wolf55 (a. a. O. S. 142) sagt, daß solche
Großplatten mit Kreisgrundmuster zu den ältesten Rechteckplatten gehören.
Eine Ausnahme bildet die Wiener Platte W 64 799 (Europäer mit Geldringen),
die ihrer Zusammensetzung nach zur Untergruppe II gehört (Q1 = 11,5 %).
In Übereinstimmung mit den Ausführungen von S. Wolf55 sind die von ihm
als jünger bezeichneten Platten, auf denen Europäer als Beifiguren enthalten
sind, vom Material her in ihrer Mehrzahl der Untergruppe II zuzurechnen. Es
sind dies die Platten Nr. 90, 121, 125 und die Kölner Platte K 17 973. Ausnah-
men bilden in diesem Falle die beiden mit Bustis verzierten Platten Berlin
Nr. 65 und die Mannheimer Platte Ma 3107, die beide der Untergruppe III
zuzurechnen sind. Die auf der Verbindungslinie d (Bild 3) liegende Platte
Nr. 121 ist die berühmte sog. Leopardenjagd mit zwei Leoparden und fünf
Europäer-Köpfen in Busti-Form. Fagg56 glaubt, daß die Leopardenjagd von
55 Wolf, S. 1965, S. 147/148
Fagg, W. 1963
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
371
demselben Künstler stammt, auf den auch die sog. Vogeljagd (Berlin IIIC 8 206,
Nr. 85) zurückzuführen ist. Die letztgenannte Platte wie auch die zu
ihr gehörende Platte Berlin IIIC 8 383, Nr. 87, Afrikaner unter Baum, ist
jedoch eindeutig der Gruppe der älteren Platten (Untergruppe III) zuzurechnen
(Q = 45,83 und 47,57 °/o). Bei der Leopardenjagd beträgt der Quotient
Q= 11,8%. Es ist hier zu fragen, ob so bedeutende Unterschiede in der
Material-Zusammensetzung nicht auch auf Zeitunterschiede hindeuten. Die
Mehrzahl der Platten ist auf die sog. „mittlere Periode“, das 16. und 17. Jahr-
hundert, datiert. Die Objekte der Untergruppe II sind dagegen auf das 17.
bzw. das beginnende 18. Jahrhundert zu datieren, wie denn auch nach Dark57
die Periode der Platten zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu Ende gegangen zu
sein scheint. In Übereinstimmung mit dieser Vermutung liegen im Bereich der
Untergruppe II nur noch 15 Platten, im Bereich der Untergruppe III dagegen
rd. 90 Platten.
Ein weiteres Beispiel für Platten mit Europäer-Busti-Köpfen in Unter-
gruppe II ist die Platte Nr. 125. Hier sind kleine Europäer-Köpfe auf den
Tragbalken des Daches dargestellt, vor dem vier bewaffnete Afrikaner stehen.
Der Analysenwert dieser Platte liegt in der Darstellung in Bild 3 auf der Ver-
bindungslinie i. Auf derselben Verbindungslinie i liegen nicht nur die Platten 44
und 136 a, sondern auch das Oberteil des Kastens Nr. 27. Der stilistische Zu-
sammenhang zwischen dem Dach auf der Platte Nr. 125 und dem Kastendach
Nr. 27 a ist sehr auffallend (Abb. 3 und 4).
Das mit Holzschindeln gedeckte Dach und die vom Torturm herabhängende
Python-Schlange stimmen in beiden Fällen überein. Von den Ibis-Vögeln, die
sich noch auf dem Kastendach befinden, sind auf der Platte an der Turmspitze
nur Fußreste erhalten. Das Dach mit dem Torturm ist nach W. Fagg58 der Ein-
gang zum Palast des Obas. Bemerkenswert ist, daß sich das Blumenmuster der
Platte Nr. 125 auch auf dem Unterteil des Kastens wiederfindet. Zwar befinden
sich auf dem Kasten keine Europäer-Köpfe, wie auf der Platte, doch wirken
auch die beiden mit Flinten bewaffneten Portugiesen auf dem Kastendach
keineswegs imponierend, sondern eher verklemmt, wie manche der Europäer-
Bustis auf den Platten. Der stilistisch unverkennbare Zusammenhang zwischen
beiden Objekten wird chemisch-analytisch erst durch die hier gewählte Darstel-
lung im Zink-Blei-Diagramm erkennbar, denn bei der Betrachtung der einzel-
nen Analysenwerte wird dies keineswegs deutlich, wie die folgenden Zahlen
zeigen;
57 Dark, Ph. 1960, S. 26
58 Fagg, W. 1963, Nr. 35
372
Werner, Benin-Messinge
Abb. 3. Platte, Haus mit hohem Dach, vier Afrikaner.
Kat.-Nr. IIIC 8377, Museum für Völkerkunde, Berlin
Lfd. Nr.
27a
125
°/o 9/o °/o o/o
Zink Blei Zinn Nickel
22,0 3,3 Sp. 0,08
5,0 1,4 0.7 0,14
°/o Blei — 0,9 °/o
~°/iZink X 100
10,91 o/o
10,00 o/o
Der Zusammenhang ergibt sich erst aus der Übereinstimmung im Blei/Zink-
Quotienten und der gemeinsamen Verbindungslinie. Die Platte könnte durch
Verdünnen des zur Herstellung des Kastens verwendeten Messings mit einem
nicht sehr reinen Kupfer entstanden sein. Vgl. hierzu die Modellrechnung auf
S. 342.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
373
Abb. 4. Kasten in Form eines Hauses. Kat.-Nr. IIIC 84 88,
Museum für Völkerkunde Berlin
Ein ähnlicher Zusammenhang wird auch zwischen Analyse und dem darge-
stellten Objekt bei den drei Platten Nr. 49, 55 und 115 auf Verbindungslinie g
der Untergruppe II erkennbar. Auf allen drei Platten finden sich Darstellungen
von heiligen Fischen. Die Analysen lauten:
Lfd. Gegenstand °/o °lo °/o °/o °/o Blei—0,5 °/o
Nr. Zink Blei Zinn Nickel °/o Zink
49 zwei Fische 15,0 2,1 0,6 0,16 10,67 %
55 ein Fisch 12,2 1,9 1,2 0,12 11,48 o/o
115 ein Fisch 8,0 1,4 0,6 0,13 11,25 o/o
Auch diese drei Objekte unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung nur durch
die Art und Menge des zugesetzten Kupfers. Der Zusammenhang wird durch
den Blei/Zink-Quotienten bestätigt.
Unter den in dem Diagramm auf Bild 3 eingetragenen Analysenwerten von
sechs Platten mit Darstellungen von Kriegern tragen die Krieger auf fünf
Platten hohe Perlkragen. Nach Dark59 deutet der hohe Perlkragen auf das
„späte 17. Jahrhundert“. Auch in dieser Hinsicht steht die von Dark vorge-
schlagene Datierung in Übereinstimmung mit der für die Objekte der Unter-
59 Dark, Ph. 1960, S. 22
374
Werner, Benin-Messinge
gruppe II angenommenen Datierung auf das späte 17. bis beginnende 18. Jahr-
hundert. Andererseits finden sich auch bei den Platten der Untergruppe III Dar-
stellungen von Kriegern mit hohem Halskragen. Ihr Anteil an der Gesamtzahl
von Krieger-Darstellungen unter den Platten dieser Untergruppe III ist nicht
viel geringer als bei denen der Untergruppe II. Ähnlich wie bei der graphischen
Darstellung der Analysen in den Bildern 2 und 3 überschneiden sich offenbar
auch die Herkünfte der in diesen Gruppen verwendeten Messinge. Das relativ
bleiarme Messing der Untergruppe II mit wahrscheinlich westeuropäischer Her-
kunft und Datierung auf das 17. Jahrhundert ist anscheinend in Benin zu
gleicher Zeit im Handel gewesen, als das relativ sehr viel bleireichere Messing
wahrscheinlich norddeutscher Herkunft der Untergruppe III noch Verwendung
fand.
Besonderes Interesse verdient noch eine Reihe relativ zinkarmer Einzelköpfe,
deren Analysenwerte alle im linken unteren Teil von Untergruppe II liegen. Es
sind dies die Köpfe Nr. 12, 14, 15, 149 sowie die im Schrifttum wenig bespro-
chene Figur Nr. 30 (IIIC 10 872). Nach ihrer Lage in Untergruppe II im Zink-
Blei-Diagramm ist man geneigt, diese Objekte auf das späte 17. bis beginnende
18. Jahrhundert zu datieren. V. Luschan60 hält es dagegen für möglich, daß die
Köpfe Nr. 12 und 14 älter sind, „als das erste Auftreten der Europäer in
Benin“, also älter als 1485. Fagg61 datiert die beiden Köpfe Nr. 14 und 149
(Abb. 5 und 6) auf das frühe 16. Jahrhundert. Den dünnwandigen Kopf Nr. 15
zählt Fagg aus stilistischen Gründen zweifellos mit Recht zu den „Objekten
vom unteren Niger“, die er auf das frühe 16., vielleicht sogar auf das 15. Jahr-
hundert datiert. Dies würde mit der Tatsache übereinstimmen, daß die vom
Verfasser analysierten und dem „unteren Niger“ zugeordneten Objekte Nr. 18,
29, 148 und 153 Zinn-Bronzen sind. Der Kopf Nr. 15 freilich ist unverkennbar
aus Messing. Bei der Figur Nr. 30 hält v. Luschan02 eine Datierung auf das
16. Jahrhundert für möglich. Alle diese Datierungen sind schwer zu vereinbaren
mit der Lage der Analysenwerte in der Untergruppe II. Hier könnte nun die
Meinung von F. Willett63 Abhilfe schaffen, der einer brieflichen Mitteilung
zufolge die Ansicht vertritt, daß die Köpfe Nr. 12 und 14 möglicherweise späte
Kopien früherer Stücke sein könnten. Im Gegensatz zu v. Luschan möchte
F. Willett auch die Figur Nr. 30 auf das 18. Jahrhundert datieren. Schließlich
hält er es nicht für ausgeschlossen, daß auch der Kopf Nr. 149 (IIIC 8 169) eine
00 v. Luschan, 1919, S. 360
81 Fagg, W. 1963, Nr. 10 u. 11
02 v. Luschan, 1919, S. 306
83 Willett, F. 1979. Herrn Willett sei für diese Information auch an dieser Stelle ge-
dankt.
Abb. 6. Kopf, Kat.-Nr. IIIC 7658,
Museum für Völkerkunde Berlin
Abb. 5. Kleiner Kopf. Kat.-Nr. IIIC 8527,
Museum für Völkerkunde Berlin
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
376
Werner, Benin-Messinge
späte Kopie ist. Nach seiner Ansicht weiß man schließlich über die Objekte
„vom unteren Niger“ z. 2. noch zu wenig, um zur Datierung des Kopfes Nr. 15
eine zuverlässige Aussage machen zu können. Insgesamt läge also, wenn man
dem Gedankengang Willetts folgt, die Gruppe dieser fünf Objekte in ihrer
Datierung im Bereich des 17. bis 18. Jahrhunderts, d. h. in Übereinstimmung
mit der für die Objekte der Untergruppe II angenommenen Datierung. Trotz-
dem besteht nach wie vor Interesse an einer zuverlässigen, objektiven Datierung
gerade dieser Köpfe, die vielleicht durch Radio-carbon-Messungen erfolgen
Tabelle 11
Messinge der Untergruppe III
Verbindungslinie 1
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
10c IIIC 8 168 Große Gruppe, Delinquent, zwei Häscher
Ma 3 093 Flachkappenkopf mit Plinthe
141 IIIC 10 884 Maske
126 IIIC 8 378 Platte, 3 Afrikaner mit Pfeil und Bogen
19 IIIC 18 154 Rundfigur mit Schild, Pfeil und Glocke
91 IIIC 20 830 Platte, Afrikaner mit Krug, 4 Rosetten
154a IIIC 8 511 Kanone, Oberteil
Verbindungslinie 2
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
98 IIIC 8 358 Platte, Europäer mit Dreizack, 2 Rosetten
67 IIIC 8 755 Platte, 3 nackte Afrikaner
w 64 735 Platte, Europäer, Geldringe haltend
Bin 8 Platte, heiliger Fisch
35 IIIC 8 753 Plakette, Oba zwei Gefolgsleute
122 IIIC 8 366 Platte, 2 Europäer, Hand haltend
103 IIIC 8 353 Platte, 3 Europäer, Hand haltend
Verbindungslinie 3
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
Ma 4 327 Platte, Afrikaner, hoher Halsschmuck 2 Kroko-Köpfe als Beifiguren
101 IIIC 8 277 Platte, Afrikaner, nackter Oberkörper,
2 Fische, 2 Kroko-Köpfe als Beifiguren
Brit. Museum 3 Platte
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
377
könnte, sofern sich in ihnen Reste von Kohlenstoff finden lassen sollten. Eine
andere Möglichkeit wären Thermo-Luminiscenz-Messungen, die das Vorhanden-
sein von Formstoff-Resten im Inneren der Köpfe voraussetzen63a.
Die Objekte der Untergruppe 111
Die Mehrzahl der Objekte der Untergruppe III ist in der folgenden Ta-
belle 11 zusammengestellt und im Zink-Blei-Diagramm auf den Bildern 4 und 5
graphisch dargestellt.
«Sa Hierzu Willett, F., und Fleming S. J. 1976, S. 135—146
•Io °lo °/o °/o °lo °/o °lo Blei — 0,65 °/o
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °lo Zink
22,0 7,0 0,22 0,07 0,27 0,08 28,86 o/o
13,6 4,3 0,8 n. b. n. b. n.b. 26,84 o/o
13,0 4,2 0,6 0,21 0,07 0,26 27,31 o/o
9,7 3,2 0,4 0,62 0,10 0,66 26,29 o/o
5,0 2,0 1,5 0,11 0,09 0,16 27,00 o/o
4,7 1,9 1,3 0,22 0,10 0,25 26,60 o/o
3,0 1,5 1,2 0,09 0,07 0,23 28,33 %
°lo °/o °to °lo °/o °/o °/o Blei — 0,55 °/o
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
17,0 6,4 0,4 0,28 0,05 0,24 34,41 %
15,2 5,7 0,6 0,19 0,10 0,10 33,88 %
5,8 2,5 1,5 0,10 0,12 0,35 33,62 %
2,4 1,3 1,9 0,11 n. n. 0,21 31,25 °/o
2,1 1,2 1,4 0,07 0,11 0,29 30,95 %
1,3 1,0 0,7 0,06 0,06 0,20 34,62 %
1,3 0,7 0,8 0,06 0,08 0,19 30,77 %
°lo °/o °/o °/o °lo °/o °/o Blei — 0,60 °/o
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
17,7 7,1 0,5 n. b. n. b. n. b. 36,72 %
15,0 6,0 0,5 0,13 0,06 0,10 36,00 o/o
14,34 5,85 24 Baessler-Archiv XXVI Sp. Sp. 0,11 0,09 36,61 o/o
X 100
X 100
X 100
378
Werner, Benin-Messinge
Verbindungslinie 3, Fortsetzung
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
116 nie 10 874 Platte, Krieger, hoher Helm, Leopard als Beifigu
92 IIIC 7 656 Platte, Europäer mit Geldringen
w 64 681 Platte, Afrikaner, hoher Halsschmuck
Bin 19 Portugiesischer Soldat mit Flinte
45 IIIC 8 211 Platte, 2 Afrikaner, hoher Halsschmuck
106 IIIC 8 435 Platte, Krokodil
68 IIIC 8 427 Platte, Ibis
57 IIIC 8 436 Platte, Leopardenkopf
21b IIIC 8 514 Schlangenkopf, glatt, Zunge
Bin 34 Platte, heiliger Fisch
Verbindungslinie 3a
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
147 IIIC 20 300 ampelförmiges Gefäß
52 IIIC 8 426 Platte, Ibis mit Fisch im Schnabel
72 IIIC 8 392 Platte, Afrikaner mit Schild und Speer
113 IIIC 8 207 Platte, Afrikaner mit Glocke, lange Haare
Verbindungslinie 3b
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
73 IIIC 8 256 Platte, Afrikaner mit Stab und Hacke
86 IIIC 8 205 Platte, 3 Krieger, Hände haltend, 4 Kroko-Köpfe als Beifiguren Benin-Krokodil-Maske Nr. 50 (Werner-Willet)
Bin 44 Platte, Fragment „chief of Uso rank“
56 IIIC 8 486 Platte, 2 Leoparden
58 IIIC 8 275 Platte, Afrikaner mit hohem Halsschmuck
Bin 26 Teil von Armring
107 IIIC 8 208 Platte, 3 Krieger, 2 kleine Begleiter
w 64 739 großer Schlangenkopf, glatt
21a IIIC 8 514 großer Schlangenkopf, glatt, Hals
48 IIIC 8 429 Platte, Ibis mit Fisch im Schnabel
124 IIIC 8 362 Platte, Europäer mit Stab
114 IIIC 8 350 Platte, Europäer mit Dolch
105 IIIC 8 401 Platte, Afrikaner, Glocke schlagend
11b IIIC 20 296 Stuhl, Mittelteil, glatte Schlange
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
379
°lo °/o °/o °/o »Io °lo °/o Blei — 0,60 °/o V 1DD
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon %Zink
11,0 4,7 0,4 0,20 0,06 0,13 37,27 °/o
10,8 4,5 1,3 0,16 0,10 0,22 36,11 o/o
9,8 4,3 1,3 0,04 n. n. n. n. 37,76 %
7,5 3,5 2,1 0,21 n. n. 0,16 38,67 %
6,8 3,1 3,1 0,68 0,33 0,65 36,75 %
6,2 2,9 2,9 0,19 0,11 0,27 37,10 %
5,4 2,5 1,0 0,14 0,07 0,13 35,19%
4,0 2,0 1,5 0,09 0,26 0,17 35,00 %
3,2 1,7 0,8 0,10 0,08 0,22 34,38 %
2,5 1,4 1,2 0,15 n. n. 0,31 36,00 %
ulo °/o °/o °/o °/o °lo °/o Blei — 0,80 °!o °/o Zink
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
11,0 4,8 0,2 0,21 0,04 0,08 36,36 %
7,8 3,7 1,3 0,21 0,08 0,23 37,18 %
3,6 2,1 1,2 0,10 0,22 0,25 36,11 %
2,7 1,8 0,7 0,13 0,06 0,24 37,04 %
°/o °/o °/o °/o % °lo °lo Blei — 1,5 °lo , °/o Zink X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
18,5 8,2 0,1 0,21 0,08 0,12 36,22 %
18,5 8,2 0,5 0,16 0,10 0,19 36,22 %
18,5 8,2 n. n. 0,26 0,12 0,07 36,22 %
15,9 7,2 0,3 0,26 n. n. n. n. 35,85 %
13,6 6,5 0,9 0,25 0,10 0,53 36,76 %
12,3 6,0 0,9 1,0 0,15 0,62 36,59 %
9,2 4,9 2,0 0,25 n. n. 0,17 36,96 %
8,2 4,3 0,2 0,16 0,06 0,08 35,37 %
6,1 3,7 2,5 0,14 0,14 0,45 36,07 %
6,0 3,8 0,85 0,14 0,07 0,24 38,33 %
5,7 3,5 1,7 0,12 0,12 0,27 35,09 %
5,6 3,6 1,7 0,21 0,10 0,88 37,50 %
5,4 3,3 1,8 0,12 0,06 0,22 34,00 %
4,7 3,2 1,8 0,16 0,11 0,35 36,17 %
3,4 2,8 1,0 0,23 0,05 0,17 36,76 %
24*
380
Werner, Benin-Messinge
Verhindungslinie 3c
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
83 nie 8 352 Platte, Europäer mit Armbrust, 2 Kroko-Köpfe als Beifiguren
82 IIIC 8 257 Platte, Afrikaner mit Rahmentrommel
25b nie 8 085 Hahn, Sockel
96 nie 27 507 Platte, Afrikaner mit Kugel, 4 Rosetten
65 nie 27 506 Platte, Afrikaner mit Rassel, 3 Busti
w 64 747 Statuette, Mann mit Kreuz
117 nie 8 461 Platte, Wels
47 nie 8 456 Platte, Fächer
13 nie 12 508 Kinderkopf
112 nie 8 432 Platte, Krokodilkopf, stilisiert
Verhindungslinie 4
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
54 nie 8 347 Platte, Krieger, 2 kleine Begleiter
53 nie 8 391 Platte, Krieger mit Spieß und Schild
119 nie 8 390 Platte, Krieger, 2 kleine Begleiter
64 nie 8 396 Platte, Krieger, kleiner Begleiter
Verhindungslinie 4a
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
W 64 796 Platte, Reiter
66 nie 8 373 Platte, Krieger, 2 kleine Begleiter
74 nie 8 372 Platte, 2 Afrikaner, Rahmentrommel
118 nie 8 407 Platte, Afrikaner mit Stock und Hacke
Bin 27 Fragment von Doppelgong
61 nie 8 485 Platte, 2 Feoparden, Schwein verschlingend
85 nie 8 206 Platte, Afrikaner auf Baum
89 nie 8 209 Platte, Krieger, Mitra-Kopfbedeckung
87 nie 8 383 Platte, Afrikaner auf Baum
63 nie 7 651 Platte, Krieger, Schwert, 2 Rosetten
71 nie 8 438 Platte, Feopard
78 nie 8 452 Platte, Zeremonialschwert
51 nie 8 451 Platte, stichblattähnlicher Gegenstand
110 nie 8 398 Platte, Krieger mit Mitra-Kopfbedeckung
94 nie 8 367 Platte, Europäer mit Stock
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
381
«Io »Io «Io °/o «Io «Io «Io Blei —1,75 °/o w r-=—7 X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon «Io Zink
18,0 8,5 0,9 0,26 0,11 0,65 37,50 o/o
14,5 7,4 0,5 0,22 0,06 0,25 38,97 %
12,0 6,2 0,7 0,16 0,07 0,25 37,08 %
11,0 6,0 0,3 0,29 0,11 0,14 38,64 o/o
10,7 5,8 2,1 0,58 0,20 0,70 37,85 %
8,2 4,9 1,5 0,24 n. n. 0,48 38,41 o/o
7,7 4,6 0,7 0,18 0,09 0,25 37,01 %
5,0 3,6 1,8 0,17 0,07 0,26 37,00 o/o
4,7 3,4 1,8 0,13 0,10 0,43 35,11 o/o
3,6 3,1 1,1 0,15 0,06 0,27 37,50 o/o
«Io °lo °lo °/o «Io °/o °/o Blei — 1,4 «Io , X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °lo Zink
17,0 9,0 0,2 0,18 0,06 0,40 44,71 °/o
14,0 7,6 0,3 0,20 0,05 0,17 44,29 °/o
13,0 7,1 0,2 0,16 0,08 0,29 43,85 %
9,4 5,6 1,5 0,12 0,09 0,24 44,68 °/o
°lo °lo °lo «Io «Io «Io °/o Blei — 1,8°Io , - X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon «Io Zink
19,9 11,2 0,5 0,29 • Sp. 1,2 47,24 o/o
20,5 11,2 0,6 0,35 0,10 0,37 45,85 o/o
16,6 9,5 0,1 0,14 0,08 0,32 46,39 %
14,7 8,8 1,1 0,32 0,12 1,2 47,62 %
12,7 7,6 0,8 0,17 n. n. 0,34 45,67 %
12,7 7,6 0,9 0,18 0,08 0,50 45,76 %
12,0 7,3 1,8 0,21 0,13 0,36 45,83 %
10,5 6,8 0,9 0,18 0,08 0,18 47,62 o/o
10,3 6,7 1,6 0,19 0,10 0,34 47,57 %
10,0 6,6 0,4 0,16 0,06 0,12 48,00 o/o
9,8 6,5 2,1 0,12 0,11 0,30 47,96 %
9,8 6,4 2,3 0,13 0,09 0,25 46,94 o/o
9,0 6,0 2,7 0,12 0,08 0,30 46,67 o/o
8,6 5,7 1,3 0,15 0,09 0,38 45,35 %
8,4 5,6 2,4 0,-8 0,15 0,35 45,24 %
382
Werner, Benin-Messinge
Verhindungslinie 4 a (Fortsetzung)
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
70 nie 8 214 Platte, Afrikaner mit Querhorn
K 2 007 Platte, Afrikaner, nackter Oberkörper
K 2 004 Platte, Europäer mit Flellebarde
111 IIIC 8 459 Platte, Schlammfisch
77 IIIC 8 467 Platte, Wels
Verhindungslinie 5
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
95 IIIC 8 382 Platte, Afrikaner mit Zöpfen
Ma 3 107 Platte, 3 Afrikaner, 2 Bustis
152 IIIC 8 375 Platte, 3 Afrikaner
62 IIIC 8 367 Platte, Krieger, 2 kleine Begleiter
Bin 12 Schlangenkopf
Bin 18 Portugiesischer Soldat mit Flinte
46 IIIC 8 471 Platte, 2 Schlammfische
43 IIIC 8 477 Platte, 2 Schlangen nebeneinander
Verhindungslinie 5a
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
59 IIIC 8 385 Platte, Krieger mit offenen Haaren
81 IIIC 8 461 Platte, Kreisfigur, 3 Buckel
60 IIIC 8 450 Platte, Leopardenfell
93 IIIC 8 349 Platte, Portugiese mit Flinte
Bin 2 Platte, portugiesischer Händler mit 2 Manillas
138 IIIC 9 947 Portugiese mit Stab, 4 Rosetten
Verhindungslinie 6
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
K 2 003 Platte, Krieger mit kegelförmigem Helm
80 IIIC 8 387 Platte, Krieger mit Klanggerät?
84 IIIC 8 433 Platte, Krokodil-Kopf, stilisiert
Verhindungslinie 6a
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Gegenstand
Bin 13 Platte, Schlange
Bin 5 Platte, Pferdekopf
75 IIIC 8 249 Platte, Schlange mit Medaillons, 4 Rosetten
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
383
°/o °lo °/o °to °/o °/o °/o Blei — 1,8 °/n X 100 °lo Zink
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
8,0 5,4 2,0 0,14 0,10 0,20 45,00 °/o
6,7 5,0 4,3 n. b. n. b. n. b. 47,75 °/o
7,1 3,0 3,5 n. b. n. b. n. b. 45,07 °/o
4,9 4,1 1,1 0,14 0,08 0,26 46,94 °/o
3,7 3,5 2,2 0,13 0,13 0,35 45,95 °/o
°lo °lo °lo °/o °lo °/o °/o Blei — 2,25 °/o w ’ X 100 °/o Zink
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
15,5 9,4 0,6 0,22 0,09 0,22 46,13 °/o
14,5 9,2 0,6 n. b. n. b. n. b. 47,93 %
13,0 8,3 0,5 0,16 0,03 0,47 47,31 °/o
10,1 7,0 2,6 0,11 0,09 0,33 47,03 °/o
7,8 5,7 0,25 0,17 n. n. 0,34 44,23 %
7,4 5,5 1,8 0,21 n. n. 0,24 43,92 °/o
6,4 5,0 1,4 0,68 0,33 0,65 42,97 °/o
4,0 4,1 1,2 0,15 0,10 0,30 46,25 °/o
°/o °/o °fo °lo 0Io °/o °/o Blei — 2,7 °lo w - , X 100 °/o Zink
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
16,5 10,5 0,7 0,28 0,13 0,62 47,27 %
12,9 8,6 2,4 0,10 0,09 0,24 45,74 °/o
11,9 8,2 0,6 0,14 0,05 0,25 46,22 o/o
13,0 8,5 0,6 0,15 0,10 0,25 44,62 °/o
4,4 4,8 2,4 0,17 n. n. 0,16 47,73 %
3,4 4,3 3,1 0,35 0,18 0,56 47,06 °/o
°/o °/o °/o °/o °/o °/o •/, Blei- 3,2 •/.
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
14,9 10,2 3,4 n. b. n. b. n. b. 46,98 °/o
10,4 8,2 2,4 0,10 0,09 0,23 48,08 %
4,5 5,3 2,8 0,10 0,18 0,66 46,67 °/o
°/o °lo °/o °/o °/o °/o °/o Blei — 3,6 °/t w X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
8,0 7,3 2,7 0,19 n. n. 0,24 46,25 %
4,8 5,7 1,9 0,20 n. n. 0,23 47,92 %
3,3 5,2 3,1 0,24 0,20 0,76 48,48 %
384
Werner, Benin-Messinge
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Verbindungslinie 6h Gegenstand
Ma 3 106 17 IIIC 14 499c Platte, Krieger, 2 Beifiguren Figur mit Steinbeil
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Verbindungslinie 7 Gegenstand
W 64 718 25a IIIC 8 085 Doppelplatte, untere Hälfte, Europäer, Kreisgrund Flahn, Körper
Lfd. Nr. Katalog-Nr. V erbindungslinie 7a Gegenstand
Bey 245 100 IIIC 10 879 Platte Platte, Krieger mit Schild, 3 Speeren, Kreisgrund
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Verbindungslinie 8 Gegenstand
76 IIIC 8 468 143 IIIC 10 878 99 IIIC 8 252 Platte, Schlammfisch, Kreisgrund Kopf mit Schlangen und Vögeln Platte, Tierkopf
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Verbindungslinie 8a Gegenstand
W 64 717 Platte, Würdenträger, 4 Begleiter
Lfd. Nr. Katalog-Nr. Verbindungslinie 9 Gegenstand
Y 18 IIIC 29 801 Bin 25 Yoruba-Figur auf Stab Armreif
Lfd. Nr. Katalog-Nr. V erbindungslinie 10 Gegenstand
69 IIIC 8 437 Platte, Leopard
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
385
o/o °/o O/o o/o 0/o °/o °/o Blei — 4,15 °/o X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
16,2 11,7 0,8 n. b. n. b. n. b. 46,60 %
8,4 8,0 0,4 0,11 2,5 0,25 45,83 %
o/o o/o °/o °/o o/o o/o o/o Blei — 4,8 °/o X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
11,8 10,2 1,3 n. b. n. b. n. b. 45,76 °/o
9,0 9,0 2,0 0,15 0,16 0,47 46,67 %
°/o °/o °lo °/o o/o o/o o/o Blei — 5,2 o/o X WO
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
16,21 13,07 0,60 n. b. n.b. n.b. 48,58 °/o
11,0 10,2 0,8 0,42 0,18 1,1 45,45 o/o
o/o °/o °/o °/o o/o 0/o °/o Blei — 6,4 °/o X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
7,6 10,0 0,6 0,36 0,10 0,50 47,37 °/o
4,5 8,6 2,2 0,22 0,13 0,66 48,89 °/o
3,5 8,0 2,8 0,19 0,24 0,88 45,71 °/o
°/o °/o °/o °/o o/o °/o o/o Blei — 6,8 °/o X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
13,9 13,5 2,5 0,44 0,73 1,55 48,20 °/o
o/o o/o O/o °/o O/o °/o o/o Blei — 9,4 °/o X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
4,3 11,5 3,4 0,33 0,55 1,7 48,84 %
4,1 11,3 3,4 0,55 0,79 2,1 46,34 %
°lo °/o o/o °/o o/o °/o °/o Blei — 11,4 °/o X 100
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon °/o Zink
7,2 14,8 3,0 0,09 0,27 0,75 47,22 %
Bild 4
386 Werner, Benin-Messinge
Bild 5
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 387
388
Werner, Benin-Messinge
Um die große Zahl der zur Untergruppe III gehörenden Objekte graphisch
besser deutlich zu machen, sind ihre Analysen auf zwei Bilder verteilt. Auch
hier ergibt sich wieder die Möglichkeit, eine größere Zahl von Meßpunkten
durch Linien miteinander zu verbinden. Diese Verbindungslinien sind in Ta-
belle 11 und auf den beiden Bildern 4 und 5 mit den Ziffern 1 bis 9 numeriert.
Hier soll nochmals darauf hingewiesen werden, daß die Konstruktion solcher
Verbindungslinien nicht ganz ohne Willkür ist. Das hierbei angewendete und
bereits anfangs (S. 347) formulierte Prinzip, durch eine solche Verbindungslinie
möglichst viele Einzelwerte zu erfassen, wird besonders deutlich durch die Ver-
bindungslinien 2a, 3, 3b, 4a und 5, die allein 65 der über hundert in Tabelle 11
zusammengestellten Analysen umfassen. Die Verbindungslinien der Unter-
gruppe III unterscheiden sich von denen der Untergruppen I und II vor allem
durch den viel größeren Neigungswinkel, der auf das Vorhandensein relativ
sehr viel bleireicherer Messinge in dieser Gruppe hinweist. Keine dieser Ver-
bindungslinien erreicht den Koordinatenanfangspunkt. Selbst die Linien 1 und 2
schneiden die Blei-Achse bei rd. 0,6 °/o Blei. Die anderen Linien schneiden diese
Achse bei immer größeren Bleigehalten, die bei den bleireichen Messingen der
Verbindungslinien 7a und 8 bereits Werte von mehr als 5 °/o bzw. 6 % Pb
erreichen. Während man bei den kleineren sich abzeichnenden zusätzlichen Blei-
gehalten von weniger als 1 °/o Pb noch annehmen kann, daß dieser zusätzliche
Bleigehalt auf einen gewissen Bleigehalt des bei der Legierungsbildung verwen-
deten Kupfers zurückzuführen ist, vielleicht auch auf einen kleinen Zink-
abbrand, ist das hier zu beobachtende Auftreten so großer zusätzlicher Blei-
gehalte nur auf einen offenbar absichtlichen Bleizusatz zurückzuführen. Dies
hat bei den an sich schon relativ bleireichen Objekten der Untergruppe III zu
Blei-Höchstgehalten von teilweise mehr als 14°/oPb geführt. Nr. 69 hat
14,8 °/o Pb.
Zur Ergänzung der Benin-Analysen sind in beiden Bildern 4 und 5 auch noch
einige Analysen von Ife-Objekten eingetragen. Sie sind durch ein liegendes
Kreuz (X) gekennzeichnet64 sowie mit Wi X65- Sie ergänzen in bemerkens-
werter Weise die Benin-Analysen und erleichtern damit die Konstruktion der
Verbindungslinien. Zugleich lassen sie den engen Zusammenhang zwischen dem
Material der Ife-Messinge und dem der Benin-Messinge der Untergruppe III
erkennen. Bild 5 enthält auch noch einige wenige Analysen der vom Verfasser
analysierten Ghana-Goldstaubgewichte66. Auch hier wurden wieder vorwiegend
64 Werner, O., und Willen, F. 1975, S. 141 — 156
65 Willen, F. 1965, S. 81
66 Werner, O. 1972, S. 440
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
389
Objekte mit höherem Bleigehalt ausgewählt. Die eigenen Benin-Analysen des
Verfassers67 werden ergänzt durch die von S. Wolf68 bekanntgegebenen Analy-
sen von Benin-Objekten aus dem Wiener Völkerkunde-Museum und der Mann-
heimer Benin-Sammlung69 (Kennzeichen W . . . und Ma . . .). Hierzu kommen
noch die von W. Fröhlich70 veröffentlichten Analysen der Kölner Benin-Samm-
lung (Kennzeichen K . . .). Schließlich wurden auch noch die von Th. Shaw71
veröffentlichten Benin-Analysen mit einbezogen.
Die Bedeutung der hier gewählten Art der graphischen Darstellung der
Analysen liegt darin, daß durch sie gewissermaßen ein „Einstieg“ möglich wird,
welcher die Ermittlung weiterer Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ob-
jekten gestattet. Die in den Bildern 4 und 5 gezeichneten Verbindungslinien
lassen eine Abnahme des Grades der Steilheit erkennen, der einer Zunahme des
Blei/Zink-Quotienten und damit einer Zunahme des relativen mittleren Blei-
gehaltes der Messinge entspricht. In der folgenden Tabelle 12 sind neben der
Zahl der mit den einzelnen Verbindungslinien erfaßten Objekte auch die aus
den Schnittpunkten der Verbindungslinien mit der Blei-Achse sich ergebenden
Korrekturen des Bleigehaltes und die unter Berücksichtigung dieser Korrekturen
an dem analytisch bestimmten Bleigehalt und Zinkgehalt errechneten Blei/Zink-
Quotienten eingetragen.
Mit den von diesen Verbindungslinien erfaßten 112 Analysen und den bei den
Untergruppen I und II behandelten Analysen sind dies rd. 190 Analysen von
Benin-Objekten. Dies ist die ganz überwiegende Zahl aller bisher bekannt-
gewordenen Benin-Analysen. Darunter befinden sich allein rd. 100 Analysen
von Platten, deren Mehrzahl zur Untergruppe III gehört.
Der Blei/Zink-Quotient der Objekte im Bereich III ist, wie aus Tabelle 12 zu
entnehmen ist, in der ersten Stufe mit 27,32 °/o am niedrigsten. Bei diesem Quo-
tienten ist, wie bereits bemerkt, eine Herkunft des Messings der sieben auf
dieser Verbindungslinie liegenden Objekte aus dem rheinisch-lothringischen
Grenzgebiet nicht auszuschließen, eine Herkunft aus dem norddeutschen Bereich
ist jedoch ebenfalls möglich. Für alle übrigen Objekte der Verbindungslinien
2 bis 10 besteht für die Herkunft des Messings aus dem norddeutschen Bereich
jedoch die größte Wahrscheinlichkeit. Dabei zeichnet sich noch eine gewisse
Differenzierung in der Qualität dieser Messinge ab, die in den kleineren, aber
67 Werner, O. 1970, S. 138—151
68 Wolf, S. 1968, S. 150/151
69 Wolf, S. 1966, S. 245
70 Fröhlich, W. 1966, S. 253
71 Shaw, Th. 1969, S. 96—98
390
Werner, Benin-Messinge
Tabelle 12
Analysenzahl je Verbindungslinie, Blei-Korrekturen und Blei/Zink-Quotienten
Verbindungslinie Nr. Zahl der Analysen Blei- Korrektur Pbj. °!o Blei— °/o Pb,. •klink - x m
1 7 0,65 o/o 27,32 %
2 7 0,55 o/o 32,73 %
3 13 0,60 % 36,42 °/o
3a 4 0,80 % 36,67 °/o
3b 14 1,5 °/o 36,28 o/o
3c 10 1,75 o/o 37,51 %
4 4 1,4 Vo 44,38 %
4a 20 1,8 o/o 46,62 %
5 8 2,25 % 45,72 o/o
5a 6 2,7 o/o 46,44 %
6 3 3,2 % 47,24 %
6a 3 3,6 % 47,55 o/o
6b 2 4,15 % 46,22 %
7 2 O O oo 46,22 %
7a 2 5,2 % 47,02 o/o
8 3 6,4 % 47,32 %
8a 1 6,8 o/0 48,20 %
9 2 9,4 % 47,59 °/o
10 1 11,4 % 47,22 %
Summe 112
deutlich erkennbaren Unterschieden der Blei/Zink-Quotienten zum Ausdruck
kommt. Bei den 48 Objekten der Verbindungslinien 2 bis 3 c haben wir einen
nur wenig um rd. 36 °/o schwankenden mittleren Quotienten. Bei den folgenden
57 Analysen schwankt der Quotient um etwa 46 bis 47 °/o. Diese Feststellungen
legen den Schluß nahe, daß für die 112 Objekte der Untergruppe III mindestens
drei verschiedene Messingsorten Verwendung gefunden haben. Vielleicht wurde
bei den sieben Objekten der Verbindungslinie 2 sogar noch ein viertes Messing
verwendet, denn der mittlere Quotient dieser Gruppe hebt sich, wenn auch
nicht viel, so doch erkennbar, mit 32,73 % von den Quotienten der folgenden
vier Gruppen 3 bis 3 c ab.
Die annähernde Konstanz der Quotienten in den beiden Gruppen 3 bis 3 c
und 4 bis 10 kommt in dem annähernd parallelen Verlauf der Verbindungs-
linien innerhalb jeder Gruppe zum Ausdruck. Von einer Verbindungslinie zur
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
391
anderen unterscheiden sich die Objekte nur durch die Höhe des entweder aus
dem Kupfer stammenden oder des absichtlich zugesetzten Bleigehaltes.
Die Vermutung, daß das Material der überwiegenden Zahl der Benin-
Messinge aus dem norddeutschen Raum stammen könnte, soll nun an Hand
einer Anzahl von Analysen mitteleuropäischer Objekte des 15. bis 17. Jahrhun-
derts72 in der folgenden Tabelle 13 belegt werden, die dann mit den in der
anschließenden Tabelle Nr. 14 zusammengestellten Benin-Analysen verglichen
werden sollen. Graphisch ist der Zusammenhang in Bild 6 dargestellt.
Die Analysen der Objekte der Tabelle 13 wurden nach ihrem hohen Blei/
Zink-Quotienten ausgewählt. Die Objekte stammen überwiegend aus dem deut-
schen bzw. dem nord- oder mitteldeutschen Raum.
Der mit einer Ausnahme über 0,1 % liegende Nickelgehalt dieser Objekte steht
in Übereinstimmung mit ihrer Datierung auf das 15. bis 17. Jahrhundert. Bei
fünf Analysen fehlen die Herkunftsangaben. Es sind dies die Analysen der zu
einem Adlerpult gehörenden fünf Einzelteile. Die Leitung des Museums, in dem
sich das fragliche Objekt befindet, konnte dafür keine zuverlässige Herkunfts-
angabe machen. Der Materialzusammensetzung nach zu urteilen kommen alle
fünf Teile aus dem norddeutschen Raum. Die anderen Herkunftsangaben be-
ruhen auf kunsthistorischen und stilkritischen Überlegungen. Die beiden Her-
kunftsangaben Niederrhein für den Türzieher Nr. 295 und Dinant für den
Doppelleuchter Nr. 119 stimmen nicht mit ihrer Zusammensetzung überein.
Dem Material nach sollten beide aus dem norddeutschen Raum kommen, wobei
bei 119 neben dem hohen relativen Bleigehalt vor allem der ungewöhnlich hohe
Antimongehalt gegen eine Herkunft aus dem westlichen Dinant spricht.
Hier ist nochmals darauf hinzuweisen, daß die kunstkritischen Herkunfts-
angaben ganz überwiegend auf der stilkritischen Beurteilung der Objekte
beruhen, während die Analysen sich auf das Material beziehen. Im vorliegen-
den Falle lassen die stilkritischen Betrachtungen eine Herkunft der Objekte
Nr. 119 und 295 aus dem westlichen Grenzgebiet vermuten, die Analysen
legen dagegen die Materialherkunft aus dem norddeutschen Raum nahe. Auf
die in manchen Fällen mit den stilkritischen Aussagen bei Herkunftsangaben
verbundenen Schwierigkeiten hat bereits E. Meyer73 hingewiesen. Er schreibt
u. a.:
„Das künstlerische Schwergewicht lag bis ins 13. Jahrhundert in Belgien
und Lothringen, auch Frankreich und England wurden von dort ver-
72 Werner, O. 1977, S. 144—197
73 Meyer, E. 1960, Nr. 5
392 Werner, Benin-Messinge
Tabelle 13
Mitteleuropäische Objekte des 15. bis 17. Jahrhunderts
L}d. Nr. Gegenstand Herkunft °/o Zink °/o Blei °/o Zinn °/o Nickel °/o Arsen °/o Antimon
95 Leuchter Niederlande 19,2 10,8 0,7 0,22 0,25 0,62
349 Grabplatte Lübeck 17,1 13,5 1,0 0,06 0,22 1,1
339 Adlerpult, Schwanz ? 16,0 11,0 0,5 0,11 0,12 0,38
342 Adlerpult, Kapitell ? 15,5 6,6 0,4 0,23 0,05 0,05
295 Türzieher Niederrhein 15,5 12,5 1,9 0,44 0,54 0,53
270 Reliquiar Deutschland 15,5 5,3 2,3 0,18 0,22 0,12
241 Aquamanile Lübeck 15,0 6,0 3,0 0,14 0,13 0,24
322 Löwe Münster 15,4 7,2 1,1 0,68 0,05 0,76
341 Adlerpult, Adlerflügel p 14,7 10,5 0,4 0,18 0,05 0,80
324 Wilder Mann Deutschland 14,5 5,9 6,2 1,5 0,26 0,29
340 Adlerpult, Adlerkörper ? 14,1 9,8 0,6 0,13 0,08 0,14
257 Aquamanile Niedersachsen 14,0 5,6 2,6 0,10 0,39 0,19
119 Doppelleuchter Dinant? 13,1 8,5 2,0 0,29 0,29 0,80
113 Doppelleuchter Mitteldeutschland 12,0 8,0 5,2 0,71 0,30 1,15
288 Türzieher Niedersachsen 12,0 7,8 1,2 0,66 0,52 2,0
216 Aquamanile Braunschweig 12,0 4,8 2,5 0,22 0,62 0,25
343 Adlerpult, Buchstütze ? 11,8 9,4 0,7 0,17 0,08 0,10
106 Kronleuchter Deutschland 10,0 8,0 2,1 0,80 0,62 1,1
123 Leuchter Norddeutschland 9,7 3,9 4,3 0,35 1,1 0,76
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 393
394
Werner, Benin-Messinge
sorgt. Noch bis ins 16. Jahrhundert versorgten die Werkstätten von
Dinant und anderen niederländischen Orten Europa mit Messinggüssen,
den sog. „Dinanderien“. Die norddeutschen Werkstätten am Harzrand
(Goslar, Hildesheim, Braunschweig, Magdeburg aber auch Lübeck) blieben
für Deutschland.
Unabhängig davon muß es aber mindestens vom 12. Jahrhundert ab an
vielen Orten Werkstätten gegeben haben, die anspruchsvollere Bronzen
herzustellen verstanden. Der Zusammenhang zwischen den Arbeiten der
einzelnen Werkstätten ist häufig so auffallend, daß in weitem Umfang
mit der Tätigkeit von wandernden Künstlern gerechnet werden muß.“
Diese von E. Meyer gemachte Annahme des Auftretens von sog. „Wander-
künstlern“ könnte z. B. dazu geführt haben, daß ein in den Schulen des west-
lichen Grenzgebietes aufgewachsener Künstler bei seiner Wanderung in den
nördlichen deutschen Bereich, etwa nach Braunschweig oder Hildesheim, dort,
stilistisch gesehen, das künstlerische Erbe des Westens verbreitete, als Material
aber das Messing des norddeutschen Raumes, in dem er arbeitete, verwendete.
In Anwendung auf den vorliegenden Fall würden diee Überlegungen zu dem
Schluß führen, daß die Objekte mit der Herkunftsangabe Dinant oder Nieder-
rhein diese Herkunftsangabe aus stilistischen Gründen rechtfertigen, in Wirk-
lichkeit aber im norddeutschen Raum entstandene Werke von Wanderkünstlern
sind. Schließlich ist auch noch zu beachten, daß bei der stilistischen Beurteilung
eines Objektes durch mehrere Gutachter vielfach Meinungsverschiedenheiten
auftreten, die zu gegensätzlichen Herkunftsaussagen führen können. Insgesamt
kann also mit großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß das Ma-
terial der in Tabelle 13 aufgeführten Objekte aus dem norddeutschen Raum
stammt.
Die in Bild 6 dargestellten Analysen der mitteleuropäischen Messinge des
15. bis 17. Jahrhunderts sollen nun ergänzt werden durch eine in Tabelle 14
zusammengestellte Auswahl von Analysen von Benin-Objekten der Unter-
gruppe III, die den engen Zusammenhang zwischen beiden Messing-Sorten
erkennen lassen, der sich auch auf den Gehalt beider Objektgruppen an den
drei Nebenbestandteilen Nickel, Arsen und Antimon bezieht. Dies gilt vor
allem für die Feststellung, daß in beiden Objektgruppen neben den „normalen“
Messingen solche mit einem auffallend großen Blei-Antimongehalt auftreten.
Die Analysennummern dieser antimonreichen Messinge sind in Bild 6 durch
Unterstreichen hervorgehoben.
Die weitere Übereinstimmung zwischen den beiden Objektgruppen kommt im
Nickelgehalt zum Ausdruck, der in beiden Fällen fast ausnahmslos über 0,1 °/o
Tabelle 14
Einige Benin-Messinge der Untergruppe III
Lfd. Nr. Gegenstand °!o °lo °/o °/o °lo «Io
Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
Wien 64 796 Platte, Reiter 19,5 11,2 0,5 0,29 Sp. 1,2
Ma 4 327 Platte, Afrikaner 17,7 7,1 0,2 n. b. n. b. n. b.
98 Platte, Europäer mit Dreizack 17,0 6,4 0,4 0,28 0,05 0,24
59 Platte, Krieger ohne Helm 16,5 10,5 0,7 0,28 0,13 0,62
Kö 2 003 Platte, Afrikaner 14,9 10,2 3,4 n. b. n. b. n. b.
118 Platte, Afrikaner 14,7 8,8 1,1 0,32 0,17 1,2
Ma 3 107 Platte, Krieger, 2 Busti 14,5 9,2 0,6 n. b. n. b. n. b.
100 Platte, Krieger mit 2 Speeren 11,0 10,2 0,7 0,42 0,18 1,1
92 Platte, Europäer mit Manillas 10,8 4,5 1,3 0,16 0,10 0,22
80 Platte, Krieger mit Klanggerät 10,5 8,2 2,4 0,10 0,09 0,24
17 Figur mit Steinbeil 8,4 8,0 0,4 0,11 2,5 0,25
Bin 13 Platte, Schlange 8,0 7,3 2,7 0,19 n. n. 0,24
76 Platte, Schlammfisch 7,6 10,0 0,6 0,36 0,10 0,50
Wien 64 735 Platte, Europäer mit Manillas 5,8 2,5 1,5 0,10 0,12 0,35
19 Figur mit Schild und Glocke 5,0 2,0 1,5 0,11 0,09 0,18
84 Platte, Krokodil-Kopf 4,5 5,2 2,0 0,10 0,18 0,66
99 Platte, Tierkopf 3,5 8,0 2,8 0,19 0,24 0,88
75 Platte, Schlange, 4 Rosetten 3,3 5,2 3,1 0,24 0,20 0,76
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978) 395
396
Werner, Benin-Messinge
Ni liegt und die Datierung der beiden Objektgruppen auf das 15. bis 17. Jahr-
hundert rechtfertigt. Die Zinkgehalte der europäischen Messinge sind im all-
gemeinen etwas höher als die der Benin-Messinge. Dies ist darauf zurückzu-
führen, daß der mittlere Zinkgehalt der europäischen Messinge des 15. bis
17. Jahrhunderts im Mittel bei 15 bis 17% Zn liegt und die Auswahl von
Objekten nördlicher Herkunft in dieser Zeitperiode wegen der begrenzten
Analysenzahl nicht sehr viel Spielraum ließ. Um den Verlauf der Verbindungs-
linien bis zur Blei-Koordinate in Bild 6 besser verfolgen zu können, wurde
bei den zahlreich vorhandenen Benin-Messingen eine größere Zahl mit kleine-
ren Zinkgehalten ausgewählt. Hinzu kommt noch, daß in Europa zinkreichere
Messinge sozusagen in unbegrenzter Zahl zur Verfügung standen, während die
Messingschmiede in Benin auf begrenzte Importe angewiesen waren und daher
häufig das importierte zinkreichere Messing mit Kupfer oder Manillas ver-
dünnen mußten. Infolgedessen finden wir in Benin eine relativ größere Zahl
zinkärmerer Messinge als in Europa.
In Bild 6 ist außer den Benin-Messingen auch noch die Analyse des Ife-
Dolchgriffs Nr. 66/53 d eingetragen. Nach der Analyse zu urteilen74;
4,3 % Zink, 8,2 % Blei, 3,5 % Zinn, 0,30 % Nickel, 1,0 % Antimon
ist dieses Ife-Objekt wahrscheinlich mindestens um 200 Jahre jünger als die
Ife-Köpfe. Es paßt daher sehr gut zu den Benin-Messingen der Untergruppe
III. Für die jüngere Datierung des Dolchgriffes spricht nicht nur der hohe
Nickelgehalt, sondern auch der hohe Antimongehalt von 1 % Sb, der auf
einen Manilla-Zusatz schließen läßt.
Bestimmung der Blei-lsotopen-Verhältnisse zur Herkunftshestimmung
Die hier mitgeteilten Erkenntnisse über die Bedeutung des Blei-, Zink-,
Nickel- und Antimongehaltes für die Herkunft und Datierung der europäischen
und der Benin-Messinge könnten möglicherweise kontrolliert und ergänzt wer-
den durch eine erst in neuerer Zeit entwickelte Technologie. Es handelt sich
dabei um die Verwendung von Blei-Isotopenmessungen für die Alters- und
Herkunftsbestimmungen von Blei und von bleihaltigen Legierungen. Das Me-
tall Blei hat das Atomgewicht 207,24. Dieses Atomgewicht ist ein Mittelwert,
der sich aus den Massenzahlen der vier Blei-Isotopen 204, 206, 207 und 208
zusammensetzt. Die prozentuale Häufigkeit dieser vier Massen des technischen
Bleis beträgt: 1,4 % für 204, 24,1 % für 206, 22,1 % für 207 und 52,4 % für
208. Auch diese Häufigkeiten sind nur Durchschnittswerte, die von Blei-Lager-
74 Werner, O., und Willett, F. 1975, S. 151
Baessler-Archiy, Neue Folge, Band XXVI (1978)
397
Stätte zu Blei-Lagerstätte kleinen Schwankungen unterworfen sein können.
Selbst innerhalb einer Lagerstätte können kleine Unterschiede in der Häufig-
keitsverteilung der Isotopen auftreten. Diese Unterschiede, die in den Verhält-
niszahlen, z. B. von Blei206/Blei208 oder von Blei206/Blei207 zum Ausdruck kom-
men, sind freilich gering, und es bedarf recht genauer Messungen mit Hilfe
aufwendiger Massenspektrographen, um die Unterschiede in den Isotopen-
Verhältnissen zuverlässig zu bestimmen.
Unterschiede innerhalb ein und derselben Lagerstätte können damit Zusam-
menhängen, daß nach dem Abbau von Oberflächenschichten das aus den tiefe-
ren Schichten gewonnene Bleierz eine andere Isotopenzusammensetzung hat als
das der Oberflächenschichten. Solche Unterschiede können besonders dann von
Bedeutung werden, wenn man das aus längst abgebauten Oberflächenschichten
stammende Blei von Jahrhunderte alten Objekten mit dem Blei von den
heute nur noch zugänglichen tieferen Schichten vergleichen will.
Ein erster Versuch zur Anwendung der Blei-Isotopentechnik auf die nigeria-
nischen Messinge und Bronzen ist von Goucher, Teilheit, Wilson und Chow in
ihrer 1976 veröffentlichten Arbeit75 unternommen worden. Die Untersuchung
erstreckte sich auf 17 Objekte aus Benin, vom „Unteren Niger“ und auf einige
Bronzen von Igbo-Ukwu. Dazu kommt noch ein einzelnes Ife-Objekt. Es ist
der von Barker76 analysierte Kopf Nr. 18. Die Autoren vergleichen nun die
Verhältniszahlen Pb206/204, Pb206/207 und Pb206/208 miteinander. Dabei zeigte
sich für die sieben untersuchten Benin-Messinge, daß sie alle praktisch die-
selben Isotopenverhältnisse haben, und zwar sowohl die sechs älteren Benin-
Objekte als auch ein einzelnes neuzeitliches Benin-Messing. Daraus wird ge-
folgert, daß über eine Zeitspanne von 400 bis 500 Jahren hinweg das Blei aller
untersuchten sieben Messinge aus derselben Quelle gekommen sein müsse. Dabei
wird als unwahrscheinlich angesehen, daß das Benin-Blei eine zufällig kon-
stante Mischung von Blei aus verschiedenen Quellen sein könnte, denn dann
müßte das Mischungsverhältnis für alle sieben Objekte dasselbe gewesen sein.
Die hier mitgeteilten Untersuchungen des Verfassers haben ergeben, daß die
gesamten Benin-Messinge, die alten wie die neuzeitlichen, aus mindestens zwei,
wenn nicht mehr Q'uellen gekommen sein müssen, die neuzeitlichen der Unter-
gruppe I wie auch die etwas älteren der Untergruppe II aus einem westeuro-
päischen Bereich, die der Untergruppe III dagegen höchstwahrscheinlich ganz
überwiegend aus dem norddeutschen Bereich. Sollten die Angaben der genann-
ten Autoren sich bestätigen lassen, so müßte angenommen werden, daß alle
75 Goucher, C., Teilheit, J. H., Wilson, K. R., und Chow, T. J. 1976, S. 130/131
76 Barker, H. 1965, S. 23
398
Werner, Benin-Messinge
sieben von ihnen untersuchten Benin-Messinge aus dem Bereich der Unter-
gruppen I und II gekommen sind. Leider fehlen Analysenangaben für die ein-
zelnen Objekte, so daß eine Kontrolle dieser Vermutung leidfcr nicht möglich
ist.
Deutlich unterschieden in den Blei-Isotopenverhältnissen sind die von Th.
Shaw77 analysierten Igbo-Ukwu-Bronzen, die auf eine wesentlich ältere Zeit
datiert werden als die Benin-Messinge. Von den Objekten vom „Unteren
Niger“ wurden nur drei Proben untersucht, bei denen die Kombinationen
Pb206/Pb207 und Pb206/Pb204 in demselben Bereich liegen wie dieselben Kombi-
nationen bei den Benin-Messingen. Bei der Kombination Pb206/Pb207 mit
Pb206/Pb208 liegt jedoch eins der drei Objekte „vom Unteren Niger“ (H) deut-
lich außerhalb der Benin-Gruppe. Auch hier ist ein Urteil schwer möglich, weil
nähere Analysenangaben fehlen. Nach den vom Verfasser ausgeführten Analy-
sen78 haben die stilistisch mit dem Ausdruck „Unterer Niger“ zusammengefaß-
ten Objekte nicht alle dieselbe Zusammensetzung. Sie sind meist bleiarme
Zinn-Bronzen, nur einige wenige Objekte bestehen aus Messing. Ihre Zuord-
nung zu den Objekten vom „Unteren Niger“ ist jedoch eine rein stilistische
Entscheidung. Die Blei-Armut dieser Zinn-Bronzen unterscheidet sie übrigens
deutlich von den meist sehr bleireichen Igbo-Ukwu-Zinn-Bronzen. Ähnlich wie
mit den zuletzt genannten Objekten verhält es sich mit dem einzigen von den
vier Autoren untersuchten Ife-Objekt, bei dem die eine Isotopen-Kombination
das Objekt in die Nähe der Benin-Messinge bringt, die anderen dagegen außer-
halb der Benin-Objekte liegen.
Angesichts solcher Unsicherheiten und den bedauerlicherweise fehlenden
Analysenangaben ist es natürlich schwer, eindeutige Folgerungen aus den Mes-
sungen der Isotopenverhältnisse zu ziehen. Es bedarf zweifellos auch noch
sinnvoller Überlegungen, welche der möglichen Isotopen-Kombinationen die
beste ist. Die Verfasser weisen auch darauf hin, daß die heute verfügbaren
Bleierzlager nicht mit den vor Jahrhunderten zugänglich gewesenen Bleierz-
lagern zu vergleichen sind. Hier könnte nun freilich mit den inzwischen vom
Verfasser gewonnenen Erfahrungen eine gewisse Abhilfe geschaffen werden. In
erster Linie ist hier die Erkenntnis zu nutzen, daß die bleireichen Manillas mit
großer Wahrscheinlichkeit Importe aus den „Speise-Abfällen“ der norddeut-
schen Kupferhütten des 16. und 17. Jahrhunderts sind und aus demselben
Bereich kommen, aus dem wahrscheinlich auch die Benin-Messinge der Unter-
gruppe III stammen ebenso wie verschiedene mitteleuropäische Messinge des
77 Shaw, Th. 1965, S. 88/89
78 Werner, O. 1970, S. 116
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
399
16. und 17. Jahrhunderts. Hier bestände also die Möglichkeit, unabhängig von
der Isotopenzusammensetzung des Bleis der neuzeitlichen Lagerstätten Kennt-
nisse von den Isotopenverhältnissen im Blei des 16./17. Jh. zu gewinnen.
Man könnte also die Isotopenverhältnisse bei dem Mandla-Blei mit denen der
bleireichen Benin-Objekte, z. B. der Platten Wien 64 798 oder der Berliner
Platten Nr. 75, 84 oder 100 vergleichen. Es besteht auch die Möglichkeit, die
Analysenproben von besonders blei- und antimonreichen norddeutschen Objek-
ten, z. B. von Nr. 106, 113 oder 288 aus den vom Verfasser analysierten Objek-
mittelalterlichen Messingen (1977) hinsichtlich ihrer Isotopen-Verhältnisse mit
den Benin-Messingen zu vergleichen. Ferner ist zu vermuten, daß zwischen den
stilistisch als älter geltenden Ife-Messingen und den jüngeren Benin-Messingen
ein Unterschied in den Isotopen-Verhältnissen besteht, wie er wenigstens andeu-
tungsweise bereits bei dem von Goucher und Mitarbeitern untersuchten Ife-
Kopf Nr. 18 festgestellt wurde. Dieser Zeitunterschied drückt sich bereits in
den Analysen aus, denn die Ife-Messinge haben trotz sonst ganz ähnlicher Zu-
sammensetzung wie die Benin-Messinge einen unter 0,1 °/o liegenden Nickel-
gehalt, während der der Benin-Messinge der Untergruppe III fast ausschließlich
darüber liegt. Der Unterschied ist darauf zurückzuführen, daß das Kupfer der
Ife-Messinge aus den älteren, oberflächennahen sog. sekundären Erzschichten
stammt, das Kupfer der Benin-Messinge dagegen aus den Jahrhunderte später
erschlossenen, tiefer gelegenen sulfidischen Primärerz-Schichten. Hierauf wurde
bereits von Werner u. Willett79 hingewiesen. Dieser mehrere Jahrhunderte be-
tragende Zeitunterschied sollte mit großer Wahrscheinlichkeit auch in der Zu-
sammensetzung der Blei-Isotopen zum Ausdruck kommen.
Konkordanzen im Bereich der Untergruppe III
Ein Teil der sich aus der Darstellung der Analysen im Zink-Blei-Diagramm
ergebenden Zusammenhänge wurde bereits in den vorhergehenden Abschnitten
behandelt. Die Legierungen der Untergruppe III sind durch einen relativ
großen Bleigehalt ausgezeichnet, der auf die Verwendung von bleireichen Gal-
meierzen bei der Messingherstellung schließen läßt. Zwischen den bleireichen
Galmeierzen bestehen gewisse Unterschiede im Bleigehalt, die in der Größe des
Blei/Zink-Quotienten zum Ausdruck kommen. Aus der Tabelle 12 kann ent-
nommen werden, daß die Analysen der über hundert Objekte der Untergruppe
III sich in etwa drei, vielleicht sogar vier verschiedene Materialgruppen zusam-
menfassen lassen, die durch die unterschiedlichen Blei/Zink-Quotienten gekenn-
zeichnet sind. Hinzu kommt noch, daß das Ausgangsmessing in den meisten
7fl Werner, O., und Willett, F. 1975, S. 141—156
400
Werner, Benin-Messinge
Fällen außer mit Kupfer offenbar auch noch mit einem Zusatz von Blei in
verschiedener Menge verdünnt wurde. Ein Teil dieses zusätzlichen Bleis dürfte
aus dem zugesetzten Kupfer stammen, welches mit unterschiedlichen Mengen
Blei in der Größenordnung von etwa 0,2 bis vielleicht sogar 2 °/o Blei verunrei-
nigt gewesen sein kann. Weiterhin dürfte Blei als solches oder in Form einer
Blei-Zinn-Legierung (Lötzinn, Tafelzinn) Verwendung gefunden haben. Aus
dieser Quelle könnte ein Teil des in vielen Messingen auftretenden Zinngehaltes
stammen. Schließlich hat sich in einer Reihe von Fällen der Zusatz von blei-
und antimonreichen Manillas an dem vielfach ungewöhnlich hohen Blei- und
Antimongehalt mancher Messinge nachweisen lassen. Die unterschiedliche Flöhe
der Blei-Zusätze kann aus der Tabelle 12 und dem Schnittpunkt der Verbin-
dungslinien mit der Blei-Koordinate in den Bildern 4 und 5 entnommen
werden.
Verschmilzt man eine bestimmte Messingsorte mit verschiedenen Mengen
Kupfer, so erhält man eine Anzahl von Legierungen, bei denen nicht nur der
Gehalt an den Hauptbestandteilen Kupfer, Zink, Blei und Zinn verschieden
ist, sondern auch der Gehalt an den Nebenbestandteilen Nickel, Arsen und
Antimon sich ändert. Nach den Ausführungen im Zusammenhang mit der
Modellrechnung auf S. 347 ändern sich bei der Verdünnung eines Messings mit
einer bestimmten Kupfersorte nur die Absolutgehalte an diesen Bestandteilen,
nicht aber die Verhältniszahlen Blei/Zink, Zinn/Zink, Blei/Arsen, Blei/Anti-
mon. Bei Messingen, die unter solchen Voraussetzungen hergestellt wurden,
sollten sich demnach nicht nur die Analysenzahlen im Zink-Blei-Diagramm,
sondern auch im Zink-Zinn-Diagramm, im Blei-Arsen- und im Blei-Antimon-
Diagramm durch Linien miteinander verbinden lassen, die auf den Koordi-
natenanfangspunkt oder doch in seine Nähe zielen. Das Zink-Blei-Diagramm
ist also nur der Ausgang für die Erfassung möglicherweise vorhandener wei-
terer Zusammenhänge. In diesem Abschnitt soll nun der Versuch unternommen
werden zu prüfen, ob bei den einzelnen durch den Zink-Blei-Zusammenhang
miteinander verbundenen Objektgruppen daneben noch andere metallurgisch
vertretbare Zusammenhänge mit den genannten weiteren Legierungsbestand-
teilen erkennbar werden. Die drei letztgenannten Zusammenhänge (Blei-Zinn,
Blei-Arsen und Blei-Antimon) finden ihre Begründung in der Annahme, daß
das Blei auch die Hauptquelle des Zinn-, Arsen- und Antimongehalts der
Legierungen ist. Der Nickelgehalt der Legierungen stammt dagegen erfahrungs-
gemäß vorwiegend aus dem Kupfer und kann mit zunehmendem Kupfergehalt
eher zu- als abnehmen. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Anzahl auf einer ge-
meinsamen Verbindungslinie im Zink-Blei-Diagramm liegender Legierungen
von einem gemeinsamen Ausgangsmessing abstammt und daß die Legierungen
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
401
sich nur durch die Flöhe des zugesetzten Kupfergehaltes unterscheiden, ist um
so größer, je mehr Haupt- und Nebenbestandteile sich durch gemeinsame Linien
miteinander verbinden lassen. Legierungen, die sich auf diese Weise miteinan-
der verbinden lassen, sollen als „konkordante Reihe“ bezeichnet werden. Das
Auftreten solcher konkordanter Reihen aus zwei und mehr Legierungen läßt
nicht nur ein einheitliches Ausgangsmaterial vermuten, sondern auch auf zeit-
liche und örtliche Zusammenhänge und damit auf Gemeinsamkeiten in stilisti-
scher Hinsicht bei den dargestellten Objekten schließen.
Im folgenden sollen nun die verschiedenen durch den Blei/Zink-Quotienten
miteinander verbundenen Legierungen im Sinne obiger Überlegungen geprüft
werden. Bei der graphischen Darstellung ist der bei den einzelnen Kombina-
tionen auftretende Bleigehalt um den für jede einzelne Verbindungslinie an-
gegebenen Bleizusatz zu korrigieren.
Objekte der Verbindungslinie 1
Die Objekte der Verbindungslinie 1 (Q = 27,32 °/o) wurden bereits im vor-
hergehenden Abschnitt besprochen. Es fällt auf, daß dabei sehr unterschied-
liche Nickelgehalte auftreten, die auf sehr unterschiedliche Kupfersorten als
Zusatz zum Ausgangsmessing schließen lassen. Zudem sind die hier vereinigten
Objekte sehr unterschiedlich: Flachkappenkopf, Maske, Rundfigur, Platten,
Kanone. Zusammenhänge, die über den im Blei-Zink-Diagramm festgestellten
Zusammenhang hinausgehen, konnten hier nicht festgestellt werden.
Objekte der Verbindungslinie 2
Bei den sieben Objekten der Verbindungslinie 2 (Q = 32,73 °/o) ist der zu-
sätzliche Bleigehalt mit 0,55 % Pb gering. Er dürfte aus dem zugesetzten
Kupfer stammen. Alle Objekte dieser Gruppe sind Platten. Auf vier der sieben
Platten finden wir Darstellungen von Europäern. Bei drei Platten dieser
Gruppe ist außer im Zink-Blei-Bereich noch ein Zusammenhang im Zink-Zinn-
Gehalt sowie im Blei-Arsen- bzw. im Blei-Antimongehalt festzustellen. Auf
allen drei Platten finden sich Europäer-Darstellungen:
Wien 64 735 Platte Europäer, Geldringe haltend
Nr. 122 Berlin 8 366 Platte zwei Europäer, die Hand haltend
Nr. 103 Berlin 8 353 Platte drei Europäer, die Hand haltend
Der zwischen den verschiedenen Legierungsbestandteilen bestehende Zusammen-
hang ist in Bild 7 dargestellt.
402
Werner, Benin-Messinge
Bild 7
Die vier Verbindungslinien der Meßwerte erreichen nur im Zink-Blei-Dia-
gramm nach vorgenommener Blei-Korrektur um 0,55 °/o Pb den Nullpunkt.
Die Zink-Zinn-Verbindungslinie schneidet die Zinn-Achse bei 0,5 % Zinn, die
Arsen-Linie im Blei-Arsen-Diagramm wird bei 0,035 % Arsen, die Antimon-
Achse im Blei-Antimon-Diagramm wird bei 0,15 % Antimon geschnitten, ein
Zeichen, daß außer der geringen Blei-Menge noch geringe Mengen Zinn, Arsen
und Antimon „aus anderer Quelle“, z. B. aus dem zugesetzten Kupfer, hinzu-
gekommen sind. Der durch diese Konkordanz bestätigte Zusammenhang zwi-
schen den drei Platten besagt, daß sie aus demselben Messing unter Zusatz
unterschiedlicher Kupfermengen hergestellt wurden. Bei Wien 64 735 beträgt
der Kupfergehalt rd. 90%, bei den beiden anderen Platten beträgt er rd. 97%
Cu. Das zugesetzte Kupfer hatte in allen drei Fällen offenbar dieselbe Zusam-
mensetzung. Die Analysen von Nr. 122 und 103 stimmen so weitgehend über-
ein, daß man fast an den Guß der beiden Platten aus derselben Schmelze
denken könnte. Die vorhandenen geringen Unterschiede können auf unver-
meidliche Unsicherheiten in der Analyse zurückgeführt werden. Photos der
beiden Platten finden sich bereits auf S. 369. Ein Photo der Wiener Platte findet
sich bei Schweeger-Hefel80, Abb. 39. Der Europäer auf der Wiener Platte hält
in jeder Hand einen Geldring. Er trägt ein glattes Wams mit 4 Knöpfen auf
80 Schweeger-Hefel, A. 1948, Abb. 39
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
403
der linken Seite und einen schmalen Gürtel mit einer Schließe. Auch die beiden
Europäer auf der Platte 122 tragen ein glattes Wams mit schmalem Gürtel und
Schließe. Das Wams des einen Mannes hat drei Knöpfe auf der rechten Seite,
das des anderen Mannes drei Knöpfe auf der linken Seite. Auf beiden Platten
tragen die Europäer bis an die Knie reichende Faltenröcke, unter denen drei-
viertellange Hosen zu sehen sind. Die Hosen, die Rockfalten sowie die Ärmel
der Hemden sind in beiden Fällen gleich gemustert. Auf der Platte Nr. 103 ist
eine größere Figur eines Europäers dargestellt, die die Hände der zwei klei-
neren Figuren hält. Man denkt dabei an einen Vater mit zwei Söhnen. Die
größere Figur hat, ähnlich wie die Figuren auf den beiden anderen Platten,
einen langen Kinnbart, außerdem einen Schnurrbart. Die beiden kleineren
Figuren sind bartlos. Alle drei Figuren tragen hohe Hüte und ein glattes Wams
mit 3 Knöpfen. Nur die mittlere Figur trägt einen Faltenrock, darunter drei-
viertellange Hosen. Hemden-Ärmel, Hosen und Rockfalten sind ganz ähnlich
gemustert wie die auf den beiden anderen Platten. Die mittlere Figur auf
Nr. 103 trägt am Gürtel einen Degen. Alle drei Platten haben auch annähernd
gleiche Abmessungen, Blumengrund und sind im Flachrelief gegossen.
Die gute Übereinstimmung in chemischer Hinsicht und in Art und Ausfüh-
rung der dargestellten Personen demonstrieren die Richtigkeit des Verfahrens
der Konkordanzbestimmung. Die gute Übereinstimmung legt den Schluß nahe,
daß alle drei Platten aus derselben Werkstatt und von demselben Modelleur
stammen. Bemerkenswert ist, daß sich unter den sieben Objekten auf der Ver-
bindungslinie 2 noch eine vierte Platte mit Europäer-Darstellung findet. Es ist
die Berliner Platte Nr. 98 (IIIC 8 358). Der darauf dargestellte Europäer trägt
in der rechten Hand einen Dreizack. Er hat eine flache Kopfbedeckung mit
zwei Buckeln und einem kräftig markierten Rand. Die Gestalt ist ebenfalls
langhaarig und trägt außer einem langen Kinnbart einen lang herunter hän-
genden Schnurrbart. Das glatte Wams ist an den Schultern etwas aufwendiger
gestaltet, und es fehlen die Knöpfe an dem Wams. Hinsichtlich des Falten-
rockes, seiner Länge, der Länge der Hosen sowie des Musters von Ärmeln,
Rockfalten und Hosen besteht Übereinstimmung mit den Europäer-Darstellun-
gen auf den anderen drei Platten. Ein wesentlicher Unterschied sind die beiden
Rosetten auf der rechten Seite der Platte. Im Ganzen ist die Gestalt etwas
aufwendiger dargestellt, wodurch wohl ein etwas gehobener Stand markiert
werden soll.
Bei der Konkordanzprüfung des Materials dieser Platte war kein Zusam-
menhang mit dem Material der anderen drei Platten festzustellen, obwohl der
Blei/-Zink-Quotient mit 34,41 % praktisch derselbe ist, wie der der drei an-
deren Platten. Der Zink- und der Bleigehalt von Nr. 98 ist ganz erheblich
404
Werner, Benin-Messinge
höher als der der drei anderen Platten (17°/o 2n, 6,4 °/o Pb), und der Kupfer-
gehalt liegt mit rd. 75 °/o entsprechend erheblich niedriger. Die Übereinstim-
mung im Blei/Zink-Quotienten läßt darauf schließen, daß in allen vier Fällen
dieselbe Messingsorte Verwendung gefunden hat. Der fehlende Konkordanz-
Zusammenhang mit den drei anderen Platten dürfte somit auf die Menge und
den Reinheitsgrad des zugesetzten Kupfers zurückzuführen sein. Der hohe
Zink- und Bleigehalt könnte der Zusammensetzung des unverdünnten Aus-
gangsmessings entsprochen haben. Dieser Unterschied spricht also nicht gegen
die gemeinsame Herkunft aller vier Platten.
Bemerkenswert ist, daß sich auch unter den auf der Verbindungslinie 3
befindlichen 13 Objekten eine Platte mit Europäer-Ganzdarstellung befindet
(Nr. 92). Die Figur hält ähnlich wie die der Wiener Platte in jeder Hand einen
Geldring. Ein gewisser, wenn auch wohl unerheblicher Unterschied besteht in
der Kleidung der Figur sowie in der Größe der Platte. Der etwas größere
Blei/Zink-Quotient (36,42 °/o) läßt auf die Verwendung einer von den Objek-
ten der Verbindungslinie 2 etwas abweichenden Messingsorte schließen, braucht
jedoch nicht gegen die Herkunft der Platte aus derselben Werkstatt zu spre-
chen, aus der wahrscheinlich die vier anderen Platten mit Europäer-Darstel-
lungen gekommen sind.
Merklich unterschieden von diesen sind jedoch die Europäer-Ganzdarstellun-
gen auf den Platten, die auf den Verbindungslinien 3b, 3c, 4a und 5a liegen
(Nr. 124, 114, 83, 94, K 2004, 93, 138). Von den Platten mit Ganzdarstellun-
gen von Europäern ist schließlich noch die Wiener Platte 64 799 zu nennen, die
ihrer Zusammensetzung nach jedoch zur Untergruppe II gehört und, wie
bereits erwähnt, die einzige Ganzdarstellung eines Europäers in diesem Be-
reich ist. Stilistisch läßt sie auf einen gewissen zeitlichen Unterschied gegenüber
den Europäer-Darstellungen auf den Platten der Untergruppe III schließen.
S. Wolf81 spricht in diesem Zusammenhang von einem „überladenen Gesamt-
eindruck“.
Verbindungslinien 3, 3a, 3b, 3c {Tabelle 11)
Das besondere Merkmal dieser vier Verbindungslinien, durch die die Ana-
lysen von 41 Objekten erfaßt werden, ist, daß bei ihnen vier verschiedene Blei-
Korrekturen vorhanden sind (0,6 °/o, 0,8 °/o, 1,5 % und 1,75 °/o), daß aber bei
rechnerischer Berücksichtigung dieser Korrekturen der Blei/Zink-Quotient in
allen vier Fällen konstant ist. Er beträgt im Mittel 36,75 °/o. Dies bedeutet
einen parallelen Verlauf aller vier Verbindungslinien, der seinerseits wieder
81 Wolf, S. 1968, S. 141
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
405
zu der Aussage führt, daß für alle diese 41 Objekte praktisch ein und dieselbe
Messingsorte Verwendung gefunden hat. Die Analysen unterscheiden sich nur
durch die Höhe und die Qualität des jeweils vorhandenen Kupfer- und Blei-
Zusatzes. Auch bei dieser Messing-Gruppe ist festzustellen, daß Zinn-Gehalte
von mehr als 1 % Sn erst auftreten, wenn der Zinkgehalt weniger als 10% Zn
beträgt. Der Nickelgehalt der 41 Objekte liegt von wenigen Ausnahmen abge-
sehen, über 0,1 °/o Ni und erreicht in drei Fällen sogar mehr als 0,5 % (0,58 °/o
Ni bei Nr. 65, 0,68 % Ni bei Nr. 45 und sogar 1,0 % bei Nr. 58). Diese drei
Messinge sind auch durch einen beachtlichen Antimongehalt ausgezeichnet
(0,70 % Sb bei Nr. 65, 0,65 °/o Sb bei Nr. 45 und 0,62 % Sb bei Nr. 58).
Dazu kommt noch Nr. 124 mit 0,88 %Sb. Der Arsengehalt liegt meist um
etwa 0,1 % As und erreicht nur bei Nr. 45 den Betrag von 0,33 % As.
Es ist begreiflich, daß bei so großen Unterschieden in den Nebenbestand-
tellen das Auftreten von über fünf Legierungsbestandteile sich erstreckenden
Konkordanzen relativ selten zu erwarten ist. Wegen des gemeinsamen Blei/
Zink-Quotienten der vier Verbindungslinien sollen diese auch gemeinsam bei
den Konkordanzbetrachtungen geprüft werden. In dem folgenden Bild 8 sind
für 10 Objekte die Gehalte an Zink, Blei, Zinn, Arsen und Antimon mitein-
ander verglichen.
Bei der Darstellung im Zink-Blei-Diagramm wurden die verschiedenen Blei-
gehalte um die aus Tabelle 11 zu entnehmenden Bleigehalte (Pbkorr.) gekürzt.
Dadurch wurde erreicht, daß sich nunmehr alle 11 Meßpunkte durch eine ge-
meinsame auf den Koordinatenanfangspunkt zielende Gerade miteinander ver-
binden lassen. Die 11 im Zink-Blei-Diagramm miteinander verbundenen Ana-
lysenwerte trennen sich im Zink-Zinn-Diagramm in drei Linien, von denen
die eine die beiden Analysenwerte Nr. 52 und 68 miteinander verbindet und
genau auf den Koordinatenanfangspunkt zielt. Der hiermit bereits angedeutete
Zusammenhang wird auch bei der Betrachtung des Arsen- und des Antimon-
gehaltes in Verbindung mit dem Bleigehalt bestätigt. Wir haben es bei diesen
beiden Platten also offenbar mit einer konkordanten Reihe zu tun, die sich
auch zahlenmäßig ausdrücken läßt, wie die folgende Tabelle 15 zeigt:
Tabelle 15
Zwei Konkordanzen im Bereich der Verbindungslinien 3 und 3a
°/o Bleii.,.rr
korr.
°/o Zink
Nr. 52
Nr. 68
37,18 %
35,19%
% 16,67% 7,93% 2,75%
% 18,52 % 6,84% 3,68%
4o6
Werner, Benin-Messinge
Abb. 7. Platte, Ibis mit Fisch im Schnabel.
Kat.-Nr. IIIC 8428, Museum für Völkerkunde Berlin
Abb. 8. Platte, Ibis, Frontalansicht. Kat.-Nr. IIIC 8427,
Museum für Völkerkunde Berlin
408
Werner, Benin-Messinge
Auf beiden Platten finden wir Tier-Darstellungen, d. h. nicht nur von der
Analyse her, sondern auch vom dargestellten Objekt her finden wir Überein-
stimmung (Abb. 7 und 8):
Nr. 52 Platte Ibis mit Fisch im Schnabel
Nr. 68 Platte Ibis, Frontalansicht.
Im Bereich der Verbindungslinie 3 finden wir noch zwei weitere Tier-Dar-
stellungen, Nr. 106 und Nr. 57. Im Zink-Zinn-Diagramm liegen beide Ana-
lysenzahlen auf einer Verbindungslinie, die nicht auf den Koordinatenanfangs-
punkt zielt, sondern die Zink-Koordinate bei 1,4 °/o Zink schneidet. Man kann
hier annehmen, daß diese beiden Messinge noch etwas Messing „aus anderer
Quelle“ als Zusatz erhalten haben. Im Blei-Antimon-Diagramm (Bild 8 rechts
oben) zielt die Verbindungslinie beider Meßpunkte dagegen wieder auf den
Koordinatenanfangspunkt. Im Blei-Arsen-Diagramm ist jedoch keine Über-
einstimmung vorhanden, da das Messing von Nr. 57 einen zu hohen Arsen-
gehalt hat. Tabelle 16 zeigt die Konkordanzen von Nr. 57 und Nr. 106:
Tabelle 16
Zwei Konkordanzen im Bereich der Verbindungslinie 3
35,00 % 57,69 % 12,14 % (18,57 %)
37,10% 60,42 % 11,74 % 4,78 %
Nr. 57
Nr. 106
Die Tierdarstellungen der beiden Platten sind (Abb. 9 und 10):
Nr. 57 Platte Leopardenkopf
Nr. 106 Platte Krokodil.
Die beiden Flachrelief-Platten sind durch eine bei Flachreliefs ungewöhnliche
Plastizität der Darstellung ausgezeichnet. Der Modelleur hatte offenbar eine
Neigung zur Stilisierung. V. Luschan82 (S. 267) kritisiert den Leopardenkopf,
der zugegebenermaßen eher einem Katzenkopf ähnelt, mit den Worten:
„. . .Die Nase ist wie ein aus Blech gebogener Zylinder dem Gesicht aufgesetzt,
die blattförmigen Ohren, die plumpen Zähne und die Schnurrhaare, von denen
links fünf, rechts nur drei vorhanden sind.“
Ganz nahe und parallel zur Verbindungslinie der beiden Analysen Nr. 57
und 106 verläuft die Verbindungslinie der sieben anderen Analysenwerte der
82 v. Luschan, F. 1919, S. 267
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
409
Objekte W 64 739, Nr. 47, Nr. 105, Nr. 112, Nr. 11b, Nr. 21b und Nr. 113
im Zink-Zinn-Diagramm. Diese Verbindungslinie schneidet die Zink-Achse bei
rd. 1,7% Zink. Auch hier muß wieder ein Messing-Zusatz „aus anderer
Quelle“ angenommen werden, der, wie sich gleich zeigen wird, auch auf den
Gehalt der Legierungen an den beiden Nebenbestandteilen nicht ohne Einfluß
gewesen ist. Die in Bild 8 graphisch dargestellten Zusammenhänge zwischen
den sechs Objekt-Analysen sind in den folgenden beiden Tabellen Nr. 17 und
18 nochmals zusammengefaßt.
Tabelle 17
Konkordanzen bei vier Objekten im Bereich
der Verbindungslinien 3, 3b und 3c
i Blei
korr.
0!o Zinn
°/o Antimon
°/o Arsen
°/o Zink * 100 !o Zmkkorr °/o Bleikorr o/o BlcifoQfj.'
64 739 36,07 % 56,82 o/o 20,45 % 6,36 %
21b 34,38 % 56,67 % 20,00 % 7,27 %
11b 36,76 % 58,82 % (13,08 %) (3,85 o/o)
112 37,50 % 57,89 % 20,00 % (4,44 %)
X 100
Die vier Objekte stimmen im Motiv wiederum bemerkenswert überein.
W 64 739:
21b:
11b:
112:
Schlangenkopf, glatt mit Medaillons
Schlangenkopf, glatt mit Medaillons, Zunge
Stuhl, Mittelteil, glatte Schlange
Platte, Krokodil-Kopf, stilisiert.
Bemerkenswert an dieser konkordanten Reihe ist die durch die gewählte Dar-
stellung ermöglichte Verbindung zwischen der Analyse der Wiener Schlange
und des Berliner Schlangenkopfes sowie mit der glatten Schlange im Mittelteil
des Stuhles. Offenbar gehört auch die Platte mit dem stilisierten Krokodil-
Kopf in diesen Legierungsbereich, wenn auch in den beiden letzten Fällen
beim Arsengehalt gewisse Abweichungen verkommen. Solche Abweichungen
können u. U. auf gewisse Unsicherheiten bei der Bestimmung kleiner, unter
0,1 % liegender Arsengehalte Vorkommen. Die hiermit aufgezeigten Zusam-
menhänge lassen darauf schließen, daß alle vier Objekte, zu denen ja auch
noch der Oberteil der Schlange 21a gehört, aus derselben Werkstatt kommen.
Der Modelleur hatte offenbar eine besondere Neigung zur Darstellung von
Tieren und Tierköpfen. Bei der Analyse des Halses der Schlange Nr. 21a fällt
auf, daß bei dem Vergleich mit dem Wiener Schlangenkopf zwar eine auf-
fallende Übereinstimmung im Zink- und Bleigehalt besteht, daß aber die
26 Baessler-Archiv XXVI
410
Werner, Benin-Messinge
Abb. 9. Platte, Leopardenkopf. Kat.-Nr. IIIC 8436, Museum für Völkerkunde Berlin
Zinn-Gehalte auffallend voneinander abweichen, wie die folgende Zusammen-
Stellung zeigt: °/o Zink °/o Blei °to Zinn °/o Bei — 1,5 °/n Zink
64 739 6,1 3,7 2,5 36,07 <>/o
21a 6,0 3,8 0,85 38,33 %
übereinstimmung besteht also nur im Blei/Zink-Quotienten. Als letzte ver-
bleiben in diesem Zusammenhänge noch die beiden Platten Nr. 105 und 113.
Die Konkordanzberechnung führt zu dem folgenden Ergebnis:
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
411
Abb. 10. Platte, Krokodil. Kat.-Nr. IIIC 8435,
Museum für Völkerkunde Berlin
Tabelle 18
Konkordanzen bei zwei Objekten im Bereich
der Verbindungslinien 3b und 3c
°/o Bleikorr.
°lo Zink
X 100
°/o Zinn
°lo ^■b'tb-kQrr.
X 100
°/o Antimon — 0,1 °lo Arsen
---TT-a, .---- X 100 D, .—
0!o BleifoQj-j._ Io Bletjcorr
X 100
Nr. 105 36,17 % 60,00%
Nr. 113 37,04 % 63,00 %
14,71 % 6,00 %
14,00% 6,47%
26'
Abb. 11. Platte, Afrikaner Glocke schlagend.
Kat.-Nr. IIIC 8401, Museum für Völkerkunde Berlin
Abb. 12. Platte, Afrikaner mit Glocken.
Kat.-Nr. IIIC 8207, Museum für Völkerkunde Berlin
4 12 Werner, Benin-Messinge
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
413
Bei diesen von den Quotienten der Tabelle 17 nur wenig abweichenden Zahlen
sind nun bemerkenswerterweise völlig andere Darstellungen vorhanden
(Abb. 11 und 12):
Nr. 105 Platte Afrikaner, Glocke schlagend
Nr. 113 Platte Afrikaner mit Glocke, Zöpfen, Flaarwülsten
Auf der Platte Nr. 105 hält ein nackter Junge mit Topfhelm eine Zeremo-
nialglocke in der linken und einen Schlagstock in der rechten Fiand. Bei der
Figur auf Platte Nr. 113 ist die ursprünglich vorhanden gewesene Glocke ab-
gebrochen, ebenso der Schlagstock. Nach v. Luschan (S. 179) ist anzunehmen,
daß auch diese Figur eine Zeremonial-Doppelglocke in der Fiand hatte. Die
Flaarwülste und die Zöpfe bezeichnet v. Luschan als „besonders freie und
künstlerische Behandlung des Kopfes“. Die Figur auf Nr. 113 macht jedenfalls
einen durchaus unkonventionellen Eindruck. Die Konkordanz in der Zusam-
mensetzung der beiden Platten kommt also auch in dem dargestellten Motiv
zum Ausdruck. Bemerkenswert ist übrigens, daß der Bini auf Platte Nr. 113
einen Bart trägt, ein bei Bini-Darstellungen sehr seltener Fall. Übereinstim-
mung besteht auch in der äußeren Ausführung der beiden Platten, d. h. in den
Abmessungen sowie in der Darstellung der Figuren im Fiochrelief.
Mit diesen letzten beiden Platten sind die Konkordanzen, d. h. die Zusam-
menhänge im engeren Sinne erschöpft. Der äußere Zusammenhang, d. h. die
Übereinstimmung in den nach Berücksichtigung der unterschiedlichen Blei-Zu-
sätze berechneten Blei/Zink-Quotienten erstreckt sich über alle 41 Objekte der
Verbindungslinien 3 bis 3c. Wie mehrfach betont, bedeutet die Konstanz dieses
Quotienten, daß alle 41 Objekte aus einem Messing von praktisch demselben
Typus erschmolzen wurden, welches sich nur wenig von dem Messing der sieben
Objekte der Verbindungslinie 2 unterscheidet. Die unverdünnten Ausgangs-
messinge könnten etwa die folgende Zusammensetzung gehabt haben;
Lfd. Nr. Verbindungs- linie °/o Zink °/o Blei
98 2 17,0 6,4
Ma 4327 3 17,7 7,1
73 3b 18,5 8,2
86 Benin- 3b 18,5 8,2
Maske 5083 3b 18,5 8,2
83 3c 18,0 8,5
°/o Zinn °/o Nickel °/o Arsen °lo Antimon Q°/o
0,4 0,28 0,05 0,24 34,4
0,5 n. b. n. b. n. b. 36,7
0,1 0,21 0,08 0,12 36,2
0,5 0,16 0,10 0,19 36,2
n. n. 0,12 0,07 0,06 36,2
0,9 0,26 0,11 0,65 37,5
83 Werner, O., und Willett, F. 1975, S. 151
414
Werner, Benin-Messinge
Die Übereinstimmung, auch im Gehalt an den Nebenbestandteilen, mit Aus-
nahme des hohen Antimongehaltes von Nr. 83, ist bemerkenswert. Die bei
anderen Objekten festzustellende Abnahme des hohen Zink- und Bleigehaltes
ist, wie mehrfach bemerkt, auf den Zusatz von Kupfer zurückzuführen, wobei
die fast in allen Fällen festzustellende Abnahme des Nickelgehaltes möglicher-
weise auf die Verwendung von nickelarmem Kupfer als Zusatz zurückzuführen
ist. Die unverkennbare Zunahme des Zinngehaltes bei den Objekten mit ge-
ringerem Zink- und Bleigehalt ist dagegen nicht eindeutig zu erklären. Sie
könnte mit einem gewissen Zinngehalt des zugesetzten Kupfers Zusammen-
hängen, auch ist der Zusatz von Bronze-Resten nicht auszuschließen, auch
wenn der in Tabelle 9 (S. 361) erläuterte Rotguß-Typus bei diesen Objekten
nicht auftritt. Die relativ geringen, in allen Fällen unter 2 °/o liegenden Blei-
Zusätze dürften für die Erklärung der höheren Zinngehalte kaum ausreichen,
selbst wenn man unter Bleizusatz einen Zusatz von Lötzinn mit ca. 50 % Sn
verstehen würde.
Während unter den sieben Objekten auf der Verbindungslinie 2 sich vier
Darstellungen von Europäern finden, sind unter den 41 Objekten der Verbin-
dungslinien 3 bis 3c fünf Europäer-Darstellungen, darunter vier Platten mit
Ganzdarstellungen und eine Figur eines portugiesischen Soldaten (Bin 19) vor-
handen.
Linie 3: Platte Nr. 92 (IIIC 7 656) Europäer, einen Geldring in jeder Hand
haltend. Zum Unterschied von der Platte W 64 735 jedoch ohne Kinnbart und
mit hohem Hut. In der übrigen Ausführung ähnlich wie die Europäer-Darstel-
lungen auf den Platten 98, 103, 122.
Linie 3b: Platte Nr. 114 (IIIC 8 350). Auch dieser Europäer trägt Falten-
rock, ist aber mit geknickten Knien und vorgestreckter rechter Hand und einer
dolchartigen Waffe in der linken Hand etwas beweglicher gestaltet, als die
bisher beschriebenen Europäer-Darstellungen. Der auffallendste Unterschied zu
diesen ist, wie v. Luschan schreibt (S. 31): „ .. .nur das Obergesicht und die
Lippen freilassende Feldhaube („Gugel“), die an die Zeit von Kaiser Maximi-
lian erinnert und so die Zeitbestimmung erleichtert.“ Weiter schreibt v. Luschan
(S. 31); „Unangenehm fällt bei diesen Platten die knieweiche Haltung und die
verkürzten und verkrümmten Beine auf.“
Linie 3h: Platte Nr. 124 (IIIC 8 362). Auch hier hat der Europäer wieder
eine ganz ähnliche Ausführung wie auf den meisten anderen Platten, doch hat
Nr. 124 mit 30 cm eine größere Breite als die Mehrzahl der Platten. Sie ähnelt
darin den Platten Nr. 98, 103, 122 und W 64 735.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
415
Linie 3c: Platte Nr. 83 (IIIC 8 352). Der Europäer trägt auch hier Falten-
rock, lange Ffaare und Kinnbart sowie Topfhelm. In der rechten Hand hält er
eine Armbrust, in der linken einen wohl erbeuteten Vogel. Am Gürtel trägt er
eine dreizinkige Spanngabel und einen Dolch. Hervorzuheben sind rechts oben
und links unten auf der Platte zwei stilisierte Krokodil-Köpfe.
Ein weiterer Unterschied zwischen den auf der Verbindungslinie 2 und den
Linien 3 bis 3c liegenden Objekten ist die große Zahl der Tier-Darstellungen
auf den letztgenannten Linien. Während unter den sieben Objekten der Linie 2
nur eine Tierdarstellung vorhanden ist, finden sich unter den 41 Objekten von
Linie 3 bis 3c insgesamt 12 Tierdarstellungen, also rd. ein Drittel aller Ob-
jekte. Die Zahl der Darstellungen von Kriegern ist in dem bisher betrachteten
Bereich relativ gering. Sie nimmt jedoch, wie sich noch zeigen wird, von Ver-
bindungslinie 4 an zu.
Verbindungslinien 4, 4a, 5, 3a
Die 38 Objekte, deren Analysen auf diesen vier Verbindungslinien liegen,
sind durch den gemeinsamen mittleren Blei/Zlnk-Quotienten Q = 46 °/o mit-
einander verbunden. Er liegt deutlich über den Quotienten der bisher bespro-
chenen Gruppen und weist auf eine Messingsorte mit deutlich höherem rela-
tivem Bleigehalt hin, der ebenfalls die Herkunft des Messings aus dem nord-
deutschen Bereich vermuten läßt (s. a. Bild 6). Unter den 38 Objekten dieser
Gruppe finden sich nochmals fünf Platten mit Europäer-Darstellungen und die
Figur eines portugiesischen Soldaten mit Flinte. Ein konkordanter Zusammen-
hang zwischen den Analysen dieser sechs Europäer-Darstellungen war nicht
festzustellen. Dagegen zeichneten sich unter den verbleibenden 32 Objekten
drei Konkordanzen im engeren Sinne ab, durch die sieben bzw. acht Objekte
erfaßt werden. Der Zusammenhang dieser Objekte ist in den beiden folgenden
Bildern 9 und 10 dargestellt.
Von besonderem Interesse ist hier der Zusammenhang zwischen den Analy-
sen der beiden Platten Nr. 85 (IIIC 8 206) und 87 (IIIC 8 383). Besonders
berühmt ist die unter dem Namen „die Vogeljagd“ bekannte Platte Nr. 85, auf
der ein Bini (oder vielleicht doch ein Europäer?) dargestellt ist, der auf einem
Baum sitzend mit einem Pfeil auf der Armbrust auf einen Vogel zielt. Einen
ganz ähnlichen Baum finden wir auf der Platte Nr. 87, auf der ein Bini auf
einem Ast steht und einen etwas schwer definierbaren Beutel vor sich trägt.
W. Fagg84 bezeichnet den Modelleur dieser Platten als „den größten Bildhauer
84 Fagg, W. 1963, Nr. 22
416
Werner, Benin-Messinge
Benins“, den er mit dem Künstler der „Leopardenjagd“, Platte Nr. 121 (IIIC
27 485) in Verbindung bringt. Diese stilistisch zweifellos vertretbare Ansicht
wird durch die Analyse leider nicht unterstützt. Die analytisch eng zusammen-
hängenden Platten Nr. 85 und 87 gehören zur Untergruppe III, die Platte
Nr. 121 dagegen zu den wahrscheinlich etwas jüngeren Messingen der Unter-
gruppe II, die durch ihren sehr viel geringeren relativen Bleigehalt (Q =
10 °/o) gekennzeichnet sind. Es muß dahingestellt bleiben, welche Schlußfolge-
rungen man aus dieser Feststellung ziehen will. Immerhin ist nicht zu bestrei-
ten, daß sich unter den Objekten der Untergruppe II die Ganzdarstellung eines
Europäers befindet (Wien 64 799), ein Motiv, welches sonst fast ganz auf die
Messinge der Untergruppe III konzentriert ist. Andererseits sind die fünf
Bustis auf der Leopardenjagd (Nr. 121) ein typisches Kennzeichen für eine
jüngere Zeit, wenngleich sich auch unter den Platten der Untergruppe III
gelegentlich solche mit Bustis finden, wie z. B. die Platte Nr. 65, Verbindungs-
linie 3c. Etwas schwierig zu begreifen ist es freilich, welchen Anlaß es für den
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
417
Künstler der Leopardenjagd gegeben haben soll, sich zweier so unterschiedlicher
Messingsorten zu bedienen. Der enge konkordante Zusammenhang zwischen
den beiden Platten Nr. 85 und Nr. 87 geht aus der folgenden Tabelle Nr. 19
hervor.
Tabelle 19
Zwei Konkordanzen im Bereich der Verbindungslinie 4a
°/o Blei
1,8 u/o "Io Zinn
-----x 100°T7zmx m•
°/o Antimon
o Blei — 1,8 °/n
X 100„
< Arsen
Blei — 1,8 1
X 100
15,00 fl/o 6,55 % 2,36%
15,53% 6,94% 2,04%
Nr. 85
Nr. 87
°/o Zink
45,83 %
47,57 %
Abb. 13. Platte, Vogeljagd. Kat.-Nr. IIIC 8206,
Museum für Völkerkunde Berlin
Abb. 14. Platte, Afrikaner auf Baum.
Kat.-Nr. IIIC 8383, Museum für Völkerkunde Berlin
418 Werner, Benin-Messinge
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
419
Der enge stilistische Zusammenhang und die Konkordanz der Analysen legen,
wie gesagt, die Vermutung nahe, daß beide Platten von demselben Künstler in
derselben Werkstatt gefertigt wurden (Abb. 13 und 14).
Ein enger konkordanter Zusammenhang besteht auch bei den beiden Platten
Nr. 63 (Verbindungslinie 4a) und Nr. 95 (Verbindungslinie 5) (Abb. 15 und
16), wenngleich vom Motiv her, d. h. von den dargestellten Figuren, ein Zu-
sammenhang schwer erkennbar ist. Die Figur auf der Platte Nr. 63 ist ein
kriegerisch wirkender Afrikaner. Er trägt ein Zeremonialschwert und eine
Abb. 16. Platte, Krieger mit Zeremonial-
schwert. Kat.-Nr. 11IC 7651,
Museum für Völkerkunde Berlin
Abb. 15. Platte, Afrikaner mit Schelle.
Kat.-Nr. IIIC 8382,
Museum für Völkerkunde Berlin
420
Werner, Benin-Messinge
helmartige Kopfbedeckung sowie einen bis zum Kinn reichenden hohen Hals-
schmuck. Die Platte ist mit drei Rosetten geschmückt. Auf der Platte Nr. 95
sieht man einen Bini mit Zöpfen, ähnlich wie der auf Platte Nr. 113. Er hält
in den Händen einen als Schelle bezeichneten Gegenstand. Übereinstimmung
zwischen den beiden Figuren besteht nur in dem nackten Oberkörper und dem
Lendenschurz. Aus den Analysen der beiden Platten errechnen sich die folgen-
den Konkordanzen:
Tabelle 20
Zwei Konkordanzen im Bereich der Verbindungslinien 4a und 5
' ' v v "•''"'Korr. 1 v norr.
48,00 o/o 4,00 o/o 2,50 °/o 1,25 °/o
46,13% 3,87 % 3,08% 1,25 %
Nr. 63
Nr. 95
Eine weitere Konkordanz der Analysen besteht bei der Platte Nr. 62 (IIIC
8 376) und der Statuette Bin 18 (Analyse bei Th. Shaw85). Auch hier ist vom
Motiv, d. h. vom dargestellten Gegenstand her, ein Zusammenhang nicht fest-
zustellen. Auf der Platte Nr. 62 findet sich ein Krieger mit Helm, Rüstung,
Zeremonialschwert und hohem Halsschmuck, dazu zwei kleinere Begleiter. Die
Statuette Bin 18 ist ein portugiesischer Soldat mit Flinte, ähnlich wie Bin 19
(Verbindungslinie 3). Trotz dieses Unterschiedes hat bei beiden Objekten
offenbar dasselbe Messing Verwendung gefunden, wie die folgende Tabelle 21
zeigt;
Tabelle 21
Zwei Konkordanzen auf Verbindungslinie 5
_________________NX inn_______NX inr\________________
°/o Zink °/o Zink o/o Blei — 2,25 %
Nr. 62 47,03 % 25,74 % 7,38%
Bin 18 43,92 % 24,32 % 6,95%
1,89 %
n. n.
Eine konkordante Beziehung läßt sich auch bei den beiden Platten Nr. 70
(IIIC 8 214), Afrikaner mit Querhorn, und Nr. 78 (IIIC 8 452), Zeremonial-
schwert, berechnen. Wegen des fehlenden motivischen Zusammenhanges wird
hier auf die Wiedergabe der Zahlen verzichtet.
Vergleicht man die Quotienten der vier Kombinationen der Elemente Zink,
Blei, Zinn, Arsen und Antimon in den vorstehenden Tabellen miteinander, so
85 Shaw, Th. 1966, S. 96
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
421
gewinnt man den Eindruck, daß mindestens zwischen den Quotienten der Ta-
bellen 19 und 21 keine sehr großen Unterschiede bestehen. Die Verschieden-
artigkeit der dargestellten Objekte (wenn man von der Übereinstimmung bei
Nr. 85 und 87 absieht) könnte vielleicht damit Zusammenhängen, daß diese
und wahrscheinlich noch weitere Objekte aus einer Werkstatt kommen, die
einen großen Vorrat an Messing hatte und mehrere Künstler mit verschiedener
Stilrichtung beschäftigte. Diese Vermutung wird dadurch unterstützt, daß die
Mehrzahl der wenigstens durch zwei Quotienten miteinander verbundenen
Objekte (Blei/Zink, Zinn/Zink) auf den beiden Verbindungslinien 4a und 5
liegt. Bei Durchsicht der Tabelle 11 ergeben sich dann auf diesen beiden 26
Analysen umfassenden Verbindungslinien 16 Analysen in vier Gruppen, bei
denen Übereinstimmung bei den beiden Quotienten Blei/Zink und Zinn/Zink
besteht.
Die vier Gruppen unterscheiden sich durch den zunehmenden relativen Zinn-
gehalt. Die 1., 2. und 4. Gruppe enthält Darstellungen von Binis und Krie-
gern. Die Gruppe 3 dagegen drei Tier-Darstellungen und eine Sach-Darstel-
lung. Die Unterschiede im relativen Zinngehalt sind in den letzten beiden
Gruppen nicht besonders groß, aber dennoch erkennbar. Die meist fehlende
Übereinstimmung zwischen den Nebenbestandteilen Arsen und Antimon dürfte
auf den unterschiedlichen und ziemlich hohen, nicht aus dem Kupfer stammen-
den zusätzlichen Bleigehalt (z. B. 2,7 °/o bei Verbindungslinie 5a) zurückzu-
führen sein, der wahrscheinlich auch auf den Zinngehalt von Einfluß gewesen
ist.
Insgesamt scheint die Zusammenstellung in Tabelle 22 zu bestätigen, daß
mehrere Künstler gemeinsam in einer größeren Werkstatt gearbeitet haben, die
einen größeren Vorrat an Messing hatte. In der Datierung der Objekte dürften
keine nennenswerten Unterschiede bestehen.
Verbindungslinien 6 bis 10
Die Gruppe der Verbindungslinien 6 bis 10 umfaßt vergleichsweise wenig
Objekte. Unter den 20 Analysen dieser Gruppe haben Messinge mit einem
auffallend hohen relativen Antimongehalt in Verbindung mit einem entspre-
chend hohen relativen Bleigehalt einen besonders großen Anteil. Leider fehlt
in vier Fällen die Bestimmung der Nebenbestandteile, so daß man nicht weiß,
ob nicht eventuell auch hier ein hoher Antimongehalt vorhanden ist. Unter
den verbleibenden 16 Objekten finden sich 10 Analysen, bei denen man aus
dem hohen zusätzlichen Bleigehalt und dem hohen Antimongehalt auf den
Zusatz von blei- und antimonreichen Manillas schließen kann. Eine weitere
422
Werner, Benin-Messinge
Tabelle 22
Blei/Zink- und Zinn/Zink-Quotienten von 16 Objekten
der Verbindungslinie 4 bis 5a
Verbindungs- °/o Bleiknrr X 100 °/o Zinn , X 100
linie Lfd. Nr. Gegenstand °/o Zink "Io Zink
4a Nr. 63 Platte, Krieger mit Schwert 48,00 % 4,00 %
5 Nr. 92 Platte, Bini ohne Helm, Zöpfe 46,13 % 3,87 %
5 Nr. 152 Platte, drei Bini 46,54 % 3,62 °/o
5 Ma 3107 Platte, drei Bini 47,93 % 4,18 %
5a Nr. 59 Platte, Krieger ohne Helm,
Zöpfe 47,27 °/o 4,25 %
4 Nr. 64 Platte, Krieger m. Begleiter 44,68 °/o 15,96 %
4a Nr. 85 Platte, Afrikaner auf Baum 45,83 % 15,00 %
4a Nr. 87 Platte, Afrikaner auf Baum 47,57 % 15,53 %
4a Nr. 110 Platte, Krieger m. Schwert 45,35 °/o 15,12 %
4a Nr. 71 Platte, Leopard 47,96 % 21,43 °/o
4a Nr. 78 Platte, Zeremonialschwert 46,94 °/o 21,43 °/o
4a Nr. 111 Platte, Schlammfisch 46,94 o/o 22,45 %
5 Nr. 46 Platte, zwei Schlammfische 42,97 °/oi 21,88 %
4a Nr. 70 Platte, Afrikan. m. Querhorn 45,00 o/o 25,00 °/o
5 Nr. 62 Platte, Krieger, 2 Begleiter 47,03 o/o 25,74 °/o
5 Bin 18 Platte, portugiesischer Soldat 43,92 % 24,32 °/o
Besonderheit dieser Objekte ist ihr vielfach beachtlich hoher Zinngehalt, der
möglicherweise ebenfalls mit dem Zusatz von Manillas in Verbindung steht.
Die obere Grenze des Zinngehaltes bei diesen Objekten liegt bei 3,4 °/o Sn.
Zinngehalte unter 1 °/o Sn kommen bei den Objekten dieser Gruppe nur fünf-
mal vor.
In Teil I dieser Arbeit86 war bereits eine Anzahl von Manilla-Analysen ver-
öffentlicht worden, wobei gezeigt werden konnte, daß die Kombination eines
hohen Bleigehaltes mit einem auffallend hohen Antimongehalt für ein noch
bis in die Neuzeit reichendes, als „Speise“ bezeichnetes Abfallprodukt87 nord-
deutscher Kupferhütten kennzeichnend ist. Zu den 1970 vom Verfasser ver-
öffentlichten Analysen der „Speise“ und einiger Manillas (S. 89) sind inzwi-
schen einige weitere interessante Analysen hinzugekommen. E. R. Caley und
86 Werner, O. 1970, S. 89, Tab. 4
87 Huhn, C. 1905, S. 1165 ff.
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
42 3
L. W. Shank88 veröffentlichten 1966 die Analysen zweier Manillas, von denen
der eine aus einer größeren Menge von Manillas und anderen Metallgegen-
ständen stammte, die 1939 von C. F. Wicker89 in einer Bleikiste in einem
Korallenriff bei der Isle of Pines bei Kuba gefunden worden waren. Der
andere Manilla stammte aus Nigeria, von wo ihn ein Missionar mitbrachte.
Eine weitere Analyse einer Manilla-ähnlichen Legierung ist die eines Gold-
staubgewichtes aus Ghana (G 25)90, welches offenbar aus einem Manilla ge-
gossen worden war. Dazu kommt noch die noch unveröffentlichte Analyse
eines Manillas (Y 39) aus dem Berliner Völkerkunde-Museum (IIIC 41 029a).
Diese Analysen sind in der folgenden Tabelle 23 zusammengestellt.
Tabelle 23
Analysen mehrerer Manillas, eines Goldstaubgewichtes aus Ghana
und der „Speise“ aus Oker
Gewicht
Manilla Manilla G25 Manilla Manillas Speise
vom Riff aus Nigeria aus Ghana Y 39 Johansson aus Oke
°/o Kupfer 64,21 65,20 (66) 64,17 62,68 51,73
°/o Bei 26,38 27,34 25 25,97 30,05 35,20
°/o Zinn 7,33 0,10 3,2 1,28 2,05 n. b.
°/o Nickel 0,17 0,09 n. b. n. b. 0,48 0,3
% Zink 0,02 0,06 n. b. 0,20 0,98 n. b.
% Arsen n. n. 0,56 0,9 0,70 0,65 2,75
% Antimon n. n. 6,3 3,1 4,32 2,81 3,34
% Wismut 0,62 0,08 n. b. n.b. 0,05 1,63
In dieser Zusammenstellung stimmen die Analysen des Nigeria-Manillas von
Caley-Shank sowie die von Johansson, Werner (Y 39) und die Analyse des
Goldstaubgewichtes G 25 aus Ghana recht gut überein. Vollkommen aus dem
Rahmen der anderen Manillas fällt die Analyse des in einem Korallenriff bei
Kuba gefundenen Manillas. Hier fehlen Arsen und Antimon völlig. Die Le-
gierung könnte als eine Blei-Zinn-Bronze bezeichnet werden. Ihr Zinngehalt
liegt mit 7,33 °/o erheblich über dem rd. 3 °/o Sn kaum überschreitenden Zinn-
gehalt der anderen Manillas. Es ist fraglich, wie weit dieser Manilla überhaupt
mit den anderen Manillas verglichen werden kann, um so mehr als seine Her-
88 Caley, E. R., und Shank, L. W. 1966, S. 332
89 Wicker, C. F. 1939, S. 171
90 Werner, O. 1972, S. 428
424
Werner, Benin-Messinge
kunft im Dunkeln liegt. Interessant ist, daß sich als Blei-Zinn-Bronze zu be-
zeichnende Legierungen dieser Art nicht selten unter den Bronzen des Alter-
tums und der Spät-Antike finden. In der folgenden Tabelle 24 sind einige
wenige solcher Legierungen zusammengestellt.
Tabelle 24
Blei-Zinn-Bronzen aus dem Altertum und der Spät-Antike
Ägypten Syrien , spätantik
Manilla Osiris Figur Türzieher Türzieher
vom Riff 1200 v.Chr. 700 v.Chr. 2.- -3. Jh.
°/o Kupfer 64,21 70,81 71,66 (68) (74)
°/o Blei 26,38 25,04 21,99 ca. 26 20
°/o Zinn 7,33 3,03 4,03 5,6 5,5
°/o Nickel 0,17 Spur 0,51 Sp. Sp.
°/o Silber 0,98 n. b. n. b. 0,1 0,1
°/o Arsen n. n. 0,57 0,79 0,03 0,05
°/o Antimon n. n. n. n. n. n. 0,06 0,14
Die Analysen der beiden ägyptischen Blei-Zinn- -Bronzen : stammen vo
F. Rathgen91, die Analysen der beiden syrischen Türzieher vom Verfasser92.
Die Analysen der sich über einen Zeitraum von mehr als 3000 Jahren erstrek-
kenden Blei-Zinn-Bronzen stimmen in ihrem Blei- und Zinngehalt ziemlich
gut überein. Auffallend ist der ungewöhnlich hohe Silbergehalt des Riff-
Manillas. Man könnte daraus auf die Verwendung von nicht-entsilbertem Blei
schließen, was wiederum für ein hohes Alter der Legierung sprechen und damit
die Angabe von Talbot bestätigen würde93, daß die ältesten Manillas ägyp-
tischen Ursprungs sind oder von phönizischen Händlern stammen. Johansson94
schreibt in seinem Buch über „Nigerian Currencies, Manillas, Cowries and
others“ (S. 21), daß einige 1909 analysierte Manillas neben 25—30 °/o Blei 8 °/o
Zinn und Spuren von Silber und Gold enthielten, andere dagegen neben dem
Blei rd. 6 % Antimon. Diese Bemerkungen lassen also zwei Manilla-Typen
erkennen, die mit den von Caley und Shank (a. a. O.) veröffentlichten beiden
Analysen bemerkenswert übereinstimmen. Vollständig abweichend von allen
bisher bekannt gewordenen Manilla-Analysen ist die Zusammensetzung von
91 Rathgen, F. 1909, S. 213
92 Werner, O. 1977, Analysen Nr. 297 und 298, S. 191
93 Talbot, P. A. 1926, S. 292
94 Johansson, Sv.-O. 1967, S. 21
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
425
drei Manillas aus dem Berliner Völkerkunde-Museum, die durch einen ganz
ungewöhnlich hohen Bleigehalt bei fehlendem Antimongehalt ausgezeichnet
sind:
°/o Kupfer °/o Blei °/o Antimon
Y 38 (IIIC 41 028c) 41,05 56,83 < 0,1
Y 41 (IIIC 41 029c) 52,83 45,07 < 0,1
Y 42 (IIIC 41 029d) 50,49 47,21 < 0,1
Der Zinngehalt wurde leider nicht bestimmt, doch kann er nach der Summe
der Legierungselemente zu urteilen, kaum größer als 2 °/o sein. Es muß dahin-
gestellt bleiben, ob diese ganz ungewöhnlich zusammengesetzten Bleibronzen
planmäßig hergestellt wurden oder ebenfalls Abfallprodukte von Kupfer-
hütten sind, wie die Blei-Antimon-reichen Manillas.
Für den vorliegenden Fall hat das Vorhandensein von Blei-Zinn-reichen
Manillas neben den Blei-Antimon-reichen Manillas jedenfalls insofern Bedeu-
tung, als der nicht unbeträchtliche Zinngehalt bei den Objekten der Verbin-
dungslinien 6 bis 10 die Folge eines Zusatzes Blei-Zinn-reicher Manillas sein
kann. Dies gilt möglicherweise für die Platten Bin 2, Bin 5, Bin 9, Bin 13, die
von Shaw95 * als „leaded brass“ mit 3,5 °/o bis 7,3 °/o Sn bezeichnet werden.
Ihre Antimongehalte betragen nur 0,15 °/o bis 0,25 °/o Sb. Insgesamt kann man
annehmen, daß fast alle Objekte der Gruppe 6 bis 10 ihren hohen Bleigehalt
dem Zusatz der einen oder der anderen Manilla-Sorte verdanken.
Was die Datierung dieser Objekte anbelangt, so besteht kaum ein Zweifel,
daß die Blei- und Antimon-reichen Manillas und die mit ihnen legierten Mes-
singe aus dem Europa des 16. und 17. Jahrhunderts stammen. Für diese Da-
tierung spricht, daß der Nickelgehalt dieser Manillas über 0,1 °/o Ni liegt und
daß Legierungen dieses Typus erst mit dem ausgehenden 15. Jahrhundert in
Europa auftauchen. Nach den jetzt vorliegenden Erfahrungen des Verfassers98
sind die Messinge und Bronzen dieses Typus im norddeutschen Raum über-
wiegend lokalisiert. Für diese Lokalisierung spricht auch die von C. Huhn97
veröffentlichte Analyse einer Speise aus dem Hüttenwerk Oker. Wenn Sund-
ström schreibt98, daß die Portugiesen ihr für den Export nach Westafrika be-
stimmtes Kupfer und Messing „schon 1548 aus Österreich und Ungarn be-
95 Shaw, Th. 1969, S. 96
98 Werner, O. 1977, S. 153
97 Huhn, C. 1905, S. 1165 ff.
98 Sundström, L. 1965, S. 234
27 Baessler-Archiv XXVI
426
Werner, Benin-Messinge
zogen“, so braucht dies kein Widerspruch zu der Feststellung zu sein, daß die
von Huhn analysierte Speise aus Oker im Harz kam. Auch in den Kupfer-
hütten in Österreich und Ungarn können schwer verwertbare Abfälle dieser
Art entstanden sein. Über den Umfang dieser Exporte geben die bekannten
Untersuchungen von J. Strieder" Auskunft. Danach wurden bereits kurz nach
der Mitte des 15. Jahrhunderts Manillas nach Benin und Elmina (portugiesische
Handelsstation in Ghana) exportiert. B. Brentjes schreibt100, daß die Portu-
giesen jahrzehntelang Hunderte von Tonnen Messing in Form von sog. Manillas
nach Nigeria exportierten. Nach Strieder (a. a. O.) hat der portugiesische Fak-
tor in Elmina von 1511 bis 1522 nicht weniger als 302 920 Messing-Manillas
erhalten. Der Faktor von Axim erhielt vom 1. 5. 1505 bis zum 30. 9. 1506
67 094 Manillas. Strieder schreibt auch, daß die Messing-Spangen nicht nur als
Währung Verwendung gefunden haben, sondern auch als Material zum Ein-
schmelzen für die „berühmten Bronze-Arbeiten von Benin“ Verwendung ge-
funden haben.
Andererseits meint Strieder, daß längst ehe die portugiesischen Schiffe aus
Lissabon die deutschen Metallwaren auf dem direkten Seewege nach West-
afrika, besonders in die nördlichen Randländer in der Bucht von Guinea
gebracht hatten, dieselben Gegenstände der europäischen Metallindustrie durch
die Wüste nach Nigeria befördert worden seien101. Damals waren es zumeist
die Venezianer, die die Metallwaren nach Nordafrika brachten, von wo sie
durch die Wüste in die Randstaaten der Gold- und Elfenbeinküste transpor-
tiert wurden.
Diese von Strieder geäußerte Vermutung findet ihre Bestätigung in der
Tatsache, daß zwischen den auf das 12. bis 13. Jahrhundert datierten Ife-
Messingen und den Benin-Messingen des 15. bis 17. Jahrhunderts eine über-
raschende Übereinstimmung in der Zusammensetzung besteht, auf die O. Wer-
ner und F. Willett102 hingewiesen haben. Demonstriert wird diese Überein-
stimmung durch die in Bild 5 dieser Arbeit zusammen mit den Benin-Messingen
eingetragenen Analysen von Ife-Messingen, die meist auf denselben Verbin-
dungslinien liegen wie die Benin-Messinge. Der Unterschied zwischen den bei-
den Messingsorten besteht in dem ausnahmslos unter 0,1 % Nickel liegenden
Nickelgehalt der Ife-Messinge, der ihre Datierung auf das 12. bis 13. Jahr-
hundert aus den hier mehrfach erläuterten Gründen rechtfertigt. Auch das
99 Strieder, J. 1932, S. 249—259
100 Brentjes, B. 1969, S. 42
101 Hierzu auch Monod, T. 1969 In seinem Bericht über die Messing-Funde in Ma’den
Ijäfen.
102 Werner, O., und Willett, F. 1975
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
427
Tabelle 25
Europäische Messinge mit überdurchschnittlich hohem Blei- und Antimongehalt
°/o °!o °/o °/o °lo °lo
Ljd. Nr. Gegenstand Herkunft Datierung Zink Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
288 Türzieher Niedersachsen um 1500 12,0 7,8 1,3 0,66 0,52 2,0
119 Leuchter Mitteldeutschi. 15. Jh. 12,0 8,2 5,2 0,71 0,30 1,15
322 liegender Löwe Münster 15./16. Jh. 15,4 7,2 1,1 0,68 0,95 0,76
89 Kruzifix Deutschland 15716. Jh. 11,3 4,9 2,1 0,50 0,25 1,0
106 Kronleuchter Deutschland 17. Jh. 10,0 8,0 2,1 0,88 0,63 1,1
113 Leuchter Dinanderie? 15. Jh. 13,1 8,5 2,0 0,29 0,29 0,80
349 Grabplatte Lübeck 1517 17,1 13,2 0,96 0,06 0,22 1,1
Mittelwerte 12,9 8,3 2,1 0,53 0,45 1,13
Europäische Messinge d. 14.—17. Jh. Mittelwerte 16,4 4,1 1,9 0,34 0,27 0,27
Tabelle 26
Europäische Blei-Zinn-Bronzen mit überdurchschnittlich hohem Blei- und Antimongehalt
Lfd. Nr. Gegenstand Herkunft Datierung °lo Zink °lo Blei °lo Zinn °/o Nickel °/o Arsen °/o Antimi
338 Taufe Flintbeck 1516 n. n. 11,5 13,0 0,25 0,57 0,84
358 Mörser Amsterdam 1735 1,5 11,9 14,0 0,30 1,4 1,5
357 Taufe Mölln 1509 n. n. 19,2 1,2 0,43 1,1 3,5
336 Taufe Eutin 1511 n. n. 6,2 0,4 0,07 0,33 1,2
Hl. Georg Prag103 1573 0,86 13,72 0,99 n.b. 0,45 3,46
Mittelwerte 0,47 12,5 5,9 0,26 0,77 2,10
Europäische Bronzen d. 14.—17. Jh. Mittelwerte 0,66 2,6 7,3 0,38 0,51 0,58
103 Analyse von Kotrba, V. 1969, S. 9—28
428 Werner, Benin-Messinge
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
429
Fehlen auffallend hoher Antimon-Gehalte bei den Ife-Messingen unterstützt
die Datierung auf die gegenüber den Benin-Messingen um rd. 300 Jahre ältere
Zeit. Der relativ hohe Bleigehalt beider Messinge, Ife und Benin, läßt die
Herkunft dieser Kupfer-Legierungen aus dem norddeutschen Raum sowohl im
12. bis 13. wie im 15. bis 17. Jahrhundert vermuten.
Es wurde bereits kurz darauf hingewiesen, daß „Speise“-Abfälle der nord-
und mitteldeutschen Kupferhütten nicht nur nach Benin in Form von Manillas
exportiert wurden, sondern daß sie auch in norddeutschen Bronze- und Mes-
sing-Gießereien als Zusatz Verwendung fanden. Dies soll durch die folgenden
Tabellen einiger Analysen norddeutscher Messinge und Bronzen sowie durch
Bild 11 demonstriert werden.
Zum Vergleich sind in der folgenden Tabelle 27 die Analysen einer Anzahl
von Benin-Messingen des 16. und 17. Jahrhunderts zusammengestellt, die
durch ihren relativ hohen Blei- und Antimongehalt gekennzeichnet sind.
Tabelle 27
Benin-Messinge mit überdurchschnittlichem Blei- und Antimongehalt
Lfd. Nr. Gegenstand °lo Zink o/o Blei °lo Zinn °lo Nickel °lo Arsen "¡0 Antimon
W 64 717 Platte, Würdenträger 13,9 13,5 2,5 0,44 0,73 1,55
W 64 796 Platte, Reiter 19,0 11,2 0,5 0,09 Sp. 1,2
Bin 25 Teil von Armring 4,1 11,3 3,4 0,55 0,79 2,1
75 Platte, Schlange 3,3 5,2 3,1 0,24 0,20 0,70
84 Platte, Kroko-Kopf 4,5 5,2 2,8 0,10 0,18 0,66
99 Platte, Tierkopf 3,5 8,0 2,8 0,19 0,24 0,88
100 Platte, Krieger 11,0 10,2 0,8 0,42 0,18 U
118 Platte, Afrikaner 14,7 8,8 1,1 0,32 0,12 1,2
Mittelwerte 9,3 9,2 2,1 0,32 0,31 1,18
Untergruppe III, Mittelwerte 9,7 6,1 1,4 0,21 0,15 0,35
Die Übereinstimmung zwischen den Mittelwerten der deutschen (Tab. 25) und
der Benin-Messinge (Tab. 27) ist auch in diesem Falle bemerkenswert gut und
unterstützt die Aussagen über die wahrscheinliche Herkunft und Datierung
der beiden Messingsorten. Der Zusammenhang kommt auch im Blei-Antimon-
Diagramm in Bild 11 zum Ausdruck. Die Analysenwerte beider Bereichgrup-
pen liegen meist auf denselben auf den Koordinatenausgangspunkt zielenden
430
Werner, Benin-Messinge
Verbindungslinien, die ihrerseits wieder ln Richtung auf die Analysenwerte der
Manillas zielen.
Von welcher Größenordnung ein Manilla-Zusatz bei der Erschmelzung der
oben genannten Benin-Messinge gewesen sein könnte, soll die folgende Modell-
rechnung demonstrieren. Dabei wird von einem Messing mittlerer Zusammen-
setzung ausgegangen, dem eine bestimmte Menge einer Manilla-Legierung zu-
gesetzt wird. Für die dabei verwendete Manilla-Legierung wird die von
S. C. Johansson104 veröffentlichte Manilla-Analyse angenommen.
Tabelle 28
Modellrechnung für die Platte Nr. 100
a) Ausgangsmessing °/o Zink
angennommen 14,0
b) Manilla III 1,0
10 Teile von a) + 3 Teile von b)
ergeben 11,0
Platte Nr. 100 11,0
°/o »Io o/o o/o o/o
Blei Zinn Nickel Arsen Antimon
4,7 0,3 0,40 0,02 0,50
30,1 2,1 0,48 0,65 2,81
10,6 0,72 0,42 0,17 1,03
10,3 0,70 0,42 0,17 1,10
Die Modellrechnung läßt erkennen, von welcher Größenordnung die Menge
der zugesetzten Manillas im konkreten Falle gewesen sein könnte: 10 Teile
Messing + 3 Teile Manilla.
Schließlich ist noch auf eine Besonderheit hinzuweisen, die ausschließlich bei
den Objekten der Untergruppe III und hier bevorzugt bei den Messingen mit
höherem Blei-Zusatz auftritt. Die überwiegende Mehrzahl aller Platten hat
bekanntlich Blumengrund. Daneben gibt es noch eine geringe Zahl von Platten
mit dem sog. Kreisgrund. Nach Angaben von Fagg105 haben von mehreren
hundert Platten der mittleren Periode (Untergruppe III) nur etwa zwanzig
Platten Kreisgrund. Es sind dies meist Doppelplatten, auf denen Einzelperso-
nen dargestellt werden. Nach Fagg stammen alle diese Platten vermutlich von
derselben Hand. „Ihr verfeinerter Stil läßt darauf schließen, daß sie Zuerst
wahrscheinlich Ende des 16. Jahrhunderts entstanden sind. Die Zusammen-
setzung dieser Platten mit Kreisgrund ist insofern von Interesse, als sie in der
hier gewählten Darstellung zu den Verbindungslinien 7 und 8 der Unter-
gruppe III gehören. Im Berliner Museum für Völkerkunde befinden sich zwei
104 Johansson, Sv.-O. 1969, S. 21
io.-, Fagg; W_ 1965; Nr- 20
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
431
Platten mit Kreisgrund. Die eine ist das Oberteil einer Doppelplatte Nr. 100
(IIIC 10 879), deren Unterteil sich im Hamburger Völkerkunde-Museum be-
findet. Der Analysenwert von Nr. 100 liegt auf der Verbindungslinie 7a. Die
in stark stilisierter Form gehaltene Platte zeigt einen Krieger mit mitraförmi-
gem Helm mit drei Lanzen in der rechten Hand, in der linken Hand einen
Schild und am Hals eine Glocke. Oben rechts auf der Platte dient ein Fisch als
Beifigur. Zu einer Personen-Ganzdarstellung gehört auch der in Wien befind-
liche Unterteil einer Doppelplatte (W 64 718), deren Oberteil sich in London
befindet. Auf der Platte ist ein Europäer dargestellt. Auch diese Platte hat
Beizeichen und zwar rechts und links einen Krokodilkopf105. Der Analysen-
wert liegt auf der Verbindungslinie 7 (Tabelle 11). Die zweite der Berliner
Platten mit Kreisgrund ist die Platte Nr. 76 (IIIC 8 468), auf der jedoch keine
Person, sondern ein in sich verschlungener, stark stilisierter Schlammfisch dar-
gestellt ist. S. Wolf106 bringt die Wiener Platte 64 718 mit der ebenfalls in
Wien befindlichen Platte W 64 717 in Verbindung, doch ist nicht mit Sicherheit
zu entnehmen, ob die Platte W 64 717 ebenfalls Kreisgrund hat. Dargestellt
ist darauf ein Würdenträger mit vier Begleitern, also keine Einzelfigur. Die
Berliner Platte Nr. 100 enthält 1,1 % Antimon. Bei der Wiener Platte Nr.
64 718 fehlt leider die Angabe der Nebenbestandteile in der Analyse. Nach
ihrer Lage auf der Verbindungslinie 7 ist jedoch anzunehmen, daß sie ähnlich
wie Nr. 100 einen hohen Antimongehalt hat. Bei den beiden Legierungs-
Hauptbestandteilen Zink und Blei besteht zwischen Nr. 100 und W 64 718
eine bemerkenswerte Übereinstimmung:
°lo Zink °/o Blei
Nr. 100 11,0 10,2
W 64 718 11,8 10,2
Solche Übereinstimmung in der Zusammensetzung zweier Platten mit Kreis-
grund unterstützt die von Fagg auf Grund stilistischer Überlegungen geäußerte
Ansicht, daß die wenigen Platten mit Kreisgrund auf einen einzigen Meister
zurückzuführen sind. Konkordanzen im engeren Sinne sind bei den Objekten
der Verbindungslinien 6 bis 10 nicht festzustellen. Dies dürfte wohl damit Zu-
sammenhängen, daß die Legierungen dieses Bereichs nicht nur mit Kupfer,
sondern offenbar in erheblichem Maße mit bleihaltigen Legierungen verschie-
dener Art, vorwiegend offenbar mit Manillas der verschiedensten Zusammen-
setzung zusätzlich legiert wurden, deren sehr unterschiedliche Gehalte an den
Nebenbestandteilen eine Konkordanz verhindern.
10« Wolf, S. 1968, S. 141/142
432
Werner, Benin-Messinge
Zusammenfassung
Der vorliegende zweite Teil der Arbeit des Verfassers über die Analysen der
Benin-Bronzen und Messinge des Museums für Völkerkunde in Berlin beschäf-
tigt sich mit der Frage nach der Datierung der Messinge und der möglichen
Herkunft des Rohmaterials. Die Erörterung der Frage nach der Datierung des
Rohmaterials dieser Messinge stützt sich auf neue Erkenntnisse des Verfassers
aus den Analysen einer großen Zahl mittelalterlicher europäischer Bronzen
und Messinge. Danach sind die Bronzen und Messinge des 11. bis 13. Jahr-
hunderts ihrer Zusammensetzung nach deutlich verschieden von den Bronzen
und Messingen des 15. bis 17. Jahrhunderts. Die jüngeren Messinge haben im
Vergleich zu den älteren einen höheren Zink-, Blei- und Nickelgehalt. Der
Unterschied im Nickelgehalt ist so bedeutend, daß er zur Datierung der Mes-
singe Verwendung finden kann. Bei den älterenMessingen des 11. bis 13. Jahr-
hunderts Hegt der Nickelgehalt ganz überwiegend unter 0,1 % Ni, der Nickel-
gehalt der jüngeren Messinge liegt dagegen überwiegend über 0,1 % Ni. Das
14. Jahrhundert ist eine Übergangszeit, in der mit gleicher Wahrscheinlichkeit
sowohl unter als auch über 0,1 % liegende Nickelgehalte zu erwarten sind.
Der höhere Gehalt der jüngeren Messinge an Nickel, meistens auch an Arsen,
ist auf die mit dem 14. Jahrhundert beginnenden Schwierigkeiten In der Ver-
hüttung der meist sehr unreinen sulfidischen Primär-Kupfererze zurückzu-
führen. Das in der älteren Zeit gewonnene oberflächennahe Sekundär-Kupfer-
erz ist durch einen im Vergleich zu den sulfidischen Primärerzen bedeutend
höheren Reinheitsgrad gekennzeichnet. Die klar erkennbaren Unterschiede im
Nickelgehalt der westafrikanischen Messinge ermöglichen die Feststellung, daß
die //e-Messinge mit ihren ausnahmslos unter 0,1 % liegenden Nickelgehalten
um mindestens zwei bis drei Jahrhunderte älter sind, als die 5e«m-Messinge,
obwohl bei dem Vergleich der Zink- und der Bleigehalte der beiden Gruppen
eine große Ähnlichkeit besteht.
Die zweite bei der Analyse der mittelalterlichen europäischen Messinge ge-
wonnene Erkenntnis besteht in der Feststellung, daß der Bleigehalt der Mes-
singe, sofern er die bei etwa 1 °/o Pb liegende Grenze übrschreitet, in einem
engen Zusammenhang mit dem Bleigehalt des bei der Messingherstellung nach
dem Galmei-Verfahren verwendeten Zinkerzes steht. Bei diesem noch bis zum
Beginn des 19. Jahrhunderts verwendeten Verfahren wird bei der Reduktion
des Zinks aus dem Zinkerz Galmei durch Kohle bei Gegenwart von Kupfer
das in diesem Erz als Verunreinigung vorhandene Blei zusammen mit dem
Zink in das Kupfer übergeführt und zwar in einer Menge, die der des redu-
zierten Zinkmetalls weitgehend proportional ist. Dies bedeutet, daß bei diesem
Verfahren der Zink-Abbrand nicht wesentlich größer ist als der des Bleies. Der
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
433
aus einer Messinganalyse zu berechnende Quotient °/o Blei / % Zink ermöglicht
infolgedessen einen Rückschluß auf den Reinheitsgrad und den Bleigehalt des
bei der Messingherstellung verwendeten Zinkerzes.
Es läßt sich zeigen, daß der Bleigehalt der Galmei-Erze je nach ihrer Her-
kunft sehr unterschiedlich ist. Die reinsten Zinkerze haben einen kaum über
0,5 % liegenden Bleigehalt. Die obere Grenze des Bleigehaltes der Zinkerze
liegt bei mindestens 10 °/o, und er kann diese Grenze vielfach noch erheblich
überschreiten. Durch besonders geringe Bleigehalte sind die im westdeutsch-
lothringischen Grenzgebiet gelegenen Galmei-Erze, insbesondere die Erze vom
Altenberge, ausgezeichnet. Einen vergleichsweise sehr viel höheren Bleigehalt
haben dagegen die Zinkerze des norddeutschen Raumes, insbesondere die vom
Rammeisberg bei Goslar. Die Höhe des relativen Bleigehaltes eines Messings
ermöglicht daher einen Rückschluß auf die Herkunft des bei der Messingher-
stellung verwendeten Galmeierzes.
Es konnte experimentell gezeigt werden, daß bei dem Verdünnen eines
bleihaltigen Messings mit Kupfer sich der Zink- und der Bleigehalt der dabei
entstehenden Legierung zwar vermindert, daß aber der erwähnte Blei/Zink-
Quotient praktisch erhalten bleibt. Trotz einer Veränderung des Absolut-
gehaltes eines Messings an Zink und Blei durch das Legieren mit Kupfer er-
möglicht somit der Blei/Zink-Quotient auch weiterhin einen Rückschluß auf
die Herkunft des Ausgangsmessings.
Bei der Anwendung der hier kurz geschilderten Erkenntnisse auf die Benin-
Messinge werden die eigenen Analysen des Verfassers zusammen mit den bis-
her im Schrifttum veröffentlichten Analysen in einem Zink-Blei-Diagramm
dargestellt. Hierbei ergeben sich zunächst zwei Gruppen von Messingen. Bei
der einen Hauptgruppe liegt der Blei/Zink-Quotient etwa bei 10 °/o bis 15 °/o,
bei der anderen liegt er zwischen 26 °/o und 50 °/o. Die erste Hauptgruppe wird
in zwei Untergruppen unterteilt, deren Grenze bei etwa 20 °/o bis 21 °/o Zink
liegt. Für die unterhalb dieser Grenze liegenden Objekte ergibt sich aus den im
Schrifttum veröffentlichten Datierungen eine Datierung auf das ausgehende
17. bis zum 18. Jahrhundert. Die oberhalb der 21-°/o-Zlnk-Grenze liegenden
Objekte sind auf das ausgehende 18. bis 19. Jahrhundert zu datieren. Die
Zinkgehalte dieser Objekte liegen im Mittel bei 26 % bis 28 °/o, können aber
noch bis 38 % Zink ansteigen. Messinge mit wesentlich über 30 % liegenden
Zinkgehalten können nur noch aus Kupfermetall und Zinkmetall hergestellt
worden sein, also nicht mehr nach dem Galmei-Verfahren.
Aus den bei der Analyse der europäischen Messinge gewonnenen Erkennt-
nissen über ihre Herkunft wird für die Benin-Messinge der beiden eben ge-
434
Werner, Benin-Messinge
schilderten Untergruppen mit einem zwischen 10 °/o und 15 °/o liegenden Blei/
Zink-Quotienten der Schluß gezogen, daß das Rohmaterial dieser Objekte mit
großer Wahrscheinlichkeit westdeutscher oder westeuropäischer Herkunft ist.
Der Nickelgehalt der auf die Neuzeit zu datierenden Benin-Messinge liegt
wegen der Fortschritte in der neuzeitlichen Kupfergwinnung meist unter
0,1 % Ni. Der Zinngehalt ist meist verschwindend gering.
Der Nickelgehalt der unter 20 °/o Zink liegenden Messinge (Untergruppe II)
liegt im Mittel bei 0,15 °/o Ni und unterschreitet gelegentlich 0,1 °/o Ni. Im
Bereich der Untergruppe II liegen etwa 15 °/o der Benin-Platten, von denen
Analysen vorhanden sind. Die übrigen Objekte der Untergruppe II sind
Ilundfiguren, freistehende Figuren, Plaketten und ähnliches.
Die ganz überwiegende Mehrzahl der Benin-Platten gehört zu der durch
ihren relativ hohen Bleigehalt ausgezeichneten Untergruppe III (Pb/Zn zwi-
schen 30 °/o und 50 %). Die Objekte der Untergruppe III sind nach den im
Schrifttum veröffentlichten Datierungen etwa auf das 15. bis zum beginnenden
17. Jahrhundert zu rechnen. Ihr relativ hoher Bleigehalt bei einem 20 °/o kaum
überschreitenden Zinkgehalt läßt bei dem Vergleich mit norddeutschen und
mitteldeutschen Messinganalysen dieser Zeit eine Herkunft des für diese Ob-
jekte verwendeten Rohmaterials aus dem norddeutschen Raum vermuten.
Ein erheblicher Teil des Bleigehaltes der Messinge der Untergruppe III ist
auf einen offenbar absichtlichen Bleizusatz zur Verbesserung der Gießfähigkeit
dieser Objekte zurückzuführen. Der in einigen Fällen sogar 15 °/o überstei-
gende Bleigehalt dieser Messinge stammt also nur zum Teil aus dem bei der
Messingherstellung verwendeten Galmeierz. Bei dem absichtlichen Bleizusatz
haben die etwa mit dem beginnenden 16. Jahrhundert aus Europa importierten
Manillas offenbar eine besondere Rolle gespielt. Diese Manillas haben Blei-
gehalte zwischen 25 °/o bis 35 °/o Pb und sind außerdem durch einen hohen
zwischen 2,5 °/o bis rd. 6 °/o liegenden Antimongehalt gekennzeichnet. Ihrer
Zusammensetzung nach stimmen diese Manillas weitgehend mit einer in Oker
im Harz noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorhanden gewesenen sog.
„Speise“ überein. Es ist zu vermuten, daß bereits im 16. Jahrhundert Speise
dieser Art als Abfallprodukt bei der Kupfergewinnung aus bleireichen Kupfer-
erzen entstand und in Norddeutschland als billiger Zusatz zu Bronzen und
Messingen Verwendung fand. Aus diesem Abfallprodukt wurden dann offen-
bar die Manillas hergestellt und durch Vermittlung der Portugiesen nach West-
afrika exportiert.
Die hier ausgesprochenen Vermutungen über die Herkunft der Benin-Mes-
singe könnten durch die moderne Technik der massenspektroskopischen Blei-
Baessler-Archiv, Neue Folge, Band XXVI (1978)
435
Isotopenanalyse kontrolliert werden. Eine erste amerikanische Veröffent-
lichung zu diesem Thema liegt bereits vor. Weitere Untersuchungen in dieser
Richtung sollten sich der Bestimmung des Blei-Isotopenverhältnisses von Blei
aus den Manillas, den Benin-Platten sowie von Blei aus bleireichen nord-
deutschen Messingen und Bronzen des 16. bis 18. Jahrhunderts bedienen.
Die Darstellung der Messing-Analysen im Zink-Blei-Diagramm hat sich als
außerordentlich nützlich erwiesen. Sie ermöglicht nicht nur Rückschlüsse auf
die mögliche Herkunft dieser Messinge, sondern ermöglicht vielmehr auch einen
„Einstieg“ in weitere Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Messing-
objekten. Aus dem Zink-Blei-Diagramm ist zu entnehmen, daß in vielen Fäl-
len die darin dargestellten Analysenwerte sich durch Linien miteinander ver-
binden lassen, die Zusammenhänge zwischen einzelnen Objekten trotz absolut
unterschiedlicher Zusammensetzung erwarten lassen, die ihrerseits wieder
Rückschlüsse auf eine gemeinsame Herkunft des Ausgangsmaterials und in ein-
zelnen Fällen sogar auf eine gemeinsame Werkstätte nahe legen. Rückschlüsse
dieser Art ließen sich mehrfach auch stilistisch begründen. Ergänzt werden
solche aus den gemeinsamen Verbindungslinien gezogenen Rückschlüsse durch
Einbeziehung des Zinngehaltes sowie in mehreren Fällen auch des Arsen- und
des Antimongehaltes. Die Analysen der Messinge sollten sich daher nicht nur,
wie dies früher meist geschah, auf die Bestimmung des Kupfer-, Zink-, Blei-
und des Zinngehaltes beschränken, sondern auch die Nebenbestandteile, ins-
besondere Nickel, Arsen und Antimon mit einbeziehen. Legierungsgruppen, die
nicht nur im Zink-Blei-Gehalt, sondern darüber hinaus auch im Zink-Zinn-
Gehalt wie auch im Blei-Arsen- und im Blei-Antimon-Gehalt einen Zusam-
menhang erkennen lassen, sollen als konkordante Reihen bezeichnet werden.
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Wolters, J.
1975
Bronzeköpfe und Bronzeplatten der Benin-Sammlung Mannheim. Ab-
handlungen und Berichte des Staatlichen Museums für Völkerkunde
Dresden 25
Neue Analysen von Benin-Legierungen in vergleichender Betrachtung.
Abhandlungen und Berichte des Staatlichen Museums für Völkerkunde
Dresden 28
Die römischen Bronze-Eimer von Hemmoor, Hannover
Zur Geschichte der Löttechnik, Degussa, Hanau
BAESSLER-ARCHIV
BEITRÄGE ZUR VÖLKERKUNDE
Herausgegeben im Aurtrage des
Museums für Völkerkunde Berlin
von
K. KRIEGER UND G. KOCH
NEUE FOLGE BAND XXVI
(LI. BAND)
BERLIN 1978 • VERLAG VON DIETRICH REIMER
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die VG WORT, Abteilung Wissenschaft, Goethestraße 49, 8000 München 2, von der
die einzelnen Zahlungsmodalitäten zu erfragen sind.
ISSN 0005-3836
Alle Rechte Vorbehalten
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
INHALT
Veronika Bendt, Kpandu, Ghana
Abbau und Verwendung von weißem Ton in Südost-Ghana......................... 1
Barbara Braun, New York
Sources of the Cotzumalhuapa style ......................................... 159
Horst Gain, Marburg
Die marquesanischen Paradiesvorstellungen und die Haie ..................... 91
Franz Feuchtwanger, México D. F.
Ikonographische Ursprünge einiger mesoamerikanischer Gottheiten............. 241
Renate von Gizycki, Kassel-Wilhelmshöhe
Faikava — Poeten in Polynesien heute....................................... 105
Anne-Marie Hocquenghem, Paris
Les combats mochicas: Essai d’interpretation d’un matériel archéologique a l’aide
de l’iconologie, de l’ethno-histoire et de l’ethnologie ...................... 127
Simon Kooijman, Leiden
Continuity and Change in Houses and House Construction:
The Case of the Lau Islands, Fiji .......................................... 299
Peter W. Schienerl, Wien
Miszellen zum ägyptischen Amulettwesen......................................... 37
Peter Thiele, Berlin
Darstellungen von Kampfszenen des 18. Jahrhunderts in Chinas Randgebieten
am Beispiel Taiwans....................................................... 281
Irwin L. Tunis, London
The enigmatic Lady .......................................................... 57
O. Werner, Berlin
Metallurgische Untersuchungen der Benin-Messinge des Museums
für Völkerkunde Berlin
Teil II. Beitrag zur Frage der Datierung der Messinge und der Herkunft
des Rohmaterials ............................................................. 333
Hasso von Winning, Los Angeles
Betrachtungen zu einem gefälschten polychromen Maya-Gefäß................... 233
Beihefte zum BAESSLER-ARCHIV
Beiheft 1: KURT KRIEGER
Geschichte von Zamfara
Sokoto-Provinz, Nordnigeria
147 Seiten mit 12 Tafeln und einer Karte. 1959. Broschiert DM 21,—
Beiheft 2: HERMANN TRIMBORN
Archäologische Studien in den Kordilleren Boliviens (I)
76 Seiten mit 66 Abbildungen. 1959. Broschiert DM 18,—
Beiheft 3: HORST HARTMANN
Georg Catlin und Balduin Möllhausen
Zwei Interpreten der Indianer und des Alten Westens
156 Seiten mit 37 Lichtdruck-Reproduktionen, einer Tafel
mit Zeichnungen und zwei Karten. 1963. (Nachdrude in Vorbereitung)
Beiheft 4: Archäologische Studien in den Kordilleren Boliviens 11:
HEINZ WALTER
Beiträge zur Archäologie Boliviens
Die Grabungen des Museums für Völkerkunde Berlin im Jahre 1958
361 Seiten mit 159 Abbildungen im Text und auf Tafeln und 20 Grabungsplänen. 1966.
Broschiert DM 50,—, Leinen DM 62,—
Beiheft 5s HERMANN TRIMBORN
Archäologische Studien in den Kordilleren Boliviens III
182 Seiten mit 138 Photos, Zeichnungen und Plänen. 1967.
Broschiert DM 40,—, Leinen DM 50,—
Beiheft 6: SIGRID PAUL
Afrikanische Puppen
VIII und 208 Seiten mit einer Farbtafel und 98 weiteren Abbildungen. 1970
Brosdnert DM 45,-
ßeihcft 7: HEIDE NIXDORFF
Zur Typologie und Geschichte der Rahmentrommeln
Kritische Betrachtung zur traditionellen Instrumentcnterminologie
286 Seiten mit 5 Abbildungen und 11 Tafeln. 1971. Broschiert DM 60,—
BeiheftS: BERNHARD ZEPERNICK
Arzneipflanzen der Polynesier
307 Seiten mit einer Kartenskizze. 1972. Broschiert DM 69,—
Verlag von DIETRICH REIMER in Berlin
Beiheft 30 zu „Afrika und Übersee“
WÖRTERBUCH DER DU ALA - SPRACHE
von
Johannes Ittmann f, bearbeitet von E. Kähler-Meyer
XXVIII + 676 Seiten (Deutsch-Englisch-Französisch-Duala) 1976. Gebunden
DM 165,—, broschiert DM 150,—.
Der Verfasser ist als Kenner der Völkerschaften des küstennahen Gebiets von
Kamerun bekannt. Er sammelte das Material bereits vor dem zweiten Welt-
krieg, zum großen Teil während seiner Reisen als Missionar. Es enthält
unwiederbringliches volkskundliches und religiöses Gut, aber auch eine
Sprache, die von den mancherlei in der Zwischenzeit eingedrungenen Fremd-
einflüssen frei ist und hier für spätere Generationen bewahrt wird. Das Wörter-
buch wird auf Grund der zahlreichen Beispielsätze, die eine Fülle von Rede-
wendungen, Sprichwörtern, Ideophonen und Bemerkungen aus dem täglichen
Leben bieten, nicht nur Bantuisten, sondern auch Völkerkundler, Soziologen
und Religionswissenschaftler interessieren. Die 8.200 Stichwörter sind ins
Deutsche, Französische und Englische übersetzt.
Beiheft 29 zu „Afrika und Übersee“
NDONGA-ANTHOLOGIE
von
Ernst Dammann und Toivo E. Thronen
XIV und 239 Seiten, Ndonga-Texte mit anschließender deutscher Über-
setzung und eingehenden Erläuterungen. 1975. Kart. DM 70,—.
Im Ovamboland, im nördlichen Südwestafrika, hat der finnische Missionar
Martti Rautanen um 1890 das hier vorgelegte Material gesammelt. Es ist
durch Texte jüngeren Datums und durch Tonbandaufnahmen ergänzt worden.
Das Hauptziel der Anthologie ist, eine einwandfreie Sammlung von Ndonga-
Texten darzubieten. Es sollte die Sprache der Zeit festgehalten werden, in
der die Ndonga verhältnismäßig unberührt und eigenständig ihr Leben
führten. Völkerkundler und Religionshistoriker werden in ihren Kenntnissen
ebenso bereichert werden wie Linguisten.
VERLAG VON DIETRICH REIMER • BERLIN
(f)
BAESSLER-ARCHIV
BEITRÄGE ZUR VÖLKERKUNDE
Heran »gegeben im Aufträge des
Museums für Völkerkunde Berlin
von
K. KRIEGER UND G. KOCH
NEUE FOLGE BAND XXVI (1978)
(LI. BAND)
Heft 2
Aasgegeben am BoTcniltur 1979
Jo 5 110 Lo
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30 Lo ^ iSOmiti
, 2 1 ||| = 3
2 = m»S!l |„ = A
3 = iii>.u,:s? Ill = h
111 = 5
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©2009digitalfoto-trainer.de
BERLIN 1978 • VERLAG VON DIETRICH REIMER
ü
LU
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