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H. HEDENUS
erstehung des Totennamens nach Beendigung der Tabuperiode in seinen Enkelkindern
(Nias). 1
Wollte man daher die Bedeutung des Namenstabu speziell bei den Batakern genau
kennen lernen, so müßte man unbedingt zuvor wissen, wie sie sich zu all diesen Einzel
möglichkeiten verhalten. Ohne diese Feststellungen ist jede Deutung müßig.
d) Trauerkleidung.
Erfreulicherweise liegt über die Trauerkleidung bei weitem mehr Material vor als zu
dem Thema des letzten Abschnittes.
Kruijt [(I) p. 279/80] und M. Collet (p. 367) berichten, daß bei allen Batakerstämmen
während der Trauerzeit eine besondere Bedeckung des Kopfes stattfindet — übrigens das
Kennzeichen der Trauerkleidung auf ganz Sumatra —, ferner daß man in möglichst zer
rissenen und beschmutzten Kleidern einhergeht und sich auch wohl die Stirn schwärzt wie
bei den Karo, 1 2 desgleichen hält man sich von allen Festlichkeiten fern. Nach Collet erstreckt
sich diese besondere Kleidung nicht nur auf die Witwe, sondern auch auf die Eltern des
Verstorbenen. Von den Toba hören wir bezüglich der Kopfbedeckung noch etwas genaueres 3 .
Der Witwer schneidet sich dort im Trauerfall die Haare ab, — nach Wilken [(II) p. 75—77]
ein verkapptes Menschenopfer — während sich die Witwe den Kopf mit einem Kleid oder
Tuch bedeckt. Sie legt ferner allen Schmuck ab und klagt sieben Nächte lang. Nach Ablauf
dieser Friest werden ihre Verwandten zum essen geladen, wobei sie ihr Reis auf den Kopf
streuen 4 und sagen: ,Du sollst nie wieder Witwe werdend Dieser Brauch, einem Menschen
Reiskörner zur Abwehr gegen die bösen Geister auf den Kopf zu streuen, ist eine Sitte, die
die Bataker häufig bei der Bewillkommnung von Leuten ausüben, die von weiten und ge
fährlichen Reisen zurückgekehrt sind, diese Anwendung ist übrigens für unsere spätere
Deutung nicht belanglos.
Uber den Sinn dieser Bräuche ist sehr viel geschrieben worden, da sie von allgemeinster
Bedeutung sind und sich sogar auch bei uns erhalten haben. Das Verständnis der urtüm
lichen Bedeutung solcher alter Sitten wird allerdings meist erschwert, wenn sich ähnliches
auch im Schlosse unserer eigenen Kultur vorfindet. Denn wir sind dann nur zu geneigt,
diese mit Hilfe unserer eigenen ethischen Anschauungen zu interpretieren. Allein die Zu
sammenfassung dieser ganzen Vorschriften unter dem Begriff ,Trauergebräuche 4 ist ein
wenig irreführend. 5 Denn die Trauer steht dabei keineswegs im Mittelpunkt, mag sie auch
in jedem Einzelfall noch so ehrlich empfunden werden. 6 Es handelt sich vielmehr um eine
Verbindung zwischen Tabuvorschriften und Abwehrmaßregeln gegen den gefährlichen
,Geist 4 des Verstorbenen.
Damit übereinstimmend lautet die allgemeine Erklärung dieser Sitte dahin, daß die
Hinterbliebenen sich durch die Trauerkleidung vor dem Toten unkenntlich machen wollen
und ihn auf diese Weise irreführen, so daß er sie nicht herausfinden und belästigen kann 7 .
Damit wird jedoch noch keineswegs erhellt, warum man meist gerade einige Körperteile
wie Kopf und Haar besonders schützt oder wie auf Engano zum Zeichen ,der Trauer 4 gar
keine Kleider trägt, und ferner warum man sich im allgemeinen gerade schwarz färbt — also
mit der Farbe des begu. 8 Wenn man alle diese Einzelzüge zusammen betrachtet, muß man
wohl zugeben, daß die obige Deutung zum mindesten noch der Erweiterung bedarf.
Wie ich bereits erwähnte, 9 bedeutet das Haaropfer auf Sumatra ein verkapptes Men
schenopfer. Auch die Kopfbedeckung soll lediglich den Zweck haben, in der ,Trauerzeit 4 das
1 Camerling p. 172.
2 Kruijt (I) p. 240.
3 Kruijt (I) p. 279/80.
4 Reis als Abwehrmittel gegen die bösen Geister ist in
ganz Ost- und Südost-Asien bekannt.
5 Frazer (II) p. 99.
6 Snellemann p. 824; „Het zal noodig zijn zieh te ontdoen
van de idee, dat rouwen treuren is.“
7 Collet p. 367; Frazer (II) p. 99; Kruijt (I) p. 388.
8 Kruijt (I) p. 239.
9 S. Wilken (II) p. 75 ff.