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Bibliographia
Anthropos 69. 1904
Kraus Johann. P. Damian Kreichgauer SVD, 1859-1940. (Veröffentl. d. Missions
priesterseminars St. Augustin, Siegburg, 9.) 134 pp. in 8°. Mit 2 Abb. Kaldenkirchen 1962.
Steyler Verlagsbuchhandlung. Preis: DM 9,80.
Über einen langjährigen treuen Mitarbeiter des Anthropos, dem bald nach seinem
Tode hier durch P. W. Schmidt ein kurzer Nachruf gewidmet worden war (35/36. 1940/41,
pp. 346-351), liegt nun eine ausführliche, warmherzig geschriebene Biographie vor. Zahl
reiche Einzelheiten, aus gedruckten und ungedruckten Quellen mühsam gesammelt und
sorgfältig geordnet, lassen neben dem äußeren Lebenslauf vor allem ein anschauliches
Bild seiner sympathischen Persönlichkeit entstehen. D. Kreichgauers ungewöhnlich viel
seitiges Forscherleben begann mit einer gründlichen naturwissenschaftlichen Ausbildung
(1878-1885) und fand seine Fortsetzung in der Tätigkeit am „Bureau international des
poids et des mesures“ in Paris (1886-1889) und an der Physikalisch-Technischen Reichs
anstalt in Berlin (1890-1892), wo Hermann von Helmholtz sein unmittelbarer Vor
gesetzter war. 1892 trat er, bereits 33jährig, der Steyler Missionsgesellschaft bei. In Möd
ling bei Wien wurde er seit etwa 1900 Mitarbeiter von P. W. Schmidt - nicht als „Berufs
ethnologe“, sondern „vorzugsweise im Grenzgebiet zwischen Ethnologie und Naturwissen
schaft, zumal Astronomie und Physik“ (p. 55). Für die Darstellung dieser Tätigkeit
konnte Kraus sich auch auf eine damals noch ungedruckte Arbeit stützen (cf. pp. 8, 55),
die ein Jahr später publiziert wurde: Helmut Loiskandl, Das ethnologische Werk
Damian Kreichgauers (Festschrift Paul Schebesta zum 75. Geburtstag gewidmet. Studia
Instituti Anthropos, 18. Wien-Mödling 1963, pp. 453-470). In ethnologischen Kreisen
wurde Kreichgauer besonders dadurch bekannt, daß er die mexikanischen Bilderhand
schriften als chiffrierte Wiedergabe astronomischer Kenntnisse zu deuten suchte. Aller'
dings ist diese Interpretation, die der Richtung Eduard Selers folgte, von der Fach
wissenschaft heute im wesentlichen aufgegeben (cf. pp. 55-68, bes. 65 f., die Zitate ans
K. A. Novotny, wodurch die Sachlage noch deutlicher charakterisiert wird als bei
Loiskandl, p. 469). Etwas Ähnliches wäre auch zu sagen über die Studie „Die Religion
der Griechen in ihrer Abhängigkeit von den mutterrechtlichen Kulturkreisen“ (1925),
bei Kraus nicht näher behandelt (cf. bei Loiskandl pp. 456, 464 1), die g r .ragen war von
dem allzu großen Optimismus der Zwanziger]ahre für die Erschließung weltumspannender
kulturhistorischer Zusammenhänge. Daß trotz dieser unvermeidlichen Grenzen Kreich
gauers Forschungsarbeit doch nicht vergeblich war, vielmehr in vielfacher Hinsicht
beachtenswert bleibt, tritt deutlich hervor und ist bei Loiskandl (pp. 463-470) an einer
Reihe von Einzelheiten ausführlicher dargestellt. Dem Verfasser der vorliegenden Bi°'
graphie gebührt aufrichtiger Dank für die Gesamtwürdigung von Persönlichkeit und
Werk, eindrucksvoll abgeschlossen durch die sorgfältig zusammengestellte Bibliograph! 6
(pp. 125-134). Joseph Henninge^-
Sachs Curt. The Wellsprings of Music. Edit. by Jaap Kunst, xi-228 pp. in 8°. Willi
1 pl. The Hague 1962. Martinus Nijhoff. Price: Gld. 19.—.
Der Altmeister musikethnologischer Forschung Gurt Sachs konnte das 1962 er
schienene Werk nicht mehr dem Druck übergeben. In der für ihn so charakteristischen
und zugleich ehrenden, liebenswürdigen Bereitschaft übernahm Jaap Kunst, selbst
bereits vom Tode gezeichnet, die Drucklegung, und auch er sollte das Erscheinen nicht
mehr erleben.
Was Curt Sachs im vorliegenden Werke gibt, ist mehr oder weniger eine Bestands
aufnahme auf dem Gebiete musikethnologischer Forschung, die von der Geschichte des
Gebietes ausgeht und über eine Diskussion der klingenden Quellen und der technischen
Hilfsmittel zur Besprechung wesentlicher Probleme führt. Unter den Problemen erscheint
zuerst - entsprechend der Bedeutung, die man solchen Fragen anfangs zumaß - ^ aS
Ursprungsproblem; die Prähistorie führt sodann zur Besprechung der formalen Ersehei
nungsformen, für die Sachs gleichsam als Extrempunkte einerseits die herabstürzenden
Strains, anderseits Einton- und Einschrittmelodien herausstellt, wobei er seine Theon 6
der Affixe und Infixe wieder vorbringt, dagegen bezüglich seiner früheren Aufstellung d el