DIE MATERIELLE KULTUR DER AZANDE UND MANGBETU 2 1 3. Haartracht. Von den formenreichen Haarfrisuren unseres Gebietes greife ich nur den sattsam bekannten markanten Mangbetutypus heraus, um ihm eine Stellung unter dem übrigen westafrikanischen Haarschmuck anzuweisen (s. Abb. 34). Erwähnt sei, daß zur Bildung ein Korbgeflecht als Gerüst des kunstvollen Baues und eine Verlängerung der Haare durch Gräser not wendig ist. Die von Junker als Stirnbinde bezeichneten Zöpfchen (5, II, 306-—7), die in enger Folge über den Vorderkopf gelegt werden, dienen wohl mehr dem Zwecke der Schädel deformation. Die Haartracht findet sich sowohl bei Amadi und Abarambo wie auch den westlichen Momvu, beschränkt sich aber höchstwahrscheinlich auf die nördlichen Mangbetu, während die Bapopoie (144? X 9 I2 > 97) ^ ir Haar in ähnliche Flechten bringen, wie wir sie zum Teil von den Nordmangbetu (5, II, 312) und besonders von den Azande her kennen. Die oben erwähnte und abgebildete Haartracht hat ihren nächsten Verwandten be merkenswerterweise wieder im tiefen Waldgebiet des Südens und Südwestens. Johnston (112, II Abb. S. 597, 581) bildet eine Ngombe-Bwelafrau vom Mongala ab, welche in ihrem Haarputz große Ähnlichkeit mit dem der Mangbetufrauen aufweist. Noch schlagender sind die Übereinstimmungen mit entsprechenden Gebilden der \\ asongola (s. 144, 1909 Abb. 117, 125 etc.). So ohne weiteres darf man an diesen Beziehungen nicht vorübergehen, zumal ja noch so vieles andere aus der heterogenen Mangbetu-,,Kultur“ aus dem Süden und Süd westen stammt, und höchstwahrscheinlich das ursprüngliche und nachweisbar älteste Gut. 4. Die Körperdeformationen, a) Die Schädeldeformation. Die künstliche Umgestaltung der Schädelform in der für Afrika gebräuchlichsten Form der Verlängerung — wurde schon frühzeitig von den Mangbetu gemeldet. Junker (5, II, 307), Schweinfurth (1, 119, V 1873, 18), E. Pascha (3) und in neuerer Zeit Laplume (41, 577) berichten über die bemerkenswerte Sitte. Durch Pressen mit Rindenstoffbinden er zeugt, macht der seit der Jugend bearbeitete Kopf zusammen mit der stark nach hinten ausgebauten Frisur — ein eigentlichster ,,Ansatzschmuck“ — einen extrem dolichokephalen Eindruck. Ich mißtraue daher der natürlichen Ursache jener ,,Mangbetudolichokephalie“, wie sie uns Czekanowski meldet und kartographisch darstellt (s. Bull, de la soc. de Cracovie 1910), trotz seiner Rechtfertigung, zumal die südlichen Mangbetustämme, denen sowohl Deformation wie die typische Plaartracbt fehlt, im Schädelcharakter sich völlig an den subbrachykephalen Waldlandtypus anlehnen (s. a. Struck, 119, 1922 Karte). Die Deformation an sich wäre nun im Uellebecken keineswegs zu verstehen, würden uns nicht wieder altbekannte Wege den Aruwimi stromab zum nördlichen Mongo- und Ngombe-Gebiet führen. Von Basoko ab nach Westen (bis etwa Leopoldville) beginnt ein weiteres Gebiet extremer Kopfdeformation. Starrsche Bilder (78) gestatten uns einen Ein blick in diese Verhältnisse am mittleren Kongo. Genau wie in Mangbetu versucht man in Jalundi die Deformation noch durch eine weit nach hinten ausladende Frisur zu heben, (130, 1887, 8. 18). Johnston-Grenfell (112, II 672) berichtet darüber: “At Bapoto and among the Ngombe of the northern Congo, the head of the infant child is tightly bound soon after bUth between flat pieces of bark in Orders to compress and lengthen the skull.“ Ebenda (g. - lst d er Mangbetuhaartracht ähnliche Frisur der Ngombe-Bwela abgebildet. Sowohl den brachykephalen Azande, wie auch wohl den unterworfenen Stämmen fehlt diese Sitte. Bis genaue Untersuchungen über die geographische Verbreitung und den kul turhistorischen Wert der Kopfdeformation vorliegen, möchte ich sie — wie das noch zu be sprechende Tragen langer Fingernägel — als eine Eigenart von Herrscherkulturen fest legen. Befunde im Grasland von Kamerun und dem Zwischenseegebiet legen eine solche Deutung nahe.