Buchbesprechungen
137
zeichnet und mit knappen, aber informativen
Texten erläutert. Das Buch läßt sich in drei
Teile gliedern.
Teil 1, die Einführung, ist erstaunlich dicht
geschrieben und bietet auf drei Seiten einen
Überblick über die gängigste Theorie hinsicht
lich der Herkunft der Massai sowie eine recht
gute Zusammenfassung ihrer jüngsten Ge
schichte von ca. 1700 bis zum Beginn der Kolo
nialzeit. Die Angaben über die Sozialstruktur
entsprechen dem Forschungsstand der frühen
60er Jahre, die über die Wirtschaftsweise dek-
ken sich mit unseren eigenen Beobachtungen.
Vermeidbar wäre es gewesen, die Populations
größe falsch anzugeben. Hier sind (Stand 1970)
für Kenya und Tanzania 120 000 Individuen
genannt. Die kenyaische Regierung gibt 1969
für ihr Territorium bereits ca. 155 000 Maa
Sprechende (ohne Samburu) an.
Der Bildteil zeigt auf den Seiten 10—34
das Massai-Land, Dorfanlagen, Aufnahmen im
Zusammenhang mit Viehhaltung und Verwer
tung sowie Aufnahmen von Festen, in deren
Mittelpunkt rituelle Rinderschlachtungen ste
hen. Es folgt auf den Seiten 35—63 die Bild
dokumentation eines typischen weiblichen Le
benslaufes und auf den Seiten 64—110 die
eines Männer-Lebenslaufes. Das Schlußbild
zeigt die Wurzel der „Massai-Schwärmerei“
— einen stolzen Krieger in Löwenfell-Kopf
schmuck.
Die Schwäche der Bildlegenden besteht dar
in, daß hier Informationen, die bei einem
„Lhuerstamm“, den Keekonyokie-Massal, ge
sammelt wurden, generalisiert werden. Des
weiteren sind Angaben von Allen H. Jacobs
und vor allem von S. S. Ole Sankan, die
nicht alle der Nachprüfung standhalten, über
nommen worden. Ole Sankan, der einzige
Massai, der bisher über sein Volk schrieb, tat
das mit der erklärten Absicht, künftigen Mas
sai-Generationen Ideen und Wertvorstellungen
ihres seine kulturelle Identität verlierenden
Volkes zu erhalten. Viele seiner Idealisierun
gen sind in das vorliegende Buch eingeflossen.
Wenn es aus den genannten Gründen auch
streng wissenschaftlichen Anforderungen nicht
genügt, gehört es doch in die Bibliothek eines
jeden, dessen Interesse an diesem liebenswerten
und stolzen Volk nicht mit seiner „heroischen
Zeit“ (bis ca. 1910) erloschen ist. Vor allem
als Bild-Dokumentation von teilweise heute
schon historischer Bedeutung ist es wertvoll.
Die Autoren haben unseren Dank verdient.
Johannes Kalter
L. de Beir SJ :
Religion et magie des Bayaka. Collectanea
Instituti Anthropos 4. 191 S., 4 Abb.-Taf.,
1 Faltkarte.
Les Bayaka de M’Nene N’toombo Lenge
lenge. Collectanea Instituti Anthropos 5.
323 S., 3 Abb.-Taf., 2 Faltkarten.
Beide: St. Augustin. Anthropos-lnstitut.
1975.
Das Anthropos-lnstitut in St. Augustin hat
in verdienstvoller Weise die seit 26 Jahren im
Schreibtisch liegenden Aufzeichnungen des Mis
sionars de Beir, der von 1938 bis 1946 im
damaligen Belgisch-Kongo bei den Bayaka war,
herausgebracht.
de Beir schreibt in der kurzen Einleitung,
daß es ihm nicht darum gegangen sei, ein
wissenschaftliches Werk zu schreiben. Er habe
zugehört, beobachtet, teilgenommen und nur
geschrieben, um die vereinzelten Informatio
nen nicht zu vergessen, um sie in einen sinn
vollen Kontext zu stellen. Dies erscheint jedoch
als Understatement, denn er hat auch gefragt
und z. B. sorgfältig notiert, welcher der Chefs
(über die er noch einige Anmerkungen betreffs
Ansehen, Aussehen und Charakter macht)
welche Aussagen z. B. zur Besiedlungsgeschichte
gemacht hat, die er wiederum je nach ethni
scher Zugehörigkeit und Bias differenziert.
Aber de Beir bringt keine großen Verallge
meinerungen, sondern notiert, wie eine Zere
monie in dem einen Dorf aussieht und wo
durch sie sich von der gleichen Zeremonie in
einem anderen Dorf unterscheidet. Er schreibt
auch, welche Art von Informationen er nicht
erhalten konnte und welche Gründe dazu ge
führt haben können. Diese Art des genauen
und gründlichen Arbeitens, die Abstinenz von
voreiligen Schlußfolgerungen ist wohl auch
heute noch als vorbildlich zu bezeichnen und
stünde manchem gar wohl an.
Allerdings kann es de Beir nicht verhin
dern (er will es wohl auch nicht), daß bei
ihm zuzeiten der Blickwinkel des Missionars
durchkommt, etwa, wenn er anläßlich eines mit
Einfühlungsvermögen geschriebenen Kapitels
über die Erziehung dann doch meint, die Ba
yaka hätten noch einen weiten Weg vor sich,
bis sie zur Bildung einer „personnalité com
plète, logique et morale“ (Bd. 5, 132) kämen.
Die einzelnen Kapitel beschäftigen sich mit
der Geschichte und Besiedlungsgeschichte, auf
gezeichnet nach der oralen Tradition, dem Le
benszyklus (Geburt, Erziehung, Heirat, Tod)
und dem politischen und sozialen Leben