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TRIBUS 35, 1986
zusammenhängenden Gartenteilungen, Feldsysteme und
die Vorratshaltung vorgestellt. Unterkapitel über Tier
zucht (nur der Hund und die Ratte wurden eingeführt),
Jagd, Muschelsammeln und Fischfang runden die Dar
stellung der Ernährung ab. Die Plazierung des Unterka
pitels »Kannibalismus« im Rahmen der Subsistenzwirt
schaft mag einige empfindlichere Gemüter erbosen, zu
mal er (rituell oder nicht sei hier einmal dahingestellt)
anscheinend nur minimal zur Ernährung beitrug. Unge
klärt ist allerdings der Anteil und die Bedeutung der
durch menschliche Körper beigesteuerten tierischen Fet
te in einer sonst recht fettfreien tierischen Nahrungskom
ponente (Fisch, Hund, Vögel), denn die Ausbeutung der
Seevögel, die Fettvorräte haben, wie z.B. die Sturmtau
cherarten (mutton birds) konnten nur regional genutzt
werden.
Dem Sozialwesen, der Kunst und dem Bereich »Konflikt
und Kommunikation« sind einzelne Kapitel gewidmet, in
denen die Verfasserin ihr umfangreiches Wissen aus
breitet.
Ein Verzeichnis der wichtigsten Fundstellen und ein um
fangreicher Index runden den Band ab. Ein Tabellen-
und Abbildungsverzeichnis fehlen bedauerlicherweise
und wären einer besseren Handhabung des Bandes dien
lich gewesen.
Die Darstellung der Vorgeschichte Neuseelands ist sehr
balanciert, mit allem Wenn und Aber. Der Drang der
Autorin, jede Feststellung ihrerseits im nächsten Satz
gleich wieder in Frage zu stellen, mag etwas verwirrend
sein für den, der diesen Band als Einstiegslektüre be
nutzt, aber er spiegelt sehr gut den immer noch frage-
mentarischen Stand der derzeitigen Forschung wieder.
Auf einem mehr generellen Niveau ist zu bemerken, daß
der Band sehr reichlich mit Abbildungen ausgestattet ist.
Störend macht sich allerdings bemerkbar, daß im Text
nicht auf die Abbildungen verwiesen wird. Im übrigen
wäre auch ein stärkeres Hin- und Herverweisen in den
einzelnen Textabschnitten untereinander wünschenswert
gewesen. So ist es dem Rezensenten z. B. unverständlich,
warum im Kapitel Kunst zwar die Tatauierungen er
wähnt sind, dort aber nicht auf das Kapitel materielle
Kultur verwiesen wird, in dem in der Abhandlung über
Tatauierstichel auch detailliert auf die Tatauierungen
eingegangen wird. Überhaupt sind einige der Kapitel und
Unterkapitelteilungen willkürlich und wirken gezwun
gen. So sind z. B. die meisten Angelhaken und die Tatau
ierstichel Knochengeräte, sie werden aber getrennt abge
handelt. Für die Kanus, eine sehr wichtige Gruppe der
materiellen Kultur, findet sich kein eigenes Kapitel oder
Unterkapitel; diese sind vielmehr in fast allen anderen
Kapiteln hier und da angesprochen.
Gewiß, eine befriedigende Präsentation des Materials ist
bei einer derartig komplexen Materie mit Problemen
behaftet. Aber ein intensives Verweissystem in den An
merkungen hätte die Anwendbarkeit des Bandes in un
geahnter Weise gefördert.
Faßt man alles zusammen, so verblaßt jedoch die ange
meldete Kritik vor den Errungenschaften dieses Bandes.
Janet Davidsons balancierte Präsentation des gegenwär
tigen Forschungsstandes der Vorgeschichte Neuseelands
bildet die Basis für zukünftige Studien. Dies Buch sollte
in keiner ethnologischen/archäologischen Bibliothek feh
len. Dirk H. R. Spennemann
Anmerkung
1 Um nicht unnötige Konfusion durch mehr oder minder
schlechte Eindeutschungen englischer termini technici zu
erzeugen, werden die Originaltermini verwendet.
Literatur
Bellwood, P., 1978a, Man’s conquest of the Pacific.
Auckland.
Bellwood, P., 1978b, The Polynesians. London.
Golson, J., 1959, Culture change in prehistoric New
Zealand. In: J. D. Freemann & W. R. Geddes (Hrsg.),
Anthropology in the South Seas. New Plymouth Pp.
29-74.
Green, R. C., 1963, A review of the prehistoric sequence
of the Auckland Province. NZAA Monograph 2. Auck
land.
Houghton, P., 1980, The first New Zealanders. Auck
land.
Jennings, J. D. (Hrsg.), 1979, Prehistory of Polynesia.
Cambridge/Mass.
Gesch, Patrick F.:
Initiative and Initiaton. A Cargo Cult-Type
Movement in the Sepik Against Its Back
ground in Traditional Village Religion. Stu
dia Instituti Anthropos 33. St. Augustin:
1985. XVII + 347 Seiten mit 4 Karten und 13
Abbildungen.
Am 7. Juli 1971 bestiegen Hunderte von Männern den
Berg Turu im Küstengebirge von Nordost-Neuguinea,
um Zementblöcke, die als Vermessungspunkte dienten,
zu entfernen. Das Wegräumen der Zementblöcke sollte
den Weg frei machen für eine Fülle von Gütern und
Geld, für die Rückkehr der Toten und für eine vollstän
dige Umkehrung der Welt. Die mit diesem Ereignis
verbundene Kultbewegung bildet das Thema des Buches
von Patrick Gesch. Sein Ziel ist es, den religiösen Hinter
grund dieses Cargo-Kultes aufzuzeigen.
Gesch war von 1973-1978 Missionar (S.V. D.) im Yan-
goru-Gebiet. In dieser Zeit führte er in einem pastoralen
Kontext zahlreiche Gespräche mit verschiedenen Män
nern über die traditionelle Kultur des Gebietes.
1980-1981 kehrte er für eine intensivere Feldforschung
in das Gebiet von Yangoru zurück, arbeitete ein halbes
Jahr im Dorf Bukienduon und jeweils drei Monate in den
Dörfern Malimbanja und Kiniambu. Die Dörfer Bukien
duon und Malimbanja liegen im Hügelland südlich des
Berges Turu (nach Gesch »Rurun«), der mit 1178 m
höchste Berg des Prinz-Alexander-Gebirges. Kiniambu
hingegen befindet sich in der großen Graslandebene
zwischen dem Hügelland und dem Sepik. Alle drei Dör
fer gehören der Boiken-Sprache an. Obgleich die Boiken
sehr früh mit den Weißen an der Küste in Kontakt
gekommen sind, haben wir nur wenige Berichte über ihre
Kultur vorliegen.
Besonders die Ausführungen über Initiation in dem
Werk von Gesch bilden daher eine wichtige Ergänzung.
Während in den nördlicher gelegenen und leichter zu
gänglichen Dörfern Malimbanja und Bukienduon keine
Initiations-Rituale mehr ausgeführt werden, finden sie