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Buchbesprechungen
Elemente, die an indische Kunst erinnern, in
Meroe tatsächlich auf indischen Einfluß zurück
zuführen sind. Bruce Trigger hat in einer
Besprechung von Hofmanns Buch in „Man“
darauf hingewiesen, daß gleichzeitig mit ihrer
Studie eine Arbeit von L. Zabkar über die
Löwengottheit Apdemak erschien, in der eine
etwas andere Position vertreten wurde. Zab
kar scheint lediglich einen Synkretismus ägyp
tischer und meroitischer Elemente anzunehmen.
Da Trigger es als wichtigen methodischen
Grundsatz ansieht, erst die Möglichkeit einer
internen Entwicklung auszuschließen, ehe man
eine Beeinflussung von außen her in die Dis
kussion bringt, liegt ihm Zabkars Position
mehr. Triggers methodischer Grundsatz läßt
sich jedoch auf diese Situation nicht unein
geschränkt anwenden, weil im östlichen Nord
afrika um diese Zeit nachweisbar fremde Ele
mente wie der Fang und die Zähmung von
Elefanten in die Kultur internalisiert worden
waren. Es scheint mir deshalb durchaus legitim
zu fragen, wie weit dieser fremde Einfluß
reichte. Vielleicht wäre es interessant gewesen,
in diesem Zusammenhang die Auswirkungen
der Handelskontakte zwischen Indien und der
römischen Welt in augusteischer und nach
augusteischer Zeit auf das südwestliche Indien
ausführlicher zu beschreiben, als Hofmann dies
getan hat. Sie sind u. a. durch Ausgrabungen
dokumentiert und würden es ermöglichen, die
Theorie von Kulturkontakten über die bei
Hofmann gegebenen Ansätze hinaus zu er
weitern.
Bei den zwei Eelefantendarstellungen, die
vermutlich beide in das 1. Jh. nach Chr. ein
zuordnen sind, nimmt die Autorin einen Zu
sammenhang mit den oben erwähnten Han
delskontakten an. Sie postuliert, daß nicht nur
in Ägypten (wo sie nachgewiesen sind), son
dern auch in Meroe indische Kaufleute arbei
teten und daß hier indische Gottheiten dar
gestellt sind, die aber niemals von der mero-
itischen Volkskultur assimiliert wurden. Dies
mutet durchaus plausibel an, und ich bin be
reit, hier der Autorin voll zu folgen. Was die
Darstellungen des 3. Jh. angeht, bin ich man
gels ausreichender Kenntnis gleichzeitiger Dar
stellungen in Ägypten, Vorderasien und In
dien zu keinem wohlfundierten Urteil fähig.
Hofmann ist kritisch genug, den Stellen
wert der von ihr angenommenen Beeinflus
sung sehr gering anzusetzen: „Die vorliegende
Arbeit hat ergeben, daß von einem bedeuten
den indischen Einfluß auf die meroitische Kul
tur nicht gesprochen werden kann, vor allem
nicht, wenn wir damit die Vorstellung einer
Umgestaltungskraft verbinden, z. B. ,eine Aus
wirkung fremder Ideen auf bestehende Got
tesvorstellungen' . . .“ (S. 148). Sehr erfreulich
ist die klare und übersichtliche Darstellung und
die Tatsache, daß ein umfangreiches Quellen
material herangezogen worden ist und dem
historischen Hintergrund mehr Platz einge
räumt wurde als Formvergleichen.
Es ist eine durchaus gelungene Studie, und
man möchte der Autorin wünschen, daß sie
ihr umfangreiches Wissen noch recht lange zur
Erhellung der Kultur und Geschichte des alten
Meroe und nördlichen Afrikas einsetzen kann.
Gerhard Liesegang
ZENTRAL- UND NORDASIEN
Serafim Keropoviö Patkanov:
Der Typ des ostjakischen Helden in den
ostjakischen Bylinen und Heldensagen. (Aus
dem Russischen übertragen von Katharina
Oestreich-Gelb.) Hrsg. v. G. Ganschow.
Veröffentlichungen des Finnisch-Ugrischen
Seminars an der Universität München. Serie
B, Bd. 2. 1975. 110 S.
Der Verfasser des Werkes, S. K. Patkanov
(früher Patkanjan, 1861—1918), war Sohn
eines berühmten Armenologen. Er trat in rus
sischen Staatsdienst und bereiste das Ostjaken-
land, heute ein Teil des nationalen Gebietes
Chanti-Mansijsk, als Beamter der Statistischen
Abteilung des Wirtschaftsministeriums. Er hatte
u. a. die Aufgabe, die ostjakische Bevölkerung
im Tobolsker Bezirk numerisch und ökono
misch zu erfassen. Die Feldarbeit 1886—1888
brachte auch wissenschaftliche Früchte, da Pat
kanov seine Mußestunden der Aufzeichnung
ostjakischer Poesie und Sprachproben widmete.
Außer dem jetzt zu besprechenden Wiegen
werk erwähnen wir die Sammlung „Die Ir-
tysch-Ostjaken und ihre Volkspoesie“ (Sankt-
Petersburg, I. Bd. 1897, II. 1900), ein „Voca-
bularium Dialecti Ostjakorum regionis fluvii
Irtysch“ (Budapest 1902), „Die Laut- und For
menlehre der süd-ostjakischen Dialekte“ (Bu
dapest 1911, bearbeitet von D. R. Fuchs),
„Statistische Angaben über die Gentilordnung
der sibirischen Bevölkerung“ (1911—12), das