ALT-HAWAIISCHE KULTOBJEKTE UND KULTGERÄTE
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Das Stützgerüst der Figur bildet ein Flechtwerk aus braungelben rotangähnlichen Streifen
(vielleicht aus Luftwurzeln von Freycinetia arborea, ie-ie). Sechs vollrunde Längsstränge,
die beim Halse anfangend das Kopfteil des Idols durchlaufen, unter dem Scheitel umbiegen
und am Halse endigen, werden von je einem querlaufenden, gespaltenen Geflechtsstreifen
überbrückt und unterflochten. Neben dieser Bindung, die nur am Randstück des Halsteils
angewandt ist, herrscht eine andere Geflechtsart vor, bei der die parallel verlaufenden
Längsstränge durch je zwei Geflechtsstreifen, die einander umwinden, verbunden werden.
Dieses Stützgeflecht ist ungemein kräftig und an der Innenseite des Halsrandes durch eine
mit gedrehten Schnürchen angebundene, kreisförmig gebogene vollrunde Rute (Bambus ?)
verstärkt.
Das Stützgerüst ist mit Ausnahme des mit langem Menschenhaar geschmückten Kopf
teils von einem engmaschigen Netzwerk, das aus ge
drehter Schnur hergestellt wurde, überzogen. Die
Maschenweite beträgt durchschnittlich 2 mm. Die Knüpf
arbeit entspricht der des 01ona 1 -Netzgeflechts, das z. B.
als Grundlage der Federmäntel diente, aber sie ist be
deutend engmaschiger und der Faden feiner. Die Art der
Knotung ist aus Abb. k ersichtlich.
Auf dieses Geflecht scheinen Federbüschelchen auf
gebunden zu sein; ohne Zerstörung des Objekts läßt sich
nichts Bestimmteres feststellen. Meist 6 bis 8 feine gelbe
und rote Federchen von durchschnittlich 17 mm Länge sind am Kielende mit dünnem Faden
umwickelt und verknotet, so daß das Federbüschel als solches zusammenhält. Jedes einzelne
dieser Büschelchen, die in einem gegenseitigen Abstand von % bis 1 cm stehen und sich
dachziegelartig decken, ist zweimal an dem darunter liegenden Netzgeflecht durch sehr
sorgfältige Verknotung befestigt. Zur Bedeckung von ca. 10 qcm Befiederung sind gegen
1000 bis 1200 einzelne Federchen nötig gewesen.
Das federgeschmückte Netzgeflecht läuft an der Übergangsstelle vom Hals zur Brust
in sechs ungefähr quadratische Lappen aus, die gleich dem abschließenden Halsringe gelb
gefiedert sind.
Gelbe Federchen sind sonst nur zur Kennzeichnung des oberen Ohrmuschelrandes,
dessen Hervorwölbung durch untergelegtes Korbgeflecht bewirkt ist, angebracht.
Zur Markierung der stark geschwungenen Augenlider dienen feine schwarze Feder
büschelchen, die auf einem besonderen, 2 cm breiten Olona-Geflechtstreifen, der angenäht
ist, befestigt sind.
Zur Darstellung der Augen wurden in der Mitte und an den Rändern durchbohrte Perl
mutterschalenstücke benutzt und mit Schnürchen angebunden. Die Imitation der Pupille
ist durch je eine abgeplattete Holzkugel, die einen schwarzgrünen Farbüberzug hat,
bewirkt.
Der breitgeöffnete Mund ist mit einem Kranz aus Hundezähnen eingefaßt; jeder
einzelne Eckzahn ist in der Mitte des Zahnkörpers fest umflochten und durch diese Um
flechtung (nicht etwa mittels Durchbohrung der Zahnwurzel 1 2 ) fixiert. Die Zahnspitzen
sind horizontal so weit abgeschliffen, daß der Nervkanal aufgedeckt ist.
Im Unterkiefer liegt hinter der Zahnreihe ein der Länge nach zusammengerolltes
Stückchen eines jetzt überaus morschen Geflechts. Nach der braunroten Farbe und der
Lage dieses Zeugstückes zu schließen, sollte es vermutlich eine Zunge imitieren.
1 Enthält die festeste Faser der hawaiischen Inseln; sie der Universität Göttingen vorhandenen Bild von Ku-
stammt aus der Rinde von Pouchardia latifolia. kailimoku (cf. Hans Plischke; Kukrilimoku. Berlin
2 So z. B. bei dem in der ethnographischen Sammlung 1929).
Abb. 3 a u. b. Art der Knotung des
oIona-Geflechts.