Buchbesprechungen
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S. C. Roys Ansicht folgend, aus dem Rgveda
ab, wo auf Menschen dieses Typus Bezug ge
nommen wird; doch kann es keinesfalls als
sicherer Beweis gelten, daß sie mit diesen iden
tisch sind. Denn dieses Kapitel der indischen
Geschichte liegt völlig im dunkeln, da histo
rische Berichte aus jener frühen Zeit fehlen.
Den Hauptteil des Werkes bilden die sehr
detaillierten Beschreibungen der verschiedenen
Wesen des Pantheons, den bor)gas, und deren
Funktionen. Dabei kommt der Verfasser bei
der Behandlung Si^boggas, des Hochgottes der
Mundas, zu der Erkenntnis, er sei — ent
gegen der Etymologie seines Namens — nicht
zur Klasse der boxjgas zu zählen. Er gilt als
Herr über alle Geschöpfe und ist als einziges
Wesen im Pantheon nicht auf Opfer als Exi
stenzgrundlage angewiesen. Falsch ist, wie es
hier geschieht, ihn als „Sonnengott“ zu be
zeichnen. Aufgrund eigener Forschungen unter
den Munda-Völkern konnte ich feststellen, daß
Siqbor)ga nicht als „Sonnengott“, sondern als
Schöpfer aller Dinge, so auch der Sonne, ver
standen wird. Es hat also kein Solarisations-
prozeß stattgefunden, was u. a. damit zu bele
gen ist, daß diese Völker der Sonne keine
Opfer bringen.
Buru oder Baranda borjga, das im Pantheon
an zweiter Stelle stehende Wesen, wird hier
als Berggeist bezeichnet. Ursprünglich wahr
scheinlich nur einer der zahlreichen Dorfgei
ster, entwickelte er sich im Laufe der Zeit zu
einer höhergestellten Macht, die als zweiter
Urheber beinahe gleichberechtigt neben Sij]-
bor)ga steht. Derartige Wesen mit gleichen
Funktionen gibt es bei vielen Naturvölkern,
sie stehen sich entweder gleichberechtigt gegen
über oder sind einander untergeordnet.
Auf die folgenden Kapitel, in denen der
Autor die Seelenvorstellungen der Adivasis mit
dem daraus resultierenden Glauben an die
Ahnengeister behandelt, folgt eine Darstellung
der Dorfboggas; hier schließt sich der Verfas
ser der Theorie S. J. Hoffmanns (Encyclo
paedia Mundarica) weitgehend an.
Die darauf folgende Abhandlung über
schwarze und weiße Magie erscheint etwas
gedrängt. Alles in allem ist das vorliegende
Buch jedoch ein gelungener Überblick über die
religiösen Vorstellungen der zur Munda-Sprach-
gruppe zu zählenden Völker.
Zu hoffen ist, daß diese Studie Anlaß zu
weiteren Forschungen auf dem Gebiet der
Mundaistik gibt. Marianne Yaldiz-Kessel
Marlis Schmidt-Thome und
Tsering T. Thingo:
Materielle Kultur und Kunst der Sherpa.
Beiträge zur Sherpa-Forschung, Teil III.
Hrsg. v. F. W. Funke. Innsbruck-München:
Universitätsverlag Wagner. 1975. 478 S.,
797 Schwarzweiß- u. 13 Farhabb.
Seit Tibet der Forschung verschlossen ist,
hat das Interesse für die Kontaktzonen seiner
Kultur zugenommen. Unter allen diesen Räu
men einer Überlagerung und gegenseitigen
Durchdringung von Kulturgütern nimmt der
Nepäl-Himälaya und dabei vor allem das öst
liche Gebiet von Khum-bu, Solu und Pharak
eine bevorzugte Stelle ein. Die dort lebenden
Sherpa sind im 16. Jh. aus dem östlichen Tibet
eingewandert. In ihrem Lebensraum begegnen
sich sehr alte Traditionen des tibetisch-ostasia
tischen Kulturkreises, vor allem aus der ange
stammten Heimat, aber auch aus dem benach
barten Südtibet, mit solchen des indisch-süd-
asiatischcn. Das Vordringen der nepalesischen
Kultur, besonders im südwestlichen Solu, und
neuerlich das Eindringen von Einflüssen der
modernen Zivilisation auf dem Wege des Tou
rismus lassen einer Erforschung der Sherpa-
Kultur nur noch wenig Zeit. Insofern bedeu
ten die durch Funke herausgegebenen „Bei
träge zur Sherpa-Forschung“ eine unschätzbare
Dokumentation. Der vorliegende Teil III steht
mit dem von Funke selbst verfaßten Teil II
(Religiöses Leben der Sherpa; rez. v. S. Hum
mel in „Ethnologische Zeitschrift Zürich“, II/
1975, S. 195 ff.), insbesondere durch seine letz
ten Kapitel (Kunst der Sherpa), in engstem
sachlichem Zusammenhang.
Der für die Sherpa bezeichnende Kultur
kontakt wird auffallend sichtbar in der Klei
dung und im Schmuck (Kap. 1, S. 17—120),
wobei Amulettbedeutung und bloßer Schmuck
ineinander übergehen (S. 102). Von besonderem
Interesse dürfte der Exkurs über die gZi sein,
von denen einige wahrscheinlich aus den Hoch
kulturen des Vorderen Orients und des Indus
tales bzw. aus prähistorischen Zeiten stammen
(S. 103—112). Zu dem auf Abb. 50 und 52
gezeigten Gürtel rGyan-zin (auch Gon-zin)
möchte ich auf eine von Gerhard Lenser bei
den Sherpa erworbene Variante verweisen
(vgl. S. Hummel in „Tribus“, 25, S. 89, Abb. 1
und H. Kihara, „Peoples of Nepal Hima-
laya“, Vol. III, Kyoto 1957, S. 321). Hierzu
wurde Lenser erklärt, es handle sich ursprüng
lich um Kcuschhcitsgürtel. Zum Kap. 2 (Arbeits
technik und Arbeitsgerät, S. 121—242) sind,