Besprechungen und Büchereingänge
An dieser Stelle werden nach Möglichkeit die bei der Redaktion eingehenden Werke
und solche, welche dem staatlichen Museum für Völkerkunde in Berlin als Geschenk über
wiesen werden, zur Besprechung resp. Anzeige kommen. Berücksichtigt werden nur Werke
und Abhandlungen aus dem Gebiet der Völkerkunde und den zu ihr gehörigenWissenschaften.
Die Redaktion.
Schmidthenner, Heinrich, Chinesische Landschaften und
Städte. Stuttgart, Strecker & Schröder, 1925.
304 Seiten, 58 Abbildungen auf Tafeln und 12 Karten.
Im Begriff nach zwölfjährigem. Aufenthalt in der
Heimat zum zweiten Mal nach China hinauszugehen,
läßt der als Geograph rühmlich bekannte Verfasser dieses
Buch erscheinen. In sechs von je 25 bis gegen 80 Seiten
starken Kapiteln behandelt er Peking und Umgebung,
das uns Deutschen ans Herz gewachsene Shantung, die
nordchinesische Tiefebene, die chinesische Lößland
schaft, das Gebiet der Jangtse-Mündung und seine Städte
und schließlich Kanton, das Südtor Chinas (bis Wut
schau), Hongkong und Macao. Ein ausführliches Namen-
und Sachregister sei rühmend besonders erwähnt.
Der von ausgezeichneten Photographien begleitete
klare und flüssige Text zeigt in allem, wie fest auf seiner
geographischen Grundlage stehend der Herr Verfasser
daran geht, uns den fernen Osten an den oben durch die
Kapitelüberschriften skizzierten Stellen zu zeigen. Eine
außerordentlich sympathische Einleitung gibt die Leit
gedanken des ganzen Buches. Sehr richtig ist, wenn der
Verfasser sagt, daß im Geographischen unsere moderne
Ostasienliteratur, soweit sie dem breiten Lesepublikum
dienen kann, — außer für Japan — versagt. „Dies ist ein
großer Schaden, denn bei der Richtung unserer Zeit
strömung auf das Geistige muß die fehlende geographische
Grundlage die Verschwommenheit und Körperlosigkeit
vieler Deutungen und Versuche ganz besonders hervor
treten lassen.“ Es ist dem Herrn Verfasser durchaus
gelungen, das, was er selbst gesehen hat — und anderes
behandelt er nicht — zutreffend zu schildern und zu
vortrefflichen Charakterbildern von stellenweise geradezu
klassischer Plastik zusammenzufassen. Daß er weder
Chinesisch noch Japanisch spricht und liest, wie er mit
erfreulichem Freimut ausspricht, hat dem Buch keinen
Schaden 1 getan, — ihn selbst aber vielleicht vor einer
ungeheueren Belastung bewahrt, die nicht jedem so
leicht tragbar ist, daß er trotzdem ein so prächtiges,
einfaches und doch durchweg fesselndes Buch zu schreiben
im Stande bleibt. Man kann dem Buche garnicht genug
Leser wünschen! —
F. M. Trautz.
S. 229, Zeile 10 v. unten muß es anstatt „Schriftsprache“
1 (die in China durchaus nicht fehlt), natürlich „Laut
schrift“ heißen.
Waldschmidt, Dr. Ernst, Gandhara, Kutscha, Turfan.
Eine Einführung in die frühmittelalterliche Kunst
Zentralasiens. Leipzig: Klinkhardt & Biermann
1925. 115 S. mit 119 Abbild, u. Karten auf 66 Taf.
u. im Text. 8°.
Wie bekannt, wurden zwischen 1902 und 1914 von
Preußen vier wissenschaftliche Expeditionen nach
Chinesisch Turkestan gesandt. Die Leiter waren die
Direktoren der indischen Abteilung des Staatlichen
Museums für Völkerkunde in Berlin, Herr Geheimrat
Grünwedel und Herr Professor von Le Coq. Die jetzige
Neuaufstellung im Staatlichen Museum für Völkerkunde
bringt die Ergebnisse der archäologischen Forschungen
der sogen. Turfanexpeditionen dem größeren Publikum
zur Anschauung.
Zu begrüßen ist es, daß Waldschmidt gerade in
diesem Augenblick sein Werk über Gandhara, Kutscha,
Turfan erscheinen läßt. Der Verfasser wendet sich an
weitere Kreise, um sie mit den Eindrücken jener Misch
kunst hellenischer Formen und buddhistischer Religiosi
tät, die in Mittelasien resp. Chinesisch Turkestan Ein
gang gefunden hat, vertraut zu machen.
So ist Gandhara die Keimzelle für die Fortpflanzung
einer Kunst geworden, deren weitere Verbreitung für
Zentralasien von hoher Bedeutung wurde und welche
wir in den Funden von Kutscha und Turfan wieder
spiegeln sehen.
Wir finden in Waldschmidt einen Interpreten für die
gesammelten Schätze der Turfanexpeditionen, wie wir
ihn uns nicht besser wünschen können. Mit ernstem
Fleiß ist er bemüht, uns die Psyche dieser archäolo
gischen Ergebnisse an ausgewählten, zahlreichen Bei
spielen in knapper und doch eingehender Form dar
zustellen.
An der Kunst von Gandhara zeigt er uns, wie im
Wandel der Zeiten das Wesen dieser Kunst auf die
zentralasiatische Seele zu wirken vermochte. Das uns
zur Darstellung gegebene Material versinnbildlicht die
großzügige Linie von Gandhara, die der Verfasser lebendig
zu schildern weiß.
Niemand, der die Schätze der Turfanexpeditionen
im Staa:tl. Museum für Völkerkunde besichtigt, sollte es
versäumen, sich mit dem Werk von Waldschmidt be
kannt zu machen.
Für den Laien, wie den ernsten Forscher, deren
Interesse sich auf zentralasiatische Kunst erstreckt, wird