Buchbesprechungen
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natsnamens genügt die Zahl (z. B. S. 48: geh.
13. April 1859 = * 13. 4. 1859; Sterbedatum
fehlt!). Das Hinweiszeichen auf andere Stich
worte (s.) wird nicht erklärt und sollte viel
leicht besser durch den in Lexika üblichen Pfeil
-*■ ersetzt werden.
Neben den formalen und stilistischen Män
geln zeigen sich aber auch sachliche Unvollstän
digkeiten und Fehler — bei der Größe der
übernommenen Aufgabe durch einen einzelnen
freilich nicht verwunderlich! Zum Beispiel er
schien F. de Azaras „Voyages dans l’Améri
que méridionale . . .“ in deutscher Übersetzung
nicht erst 1811 in Wien, sondern bereits 1809
in dem bei Braunes und Comp, verlegten
„Journal für die neuesten Land- und Seerei
sen und das Interessanteste aus der Völker-
und Länderkunde zur angenehmen Unterhal
tung für gebildete Leser in allen Ständen“ (in
zwei Teilen im Juni-Heft S. 119 ff. sowie
im September-Heft S. 74 ff.). Warum erscheint
das Journal überhaupt nicht im Abkürzungs
verzeichnis, und warum werden dort von der
Londoner „Hakluyt Society“ nur die 12 Bän
de der „Extra Series“ genannt und nicht auch
die vielen Bände der anderen Serien?
Der Wert als Nachschlagewerk würde
durch ein regionales Register oder durch ein
geschobene regionale Stichworte mit Hinwei
sen auf die jeweils dort wichtigen Forschungs
reisenden beträchtlich erhöht. Die vielen Na
men haben doch oftmals eben nur eine lokale
Bedeutung, und Benutzer mit regionalem In
teresse dürften im allgemeinen häufiger sein
als mit nur biographischem. — Über die Aus
wahl der Namen kann man diskutieren. Was
haben z. B. Ankudinow oder Ashcroft so
Wesentliches geleistet? Und ist es richtig, Ale
xander d. Gr. mit 11 Spalten den längsten
Artikel im Buchstaben A zu widmen? Warum
wird von Albert I, Fürst von Monaco, nur
die 2. Spitzbergenfahrt (1899) ausführlich ge
nannt und nicht auch seine anderen For
schungsfahrten beispielsweise im Mittelmeer
und im Atlantik, die der Ozeanographie wert
volle Impulse verliehen? Warum wird J. J.
Audubon nicht erwähnt, der in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts als Natur
forscher den nordamerikanischen Kontinent
bereiste? Oder der französische Reeder Jean
Ango, der im frühen 16. Jahrhundert For
schungsexpeditionen in viele Teile der Erde
organisierte und finanzierte?
Vor allem der umfangreiche Literaturan
hang zu jedem Stichwort, getrennt nach Pri
mär- und Sekundärschriften, macht das Werk
zu einem wertvollen Instrument nicht nur der
Regionalwissenschaften, selbst wenn es sach
lich und formal noch einige Verbesserungen
erfahren könnte. — Forschungsgeschichte ist
immer wieder notwendig, um Doppelarbeit zu
vermeiden, um auf der Grundlage bisheriger
Erkenntnisse die Forschung voranzutreiben
und unser Wissen in seinen historischen und
persönlichen Bezügen transparent werden zu
lassen. Sie sollte nicht nur als pietätvolles
Denkmal verstanden werden.
Baldur Gabriel
Eno Beuchelt:
Ideengeschichte der Völkerpsychologie.
Kölner Beiträge zur Sozialforschung und
angewandten Soziologie, hrsg. v. René Kö
nig und Erwin K. Scheuch, Bd. 13. Meisen
heim: Anton Hain. 1974. VIII, 574 S., br.
Das Buch ist als Kompendium für Psycho
logen und Ethnologen gedacht, das sich die
Aufgabe gestellt hat, wegweisende Ideenan
sätze und -konzepte einer älteren und neueren
Völkerpsychologie chronologisch zu ordnen
und kritisch zu referieren.
Insbesondere für die deutschsprachige Eth
nologie ist es eine wertvolle Zusammenfassung
all jener Teilbereiche europäischer und vor al
lem amerikanischer Disziplinen, die sich mit
dem Problem des Individual-Seelischen und
der Kultur auseinandersetzen. Um diese Ideen
gesamtschau aufstellen zu können, spürt der
Autor dem Werden einer Wissenschaft nach,
das sich nicht im Rahmen einer einzigen Dis
ziplin vollzieht, sondern mosaikartig aus ei
nem terminologischen Irrgarten von Rassen-,
Ethno-, Kultur- oder Völkerpsychologie, von
transkultureller, interkultureller Psychologie,
Psychologischer Anthropologie und Anthropo
logischer Psychologie etc. zusammenzusuchen
ist.
Vor allem Psychologie, Psychoanalyse und
Psychiatrie sowie Anthropologie biologischer
und soziokultureller Ausrichtung waren aus
schlaggebend für Systematik und Methodik
jener hcranwachsenden Wissenschaft.
Im ersten Abschnitt, der die Entwicklung
der Völkerpsychologie in Deutschland, Frank
reich und England nachzeichnet, wird insbe
sondere versucht, die Rolle der Ethnologie und