TRIBUS
LINDEN-MUSEUM STUTTGART
STAATLICHES MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE
JAHRBUCH
BAND 38 • 1989
LA ШЛ
TRIBUS
JAHRBUCH DES LINDEN-MUSEUMS
Nr. 38 ■ Dezember 1989
LINDEN-MUSEUM STUTTGART
STAATLICHES MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE
Stuttgart 1989
Herausgeber: Linden-Museum Stuttgart - Staatliches Museum für Völkerkunde
Hegelplatz 1 - D-7000 Stuttgart 1 - Germany (West)
Redaktion:
Dr. Klaus J. Brandt
Prof. Dr. Peter Thiele
Fachbezogene Beratung: Abteilungsreferenten des Linden-Museums Stuttgart
Fotos des Linden-Museums Stuttgart; Ursula Didoni
Die Verfasser der Aufsätze und Buchbesprechungen sind für den Inhalt
ihrer Beiträge allein verantwortlich.
Titelbild: Mutter mit Kind, graue Terrakotta, Höhe: 9,5 cm.
Mathura, Nordindien, um 200 v. Chr.
.Humboldt - UflTmsHfl« tu torfln
— Universitätsbibliothek —
Zweigstelle Geschielte
Bereich Ethnegrephie
f rtedervstreBe 3, Berlin, 1017
4330. VS"
Druck: Vaihinger Satz-f Druck
Dr. Wimmershof GmbH+Co., 7143 Vaihingen/Enz
Copyright: Linden-Museum Stuttgart
Dezember 1989
ISSN 0082-6413
Inhaltsverzeichnis
Berichte
Das Linden-Museum Stuttgart im Jahr 1988 von Peter Thiele 7
Aufsätze
Mershen, Birgit: Amulets and jewelry from Jordan - A study on the function
and meaning of recent bead necklaces 43
Nevadomsky, Joseph: The iconography of Benin brass rings 59
Bautze-Picron, Claudine; Some Aspects of Manjusri Iconography in Bihar
from the 7th century onwards 71
Barthel, Thomas and von Winning, Hasso: Some observations on Stela 1,
La Mojarra, Veracruz 91 ,
Schleif, Dietrich: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis.
Das Beispiel Augustin Krämer 121
Felgentreff, Carsten: Computerunterstützte Museumsdokumentation
in der Göttinger Völkerkundlichen Sammlung 149
Anschriften der Mitarbeiter 223
Buchbesprechungen
Allgemein
Alexander, R. D.: The biology of moral Systems (Chr. Antweiler) 155
Grafen, A. (ed.): Evolution and its Influence (Chr. Antweiler) 156
Harris, M.; Kulturanthropologie. Ein Lehrbuch (G. Maler-Sieber) 157
Helmers, S.: Tabu und Faszination (P. Konerding) 158
Hirschberg, W. (Hrsg.): Neues Wörterbuch der Völkerkunde (H. List) 159
Junge, P. / Heidtmann, F.: Wie finde ich ethnologische Literatur (T. Höllmann) 160
Rouse, L: Migration in Prehistory (Chr. Antweiler) 161
Sterly, J.: Das Ende des Kulturbegriffes (M. Mersch) 163
Wernhart, K.: Ethnohistorie und Kulturgeschichte (R. Gehlen) 169
Zinser, H.: Der Untergang von Religionen (R. Gehlen) 170
Afrika
Bahuchet, S.: Les Pygmées Aka et la Forêt Centraficaine (F. Rottland) 172
Beck, K.: Die Kawâhla von Kordofan (B. Streck) 172
Geary, Chr.: Images from Bamum (P. Probst) 174
Heintze, B.: Ethnographische Zeichnungen der Lwimbi (S. Wolkenhauer) 175
Henn, A.; Reisen in die vergangene Gegenwart (R. Herzog) 176
Kirby, J.: God, Shrines, and Problem-solving among the Anufo (F. Kröger) 177
Von Mitzlaff, U.: Masaai-Frauen (J. Töbelmann) 179
Möhlig, W. J.G. / Jungraithmayr, H. / Thiel, J.F. (Hrsg.): Die Oralliteratur in Afrika
(S. Wolkenhauer) 179
Van Roy, H.: Les Byaambvu du Moyen-Kwango (A.-M. Brandstetter) 181
Wohlenberg, H.: Im südlichen Abessinien (G. Minker) 182
Islamischer Orient
Colonna, F.: Aurès - Algérie 1935-36 (L. Hanisch) 183
Dombrowski, G. / Pfluger-Schindlbeck, I.: Flachgewebe aus Anatolien (H. List) 184
Enderlein, V. / Sundermann, W. (Hrsg.): Schähnäme (J. Bautze) 184
Hakenjos, B et al.: Marokkanische Keramik (H. List) 186
Hasson, R.: Schmuck der islamischen Welt (H. List) 186
Heine, P.: Ethnologie des Nahen und Mittleren Orients (H. List) 187
Ritter, H.: Sahel Land der Nomaden (W. Creyaufmüller) 188
Ruete, E.; Leben im Sultanspalast (H. List) 188
Seiwert, W.-D. / Ritter, H.: Maurische Chronik (W. Creyaufmüller) 189
Stanzer, W.: Kordi (H. List) 190
Südasien
Bautze, L: Drei »Bundi«-Rägamäläs (A. Vergati, C.N.R.S., Paris) 191
Ehnbom, D.J.: Indische Miniaturen (J. Bautze) 192
Kulke, H.: Orissa (M. Payer) 194
Van Lohuizen-De Leeuw, J.E.: Indo-Javanese Metalwork (M. Klokke) 195
Paul, D.: The Art of Nälandä (C. Bautze-Picron, C.N.R.S., Paris) 196
Rossler, M.: Die soziale Realität des Rituals (R. Roth) 199
Ostasien
Courtot-Thibault, V. (Hrsg.); Le petit livre du cheval en Chine (H. Franke) 200
Dessaint, A. Y.: Minorities of Southwest China (T. Höllmann) 201
Ebner von Eschenbach, S.; Die Entwicklung der Wasserwirtschaft im Südosten Chinas
(E. von Mende) 203
Franke, H.: Studien und Texte zur Kriegsgeschichte der südlichen Sungzeit
(S. Ebner von Eschenbach) 204
Hildebrand, J.: Das Ausländerbild in der Kunst Chinas (E. von Mende) 206
Lo, W. W.: An Introduction to the Civil Service of Sung China (D. Kuhn) 208
Mann, S.: Local Merchants and the Chinese Bureaucracy, 1750-1950 (D. Kuhn) 211
Pirazzoli-t Serstevens, M. (Hrsg.): Le Yuanmingyuan (A. Mixius) 213
Weinstein, S.: Buddhism under the T’ang (E. von Mende) 214
Amerika
Benson, E. / Griffin, G. (ed.): Maya Iconography (B. Spranz) 216
Boone, E.H. (ed.); Painted Architecture and Polychrome Monumental Sculpture
in Mesoamerica (B. Spranz) 218
Kaiser, R.: Die Stimme des Großen Geistes (P. Bolz) 219
Puls, H.: Textiles of the Kuna Indians of Panama (G. Hartmann) 220
Ruhnau, E.: Die politische Organisation im vorspanischen Chaleo (P. Tschohl) 221
Das Linden-Museum Stuttgart
im Jahre 1988
Jahresereignisse
Im Winterhalbjahr 1988/9 wurde von der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu
Stuttgart e.V. wiederum ein Vortragszyklus im Linden-Museum angeboten, der in
zwölf Lichtbildervorträgen den Völkern und Kulturen Süd- und Zentralasiens
gewidmet war. Referenten aus der Bundesrepublik, der DDR und der Schweiz
hatten hier vorgetragen. Diese Veranstaltungen wurden von über 3000 Interessen-
ten besucht. Der Mitgliederbestand der GEV konnte im Berichtsjahr mit rund 1000
gehalten werden.
Am 17. Februar 1988 zog die Verwaltung des Linden-Museums endgültig von der
Staatsgalerie in die Räume unseres Museums um, so daß jetzt alle Einrichtungen
unter einem Dach vereint sind. Die diesjährige Verwaltungs- und Beiratssitzung
fand unter Vorsitz des Bürgermeisters Dr. Gerhard Lang am 22. Februar 1988 statt.
Dabei ging es im wesentlichen um Haushaltsfragen 1989/90 und um die Raumsitua-
tion am Linden-Museum (Erweiterungsbau).
Vom 12. bis 15. Mai 1988 fand im Linden-Museum ein Symposium über die Region
Venetien statt, das vom Italienischen Kulturinstitut Stuttgart veranstaltet wurde.
Damit setzte diese Institution eine Reihe von Kulturveranstaltungen in unserem
Hause, die bereits 1987 begonnen worden war, fort. Am 25. Mai 1988 kamen der
Direktor des Textilmuseums Seoul, Herr Dr. Huh mit Frau, aus Korea an, um die
Ausstellung über koreanische Seidenstickerei mit vorzubereiten. Einen Tag später
besuchte eine Gruppe von Studenten der Ostasiatischen und Islamischen Kunstge-
schichte an der Sorbonne/Paris das Linden-Museum, um sich hier über moderne
Ausstellungstechniken und die ostasiatischen bzw. islamischen Bestände zu infor-
mieren. Der Besuch erfolgte im Rahmen des europaweiten Erasmus-Austauschpro-
gramms. Am 31. Mai 1988 hielt Dr. Huh aus Seoul einen sehr gut besuchten
Vortrag über den koreanischen Kunsthandwerkszweig »Seidenstickerei« im Lin-
den-Museum. Sowohl die Ausstellung als auch die Begleitveranstaltungen waren
geplant und realisiert worden im Hinblick auf die 24. Olympischen Sommerspiele in
der koreanischen Metropole. Am 21. Juni 1988 erschien der in Kanada sehr
bekannte indianische Künstler Clarence Mills, um über eine zukünftige große
Indianer-Ausstellung seines Stammes im Linden-Museum zu verhandeln. Am 29.
Juni 1988 wurde die langjährige Chefsekretärin am Linden-Museum, Frau Engel,
verabschiedet.
Einen Tag später erschien Frau Prof. Dr. Kaplan von der New York University, um
über ein umfangreiches Afrika-Ausstellungsprojekt mit europäischen Museen, u.a.
auch dem Linden-Museum zu verhandeln. Hierbei ging es vor allem um hochwer-
tige Exponate, die das Linden-Museum aus restauratorischen Gründen leider nicht
ausleihen kann. Es wurde klargemacht, daß aus den Museen nicht jedes Stück
ausgeliehen werden kann. Dieses Problem löste eine weitreichende Debatte bis in
die Kreise der Politiker aus.
Am 29. Juli 1988 besuchte uns der Botschafter der Republik Tschad, S. E. Herr Dr.
Khayar, um sich über die Afrika-Sammlungen in unserem Hause zu informieren.
Dabei wurde eine Zusammenarbeit auf kulturellem und vor allem musealem
Gebiet angeboten.
Der koreanische Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland besuchte am 5.
August 1988 das Linden-Museum, um hier vor allem die Ausstellung »Cha Su - Die
Kunst der koreanischen Seidenstickerei« zu sehen.
Neben Vorträgen über die Rolle der Frau in Korea, den Schamanismus, die
politische Entwicklung Koreas nach 1953 sowie das Maskenwesen fand eine sehr
gut besuchte Aufführung eines Kayagum-Konzertes am 25. August 1988 im Wan-
nersaal des Linden-Museum statt, zu dem die koreanische Künstlerin extra aus
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TRIBUS 38, 1989
Seoul angereist kam. Sie spielte auf ihrer Wölbbrettzither traditionelle koreanische
Weisen, die mit viel Spannung, Aufmerksamkeit und Interesse aufgenommen und
mit großem Beifall belohnt wurden.
Am 1. September 1988 wurden Verhandlungen mit Herrn Prof. Ade von der
Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart über die Erstellung eines
Jahreskalenders des Linden-Museums für 1989 geführt. Der Kalender wurde von
der Landesgirokasse finanziert und von Mitarbeitern der Akademie gestaltet.
Am selben Tag besuchte eine Delegation chinesischer Archäologen aus der Provinz
Jiangsu das Linden-Museum, um sich über chinesische archäologische Lunde zu
informieren, die sich im Besitz des Museums befinden.
Am 8. September 1988 nahm der Direktor des Linden-Museums an der konstitu-
ierenden Sitzung des Unesco-Nationalkomitees für die kulturelle Weltdekade in
Bonn/AA teil, zu der er berufen wurde. Der Direktor des Moskauer Museums für
Orientalische Kunst besuchte am 14. September 1988 das Linden-Museum, um
über den Austausch von Ausstellungen - gefördert durch das Ministerium für
Wissenschaft und Kunst - zu verhandeln.
Eine Delegation von Museumsfachleuten aus Shanghai kam unter Leitung von
Prof. Huang, dem Vizedirektor des Museums für Chinesische Kunst am 23.
September 1988 in das Linden-Museum, um hier die Bronzebestände der »Slg. Dr.
Eckert« auf ihre Inschriften hin zu untersuchen. Die chinesischen Kollegen waren
von der hohen Qualität sehr beeindruckt.
Am 29. September wurde die Ausstellung »Marokkanische Keramik« in Gegenwart
des marokkanischen Botschafters eröffnet. Die in Zusammenarbeit mit dem Het-
jens-Museum Düsseldorf entstandene Ausstellung enthielt erstmals in größerem
Maße Leihgaben des Königreiches Marokko.
Das Japanologische Institut Bonn schickte am 10. November 1988 eine Gruppe von
Studenten höherer Semester zu einem Informationsbesuch hinsichtlich der Japan-
bestände in das Linden-Museum. Im Hinblick auf eine spätere Museumstätigkeit
wurden die Studenten auch über Ausbildungsmöglichkeiten im Museum unter-
richtet.
Am 22. November 1988 wurde in Irbid/Jordanien mit kultureller Hilfe des Auswär-
tigen Amtes und der sach- und fachlichen Unterstützung des Linden-Museums das
anthropologisch-archäologische Museum der Universität eröffnet. Die Eröffnung
erfolgte durch die jordanische Königin. Das Linden-Museum (Orient-Abteilung)
hatte durch die Ausbildung eines Restaurators sowie durch sachliche, personelle
und vor allem konzeptionelle Leistungen (Anordnung der Ausstellung, Aufbau)
wesentlich zum Gelingen dieses Museumsprojektes beigetragen.
Der 1. Dezember stand ganz im Zeichen des Besuches S. H. König Kot-a Mbweeka
III. der Kuba (Zaire), der dem Linden-Museum die Ehre gab, zur Eröffnung der
Ausstellung »...wie der König verführt wurde - Raffia-Textilien aus dem Kuba-
Reich/Zentralafrika« anwesend zu sein. Der König in seinem vollen Stammes-
schmuck, begleitet von zwei Hofdienern, beeindruckte unsere Gäste durch seinen
Anblick und seinen Rundgang durch die Sonderausstellung tief.
Vom 5. bis 6. Dezember 1988 fand im Frankfurter Museum für Völkerkunde das
diesjährige Treffen der Direktoren von Völkerkundemuseen im deutschsprachigen
Raum statt, wo u.a. über zukünftige Ausstellungsplanungen, Stellenbesetzungen
und Bauvorhaben der Museen gesprochen und beraten wurde.
Am 6. Dezember 1988 verstarb Prof. Dr. Wolfgang Meckelein, seit 1973 1. Vor-
sitzender der Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart e.V. Mit ihm
verlor die GEV ihren führenden Kopf und das Linden-Museum einen Lörderer, der
sich stets und uneingeschränkt für die Belange des Museums eingesetzt hatte.
Im Personalbestand haben sich folgende Änderungen ergeben: unsere Chefsekretä-
rin, Lrau Gisela Engel, ist zum 30. Juni, unser Restaurator. Herr Werner Koch, ist
zum 31. August, unser Hausmeister, Herr Otto Auer, ist zum 30. September 1988
aus dem Dienst ausgeschieden.
8
TRIBUS 38, 1989
Von den Wissenschaftlern des Linden-Museums wurden 1988 folgende Dienstreisen
unternommen:
Dr. K. J. Brandt: 15. 2.-9. 3. 88 Paris (Lehrauftrag Sorbonne)
Dr. H. Forkl: 6.-13. 11. 88 Univ. Calgary (Teilnahme und Referat/Chacmool
Conference)
Dr. I. Heermann; 14.-18. 7. 88 Amsterdam (Begutachtung)
Dr. J. Kalter: 24.-30. 5. 88; 5. 8.-24. 11. 88 Irbid/Jordanien (Sammelerwerbsreise
und Aufbau- und Einrichtungshilfe des Museums am Institute for Archaeology and
Anthropology in Irbid)
Dr. G. Kreisel: 14.-18. 7. 88 Amsterdam (Ausstellungseröffnung)
Dr. W. Mey: 23. 7.-1. 8. 88 Zagreb/Jugoslawien (JCAES-Kongreß mit Vortrag)
Dr. A. Schulze-Thulin: 15. 8.-27. 9. 88 USA (u.a. Denver)
Prof. Dr. P. Thiele: 3.-6. 5. 88 Turin (Sammlungsbesichtigung)
Ausstellungen
Im Linden-Museum wurden 1988 folgende Sonderausstellungen gezeigt:
6. November 1987 bis 30. April 1988:
China-Jade: Leihgaben aus dem Musee Guimet, Paris
10. Februar 1988 bis 20. März 1988:
Die Burton Brothers. Fotografien in Neuseeland 1866-1898
24. März 1988 bis 17. April 1988;
Japanische Landschaftsmalerei, Sammlung Dr. Bälz
11. Mai 1988 bis 10. Juli 1988:
Chinesische Lackarbeiten vom 5. Jh.v.Chr. bis zum 19. Jh.
28. Mai 1988 bis 3. Juli 1988;
Fotoausstellung über Korea
28. Mai 1988 bis 28. August 1988:
Cha Su - Die Kunst der koreanischen Seidenstickerei
3. September 1988 bis 25. September 1988:
Drachen aus China - China im Jahr des Drachens (in Zusammenarbeit mit der
Volkshochschule Stuttgart und dem Stuttgarter Drachenladen)
30. September 1988 bis 20. November 1988:
Marokkanische Keramik
1. Dezember 1988 bis 31. Januar 1989:
»... womit der König verführt wurde« - Raffia-Textilien aus dem Kuba-Reich in
Zentralafrika (Zaire).
Außerhalb des Linden-Museum wurden folgende Ausstellungen gezeigt:
17. Januar 1988 bis 21. Februar 1988:
Lörrach. Japanische Landschaftsmalerei (Slg. Dr. Bälz)
5. Februar 1988 bis 17. April 1988:
Hamburg (Museum für Kunst und Gewerbe). 2000 Jahre chinesische Lackkunst
21. April 1988 bis 5. Juni 1988:
Ettlingen (Schloß). Japanische Landschaftsmalerei (Slg. Dr. Bälz)
24. Juni 1988 bis 24. Juli 1988 und
27. August 1988 bis 16. Oktober 1988:
Marcq-en-Baroeul (Frankreich, Fondation Septentrion).
L’emballage: Un art au Japon (Japanische Verpackungskunst)
23. Juli 1988 bis 18. September 1988:
Pforzheim (Schmuckmuseum). Inrö - Gürtelschmuck des Japaners. 120 Inrös aus
Beständen des Linden-Museums Stuttgart
21. August 1988 bis 16. Oktober 1988:
Bietigheim. Japanische Landschaftsmalerei (Slg. Dr. Bälz)
30. Oktober 1988 bis 4. Dezember 1988:
Biberach. Japanische Landschaftsmalerei (Slg. Dr. Bälz)
10
10. November 1988 bis 4. Dezember 1988:
Stuttgart (Landesgewerbeamt); Bücher aus China (Beteiligung)
30. November 1988 bis 11. Januar 1989:
Schopfheim. Schmuck aus der Südsee - Ornament und Symbol.
Drei Pektorale (Brustschinuckstücke) aus
gehämmertem Tumbagablech mit geringen
Textilresten, Ritzzeichnungen. Durchmes-
ser: ca. 20 cm. Vicüs-Moche, Alt-Peru, um
400 n. Chr. Inv.-Nrn. M 32472-74 L
Öffentlichkeitsarbeit
In der Entwicklung der Besucherzahlen ergibt sich zwischen
des Bild:
1986
1987
1988
Gesamt Einzelbesucher
216146 186739 (86,39%)
193739 163726 (84,51%)
126444 103331 (81,72%)
1986 und 1988 folgen-
Gruppenbesucher
29407 (13,61%)
30012 (15,49%)
23113 (18,28%)
Damit ist die Gesamtbesucherzahl von 1986 (100%) 1988 um 41,5% gesunken.
Dabei entfielen 38,59% auf Einzelbesucher und 2,91% auf Gruppen. Insgesamt
sind von 1986-1988 89702 weniger Besucher im Linden-Museum gewesen, davon
entfallen 83408 auf Einzelbesucher und 6294 auf Gruppenbesucher
(92,8%: 7,02%).
Die kostenlosen Publikums- und Kinderführungen für Schulklassen, Behinderte,
Senioren, ausländische Mitbürger, Kindergärten und Waldheim wurden weiterhin
angeboten. Damit hat wie im Vorjahr die Organisation des Führungswesens,
verbunden mit Beratung, und im Bedarfsfall der Nachbereitung von Führungen
einen zentralen Platz in der Arbeit des Referats Öffentlichkeitsarbeit eingenom-
men. Auch die im Vorjahr festgestellte Tendenz einer verstärkten Nachfrage nach
thematischen Führungen hat sich 1988 bestätigt. Publikumsführungen wurden
überwiegend von Mitarbeitern/innen des Linden-Museums durchgeführt, andere
Gruppen wurden überwiegend von freien Mitarbeitern/innen betreut.
11
TRIBUS 38, 1989
Die Statistik hinsichtlich der Führung im Linden-Museum ergibt für das Jahr 1988
folgendes Bild:
Schulen aus Schulen Publikums- davon Führungen Führungen
Baden- aus und Kinder- in insgesamt
Württ. Stuttgart führungen Sonderausstellungen
Januar 23 18 25 3 (Jap. Landschaftsm.) 66
Februar 25 4 19 6 (Burton Brothers) 68
März 58 40 37 17 (Burt. Br./l Jap. Land.) 135
April 37 29 22 3 (Jap. Landschaftsm.) 88
Mai 36 19 24 5 (Lacke) 79
Juni 74 40 39 12 (Lacke), 10 (Cha Su) 153
Juli 20 7 68 14 (Cha Su) 95
August 8 8 49 11 (Cha Su) 65
September 38 28 49 23 (China im Jahr d. Dr.) 97
Oktober 21 23 26 6 (Marokk. Keramik) 70
November 30 27 27 3 (Marokk. Keramik) 84
Dezember 28 16 28 11 (Raffia-Textilien) 83
Total 398 279 413 114 1083
Durch den Rückgang der Besucherzahlen allgemein sind auch die Führungen
rückläufig gewesen, allerdings nicht bei allen Altersgruppen. Bei Kinderführungen
Ein Paar Ohrpflöcke aus Holz,
mit blau-violetten Federchen überklebt.
Durchmesser: 10,3 cm. Huari, Alt-Peru,
12.-13. Jh. n.Chr. Inv.-Nr. M 32358 L
12
Ganesa, rötlicher Sandstein.
Höhe: 18,5 cm. Mathura, Nordindien, 5. Jh.
Inv.-Nr. SA 00292 L
können wir im Gegenteil eine Steigerung feststellen, was auf die große Akzeptanz
der Kindernachmittage während der Sommerferien ebenso zurückzuführen ist wie
auf die Aktionsnachmittage für Kinder. Bei den Begleitveranstaltungen zu den
Ausstellungen wurde im Mai 1988 die 1985 begonnene Reihe »Gespräche im
Museum« vorläufig ausgesetzt. Statt dessen wurde das Informations- und Begleit-
veranstaltungsangebot für die Sonderausstellungen verstärkt. Die Veranstaltungs-
reihe »Der Teeweg« wurde weitergeführt. Die verstärkte Zusammenarbeit mit der
Deutsch-Indischen Gesellschaft führte zu einer Zunahme von Veranstaltungen im
Linden-Museum, die ebenfalls erweiterte Zusammenarbeit mit der Deutsch-Chine-
sischen Gesellschaft führte neben Veranstaltungen zu der Sonderausstellung: »Dra-
chen in China - China im Jahr des Drachen« im Linden-Museum. Höhepunkt
dieser Sonderausstellung war ein China-Abend im Linden-Museum mit Vortrags-,
Führungs- und Filmveranstaltungen sowie verschiedenen Demonstrationen (Tai-
Chi, Kalligraphie) und ein spezielles Kinderprogramm.
Weitere Veranstaltungen wurden u.a. mit der VHS, der Deutsch-Griechischen
Gesellschaft und der Pakistanischen Wohlfahrtsorganisation realisiert.
Das regelmäßige Führungsangebot für Behinderte lief in altem Umfang weiter.
Zusätzlich dazu wurde in Zusammenarbeit mit dem Blindenverein Stuttgart im
Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung und mehrerer interner Sitzungen ein
allgemeines Konzept zur didaktischen und inhaltlichen Gestaltung von Blindenfüh-
rungen entwickelt. Von den Abteilungen Amerika und Afrika wurden ausgewählte
Objekte für diese Veranstaltungen bereitgestellt. Eine entsprechende Sammlung
war bereits zu einem früheren Zeitpunkt von der Orient-Abteilung zur Verfügung
gestellt worden. Der Ausbau des inhaltlichen Programmangebots auch für andere
Abteilungen wurde vorgesehen, konnte jedoch aus Gründen der Arbeitsüberla-
stung nicht umgesetzt werden.
13
TRIBUS 38, 1989
In Fortsetzung der Anlage von ethnographischen Sammlungen für die Sektion
Museumspädagogik wurde 1988 eine Sammlung von indonesischen Batiken (Roh-
materialien, Dokumentation des Flerstellungsprozesses und eine Auswahl fertiger
Figuren) angeschafft. Beide Kollektionen wurden u. a. in Hinblick auf ihre Verwen-
dung im Zusammenhang mit dem Bosch-Projekt erworben. Diese Sammlungen
sind, wie auch die bereits 1987 angeschafften Stücke im Rahmen von Schulprojek-
ten, Kindernachmittagen und -aktionen eingesetzt worden.
Die Arbeiten am museumspädagogischen Langzeitprojekt (Bosch-Projekt) schrit-
ten weiter fort. Info-Hefte für Schüler/innen liegen komplett für die Abteilungen
Amerika, Afrika und Orient vor, die für die Ostasien-, Südasien- und Südseeabtei-
lung werden auf Werkvertragsebene 1989 fertiggestellt. Jedes der vorliegenden
Hefte wurde, wenn möglich, wiederholt in Führungen und zu diesem Zweck
organisierten Lehrerfortbildungsveranstaltungen getestet und, wo nötig, überarbei-
tet. Von allen über das Projekt angesprochenen Personen/Institutionen, also von
Schulen bis zur Robert-Bosch-Stiftung selber wie auch von Fachkollegen/innen sind
die vorliegenden Info-Hefte einhellig äußerst positiv beurteilt worden. »Fanta-
stisch, genau das ist es, was wir brauchen«, war der Kommentar einer Kollegin, er
steht für viele andere dieser Art. Die dieses Projekt betreuenden Referenten der
Robert-Bosch-Stiftung haben sich in einem Evaluationsgespräch genauso geäußert
und im Nachhinein die Projektlinie noch einmal bestätigt.
Wie im Jahr 1987 wurde auch 1988 für einen Zeitraum von je zwei Monaten ein
Faltblatt mit allen Veranstaltungen im Linden-Museum angefertigt, im Museum
ausgelegt und an die Presse weitergeleitet. Ferner wurde der Presseverteiler ganz
erheblich durch Aufnahme aller baden-württembergischen Zeitungen erweitert.
Die Belegung des Wannersaals wurde weitergeführt, Beratung, Koordination und
Betreuung dieser Veranstaltungen durchgeführt. Im August 1988 hat das Referat
Öffentlichkeitsarbeit eine Pressekonferenz (Bilanz 1985-1988) zur Verstärkung der
Pressekontakte durchgeführt.
Zukünftig wäre - nicht nur unter dem Eindruck sinkender Besucherzahlen - eine
Revision der Sonderausstellungspolitik wünschenswert. Denkbar ist in diesem
Zusammenhang eine Vertiefung von in den Dauerausstellungen nicht ausreichend
vorgestellten Komplexen/Sammlungsgruppen, ferner eine veränderte inhaltliche
Struktur, etwa; einmal im Jahr eine große Sonderausstellung (Dian, Cha Su), eine
Kunstausstellung, eine Sonderausstellung zur Deutung eines kulturellen Komple-
xes mit Nachweis der Verflechtung in die Gesamtkultur und die Entwicklung eines
Modells der Sozialstruktur, belegt mit entsprechenden Stücken, oder thematische,
regional übergreifende Sonderausstellungen zu Themen wie Geburt, Kindheit,
Initiation, Alter, Tod usw. Diese Themen lassen eine direkte Anbindung an
Lebenswirklichkeit in unserer Kultur zu. Besonders wichtig ist die Berücksichti-
gung aktueller Lebenssituationen und -Problematiken in anderen Kulturen. Insbe-
sondere der Gegenwartsbezug von Ausstellungen ist wiederholt von Besuchern
gefordert worden.
Leihgaben des Linden-Museums im Jahre 1988
Mit einer Gesamtanzahl von insgesamt 5144 ausgeliehenen Objekten des Linden-
Museums im Jahre 1988 zeigt sich, daß diese Institution mit ihren Beständen
inzwischen wieder regional, national und international außerordentlich gefragt ist.
An der Übersicht zeigt sich weiter, daß auch das Land Baden-Württemberg gut
beraten war, aus den Mitteln des Zentralfonds Objekte zu kaufen, die letztlich zum
Ansehen des Landes als auch der Stadt außerhalb Stuttgarts beitragen. Jedes
ausgeliehene Objekt ist ein Multiplikatorfaktor.
14
Aufstellung der Leihgaben 1988 (A = Ausstellung)
Entleiher Anzahl
Museum für Völkerkunde Berlin 2
Heissig, Universität Bonn 2
Kulturamt Gießen 20
Museum für Kunst und Gewerbe
Hamburg 86
Zool. Institut, Univ. Heidelberg 1
Fondation Septentrion,
Marcq-en-Barœul 288
Institute of Art Minneapolis 2
Museum für Völkerkunde München 2
Partnerschaft Äthiopien, Neulingen 9
Schmuckmuseum Pforzheim 127
Bürgermeisteramt Lörrach 30
Kreissparkasse Reutlingen 4
Zoologischer Garten Saarbrücken 161
Naturkundemuseum Stuttgart 25
Naturkundemuseum Stuttgart 3
Museum für Völkerkunde Zürich 56
Stadtverwaltung Bietigheim 32
Landesmuseum Volk und Wirtschaft,
Düsseldorf 74
Zweigmuseum Ettlingen 325
Städtisches Museum Freiburg 5
Badisches Landesmuseum Karlsruhe 2
Kunsthistorisches Inst. Heidelberg 3300
Kat. der Orient. Handschriften
Marburg 38
Tropenmuseum Amsterdam 7
Städtische Sammlungen Biberach 30
Stadtarchiv Stuttgart 7
Südwestfunk Baden-Baden 11
Kreissparkasse Böblingen 9
Landesgewerbeamt Stuttgart 44
Yarmouk-Universität Irbid 1
Intern. Museum of Tibetan Traditions 1
Stadt Schopfheim 120
Kortmann, Düsseldorf 1
Schloß Altensteig 1
KOHD, Kraft, München 1
Naturkundemuseum Stuttgart 1
Hetjens-Museum Düsseldorf 34
Museum Schloß Ettlingen 32
Museum für Kunsthandwerk
Frankfurt 31
Museum für Völkerkunde Frankfurt 11
Zweck
A: »Glänzend wie Gold. Gelbguß bei
den Senufo«
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
A: »Schmuck aus dem nördlichen
Afrika«
A: »2000 Jahre chinesische Lack-
kunst«
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
A: »L’emballage: Un art au Japon«
A: »Assemblage of Spirits.
Idea and Image in Ireland«
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
Ausstellung
A: »Inrö - Gürtelschmuck des
Japaners«
A: »Japanische Landschaftsmalerei«
A: »Vom Jagdbumerang bis zum
modernen Sportgerät«
Ausstellung
A: »Schnecken - Muscheln und der
Mensch«
A: »Insekt und Mensch«
A: »Bergstämme in den Chittagong
Hill Tracts«
A: »Japanische Landschaftsmalerei«
A: »Marokko - Tradition und
Fortschritt«
Dauerausstellung
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
Ausstellung
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
A: »Jemen«
A: »Japanische Landschaftsmalerei«
Dauerleihgabe
Filmaufnahmen »Andere Völker -
Andere Sitten«
A: »Nomadenschmuck aus Ägypten«
A: »Bücher aus China«
Ausstellung
A; »Tibet«
A: »Schmuck aus der Südsee -
Ornament und Symbol«
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
Weihnachtsausstellung
zur wissenschaftlichen Bearbeitung
Ausstellung
A; »Marokkanische Keramik«
A: »Japanische Landschaftsmalerei«
Schmuckausstellung
A: »Das Sparschwein unterm Reisfeld.
Java...«
15
TRIBUS 38, 1989
Intern. Bodenseemesse A; »Exotische Reisen«
Friedrichshafen 24
Museum für Kunst und Gewerbe A: »2000 Jahre chinesische Lad
Hamburg 88 kunst«
Heimatmuseum Höfingen 8 A; »Papyrus, Pergament, Papier«
L. A. Mayer Memorial, Jerusalem 7 Schmuckausstellung
Volkshochschule Karlsruhe 37 Ausstellung
Universität Köln 1 zur wissenschaftlichen Bearbeitung
Schiller Nationalmuseum Marbach 2 Ausstellung
Museum für Völkerkunde München 7 Ausstellung
Ledermuseum Offenbach 6 Mauren-Ausstellung
Kloster Schöntal 37 Ainu-Ausstellung
Inst. f. Auslandsbeziehungen Filmaufnahmen
Stuttgart 15
Türkisches Konsulat Stuttgart 61 Ausstellung zur türkischen Kulturwoche
Nat. Museum of African Art A: »African Art in the Cycle of Life-
Washington 1
Krisna als Butterdieb, Terrakotta.
Höhe: 25 cm. Nordindien, 5. Jh.
Inv.-Nr. SA 00293 L
16
Stiftungen und Spenden
Das Linden-Museum konnte im Jahre 1988 von folgenden Personen, Firmen und
Institutionen Stiftungen, geldwerte Geschenke und Geldspenden mit großer
Freude und in Dankbarkeit entgegennehmen:
Mit Stiftungen haben uns bedacht:
Dr. H.E. Aurnhammer, Stuttgart
Joachim Baader, München
Badisches Landesmuseum, Karlsruhe
Birgit und Thomas Barth, Stuttgart
Konsulin Margot Busak, Stuttgart
Loed van Bussei, Amsterdam
Joerg Drechsel, Karlsruhe
Dr. Erwin Eckert, Sindelfingen
Yasuko Fujita, Osaka, Japan
Gerhard Göttler, Freiburg
Willy F. Hagmann, CH - Bottighofen
Ulrich Hoffmann, Stuttgart
Dieter Hohenstatt, Stuttgart
Heinz-Wilhelm Kempgen, Künzelsau
Kot a-Mweeka III, Königreich Kuba, Zaire
Emanuel Lavecchia, München
Dipl. Ing. Knut Lohrer, Stuttgart
Benno Mattel, Buenos Aires, Argentinien
Chikukei Miyamoto, Osaka, Japan
Prof. O. Pfleiderer, Stuttgart
Dr. Helmut Ploog, München
Manfred Rommel, Stuttgart
Dr. Hans-Joachim Runge, Hamburg
Joachim Runge, Frankfurt
Dr. Wolfgang Schmidthals, Hamburg
Annemarie Toska, Stuttgart
Tung-fa Tseng, Stuttgart
Josette Wagner, Stuttgart
Emil Zaepfel, Weinstadt
Geldspenden gingen ein von:
Allgemeine Rentenanstalt, Stuttgart
Allianz Versicherungs AG, Stuttgart
Dr. Klaus-Peter Baatz, Stuttgart
Baden-Württembergische Bank AG, Stuttgart
Polychromer Köcher aus Baumwollgewebe.
Länge: 46 cm. Nazca (Sonay, Camanä-Tal),
Alt-Peru, um 800 n. Chr. Inv.-Nr. M 32377 L
17
TRIBUS 38, 1989
Belser-Verlag, Stuttgart
Robert Bosch GmbH, Stuttgart
E. Breuninger GmbH & Co., Stuttgart
Buddhistischer Kreis Stuttgart, Plochingen
Daimler-Benz AG, Stuttgart
Deutsche Linoleumwerke AG, Bietigheim
Dresdner Bank, Stuttgart
Energie-Versorgung Schwaben AG, Stuttgart
Verena Friderich-Donner, Bremen
Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot, Ludwigsburg
Hans-Dieter Günter, Balingen
Hanseatische Assekuranz Vermittlungs-AG, Stuttgart
Ulrich Hoffmann, Stuttgart
Industrie- und Handelskammer Mittlerer Neckar, Stuttgart
Olaf Jung, Nürtingen
Dipl.Ing. Erhard Junghans, Stuttgart
Ernst Klett Verlag, Stuttgart
Hans-Jürgen Koch, Weinstadt
Landeszentralbank, Stuttgart
Paul Luz, Malerwerkstätten, Stuttgart
Dr. Gisela Marquardt-Eißler, Stuttgart
Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG, Bad Überkingen
Hans Nording, Denkendorf
Brigitte Rossetti, Horgen
Claus Rudolph, Beilstein
Siegfried Rück, Stuttgart
Dipl.Ök. Rudolf Ruter, Stuttgart
Albert und Ursula Schmidt, Stuttgart
Brigitte Schnaidt, Stuttgart
Helene Schoettle, Stuttgart
Schwäbische Hüttenwerke GmbH, Aalen
Ing. Büro Schwarzwaelder, Karlsruhe
Stuttgarter Bank, Stuttgart
Süddeutsche Kühlerfabrik Julius Fr. Behr, Stuttgart
Südwestfunk Baden-Baden
Technische Werke der Stadt Stuttgart
Prof. Dr. Peter Thiele, Stuttgart
Wieland-Werke, Ulm
Württ. Feuerversicherung AG, Stuttgart
Württ. Hypothekenbank, Stuttgart
Württ. Sparkassen- und Giroverband, Stuttgart
Die noch nicht abgeschlossene wissenschaftliche Bearbeitung der Sammlung Dr.
Bälz hat auch in diesem Jahr die Breuninger Stiftung GmbH gefördert. Die
Arbeiten am wissenschaftlichen Katalog und des Bildteiles der Bälz-Sammlung
japanischer Malerei werden voraussichtlich 1989 im Kunsthistorischen Institut der
Universität Heidelberg zu Ende geführt werden. Dann soll die Publizierung des
umfangreichen Werkes erfolgen. Ich danke an dieser Stelle der Breuninger Stiftung
GmbH sehr herzlich für die Fördermaßnahme.
Auch der Bosch-Stiftung gilt mein herzlicher Dank für die Unterstützung unseres
museumspädagogischen Projektes, das ebenfalls im Jahre 1989 zu Ende geführt
werden soll. Wir hoffen, daß dann an eine umfangreiche Publikation unter dem
Titel »Das Völkerkundemuseum als Erfahrungsort - Toleranz durch Lernen und
Erleben« erscheinen wird. Die Materialien kommen dann wohl in erster Linie
Schülern und Lehrern zugute.
TRIBUS 38, 1989
Erwerbungen
Das Berichtsjahr 1988 brachte dem Linden-Museum eine ungewöhnlich hohe Zahl
von Neuzugängen, nämlich 2007 Objekte, die sich im einzelnen auf folgende
Abteilungen verteilen:
Afrika 70
Orient 470
Südasien 336
Ostasien 968
Südsee 56
Amerika 107
zusammen 2007 Objekte
Diese erfreuliche Mehrung der Objekte hängt besonders mit der Stiftung einer 930
Objekte umfassenden Münz- und Amulettsammlung für die Ostasien-Abteilung
zusammen.
Auf einer vom Amerika-Referenten durchgeführten Sammelreise wurden intensive
Verhandlungen über den Erwerb nordamerikanischer Objekte geführt, die aber
erst im Laufe des Jahres 1989 im Linden-Museum eintreffen und hier inventarisiert
werden.
Die käuflich erworbenen Objekte wurden sowohl durch Eigenetat - als auch durch
Zentralfondsmittel finanziert.
Die Spitzenerwerbung der Afrika-Abteilung ist eine Basaltskulptur der Ekoi
aus dem Cross River-Gebiet (Nigeria). Sie stellt anscheinend einen Priesterhäupt-
ling dieser ethnischen Gruppe dar. Auch aus dem Kongobecken, Mosambik und
dem Sudan konnten Objekte erworben werden, die wiederum Sammlungslücken
schließen helfen.
Von den 470 Neuzugängen der Orient-Abteilung wurde fast die Hälfte
anläßlich einer Sammel- und Dokumentationsreise des Referenten nach Jordanien
erworben. Es sind dies rein ethnographische Objekte aus dem westarabischen
Kulturinventar. In dieser Hinsicht ist auch die Swat-Sammlung von großer Bedeu-
tung, insbesondere deshalb, weil im Sommer 1989 mit diesen Kulturdokumenten im
Linden-Museum eine große Sonderausstellung aufgebaut werden soll. Aus einem
deutschen Nachlaß kommt eine Sammlung von 130 Objekten vorderasiatischer
Herkunft, für die wir, da sie testamentarisch vermacht wurden, ganz besonders
dankbar sind.
20
Gajalaksmi, Bronzeguß. Höhe: 7,5 cm.
Kausambi, Nordindien, 50 v.-50 n. Chr.
Inv.-Nr. SA 00102 L
Die Südasien-Abteilung verzeichnet von ihren 336 Neuzugängen allein 213
Objekte aus Indien. Von besonderer Bedeutung ist eine anthropomorphe Figur aus
der Zeit um 1000-800 v.Chr., die wohl zu den frühesten figürlichen Darstellungen
dieser Region nach der Harappazeit zählt. Gemäß der Sammlungskonzeption
dieser Abteilung konnten 130 Objekte aus Rajasthan, vorwiegend Gegenstände des
täglichen Lebens, erworben werden. Aus Birma wurde ein Saing Waing-Orchester
angekauft, das die Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart e.V. im
Rahmen ihrer Fördermaßnahmen finanziert hat. An dieser Stelle sei dafür noch-
mals der Dank des Linden-Museums ausgesprochen.
Sütra-Rolle, Querrolle mit dem Abschnitt 99
des Daihannya-haramitta-kyö, das Vorsatz-
blatt innen mit der Darstellung des Buddha,
umringt von Bodhisattvas und Mönchen in
einer Landschaft mit Bergen, dunkelblaues
Papier mit Gold- und Silbermalerei. Maße:
26,4 x 925 cm. Japan, späte Heian-Zeit
(794-1185), um 1150. Inv.-Nr. OA 22814 L
Die Ostasien-Abteilung konnte 1988 von allen Abteilungen des Linden-
Museums mit 968 Objekten den zahlenmäßig umfangreichsten Zuwachs verzeich-
nen. Wir sind Herrn Kempgen zu besonderem Dank verpflichtet, da er uns seine
Ostasien-Münz- und Amulettsammlung insgesamt stiften will, von der die koreani-
schen Münzen und Amulette bereits im Museum sind. Die Keramikbestände der
Ostasien-Abteilung konnten durch gezielte Ankäufe von Grabkultobjekten ebenso
ergänzt werden wie Porzellane der Qianlong-Ära und einige chinesische, hochwer-
tige Möbelstücke der Ming-Zeit, die unmittelbar nach dem Ankauf in dem Zweig-
museum des Linden-Museums, im Schloß Ettlingen, ausgestellt wurden. Sie ergän-
zen dort Möbelstücke, die das Museum aus der »Stiftung Dr. E. Eckert« erhalten
21
TRIBUS 38, 1989
hat. Die Japanbestände konnten vor allem durch Malereien in Form einer Hänge-
rolle (kakemono) mit der Darstellung des Dichters Kakinomotono-Hitomaro und
einer Querrolle (e-makimono) mit einem Sütrentext ergänzt werden.
Von den 56 Neuzugängen der Südsee-Abteilung in diesem Jahr stellen die
zehn Tanzaufsätze, die bei sogenannten Generationenfesten verwendet wurden,
eine besondere Attraktion dar. Die aus organischem Material gefertigten Objekte
bilden bei Ausstellungen einen malerischen Blickfang. Das Linden-Museum ist
besonders dankbar, daß diese ausgefallenen und seltenen Objekte durch Mittel des
Zentralfonds erworben werden konnten.
Die Amerika-Abteilung verzeichnet insgesamt 107 Neuzugänge, von denen
14 auf Nord- und der Rest auf Südamerika entfallen. Die nordamerikanische
Bisonrobe, die von den Mandan oder Dakota um 1820 hergestellt wurde, stellt
dabei die bedeutendste Erwerbung dar. Sie war bereits Teil der renommierten
Sammlung des Herzogs Paul von Württemberg. Auch hier konnte das Linden-
Museum aus Mitteln des Zentralfonds wieder einen spektakulären Kauf tätigen,
wofür wir sehr dankbar sind. Für den südamerikanischen Bereich wurde der
Schwerpunkt im Berichtsjahr auf den Erwerb von Objekten aus organischem
Material gelegt, weil hier noch etliche Lücken klaffen. Eine Kopfbedeckung und
ein polychromer Köcher aus Baumwollgewebe zählen neben einigen rezenten
Textilien und einem anthropomorphen Knochenanhänger zu diesem Materialge-
biet.
Im folgenden sind die ausführlicheren Texte zu den Neuerwerbungen 1988 von
meinen Kollegen Dr. Hermann Forkl (H.F.) für die Afrika-, Dr. Johannes Kalter
(J.K.) für die Orient-, Dr. Gerd Kreisel (G.K.) für die Südasien-, Dr. Klaus
Joachim Brandt (K.J.B.) für die Ostasien-, Dr. Ingrid Heermann (LH.) für die
Südsee- und Dr. Axel Schulze-Thulin (A.S.-T.) für die Amerika-Abteilung verfaßt
worden.
Ihnen gilt mein aufrichtiger Dank für ihren Sammeleinsatz und das hervorragende
Engagement bei dem qualitativen und quantitiven Ausbau der Sammlungen des
Linden-Museums.
Danken möchte ich an dieser Stelle aber auch den Direktoren der Staatlichen
Kunstsammlungen Baden-Württemberg für ihre Aufgeschlossenheit, Hilfe und
Kooperation in den Direktionssitzungen, in denen über die Ankäufe mit entschie-
den wird. Den Mitarbeitern des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-
Württemberg mit dem Herrn Minister Prof. Dr. Engler danke ich herzlich für die
Bereitstellung der finanziellen Mittel, ohne die so großartige Objekte nicht erwor-
ben werden könnten. Peter Thiele
Afrika-Abteilung
Akuter Platzmangel in den Magazinen führte im Jahr 1988 dazu, die weitere
Erwerbung von Sammlungsgegenständen für das Afrika-Referat tunlichst ein-
zuschränken. Gleichwohl konnte aus den verschiedenen kulturgeographischen
Arealen Schwarzafrikas wieder eine Reihe von Objekten erworben werden -
insgesamt 70.
Aus dem Bereich »Oberguinea« stammen eine Manilla aus Gelbmetall, drei
Garkupferplatten (Geschenke von Herrn Dr. Hans-Joachim Runge) und ein Bar-
ren aus Gelbmetall. Die Platten und der Barren wurden während des 16. Jahrhun-
derts in siebenbürgischen Hütten der Fugger gegossen, sind jeweils mit verschiede-
nen Hüttenzeichen versehen und waren für den Handel mit der Oberguineaküste
bestimmt.
Besonders hervorzuheben ist die Erwerbung einer monolithischen Skulptur aus
Basalt von den Ekoi im Gebiet des Cross River (Nigeria), die vermutlich einen
Priesterhäuptling darstellt und in ihrer Qualität von bisher aus anderen Sammlun-
gen bekannten Stücken unerreicht bleibt.
22
Das Kongobecken ist vertreten mit einer Reihe von Keramiken, die einen Topf,
drei Fläschchen und einen besonders seltenen Grabaufsatz mit Figurengruppe von
der »Bakongo-Gruppe«, fünf große Töpfe von den Songe sowie eine Schüssel von
den Kuba umfassen (alle Zaire).
Monolithische Basaltskulptur, die einen
Ahnen von hohem Rang oder Priesterhäupt-
ling darstellt, Höhe: 76 cm. Ekoi (Nigeria).
Inv.-Nr. F 54285 L
23
TRIBUS 38, 1989
Unser aufrichtiger Dank gebührt Herrn Dr. H.E. Aurnhammer, der dem Linden-
Museum sechs moderne Sandelholzskulpturen aus Mosambik zum Geschenk
machte. Sie stammen von den Künstlern Macamo. Naftal Langa und Govane.
Von erheblicher Bedeutung war auch die Erwerbung eines figürlich verzierten
Thrones aus Messingguß, der aus dem Kameruner Grasland stammt.
Aus der Region »Zentralsudan« konnten erworben werden ein anthropomorpher
Seelentopf von den mittleren Benue (Nigeria) sowie der zweite Teil einer damit
vollständigen Sammlung von den Bororo-Fulbe in der Republik Niger, der vor
allem Haushaltsgegenstände umfaßt. Zwei Matten davon machte Herr Gerhard
Göttler dem Linden-Museum zum Geschenk. Ferner entstammen der zentralsuda-
nischen Region 15 besonders schöne große Keramikgefäße, die z.T bemalt bzw.
mit Messingblech überzogen sind, von den Nupe (Nigeria). H. F.
Grabaufsatz, rotbraune Terrakotta mit
Ritzzier. Höhe: 25 cm. Vermutlich Yombe
(Zaire). Inv.-Nr. 54007 L
Orient-Abteilung
Der Gesamtzuwachs der Orient-Abteilung im Berichtsjahr betrug ca. 470 Objekte.
Damit war das vergangene Jahr eines der erfolgreichsten seit Bestehen der Abtei-
lung. Der größte Teil des Zuwachses betrifft bisher nicht - oder nur ansatzweise -
vertretene Sammelgebiete.
24
TRIBUS 38, 1989
Für den islamkundlichen Teil der Sammlung konnte der zweite Teil eines Angebo-
tes aus dem letzten Jahr erworben werden, 12 Gebetsteppiche und -kelims (über-
wiegend aus Anatolien), ein auf das Jahr 1089 Higra= 1678 n.Chr. datiertes
osmanisches Pilgerbuch mit Darstellungen von Mekka und Medina, sowie Teile
eines Kartenspieles aus dem kadscharischen Iran mit Lackmalereien auf Pappe.
Sammel- und Dokumentationsreisen des Orient-Referenten in Verbindung mit
einer Beratungstätigkeit im Auftrag des Auswärtigen Amtes zur Unterstützung des
Ausbaus des Museums des Institutes für Archäologie und Anthropologie der
Yarmouk Universität Irbid, Jordanien, brachte ein Sammlungsergebnis von insge-
samt rund 230 Objekten. Es handelt sich um Inventar von Städtern, Bauern und
Nomaden des syrisch-jordanischen Raumes wie Frauentrachten, Schmuck, Haus-
rat, Gerät zur Wollverarbeitung, Flachgewebe und Mobiliar. Die Inventarisierungs-
arbeiten sind noch im Gange. Auch wenn noch Lücken zu verzeichnen sind, kann
jetzt schon festgestellt werden, daß mit dieser Sammlung ein guter Grundstock zur
Darstellung westarabischer Kultur gelegt ist.
Unglasierte dörfliche Keramiken aus der
pathanisch besiedelten Region des unteren
Swat-Tales mit Ritz- und Reliefdekor.
Höhe: 16-29 cm. Nordwest-Pakistan, 20 Jh.
Inv.-Nrn. (v. 1. n. r.): A 39675 L, A 39674 L,
A 39677 La+b, A 39669 L
Eine weitere wichtige Erwerbung für den im engeren Sinne völkerkundlichen Teil
der Sammlung bildet eine Gruppe zur Ergänzung unserer Bestände aus dem
pathanisch besiedelten Teil des Swat-Tales in Nordwestpakistan und den von
dardischen Gruppen bewohnten Gebieten Swat-Kohistan. Die bedeutendsten
Exponate von insgesamt 60 Stücken sind 3 Portale eines Herrenhauses aus dem 19.
Jh., deren reicher Schnitzdekor einen guten Überblick über die gesamte Tradition
der Holzornamentik im Swat bietet.
Daneben wurden erworben: sechs verschiedene beschnitzte Truhen, darunter eine
begehbare, die als Lager eines Kaufmanns diente, zwölf Keramiken, Hausrat und
Werkzeug, sechs Teile von Frauentrachten und Schmuck. Diese Erwerbungen
werden zum größten Teil in einer für den Sommer des Jahres 1989 geplanten
Karakorum-Ausstellung zu sehen sein.
Als Stiftung aus einem Nachlaß erhielt die Abteilung rund 130 Objekte aus
Anatolien im Schätzwert von ca. 100000 DM. Die vom Erblasser vor dem Zweiten
Weltkrieg in der Türkei zusammengetragene Sammlung enthält u.a. 35 bemalte
und polierte und mit Ritzdekor versehene Keramiken aus den Epochen zwischen
der frühen Bronzezeit und der späten Bronze- bzw. frühen Eisenzeit, elf Öllämp-
chen aus der römischen Kaiserzeit und byzanthinischer Zeit, sieben klassische
antike Terrakotten, 55 Gläser, die zwischen dem 4. Jh.v. und dem 8./9. Jh.n.Chr.
entstanden sind, 20 Kleinfunde wie Siegel, Steinperlen etc., aber auch zwölf rezente
Stoffdruckmodeln. Vor allem die Keramiken und Gläser bieten höchst willkom-
mene und interessante Vergleichsmöglichkeiten zu zeitgleichem iranischem Mate-
rial in den Beständen des Tinden-Museum.
Wichtigste Einzelerwerbung im völkerkundlichen Sammlungsbereich ist ein kurdi-
scher Sattel mit niellierten Silberbeschlägen.
Insgesamt sind die Sammelergebnisse des Berichtsjahres höchst zufriedenstellend.
Bleibt nur zu hoffen, daß trotz knapperer Mittel und steigender Preise auch in der
Zukunft eine kontinuierliche Entwicklung der im Aufbau befindlichen Orient-
sammlung möglich ist. J.K.
Doppelseite aus einem auf Higra = 1678
n. Chr. datierten osmanischen Pilgerbuch
mit Darstellungen von Mekka und Medina.
Maße: 17,5 x 23,5 cm. Türkei.
Inv.-Nr. L 3630
27
TRIBUS 38, 1989
Colour reproductions for the article of B. Mershen:
»Amulets and jewelry from Jordan...« on pages 43-58.
fig. 1
Recent »eye-bead« from Jordan, blue glass
with white, yellow and red inlay
fig. 2
Necklace A from Kufr Hall
fig. 3
Recent amber necklace from Kerak/Jordan
fig. 4
Necklace B from Kufr Hall
(?
fig. 5
Restrung necklace from Roman-Byzantine
tomb context, Umm Oais/Jordan
fig. 6
Necklace C from Jarash
28
TRIBUS 38, 1989
Südasien-Abteilung
Von den insgesamt 336 Objekten bzw. Objektgruppen, die im Berichtsjahr 1988 für
die Südasien-Abteilung erworben werden konnten, entfällt mit 213 Inventarnum-
mern der größte Teil auf Material aus Indien. Aus Südostasien (Festland) stammen
73 Objekte, aus Indonesien sieben, aus Nepal sieben und aus Tibet 32. Wie in den
vergangenen Jahren wurden Ankäufe - sowohl solche aus Eigenmitteln wie die aus
Zentralfondmitteln - nach den Richtlinien des Abteilungs- und Ausstellungskon-
zepts getätigt, so daß insgesamt in erfreulichem Umfang wesentliche Ergänzungen
in Form von Einzelobjekten und das Schließen von Lücken durch größere Samm-
lungen zu verzeichnen sind. Wiederum konnten auch zahlreiche Objekte als
Stiftungen übernommen werden, wofür wir den Damen und Herren T. Billo, J.
Baader, Prof. O. Pfleiderer, Dr. H. Ploog, E. Lavecchia, D. Hohenstatt, Dr. E.
Haug, A. Toska, Dr. J. Kwoszek, E. Zaepfel sowie der Gesellschaft für Erd- und
Völkerkunde zu Stuttgart e.V. zu großem Dank verpflichtet sind. 39 oder 75
gestifteten Objekte stammen aus Nepal und Tibet, so daß auch 1988 trotz fehlender
Ankaufsmittel für diese Gebietssammlungen bemerkenswerte Zugänge inventari-
siert werden konnten.
Die Bedeutung einiger Neuzugänge kann schon daran abgelesen werden, daß
mehrere sogleich in den neuen Ausstellungsführer der Südasien-Abteilung in Bild
und Beschreibung einbezogen worden sind, da sie in hervorragender Weise wichtige
Stationen und Epochen der Kulturgeschichte Südasiens widerspiegeln. Dies betrifft
vor allem die Sammlungsgruppe der frühgeschichtlichen Kupferhort-Funde aus
Nordindien, unter denen sich auch eine sogenannte anthropomorphe Figur
(1000-800 v.Chr.) befindet, die zu den ersten figürlichen Darstellungen auf
indischem Boden - nach der Harappazeit - gezählt wird. Eine 65 Objekte umfas-
sende Gruppe von Terrakottafiguren aus den Epochen vom 3. Jh.v.Chr. bis 5.
Jh.n.Chr. ergänzt unsere jetzt erfreulich umfangreiche und »ausstellungsreife«
Sammlung durch seltene und eigenwillige Typen. Eine GajalaksmI-Figur in Bronze
aus den Jahrzehnten um die Zeitenwende kann als interessante Ergänzung dazu
betrachtet werden, indem sie die Darstellungsweise von vorhandenen Terrakotta-
plaketten aufnimmt. Um acht Werke erweiterte sich der Bestand an altindischen
Skulpturen aus den Epochen vom 3.-12. Jh., darunter ein kleines Gandhära-Relief
mit der Geburtsszene des Gautama, ein guptazeitlicher Ganesa, ein Terrakottapa-
neel mit der Darstellung Krisnas als Butterdieb und - als einzige großformatige
Skulptur - ein Visnu als Varäha mit weiteren Avatära-Darstellungen auf dem
Reliefgrund.
Allein 130 der indischen Objekte sind der schwerpunktmäßigen Sammelgruppe
»Rajasthan« zuzurechnen, die sowohl historisches wie rezentes Material umfaßt.
Zum einen konnte eine schon vor einem Jahrzehnt zusammengetragene Sammlung
von Moghul- und Rajputtextilien - Pelerine, Mäntel, Hosen, Sitzdecken, Kissen
und Tücher aus Seidenbrokaten und bestickten Baumwollstoffen, als Besonderheit
ein Zeremonialgewand mit unzähligen aufgenähten, bunt schillernden Käferflügeln
- erworben werden, zum anderen umfaßt die Sammlung Bauteile und Hausrat
höfischer und dörflicher Herkunft sowie einen Wohnwagen der wandernden
Lohäri-Schmiede mit dazugehöriger Kleidung, mit Schmuck, Hausrat und Werk-
zeugen, womit unsere aus den Vorjahren stammende Lohäriyä-Sammlung komplet-
tiert wird.
Die Gelegenheit, ein vollständiges birmanisches Saing Waing-Orchester zu erwer-
ben, konnte dank der finanziellen Unterstützung der Gesellschaft für Erd- und
Völkerkunde zu Stuttgart e.V. wahrgenommen werden. Der Bestand an asiatischen
Musikinstrumenten im Linden-Museum ist noch gering, und jede Ergänzung auf
diesem Gebiet ist sehr willkommen. Aus Kontinental-Südostasien kam ferner eine
weitere Gruppe ethnographischer Objekte der Bergvölker Nord-Thailands zu uns,
vor allem große Körbe, Kalebassen, Haus- und Jagdgerät sowie Kleidung. Als
Geschenk erhielten wir indonesische Textilien aus Sawu und Sumba.
30
Kinderwiege, Holz mit Eisenbügeln.
Maße: 100 x 146 cm. Rajasthan, Indien,
Ende 19. Jh. SA 00176 L
In Ergänzung zu unserer Tibet-Erwerbung des Vorjahres wurde uns eine Sammlung
tibetischer Kultgeräte, Druckstöcke, Schmuckstücke sowie eine große Cham-Tanz-
maske und eines der seltenen illuminierten Manuskripte tibetischer Notenschrift
übereignet. Ein neunteiliger Satz von Gußstationen einer Newari-Bronze, begin-
nend mit dem Modell aus Wachs, dient uns zur Demonstration des technisch-
handwerklichen Ablaufs des für das gesamte Südasien bedeutsamen ä-cire-
perdue-Verfahrens. G. K.
31
TRIBUS 38, 1989
Hängerolle (kakemono) mit dem Idealpor-
trät des Dichters Kakinomoto-no-Hitomaro
(gest. 737), Tusche und Farben auf Seide.
Maße (Malgrund): 75,5 x 38,3 cm. Japan,
1. Hälfte Muromachi-Zeit (1338-1573),
14./15. Jh. Inv.-Nr. OA 22806 L
32
Ostasien-Abteilung
Die Bestände der Ostasien-Abteilung haben sich im Jahr 1988 um insgesamt 968
Objekte - 935 aus Korea, 26 aus China und sieben aus Japan - vergrößert, von
denen 945 gestiftet und 23 erworben wurden. Die auf den ersten Blick gewaltige
Zahl der Neuzugänge setzt sich allerdings im wesentlichen aus einer gestifteten
Sammlung koreanischer Münzen mit allein 930 Münzen und Amuletten aus dem 11.
bis 20. Jahrhundert zusammen.
Es ist das erste Mal seit vielen Jahren, daß die koreanischen Sammlungen über-
haupt wieder Zugänge - ausschließlich Stiftungen - erhielten. Neben der Münz-
und Amulettsammlung wurden vier Steinzeuggefäße, Fußschalen bzw. Töpfe mit
Henkeln und Deckeln aus der Silla-Zeit, die als Opfergefäße und Grabbeigaben
gedient hatten, und ein Endziegelstück aus der gleichen Zeit gestiftet, ferner ein
Rollbild aus der späteren Yi-Dynastie (vermutlich Ende 18. / Anfang 19. Jh.) mit
der Darstellung eines buddhistischen Priesters und ambulanten Buchhändlers.
Großer Schultertopf, rötlich-graue, sehr hart
gebrannte Irdenware mit eingestempeltem
Dekor. Höhe; 27,9 cm. China, Zhanguo-
Zeit (480-221 v. Chr.), Inv.-Nr. OA 22023
Die chinesischen Sammlungen wurden wie in den vergangenen Jahren durch
gezielte Ankäufe von insgesamt elf Keramiken, zwei davon gestiftet, erweitert, die
aus der Ost-Zhou-Zeit (770-256 v.Chr.) bis zum 18. Jahrhundert stammen.
Besondere Beachtung erfuhren erneut die keramischen Gegenstände, die im Grab-
kult Verwendung fanden, wie der große Schultertopf aus sehr hart gebranntem Ton
mit eingestempeltem, kammartigen Dekor auf der Außenwandung aus der zweiten
Hälfte der Ost-Zhou-Zeit (ca. 5.-3. Jh. v.Chr.) oder die große, stehende Kriegerfi-
gur in voller Rüstung aus der Tang-Zeit (618-906), die als Wächter ein Grab aus
33
TRIBUS 38, 1989
dieser Epoche beschützte. Weitere Grabbeigaben bilden ein figürlicher Kerzenhal-
ter und ein kleiner Schultertopf aus der Han-Zeit (206 v.Chr.-220 n.Chr.), beide
aus rötlicher Irdenware mit grüner, überwiegend stark versinterter, irisierender
Bleiglasur. Zur Gruppe der Grabbeigaben gehört wahrscheinlich auch eine Kanne
mit kurzer Tülle aus Steinzeug mit einer dicken, schwarzbraunen Glasur und
weißgrauen, verlaufenden Flecken, sog. Huangdao-Ware aus der nordchinesischen
Provinz Henan, aus der zweiten Hälfte der Tang-Zeit und ein becherförmiger
Kerzenhalter oder Räuchergefäß auf hohem Fuß aus Porzellan mit einer grünlich-
blauen Glasur, sog. Qingbai-Ware, mit einem eingeschnittenen Lotosblattdekor aus
der späten Song- oder Yuan-Zeit (13. Jh.)
Eine hohe mc/pmg-Schulterflasche aus Steinzeug mit schwarzbrauner Glasur und
aufgemaltem, eisenbraunem Dekor aus fliegenden, sehr stilisierten Vögeln aus der
südlichen Song-Zeit (1127-1278) und vermutlich aus einem Ofen in Nordchina
Kanne, beigefarbenes Steinzeug mit
schwarzbrauner Glasur und weißgrauen,
verlaufenden Flecken, sog. Huangdao-Ware.
Höhe: 22 cm. China, Provinz Henan,
Tang-Zeit (618-906). Inv.-Nr. OA 22812 L
34
Stehende Kriegerfigur (Grabbeigabe), bei-
gefarbene Irdenware mit Resten der kalten
Bemalung. Höhe: 61 cm. China, Tang-Zeit
(618-906), 7.-8. Jh. Inv.-Nr. OA 22813 L
ergänzt die kleine Gruppe ähnlicher Steinzeugwaren aus der gleichen Zeit. Eine
Öllampe oder Räuchergefäß auf zugehörigem Stand, Blanc-de-Chine-Porzellan aus
Dehua aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, zwei Blauweiß-Porzellane, eine
Langhalsflasche und eine Teekanne aus der Kangxi-Ära (1662-1722), und ein
Schälchen mit Untertasse, sehr dünnes Porzellan mit einem sparsamen Schmelzfar-
ben- und Golddekor aus Schmetterlingen und weiteren Insekten, aus der frühen
Qianlong-Ära (1736-95) beschließen mit Porzellanen aus der Oing-Zeit
(1644-1911) die Liste der chinesischen Keramikerwerbungen.
Vier Glasarbeiten aus dem 18. bzw. frühen 19. Jahrhundert erweitern die vorhan-
dene kleine Sammlung chinesischer Gläser der Ostasien-Abteilung. Zwei kleine
Langhalsflasche, dickes, opakes, türkis-
farbenes Glas mit Reliefdekor im Kamee-
schnitt (stilisierte Drachen). Höhe: 25,1 cm.
China, 18. Jh. Inv.-Nr. OA 22808 L
TRIBUS 38, 1989
Lackteller aus der Kangxi-Ära (1662-1722), dekoriert in der luodian-Technik,
Schwarzlack mit Einlagen aus hauchdünnem Perlmuttstückchen der Haliotis-
Schnecke und Goldfolie, ergänzen die bisher noch geringen Bestände dieser
besonderen Lacktechnik der bedeutenden und umfangreichen chinesischen Lack-
sammlung der Abteilung.
Mit dem Erwerb von drei Möbeln aus der späten Ming-Zeit (Anfang des 17.
Jahrhunderts),ein Paar hoher, zweitüriger Kabinettschränke aus einem hellen
Obst- oder Kampherholz und ein quadratischer Tisch aus huanghuali-Holz (sog.
»Rosenholz«), wurde ein neues und zur Darstellung der chinesischen Kultur
wichtiges Sammelgebiet begonnen, das aufgrund der relativen Größe der Möbel
und auch großen Seltenheit zwangsläufig zahlenmäßig klein bleiben wird. Bisher
konnten trotz jahrelanger Bemühungen keine frühen chinesischen Möbel erworben
werden, die Qualität-Preis-Relation war einfach zu unvorteilhaft.
Der erste gelungene Ankauf auf diesem Gebiet wurde jedoch kurz danach bereits
übertroffen und erweitert durch eine großzügige Stiftung des Ehepaares Dr. E.
Eckert, das der Ostasien-Abteilung neben einem sehr großen Ningxia-Teppich aus
dem späten 19. Jahrhundert seine gesamten frühen chinesischen Möbel übereig-
nete: ein Paar kleiner, sehr seltener zweitüriger Schränke aus huanghuali-Holz,
oben mit einem offenen Regal, aus der späten Ming-Zeit (1. Hälfte 17. Jh.), ein
großer, quadratischer Eßtisch, ebenfalls aus huanghuali-Holz, aus dem 17. Jahr-
hundert und zwei Stühle im Peking-Stil mit niedriger Rückenlehne und Armlehnen
aus huanghuali- und hongmu-Holz aus der Qing-Zeit (1644-1911), vermutlich dem
18. Jahrhundert.
Damit erfuhr innerhalb weniger Jahre die Ostasien-Abteilung des Linden-Museums
zum zweiten Male eine ganz wesentliche Bereicherung seiner chinesischen Samm-
lungen durch eine erneute, substantielle Stiftung des Ehepaares Dr. Eckert.
Zunächst wurden 1975 zwei archaische chinesische Kultbronzen und dann 1983 die
gesamte Bronzesammlung und einige frühe Keramiken dem Linden-Museum
gestiftet und nun 1988 die chinesischen Möbel.
Was bereits anläßlich der ersten Schenkung gesagt wurde, kann hier nur wiederholt
und bekräftigt werden; die Stiftungen sind völlig uneigennützig gemacht worden
ohne jegliche persönliche oder sonstige Vorteile, nur mit dem Gedanken und der
Absicht, daß die intakt aus China nach Deutschland gebrachten und sorgfältig und
liebevoll bewahrten Gegenstände, mit denen das Ehepaar Eckert über Jahrzehnte
hinweg lebte, als geschlossene Sammlung erhalten bleiben und der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden sollen.
Die Bronzesammlung »Stiftung Dr. Eckert« ist in wesentlichen Teilen und in
wechselnder Auswahl ständig in der Dauerausstellung der Ostasien-Abteilung im
Linden-Museum Stuttgart ausgestellt, die jetzt neu hinzugekommenen Möbel
stehen seit Ende 1988, restauratorisch aufgefrischt, in einem adäquaten Rahmen in
den barocken Prunkräumen des Zweigmuseums im Schloß Ettlingen bei Karlsruhe
als neue Glanzlichter der dortigen Ostasien-Ausstellung.
Die Japan-Sammlungen wurden im Berichtsjahr durch fünf Ankäufe, im wesentli-
chen aus Mitteln des Lotto-Zentralfonds, und zwei Schenkungen erweitert, darun-
ter ein zweibändiges Album mit der Abschrift des 54. Kapitels des Genji monoga-
tari (»Erzählungen vom Prinzen Genji«) von Miyamoto Chikuei aus dem Jahr 1988.
Neben zwei Porzellanen, einem großen Teller mit unterglasurblauem Dekor aus
Arita, um 1700, und einer muschelförmigen, flachen Anbietschale, sog. Imari-
Ware, mit einem Schmelzfarben- und Golddekor aus der Genroku-Ära
(1688-1703), bestehen die wichtigsten Erwerbungen aus Malereien, jeweils eine
Hängerolle (kakemono) mit dem Idealporträt des Dichters Kakinomoto-no-Hito-
maro (gest. 737) aus der frühen Muromachi-Zeit (1338-1573) bzw. der Darstellung
des gealterten Wanderpriesters und Dichters Saigyö Höshi (1118-90) und der
Kurtisane Eguchi von Shibata Zeshin (1807-91) und einer langen buddhistischen
Ouerrolle (e-makimono) mit einem Sütrentext aus der späten Heian-Zeit
(794-1185). Es handelt sich um den 99. Abschnitt des Mahä-Prajnäpäramitä-sütra
(japan. Daihannya-haramitta-kyö) aus dem Tempel Jinshö-ji aus Nagahama bei
36
Kyoto, der mit Goldfarbe auf dunkelblauem Papier (konshi) geschrieben steht. Das
Vorsatzblatt (mikaeshi) ist außen mit Gold- und Silbermalerei mit »Blütenranken«
und der Titelkartusche geschmückt und innen mit der Darstellung des Buddha,
umgeben von Bodhisattvas und Mönchen in einer Landschaft mit Bergen.
Große, flache Schüssel, Blauweiß-Porzellan
mit etwas stilisiertem floralen Dekor, sog.
Arita-Ware. Durchmesser: 36,5 cm. Japan,
um 1700. Inv.-Nr. OA 22836
Im Berichtsjahr fanden die drei Sonderausstellungen »Japanische Landschaftsmale-
rei, Sammlung Bälz«, vom 24. 3.-17. 4. 1988, »Chinesische Lackarbeiten«, vom 11.
5.-10. 7. 1988, die zuvor bereits in Hamburg vom 15. 2.-17. 4. 1988 im Museum
für Kunst und Gewerbe gezeigt worden war, und »Cha Su - Koreanische Seiden-
stickereien«, vom 1. 6.-28. 8. 1988, die aus Seoul, Korea, übernommen wurde,
statt. Außerdem wurde im Schmuckmuseum Pforzheim im Reuchlinhaus vom 23.
7.-18. 9. 1988 die Ausstellung »Inrö - Gürtelschmuck des Japaners« aus Beständen
des Linden-Museums gezeigt, wie die anderen, oben aufgeführten Ausstellungen
begleitet von einem Katalog.
Ferner wurde die Ausstellung »Japanische Landschaftsmalerei, Sammlung Bälz«
noch an den folgenden Plätzen in Baden-Württemberg gezeigt: in Lörrach in der
Villa Aichele, vom 17. 1.-21. 2. 1988, anläßlich der Landesgartenschau im Zweig-
museum Schloß Ettlingen, vom 21. 4.-5. 6. 1988, in Bietigheim-Bissingen im
Hornmoldhaus, vom 21. 8.-26. 10. 1988, und zuletzt in Biberach a.d. Riß im
Städtischen Braith-Mali-Museum, vom 16. 10.-20. 11. 1988.
37
TRIBUS 38, 1989
Vom 15. 2.-9. 3. 1988 wurde ein Kompakt-Lehrauftrag an dem Institut d’Art et
d’Archéologie der Université Sorbonne, Paris, über das Thema »La peinture
japonaise« wahrgenommen im Rahmen des ERASMUS-Programmes, gefördert
durch die EG, Brüssel. Außerdem wurde im Wintersemester 1987/88 und im
Sommersemester 1988 ein weiterer Lehrauftrag über »Einführung in die japanische
Malerei« an dem Kunsthistorischen Institut der Universität Stuttgart abgehalten.
Diesem schloß sich im laufenden Wintersemester 1988/89 ein neuer Lehrauftrag mit
dem Thema »Chinesische Keramik I« an. K. J. B.
Südsee-Abteilung
Im Jahr 1988 konnte die Südsee-Abteilung die für sie ungewöhnlich hohe Zahl von
56 Neuzugängen verbuchen, von denen fünf Objekte - u.a. ein Kopfschmuck der
Mendi aus dem Hochland Neuguineas und ein sog. Mendi-Krieger, ein rezenter
Tapa und ein z.T. mit modernen Materialien dekorierter Zeremonialkalkspatel von
den Trobriand-Inseln - als Geschenk ins Haus kamen.
Die Eigenerwerbungen entstammten dem polynesischen wie dem melanesischen
Bereich. Zu den wohl ältesten Objekten unserer Sammlung ist ein steinerner
Brotfruchtstößel zu rechnen, eine wesentliche Ergänzung stellt auch ein reich
beschnitzter Zeremoniallöffel von Mangereva dar.
Aus den 30er Jahren stammt eine Farnfigur von Vanuatu (Neue Hebriden),
mindestens das gleiche Alter ist einer ungewöhnlichen Schale - ebenfalls Neue
Hebriden - zuzuschreiben, deren Unterseite in Form einer äußerst stilisierten
Maske gearbeitet ist.
Den wohl spektakulärsten Neuzugang bilden zehn Tanzaufsätze aus dem nördlichen
Neubritannien, die erst 1986 für ein im Januar 1987 durchgeführtes Generationen-
fest in mehreren Dörfern hergestellt wurde. Die Körper der Aufsätze sind aus auf
Rotanggestellen aufliegenden Baummark-Wülsten gefertigt und mit weichem Holz
und Federn dekoriert, sie bestehen also aus leichten Materialien, die sie trotz ihrer
imposanten Höhe von bis zu 3 Metern noch handhabbar und tanzbar machten. Die
Tatsache, daß solche Tanzaufsätze in traditionellem Stil - dargestellt sind Geistwe-
sen und Symbole mythischer Überlieferung - noch verwendet werden und erwor-
ben werden konnten, zeigt die große Überlebenskraft traditioneller Bezüge in einer
Zeremonialschöpflöffel mit Relief-Dekor
auf Griff und Löffelrand, Holz.
Länge 86,5 cm. Austral-Inseln.
19. Jahrhundert. Inv.-Nr. S41466L
Popoi-Stößel zum Zerkleinern von Brotfrucht.
Grauer Basalt. Länge: 20 cm. Tahiti.
Inv.-Nr. S 41465
sich auch in Papua Neuguinea immer schneller wandelnden Welt. Sie ist besonders
erfreulich, weil in den europäischen Sammlungen alte Tanzaufsätze aus diesen sehr
fragilen Materialien nur selten erhalten geblieben sind.
Aus dem Hochland von Neuguinea kam eine Sammlung von Ethnographica ins
Linden-Museum, darunter Beispiele für die verschiedenen Geldsorten, Schmuck
und Gebrauchsgegenstände der Foi vom Kutubu-See und eine besonders schöne
Kina-Muschel, deren aufwendige traditionelle Verpackung zeigt, daß sie auch für
ihre früheren Besitzer von großem Wert gewesen sein muß.
Neben einigen Schmuckstücken von den Solomonen bzw. St. Cruz- Inseln und zwei
kleineren Yamsmasken aus dem Maprik-Gebiet konnte schließlich auch ein Mas-
kenkostüm von den Asmat - heute im indonesischen Teil Neugineas, in Irian Jaya
beheimatet - erworben werden.
Insgesamt ist festzustellen, daß der Preis-Höhenflug für seltene und außergewöhn-
lich qualitätvolle Kunstobjekte aus der Südsee, vor allem aus Polynesien, noch
lange nicht beendet zu sein scheint. Dadurch wird aus dem wesentlichen Desiderat
der Südsee-Abteilung, die kleine Polynesien-Sammlung durch gezielte Ankäufe zu
ausstellungsfähigen und attraktiven Gruppen zu erweitern, ein Projekt für die
nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Dafür erscheint es für einige melanesische
Regionen noch möglich, relativ günstig gute Objekte mit großer ethnographischer
Relevanz zu erwerben. Besonders erfreulich erscheint auch die Tatsache, daß nach
und nach betrübliche Lücken - z.T. durch Kriegsverluste entstanden - durch zwar
rezente, aber nicht weniger qualitätvolle Stücke geschlossen werden können. I. H.
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TRIBUS 38, 1989
Amerika-Abteilung
Im Jahr 1988 konnte für die Amerika-Abteilung wiederum eine größere Zahl
qualitätvoller Stücke erworben werden, die zum Teil in die nun hoffentlich bald zu
verwirklichende neue Dauerausstellung eingehen und damit einer interessierten
Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Die erworbenen Stücke stam-
men zum einem aus Nordamerika, zum anderen aus dem Mittleren Andenraum,
wobei naturgemäß der peruanische Teil die anderen Regionen zahlenmäßig bei
weitem übertrifft. In jedem einzelnen Fall konnte auf dem eingeschlagenen samm-
lungspolitischen Weg ein weiteres Stück zurückgelegt werden. Insgesamt wurden im
Berichtsjahr 107 Objekte erworben. Davon entfallen auf Nordamerika 14 Objekte.
Besonders erfreulich ist, daß sie gleich mehrere Kulturgebiete Nordamerikas
repräsentieren. Das herausragendste Stück unter den nordamerikanischen Neuzu-
gängen ist eine Bisonrobe (Umhang aus einem Bisonfell) von den Mandan oder
Dakota, hergestellt um 1820. Sie entstammt der weltberühmten Sammlung des
Herzogs Paul von Württemberg. Der Unterzeichner hat sich in zahllosen persönli-
chen Gesprächen mit dem Besitzer über viele Jahre hinweg um den Erwerb dieses
Stückes für das Linden-Museum Stuttgart bemüht.
Der Kulturprovinz Nordwestküste sind eine Knochenflöte sowie eine Rassel aus
bemaltem Holz von den Tlingit zuzurechnen. Von den Eskimo stammen drei
Objekte: ein Hakenstab, der beim Schlittentransport verwendet wurde, ein gravier-
tes Schneemesser aus Walroßzahnbein, beide aus Alaska, und ein Mantel aus
Seesäuger-Darmhaut, Grönland. Aus dem Östlichen Waldland kommt ein leder-
nes, perlenverziertes Gewand der Irokesen, das ebenfalls eine große Rarität
darstellt. Eine Wolldecke der Navajo beschließt die nordamerikanischen Objekte,
die in das 19. Jahrhundert zu datieren sind. Die drei erworbenen Speerspitzen aus
Feuerstein fallen in das Archaikum, eine vorchristliche Zeitspanne in Nordame-
rika, in etwa mit unserem europäischen Mesolithikum zeitgleich. Drei Steinschalen
aus Casas Grandes, Nordmexiko, sind ebenfalls präkolumbisch. Diese sechs letzt-
genannten Stücke haben uns einen kleinen Schritt auf unserem sammlungspoliti-
schen Weg weitergebracht, neben den starken archäologischen Beständen aus
Südamerika ein - wenn auch kleines - Gegengewicht für Nordamerika zu schaffen.
Im Hinblick auf Peru ist es erneut gelungen, etliches organisches und nichtkerami-
sches Material zu erwerben. Dennoch dienen einige Spitzenstücke aus gebranntem
Ton der Ergänzung der vorhandenen Keramikbestände. Alle 1988 angekauften
Gegenstände aus dem Mittleren Andenraum lassen in qualitativer Hinsicht nichts
zu wünschen übrig. Sie werden nachfolgend in chronologischer Reihenfolge aufge-
führt.
Chavin: 1 Gewandnadel aus Gold; 5 figürlich modellierte und bemalte Gefäße aus
gebranntem Ton. Paracas: 5 polychrome Keramiken; 1 Geweberest mit aufgemal-
tem Gesicht (»Mumienmaske«). Salinar: 3 Tongefäße. Virü: 1 Tongefäß mit Nega-
tivmalerei. Vicüs: 3 Figurengefäße; 3 Pektorale aus gehämmertem Goldblech mit
Ritzzeichnungen. Nazca: 6 polychrome Tongefäße; 1 Kopfbedeckung aus einem
geflochtenen Baumwollband; 1 polychromer Köcher aus Baumwollgewebe.
Moche: 23 verschiedenartige Keramiken (bemalte Bügelgefäße und figürlich gestal-
tete Keramiken); 1 Figürchen in Gestalt eines Kriegers aus Silber. Recuay; 2
Figurengefäße aus gebranntem Ton. Tiahuanaco/Huari: 1 Beilklinge aus Stein; 1
Paar große und 1 Paar kleine Ohrpflöcke aus Holz mit Federchen überklebt; 1
Rollbild aus Schilt und Wollfäden. C himü: 1 l'igurengefäß; 2 Pektorale, eines aus
Kupfer und eines aus Silber; 1 Fragment aus Kupferblech (Kopf eines Vornehmen);
1 goldene Gewandnadel mit Äffchen; 1 Paar Ohrpflöcke aus Goldblech; 1 Grab-
stockspitze aus Kupfer. Chancay: 1 textiler Koka-Beutel; 1 Stab zum Anschlägen
der Webfäden; 1 Textilstück in Kelim-Technik. Inka: 1 Tongefäß in Form eines
Fußes; 1 schwarzer Poncho mit hellen Streifen; 1 polychromes netzartiges Gewebe-
stück; 6 Gewandnadeln aus Kupfer; 1 Kürbisschale mit geometrischer Verzierung; 1
Holzkeule mit Steinkopf und rotem Textilband; 1 Paar Stiefel aus Lamaleder und
40
-feil. Dem präkolumbischen Material sind weiterhin eine Steinplatte mit Petrogly-
phen aus Süd-Bolivien sowie ein anthropomorpher Knochenanhänger aus Ekuador
zuzurechnen. Zum Schluß sei noch ein Geschenk rezenter Textilien aus Peru
erwähnt. Zum einen handelt es sich um drei bestickte Gewandoberteile, eines aus
Wolle (eines Mannes), das andere aus Baumwolle (einer Frau), zum anderen um
ein vollständiges Gewand aus Wolle, bestehend aus einem Hut, einem Nackenwoll-
band, einem Schultertuch, einem Rock und einer Bluse. A. S.-T.
Bügelgefäß in Gestalt eines Greifvogel-
Schlange-Mischwesens mit Resten pastoser
Bemalung. Höhe: 27 cm. Chavin
(Tembladera), Alt-Peru, um 200 v. Chr.
Inv.-Nr. M 32439 L
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TRIBUS 38, 1989
42
Mershen: Amulets and jewelry from Jordan
BIRGIT MERSHEN
Amulets and jewelry from Jordan - A study on the function
and meaning of recent bead necklaces
I. Introduction
I. A. Amulets and jewelry
The interpretation of jewelry in archaeological context often presents serious
problems for archaeologists. Yet few attempts have been made to take into
consideration comparative ethnographic data when discussing the origin and histo-
rical significance of a piece of jewelry, or even its socio-economic implications, and
few attempts have been made to provide the archaeologist with this kind of data.
In the following, functional aspects and individual histories of nineteenth- to
twentieth-century bead necklaces from Jordan are discussed. Arguments will be
made against the unrestricted use of exclusively formal criteria as the sole basis of
jewelry classification. Besides a number of metal beads, beads made of different
organic and non-organic materials are discussed, since these are the beads which,
since the Epipalaeolithic, form part of the archaeological material culture assem-
blage of the Near East. Besides their material and aesthetic value they have
acquired a wide set of attributed magico-medical properties. It is a well-known fact
that many beads found at burial sites dating back as far as prehistoric periods have
to be interpreted as amulets.
Often, these amulets may be defined as functional personal adornment (Kennedy
1986: 50; Sleen n. d.; 55). In this context the question arises as to whether a clear
distinction between amulets and jewelry might be reasonably drawn. Any material
item worn by a person for mere adornment might be considered jewelry. Such a
definition does, however, meet with certain problems; jewelry may serve particular
practical purposes, as do, for example, hair-needles and fibulae. The word adorn-
ment itself is a rather vague term, not providing an answer on how and why
adornment is sought and how the mechanism works. Considering the question of
what »amulets« are, one is left puzzled with the huge amount of re-discussions and
re-definitions of the term since Antiquity (Budge 1978: 12f). No attempt will be
made to take up this discussion at this point. Instead it is suggested that an amulet
be defined as any object believed to prevent misfortune and danger, to counteract
or divert the effects of supernatural powers, and to bring luck and strength to its
wearer (Knuf 1984: 10-18). Amulets may protect humans and animals, but also
inanimate objects. They may work either apotropaicly or in an aggressive way,
enforcing something upon somebody. In Jordan a well-known amulet of this type is
meant to make its wearer, against his wish, fall madly in love with another person
(Mershen 1982: 117-127). Another amulet may be thought to make its wearer
irresistibly attractive to others. Amulets exist in virtually all materials and shapes.
In our region two main groups of amulets are found. The first group is represented
by written amulets (Mershen 1982). In general written for a particular purpose,
most of them are strictly personal and often name the person the amulet was written
for. Written by magico-religious specialists, they are supposed to work with the
magical powers of incantation, spell, symbols, and particular supernatural beings
which the scribe seeks to control by addressing them with their secret names or
symbols (Winkler 1931).
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TRIBUS 38, 1989
Amulets of the second group are those working with the power inherent in the
material, colour or shape of the object itself. They often are considered to be of a
less personal character than written amulets. They are not manufactured by magico-
religious specialists but are either bought readily or found by chance, collected or
made by the people intending to use them. To this type of amulet belongs the whole
group of objects worn as pendants, necklaces, bracelets or rings on the body of a
person for his protection. The material may be organic or nonorganic: metal,
stones, glass, faience, shells, amber, horn, bones, parts of animals, and today even
plastic are used. Among the metals, silver occupies a prominent place, as it is
believed to be of greater amuletic power than gold. Silver is considered to possess
baraka (Mershen 1987: 107), the numinous blessed power acting in a generally
positive manner. Many other materials, colours, and shapes, however, are thought
to serve more specific purposes: particular qualities are attributed to most semi-
precious stones (Kriss and Kriss-Heinrich 1962: 38), acting upon the physical
condition of its wearer and often related to particular parts of the body. Blue and
green beads are representations of the eye. The eye and the hand are believed to
ward off the »evil eye«, as is the cowrie shell, which in addition is a symbol for
fertility. As most of these materials range among the traditional materials for local
jewelry, it is evident that the distinction between jewelry for mere adornment and
for amuletic purposes is difficult to draw. Jewelry, to a large extent, is amuletic in
character, and amulets often are jewelry. Instead of an absolute distinction it seems
more appropriate to speak of jewelry with predominantly adorning and jewelry
with primarily amuletic functions. The majority of pieces of local jewelry would
probably have to be placed in between these two extremes. From this perspective
the discussion of jewelry is less likely to be limited to purely formal criteria. Instead
of approaching it as a discrete object out of its context, one should consider the
meaning a piece of jewelry has for its wearer. In this respect, the ethnographer is in
a better position than the archaeologist, as he/she can talk to the people and find
out about the history and the significance of a particular piece in the form it is
actually worn.
I. B. Beads and bead necklaces in ethnographic context
Ethnographers, like archaeologists, have in general been paying attention to the use
and distribution of individual bead types, the most famous of them being the so-
called »eye-bead« (fig. 1), which is believed to counteract the »evil eye«, and is
found in various forms all around the mediterranean region and in many other parts
of the world.
Little research, however, has been carried out on the composition, arrangement,
and use of groups of beads, especially of necklaces (for the discussion of an amuletic
necklace from North Africa cf. Champault 1956). The scarcity of these studies is
often related to the fact that it is difficult to obtain well documented pieces. If
purchased from a dealer, as usually is the case, there is generally little information
about the piece. Even if the geographical origin of the piece is known, no
information on the original owner and wearer of the necklace, or about the purpose
of wearing and the circumstances of acquisition may be available. The fact that
dealers often re-thread and re-compose necklaces for a variety of reasons adds to
the uncertainty about the integrity of the piece. Necklaces of this kind sometimes
are characterized by a greater regularity of strands and a higher number of similar
beads. The trend to standardization is certainly related to an adaptation to the
customer’s taste. Even in the ethnographic context it is difficult to talk of the
»original composition of a piece«, as jewelry, much as with other items of material
culture, is frequently subject to change - i.e. repair, re-threading, or re-cycling in
one way or the other. These processes, however, if understood as re-adaptation of
an object to a new situation, do not imply a loss of information.
The three necklaces discussed in the following have been acquired during field
research. They provide remarkable data on functional jewelry, and, hopefully, will
44
Mershen: Amulets and jewelry from Jordan
encourage archaeological research in the future to make use of ethnographic
parallels for the interpretation of jewelry.
I. C. Bead necklaces as composite amulets
In Jordan, ethnographers as well as archaeologists often come across necklaces
composed of a variety of beads and other elements of different materials and
shapes. Today, this type of necklace is considered typical for the Bedouins of
southwestern Palestine (Weir 1976: 72) and Jordan (Kawar and Hackstein 1987:
408). It also seems to be widely distributed through Saudi Arabia (Colyer-Ross
1980: 110), a fact which should not be surprising, as southern Palestine, Jordan, and
northern Arabia have been a Bedouin territorial unit for a long time (cf. for the
Qedar of the fifth century B. C. and later for the Nabataeans, Knauf 1985: 106;
Knauf 1986: 83). Particular to these necklaces is the fact that they are not purchased
as complete ensembles but are composed individually by their owners. Their
character is therefore rather personal. The type of necklace is more wide-spread
among the settled population in Jordan than has been thought previously. The three
examples discussed here have all been worn by women from a village farming or
even semi-urban background in northern Jordan. At the time these particular
necklaces were strung, i.e. the late nineteenth century, this was a region with a
relatively strong Bedouin influence (c.f. Hiitteroth 1975; 8). Thus, even their
owners conceived of the necklaces as being typically Bedouin. The fact that they
were worn, although defined as being basically strange to the indigenous inventory
of jewelry, relates to their amuletic function; amulets which are considered to
belong to a different cultural context than the one of the wearer are believed to be
especially powerful (cf. Mershen 1982: 13 and fn. 17). Even today many peasant
women of the region wear these necklaces. They comment that they would wear
them underneath the scarf covering head and neck, whereas the Bedouin would
wear them visibly. The difference in the manner of wearing the necklace, thus,
helps to maintain group boundaries.
The necklace which is designated with the general term toq (necklace) or toq haraz
(bead necklace) is worn for.a rather specific purpose: by ensuring the husband’s
love, preventing him from taking a second wife or, if he has already done so,
strengthening the first wife’s position, it is meant to protect the wearer’s marital life.
Related to this is the influence on a woman’s fertility attributed to the necklace,
because the wife’s social status rises with the number of her male offspring (Youssef
1978; 85f). Therefore she wishes to counteract all factors which might be disfavour-
able to this aim. If, despite medical treatment or other efforts, problems which
cannot be explained easily persist, one often is inclined to attribute these to
supernatural forces.
In the Near East, misfortune is often considered a result of the operation of the
»evil eye« (cf. Seligmann 1910; Hauschild 1979) al-ain or cain al-hasud (the eye of
the envier). The power attributed to the »evil eye« is believed to harm the human
being, animal, plant, or object it is cast upon (Canaan 1914: 28-32; Einssler 1889;
Abela 1884: 94, 178). Not only are illness, accidents, and destruction attributed to
its effect, but also disturbances of social and particularly family relations.
Infertility, abortion, childbed fever and the death of an infant are often thought to
be the responsibility of a female childbeddemon, the Qanna, sometimes called at-
Tdbi'a or Umm as-Subydn (cf. Winkler 1931; Mershen 1982: 23-26). According to
Muslim tradition it was King Solomon who subdued the demon. He made her swear
seven oaths signed with seven seals. The person who wears these seals is believed to
be protected from the Qarina’s action (cf. Mershen 1982: 23f; Kriss and Kriss-
Heinrich 1962: 75-79).
It is evident that relief from harm thought to be caused by supernatural forces will
be sought in supernatural means (Mershen 1982: 27). Beads with magical powers
attributed to their material, colour, shape, or provenance are particularly persistent
and easily recognized expressions of this belief system.
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TRIBUS 38, 1989
II. Three bead necklaces from Jordan - a comparative study
II. A. Composition of necklaces and classification of beads
II. A. 1 Necklace A (Colour reproductions of fig. 1-6 see page 28.)
Necklace A (fig. 2) consists of one inscribed silver-plate pendant (pi. 1,1,), one
cylindrical silver pendant (pi. 1,9), one biconical silver pendant (pi.1,2), four
spheroid hollow silver beads (pi. 1,4,6), two conical silver beads (pi. 1,7), twelve
small cylindrical beads from cast silver (pi. 1,3,10), forty faceted silver beads
(pi. 1,11), twenty small silver rings (pi. 1,12,13), two cross-shaped silver pendants
(pi. 1,5,8), four spheroid beads made from reddish plastic material (pi. 1,14), one
barrel-shaped (pi. 1,20) and one cylindrical bead (pi. 1,21) from reddish plastic
material, one hexagonal agate bicone (pi. 1,16), ten short cylinders from red glass
(pi. 1,15), one barrel-shaped bead of opaque white porcelain (pi. 1,19), one barrel-
shaped bead of transparent blue glass with white inlaid circles (pi. 1,18), one
banded spheroid faience bead (pi. 1,17).
The inscribed silver pendant (pi. 1,1) is of a type that is frequently found in.Jordan
and Palestine. The inscription is from the Qur’an: Sura 2, verse 256, the äyat al-
kursi, a verse that is considered to possess special baraka and therefore frequently
figures as a component of amuletic texts (Mershen 1982: 78, fn. 3; Kalus 1986: 48).
Excavations at the Islamic site of Aqaba in Jordan recently yielded an Umayyad or
Abbasid city-gate surmounted by a monumental inscription, the äyat al-kursi (cf.
Khouri and Whitcomb 1988: 15). The silver pendant is called mäske or satiba (cf.
Kawar and Backstein 1987: 375; Weir 1976: 62f).
The cylindrical pendant (pi. 1,9) has the form of a container for written amulets, but
cannot be opened. Like the amulet container it is called hiyära (cucumber) (cf. Weir
1976: pi.66) with allusion to its form. The hiyära in filigree- and granulationtechni-
que is particularly common in Saudi-Arabia and Yemen (cf. Colyer-Ross 1980: 23;
Hasson 1987: 50f).
The biconical silver pendant (pi. 1,2) and the three larger silver beads (pi. 1,4) are
designated as garas (bell) which refers to the apotropaic qualities attributed to bells,
thought to ward off evil spirits (cf. Colyer-Ross 1980: 28).
The barbüh called conical terminal beads (pi. 1,7) from silversheet are typical
elements of Bedouin jewelry from Saudi Arabia and have parallels in pre-Islamic
jewelry of Greek origin (cf. Colyer-Ross 1980: 42f, 45f). They also appear in
Yemenite jewelry (cf. Hasson 1987: 88).
The cast »mulberry« silver beads (pi. 1,3,10), habb tilt (cf. Kawar and Hackstein
1987: 380), also designated as turese, are also popular in Yemen (cf. Hasson 1987:
84).
Faceted silver beads (pi. 1,11) called hasak (thorn) are already evidenced from an
approximately eleventh century silverhoard from Central Asia (see Allan 1986: 7f,
fig. 22) and today are popular in jewelry from Palestine and Jordan (cf. Kawar and
Hackstein 1987; 320f and fig. 212, 380f), Saudi Arabia (Colyer-Ross 1980: 113),
Yemen (Hasson 1987: 84) and Oman (Hawley 1978).
Equally widely distributed are the small annular silver beads (pi.1,12,13) (cf. Kawar
and Hackstein 1987: 320; Colyer-Ross 1980: 112; Gießen n.d.: 32, no. 17). As
women in Jordan usually consider them to be originally rings for the nostrils, they
are called zmeyyim (a term that is the usual designation for small noserings among
the Rwalla-Bedouins of the Syrian desert, cf. Colyer-Ross 1981: 98).
The cross-shaped silver pendants (pi. 1,5,8) are considered original earrings and
thus called halaga.
Apart from the amuletic value of particular silver beads, due to an inscription or a
particular shape, the silver elements of a necklace are believed to be of a more
general beneficial character and not related to very specific purposes. The main
advantage of silver, however, is thought to be its power to ward off evil spirits
(Mershen 1987: 107).
46
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Mershen: Amulets and jewelry from Jordan
plate I
Drawing of beads of necklace A
Non-metallic beads are believed to possess more specific magical powers. The
reddish plastic beads (pi. 1,14,20,21), irrespective of their shape are designated as
kahrab, a local variant of kahramdn designating amber, and referring to its electro-
magnetic properties. Probably by analogical reasoning, amber and its plastic
substitutes are believed to attract other people to the person wearing it. Therefore
necklaces composed entirely of amber beads (fig. 3) are very popular throughout
the Near East (cf. Budge 1978: 307f; Kawar and Hackstein 1987: 335; Stillman
1979: 94; Colyer-Ross 1980: 100; 1981: 51; Champault and Verbrugge 1965: 7).
Today most so-called amber beads are fake and made of synthetic resins (cf. Klever
1977: 31; Allen 1976). The question whether real of fake is of little importance to
the amuletic value of a bead (for the problem of simulated materials in jewelry, see
Liu 1980). If amber acts in a certain way, by analogy all beads of similar colour and
appearance are supposed to act in the same way.
The hexagonal agate bicone (pi. 1,16) is called bazle and is thought to be an
efficient remedy against inflammations of the ear, the eye and the throat (a similar
bead is part of necklace no. 381 in Kawar and Hackstein 1987: 369). Similar beads
are said to be typical of the middle ages in Jordan and Syria (Sleen n.d.: 56). The
bazle-bead is also used by itself, hung upon the eyebrow or worn around the neck.
This particular bead was said to have been found in a field outside the village. All
found beads are considered »antique« (which is true in the case of this bazle-bead)
and hence particularly effective.
The red glass cylinders (pi. 1,15) imitate coral and are called rnurgdn like real coral,
even though people are perfectly aware that they are fake. The amuletic use of
corals is widespread. In Jordan their magical power is related to colour symbolism.
Through its red colour the coral is believed to have a positive effect on the blood.
47
TRIBUS 38, 1989
A similar symbolism of colours is active in the case of the white porcelain bead
(pi. 1,19), called harzet halib (milk bead) (cf. Weir 1976: 68). It is thought that
wearing this bead increases the flow of milk of a breast-feeding mother. Therefore
the bead is not only found in jewelry ensembles but also fixed to the inside of a dress
without being associated to other beads.
The blue glass bead with the inlay of white circles (pi. 1,18) symbolizing eyes is the
famous »eye-bead«, today called cuwene. Various forms of stratified eye-beads (cf.
Beck 1981: 42-46, 63-65) have been known in the Near East since the second
millennium B. C. and especially since the late Bronze age (cf. Sleen n. d.: 62f). The
bead is thought to ward off the effects of the »evil eye« and plays an important role
in contemporary amulets (Kriss and Kriss-Heinrich 1962: lOff). In various associa-
tions it is found within composite amulets for human beings and animals, as well as
for cars, sewing machines, and other valuable objects.
The white-banded, black faience bead (pi. 1,17) is called harzet gala, like all types
of black and white banded beads. The woman who wears it hopes to become or
remain »dear« (i.e. gall) to her husband. The bead thus ensures marital affection.
II. A. 2. Necklace B (fig. 4)
Necklace B consists of one cylindrical silver pendant (pi. II, 1) in filigree, called
hiyara, two biconical silver beads, garas, (pi. II, 5,45) of the same type as in
necklace A, two collared silver barrels (pi. 11,8), one collared silver cylinder
(pi. II, 12) and one small gadrooned silver bead (pi. II, 30) which are all designated
as barbuh (for Saudi Arabian parallels for these bead, see Colyer-Ross 1980:
103,112).
The non-metallic beads of this necklace consist of seven short cylinders from black
and white banded ceramics (pi. II, 2), haraz gala, of a bead type that is very popular
in different parts of the Arab world (for the predominant position it maintains
within the Sudanese bead repertoire, see Liu 1982: 25). There are three short
cylinders of red glass (pi. 11,3) and twelve short irregular cylinders of brown-red
coral (pi. 11,4,7,9,10,13,23,28,31,34,37,39,46) which are called murgdn.
The black barrel-shaped glass bead with white dots (pi. 11,44) is designated as
hatmet Sulaimdn ibn Da’ud (seal of Solomon, see supra) and believed to ward off
the Qarlna, whereas formally the bead, which is very common in Roman-Byzantine
tomb assemblages in Jordan (fig. 5), would belong to the category of »eye-beads«.
A red barrel-shaped glass bead with blue, green and white dots and bands
(pi. 11,43) is considered to possess protective power.
Two honey-yellow short cylinders (pi. II, 17,42) are amber of a kind that does also
exist in certain layers of the Zarqa-River banks in Jordan (I. Guba, dept, of
Geology, Yarmouk University, personal communication). They were not, however,
recognized by the wearer of the necklace as amber, kahrab, but designated as haraz
lagta (found beads).
One red-brown (pi. 11,41) and one light-brown short biconical bead (pi. 11,25) are
agate. The next source for this kind of agate is said to lie in Saudi Arabia (I. Guba,
cf. supra, personal communication). Agate is called caqiq in Arabic, but as this type
of bead is usually found in ancient tombs, the beads are designated as haraz lagta.
Their brownish-red colour gives them the reputation of attracting affection. To the
same cognitive bead category belong a brown, banded transparent short agate
barrel (pi. II, 35), a light-red transparent agate cylinder (pi. II, 22), and a spheroid
red transparent glass bead (pi. 11,36).
Beads against the »evil eye« are considered: three blue ceramic beads in the shape
of faceted cylinders (pi. II, 20,32,38), one light blue glass bead in the shape of a
hexagonal barrel (pi. II, 33), three light-green glass beads, one of them collared
(pi. 11,40) the other two hexagonal barrels (pi. 11,24,29).
Three dark red, spheroid-to-barrel-shaped plastic beads (pi. II, 14,16) are locally
classified as kahrab.
Mershen: Amulets and jewelry from Jordan
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plate II
Drawing of beads of necklace B
Special apotropaic effect is attributed to a black plastic bead with incised lines and
dots (pi. 11,21), resembling the design of a snake skin. Popular belief considers the
snake as a demoniac animal with magical powers. Therefore dried snake heads as
well as the »snake-bead«, harzet hams are used to ward off evil (cf. Mershen 1982:
25, fn. 33, 35).
The brown-white banded short glass- or agate-barrel (pi. II, 19) is the »butter and
honey« bead, samn wa casal which is supposed to bring harmony to a married couple
and even to produce affection.
A brownish-red irregular spheroid cornelian bead (pi. II, 18) is called harzet kilwa
(kidney bead). To it is attributed not only a positive influence on the inner organs
and the blood, but also a general healing effect (on the qualities of cornelian, see
Budge 1978: 310. On seals and amulets made from cornelian, see Kalus 1986: 7).
A small, collared and a small, spheroid bead of black glass with white dots
(pi. II, 25 a. 27,26) are called m’ammar and are said to possess general beneficial
qualities.
A square cylinder of green opaque glass (pi. II, 11) is thought to protect and to heal
gallbladder diseases. Therefore it is called harzet mardra.
The yellow glass barrel (pi. 11,6) is said to have been an expensive purchase from
Jerusalem. It is known as harzet safdr (jaundice bead). By symbolism of colour,
yellow beads are considered a protective means against jaundice (cf. Budge 1978:
326). Otherwise, this colour is of relatively little importance within the context of
popular belief. Perhaps due to their particular purpose, yellow beads, except for the
more brownish-yellow of amber, constitute rarer elements of Islamic bead assem-
blages (cf. also Champault 1965: 12).
49
TRIBUS 38, 1989
II. A. 3 Necklace C (fig. 6)
Necklace C consists of a silver pendant in the form of a crescent with a five-pointed
star (pi. Ill, 16), thirteen blue spheroid to barrel-shaped glass beads
(pi. 111,3,4,6,8,15,19,20,22,33,36,38,39,42), one green glass bead (pi. Ill, 10),
four yellow glass barrels (pi. Ill, 7,14,37,41), one yellow faceted glass bicone
(pi. Ill, 43), one green glass disk (pi. Ill, 27) and one rose-red chert disk (pi. Ill, 26),
one short red plastic barrel (pi. 111,24), one red agate bicone (pi. Ill, 11), two red
faceted agate bicones (pi. Ill, 30,35), one red agate bicone disk (pi. Ill, 29), two
honey-coloured spheroid glass beads (pi. Ill, 1,40), one light-brown chalcedon
barrel (pi. 111,28), one shell of an unrecognizable species (pi. Ill, 18), but probably
from Aqaba, seven cowrie shells (pi. Ill,2,5,9,13,21,31,34), one black spheroid
glass bead with white circles (pi. Ill, 12), one black cylinder (pi. Ill, 25) of unidenti-
fied material and one black horn (perhaps from a hoof) pendant (pi. 111,17), one
brown-red octagonal chert bicone (pi. 111,23), one red agate barrel (pi. 111,44), one
rose-red agate pendant (pi. 111,32).
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plate III
Drawing of beads of necklace C
Mershen: Amulets and jewelry from Jordan
The silver pendant in the shape of a crescent with a five-pointed star, which has
become one of the figurative symbols of Islam (Kriss and Kriss-Heinrich 1962; 36f),
is frequently found in the jewelry and amulets of the region.
The cowrie shells, wadac, presumably came from Egypt or Sudan. They play a
dominant role as both apotropaic amulets against the »evil eye« and as fertility
amulets (cf. Klever 1977: 20; Kennedy 1986: 52). For the first mentioned magical
property, they not only protect human beings, but are also frequently attached to
the harnesses and saddles of riding camels and horses. The amuletic use of cowries
is so popular that in case they are not available, they are substituted by simple white
buttons which by analogy of colour, are supposed to work in the same way
(Mershen 1987: 107).
Whereas a number of bead types have already been mentioned for necklace A and
necklace B, certain beads of necklace C deserve special mention: the spheroid bead
of black glass with white spirals laid in (pi. Ill, 12) is the harzet hayye (snake bead)
against the Qarlna. The bead type is frequently found on Roman-Byzantine sites in
the region (fig. 5). Where the bead occurs in recent bead necklaces it has usually
been found at such a site.
The black cylindrical bead (pi. III. 25) seems to be an antique bead of the so-called
»combed« type where the original inlay has gone off. (cf. Sleen n.d: 44,46).
The black incised pendant (pi. Ill, 17) is called tacwlde (amulet). Its shape and
decoration suggest a wrapped up amulet (cf. Mershen 1982: fig. 3,6-10).
One hazle-bead against inflammations (pi. 111,29) is of agate, another one is of
chert which may be found in all colours almost everywhere in Jordan. The light-
brown, long chert barrel (pi. 111,28) is a samn wa ‘asal-bead.
The small barrel-shaped bead of red transparent agate (pi. Ill, 44) and the red agate
bicone (pi. Ill, 11) are known as harzet ad-dam (blood-bead) and are thought to
stop bleedings. These beads often occur in the shape of a heart.
The faceted agate beads (pi. 111,29,30,35) belong to those beads, one considers to
attract affection. Red faceted agate or cornelian beads (Arabic caqiq designates
both agate and cornelian) seem to have been popular in Islamic jewelry from the
ninth to twelfth century, as demonstrated by examples from Iran (Jenkins and
Keene 1982: 30ff) and of an eleventh century Fatimid hoard from Caesarea (Katz,
Kahane and Broshi 1968: colour pi. 128). This also applies for the incised agate
pendant (pi. Ill, 32). Similar pendants made from various stones have been found in
Nishapur and are dated to the ninth and tenth centuries A.D. It has been suggested
that their shape had been influenced by natural crystal shapes (Jenkins and Keene
1982: 26). This explanation, however, seems rather far-fetched. The agate pendant,
as well as many silver pendants of this shape, clearly imitate metal amulet
containers of the hiydra type.
II. A. 4 Some cautionary considerations regarding the classification of beads
Some of the real stone and some of the glass beads of necklace C seem to be antique
beads (pi. Ill, 12,23,25,26,27,39) dating back to the Roman Byzantine and Islamic
periods. In amuletic jewelry it is therefore not surprising to find beads of different
age and provenance associated in one assemblage. A classification of the beads
described above, which is purely formal, would meet with other difficulties as well:
the main obstacle is that groups of beads classified according to shape and material
do not necessarily coincide with bead groups classified according to non-formal
criteria, such as local terminology or function. To give but some examples: beads of
various shapes and materials are designated as murgdn (coral). Besides real coral, a
variety of materials is used in the function of coral - important is the coral-red
colour. The principle of »what looks similar will act in a similar way« seems to have
inspired early faience- and glass-making, the beginnings of which were firmly
related to the wish to produce cheaper imitations of precious and semi-precious
stones (Forbes 1966, vol. V.: 115).
51
TRIBUS 38, 1989
In other instances the size of a bead is decisive for classification: thus the bead
called m'ammar (pi. II, 15,26) and the hatmet Sulaimdn ibn Dd’ud bead (pi. 11,44)
differ from each other only in size, whereas their shape, material and decoration are
similar. Of various sizes and shapes may be the blue and green beads worn against
the effect of the »evil eye«.
These few examples, to which many others might be added, sufficiently demon-
strate the inadequacy of classification that is solely based on the criteria of shape
and material.
II. B. History and social context of the bead necklaces
II. B. 1. Necklace A and B
Necklaces A and B have been worn by women from a settled farming community,
Kufr Hall, located approximately halfway between Irbid and Jarash. The families
inhabiting Kufr Hall went there from the mountain range around Nablus in
Palestine around 150 years ago.
Until the 1930’s the village’s subsistence was based on herding and dry-farming of
grain and pulses. The strongest trading links were with the West Bank, where
agricultural surplus was sold and commodities not produced locally were purchased.
The land registration from the 1930’s which put an end to the communal landowner-
ship of the musac-system, brought a shift in subsistence strategies: to a greater
extent than previously, herding and dry-farming were supplemented by tree-
cultivation, especially of olive trees and vines. This, however, did not change the
regional links. Olive oil and raisins, if not purchased by itinerant traders, were still
sold on the West Bank.
The history of both necklaces started about one hundred years ago. By then, the
grandmother of the last owner, had acquired the first elements of either necklaces.
These basic elements of both ensembles had come from different sources: some
have been brought back from the pilgrimage to Mecca and Medina. This was the
case for most silver beads, in particular the satlba and the hiyàra, which according to
the owner, are the oldest elements of necklace A. Other elements were bought in
Jerusalem and Nablus. A number of beads have been found on the ground, their
»antiqueness« adding special value and amuletic power to the necklaces. Other
beads were purchased from Bedouin women, as close contact existed between the
villagers and the Sardrdt Bedouins (for this kind of contact in antiquity, see Knauf
1981), and intermarriage was frequent - the mother of necklace A’s owner had a
Bedouin co-wife.
The necklaces were passed from mother to daughter when the former had reached
either a certain age or a secure status vis-à-vis her husband and her co-wifes, which
was connected to her having raised a sufficient number of male children. The
mother then would no longer feel the need for protection through the necklace and
could pass it to her married daughter. It seems that this point was generally reached
at an age when interest in marital life became weaker.
The daughters complemented the necklaces with elements from similar sources as
those already used by their mothers.
A certain pattern for the type of new acquisitions is, however, discernible: all the
silver elements were acquired by the first and the second generation of owners and
mostly were brought from the Higaz. The last generation of necklace wearers only
added particular non-metallic beads to the necklaces. This apparently relates to the
functional differences of the silver and the non-metallic beads: whereas the silver
beads are of a more general positive influence, the stone, glass, and ceramic beads
serve rather specific purposes. Thus, once the basic elements of the necklace were
acquired, additions became necessary only in certain cases: for a new problem,
requiring particular beads; if a certain task of the necklace should be reinforced; or
if one came across new types of amuletic beads.
52
Mershen; Amulets and jewelry from Jordan
Turning to the last generation of the necklace-wearers, one recognizes the different
social and economic status of the two ladies wearing necklace A and B.
Necklace A was worn until about ten years ago by a woman who is now in her late
forties. She is married and has two adult sons and four daughters. She comes from a
rather wealthy and prestigious family of the village. Her husband, on the other
hand, comes from an economically inferior situation and, somehow, has to rely on
his wife, who owns the land and gains some money from occasional crafts produc-
tion. The wife’s economic importance is strongly reflected in her position within the
family. And whereas her father had been married to three wifes, her husband never
even thought of taking a second wife. The wife’s necklace was well-known in the
whole village. Of all three necklaces presented, it is the one with the strongest
ornamental character. Amuletic and decorative aspects are rather balanced, and
this explains that, contrary to the usual habit, the necklace war worn visibly above
the outer garment. The owner of this necklace does, however, possess a number of
other beads which she used to attach to the inner side of the dress. It is to those
beads particularly that she attributes the fact that she never ceased to be »dear« to
her husband.
The wearer of necklace B, was the cousin of necklace A’s wearer and the first wife
of the latter’s brother. The woman did not produce the required offspring, a
problem which all the amulets and magical recipis she tried during her married life
did not help to solve. As she was not in an economic situation which might have
counterweighed this »failure«, her husband married a second wife. When the co-
wife bore children, the first wife was soon completely neglected. Now in her fifties,
she lives on her own in the village. As the necklace, for which she had bought a
number of new beads, did not seem to fulfil its tasks, she was ready to sell it.
II. B. 2. Necklace C
Necklace C was worn by a woman from a rather wealthy family in Jarash. She died
around 1950 and the necklace, together with other personal belongings, had since
then been kept by her daughter in law. The latter provided the information on the
necklace and its owner.
The lady who had worn necklace C had lost all her children during birth or in
infancy. She attributed this fact to the effects of the Qarlna. She tried to fight this
female demon with various magical practices, especially with written amulets (cf.
Mershen 1982: 162-69). As all efforts failed, the husband finally decided to take a
second wife. The first wife felt that his action was unjustified, as she had proved
herself to be not sterile but just hunted by the childbed-demon. The Qarlna, she
argued, might harm any other woman as well.
To regain the undivided affection of the husband, she was advised by a Bedouin
woman to wear necklace C. It was composed by the same Bedouin and handed over
to the first wife, who permanently wore the necklace underneath her clothes. The
result of her wearing the necklace was reported as follows: the co-wife bore a son,
but never completely recovered from birth. When she died around one year later,
the first wife raised the child as if it had been her own child. She later mentioned to
her daughter in law that she felt somehow guilty vis-à-vis her co-wife, for whose fate
she partially blamed the necklace.
II. B. 3. Comparison and conclusion
The particular situation of each of the necklace wearers is to a certain extent
reflected in the composition of their necklaces.
Necklace A, worn by a woman with children, does contain the »milk-bead«,
whereas the necklaces of the two childless women do not contain this particular
bead. The non-metallic beads of necklace A consist of »amber« and gala-beads to
attract affection, a bazle-bead against inflammations, one »eye-bead« against the
»evil eye«, and »corals« to strengthen the blood. There are no beads pointing to
53
TRIBUS 38, 1989
particular serious diseases or to the need for protection against the Qarina.
Necklace B, contains besides amber-, bazle-, and coral beads, three green and four
blue beads against the »evil eye», a green bead for the gallbladder, a yellow bead
against jaundice, a kilwa-head to »hold the blood« and prevent abortions, seven
gala-beads to attract affection, one hauls-bead against all evil, five dotted beads
against the »evil eye«, and one hatmet Sulaimdn ibn Daud-bead to ward off the
Qarina. It thus offers a variety of different beads with apotropaic effects for
particular purposes, besides those beads which are attributed a more general
beneficial effect.
Necklace C, shows an even higher emphasis on beads with apotropaic action,
containing fifteen blue and green beads and a number of other magical elements,
such as cowrie shells, a bead against the Qarina, and others against bleedings,
inflammations, or jaundice.
Comparing the materials the necklaces are composed of, one recognizes that
necklace A consists mainly of silver elements, necklace B shows fewer silver
elements, but more glass and stone beads instead, and necklace C has only one
silver element and otherwise consists of beads from glass, stone, shell, thus
combining a variety of non-organic and organic materials.
Further information is provided by comparing the colours. The non-metallic beads
of necklace A are mainly red. There are one blue, one white and one black-and-
white banded bead. Necklace B, still shows a majority of red or brown-red beads
(23 beads), but there is already a high percentage of other colours: seven blue or
green beads, three black-and-white beads, and three yellow beads. Necklace C
shows a very different distribution of colours with thirteen blue, eight red, one
brown, two green, three black, and five yellow beads.
A gradual shift in the distribution of colours is recognizable: from red to blue and
yellow. It corresponds with a shift in the material the beads are made of: from silver
over glass and stone to organic materials.
These observations may be correlated to what has been learnt about the respective
social contexts of the three necklaces: the functional shift in emphasis from
decorative to magical aspects may be explained by the different situations of the
necklace wearer. The relatively problem-free wearer of necklace A wore a necklace
with love-ensuring elements. She wore it for adornment as much as for its attributed
magical qualities. Necklace B puts a stronger emphasis on functional, especially
apotropaic elements, against naturally and supernaturally caused diseases. Neck-
lace C is composed almost entirely of magical elements which were even supposed
to act in a malevolent manner. It might thus be considered an amulet in the true
sense, rather than a piece of jewelry.
In the light of the foregoing observations, one might suggest that pieces of jewelry
should, whenever possible, not be separated from their individual histories, but be
studied in this context, for then, they cease to be the »pretty objects of collectors«
and become relevant expressions of human history.
III. Archaeological implications - an outlook
It is hoped that some of the observations on ethnographic bead necklaces might be
of relevance to archaeological research on beads.
Wherever archaeologists in Jordan dig up tombs, they usually find beads associated
with the burial. They appear as early as on epipalaeolithic sites, become more
numerous on the neolithic sites, such as Basta (Gebel et al. 1988) or cAin Ghazal
(Rollefson and Simmons 1986), and even more varied in shape and material since
the Bronze Age. Particularly rich bead material was yielded from the excavations of
cemeteries, such as Tell es-SacidIye (Pritchard 1980; Weippert 1981) from the late
Bronze/early Iron Age periods; Tell el-Mazâr (Yassine 1984; Knauf 1984) from the
Iron II C/Persian periods; and Queen Alia International Airport (Ibrahim and
Gordon 1987) from the late second and early third centuries A.D.
54
Mershen: Amulets and jewelry from Jordan
Even if beads come from undisturbed tomb-contexts, it is usually extremely difficult
to reconstruct their original arrangement, the way they were worn and their
purpose. The excavators therefore content themselves with a classification of the
beads according to their shape and sometimes to their material, if the pain of bead
analysis is taken at all.
Obviously many of the shapes, materials and decorations of prehistoric bead of the
region have persisted into the present. Comparing the twentieth century necklaces
presented here with beads from archaeological sites in Jordan, a number of
remarkable similarities become evident. In particular this is the case with bead
assemblages from Roman-Byzantine tombs (fig. 6). Here one regularly encounters
the »eye-bead« of necklace B, or the »snake-bead« of necklace C, to mention only
two examples. Many shapes and decorations of beads can be traced back to the Iron
or even the Bronze Ages (cf. above, and Sleen n.d.: 63).
The preference for certain shapes may change over time. Many of the older types
have come out of use today and new shapes have appeared (cf. Sleen n.d.). The
same applies for materials. Some proved to persist through time, such as agates,
cornelian, glass, faience, coral and shell. Others, such as lapis lazuli, jade, or ivory,
are no longer used in bead necklaces from Jordan (cf. Colyer-Ross 1980: 114).
Some colours tended to be widespread and persistent through time, such as red,
blue, green, or white; whereas black, which was very common in, for example,
Roman bead assemblages, is today limited to particular decorated types of beads.
The formal aspects of a bead type may change over time, and this does not
necessarily imply a change in its cognitive interpretation, as the replacement of
cowrie shells by white buttons and of amber and coral by various materials of a
similar colour have demonstrated. Accordingly, imitations of materials that are
highly esteemed for certain magical properties rarely entail the decrease of a bead’s
material value, a point that might be of relevance for archaeological interpretation:
it seems dangerous to base assumptions about the socio-economic status of a tomb
owner on the prevalence of semi-precious stones against simulated or organic
materials.
A further point deserving attention is the distinction of differently composed bead
assemblages on a site. Similar variations in the composition of a bead necklace as
those observed for the three contemporaneous necklaces seem to have existed in
the past. The material from the Queen Alia International Airport (Ibrahim and
Gordon 1987: 26f) includes necklaces with a predominant number of similarly
shaped glass beads (cf. Ibrahim and Gordon 1987: pi. XXXIII, 1-97/33/26; 2).
A necklace of this type would have been a regular string, the uniformity of material,
shape, and colour broken only by individual beads, which might suggest the
primarily adorning character of the necklace. Other groups of beads from the same
site are composed of cornelian, agate, amethyst, and glass (ibid.: pi. XXXIV, 2) or
glass, cornelian and amethyst (ibid.: pi. XXXIV, 1). And there are many graves of
this cemetery which yielded groups of two to ten beads of different materials,
shapes and colours. They include millefiori, glass, faience, cornelian, amethyst,
coral, agate and bone beads. Their colours range from blue, violet, red-brown,
green to multi-coloured. The bead shapes show a similar variety. The heterogenity
of these beads and the fact that many bead groups contained »typical amulets«, such
as a frit obelisk (ibid.: 75f, pi. XXXI, 1) or a scaraboid amulet (ibid.; pi. XXXII, 1),
as well as many other types of amulets, point to a predominantly magical use of
these bead groups. Small numbers of beads, today, are fastened to the inside of a
dress to make a person benefit from their magico-medical qualities. They are also
fixed to valuable objects. A somehow similar practice might eventually be sugge-
sted for these types of bead groups from the Alia Airport Cemetery.
To allow for at least minimal interpretation, it is thus adequate to ask for proper
excavation and careful recording of beads in their context and grouping, and, where
possible, in their original arrangement.
The ethnographer may encounter jewelry in its integrity, and obtain data on the
functional and historical context of a piece of jewelry. The comparison with
55
TRIBUS 38, 1989
archaeological data on beads from the region reveals the historical depth of many
recent traditions. Not only particular bead types, but also certain patterns concer-
ning the composition of bead groups or necklaces, persisted through time. Ethno-
graphic parallels furthermore can supply explanations for the coexistence of beads
from different periods in one and the same archaeological context, and they
certainly demonstrate that a purely formal classification of beads remains a largely
speculative basis for further interpretation of their socio-economic implications.
Acknowledgements: I. Cuba, Yarmouk University - Irbid, Jordan, kindly analyzed
the materials of the beads. E. A. Knauf, Heidelberg, read an earlier draft of this
paper and made helpful comments.
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Nevadomsky: The iconography of Benin brass rings
JOSEPH NEVADOMSKY
The iconography of Benin brass rings
The grisly epithet »City of Blood« bestowed on Benin City after its capture by a
British punitive expedition in 1897 and the discovery of numerous human sacrificial
victims, is nowhere in the corpus of Benin art more vividly portrayed than on the
group of large diameter brass rings now found in museums and private collections.
These unusual objects, varying in diameter from 20 to 26 centimeters, depict in cast
relief incredibly grotesque scenes of human sacrifice: vultures pecking at severed
heads and bound, decapitated bodies. They are all the more remarkable because
the practice of human sacrifice is curiously not a regular feature of the events
portrayed on the many brass plaques which are an invaluable source of information
on traditional Benin court custom.
The rings fall into two easily demarcated groups: six castings, heterogeneous in style
and iconography, display highly stylized birds and facial striations on some of the
victims (fig. 1). These are of Benin provincial provenance, and may have been cast
in Owo or in Benin City itself for use in Owo (Fagg 1979: 37), a Yoruba town
roughly equidistant between Ife and Benin City and historically influenced by both.
A second larger group of about two dozen thematically and stylistically similar rings
fits well within the Benin court style found on other examples of brass regalia and
ritual implements. The appalling images of human sacrifice appear in conjunction
with intriguing figures of musicians, attendants, and a central, commanding figure
(figs. 2-4).
There has always been a great deal of mystery about the placement and purpose of
these rings. The scanty available information is that a ring in the provincial manner
was »found with several similar rings upon the Altar« (Vice Admiral Sir George le
Clerc Egerton, quoted in Vogel 1983: 333). The vagueness of this statement
tantalizes, but does not much enlighten. The altar would very likely have been a
shrine at or near the Oba’s (King’s) palace where most of the brass art was kept.
However, this does not necessarily mean that the rings functioned as altar furni-
shings; all sorts of rather bizarre objects serving no specific ritual purpose may be
stored on Bini shrines for safekeeping, like car keys left in a cabinet pigeonhole.
Egerton’s comment, if factual, may be misleading. Half a century ago, Miles (1937:
11) and Beasley (Fagg 1979: 37) suggested that the rings served as bases for
flangeless Middle Period (mid-16th to late 17th centuries) brass commemorative
heads until the production of Late Period flanged heads. But as Vogel (1983: 333)
points out, the shape and size of the rings most likely would not have permitted
their use in this way. Besides, there is hardly any similarity between the motifs on
the rings and those on the flanges (Fagg 1979: 37). Vogel’s own suggestion - based
on stylistic analysis - derives primarily from her detailed study of ten Yoruba rings
which she concludes were produced in various Yoruba kingdoms that looked to Ife
for legitimacy and were sent there as an acknowledgement of that sacred city’s
spiritual supremacy. She contends that the Benin rings may have served a similar
purpose »and were sent to Ife on the death of a king to signal the legitimate transfer
of rule« (1983: 350). Her conclusion rests on an uncertain tradition that »the heads
of the obas... were traditionally sent to Ife for burial and certain symbols [were]
sent back to Benin before a new oba could be installed« (1983: 350). While the rings
certainly do contain monographic elements related to both kingship and death, the
59
TRIBUS 38, 1989
fig. 1
Provincial Benin. London, British Museum
macabre form of the death imagery and its particular juxtaposition with kingship
symbols is hardly indicative of royal funerary rituals, despite the fact that human
sacrifices were an important part of them. The burial rites for Bini kings are many,
diverse, and complex, so that it is highly improbable that the predominant vulture/
victim motif on the rings would have served as »a record that the proper sacrifices
had been made and accepted, that all the rituals hat been observed« (1983: 350).
Moreover, the stylistic consistency of the rings is inconsonant with a presumed
production for them that would encompass a chronology of deceased Bini kings.
Fagg (1979: 37) thinks that the rings may have been used for the exhibition of
human heads as trophies. This, too, is doubtful. After a successful war campaign
the king commissioned his brasscasters to make trophy heads of the most prominent
slain or captured enemy leaders. These were then placed on a large Osun (god of
medicine) staff like the one shown in the Erdman photograph (von Luschan 1919:
348; for more information see Nevadomsky 1986: 42-3). Slaves and common
captives were rudely slain after which their bodies were dumped into deep pits
without further ado. Placing the heads of these victims on certain kinds of shrines
often occurred but not with brass ring bases to support or decorate them (see the
photograph of skulls in Ling Roth 1903: fig. 72). Another possibility is that the rings
may have been worn round the neck; indeed, they are usually described as necklets
(e.g., Pitt-Rivers 1900 [1976]: 50, 88; Dark 1960: 57).
The last hypothesis deserves serious consideration. The Bini regard any metal
object (of brass, copper, or iron) worn round the neck as a sign of subjugation.1 To
a lesser extent this is also true of other types of metal rings, particularly those worn
round the ankles. The king’s pages and sword bearers wear brass anklets to indicate
that they are his servants. Traditionally, unmarried princesses wore brass anklets to
show that, as maidens, they came under the jurisdiction of the palace. And
60
Nevadomsky: The iconography of Benin brass rings
fig. 2
Benin. London, British Museum
fig- 3
View of figure 2 from the rear
61
TRIBUS 38, 1989
fig. 4
Benin. London, British Museum
priestesses of Ogun wear iron anklets because they are devotees and agents of the
god of metal. If indeed the brass rings were necklets they can have been meant for
only one purpose: to signify that the wearer was either a captive or slave, most
probably a slave of the king. Neck rings would thus have served to identify the
status and owner of a particular person: he is a palace slave. The motif of predatory
vultures graphically emphasizes this because it depicts the king’s power over human
life, while the consistent arrangement of the figures asserts the hierarchic quality of
the Benin court. The rings appear to have been designed in such a way as to be best
viewed from a particular vantage point, that is, about eye or neck level. Approxi-
mately the same diameter as an odigba (the coral-beaded collar worn by the Oba
and his chiefs on ceremonial occasions), such necklets would probably have been as
unwieldy. That the rings, if worn round the neck, must have been extremely
uncomfortable and awkward would have been of little moment however. In an
hierarchical society hedged by lengthy rituals and heavy costumes, physical discom-
fort is a privilege of all ranks. To prevent palace slaves from escaping (assuming
they were at some liberty to move about), the rings would have been »cooked«
(i.e., ritually processed) with herbal medicine and the appropriate incantations.
Slaves thus magically arrested were immobile because they feared the supernatural
consequences of escape. When a slave was sacrificed for a deity, his neck ring could
have been kept on that god’s shrine as a memento. After serving »hot« gods such as
Ogun (god of metal) and Ogiuwu (god of death), or the deities Okhuaihe and Ovia,
this was absolutely crucial. For these spirits it is wise, even imperative, to leave
everything connected with the victim on the shrine, including the rope he was tied
with (or tethered in the case of animals), to demonstrate that everything belonging
to the victim remained with it. Since nearly every shrine has a small Ogun altar
attached to it regardless of whom or what it commemorates (Ogun is the instrument
62
Nevadomsky: The iconography of Benin brass rings
fig. 5
An egba from the late chief Idah. Diameter:
11 cm. Collection of the author
through which a shrine enforces its decisions), it is thought best not to take any
chances. As an expression in the local wisdom tells us: »The world of the living does
not carry to the side the spirit world carries to« (Agbon i mu ghe ehe erinmwin mu
ghe), that is, spirits behave differently from humans. Better to give these mercurial
and powerful spirits everything they could possibly want than to unwittingly insult
them through some niggling oversight and risk fatal repercussions.
Although the above hypothesis of the rings as necklets is plausible, there are several
objections to it. One is that, given the magnitude of slaves and human sacrifices
within the Middle Period alone, there presumably ought to be a larger number of
extant rings if they served as either necklets for palace slaves or altar mementoes of
human sacrifices. A more serious shortcoming, however, is that there is no
portrayal on the highly detailed plaques, other castings, and carved ivory tusks, of
any such rings being worn (Vogel 1983: 333). While it is true that many features of
Bini court life and culture are not depicted in the cast or carved art, this objection
raises the possibility that alternative explanations should be sought to solve the
mystery of the rings. Perhaps by assigning them to a category of rings known as
egbae (sing.; egba) their meaning and iconography may be understood.
Melzian (1937: 50) defines egba as an armlet made of iron, brass, or leather.
Agheyisi (1987: 39) follows suit, while Aigbe (1985: 8) defines egba as a bangle.
Usually worn on the biceps or forearm, egbae are any medicinally treated metal (or
leather) rings that give the wearer vitality, strength, and protection (fig. 5). They
vary widely in design and artistic sophistication (see von Luschan 1919: PI. 100-101
for illustrations). The multiplicity of styles and their apparent idiosyncracy are
necessary because each ring serves a specific function so it is important to tell them
apart. Rubbed with mixtures of herbs and strange concoctions, the rings are
talismans possessing extraphysical powers for use in surgery, for victory in battle
and sports, as protection on ceremonial occasions, for safe delivery at childbirth, in
fostering love, and for longevity.
When native surgeons (osiwu) perform circumcisions or tattoo someone’s body with
the distinctive patterns known as iwu, armlets called egbae-okhi (»armband [to]
congeal blood«, i.e., to prevent excessive bleeding) are a standard tool in the
surgical kit. One or more are worn by a doctor during an operation and his patient,
too, may wear a few for extra protection. If worrisome bleeding occurs additional
ones may be slipped up a patient’s arm. Egbae-okhi also find an application in
obstetrics where they guard against peripartum hemorrhage and other complica-
tions. Each of the many types carry a name specifying its precise purpose. For
63
TRIBUS 38, 1989
fig. 6
Members of the ifiento holding Ehengbuda’s
egba at the annual igue festival
example, »the thing of birth(ness)« (emwinubiemwen) is an amulet for safe delivery
while »child and placenta at once« (omo ke eru uhukpa) ensures that the placenta
does not lodge in the womb. An egba called »yam (i.e., pregnant woman) does not
break (i.e., rupture or die) in the beetle’s (i.e., the native gynecologist’s) hands«
(iyan i bun ye oghogho obo) prevents maternal death.
A similar category of egbae known as edae (or eda-yi, »that holds [life]«) forestalls
the death of someone terminally ill. These are also worn by clients whom a diviner
claims died prematurely in previous reincarnations. The bangle prevents a recur-
rence of this extraordinary malady.
Yet another group of egbae are prepared for the purpose of stimulating love and
passion. A familiar one is the »eye when it sees eye (it pardons eye)« (aroghamiaro
¡o ghi lekhue aro]). A person wearing this charm is said to appear irresistible to
anyone he or she gazes upon.
At the extreme opposite of romance armlets are battle egbae called »may I not sleep
(i.e., die) in stomach« (i.e., war; childbirth) (ighivbieko). These talismans are
ritually fortified with Osun water, stored in Osun pots, and employed during any
encounter between opposing forces. They prevent injury in battle and bring victory
to wrestlers. They also assist pregnant women in labor because at that dangerous
time hosts of malevolent forces are bent on harming both mother and child. Sons
wear them at the burial of their father to prevent his spirit from dragging them with
him into the other world. They also ensure the undisturbed completion of the
burial. During the funeral rites of his father, Akenzua II, Oba Erediauwa (1979-)
wore egbae as did the Isienmwenro, his bodyguards (see the photographs in
Nevadomsky 1984: 41 and 45, as well as the descriptions of those collected by N.W.
Thomas in 1909 and said to have been used in war and the worship of Osun; Dark
1962: 32).
On those ritual occasions when the potential for natural and supernatural malig-
nancy is especially high, the king wears an armlet known as »that kills (i.e., brings)
64
Nevadomsky: The iconography of Benin brass rings
*
/^i
fig. 7
Ehengbuda’s egba held by a member of the
ifiento
shock« (ugborrirri) which creates a mystical electrical field around him that repels
his enemies. At the installation of the Ohenukoni, a man regarded as a mini-
monarch, a powerful magician, and the head of the Okhuaihe cult, the Oba wore an
ugborrirri as did the Ohenukoni himself - to protect each from the other. During
the annual revitalization rituals of Igue, the Ifiento (lit.; »hairdressers«) march
rapidly to and fro at the commencement of every ceremony to clear a path for the
king, create a performance space, and control the crowd. Each holds a ritually
charged thick brass ring known as »Ehengbuda’s egba« (fig. 6 and 7) which, it is
believed, can stun a man into quivering helplessness and make the most fecund
woman barren.
The egbae of the Ifiento are named after Oba Ehengbuda (ca. 1578-1605 A.D.;
dates are from Egharevba 1968). Remembered as a great magician and physician,
he reputedly transformed his oldest child from a girl into a boy so as to ensure a
male successor for the throne (the prince in girlish form is perhaps shown on one
brass plaque, while three other plaques represent the proof of his masculinity [Dark
1983: 87-8]]). Ehengbuda then commanded the boy to march naked and with shorn
hair through the town accompanied by his hairdressers, the Ifiento (for a somewhat
different version of this tradition see Egharevba 1968: 33-4).
Ehengbuda is credited with other equally amazing feats. As Egharevba tells us, »a
member of the royal society of Iweguae (the king’s personal and domestic servants)
shut him up in a room a few days after his accession, but by some magical means he
was able to keep himself alive for several days though no food was supplied him«.
He also »possessed a certain glass through which he could see many things which
were invisible to the naked eye« (Egharevba 1986: 31). This refers to a telescope
presented to him by the European James Welsh which became known as »The glass
Ehengbuda used to see the junction of the world and the junction of the spirit
world« (Ughegbe ne Ehengbuda ya ghe ada-agbon ada-erinmwin), i.e., the meeting
place of supernatural forces. Ehengbuda is believed to have been able to look into
the other world, summon its powers, and thereby avoid the natural ailments and
calamities that affect the ordinary man. Indeed, tradition holds that he reigned for
200 years! Because of these astonishing abilities he bears the encomium »Eheng-
buda, the physician« (Ehengbuda ne obo).
We are now in a position to bring together the above oral historical data with the
iconography of the large diameter rings. The central figure wears an odigba and
crossed baldrics made of coral beads; both are emblems of high rank. The headgear
65
TRIBUS 38, 1989
consists of a pointed cap (erhu-obo, »cap of physician«) resembling a style someti-
mes worn by native physicians. Probably made of coral, cloth, or fiber, on several
rings the cap has a long braid down either the back (fig. 3) or front to the forehead
(fig. 4). In his left hand the figure holds an isevberigho (»amen and so be it«), or
proclamation staff, of a style traditionally carried by an Oba when cursing his
enemies or issuing a decree. The caption for a sketch in Ling Roth (1903: fig. 61; see
the photograph in fig. 69) mistakenly refers to this instrument as an executioner’s
club because one was found encrusted with blood. Actually, an isevberigho, like
shrines, the king’s coral beads, and other important ritual objects, are periodically
offered sacrifices to recharge their potency; while prayers are said, a victim’s blood
is smeared or poured over the implement, transferring the vital force of the sacrifice
to it. In the figure’s right hand there seems to be a whip or wand of some sort. This
may be an ordinary whip in which case it symbolizes martial prowess, as reflected in
the praise name, »Child that takes a whip that beats the one that takes a sword«
(Ovbi ne o rhie uzogbon ne o gbe ne o rhie aghada). This appellation refers to the
war captains Edogun and Ezomo, and to the warrior Amaghizemwen, who are said
to have been able to defeat more heavily armed adversaries. However, since the
encomium refers to them only and not to the king, the object held in the right hand
probably represents an unwenrhiontan (»squirrel’s whip«), a medicinally fortified
wand which functions as a pilot or guide and deflects danger on the path. The
appellation for it, »Squirrel’s whip that does not miss the road« (Unwenrhiontan ne i
ba ode ku), means that anyone marching with it will safely reach his destination.
Similarly, the incantation »The windy storm (i.e., the enemy) does not not kill the
squirrel’s whip« (i.e., Bini warriors) (Efi i gbe uwenrhiontan) is used to prepare
amulets to protect men at war. Uwenrhiontan are also instruments of exorcism.
When divination determines that a person is a witch, or that he has sworn on a
sacred object to kill someone, a priest flagellates him with an unwenrhiontan to
expel witchcraft or evil intentions. After the desired results have been achieved, the
whip is returned to the shrine from which it had been removed. As both a ritual and
coercive implement, unwenrhiontan are part of the paraphanelia of the Ovia and
Ekpo cults, and they have been used by the uronisen (palace servants) to keep
curious onlookers away while fetching foodstuffs for the royal household (Melzian
1937: 208).
The most sensible conclusion that can be drawn from the above information is that
the central figure on the rings represents a king who also had a reputation as a
magician and doctor - the peculiar costume of the central figure surely depicts
someone who is both kingly and necromantic. Only Ewuare the Great (ca. 1440
A.D.) and Ehengbuda are noted for having combined statecraft with the esoteric
practices of divination and medicine. Of the two, Ehengbuda is preeminent, as his
appellation makes clear. If the central figure represents Ehengbuda, then the
proclamation staff is a symbol of his kingship, and the unwenrhiontan signifies his
diagnostic and divinatory abilities, at the same time serving as a reminder of how he
died. Tradition recounts that Ehengbuda lived so long that he grew tired of waiting
for death to come, so he found his way to the spirit world by walking into the river
Olokun (i.e., the sea/god of the sea) accompanied by drummers and musicians from
the Iweguae royal society. (Less dramatically, the more sophisticated say that he
drowned when his canoe capsized as he was journeying to Lagos; Egharevba 1968:
33). So that he would not miss the way to heaven, unwenrhiontan were used to clear
his path, in much the same way as they are employed today on ceremonial
occasions. For example, at the Igue and Ague-Osa festivals, Chiefs Osa and Osuan
(caretakers of the gods Uwen and Ora, respectively), whose ancestors are re-
nowned as great magicians, carry unwenrhiontan when they march to the palace.
Two Iweguae drummers are portrayed on the rings. Nowadays at Igue the Onudo
dance of the Iweguae commemorates their predecessors who accompanied Eheng-
buda to the other world (see Speed and Bradbury 1958: film). Some of their songs
66
Nevadomsky: The iconography of Benin brass rings
express the-hope that he might return, reincarnated, to reign once again:
»Early return, child of prosperity.
The leopard that moves majestically.«
(Rherhe re ovbi uwa o
Ekpen no golo.)
»Awe,2 let our king return again
To the city of Erediauwa«3
(Awe, gie ogie mwan yo re
Erediauwa.)
Another song refers obliquely to his demise:
»Ehengbuda, my king.
It’s Owina that fells iroko.
A slave does not fall iroko.4
Ehengbuda, the physician.«
(Ehengbuda ogie mwan.
Owina, o gbe uloko.
Ovien ghi gbe uloko.
Ehengbuda ne obo.)
The Osun pots on either side of the central figure are additional symbols of
medicine, sorcery and strength. Anyone about to confront his enemy, undertake a
hazardous mission or journey, or visit a treatening place like the palace, first bathes
in the herbal waters they contain. One of the rings (fig. 2) shows a pot out of which
protrudes two »thunderstones« (ughan-awan; actually these are neolithic celts)
believed to have been the result of lightning hurled to earth by Ogiuwu, who
controls the thunder. As the Bini say, »God of death is speaking, we say water
shouting; why is it that the one (water) in the well does not shout?« (i.e., because
thunder is the voice of death; well-water is not; Ogie-uwu guan, a we ame so; vbe o
zo ne o rre uhae na i so?). Occasionally unearthed, they are placed on shrines as
instruments of supernatural intervention. As Melzian informs us, celts are stored
»in the awase (charm) that is kept on the shrine of Osun« (1937: 199). Held with
sharpened edge up by the king, a celt intensifies blessings and curses.5 Similarly, a
blacksmith’s hammer (avalaka) on the front face of one ring (fig. 4) is a symbol of
Ogun. It too kills. This imagery displays the cosmic and baleful forces which a
physician can invoke. His awesome ability is further evoked by the vulture/victim
image, a motif which finds verbal expression in the following: »When the king kills a
person, he gives it to the vultures to eat; when a deity kills a person, it is put on the
road« (Ob a gha gbe omwan, o ghi mu na ugu gha re; ihen gha gbe omwan, o ghi mu
fua ye iro). The first half of this adage conjures up images of humans splayed on
crucifixion trees and pits filled with mutilated corpses. It is a powerful statement
about the king’s right over the lives of his subjects. Indeed, traditionally the king
was regarded as the child of the god of death. As the Bini say, »If one reaches the
chamber of Ozolua (i. e., the palace; Ozolua was a warrior king, ca. 1481), one step
remains to reach the other world« (A gha se ugha Ozolua, o ke egbo okpa na se
erinmwin), that is, everyone is at the mercy of the king. The second half of the
above expression states that the deities also kill, albeit in more impenetrable ways,
but they do not share their victims, not even with vultures. Such victims must be left
unburied, unconsecrated, and abandoned. The vulture/victim motif has embedded
within it numerous visual and verbal messages: the horrific authority of the king,
the occult power of the priest, the supernatural forces of the deities. The motif thus
has general allusions to witchcraft, medicine, death, sacrifice, and destruction, as
well as more specific reference to the Oba, and the war-connected gods Osun,
Ogun, and Ogiuwu. As the Bini say: »None use king for laughter (i.e., to mock
him); none use deity to pick teeth (i.e., to discuss flippantly)« (Aiya oha ze ogie; ai
ya ihen tolo akon) - because the king and gods are almighty and kill in retribution!
This evocative imagery is reinforced by the two less elaborately garbed attendants
(ornada) flanking the central figure. The one on the right holds a decapitated head
67
№
TRIBUS 38, 1989
(usually upside down) while the page on the left holds an ada, a symbol of kingly
authority and an executioner’s weapon. The ada is the exclusive prerogative of the
king, some high-ranking chiefs, and certain physician-priests. On some of the rings
two ada are shown on the outer front surface (fig. 2) as a further reminder of the
king’s power over life. At the center back of the rings are a pair of figures wearing
pointed caps and crossed baldrics like that of the central figure. These are almost
certainly physicians. Each holds what appears to be a calabash. On figure 3, one
calabash is plain, the other is decorated with what looks like cowries. The
unembellished gourd, »the calabash that pilots the way« (ukokogho ne ogiode),
guides the deadly medicine in it toward one’s enemies (hence it is held with the neck
pointing away from one’s body). The decorated calabash, »the gourd of the
physician« (ukuse ne obo) serves as an interface between a physician and the spirit
world. The cowries on it integrate the material environment and the belief system.
Cowries are dense, polyvalent objects. An archaic form of money, they protect
against danger, are tools of divination, and symbolize harmony. Between these
figures there is often an as yet unexplained face sometimes with vertical facial
striations distinctive of Ife sculptural art.
Clearly, a major iconographic theme of the rings is the strong association of sacred
kingship and magical medicine. Although medicine iconography more often makes
use of creatures such as snakes, lizards, and crocodiles issuing from facial orifices or
calabashes, here the pervasiveness of the grisly vulture/victim motif, and the
depiction of celts and Osun pots, alludes to the king’s control over medicine and to
his close rapport with the supernatural. And, one might add, since the king is
believed to be the embodiment of the welfare and continuity of his people, the
divine monarch whose health and strength have continually to be ensured by the
manipulation of the immanent world, the medicine imagery of the rings in conjunc-
tion with the symbols of kingship, reflect and reinforce this association.
As implied above, armlets, or egbae, are a symbol of Ehengbuda’s power. There-
fore, one of the most appropriate ways to have commemorated his reign in the cast
art would have been to figuratively depict him simultaneously in his dual roles and
to have given additional symbolic emphasis to his renown as a native physician by
the employment of the toroid shape. As »emblems of identity« (Ben-Amos 1983:
161) by which the brasscasters, and others, could recollect the unique features and
events of this particular Oba’s reign, the large diameter rings succeed very well:
they express the highly centralized position of the king whose power lay in the
sacred values attaining to the institution of kingship, and they reflect the awesome
position of the priest whose power lay in his mystical associations with the
supernatural. The production of large stylized commemorative rings linked these
features and ideas into a single, coherent, and encompassing image.
There are a number of places where such commemorative rings could have been
kept. The dark and dangerous imagery, associated as it is with death, destruction,
and divination, limits them (in ascending order of probability) to the shrines of
Osun, Ogun, Ogiuwu, and Ehengbuda. At the Oba’s palace today, the shrines of all
but three kings are kept, individually or collectively, in a single large enclosure or
chamber. Because of his reputation as a powerful magician, Ehengbuda’s shrine is
separately maintained. So strong is the sand from around his shrine that it is said to
be able to destroy walls. Without suitable precautions no one ventures near this
place; indeed, to prevent mishaps, the shrine is in a relatively isolated section of the
palace grounds.
Finally, there are the questions of who commissioned these rings and their age. The
most likely candidate is Ehengbuda’s son, Oba Ohuan (ca. 1606-41 A.D.),
because it is the senior son who establishes his father’s shrine and ornaments it with
icons. The centerpiece of each ancestral altar represents the deceased king to whom
it is dedicated. Its many artefacts are cast ritually after the funeral rites with the new
king pouring the first crucible of molten metal (Speed and Bradbury 1962: film). A
subsequent king could add to the shrine but that would probably have been
impossible in Ehengbuda’s case because Ohuan died childless thus throwing the
68
Nevadomsky: The iconography of Benin brass rings
throne open to rotation among different branches of the royal family for six reigns
until Ewuakpe (ca. 1700 A.D.) restored an orderly succession by primogeniture.
The rings must have been memorially cast sometime during the first half of the 17th
century when Ohuan was king and placed on Ehengbuda’s shrine: the rigidly
dictated designs imply a sameness of purpose and time. This deduction fits well with
Fagg’s (1979: 37) conclusion based on stylistic evidence that the rings were made
between the mid-16th to late 17th centuries and Egerton’s brief comment that they
were found upon an altar.
Acknowledgements
Figures 1-4 are through the courtesy of the British Museum, London. Mr.
Ikponmwosa Osemwegie kindly assisted me in the interpretation and identification
of the brass rings.
Notes
1 Not very long ago, a young man who had
been in and out of jail many times, was
taken to Chief lyamu, the Eholo of Igun
(Igun is the ward where metal weapons,
tools, and brass castings are made) who
shackled the youth’s arms and legs and
fitted a metal ring round his neck. Offe-
rings were made and the Eholo prayed for
the young man; »You have left the place
where the prisoners of heaven and earth
are kept. The wardens of heaven and earth
have left you free. May ist be so. Amen.«
The shackles and neck ring were then re-
moved to symbolize the youth’s freedom.
2 Awe is a bird believed to secretly listen to
the conversations of passersby; hence it
knows everything.
3 Ere-dia-uwa, »Ere straightens prosperity«,
refers to someone who comes to set things
right.
4 The song suggests that it is only the king
who can take his own life, just &s only
expert woodcutters can fell the hard iroko
tree.
5 Several scholars (e.g., Connah 1964: 7,
Vogel 1978: 94) have thought that a celt
carried by the king is known as isavan,
»feces of thunder« (Melzian 1937: 199).
This is incorrect. Ugha-avan (thundersto-
ne) is a short form of ughanmwan-avan,
»axe of thunder«. Isan-avan, »feces of
thunder«, is a rough, cement-like stone,
high in silica content, found in the forest,
of no discernible practical or supernatural
value.
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CLAUDINE BAUTZE-PICRON
(C.N.R.S., Paris)
Some Aspects of Manjusn Iconography in Bihar
from the 7th century onwards
Few images of Bodhisattvas dating back to the post-Gupta period are known from
Bihar. However, we are informed by Hsiian-ts’ang that Avalokitesvara and Mai-
treya were venerated at Bodh Gaya in the first half of the 7th century.1 The Chinese
pilgrim reports also to have seen Avalokitesvara and the Tara on either side of the
Buddha at Telhara.2 But no mention of Mahjusri is made in relation with Magadha
(South Bihar).3 Nonetheless, a number of images of Mahjusri dating back to this
period are known: they constitute the earlier phase of the iconography of this
Bodhisattva, the chronology of which has not yet been determined.4 The image
under consideration (fig. I)5 belongs to this early phase.
The Linden-Museum image; description
The Bodhisattva stands in a slight bent (fig. 1). The left hand lies on the correspon-
ding hip (katyavalambita). The right arm is badly damaged but displayed probably
the varadamudra. The limbs of the heavy body are round with articulations that are
hardly indicated (see the right knee e.g.). A discontinuity of the outline indicates
the waist enhanced by a slight bulge. The nose and the mouth have been damaged;
however, one still sees the smile indicated by the thick lips. The round cheeks
contribute to shape a broad face. The eye-lids are thick, the eye-brows are arched
but do not join above the nose. Mahjusrl wears the triclra6 type of hair-dress, i.e.
the hair is knoted in three large locks falling backwards: on either side of the larger
central lock, two narrower ones fall behind the ears, ending partly in thin curls on
the shoulders.
A diadem, partly broken off, is put above the forehead; its lower beaded row
sustains three triangular fleurons, the central one being shorter in order to make
visible the central lock in front of which a bud-like ornament is attached. Tufts are
attached above the ears, marking the end of the knot which closes the diadem
behind the head.7 Two different ornaments are attached to the ears. The left ear is
pearced by a rolled leaf (patrakundalaf while the right one is distorted by a large
disk-shaped ring (karnavestana).9
Mahjusrl wears the necklace with two tiger-claws on either side of the central
pendant consisting of a reliquary and a disk (vyaghranakha). An inner beaded row
links together these various elements.10 The pearled upavita hangs from the left
shoulder, passing below the thick cloth garment disposed on the hips. Armlets are
made of a short triangular element above a ring to which hang beaded loops. A
single bracelet is observed at the wrist. Larger pearled anklets adorn the feet. The
girdle is made of two symmetric rows of elongated pearls which are united by a
central flower-shaped medallion. A girdle made of cloth lies on the hips, it is closed
on the proper left by a thick knot, the extremities of which fall free along the leg. A
short skirt is draped around the upper part of the legs, its end falls between the
thighs in a succession of tiny curves. A large scroll emerges from the pedestal on the
proper left of the Bodhisattva. It constitutes a single thick volute from which two
stalks arise, the shorter one ending in a bud, the higher one creeping upwards
within the left hand of Mahjusri. The upper part of the stalk is broken but it finished
very probably with the blue lotus flower (nllotpala), emblematic flower of this
Bodhisattva.
71
TRIBUS 38, 1989
Fig. 1
Manjusri, Linden-Museum Stuttgart
On the proper right of the Bodhisattva, a pot-bellied dwarfish male figure stands,
the legs laid apart as if squatting. He is the Krodha Yamari or Yamantaka. The left
arm lies on the corresponding hip, the right one holds a club which stands beside the
right leg. Superimposed rows of short locks of hair fall backwards. A necklace made
of large beads adorn the neck. Bracelets and anklets are simple unadorned rows. A
loin-cloth falls between the legs.
Manjusri and Yamari stand in front of a back-slab partly destroyed. Supporting
them, the plain pedestal is only adorned by a row of three large petals below the
Bodhisattva. Four aksaras are inscribed between the lower part of the left leg and
Bautze-Picron: Some Aspects of Manjusn Iconography in Bihar
Fig. 2 Fig. 3
Detail Detail
the scroll (fig. 2); they are hardly recognizable, but one can attempt to read ra .. .e
(first line) ka ... (second line), a short line is horizontaly incised below them. A
second short inscription (fig. 3) appears on the bare space between the knot and the
bud emerging from the scroll. It is equally difficult to decipher.
Provenance and date
Mahjusr! wears a pair of ear-rings rarely seen together. This fashion seems to have
spread, to a certain extent, in South Bihar during the post-Gupta period. The rolled
leaf going through the lower part of the right ear is worn by an image of Uma of
unknown provenance;11 it appears on both ears of a Cakrapurusa on one side of a
double-faced stele from Bodh Gaya,12 while the second type of ear-rings, i.e. the
large disk seen here at the left ear, adorns the figure of the Cakrapurusa on the
other side.13 The leaf appears also on a Gadadevi from Daphtu.14 The large disk is
more often observed. It adorns both ears of various representations of Manjusn.15
The rolled leaf and the disk-shaped ornament are also observed on a fragment from
Bodh Gaya (fig. 18) and on bronze images of the Bodhisattva discovered at Sirpur,
Madhya Pradesh.16 Particularly relevant to our topic, is a stone image of a seated
Manjusn displaying the dharmacakramudra also recovered at Sirpur.17 The rolled
leaf is seen at the left ear (with, at the right ear, an oval pendant made out of gems).
Much has already been written about the Sirpur bronzes,18 and the authors generally
agreed to the existence of similarities with the 9th century bronzes from Bihar,
without, however, that a systematic description and analysis of the material with the
relevant comparative pieces was done.
The stone image of Manjusri from Sirpur shares a number of features with the stele
of the Linden-Museum. The Bodhisattva has the same broad shoulders and heavy
limbs. The face has the same round shape. The petals of the lotus below Manjusn
are large and few in numbers. The necklace has an inner row of pearls to which
claws and a central pendant are attached. The girdle is composed by two thin rows
which are plain at Sirpur, and attached together by an oval medallion. These
similarities do not imply that the Linden-Museum image finds its origin at Sirpur or
in the region. As a matter of fact, the Sirpur stele has probably been imported from
Bihar. First, the stone which is used111 does not seem to have been used for the other
sculptures recovered within the precincts of the Buddhist monasteries. Second, the
treatment of the back-slab is observed at Nalanda: the vertical and upper horizontal
edges of the throne are indicated by a row of thick pearls; above the upper row and
in the angles let free by the nimbus, two triangular fleurons are carved.20
73
TRIBUS 38, 1989
The same pair of ear-rings observed on the Linden-Museum stele, adorns a seated
Tara who accompanies Avalokitesvara on a stele from Nalanda,21 and a pair
constituted by the rolled leaf and an oval pendant can also be recognized on another
image from the same site.22 The armlet on the standing Mahjusri is very close to
examples observed at Nalanda,23 or belonging to the Kurkihar idiom,24 where,
however, the lower part of the jewel (archs and pendant) is missing. As to the
snake-like armlet adorning the Mahjusri from Sirpur, one finds it also at Nalanda25
and in various sites from Bihar in the post-Gupta period.26 The girdle is, in a more
or less elaborated form, distributed in Bihar.27 The thick cloth falling on the hips
appears as an element of the Bodhisattva iconography (whoever is the Bodhi-
sattva).28 It is generally flat29 and only rarely worked out in a deep relief as it is here
the case.30 The single row of large petals below Mahjusri is introduced below a
number of images from Bihar.31
It is thus very likely that the Mahjusri of the Linden-Museum collection was carved
in an atelier located at Nalanda or in the area. This image finds also a suitable place
within the Buddhist iconography of the place in the 7th and 8th century (see below).
Dating remains difficult since no safely dated image is known prior to the Pala
period. A number of images of Mahjusri and Avalokitesvara have been dated in the
8th century by Frederick M. Asher.32 Taking into consideration only the stone
images of Mahjusri, we observe that they differ from each other in many respects.
These differences may well account for the existence of successive chronological
phases in the early period. Two phases could be determined in the iconography (see
below) and the Linden-Museum image would find its place at an intermediary
period. Besides, a large number of post-Gupta bronzes illustrating the same
iconography have been variously dated in the 7th and 8th century.33 The Sirpur
image, which compares favorably to the Linden-Museum stele, can be broadly
dated in the same period. We know that the ruler of Daksinakosala, Mahasiva-
gupta, who had family relations with the Varmans who ruled on Magadha, must
have ruled c. 595 to c. 650;34 it is possible that in the following period, relations with
Bihar were maintained, at least by the Buddhist community of Sirpur.
Development of the Mahjusri iconography in Bihar
We owe to Etienne Lamotte’s contribution our knowledge of Mahjusrl’s personality
and of its transformation in course of time.35 Late literary sources such as the
Sâdhanamâlà and the Nispannayogâvalî, were analysed by Marie-Thérèse de Mall-
mann36 and images from Bihar or Bengal could be identified with the help of these
texts. Descriptions of Mahjusri are also included in earlier texts, such as the
Manjusrîmülakalpa, i.a. in the passages analysed by Marcello Lalou and Ariane
MacDonald.37 When art-historians deal with iconography, they usually try to
identify, i.e. to name, specific images with the help of texts. But when seen as a
possible illustration to the text, or when considered only as an object which has to
be named, the artistic material remains deprived from the cultural context in which
it was produced. Date and place of origin are irrelevant in this non historical
perspective. Studying the development of the artistic material allows however to
draw conclusions bearing on the iconographie history. Forms can be listed, their
places of worship can be located, their transformations can be followed and
successive periods can be determined.
We shall here consider only one form or »sub-type«38 which is seen in the post-
Gupta and Pâla periods. Criteria help to classify the iconographie forms. Two major
criteria are the number of heads and of arms. The form under consideration shows
the human aspect of the Bodhisattva, i.e. he has one head and two arms. Other
criteria are the attributes (here: the nilotpala, the pustaka), the gestures (here: the
varadamudm, the abhayamudm, the hand falling), the ornaments (the necklace,
the head-dress). These are also the criteria introduced when authors describe or
identify a representation of ManjusrI. There are, nonetheless, other elements which
74
Bautze-Picron: Some Aspects of Manjusri Iconography in Bihar
seem to have escaped the attention of art-historians, like the upavita (present or
not), the short skirt folded between the legs. The Bodhisattva stands (slight bhahga
or samdbhahga), or sits (lalitdsana, rdjalildsana, vamdrdhaparyahkdsana, padma-
sana). He is alone or accompanied by Yamari or by Sudhanakumara. He may be
integrated within the group of four or eight Mahabodhisattvas, be attendant to the
Buddha or be the main object of the representation. Moreover, he wears various
ornaments, armlets, bracelets, anklets, necklace (in a specific form), upavita, a
short skirt, a crown around a specific head-dress (three or five locks of hair or
superimposed rolls).
Images are classified according to their chronology which is established with the
help of stylistic criteria,39 and according to their place of origin. This allows to trace
the development of the form under study.
Fig. 5
Manjusri, Nalanda, site 3
Manjusri was particularly worshipped at Nalanda in the 7th and 8th century as
testified from the numerous stucco, bronze and stone representations of the
Bodhisattva. He is then represented two-armed, showing the varadamudra with the
right hand and holding the utpala with the left one which is carved at the level of the
breast on the bronze and stone images, at the level of the hip or lying on the knee on
the stucco images. On the Linden-Museum stele, this left hand lies also on the
corresponding hip. Manjusri wears the necklace with vydghranakha on either side
of the tubular amulet to which is attached a disk-shaped ornament.40 Armlets are
put very high on the arms and are simply constituted by a band to which is attached
a short triangular jewelled fleuron; further, on the image recovered from site 8 at
Nalanda,41 a row of tiny pearled loops hang below the band. Two larger archs are
75
TRIBUS 38, 1989
observed on one of the stuccos of site 3, similar to these seen on the Linden-
Museum image (fig. 6). Bracelets and eventually anklets are also carved. On two
stone images42 as on the Linden-Museum one, the upavita adorns the Bodhisattva.
This could account for a later period (see below).
Fig. 6
Mahjusri, Nalanda, site 3
On the free-standing images from Nalanda as well as on the image found in the
Gaya district,43 the Bodhisattva wears large disk-shaped ear-rings. These are
observed also on one image in stucco as well as on the bronzes (fig. 8).44 The pair of
different ear-ornaments may, however, also be seen among the stucco images (fig.
6) and some stone stelae also from the site.45 Two trends coexisted thus at the post-
Gupta period; later on, only the large disk-shaped ear-rings are preserved.46
Similarly, the sacred thread is generalized after the 8th century but earlier, one
seem to have hesitated as to whether the Bodhisattva should wear it or not. This
element does not appear on the stucco figures or on any of the bronzes taken into
consideration.47 It is also ignored on one stone image from the site48 but appears
otherwise. A crown surrounds the hair-dress. It is made of a diadem, plain or
pearled, above which are attached three jewelled fleurons. Further, another
jewelled ornament is introduced at the top of the head, in front of the central lock;
it appears also on bronzes (fig. 8).49 Three thick locks are visible.
Mahjusri wears a short skirt. As seen on three stone images, including the Linden-
Museum one,50 the left knee remains fully or partly uncovered while the cloth hides
the right one. The extremity of the dress falls in a succession of small zig-zag
between the legs. Folds are not indicated whereas on one example from Nalanda as
on the image of the Patna Museum,51 they are shown by a series of parallel curved
lines. Folds are also not illustrated on the stucco images whereas they may be
introduced on bronzes (fig. 8).52 The skirt worn by Mahjusri will be preserved
throughout the Pala period. As a matter of fact, two types of skirt are to be
distinguished: a short one and a long one which covers the legs and falls up to the
anklets; the short one is folded between the legs while the long skirt is closed on the
side. This long dress is then worn by female deities or by Avalokitesvara. The sash
across the thighs is usually closed on the right hip by a heavy knot on which is put
the right hand. On bronzes, however, and on one stucco image where the Bodhi-
sattva attends to the Buddha (fig. 4),53 the knot is disposed on the proper left.
Whereas the bronzes as well as the stone images and one stucco representation54
76
Bautze-Picron: Some Aspects of Manjusn Iconography in Bihar
Fig. 7
Manjusn, Nalanda, site 3
Fig. 8
Manjusrl, Nalandâ Museum
show Manjusrl with the left hand at the breast level, one stucco panel shows him,
like here, with the hand put on the knot (fig. 4). We may also observe that this left
hand lies on the left knee when the Bodhisattva sits on the stuccos (fig. 6, 7).55 The
hand put on the knot is commonly observed with attendants or door-keepers at the
post-Gupta period, and as such, it is preserved during the Pala period. It is thus
possible that the Manjusrl of the Linden-Museum belonged to a group of free-
standing stelae. We know such groupings where the Buddha is surrounded by
Bodhisattva at the Pala period, and if the main triad to be represented in Bihar
illustrates the Buddha accompanied by Avalokitesvara and Maitreya,56 there exists
at least one example where Maitreya and Manjusrl were standing on either side of a
Buddha image (on which, are also represented, in small size, Vajrapani and
Padmapani-Avalokitesvara).57 A pair of standing Bodhisattvas from Nalanda, Ava-
lokitesvara and Manjusrl, formed probably also a pair having accompanied a
Buddha image,58 and we know of some stelae illustrating the triad where Maitreya
has disappeared and let his place to Manjusrl.59
The Krodha Yamari/Yamantaka, who stands at the Bodhisattva’s proper right is
rarely encountered. Four-armed, he is depicted on an image from Nalanda.60 As
seen on the Linden-Museum image, i.e. two-armed and holding a weapon named
mudgara,6i he still appears in the 9th century at Kurkihar and Guneri (fig. 10)62
whereas the four-armed form seems to disappear.
A last iconographic feature to be mentioned is the row of utpalas which runs parallel
to the edge of the image as a part of the aura. The motif is often observed on the
bronzes (fig. 8),63 more rarely on the stelae (fig. 11). Mention must be made of the
rows of flowers that adorn the edges of the niches at the temple of site 2M and are
also introduced in the aura of bronzes of different iconographies during the pre-Pala
period.65
77
TRIBUS 38, 1989
This form of Mahjusri, standing and displaying the varadamudra with the right hand
while holding the utpala in the left hand, is thus well represented at Nalanda in the
7th and 8th century since besides the Linden-Museum stele, one can collect two
larger stone images from the site, one of unknown provenance but very probably
from Nalanda as shown by Frederick M. Asher,66 one from the Gaya district which
shares many elements with one of the two Nalanda stelae,67 five bronzes and two
stuccos.68 In the case of the stuccos, the Bodhisattva is seen as attendant of the
Buddha: he appears at the proper left of Sakyamuni who sits in pralambdsana and
displays the dharmacakramudra whether in the same panel or in a separate one (fig.
4 and 5).69
Fig. 9
Mahjusri, Badgaon
Fig. 10
Mahjusri, British Museum
The monument of site 3 has other stucco images representing Mahjusri; they differ
from the two above-mentioned ones since they generally show the Bodhisattva
seated in padmdsana. Gesture and attribute are the same as observed before. One
panel, the largest one,70 is situated in the lower row of images, next to the panel
where Mahjusri stands by the side of the Buddha. In a smaller panel, located in the
second row, just above the panel where Mahjusri stands alone (fig. 6), the
Bodhisattva wears the same ear-ornaments as the Linden-Museum image, and in a
niche of a small stupa located on site 3 (fig. 7), he wears the waist-band worn by one
of the stone image of Nalanda.71 He presents also here the two different ear-
ornaments and, very interestingly, does not sit in the padmdsana since the two legs
are folded but not crossed.72
Bautze-Picron; Some Aspects of Mahjusri Iconography in Bihar
Three bronzes73 illustrate the same iconography where the Bodhisattva sits in
padmasana (or in a similar position) and displays the varadamudra while holding
the nllotpala. In later period, i.e. after the 8th century, the position is preserved
when the Bodhisattva displays the dharmacakramudrd74 while Mahjusri showing the
varadamudra (and holding the flower) sits then in lalitdsana or in a similar
position.75 On these images, the left hand, which clasps the utpala, is seen at the
level of the breast, whereas on the stucco panels where Mahjusri also sits, the same
hand lies above the knee. The higher position of the hand is preserved on the
bronzes or stone images illustrating the Bodhisattva standing, but a slight difference
deserves to be noticed. The hand is carved at the level of the shoulder or slightly
Fig. 11 Fig. 12
Manjusn, Bodh Gaya Museum Mahjusri, Bodh Gaya
below or above on the stone images: this higher position is maintained in the Pala
period, which would imply that the stone images under consideration are later than
the bronzes. This specific gesture of the left hand contributes to draw the attention
to the utpala when the right hand displays the varadamudra. But this does not seems
to be aimed at when another mudra is shown by the right hand since in this case, the
left hand lies above the knee or behind it in case Mahjusri sits or falls down in case
he stands.76 Craftsmen of Bodh Gaya decided however to introduce at a still early
period, the stretched arm with the hand hidden by the left leg (fig. 11 and 14). The
gesture is preserved when the Bodhisattva sits in mahdrdjalildsana (fig. 17). The
hand put above the left knee, as on the stucco images, is similarly shown on a
79
TRIBUS 38, 1989
bronze77 where the Bodhisattva probably displayed the vitarkamudra (the hand
which was in front of the breast, is broken off) and it disappears behind the leg of
two stone images where ManjusrI presents the vitarkamudra.78
Dating the material remains difficult since no safely dated image (through inscrip-
tion) is known in the post-Gupta period. The stucco and some bronze images can
probably be dated in the 7th century.79 As to the stone images, Frederick M. Asher
pointed out that they integrate motifs and treatment of motifs observed on the
stuccos of site 3. As a result, these stelae were dated in the 8th century after the
stucco images,80 and it is also true, as we observed here above, that they show the
upavlta absent on the stucco panels. Two phases can be distinguished in this early
period. The first one is illustrated by the stucco images of site 3 and by the bronzes,
while the second one corresponds to the stone images. In the first phase, the
Bodhisattva appears as direct attendant to the Buddha or in an iconographic
program which relates him directly to the Buddha (stuccos; fig. 4 and 5). But it is
not known whether his bronze representations entered into a similar program: they
might well have been isolated, like the stone images of the second phase, which
appear to have been the object of a separate cult81 whereas the Linden-Museum
stele would have been included in a group similar to those seen on the monument of
site 3 (see above).
Fig. 13
Mahjusn, Patna Museum
This form of ManjusrI is inherited by the atelier of Kurkihar towards the end of the
8th century.82 Yamari appears also as a permanent attendant to the Bodhisattva
when the latter stands. From the 9th century, we may mention a stele from Nalanda
80
Bautze-Picron: Some Aspects of Manjusri Iconography in Bihar
which probably formed a pair with a representation of Avalokitesvara,83 and
another stele(fig. 9) where Yamari stands on the proper left while on the proper
right, kneels a devotee. Outstanding on this image, is the manuscript, pustaka, lying
above the nllotpala. This feature becomes generalized hereafter as seen from the
later stelae of Kurkihar, where Manjusri sits or stands (fig. 10).84 Under the
Kurkihar influence, the type appears also at Guneri85 and, without Yamari, at Bodh
Gaya (fig. 12 and 13) towards the same period. It is also under this form that the
Bodhisattva is integrated within the group of four (like at Guneri or on a group
from Kurkihar)86 or eight Mahabodhisattvas.87
This very form of Manjusri can eventually be completed by the lion on which sits
the Bodhisattva or which crawls at the feet of the standing Bodhisattva (fig. 12,
14-16).88 The vdhana seems to appear at Bodh Gaya or Kurkihar in the late 8th or
early 9th century. It does not seem to have encountered much favour at Nalanda,
but seen there, it is also with the dharmacakramudra89 - and this are images
belonging to this second aspect of Manjusri which integrate the lion in the 11th and
12th century90 - or together with the right hand falling. Later on in the 9th century,
Manjusri sits in the mahdrdjalildsana or in a similar position above the lion. The
right hand does not display anymore the varadamudrd but falls indeed, lying above
the right knee; it may hold a flower (?). This position and the gesture can be
preserved even when the Bodhisattva does not sit on the animal (fig. 17).91
Fig. 14
Manjusri, Bodh Gaya
Fig. 15
Manjusri, Kurkihar
A last feature to be mentioned is the presence of Sudhanakumara who seems to
have appeared during the second half of the 10th century.92 Later images (11th and
12th century) will also integrate the representation of the Jina Aksobhya at the top
of the slab - since Manjusri belongs to the kula of this Jina, eventually surrounded
by the other four Jinas.93
81
TRIBUS 38, 1989
Concluding remarks
Only one specific form of ManjusrT has been considered, the most commonly met
with in Bihar from the 7th to the 9th century. Other forms appear in course of time;
ManjusrT instructing or ManjusrT holding the sword and the book. While concentra-
ting here exclusively on the material of Bihar, we cannot neglect the presence of
ManjusrT in other sites: under the form here analysed, he appears among the
Astamahabodhisattvas at Ellora, he is also observed in Orissa, in Java... It is sure
that these local developments cannot be excluded when considering specific forms
of the Bodhisattva, but it would presently go far beyond the scope of the present
article.
Fig. 16
ManjusrT, private collection
Before concluding, mention must be made of literary sources where ManjusrT is
described. Marie-Thérèse de Mallmann has already analysed the Sâdhanamàlâ and
the Nispannayogâvalï, however three sâdhanas only are here relevant (67, 71, 72).94
ManjusrT holds the nîlotpala, displays the varadamudrà and is adorned by the five
locks of hair. But the sàdhana 67 adds moreover that Aksobhya is present above the
head of the Bodhisattva; this feature does not seem to appear before the late 10th
century or even the 11th century. This reminds us that the Sàdhanamâlâ was
compiled in the 11th or 12th century,95 thus at a much later period than the period to
which are ascribed the images analysed here. This implies that the text, in its
present form, may have resulted from a long period of writing (sâdhanas written at
different periods were put together) or/and that sâdhanas may have been written at
the period of compilation. We may also not forget that sâdhanas were not written as
»pense-bête« for the artists, but that they were to be actualized as a spiritual level.
82
Bautze-Picron: Some Aspects of Manjusn Iconography in Bihar
That text and image can at times match does not imply that a sadhana was read and
then »illustrated« (materially) but rather that the image described by the text was
similar to the image cast, carved or painted. Contrarily, an earlier text, the
Manjusnmulakalpa, includes a number of descriptions of the Bodhisattva which
were aimed at being painted. The text has been dated between the end of the 8th an
the end of the 9th century.96 It underlines the »human« aspect of the Bodhisattva,
shows him attending to the Buddha or as main image of the painting and repeatedly
mentions Yamantaka in close relation to Mahjusrl.97
As Marcelle Lalou observed,98 no mention is made therein of the sword and of the
book as attributes of Manjusrl, these attributes are also only observed after the
post-Gupta period. On the other hand, it mentions the Bodhisattva displaying the
Fig. 17 Fig. 18
Mahjusrl, Kurkihar Mahjusrl, Bodh Gaya Museum
dharmacakramudraa mudra which gains the artistic favour only in the 9th or 10th
century. Aspects of Mahjusrl mentioned by the Manjusnmulakalpa are mainly
observed in the post-Gupta or early Pala periods, and this mainly at Nalanda or
Kurkihar. We must here shortly remind that later artistic testimony illustrates more
complex iconographic forms (three-headed, six-armed, multiplication of the main
image...) which are exclusively described in the Sadhanamala or the Nispannayo-
gdvali. And as a matter of fact, in this late period i. e. the 11th and 12th century, the
early type - standing/seated, varadarnudra and utpala - is extremely rare and
appears rather as an anachronism.100
A last point deserves some attention before concluding. The elaboration of the
Mahjusrl image might appear to have been influenced by the AvalokiteSvara
iconography at some occasions. We mentioned the presence of Sudhanakumara by
the side of the Bodhisattva towards the end of the 10th century together with
Yamantaka: this pair finds a direct correspondance with the pair Sudhanakumara-
Hayagrlva seen by the side of Avalokitesvara towards the same period.101 Then also
83
TRIBUS 38, 1989
seems to be introduced the tiny image of Aksobhya at the top of the stele and on the
head-dress in the Sadhanamald: in reply, very probably, to the presence of the Jina
Amitabha in Avalokitesvara’s head-dress. The lion as vdhana is also introduced in
both iconographies but we cannot exclude the possibility that the iconography of
Mahjusri innovated here.102
Appendix
We have here listed images of Mahjusri illustrating the form under consideration.
Images are listed according to their find-spot and the material in which they are
realized. Only three-dimensional images are considered.
Nâlandâ
stuccos on the monument of site 3
1. Asher 1980, pi. 71; Paul 1987, fig. 23: eastern façade, first panel north of the
northeast tower-corner.
2. Paul 1987, fig. 16; fig. 4 (copyright C. Bautze) - on the Buddha’s proper left.
Second panel north of the northeast tower-corner, eastern façade (north of the
previous panel).
3. Fig. 5 (copyright C. Bautze): south wall of the corner-tower located southeast,
first panel at the right of the lower row. A general view of the tower is given by
Frederic 1959, fig. 100, a view of the three panels on the lower row is given by von
Schroeder 1981, p. 203.
4. Fig. 6 (copyright C. Bautze): first panel at the right of the upper row, same wall,
panel located above the previous one.
5. Paul 1987, fig, 24; fig. 7 (copyright C. Bautze): face of a stüpa on the site 3.
bronzes
6. Nâlandâ Museum inv. 11180; Khandalavala-Gorakshkar 1986, fig. 70 and p. 118
(»Avalokitesvara« (sic !), late 8th c.).
7. Nâlandâ Museum inv. 11176: Bernet Kempers 1933, fig. 6 and p. 30 (with a more
complete photograph than the one published in later works: the aureole is also
present on the proper right of the Bodhisattva; »Mahjusri« ».. .mainly corresponds
to the form of this deity which the sàdhanas call SiddhaikavTra...«), p. 31 (»we must
ascribe this image ... to the art of the Pâla Empire«) and 71 (»the bronzes of
Nâlandâ have been manufactured in the middle of the ninth century«); von
Schroeder 1981, 47G (»Mahjusri SiddhaikavTra«, 650-750); Khandalavala-
Gorakshkar 1986, fig. 71 and p. 118-119 (»Lokanâtha« (sic !), late 8th c.).
8. National Museum inv. 49133; von Schroeder 1981, 50 A (»Mahjusri Siddhaika-
vTra«, 7th c.); Khandalavala-Gorakshkar 1986, fig. 72 and p. 119 (»Vajrapâni«
(sic!), late 8th c.).
9. Indian Museum A 24294/9439: von Schroeder 1981, 50B (»Mahjusri Siddhaika-
vTra«, 650-700); Khandalavala-Gorakshkar 1986, fig. 75 and p. 119 (»Lokanâtha«
(sic !), late 8th c.); Mitra 1979, fig. 52 (»Avalokitesvara« (sic !), 10th c.); Kramrisch
1954 (»Mahjusri SiddhaikavTra«, late 7th c.); Bandyopadhyay 1981, p. 85-86
(»Avalokitesvara« (sic !), 9th c.).
10. Nâlandâ Museum inv. 08033: fig. 8 (copyright AST).
11. Patna Museum inv. 8349: von Schroeder 1981, 48F (»Mahjusri SiddhaikavTra«,
84
Bautze-Picron; Some Aspects of Mahjusn Iconography in Bihar
7th c.); Gupta 1965, p. 120 (»Avalokitesvara« (sic !), 10th c.); Khandalavala-
Gorakshkar 1986, fig. 66 and p. 117-118 (»Lokanatha« (sic !), late 8th c.).
12. Nalanda Museum inv. 08023; von Schroeder 48D (»MahjusrT Siddhaikavlra«,
7th c.).
13. Nalanda Museum inv. 08136: Mitra 1979, fig. 89 (»Siddhaikavlra«, c. 10th c.)
stone images
14. National Museum inv. 59528: Mallmann 1948, pi. Xl-a (»Lokanatha«, »art
Pala du Bengale« (sic !); identification corrected in Mallmann 1964); Mallmann
1949, fig. 1 (»Avalokitesvara«, post-Gupta: identification corrected in Mallmann
1964); Mallmann 1964, pi. Ill (»Siddhaikavlra«); Asher 1980, pi. 164 (»MahjusrT«,
8th c.); Paul 1987, fig. 6 (»MahjusrT«, second half 7th c.).
15. Nalanda Museum inv. 10511: Mallmann 1948, pi. Xl-b (»Siddhaikavlra«, »art
Pala du Bengale«); Weiner 1962, fig. 35 (»Maitreya« (sic !), early 8th c.); Asher
1980, pi. 166 (»MahjusrT«, 8th c.); Paul 1987, fig. 5 (»MahjusrT«, second half 7th c.).
16. British Museum inv. 1924. 1-10. 2: Mallmann 1956, p. 65 (»MahjusrT«, 8th c.);
Asher 1980, pi. 165 (»MahjusrT, 8th c.).
17. Patna Museum, no number: Asher 1980, pi. 145 (»MahjusrT«, 8th c.).
18. Linden-Museum: fig. 1, 2 and 3. See footnote 5.
19. Nalanda Museum: Saraswati 1977, ill. 18 (»Siddhaikavlra«, c. 9th c.).
20. Surya Mandir, Badgaon: fig. 9 (copyright J. Bautze).
21. Nalanda Museum: Annual Report of the ASI for the Years 1930-34, pi. CXL1, 2
(»Simhanada MahjusrT«);
22. Nalanda Museum: Annual Report of the ASI for the Years 1930-34, pi. CXLI, 3
(»Simhanada MahjusrT«); Saraswati 1977, ill. 39 (»Mahjuvara (?)«, c. 11th c.).
Kurkihdr
stone images
23. Indian Museum inv. Kr. 7: Banerji 1933, pi. XIII-(c) (»Lokanatha« (sic !));
Mallmann 1948, pi. XI-c (»Lokanatha« (sic !), »art Pala du Bengale«); Saraswati
1977, ill. 14 (»Siddhaikavlra«, c. 9th c.); Mallmann 1964, p. 32-33.
24. Calcutta, private collection: Saraswtet alii 1936, fig. 10.
25. British Museum 1959. 3-23.2: fig. 10 (copyright British Museum).
26. Baroda Museum: Goetz 1952, pi. IX.
27. DevTmandir, Kurkihar: fig. 15 (copyright J. Bautze).
28. DevTmandir, Kurkihar; fig. 17 (copyright J. Bautze).
29. Indian Museum inv. B.G. 74: Banerji 1933, pi. XIV-(b), Leoshko 1987, fig.
125 and p. 259 (late 9th - early 10th c.): image attributed to Bodh Gaya but see the
remark made by Anderson (1883, II, P- 48): »Its history is unknown«, and p. 33:
»the numerous sculptures... the exact histories and localities of which have been
lost, have only been placed there tentatively ...«. Even if this stelewas discovered
at Bodh Gaya (but this is not known), it is linked to the Kurkihar idiom rather than
to the Bodh Gaya one.
bronzes
30. Patna Museum inv. 9610: Shere 1961, fig. 24 (»Siddhaikavlra«, 11th c.); Gupta
1965, p. 142 (idem); Sinha 1983, fig. 27 (»Siddhaikavlra«); von Schroeder 1981, 631
(»MahjusrT Siddhaikavlra«, 10th c.).
31. Patna Museum inv. 9599: Shere 1961, fig. 23 (»MahjusrT«, 9th c.); Gupta 1965,
р. 142 (idem); Sinha 1983, fig. 25 (»MahjusrT«); von Schroeder 1981, 65D (»Mah-
jusrT Siddhaikavlra«, 10th c.). On the same plate, von Schroeder reproduces three
other Bodhisattvas who, we suspect, formed a tetrad with MahjusrT (Maitreya, 65C,
is in symmetry with Avalokitesvara, 65E, while MahjusrT is in symmetry with
Vajrapani, 65F).
32. Patna Museum inv. 9683: Gupta 1965, p. 142 (»MaharajalTla MahjusrT«, 12th
с. ); Shere 1961, fig. 22 (idem); Sinha 1983, fig. 29 (idem); Khandalavala-Goraksh-
kar 198, fig. 179 and p. 142 (idem, mid 10th c.).
85
TRIBUS 38, 1989
Guneri
33. Bodh Gaya Museum inv. 127; Huntington 1984, fig. 119 (»Mahjusri Kumära«,
c. 10th c.); Bénisti 1981, fig. 98 (wrongly labelled as being found at Bodh Gaya).
Räjgir
34. Los Angeles County Museum of Art inv. 79188; Begley 1969, cat. 9 (»Mah-
jusri«, c. 925-950); Newman 1984, fig. 29 (»ManjusrI«, 9th c.); Pal 1988, cat. 71
(idem); Bautze-Picron 1989, n° 40 (about the exact provenance of the image,
unknown to the authors mentioned hitherto).
35. Indian Museum inv. Ur. 3; Banerji 1933, pi. XXXV-(a) (»ManjusrI«).
Bodh Gaya
36. Bodh Gaya Museum inv. 43: Leoshko 1987, fig. 121 (pre-Päla); fig. 11
(copyright ASI).
37. Bodhi Mandir: Leoshko 1987, fig. 122 and p. 257 (9th c. perhaps); fig. 14
(copyright J. Bautze).
38. Patna Museum inv. 115: Gupta 1965, p. 62 (»ManjusrI«, 9th c.); Leoshko 1987,
fig. 123 and p. 258-259 (late 9th - early 10th c.); fig. 13 (copyright C. Bautze).
39. Tärädevimandir: Leoshko 1987, fig. 124 and p. 258-259 (idem); Bautze-Picron
1989 c, n° 14 and fig. 2 (further references to 19th c. publications); fig. 12.
(copyright J. Bautze).
40. Berlin, private collection: belongs either to an atelier of Bodh Gayà or to an
atelier of Kurkihär, fig. 16 (copyright J. Bautze).
Fragments
4L Nälandä Museum: neg. ASI 650/68 (torso and head of the Bodhisattva who
holds the utpala above which the manuscript lies).
42. Bodh Gayä Museum inv. 79: neg. ASI 1159/65 (Directorate of Museums,
Calcutta), fig. 18.
43. Bodh Gayä: garden of the Bodhi Mandir (neg. C. Bautze).
Footnotes
1 In two separate shrines located on either
side of the door of the Bodhi temple in
which was worshipped the image of the
Buddha. This is the first evidence for the
triad so commonly found in later times
(footnote 63): Beal n.d., II, p. 119.
2 Beal n.d., II, p. 103.
3 Mahjusri is mentioned by Fa-hsian when he
describes a Buddhist community living in
the country of Mathura: Beal n.d., I, P-
xxxix (»Men attached to the Mahâyâna of-
fer to Prajna-pâramitâ, Mahjusri, and Ava-
lôkitêSvara«: thus, no real mention of an
image is made.)
4 Only the work of Marie-Thérèse de Mall-
mann of AvalokiteSvara tried to follow the
development of this Bodhisattvas (Mall-
mann 1948).
3 Linden-Museum Stuttgart, inv. no. SA
36294 L. Height: 51 cm. From the Belmont
collection, sold at Sotheby & Co, 27/28
February 1967, lot 55 (illustrated). Exhibi-
ted at Stuttgart and Hamburg Indische
Kunst 1966, cat. 59; »Avalokitesvara (sic!).
See also Kreisel 1987, fig. 73 p. 64.
6 Mallmann 1949, p. 169-170 about this hair-
dress, named pancasira usually. It seems
that craftsmen generally indicated only
three main locks. However, a close exami-
nation of images shows that the central
larger lock is divided in three parts on some
images, which amounts to five locks. See
Mallmann 1948, pi. XXVI-b to d. Appen-
dix - images 24, 26, 33 (five locks).
7 See Harle 1987.
8 Sivaramamurti 1961, p. 27 and pi. VIII-4.
9 Sivaramamurti 1961, p. 27 and pi. VIII-10.
10 Mallmann 1949, p. 170-175.
11 Asher 1980, pi. 186.
12 Asher 1980, pi. 153.
86
Bautze-Picron: Some Aspects of Manjusri Iconography in Bihar
13 Asher 1980, pi. 154. Dated, p. 55, in the
reign of Dharmapala.
14 Asher 1980, pi. 191, Asher 1970, pi. X.
15 Appendix - images 7, 8, 19, 23, 29, 33, 34,
43...
16 As well as on two stelae from Nalanda
(appendix - images 21, 41). For Sirpur,
see: Barrett-Dikshit 1960, pi. 55, 58,
Chandra 1985, cat. 55, Dikshit 1955-57,
pi. 5 b, 6 a.
17 Barrett-Dikshit 1960, pi. 54.
18 In particularly, see Dikshit 1955-56,
Chandra 1985, p. 128-29, Heeramaneck
1979, cat. 53, Pal 1988, cat. 39.
19 Barrett-Dikshit 1960, p. 22 (»green chlori-
te schist«). The two groups »Buddha and
attendants« are carved in different pieces
cut in a »soft sandstone« (ibidem, p. 22 and
pi. 52, 53).
20 Seee.g. 1° Vajrasattva (Saraswati 1977, ill.
157, 158), 2° Buddha (neg. ASI 658/68), 3°
Buddha (neg. ASI 443/68), 4° Buddha
(neg. ASI 560/68). See also a Vairocana
(Saraswati 1977, ill. 169) where the upper
edge is interrupted behind the god. This
treatment appears much more rarely in
other sites: Asher 1980, pi. 78 (Tetrawaii),
137 (Bodh Gaya), 181 (unknown prove-
nance - »probably from Rajgir-Nalanda«
according to Asher). The motif reappears
on bronzes: von Schroeder 1981, 51 E.
The beaded frame appears on bronzes da-
ted in Devapala’s reign (von Schroeder
1981, 51 C and D).
21 Kramrisch 1929, fig. 28, Banerji 1933, pi.
XI-(c), M. Ghosh 1980, ill. 49.
22 Bautze-Picron 1989 a, fig. 2.
23 Ibidem where the archs and pendant are
carved.
24 Tse Bartholomew 1989, fig. 5 and 6.
25 Asher 1980, pi. 162, 189.
26 Asher 1980, pi. 18, 19, 142, 147, 149, 155,
157, 159, 187, 195, 197, 199.
27 Asher 1980, pi. 142, 144, 145, 149,
153-157, 159, 165.
28 Asher 1980, pi. 145, 147, 161-165, 174.
29 Asher 1980, pi. 89, 142.
30 Asher 1980, pi. 69, 70, 73.
31 Asher 1980, pi. 136, 141, 156, 161, 162,
181, 186.
32 They belong to the group belonging to the
»Bridge to Pala art« as properly called by
Frederick M. Asher: Asher 1980, pi. 145
(p. 77), 161-163 (p. 80-81), 164-166 (p.
82).
33 See Appendix - images 6 to 13 for the
proper references.
34 Stadtner 1976, p. 33 sqr.
35 Lamotte 1960.
36 Mallmann 1964.
37 Lalou 1930, MacDonald 1962.
38 Following Bruhn 1985, p. 150-151, »Mah-
jusri images« constitute a »type«, which
can be subdivided into »sub-types« or, as
we also call them »forms«, see also Bruhn
1976 and Bautze-Picron 1989 b, § 4.
39 Bautze-Picron 1989 b, § 4. This approach
has already been introduced in the study of
various iconographies in the Pala period:
Visnu, Brahma or Avalokitesvara (Bautze-
Picron 1985, 1989 a).
40 See Mallmann 1949, p. 170-175.
41 Appendix - image 14.
42 Appendix - images 14 and 16.
43 Appendix - images 14, 15, 17.
44 Appendix - images 1, 7, 8...
45 Neg. ASI 556/68. And appendix - images
21, 41.
46 Appendix - images
47 Appendix - images 1 to 5 (stuccos) and 6 to
13 (bronzes).
48 Appendix - image 15 (no upavita), images
14, 16 (upavita).
49 Appendix - images 6 to 13.
50 Appendix - images 14, 16.
51 Appendix - images 15 and 17.
52 Appendix - images 1 to 5 (stuccos) and 6 to
13 (bronzes).
53 The rule of symmetry prevailed Here: the
knot is disposed on the side of the specta-
tor, thus the two Bodhisattvas of the panel
put respectively their right or their left
hand above it.
54 Appendix - images 3 (stucco), 6 to 13
(bronzes), 14 to 17 (stone).
55 Appendix - image 1.
56 The triad from Hasra Kol is the most fa-
mous (Banerji 1933, pi. XXXII, Hunting-
ton 1984, fig. 120 to 122). The two stelae
from the Heeramaneck collection illustra-
ting Avalokitesvara and Maitreya belon-
ged probably to such a group (Heerama-
neck 1979, pi. 120 and 121).
57 It is the triad from Guneri, the central
image, the Buddha, being still in situ while
the two accompanying Bodhisattvas are
preserved at the Bodh Gaya Museum (Ba-
nerji 1933, pi. XVI-(a), Huntington 1984,
fig. 118 and 119; the image of Maitreya has
not yet been properly published, one can
recognize it on the overall photograph pu-
blished by M. Hamid 1931, fig. 28).
58 Fluntington 1984, fig. 127 (Avalokitesvara)
and Saraswati 1977, ill. 18 (Manjusri)
(here; Appendix - image 19).
59 Leoshko 1987, fig. 71 (Bodhi Mandir), one
stele in Musée Guimet (inv. 17842: Per-
cheron 1968, p. 14) and one in the Museum
of Fine Arts, Boston.
60 Appendix - image 14.
61 On Yamantaka, see Mallmann 1975, p.
465-469.
62 Appendix - images 23 to 25 (Kurkihar), 33
(Guneri).
63 Appendix - images 11 and 12.
64 Asher 1980, pi. 73 to 75 (among other
87
TRIBUS 38, 1989
motifs, like the row of pearl).
“Eg. von Schroeder 1981, 50C, 51 A, 53C,
D, G, 54D, 55A, B, 56G, 57C..., Asher
1980, pi. 172.
66 Appendix - image 16.
67 Appendix - image 17 (Gaya district) and
image 15 (Nàlandà).
68 Appendix - images 2, 3 (stuccos) and 6 to
10 (bronzes).
69 On this tnudrà displayed by ManjusrI, who
can also sit in the pralambàsana, see our
forthcoming article on »Some more aspects
of ManjusrI iconography«, to be published
in the Proceedings of the First Etienne
Lamotte Symposium, organized by the
Universities of Louvain and Liège at Brus-
sels (September 1989).
70 Appendix - image 1.
71 Appendix - image 15.
72 This position is also adopted by a Tara
located at the same upper level of a corner
tower (Paul 1987, fig. 26).
73 Appendix - images 11 to 13.
74 About this mudra see footnote 69.
75 Appendix-images 26,27,29,36,37,40...
76 Appendix - image 32 shows the abhayamu-
drà e.g.
77 Asher 1980, pi. 171 or Saraswati 1977, ill.
20.
78 Neg. ASI 556/68 and 602/68.
79 See the appendix where the relevant refe-
rences are given in each case.
80 See footnote 32.
81 At least, the image 14 was discovered in
the main shrine of the monument of site 8
(Asher 1980, p. 82 and footnote 79).
82 Appendix - image 23.
83 Appendix - image 19 and here above foot-
note 58.
84 Appendix - images 23 to 29.
85 Appendix - image 33.
86 Appendix - image 31 (where reference to
the other images of the tetrad is given).
87 E. g. Christie’s 10. 10. 1989, lot 229, Indian
Archaeology - A Review for the Years
1958-59, pi. LXXIX-C. Altogether,
some nine slabs are known to us, most of
them unpublished.
88 And a later image (11th c.) from Bengal
(Casey 1985, cat. 22).
89 Saraswati 1977, ill. 37 (and 36: the same
image, but the second photograph is
mirror-reversed).
90 Saraswati 1977, ill. 32 to 35, Mallmann
1964, fig. 1.
91 Appendix - images 21, 22 (on the lion).
Casey 1985, cat. 22 (the Bodhisattva stands
and holds the flower in the falling right
hand above the lion’s head).
92 Saraswati 1977, ill. 15, Casey 1985, cat. 22.
Sudhanakumâra appeared simultaneously
in the iconographies of Avalokitesvara and
ManjusrI(Bautze-Picron 1989 a)-seealso
below. The introduction of Sudhanakumà-
ra by the side of ManjusrI will be discussed
in our article dealing with the teaching
form of the Bodhisattva: it seems indeed
that this character was first introduced by
the side of ManjusrI in the function of
instructing.
93 Casey 1985, cat. 22 (Aksobhya), Saraswati
1977, ill. 15 (the five Jinas).
94 Mallmann 1964, p. 31
95 Mallmann 1948, p. 48 (the oldest collection
would be dated in the beginning of the 12th
c.).
96 Mallmann 1948, p. 47, MacDonald 1962,
p. 4 (after Przyluski).
97 Lalou 1930, pp. 37, 44, 48.
98 Lalou 1930, p. 14.
99 Lalou 1930, p. 45, 54-55, 56, 64, 65.
11X1 See footnote 92. A number of small bron-
zes should also be considered (e.g. Pal
1988, cat. 87).
101 See footnote 92.
102 This was already suspected by Marie-Thé-
rèse de Mallmann in her study on Avaloki-
tesvara (1948, p. 185).
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89
TRIBUS 38, 1989
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90
THOMAS S. BARTHEL AND HASSO VON WINNING
Some observations of Stela 1, La Mojarra, Veracruz
Part I Description of the stela
It is not often in Mesoamerican archaeology that a monument of major importance,
such as Stela 1 of La Mojarra, is published with excellent detailed drawings within a
relatively short period after its discovery (Fig. 1). The author, Fernando Winfield
Capitaine, and the Center of Maya Research in Washington, D.C. are to be
congratulated for having presented a general description of the relief carving that
represents a sumptuously attired dignitary, accompanied by an unusually long
inscription of over 400 signs.
Fernando Winfield describes some twenty-five features of the human figure,
designating them with letters in the drawing, which are helpful for a general
orientation. He discusses the two dates inscribed in the bar-and-dot system (corres-
ponding to A.D. 143 and 156), and he also draws attention to related iconographic
and epigraphic materials. His valuable observations are presented in English and
Spanish with the scholarly caution commensurate with the preliminary nature of the
handsome monograph (Winfield 1988). Inasmuch as this extraordinary monument
is now available for future iconographic and epigraphic studies, it is tempting to
scrutinize image and text in terms of their internal and external relationships, in
order to approach an understanding of the meaning of the sculpture.
The four-ton basalt monument is a somewhat irregular thick slab, averaging 2.20 m
in height and 1.20 m across. The relief is well preserved, aside from some damaged
areas. It was retrieved, November 1986, from the Acula River »after centuries of
immersion« near the settlement of La Mojarra in southeastern Veracruz. This place
is halfway between Tres Zapotes, where the Middle Preclassic period blends into
the Late Preclassic and where one of the earliest stelae with a Long Count (Stela C,
31 B.C.) was found, and Cerro de las Mesas where the dates A.D. 468 and 533
were recorded, but which also had an earlier long occupation.
Expanding the preliminary observations by Winfield, an attempt will be made to
analyze and interpret the meaning of the hieroglyphic text (by TSB) and that of the
figure in the center (by HvW).
The figure of the dignitary
A first glance conveys the impression that the carving has been executed by a highly
skilled artist familiar with iconographic conventions. The configuration brings to
mind Classic Lowland Maya representations on stelae portraying a ruler accom-
panied by hieroglyphs. Closer inspection indicates the presence of pre-Maya images
and shapes from several sculptural traditions.
The figure will be analyzed by comparing the visual traits with Classic Maya art and
representations from the Late Preclassic-Protoclassic Peripheral Coastal Lowlands,
a cultural and environmental unit defined by Lee Parsons (1978: 25-34). Within
this coastal strip long-distance, north-south contacts took place in both directions
and contact was also maintained with the Maya Lowlands.
Although the lower part of the figure, from the waist down, is effaced a double line
indicates the separation of the legs, which implies that the individual is a male. He
stands on a base line turning the face toward the right of the viewer.
91
TRIBUS 38, 1989
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la. Figure of the dignitary and
accompanying text.
Stela 1, La Mojarra, Veracruz; after
F. Winfield C. 1988, figs. 7, 8 and 14.
Drawings by George Stuart. With kind
permission by the authors.
92
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
The base
The slightly damaged base consists of a rectangular panel with four large roundels
flanked by vertical lines with two tabs. Such base panels do not occur in Classic
Maya art but they are found on Izapa sculptures where they contain diagonal lines
with opposing inwardly turned scrolls (e.g. Izapa Stela 4, 18, 50, Altar 20; cf.
Norman 1976: 28-31, fig. 2.7) and on Stela 11, Kaminaljuyu. Norman compares
these panels with the celestial jaguar mask panels where the scrolls are outward
curving. All base panels, including the Mojarra panel, represent the surface and the
interior of the earth.
There are other elements on the Mojarra Stela whose earliest recorded occurrences
can be traced to Izapa and, in view of different assessments of the duration,
distribution and characteristics of this art style, a brief review is pertinent.
The art style of Izapa
The duration of Izapa sculptural production has been variously dated, mainly due to
the fact that the monuments bear no inscribed dates. The longest time span, from
300 B.C. to A.D. 100 was suggested by M.D. Coe. Smith (1984: 4-5, 49) assigns a
fairly short period and Parsons (1986: 94) places Izapa between 200 B. C. and A. D.
200. In this Terminal Preclassic period (or Protoclassic, as some prefer to call it)
three substyles influenced one another: the Izapa »narrative« centering at Izapa on
the coast of Chiapas near the Mexico-Guatemala border, and the Miraflores and
Arenal »Proto-Maya« centering at Kaminaljuyu in the Guatemalan highlands. All
these had evolved gradually from the earlier post-Olmec styles in the area. In view
of the regionally limited Izapa style. Parson proposes the term Miraflores Horizon
to do justice to this more innovative and widely influential substyle.
After 100 B.C. the central Maya Lowlands and the southern Maya in the Kaminal-
juyu sphere emerge with significant manifestations in art and sculpture. The
southern influence appears in the Maya Lowlands before A.D. 50, evident in
architectural reliefs and wall painting, and thereafter gains strength with the
development of the stela-altar cult and associated inscriptions. For this reason,
Izapa can no longer be considered a link in time and space between the earlier
Olmec civilization and the Classic Maya art style as Coe had suggested in 1962
(Parsons 1986: 45-50).
The Izapa (or Miraflores) Horizon also influenced the coastal lowland sites to the
north in the vicinity of Tres Zapotes. In view of these circumstances we feel justified
in drawing comparisons for our Mojarra analysis from sites along the »Peripheral
Coastal Lowland strip«. It is consequently not surprising that an analogous base
panel occurs not only at Izapa but also on Kaminaljuyu Stela 11; on Monument 27
at El Baul; Monument 42, Bilbao; and Stela 3, Abaj Takalik (illustrated in Norman
1976, figs. 6.8-6.10).
The »ringtail« fish
As noted by Winfield, four fishes are facing upward »as if swimming along the
rope« on the outer left side of the headdress. They have a large fin that grows out of
the head and a ring near the bifurcated tail fin (Fig. 2a). Miles (1965: 251, fig. 5),
who gave this fish its descriptive name, noted similar occurrences on Stela 3,
Kaminaljuyu; Stela 1, Izapa (Fig. 2b, c); and more conventionalized renderings on
a jade plaque from Cerro de las Mesas (Fig. 2d) and in the tun glyph on the Leiden
Plaque (Fig. 2e). She lists numerous other occurrences, the latest being one on a
jaguar bone spatula from Tomb 7, Monte Alban (Covarrubias 1957, pi. 56 top) and
one in the aquatic scene Codex Nuttall 75.
TRIBUS 38, 1989
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1 c. Hieroglyphic text (black panels A-L
show the signs in the left text block).
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Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
The configuration »fish, rope, and the knot element at the end«
These may express a classic Maya concept, »the procreation of human beings«,
according to Diitting (1976: 44) who points out that fishes symbolize human
embryos. The birth of progeny, expressed in certain glyphic inscriptions, means
»capture of fish by God K in a mythical lake«. Capturing fish (with a net) is also a
central Mexican concept, illustrated in Codex Borgia 13 and Vaticanus B 32 by
fishermen capturing fish in a heavenly ocean. Captured fish that signify human
embryos, are also shown in Codex Borgia 16 where Mayauel, a form of earth
goddess, is depicted suckling fish. A Teotihuacan mural painting at Tetitla portrays
a diver collecting marine (!) shells in a net. Miller (1973: 136, fig. 277) noted that
this diving scene, painted at a site 250 miles from the nearest ocean, indicates the
interconnection between Teotihuacan and the (Gulf) coast.
The irregular form attached to the right side of the rope may represent a kind of
cloth according to Winfield who adds a question mark to this observation as the
»cloth« is somewhat damaged. There are three pairs of roundels (T 287?) (drops of
water?) attached to the rope (and also below) which may give an aquatic connota-
tion to the rope and the »cloth« (as a »mythological lake«?). This lake or primeval
ocean where the fish are caught is believed to be situated in the sky and, in fact, the
composition is in the upper section of the stela. Instead of a net the fish are caught
by - that is, attached to - a rope which may substitute for the net.
At the lower end of the rope is an oval sign which corresponds to the Maya affix
T 121. A knot element below corresponds to affix T 60 which, in inscriptions, is an
allograph of the T 684 bundle grapheme, implying »taking possession of« according
to Scheie (1983: 37). In any case, the knot element - which occurs also elsewhere in
Mesoamerica - is not a mere decorative ornament but has symbolic meaning.
In sum, the pictorial context of the composition that extends vertically on the left is
qualified by metaphorical and hieroglyphic components to express the birth of
progeny, probably for the continuation of the lineage.
The masks with the down-curving long lip
The huge composite headdress of the dignitary consists of a large long-lipped
monster mask (Mask A) and two smaller long-lipped masks (B and C) below. Of
the two masks which are attached on top of mask A, one is long-lipped (D), the
other (F) lacks the elongated lip. A fifth mask (E), also long-lipped, is worn as a
breast ornament. Each of these masks differs in detail but all face to the right, like
the head of the dignitary.
Because of their grotesque appearance the long-lipped masks, in which anthro-
pomorphic features are combined with those of different creatures, have been
variously labeled as monster or dragon heads, or as deity masks. Norman (1976: 13)
prefers the latter term because Izapa sculptures (e.g. Stela 2, 3, 4, 18, 25, Altar 3)
portray »supernatural forces of either benevolent or malevolent nature«.
We are here concerned only with masks that feature a large down-turned lip. This
lip has a secondary lip (the gums?) underneath. Above is the nose which consists of
an oval containing two scrolls, and two tubular nose rods studded with a bead. Such
nose depictions are frequent in serpent images.
Long-lipped deity faces occur in Late Preclassic architectural stucco masks, in Maya
glyphs, and on monumental sculpture from the Early Classic and before. M. D. Coe
suggests that the early long-lipped god became transformed into the Maya rain god
Chirc (God B in the codices). It is evident, however, that there are different long-
lipped forms in Maya iconography, where they also occur as celestial sky creatures
(Justeson, Norman and Hammond 1988: 115, fig. 311).
Other examples occur at Kaminaljuyu (Altar 9 and 10, Stela 1), the carved bones
from Chiapa de Corzo in the Chiapas highlands (Agrinier 1960, fig. 1 and 11), on
Stela D, Tres Zapotes, and on a large stela at El Meson, Veracruz (Agrinier 1960,
fig. 6d,f). Originally, the design was derived from Olmec art and evolved through
95
TRIBUS 38, 1989
Fig. 2
Ringtail fish
a. Mojarra Stela, upper left.
b. Stela 3, Kaminaljuyu.
c. Stela 1, Izapa.
d. Cerro de las Mesas jade.
e. Leiden Plaque. (Figs. 2b-e after
Miles 1965, p. 241, figs. 5a-d).
f. Mojarra Mask A with down-curving
elongated lip.
g. Masks B and C with tripointed »crown«
(shaded).
h. Tripointed »crown« on Jester God, with
chin strap (after Scheie and Miller 1986,
fig. 43).
i. Mask with chin strap, Bone 3, Chiapa de
Corzo (after Agrinier 1960, fig. 11).
j. Carved stone (5.2 cm x 6 cm) from Mound
1, Chiapa de Corzo, with elements of chin
strap (after Dixon 1959, fig. 6).
the ages in Classic Maya art where the elongated lip is a feature also of the Jester
God and its relation to blood-letting rites, to which we shall refer below. We come
now to a comparative description of the six masks.
Mask A (Fig. 2 f)
Inside the protruding lip, and also in the backward curved lower jaw, is a secondary
lip with a double volute indicating the teeth. The nose is depicted by a large oval
above the upper lip and contains curvilinear elements, with two projecting nose
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Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
rods with a bead. These also project from the nose of Mask D. It is problematic
whether the eye is shown by the large almond-shaped element flanked by volutes
or, less likely, by the oval in triple outline below; the latter element parallels the
oval on the snout and that in the large scroll farther to the left. A band, with a
segmented band underneath, curves below the eye and descends into the squarish
ear disk. As the long-lipped creatures generally include saurian or ophidian
features, this band could represent a serpent body with ventral scales. A double
borderline from the nose, over the almond shape, to the ear disk scroll delimits the
upper section of Mask A.
Masks B and C (Fig. 2 g)
These are below the maw of Mask A and are united by a broad diagonal band. They
lack the nose rods and ear disk but are essentially similar. More importantly, below
and behind the head is a kind of frame or chin strap that occurs also on Mask F
which is not long-lipped. Before discussing the chin strap we should point out the
head-covering of Masks B and C. It consists of a tripointed cap and such a device
served as the »crown« for Maya kings in the Late Preclassic according to Scheie and
Miller (1986: 53), who consider this element as an early precursor from which has
later been adapted the personified form of the Jester God. Such a tripointed
»crown« is attached to the headband of the Jester God on the backside of a Middle
Preclassic Olmec quartzite pectoral (1000-600 B. C. ) (Fig. 2h). At a later time, the
rear surface of the pectoral was incised with the image of a Late Preclassic Maya
ruler, accompanied by a text that records his accession to the throne (Scheie and
Miller 1986: 119, pi. 32 a).
The design on the chin strap on Masks B, C and F (Fig. 2g, 3 b)
The chin strap extends from the protruding tongue and ends in a volute at the base
of the ear. It contains three elements: a triangle, a scroll, and two tabs (on B and C
the tabs are represented by four lines). Interestingly, this same motif occurs on the
Protoclassic carved bones 1 and 3 from Chiapa de Corzo (Fig. 2i) and on a small
carved stone from Mound 1, Chiapa de Corzo, not far from the tomb where the
bones were discovered (Fig. 2j).
The masked head on Bone 3 overlaps a series of cartouches that contain two
roundels and, next to these, the four-way-hatched design (Fig. 2 i). The latter
occurs as Maya glyph T 656 and refers to the surface of the earth (probably to
agricultural fields). This design has a wide distribution in space and time as, for
instance, on a stela at Horcones, Chiapas; on Stela 1 Piedra Parada, Veracruz; at
Teotihuacan, Xochicalco, and on Maya sculptures (for a discussion see von Winning
1987 II: 35-39).
The simple, undecorated chin strap motif goes back to Olmec art (Fig. 3g). The
decorated Chiapa de Corzo chin strap on the long-lipped head of Bone 3 and its
association with the four-way-hatched earth symbol attributes a terrestrial quality to
our Masks B, C and F.
Mask F (Fig. 3 b)
With its »terrestrial« chin strap this mask is not long-lipped. On the cheek is a
triangle flanked by two circlets. In the open mouth is an upper tooth; such well
defined upper teeth occur on scroll-eyed deity images (cf. the Hauberg Stela in
Scheie and Miller 1986: 191). The eye on Mask F does not contain a scroll but an S-
shaped element is incised on the lid. This mask appears to be attached to Mask A by
means of a broad band. The rectangular headdress is quite unique and it includes
tabs and scrolls like those in the chin strap. Similar tabs and scrolls appear on the
emblem in front of the dignitary’s face.
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TRIBUS 38, 1989
Fig. 3
a. Mojarra Mask D.
b. Mojarra Mask F.
c. Mojarra Mask E.
d. Symbol for darkness over eye of bat de-
mon on a Chaîna vase (after Seler 1908,
GA3, pi. 1, after p. 640).
e. Day sign akbal (after Thompson 1960,
fig. 6: 35).
f. Main sign T 504, »darkness« (after
Thompson 1962).
g. Olmec mask with chin strap, incised on
Las Limas sculpture (after Joralemon
1976, fig. 3e).
h. Curved obsidian blade with human
heart on piano-relief tripod vessel from
Teotihuacan (after von Winning 1987:
I: fig. 10a, after p. 95).
i. Warrior holding obsidian blade with
human heart. Teotihuacan mural, White
Patio, Atetelco (after von Winning 1987:
I: fig. 3 a. after p. 95).
j. Detail on Mojarra Stela, far left below
rope.
k. Shield with Tlaloc emblem, Stela 31,
Tikal (ca. A. D. 445, after W. Coe 1962).
l. Tlaloc mask on ceramic tube from
Tehuantepec, Oaxaca; Mixteca-Puebla
Horizon (after Covarrubias 1957,
fig. 22, o).
Long-lipped Mask D (Fig. 3 a)
It has the same ear disk, with volutes above and below, as Mask A, but it is
differentiated by a supraorbital rectangle with two dotted half-circlets. This motif is
comparable to the oval above the eyelids of several anthropomorphic bat demons
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Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
on vases from Chama in the Guatemala highlands (Fig. 3 d). Seler (1908 GA3: 642)
has identified this sign as akbal (»night«), (cf. also the Chama bat demon on a vase
in the American Museum of Natural History, New York, on the cover of Mexican
X: 6, Nov. 1988). It is not very clear whether Mask D is tied to Mask A, but it is
closely attached.
Long-lipped Mask E (Fig. 3 c)
The mask is suspended from, or attached to, the large knot that holds together the
three rows of feathers that cover the shoulders of the dignitary. It has the same ear
disk as Mask D. Below the chin of the mask is an oval, perhaps comparable to Maya
affix T24. A lobed element underneath, with two tabs, is comparable to affix T23.
Three longitudinal plaques with rounded corners and diagonal lines are suspended
below Mask E. Such pendants occur frequently in front of the loincloth apron on
Early and Late Classic Maya stelae (cf. Proskouriakoff 1950: 65, fig. 23) and they
incorporate various oval or linear elements. Scheie (1983: 15-16) suggests that
these infixed elements are signs for (light-) reflection, derived from the nen (mirror)
signs.
It is noteworthy that Mask E, with its three pendants, is used here as a breast
ornament, although the so-called belt head pendants are always placed below the
waist. Our motif is on the same iconic level as the three rectangular panels with
wavy lines on the dignitary’s garment. These wavy line panels extend on the shirt
(narrow parallel lines) worn below the cape. Very likely the wavy lines indicate
terrestrial water, similarly as in Teotihuacan iconography. The panels terminate
with a cartouche containing an upside-down »U« sign (the »U« sign being a very
common symbol in Olmec and Late Preclassic sculpture). Another cartouche
below, with two outwardly turned scrolls, resemble the serpent tongues of Izapa
earth and sky serpents.
Given the association, on the same iconic level of Mask E with its water symbols
and the wavy water panels, it is plausible that the mask represents the rain deity
Chac.
The curved blade on top
The headdress, with the motifs attached on top and on the left side, occupies about
one half of the space within the preserved area of the relief. The other half is
occupied by the head and torso. Together with the other accoutrements the
individual is thereby characterized as a high ranking member of the nobility, if not a
ruler. In this capacity he surely must have engaged in the traditional blood-letting
rites about which so much has been written lately. Numerous scenes with portrayals
of blood offerings are known in Classic Maya sculpture, and on painted pottery.
From the Late Preclassic on, the instruments for blood self-sacrifice - lancets of
obsidian, flint, or bone, and stingray spines - have been found in caches and burials.
The early Hauberg stela (A.D. 199) shows, by its hieroglyphic text, that a ruler
»has let his blood« in preparation of his accession to the throne (Scheie and Miller
1986: 191).
The blood perforator itself became a deified object. In his comprehensive study
Joralemon (1974: 67) defined the characteristics of such instruments, particularly at
Palenque, which include a handle with the effigy of a long-lipped deity head
wearing a banded headdress and knots, and a long quill-like perforating blade.
On the Mojarra stela the long, pointed, and slightly curved object that protrudes on
top of the relief is very likely an obsidian or flint blade intended for ritual blood-
letting. It is attached by means of two striated bands that emanate from the top of
Mask D and is secured by a recurved band with a bowknot tie (affix T 60) and a
trifurcated element.
99
TRIBUS 38, 1989
The fact that the blade is curved should not stand in the way of its identification as
an obsidian dagger. Similar curved obsidian blades are depicted in warrior repres-
entations on Early Classic Teotihuacan murals. On the Atetelco mural a warrior
brandishes such a knife with a transfixed human heart (Fig. 3 i), and there are other
depictions of the curved blade on Teotihuacan pottery from the beginning of the
Late Classic period (von Winning 1987, I; 85-97) (Fig. 3 h).
The emblem
In front of the dignitary’s face is an emblem which has no parallel in Mesoamerican
art as far as we can ascertain. It is a cartouche to which are attached four
(numerical?) circlets. These are of the same size as the adjacent nose bead. The
elements in the cartouche resemble the scrolls and tabs of the chin straps in Masks
B, C and F. Thus a terrestrial connotation may be implied. One can also compare
the design with the day sign ben, which Thompson (1960: 82, fig. 9: 7, 10, 13)
supposed to represent the growing maize plant. He wrote that »the fact that this day
is favorable for children among the Ixil and Quiche may well be an extension of the
concept of growth for the human race.«
The emblem in the open hand, denoting that it is being offered, contains similar
elements and is also surrounded by four circlets (though it is damaged).
Description of miscellaneous motif elements
It remains to discuss those elements which have not been analyzed so far.
1. The rectangular pendant on the far left contains three circlets in a frame (Fig. 3 j).
An identical motif occurs on the belt of the lower figure on the fragmented Stela 10,
Kaminaljuyu. Parsons (1988; 115) dates its figural relief to 50 B.C.; the non-Maya
inscription has been added some 100 years later. We mention this parallel to stress
the antiquity of the symbol. The framed three-circlets symbol became an attribute
of the Early Classic rain god in Teotihuacan art, as the example on Stela 31, Tikal,
shows (Fig. 3 k), and continued through the Postclassic (Fig. 3, 1). However the
number of circlets varies, some Teotihuacan images display four or five.
2. The two vertical bundles below the ear disk of Mask A and the feather panache.
The vertical double bars are characterized as bundles by the knot in the center and
there seem to be other details that are not shown in the drawing but vaguely
recognizable in the photograph. No comparable depiction for the placement can be
cited. The feathers also have a knot at the base and differ from Izapa and Classic
Maya feather assemblages. The plumage with roundels on Stela 9 and 21, Izapa,
extends straight to the rear.
3. The wristlets consist of two undecorated bands and such simple ornaments occur
on Izapa Stelae 5, 9, 12, 14, and 67, but they are elaborate on other stelae.
4. The single nose bead of the ruler’s face is an early feature. It is also seen on the
Hauberg stela, and on Monument 65 and Stela 10, Kaminaljuyu. Double nose
beads became fashionable in Classic Maya art. The face of the Mojarra ruler has
protruding cheek bones and a protruding lower lip. The drawing does not repro-
duce the facial features adequately.
5. The tri-pointed ornament below the ruler’s ear disk occurs also on the Hauberg
stela, hence it is an early feature. Similar ornaments on Mojarra are below, or
above, the tie-knot bands. They may have a vegetal connotation emphasizing the
earth/rain theme of the stela.
The probable significance of the image of the ruler and the deity masks
The earliest Maya monument, inscribed with a hieroglyphic date of A. D. 199, is the
aforementioned Hauberg Stela of unknown provenance. It portrays a ruler who is
richly attired and accompanied by numerous symbolic figures, including a huge
serpent. Scheie and Miller (1986: 80) compare the mask of the ruler with a mask in
100
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
the British Museum (ibid. pi. 15) and consider the similarity as proof of the
widespread use of masks in Maya ritual and of the uniformity of Maya religion as
early as the first century A. D.
Later images of rulers on Classic Maya stelae and on Early Classic stelae at Cerro
de las Mesas show the ruler with all pertinent paraphernalia, intended to impress
the people of his secular and religious majesty.
The Mojarra Stela was undoubtedly also destined for the public display of an
exalted ruler. Barthel suggests that the image of the king portrays him as an earth
and rain god. His religious role is emphasized by the five deity masks B to F, which,
as we have attempted to show, include terrestrial and aquatic symbolism. Barthel
also calls attention to the depiction in Codex Borgia 27 of a group of five rain gods
arranged in four panels around a central panel. Another pentad of rain gods for
each of the cardinal directions and with a central rain deity follows in Borgia 28 (see
below Part II, p. 102).
The comparison of the Postclassic Codex Borgia rain/earth deity pentads with the
pentads on Mojarra is intended to point out ancient roots of pervasive concepts in
Mesoamerican religion. Commentators on the Borgia Codex consistently eschew
the question of when the codex was painted. Doubtlessly its content is based on
earlier traditions reaching back to the Classic period.
Whether the placement of the deity masks implies a directional scheme cannot be
answered at present. References to earth/rain symbolism are also evident in the
hieroglyphic text.
Summary and tentative conclusions
The Mojarra Stela was found »between 5 and 10 meters from the east bank of the
river, at a depth of about two meters«, in a swampy alluvial plain, intersected by
sluggish rivers (Winfield 1988: 1). This seems to indicate that the monument was
accidentally lost during transportation to its destination. Perhaps it was intended for
one of the earthen mounds at La Mojarra or one of the numerous unexplored
archaeological sites in the region.
The great majority of the monuments at San Lorenzo and La Venta, as well as those
at Tres Zapotes and Cerro de las Mesas were carved of basalt, like the Mojarra
Stela. A major source of this material are the numerous large boulders on the slopes
of Cerro Cintepec on the southern flank of the Tuxtla Mountains. M. D. Coe (1980:
296-297) supposes that the heavy stones were transported on large rafts when the
rivers were high by the end of the rainy season and moved overland with ropes and
rollers. Various such methods of transporting Olmec monuments are discussed by
Velson and Clark (1975). As no tools suitable for carving the huge monuments were
found at San Lorenzo - and it is not considered likely that the final sculpturing was
carried out at the quarry - a workshop of highly skilled artisans might have existed
at some trans-shipment point between the Cerro Cintepec and, in this case, the San
Juan/Papaloapan river systems.
Our structural and comparative analysis reveals that the image of the king has been
sculptured according to a carefully devised plan. Its configuration combines motifs
drawn from various stylistic traditions. The Terminal Preclassic (or Protoclassic)
dates recorded on the stela prompted an investigation of contemporaneous sculp-
tural art from other regions. The production of monumental stone sculptures of that
period centered in the Maya highlands at Kaminaljuyu, on the Pacific coast of
Guatemala, at Izapa on the coast of Chiapas, and sites in the Tuxtla region of
Veracruz.
Lee Parsons (1986: 147-175), in his excellent monograph on the stylistic develop-
ment of sculptural art from these and adjacent regions, differentiates three conti-
nuous, but interrelated, clusters of development in the Terminal Preclassic (200
B.C.-A.D. 200), to which period the Mojarra Stela belongs. Briefly stated, in an
Early phase the Izapa narrative style became standardized and new artistic direc-
tions of the Miraflores-Arenal phase at Kaminaljuyu (with post-Olmec prototypes)
101
TRIBUS 38, 1989
became established. A Middle phase (c. 50 B.C.-A.D. 50) witnessed the first
Cycle 7 inscriptions and proto-Maya iconography. In the Late phase the narrative
Izapa tradition comes to an end and clear Protoclassic manifestations emerge,
especially at Kaminaljuyu. On the Gulf Coast, mainly at Tres Zapotes, a long
sculptural tradition (with roots in Olmec times) continues with southern Izapa
affiliation in low reliefs.
We found that a number of sculptural motifs and elements from these style phases
have been incorporated in the configuration with great concern for detail. Some
features, however, are unique and reflect an innovative direction.
The entire composition is unframed, like the great post-Olmec stela of El Meson,
near the Tuxtla Mountains (cf. Covarrubias 1957, fig. 68) and other southern
Veracruz monuments. The surface of the stone has been flattened and smoothed
and the image of the ruler sculptured in low relief, in multiple levels of carving,
prior to the incision of the hieroglyphic text. This is evident (although the area
below the hand is damaged) by the fact that the continuity of the glyph column N is
interrupted.
One of the advances in the study of Maya hieroglyphic writing is the recognition
that main sign and affixes have been incorporated, in figural compositions, on
Classic period stelae and decorated pottery as attributes with logographic (semantic
or phonetic) meaning. In other words, decorative elements with symbolic signifi-
cance can now be read in terms of equivalent Maya words and forthwith translated
into English. We have pointed out one such element (on the far left below the rope)
and another (on Mask D) which may be part of the Maya script. On the other hand,
only two signs that appear in the glyph columns (a pre-Maya form of writing) occur
also in the figure of the ruler. These are the roundel (or circlets) and the knotted
band (the latter is open-ended on the right in columns P, Q, S and T) but they are
rather ubiquitous elements in Mesoamerican art. Four nominative pre-Maya glyphs
are incised on the ruler’s body; they also appear in the glyphic text (e.g. P.38).
In sum, it can be concluded that the stela was intended as a public monument that
portrays a ruler who displays the symbols of his secular and religious functions.
(HvW)
Part II Epigraphy
The discovery of the Mojarra Stela has far reaching inferences for the study of
Mesoamerican writing systems because this Protoclassic monument yields informa-
tion of unusual scope and structure. Both the chronological and geographical
placement of the Stela extend its significance far beyond central Veracruz. Its
relationship with inscriptions like those on the Tuxtla Statuette, and its historical
perspective with Oaxaca, the Isthmus of Tehuantepec, and the Maya area point to
cross-cultural connections of various kinds.
Initial attempts in the analysis of inscriptions cannot yield veritable »decipher-
ments«. The correspondence between the signs of a system of information and the
language upon which this is based must be dealt with at a later stage of the
investigation. It requires the cooperation of linguists for clarification of the pres-
umed Proto-Mixe-Zoque language. Formal peculiarities must be tested in terms of
recognizable regularities, such as the reading direction, segmentation of the text,
combination of signs, and parallelisms. For testing the relation between the
pictorial information (iconography) and text information (epigraphy), a proven and
reliable method of investigation will be implemented.
102
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
Such interpretational attempts go beyond internal comparisons. They also trans-
cend correspondences with other sources of similar historical writing systems. It is
evident to those knowledgeable in Maya writing that a number of signs on the
Mojarra Stela coincide partially or totally with Maya glyphs. The chronological
position of the Mojarra monument suggests that the roots of Maya writing may be
coetaneous. From a geographical point of view it is reasonable to assume that
cultural exchange took place. The scenario of inter-cultural stimuli in the 2nd
centruy A. D. appears to establish the existence of a non-Maya writing system in the
west (historically more anciently rooted in the Isthmian region and in Oaxaca) and
the ensuing development of Maya script in the east. This working hypothesis
implies a kind of relay exchange among »Olmec« scribes and Maya writing experts.
While the older writing tradition eventually vanished, the younger tradition devel-
oped into full bloom. It remains to test if this proposed change can be used for a
prognosis.
Single columnar arrangement
The disposition of the graphemes is columnar (Fig. la and 1c). The spaces between
the columns are carefully maintained and apparently deliberately planned. The
glyphs are not arranged on a horizontal line but, depending on their composition,
are placed in vertical sequence.
The text runs from the top to the end of a column and continues at the top of the
next column. A vertical reading order is implied by the sequences of the numerals in
the Long Count dates. According to columns I, N and O (Fig. 1) the numerals
(expressed in the bar-and-dot system) precede non-numerical graphemes in the
perpendicular sequence which never ends in numerals.
Inscriptions with single columns, to be read from top to bottom, have been
documented from much earlier times in Mesoamerica. In Oaxaca the epigraphic
writing order was in single columns and was in use in texts of the Monte Alban I
period (Whittaker 1980). Marcus’s (1976: 45-47) proposed use of paired columns,
like those in Maya inscriptions, has been rejected by Whittaker on the basis of the
earliest Monte Alban I inscriptions on Stela 12 and 13.
At present it can be stated that the most ancient lengthy inscriptions in all of
Mesoamerica occur in single columns.
Reading order
A peculiarity of the Mojarra Stela is that the sequence of the text differs in direction
on each side of the vertical axis which separates both Long Count dates by means of
a blank space. The 12 columns from A to L are associated with the earlier date.
Their reading order to the left is indicated by the graphemes in the two columns
B7-C4 because an identical sequence occurs in R4-R8, the side that progresses
to the right. The large block of inscriptions in columns N to U follows the later Long
Count date and advances from left to right. In short, the earlier text sequence is to
be read to the left, the later one to the right.
The block of signs on the left arches over the figure of the dignitary, and the length
of the columns is adjusted to the protruding attributes of the person. The block of
graphemes on the right side constitutes a massive set of information which the
protagonist faces. Possibly a link between image and text is implied by the extended
hand which interrupts the vertical sequence in column N. The holding of a unique
emblem may relate the pictorial information to the text. Unfortunately, a damaged
part in columns N-P (below and to the right of the extended hand) precludes
further conclusions.
At the end of a text segment in column P the grapheme P*38 is noteworthy because
it occurs repeatedly on the image (graphemes V to X).
The time-space axis between column A (»earlier in time«, followed by a text to be
read to the left) and column M (»later in time«, with a text towards the right) is a
TRIBUS 38, 1989
remarkable feature of this stela.
Reading columns to the left is the rule in inscriptions at Monte Alban (Whittaker
1980). This direction, combined with pictorial sequences in boustrophedon, is
characteristic for Postclassic Mixtec codices. However, there is no indication that
the Mojarra text follows a boustrophedon pattern. Also Codex Paris 24-21
contains a linear text to be read to the left, perhaps in accommodation to the »Maya
zodiac« scheme.
Some Maya vases with texts running from right to left indicate that this order was in
use in the Classic period. An example is the Late Classic Chochola style vase from
Yucatan on which nine glyphs occur in a version of a mortuary text (»Primary
Standard Sequence«) arround the rim, as accompaniment of the carved image
below. This text reads from right to left (cf. No. vW5672, private collection; also
Coe 1973: Vase 73).
A contrasting two-directional course on one and the same object is unknown to me.
Thus, it is evident that a left progression of adjoining columns, each containing
perpendicularly arranged signs, was the traditional rule for Preclassic writing
systems in Mesoamerica. This rule has also been applied in Chinese writing but it
seems premature to draw inferences from this circumstance.
Text segmentation
Another peculiarity of the Mojarra Stela is the use of a specific grapheme that
indicates the end of a sequence of signs. Studies of the Tuxtla Statuette reveal that
the columns of the inscription have an »ending sign« (Meluzin 1987: 69). Likewise,
the Mojarra text has been systematically subdivided by a horizontal, flattened arch
with two dot-like elements below. Both the left and the right text blocks show such
ending signs at L9 and U14, respectively.
The first text segmentation occurs at B9 (on the left side) and at M7 (on the right
side). However, between the Long Count dates and their sequential non-calendric
signs no ending signs occur. This implies that the date numerals are an integral part
of the following text information.
Such text segmentations are a valuable aid for decipherment. A visual text division
helps in determining the components of the information. Segments can be scrutini-
zed and compared in terms of their distribution and morphological or syntactic
properties may be elicited from them.
The length of the text segments varies considerably; at C5-C6 occur only two
signs, between R 9 and R 39 occur 30 signs. Segments in the smaller (left) text block
are shorter, however the larger (right) text block also contains brief segments (e.g.
T29-T31).
A division of text information of another kind occurs in Mixtec codices which
feature long separation lines. These are vertical and painted red. In Codex
Vindobonensis and Codex Nuttall occur numerous toponyms, at the end of which
the separation lines are followed by a year date. Apparently this change in
continuity marks the »limit of a space« and the transition to »a new beginning of a
time period«. Its function may depend on the division of the different chapters.
Placed at the end of the pictorial information the linear divisions can be considered
as limits of clustered toponyms.
Textblock A-L, above the sumptuously attired lord on Mojarra, contains nine
ending signs. A separation into nine groups is significant in Mesoamerican studies.
For instance the »Nine Lords of the Night« have been documented early by the
Maya (cf. the Leiden Plaque). The »principle of grouping by nine« is likewise of
importance in Indo-Mexicanist studies. Aside from a linear continuity of nine
components, their grouping around a center should be considered. A probable
model is the ascending boustrophedon in Borgia 14; and in Codex Fejervary-Mayer
1 the directional grouping of pairs that follow the first member of the series who
plays a leading role.
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
In view of the possibility of spatial transfers, the fifth (E4-F5) and the first
(B1-B8) segment, among the nine groups in the left block, deserve special
attention. Perhaps also the ninth (L1-L8) segment should be noted, considering
the spatial arrangement of the Nine Lords of the Night in Codex Vaticanus B
(19b-23b, with emphasis on the rain god realm!). Hence, a »grouping of nine
coupled with a progression to the left« may be a symbolic reference for the function
or power of the protagonist on the stela.
The text block on the right side (M-U), in front of the protagonist, is damaged so
that a relationship between his »hand action« and the text cannot be ascertained.
The ending signs N*32 and 0*28 below the damaged part could indicate an
uninterrupted sequence of signs in these columns. Such hypothetical segments
would begin at N 20 or O 15 and would then each comprise (at least) twenty signs.
In the third damaged column (after P26) the number of signs may be about 28.
In case the damaged text did not contain ending signs, then the right text block
would consist of a total of 27 segments. Such a number is of interest because
27 = 3x9 and it would be a well proportioned quantity if it is compared with the left
text block: one quarter on the left, three quarters on the right of the observer. As
will be shown below, the subdivision into 12 triads of text segments suggests a well
planned distributional system of specific thematic contents. The perception of such
a grouping of significant passages supports the assumption that no ending signs were
present in the effaced section. Although this can no longer be proven, the
reconstruction suggested here shows that a structural analysis of this kind can yield
promising results.
Inventory of the signs
For the present study a compilation of every sign has been established, according to
groups of similar graphemes, to provide a handy formal overview of the more than
400 signs on the stela (because of space limitations this inventory can not be
included here).
Anthropomorphic and zoomorphic beings are represented mainly by head variants;
geometric forms predominate; naturalistic forms are scarce. The signs are rendered
pre-eminently in a standardized pattern. The range of allographs is not large and
may also depend on the state of their preservation. Artistic freedom in the
rendering of pictographic form was apparently not the rule.
Certain signs occur with great frequency and are widely scattered over the extent of
the inscription; other signs occur only a few times. The distribution of some
frequent signs is in clusters and their associations aid in the detection of ritualistic
passages and of recurring patterns. Diverse sign sequences reveal characteristic
»closed parallel passages« which facilitate here and there an attempt for internal
grouping of text segments.
Portrait heads are turned toward the front of the respective column; thus they mark
the reading direction and thereby enable the immediate recognition of the front and
backside of a sign column. The portraits are not joined with another full sign but are
elaborated by means of subgraphemes. Different attributes are affixed above or
behind the face; that is, the ornaments (or symbols) are superfixed or postfixed in
relation to the face. This kind of clustering of component attributes conforms, in
principle, to the iconography of the figure of the lord. By attaching affixes the size
of the portraits exceeds the normal proportions of the geometric signs.
The more ornate portraits are usually greater in height; in geometric signs the
proportions of flat rectangles tends to remain constant. In this writing-system there
is no consistent norm for the space the signs occupy; some signs »are more equal
than all other signs«. Greater height is intended to distinguish high ranking
protagonists from the uniformity of sign configurations. Thus, oversize portraits are
intentionally designed to express a deliberate and unmistakable indication of status.
Functionally they may be compared with Egyptian cartouches.
105
TRIBUS 38, 1989
Oversize portraits occur on the left side at: D3/E1,E2/F5/H1?/L1; and on the
right side: 05 / 09/P 13?, Q 15 / R 10 / R27 / R39 / T18 / T40.
Two of the oversize portrait types appear to open an avenue for interpretation: the
bearded ones (old men as priests or ancestors?) and bearers of a complex hair
arrangement (highest ranking?). The latter types precede the former. Does the text
sequence imply a genealogical principle?
The »bearded ones« (of whom five have been preserved) occur twice at the end of
text segments, notably in analogous associations (cf. F3-F5 and R37-R39). Two
similar »bearded ones« in the right text block (R 10 and T 18) are followed by
numerals and constitute comparable »open parallel occurrences«. Are these two
bearded heads characteristic members of special series? The first mentioned
»bearded ones« (in the group F3-F5 and R37-R39) occur in a »bundle context«.
The portraits with elaborate hair-do (approximately ten) are distributed in equal
numbers on both text blocks. I shall refer to these later on. Here I call attention
only to E2 whose superfixed attributes indicate the connection with separate
geometric forms (on the one hand with C2/R6, on the other with R24a). Those
»with the protruding lip« (0 5 and R27) are comparable with an important attribute
of the figure of the lord and indicate a possible iconic-textual relationship. The long-
lipped graphemes occur in text segments which deal further on with »high ranking
ones« (cf. 0 9 and R39).
A few rules in composition can be noticed. Within columns the writing elements are
stacked vertically. Open spaces, for separation, are frequent. But close associa-
tions, mainly between two components, occur likewise. A fusion in the vertical
sequence is more frequent than a horizontal attachment within the width of a
column. Superfixes and subfixes fit smoothly in the width of single columns.
Therefore, much less space is used for prefixing and postfixing than in Maya
writing, where such affixes are so important.
An example of sign inversion are those graphemes that consist of a hand with
outwardly extended thumb. Depending on the type of object between fingers and
thumb, either the thumb points upward or the grapheme is turned around 180° with
the thumb pointing down. This kind of sign inversion occurs only in the right text
block in front of the figure. »His« open hand (with upward extended thumb) occurs
for the first time in the left short-text (D4) on »his« side. Does the particular form
in R 9 and T17 express, by the hand inversion from up to down, a kind of »change«?
A hand inversion together with a different object is seen also in the sequence
028-029.
Comparisons with Maya writing
The abundance of signs on the Mojarra Stela, which dates from the 2nd century
A. D., reveals several examples of a formal identity or similarity with Maya glyphs.
I am not referring to obvious naturalistic representations, such as the heads of
»jaguars« or the »turtle/tortoise«, but to specific geometric forms. These occur also
as iconographic attributes on the figure of the lord (cf. T 60, etc.).
The following Maya glyphs are pertinent for the comparison with Mojarra: T 23, T
24, T 67, T 74, T 103 (102?), T 120, T 125 (124?), T 136, T 188?, T 190, T 220, T
241, T 245/257?, T 281, T 504, T 507?, T 510?, T 511, T 535, T 544, T 563, T 585?, T
590, T 617, T 638b?, T 670, T 682.
There are also formal similarities with signs in non-Maya notational systems, but
their frequency is insufficient for comparisons. It remains to be tested, without
prejudice, to what degree formal similarities are relevant for semantic/ideographic,
or even phonetic, interpretations. Some tentative suggestions are noted below.
106
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
Fig. 4
Maya hieroglyphs mentioned in the text
(after Thompson’s Catalog 1962).
107
TRIBUS 38, 1989
Interpretative approach: The four world directions
Various methods can be used for the decipherment of a text that consists of
unknown graphemes. The segmentation - according to marked text segments, or
deduced from closed and open parallel passages - may give positional clues for a
covert syntax. Recognizable numerals draw attention to associated non-numerical
signs, either as part of calendric compositions or as units that can be counted and for
which a traditional number symbolism can be helpful.
I discovered a promising approach in the passage P*40-Q 4 which contains three
versions of a grapheme »X«, in the order X 1-X 2-X 3 (at P*41, PM4, Q 4). It is
remarkable that grapheme »X« is formally similar to the Maya glyph T 544! In this
passage we have the following modification:
a-X 1-h-X 2-c-d-e-X 3.
The simplest form is X3 (Q 4), the next one X1 (P*41) is more elaborate, and the
maximal elaboration is in X 2 (P*44). From a Maya point of view one would suspect
a solar thematic. Variations of the basic form »sun«, as an indication of the
beginning and terminal phases of the daily solar movement - sunrise and sunset -,
are the well-known Maya glyph compounds T 544/T 534:544/T 219:544. In Meso-
american languages the terms for sunrise and sunset also express the geographical
opposites »east« and »west«.
Supposing that the three versions of a proposed »sun grapheme« (»X«) in this
passage corresponds to the three main points in the solar trajectory (sunrise-zenith/
noon-sunset), it is pertinent to investigate further possible connections.
To complete the four world directions requires a non-solar information, a sign for
»night«. Each of the hypothetical solar graphemes X 1, X 2 and X 3 follows the
graphemes a, b, e, and occur in the second place of the schematic pairs of
graphemes. In order to extrapolate the information for »night«, there remains only
»c-d« (Q 1-2). It is gratifying to note that in this place is a grapheme which
resembles T 504 (Thompson 1950, Fig. 6 sub »akbal«). Our suspected grapheme for
»darkness, night« does not occur elsewhere as a single sign; however it can be noted
as an infixed sub-grapheme, turned around 90°, in the virtually identical portrait
heads O 25, O 24 and R 23. A comparable transfer exists also in Maya writing to
qualify anthropomorphic or zoomorphic heads.
If indeed the proposed three solar stations can be completed with a »nocturnal
information«, the internal order has to be clarified. As the sun moves toward the
right, the three hypothetical stations must be in sequential agreement with »sun-
rise«-»sun at noon«-»sunset«. In our text passage this order can be demonstrated
only by assuming a positional shift, i.e., beginning with »midday«-»sunset«—
(night)-»sunrise«. A simpler and more plausible solution would be to consider a
cross system in which the directions are arranged in opposing pairs. I prefer the
interpretation »sunrise« (P*41) vs. »sunset« (P*44), continued by »night« (Q 1) vs.
»day« (O 4). Such a scheme places east at the beginning and thereby is in agreement
with the traditional Mesoamerican concept that the east is ideologically the most
important direction. Our text shall therefore be analyzed in terms of a cross pattern.
Grapheme P*41, »sunrise/east«, occurs, in two instances, as the first component of
a bigram (R 15-16; and T 21-22 at the end of a text segment). The assumed sign
for »sunset/west« (P*44) leads to S 17. If one analyzes its context in terms of
possible directional indications, S 15 deserves special attention. Beginning with an
analogy of »sunrise« vs. »sunset« (separated by an intermediate position) at the end
of column P, one would expect there an indication for »east«. The composition of S
15 (»slanted and supported superfix opens the way over the base sign«) reminds the
Maya epigrapher of the two signs in the compound »sunrise« of the type T
561(544):526. An »opening wedge between sky and earth« is well suited to define
the beginning of day. For the moment I shall postpone testing this assumption.
The text on the Tuxtla Statuette may be useful for applying the concept of a »solar
composition« in Mojarra. Although the Tuxtla text on the front and in back lacks
»solar« graphemes, such compositions occur on the right side of the statuette (at
108
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
H’4 and F, see Meluzin 1987, fig. 6) and contrast with the left side (C’6). The
viewing direction of the statuette is not known; perhaps the above mentioned
observation can help to clarify it. If »right« corresponds to »east« the viewing
direction would be north, but if the right side corresponds to »west« the statuette
would face south.
The presumed »daybreak« (S 15) occurs again in T 1. Analogous to my proposed
text construction, the second following sign must be tested as to its counter
direction.
As S 17, which I interpreted above as »sunset«, follows after the bigram S15-16
there occurs after the bigram T 1-2, in comparable distance from grapheme T 3, a
grapheme S 27; cf. also 023) which has a formal similarity with a Maya lunar sign (T
682/683).
A »moon sign« would be appropriate for the supposed direction »west«. West is the
birthplace of the moon, whose appearance signals the beginning of the starry night
and the way through the moon stations.
The context of the presumed moon grapheme T 3 points in the direction »west,
evening«. A review of other occurrences of this sign in the 36 text segments reveals
a system of lunar phase positions (O 23 in segment XVI; S 27 in XXIX, T 3 in
XXX). On average, »29« and »30« are the numbers of days in a lunar month. »16« is
in the second half of a lunation, or the waning phase after full moon. More
precisely, if T 3 (XXX) designates »west«, that is, the first re-appearance of the
crescent, then S 27 (XXIX) should be new moon. The passage »moon below«
corresponds to the actual happening. Important is the connection between segment
XXIX and the turtle image in Codex Madrid 71a, where the moon is in the sky band
and possibly denotes an eclipse. Grapheme O 23 (XVI) then stands for the full
moon (beginning to wane), which rises in the east and marks the entire course
across the night sky. The proximity to a »bearer« in the text brings to mind Codex
Borgia 33 where the rabbit carries the full moon on its back. As is well known the
rabbit represents the full moon; its design is derived from the markings on the face
of the moon. In Borgia 33 (top left) the rabbit moves away toward the right of the
Temple of Teotitlan, thereby indicating the backside, in contrast to the front of the
temple where a deer carries the solar disk.
To sum up, if the positions of the text segments are indicative of moon phases, then
the three moon graphemes represent important lunar phases; this becomes mean-
ingful in terms of the context. Such a »Key for moon phases« is a novel interpre-
tative method whose applicability should be tested on other Mesoamerican monu-
ments.
The tentative interpretation of the world directional scheme on Mojarra leads to
assumptions for the use of synonyms in terms of »daybreak, dawn« instead of
»sunrise, east«, and »moonrise, beginning of night« instead of »sunset, west«.
Interpretative approach: Nature
The lower component of the suggested grapheme for »daybreak« brings into play a
cosmic dimension of fundamental importance. One of the most frequently occur-
ring signs (G 7, L 4, P 3 etc.) signifies »the earth«, as I shall demonstrate.
This grapheme, with its two symmetrical volutes, can be compared in two ways with
other systems. If »curled hair or lock« is intended, a comparison with Maya glyph T
171, or T 526 (duplication of the curl), is pertinent in view of their reference to
»milpa« and »mistress« (in case col/colel applies) of the earth«. Another explana-
tion may be derived from the shape of the two volutes in the sign »earth« as a region
that »opens up and brings forth« (cf. Codex Nuttall 1, below right). Interesting is
also the ideographic use of the proposed earth sign on the forehead of a »smiling
face figure« from Veracruz (Basel 1986, fig. 113, also in Romero 1958, lam. 38).
In our text the sign »earth« occurs with certain associations; it is used four times
after »cloudy sky« (J 8, P 2. R 49, S 31) and four times before the oval with infixed
roundel (P 4, S 2, S 23, S 33). This distribution involves an overlapping of compact
109
TRIBUS 38, 1989
three-member parallel passages (P 2-4; R 49-S2; S 31-33). The associated text
segments in each case contain a »bundle grapheme« (of the type P 5), as follows:
Three »bundles« (0*34, 0*37 and P 5) in the first occurrence,
Two »bundles« (R 41 and R 44) in the second occurrence,
One »bundle« (S 25) in the third occurrence.
This construction does not convey a four-directional world scheme, however it
suggests the possibility of a vertical stratification of the universe. If one component
in these passages signifies the »earth«, another associated component may refer to
an earthly attribute or to a contrasting world region. The earth, as the source of
sustenance, requires rain for plant growth; it is dependent on seasonal changes from
a higher cosmic region.
A review of ancient Mexican representations regarding these circumstances brings
to mind the fundamental role of the rain god. He personifies the concept of a
vertical order in nature, the »rain bringing clouds above / the rain-receiving earth
below«, which is expressed, for instance, in Codex Borgia 28. The conception of a
rain god in this Postclassic codex, attributable to the Nonoualca, has its roots in the
religion of Teotihuacan. Given the proximity to the Classic period, the graphemes
in J 8, P 2, R 49, S 31, and the grapheme P 4, S 2, S 23, S 33 can now be analyzed.
In its complete form the grapheme (as in P 2) consists of a horizontal bar above an
inverted »U« containing vertical parallel lines that are diagonally shortened; and
next to it are two circlets or dots. Such a composition represents the cloudy sky in
the central image of Codex Borgia 28. Its upper limit is marked by horizontal bars.
Clouds extend downward with volutes and protrusions and pairs of black spots
between the star symbols. The theme conveys how Tlaloc brings about the
fertilization of the fields with growing maize plants. His image in the center of a rain
god pentad - distinguished by deity attributes with differentiated types of rain -
represents as solar aspect in red color. The naked earthmother below receives the
rainwater which causes the plants to bloom (on a specific day »1. water« in the
central position of other day signs).
Could this configuration be of heuristic significance for understanding the »earth
symbolism« on the stela? The sequence »cloudy sky« (J 8, P 2, R 49, S 31) may
likewise imply a male-female relation in nature. The necessary and desired fertiliza-
tion is achieved by »rain« for which the sign (P 4, S 2, etc.) may apply. My working
hypothesis of the structural comparison between Borgia 28 and the grouping of
signs in the Protoclassic monument from Veracruz can be followed up in various
ways.
In Maya art the representation of »rain« (precious drops of fresh water) by means of
a »perforated (jade) bead« P 4 is of interest. The formal counterpart is T 511, the
ninth day sign »(fresh) water« (as something that is precious). In central Mexico the
corresponding day atl refers ritualistically to »jade« (chalchihuitl). Among the
various Maya forms of the ninth day sign - aside from its paleographic renderings -
the example on Lintel 21, Yaxchilan (Thompson 1950, fig. 8, muluc 9) is in formal
agreement.
The possible linguistic interpretation of this approach will be discussed in the
future. Presently, I shall deal with the grouping of the rain god pentad. In Borgia 27
a systematic spatial arrangement, in which a central image is enclosed by four
images, constitutes a basic model for a distributional scheme for periods and
qualities, with additional ramifications extending to heavenly and earthly realms.
Such a five-part spatial arrangement is evident in the distribution of a grapheme of
the type N*33 (also O 34, S 35, S 44) which is divided into four sections and a
roundel in the center. With the exception of P*40 the five sections are marked by a
dot in the center of each section. This »quincunx« occurs in the right text block in
proximity with »earth« (O 34-35; S 44-45), and with »rain« (S 35-36).
Let us tentatively assume that the »quincunx« yields information concerning a
spatial division in nature into five parts, and on the relation between the center and
the four peripheral sections. In that case two bigrams would express a central place
on a spatially subdivided surface of the earth.
110
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
At the beginning of the text the allograph P*40 occurs before the previously
proposed four world directions: »sunrise-sunset-night-day«. Only the center has
been marked by a dot, while the four quadrants are empty. If the omission of the
other four dots is intentional, and not due to accidental damage, it is possible to
interpret the four supplementary indications. Opposing directional pairs would then
be arranged in diagonally adjoining sections, as in P*40. The connection between
east and west is apparently indicated by the »bundle grapheme« at P*43. Another
grapheme, at Q 3 (also at C 1, D 2, and at 19 other places) may indicate the
opposition midnight-midday. The remarkable emphasis on a central point, prior to
recording the four world directions, specifies perhaps the site for the erection of the
monument.
The two signs at the beginning of the text segment O 34-35 indicate that »the
surface of the earth is divided into five regions or parcels of land«. Are there
additional references to directions?
Apparently another grouping by fives refers to rain; S 35-36 is likewise an
introduction to a text segment. Borgia 27-28 suggests that maize is affected by the
various kinds of rainfall; for maize the sign at S 37 may be indicative. Formal
similarities with Maya glyph T 506, and T 507 which is infixed with lines of dots, are
noteworthy. Their thematic relation with maize has been firmly established. Are
the five »maize occurrences« in the right text block in accordance with a pentad
ordering principle?1
Further on, the same text segment records again a »surface of the earth divided into
five regions or parcels of land« (S 44-45). In each instance the action sign that
follows (a hand) modifies the objects.
A special form (Q 22) represents a »perforated« quincunx. Could this signify a
»territorial conquest«? The preceding statement about »maize« and »flint« (Q
20-21) may indicate a crop failure as a pretext for hostile action. The sign in B 5
(also 0*35 and P 24), »perforation«, could be a synonym for »conquest«.
Associations of »earth« with persons are exceptional; but in G 7-H 1 occur »earth
and man«; in L 3-4, »woman and earth« (the woman is characterized by a wrap-
around skirt with two feet below). Cosmic regions and natural events seem to
dominate the earth context. Perhaps the »earth« is characterized as the »lower
region« in T 4-5.
The sequence »cloudy sky - earth« (J 8-K 1), instead of being continued with
»rain«, is followed by a grapheme (K 2) which has formal similarities with the Maya
sign for »stone knife« (note the diagonal stripes and rows of dots in T 245 and T
257). When referring to Borgia 27, I mentioned that different kinds of rain are
specified, as well as the »flint« attributes. »Rain that cuts like a knife« originates in
the north and is cold.
On the stela a thematically analogous text segment is in proximity to the knife icon
(above the head of the lord). The »cloudy sky« can be further elaborated by means
of sub-graphemes. Thus the inclusion of an »axe« (B 1) may relate to the
paraphernalia of the storm god.
The bigram »cloudy sky - earth« occurs four times in the inscription. Could this
relate to the four corners, or sides, of the universe, in analogy with the couplet »sky-
earth« (cah, idea) in the Popol Vuh, where the creation of the world is described
and delimited?2
If we scrutinize the corresponding text segments, a so far not recognized systematic
arrangement emerges. Each of the two successive segments can be coupled by the
recurrence of certain signs which precede the statement »cloudy sky - earth« (J 6-7
and G*38-P 1; S 30 and R 48). Furthermore, the length of the segments can be
considered as a means for reduplication. This is evident if one counts the sign
positions:
1.
2.
3.
4.
9 positions
18 positions
20 positions
10 positions
J 6-8 and K 1-6
O* 29-38 and P 1-8
R 41, 49 and S 1-11
S 25-34.
Ill
TRIBUS 38, 1989
That such reduplications are also relevant for the contents can be well recognized in
corresponding parallel passages. The parallels in the first segment (9 positions)
occur in the second half of the second segment (with 18 positions). The parallels in
the fourth segment (10 positions) occur in the first half of the third segment (20
positions). In other words, if the longer segments of this system are halved, textual
cross references can be noticed in the corresponding shorter segments.
»9« and »18« are well-known Mesoamerican units; for example, for the series of the
Nine Lords of the Night, as well as for the 18 months of the 360-day year. »20« and
»10« recall the length of the »month« and refer perhaps also to a complete
schematic lunation (length of the month in the Old World?).
A calendar priest would have been able to subdivide the 360-day year with the help
of these four segments - for which I suspect a function for the four corners or sides
of the earth and sky as limits - as the product of
9x20 = 18x10 = 180 division into halves
9x10 = 90 division into fourths
18x20 = 360 total of 360-day year.
The two Long Count dates inscribed on the stela indicate that the lenth of the 360-
day year was well known to the calendar priests. In my opinion, the applicability of
text sequences (or more precisely, counting the sign positions within clearly deli-
mited text segments) for arithmetical computations has so far not been recognized
in Mesoamerican writing systems. The discovery of useful calendric computations
provides unexpected support for my working hypothesis of the four corners or sides
of the universe.
Fortunately, all four segments which enable us to determine the limits of the
universe are complete and well preserved. A comparison of the remaining signs
suggests a possible method of counting by means of »bundle« signs. An increasing
number of »bundles« occurs in the four segments, as follows:
1. nine positions - no bundle (= 0:9)
4. ten positions - 1 bundle (= 1:10, »decade«)
3. 20 positions - 2 bundles (= 2:20, »decade«)
2. 18 positions - 3 bundles (= 3:18, »by sixes«).
Are »10« and »6« basic proportions? Neither a group of 10 (decade), or a group of
»6« are typical for Mesoamerica; however, they insinuate a »Chinese« method of
grouping.
There remains much further research to be done. I mention only one likely
approach. In the segment with 10 positions (S 25-34) occurs a bigram »turtle head -
carapace« (S 29 above S 30). If one considers these within the broader sign context,
various conclusions can be drawn from comparisons with image and day signs in
Codex Madrid 71a.
Interpretative approach: Relation with Tikal
The rank of particular individuals is expressed by oversize portrait signs. Elabora-
tion of features in the upper part of the portrait heads, by various subgraphemes,
suggests the intention to specify rank or lineage. A review of these elaborate head
forms indicates that certain portraits occur repeatedly and introduce, in each
instance, parallel three-member sequences (O 9-11; Q 15-17; L 1?-L 3). Among
the three portraits Q 15 is best suited for a discussion; O 9 and L 1 vary slightly. I
include the latter because of comparable associations.
O 15 has, in front of a »small crown with 3 peaks« (resembling R 24a which occurs
in a solar context), a bunch of hair, tied together with a bow tie and superimposed
by an arch. This tidy hair arrangement contrasts markedly with the unkempt wild
hair of the »ancestor« in F 5 and R 39. A »tied tuft of hair« can be considered a
determinative attribute that individualizes the portrait. Also the heads E 1, E 2 and
L 1, which are similar, have elements attached in front of the »three peak crown«
that distinguish them as different individuals.3
112
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
The individualization of a high ranking person may be intended to denote a
connection with a time period or with a place (or with ancestors or the place of
origin).
The »tied bunch of hair« is particularly significant for a comparison with Maya
glyphs insofar as it corresponds strikingly to T 569. This glyph is the emblem of
Tikal from earliest times. Could the Mojarra Stela in some respect record a theme
that has to do with »foreign relations«? In what ways could the Mojarra portrait Q
15 be related to a dignitary from the Protoclassic Maya lowland center, over a linear
distance of some 700 km? Can the three members of the text passage clarify this
point?
After the »dignitary from Tikal (?)« follows a naturalistic sign, a »hafted knife« of
unknown symbolic or phonemic meaning. This grapheme occurs only in L 2 and O
10. The passage in Q 15 includes a pictographic sign Q 17 (a pair of »legs« in profile
with an »elaborate skirt«). Since both feet point in the same direction the action
»walking« could be meant (as for instance in N*35 and Q 13) and contrasts with
»standing« as in N 12.
In front of the ornate »skirt« is a small element which Ulrike Hasel (pers.
information) suspects to be a serpent belt. The grapheme »walking legs« occurs not
only with a »wearer of a skirt« but is associated with the frequent sign O 21 (also in
P 6, P 23 etc.). The occurrences of the compounds N*35 and Q 13 refer directly or
indirectly to a »center«. Does O 21 (and the other signs of this type) substitute for
the »ornate skirt« and thereby refer to a particular kind of garment to indicate the
gender or function of the »one who walks«?
A »bundle« (e.g. N 5) can substitute for the »garment« in a »standing« person (cf.
N 11-12), or the »garment (O 21) can follow the bundle grapheme in P 5-6; O
18-19; U 4-5. The most complete »Tikal passage« occurs in a text segment that
includes both possible combinations of the O 21 »garment.
Supposing that the sign of a »walking skirt wearer« is pictographic and semantically
understandable, and only with this reservation in mind the following ideas can
tentatively be developed.
A »walking woman« can be arriving or leaving; in any case she travels on a road. All
three contextual »references to Tikal« would place the end of the road in the far
distance. As a distant place, »Tikal« would then be the eastern partner of the spatial
relationship with La Mojarra, the site of the Stela. If the »(male) bearer of the Tikal
emblem« and the (female) bearer of the (serpent?) skirt are specific manifestations
of their gender it is plausible for this pair that descent or offspring, or a kind of
collateral kinship, are under discussion.
In analogy with dynastic inscriptions of the Classic Maya I tentatively assume that
the text passages make a statement about a marriage arrangement between Tikal
and La Mojarra, a connubial connection between two different ethnic groups in
central Peten and central Veracruz.
The possible »Tikal« emblem is part of a number of variables which can be fitted
into a series of constant head attributes. From a Maya perspective such »constant
head attributes« can be compared with the glyph T 168, a title, »ruler over«, »lord
of«.
In my connubial hypothesis the ruler of Tikal would be the one who accepts the
bride, »she who wears the skirt (with the serpent belt)« and who has left her native
place in Veracruz.
Such a marriage over a long distance is plausible, considering the then current trade
relations. To support this thesis the three text segments L 1-L 8, N*38-0 13, and
O 12-Q 24 should be discussed.
For each of the three segments also the preceding segments are relevant. In these -
on the right side of the text block - occur the signs for »central place« (quincunx
N*33 and P*40); hence the information starts at the native place of those who
erected the monument. The east to west orientation, indicated by the »bundle«
grapheme (!) of our world directional schema acquires supplementary meaning in
regard to dynastic relations abroad. If the person who receives the bride in foreign
113
TRIBUS 38, 1989
lands (at a place in the direction of sunrise), a son-in-law or a brother-in-law, in this
role has been explicitly recorded on the Mojarra Stela; it must have been a highly
significant event of far reaching consequences and obligations.
An epigraphic record of such a marriage, across territorial boundaries, may well
have been a kind of contractual agreement. Traditionally, dynastic marriages
involved the transfer of property and stipulations regarding the expected progeny
among a high ranking pair. If my working hypothesis concerning connubial rela-
tions with a foreign Maya dynasty is valid there should follow graphemic indications
regarding the theme »progeny«.
This is indeed the case. The hand grapheme P 7 (also R 35, S 46) corresponds to
Maya glyph T 670 inv., and holds as an object a sign which formally can be
considered a counterpart of T 535; especially so when T 535 is compared with P 7.
Mayanists agree that T 535 expresses a »father-son relationship«. The three occur-
rences in the right text block follow, among others, directly (S 46) or indirectly (P 7)
after qualified statements for »earth, land«; the adjoining text segments always
contain the »bundle« grapheme. The continuing singular signs (R 36, S 47) are
noteworthy.
A compound of T 535 and T 670 (in regular, not inverted form) is known from Early
Classic Maya inscriptions, precisely at Tikal (Jones and Satterthwaite 1982: »deco-
rated ahau father glyph«; or »male parent indicator« according to Scheie, Mathews
and Lounsbury 1977).
Tikal Stela 3 contains the passage (C,7) T 125.535:670:241?. In the context occur
personal names. This stela is one in a group of eight monuments known as the »staff
bearers«. The Stela is securely dated 9.2.13.0.0 and its dynastic character is evident.
The same clause occurs apparently on Stela 13, B 4a, again in a context of names.
Both monuments contain a reference to a ruler »Kan Boar«, the father of »Jaguar
Paw Skull«. This specific parallel deserves special attention in regard to my »Tikal
hypothesis«.
Does the inversion of the normal, and typically Maya, hand sign T 670 into T 670
inv. signify »to give away, return, distribute«? And does such a hand form refer
perhaps to a »right for succession« or a »succession in office« among blood-related
male descendants? The inverted hand with the object that is blackened on both
ends occurs six times in the right text block at O 5, Q 28, R 29, S 38, T 25 and
(damaged) U 10. In two text segments type Q 5 precedes type P 7 (R 35, S 46) by
various positions (cf. R 29...S 38 and R 35...S 46 respectively). Q 5 (hand with
blackened object) follows the sign for the midday direction in the crossroad scheme.
In T 25 the same hand occurs between the »maize motif« and »earth« (cf. also Q
26-28 and S 37-38!). Because of its »maize« characteristic (»seed, progeny«?) R 29
(hand with blackened object, etc.) is in marked contrast with P 7 (hand with
curvilinear elements below).
Three additional occurrences of Q 5 (hand with blackened object) occur also on the
right side of the Tuxtla Statuette (but without blackening), where they have the
tendency of a solar association which recalls the proximity of Q 5 to O 4 (Mojarra).
Are there associations of Maya glyph T 670 that remind us of the hand form and
function of Q5? The noteworthy tendency for a solar association leads to a
comparison with the Early Classic Yaxchilan clause T 32.544:670:254 which refers
to prognostication of the days. On the other hand the frequent compound T 19:670
recalls Knorozov’s reading mu(h), »shade« which has been widely accepted. I
understand this as a play on words for kinship terms.4
In principle, Maya terminology for a spouse of the same generation would fit the
suggested »Tikal marriage hypothesis«.
At Tikal T 19:670 is likewise recorded in an Early Classic context.5
A generally acceptable reading of T 670 is not yet available; the position of the hand
should signify an important »action« (»Hand-lung«) in Mesoamerica, from early
times on. The usual rendering (with the thumb up, cf. D 4, R 9, S 4, U 6) precedes
in two instances a possible statement about »sky-bearers« (S 5-6 and U 7-8).6
The time of the early use of the Tikal emblem is essential for an evaluation of the
114
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
Text segment V (E 4-F 5)
Text segment XXVI (R 9-R 39)
Text segment XXXII (T 13-T 22)
Text segment XXXV (T 33-T 45)
»Tikal hypothesis«. Stela 29, with the earliest hieroglyphic text
(8.12.14.8.15 = A. D. 292), displays, on the pectoral of the ruler, a version of T 569.
On the famous Stela 31 (earliest date A.D. 317) the Tikal emblem T 569 is
unequivocal; this stela indicates also the »foreign relationship« with Teotihuacan. If
the »hel« series (Riese 1980, 1984:263-286) could be projected back in time to the
succession of early members of the Tikal dynasty, it would perhaps reach to the
second century A.D., approximately the date of the Mojarra Stela (for interpreta-
tion of T 569 see also Coggins 1987).
The three hypothetical »Tikal passages« can be visualized to occur in a distributio-
nal program if one transposes into a grid pattern the 36 (preserved) text segments,
according to the length of three adjoining segments, and according to the length of
columns into 12 (equally separated) segments. In other words, I propose to test a
system of decades for the 360-day year combined with the 12 months, as a structural
framework. In such a grid the segments of the three Tikal passages fall into the
same column separated by equal distances from each other:
Text segment IX (L 1-L 8) »Tikal« L 1
Text segment XV (N*38-0 13) »Tikal« O 9
Text segment XXI (Q 12-Q 24) »Tikal« Q 15.
Another recurring piece of information is concentrated in the central column,
namely the portraits of »(seeing or covered) bearded ones«, among which I suspect
»ancestors«:
»seeing bearded one« F 5
»covered (or blindfolded?)
bearded one« R 10
»seeing bearded one« R 39
»covered bearded one« T 18
»seeing bearded one« T 40.
If we consider the »bearded ones« as the native counterpart of the foreign »Tikal
marriage partner«, the central position of the (proposed) »ancestors« appears to be
stressed.7
If we consider the entire inscription as a continuum of a coherent information, then
two »thematic sections« with their historic-political information can be distinguis-
hed. The section containing the »Tikal theme« includes two corners of the world in
the segments of »9« and »18« positions in length. To the section of the »native
ancestor (?) theme« belong the two corners of the world in segments of »20« and
»10« positions.
In certain instances it is possible to test whether particular graphemes pertain to
these thematic sections and to apply the findings in further interpretations. For
instance, the »Tikal theme« includes all »leg graphemes« (indicative of movement)
which may correspond to the assumed external, long distance connection. In the
section »native ancestors (?)« occurs the presumed »Great Star« (Planet Venus)
which is conmensúrate with the ancient and enduring cult of the Morning Star on
the east coast (text segment II C 1-C 3 and segment XXV R 4-R 7).
Both thematic sections are differentiated by calendric signs; in the earlier period the
»native ancestors« are listed sequentially, in the later period are listed the »mar-
riage partners of Tikal«. However, the time gap between the early and the lated
periods (13 years from A. D. 143 to 156, cf. Winfield 1988: 25, Note 4) can be shown
to be connected between the end of the text in Column U and the beginning at
Column B; this connection can be demonstrated numerically. In segment XXXI
occurs the expression »One Mat« (Col.T 8, the numeral »1« is indicated by a
thumb), in segment VII we have »13 Mat (I 1-12, with numerals in bar-and-dot
system). If segment XXI stands for the first member of a continuous series, then
segment VII takes the thirteenth place:
The beginning and the end of the countable sequence (spanning the end of the text
block on the right and continuing beyond the beginning of the left text block) are
furthermore characterized by uniformly beginning segments (the »bundle-below« is
the commencing bigram).8
115
TRIBUS 38, 1989
Another method of counting the segments which contain solar motifs is of interest.
Between the first occurrence in segment XX (P 40, 42, Q 4) and their last
occurrences in XXXII (T 21) are 13 segments. The numeral »13« (together with the
unique head T 20) precedes the last solar component in R 15-16. Thematically, the
beginning of this series of 13 segments deals with the four world directions of a
cross-road scheme. Thus, in these passages additional emphasis on »13« is evident
by the use of »bundle« graphemes; these also total »13«.
Summary and conclusions
A summary of the iconographic analysis is presented on pages 101 +102 at the end
of Part I. Here I shall summarize the results of the epigraphic analysis.
Doubtlessly, the arrangement of the numerous graphemes follows a carefully
planned distributional system. The text has been divided into two large blocks, one
dealing with earlier events is to be read from right to left, the other, larger block is
to be read from left to right. Considering the arrangement in single columns, with a
vertical reading order, the inscription follows the tradition of Preclassic Mesoameri-
can writing systems.
Internal analysis of the text structure, the segmentation into thematic passages, the
grouping of the signs, and links with the icon of the protagonist, reveal that the text
is characterized by certain principles which govern the sequential progression in
various ways. Thematic comparisons can be made with other and with later writing
systems, including notable correspondences with Maya hieroglyphs. Among the
themes that can be recognized so far are references to the four world directions, to
natural phenomena and, most importantly, indications of a historical relationship
with the Maya lowlands, precisely with Tikal.
From the text passages discussed so far it follows that a dynastic marriage agree-
ment between central Veracruz and Tikal is the main topic. To preserve such a
record may have been the purpose of the monument.
To be sure, the findings are of a tentative and preliminary nature. There remain
many graphemes to be deciphered before a final and valid explanation of the entire
inscription can be offered. Nevertheless, the approach in scrutinizing a so far
undeciphered writing system by means of comparative and structural analysis is a
promising approach toward an understanding of what the ancient scribes intended
to express.
For the time being the study of two other topics must be postponed as this requires
extensive elaboration. At a later stage of the discussion I intend to investigate the
»bundle« graphemes on Mojarra and some structural comparability with two
chapters in Codex Laud. A commentary of this codex is in progress at the
University of Tübingen, by Ulrike Hasel.
The Maya relationship discussed so far appears to be of heuristic significance but
the impact of conservative local traditions of the Gulf Coast and the hinterland
should not be neglected. Certain cultural-religious traits of Veracruz have been
preserved in the Codex Borgia Group, some of them in similar encoded form.
When iconographic features of archaeological objects from Classic Veracruz are
compared with Mojarra graphemes, three significant parallels emerge, in particu-
lar, the use of distinctive signs on the heads of anthropomorphic sculptures. In
accordance to age, gender, and rank, parallels can be noted as follows:
»Bundle« - on the head of an aged, bearded man on a ceramic sculpture from El
Zapotal (Gutiérrez & Hamilton 1977, fig. 39, ills. 39, 40; pp. 74-75.
Cf. Mojarra F 3-F 5 and R 37-R 39.
»Earth« - around the mouth of a woman (with four other occurrences) (Guti-
érrez & Hamilton 1977, fig. 40, ills. 41, pp. 75-76. Cf. Mojarra L
3-L 4.
»Quincunx« - on forehead of an Olmec stone sculpture representing a young
nobleman (Prem & Dyckerhoff 1986, ill. p. 127). Cf. Mojarra P
40-41 (»East«).
116
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
TENTATIVE INTERPRETATION OF SELECT SIGNS ON THE MOJARRA STELA
Mojarra Stela.
117
TRIBUS 38, 1989
The basic contrast »Quincunx vs. bundle« = young (man) vs. old (man) fits well
within a cosmic orientation, recognizable in the text as »young sun in the east vs. old
sun in the west«. The sign for »earth«, besides referring to the element, may also
allude to maternal fertility.
A list of the signs with their proposed tentative interpretations is included in Figure
5. It is intended to encourage further contributions toward valid readings of the
graphemes.
As mentioned repeatedly throughout this paper - at the risk of being tedious and
pedantic - the solutions presented are tentative and subject to revisions. It is hoped
that they will be of help in further discussions of this intricate and remarkable
monument. TSB (translated by HvW)
1 Do the rows of dots in T 507 modify the
»maize«, perhaps as »seed« or »blood« (in
this case as a reference to the creation of
man)?
2 Schultze-Jena 1944:3, »Im Himmel und auf
Erden vier Ecken und vier Winkel« (v pa
cah u pa uleu cah tzuc cah xucut). Dennis
Tedlock 1985:72, »in the sky, on the earth,
the four sides, the four corners«.
3 Cf. E2 and »Venus?« signs in C3. R6 and
R7. See also the left glyph column at B’8
on the Tuxtla Statuette for use of volutes
(see Meluzin 1987, fig. 6).
4 Cf. proto-Maya *mu’ / Tzotzil*mrP / proto-
Choi *mu’ = brother-in-law, sister-in-law.
Kaufman 1964: 116, cuñado o cuñada del
sexo opuesto.
5 Tikal Stela 31, B 23: T 125.19:670:360 bet-
ween names. For Middle Classic Stela 17,
H5, cf. Jones and Satterthwaite 1982: 40,
»female parent indicator« with the name
following.
6 The sky-bearers in Codex Borgia 49-52
are accompanied by »bearers of rattle
staffs«. Their ritual objects have a triangu-
lar point. Does this compare with the trian-
gular subgrapheme between thumb and
fingers in R9, S4, U 6? Bearers of segmen-
ted (rattle-) staffs are frequently represent-
ed in Early Classic Tikal, but without the
triangular top. A chthonic motif, in terms
of enhancing the fertility of the earth,
should be considered.
7 Furthermore, the central column encom-
passes all occurrences of the (young) sun.
These form a relative continuum of occur-
rences in the second half of the inscription:
Text segment XX
(PMO-ОЮ) - »Sun« P*41
Text segment XXIII
(034-Q46) — »Sun« Q37?
Text segment XXVI
(R9-R39) — »Sun« R 15
— »Sun« R24b
Text segment XXXII
(T13-T22) - »Sun« T 21
8 My tentative interpretation of the graphe-
me »Mat« (e.g. N7, N14, 029, R19,
R26) is based on its use in the month sign
A 2, the equivalent of the Maya month
Pop.
118
Barthel/Winning: Some observations of Stela 1
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120
DIETRICH SCHLEIF
Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis.
Das Beispiel Augustin Krämer
Einleitung
Die frühen ethnographischen Forschungen und Sammlungen aus der Südsee rei-
chen bis in das 18. Jahrhundert zurück; als Wissenschaft, universitäre Disziplin und
Lehrfach konnte sich die Völkerkunde jedoch erst im kolonialen Rahmen der
Jahrhundertwende und den nachfolgenden Jahrzehnten etablieren.
Dieser Etablierungsprozeß wurde stark von den jeweiligen Protagonisten des
Faches geprägt; deren fachliche Herkunft (z.B. Geographie, Medizin), individuelle
Persönlichkeit, ihr Verhältnis zur Völkerkunde und den kolonialen Rahmenbedin-
gungen, ihre Forschungsintentionen und -methoden etc. traten dabei naturgemäß
in den Vordergrund.
Im Bereich der deutschen Kolonialismusforschung sowie der ethnologischen und
ethnographischen Forschungsgeschichte gibt es eine Reihe von Arbeiten, die sich
mit den Zusammenhängen zwischen Völkerkunde und Kolonialismus bechäftigen.1
Diese Arbeiten bewegen sich hauptsächlich auf theoretischem Terrain, untersuchen
die ideologischen Gemeinsamkeiten, Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwi-
schen Ethnologie und Kolonialismus oder die ökonomischen, politischen und
gesellschaftlichen Hintergründe.
Bisher gibt es - zumindest für den Bereich der ehemaligen deutschen Kolonien im
pazifischen Raum - keine Untersuchung über die konkrete Einbindung der Ethno-
graphen in die koloniale Praxis. Fischer (1981) stellt in seiner Arbeit über die
Hamburger Südsee-Expedition zwar die Forscherpersönlichkeiten in den Vorder-
grund, untersucht aber alle Teilnehmer einer Expedition. Bei dieser Vorgehens-
weise können zwei Aspekte nur am Rande berücksichtigt werden: die persönliche
Entwicklungsgeschichte des jeweiligen Forschers und seine Auseinandersetzung
mit den Ergebnissen und Erfahrungen während der Forschungen sowie gegebenen-
falls Konsequenzen daraus.
Am Völkerkundlichen Institut der Universität Tübingen wurde eine Magisterarbeit
erstellt, die anhand der Biographie und Forschungs- bzw. Sammlungstätigkeit
Augustin Krämers jenen Implikationen nachgeht, welche sich aus den historischen
und persönlichen Konstellationen für die Entwicklung der Ethnographie ergaben.
Im folgenden Text sind einige aus museumsethnologischer und sammlungshistori-
scher Perspektive besonders interessante Passagen wiedergegeben. Dabei bleiben
zwar wichtige Teile aus Krämers Leben unberücksichtigt; diese Darstellungsweise
erscheint jedoch vertretbar, da sich die ausgewählten Beispiele bruchlos in eine
konsequente, in sich geschlossene Biographie fügen. Von Krämers fünf For-
schungsreisen,
1. Reise: 1893-1895 Samoa,
2. Reise: 1897-1899 Hawaii, Samoa und Mikronesien,
3. Reise; 1906-1907 Südafrika, Indonesien und Karolinen,
4. Reise: 1908-1909 Deutsche Marine-Expedition nach Neu-Irland,
5. Reise: 1909-1910 Hamburger Südsee-Expedition,
zeigt die hier ausgewählte dritte Reise beispielhaft Krämers Intentionen und seine
121
TRIBUS 38, 1989
Entwicklung vom Marinearzt zum Ethnographen. Neben der für die damaligen
Verhältnisse außergewöhnlichen Einbeziehung seiner Frau Elisabeth Krämer-Bon-
now in die aktive Forschungsarbeit wird dabei auch seine Abkehr von der Feldfor-
schung und Hinwendung zur Museumsarbeit beleuchtet.
Porträt von Augustin Krämer
Quelle: Linden-Museum
122
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Kurzbiographie von Augustin Krämer
1865:
1867-1883:
1883-1889:
Ab 1889:
1893-1895;
1895-1897:
1897-1899:
1899-1906;
1906-1907:
1908- 1909;
1909- 1910:
1909:
1911-1914:
1914-1918:
1919—:
1933:
1941;
1945:
Geboren am 27. August in Los Angeles de Chile als Sohn einer
schwäbischen Kolonistenfamilie.
Jugend und Schulzeit in Stuttgart.
Medizinstudium in Tübingen und Berlin, unterbrochen von einem
freiwilligen Militärjahr.
Marinearzt in Kiel, daneben Studium der Zoologie, Botanik und
Geologie.
Erster Südsee-Aufenthalt als Schiffsarzt auf dem in Apia stationierten
Kreuzer »Bussard«.
Marinedienst, verschiedene Kreuzfahrten.
Zweite Südseereise; selbständiger Aufenthalt in Samoa, Hawaii und
Ostmikronesien.
Marinedienst, verschiedene Kreuzfahrten, gemeinsam mit Graf von
Linden intensiver Sammlungsankauf.
Dritte Reise; mit dem Vermessungsschiff »Planet« über Südafrika und
Indonesien zum Bismarck-Archipel, anschließend selbständig mit sei-
ner Frau Elisabeth Krämer-Bannow durch die Karolinen.
Nachfolger des verstorbenen Emil Stephan als Leiter der Deutschen
Marine-Expedition auf Neu-Irland, gemeinsam mit E. Krämer-
Bannow.
Leiter der Hamburger Südsee-Expedition, gemeinsam mit E. Krämer-
Bannow.
Abschied vom aktiven Marinedienst.
Wissenschaftlicher Leiter des Linden-Museums.
Reservelazarett-Direktor in Stuttgart und Tübingen.
Lehrauftrag für Völkerkunde am Geographischen Institut der Universi-
tät Tübingen
Emeritierung aus Altersgründen; Vollendung von Monographien und
private landeskundliche Forschungen.
Augustin Krämer stirbt am 11. November in Stuttgart.
Elisabeth Krämer-Bannow stirbt am 9. Januar in Stuttgart.
Entwicklung zum professionellen Sammler
Nach der erfolgreichen Samoareise blieb Krämer im aktiven Militärdienst, zum
einen aus finanziellen Gründen, zum anderen aber auch, weil ihm diese Stellung
eine außerordentlich ertragreiche Tätigkeit als »Sammler« erlaubte. Mit Graf von
Linden, dem Vorsitzenden des Württembergischen Vereins für Handelsgeographie
und emsigen Förderer eines ethnographischen Museums in Stuttgart, war er
inzwischen in enge Zusammenarbeit getreten. Während Graf von Linden die
Finanzierung von Sammlungen organisierte, bildete Krämer in Kiel gewissermaßen
einen Brückenkopf nach Übersee; mittels seiner engen Kontakte zu Marineangehö-
rigen konnte er sowohl gezielt ethnographische Sammlungen und Erwerbungen in
Auftrag geben als auch von Heimkehrern mitgebrachte Objekte sofort aufkaufen
und für Stuttgart reservieren, bevor sie anderen Museen angeboten wurden oder in
Privatsammlungen verschwanden.
Der umfangreiche Briefwechsel zwischen Krämer und Graf von Linden dokumen-
tiert zwei bedeutsame Phänomene:2
1. Krämer war von regelrechtem Jagdfieber befallen. Begriffe wie »alles herausge-
ben«, »entwischt«, »an der Kehle sitzen«, »ergattern« sind in der ansonsten recht
123
TRIBUS 38, 1989
förmlich gehaltenen Korrespondenz sehr häufig.3 Hierin gründet auch der mißtraui-
sche Argwohn, mit dem Krämer anderen gegenüber auftrat. Über den ehemaligen
Generalkonsul von Samoa vermerkte er: »Rose hat nichts, wie ich bei ihm selbst zu
Hause sah«;4 und als ihn Thilenius besuchte, um ihm die Leitung der Hamburger
Südsee-Expedition anzutragen, fürchtete Krämer, er käme »nebenbei wohl um zu
räubern, was ihm aber mißlang, da ich ein Geheimzimmer habe«.5
Wie umfangreich die von ihm auf diese Weise nach Stuttgart geleiteten Sammlun-
gen sind, läßt sich z.Zt. nicht genau festlegen, es dürfte sich schätzungsweise aber
um mehrere tausend Objekte handeln.'’ Folgende kurze Postkarte ist typisch;7 »Sehr
geehrter Herr Graf!
Es ist mir eine alte Südseesammlung von ca. 350 Stück für 3000 Mark angeboten,
möglicherweise billiger erhältlich. Würden Sie dieselbe evtl, nehmen? Hochach-
tungsvoll ergebenst Ihr Dr. Krämer«
2. Krämer wurde stark von lokalpatriotischen Motiven geleitet. Konkurrierendes
Sammeln der Museen bezüglich Umfang und Singularität ihrer Bestände war
damals allgemein verbreitet, und vor diesem Hintergrund fällt auf, daß er sich
vordringlich für ein württembergisches, schwäbisches, Stuttgarter Museum enga-
gierte. Allerdings hatte er auch eine starke persönliche Bindung an dieses Projekt,
er wollte sich gewissermaßen sein »eigenes« Museum schaffen.8
In diesen Jahren nahm er mit den einschlägigen wissenschaftlichen Vereinigungen
Kontakt auf; 1901 wurde er Mitglied der Gesellschaft für Erdkunde (Berlin), 1903
der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, einer
von Rudolf Virchow geprägten Vereinigung.9 Auffällig ist, daß er selbst kaum in
den jeweiligen Organen publizierte. Dagegen wurde sein Material von Lampert in
zahlreichen Vorträgen vor der württembergischen Sektion der Gesellschaft für
Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte verwertet.
Parallel zu seinen Stuttgarter Aktivitäten versuchte er, auch in Berlin Fuß zu
fassen; bereits zweimal (1886/87 und 1896) hatte er sich längere Zeit dort aufgehal-
ten, nun fuhr er aus zweierlei Gründen immer wieder in die Hauptstadt.
7. Aus völkerkundlichem Interesse: er war in Verbindung mit Felix von Luschan,
damals Direktor des Berliner Völkerkunde-Museums, getreten. Jedoch scheint das
Verhältnis zwischen beiden gespannt gewesen zu sein, denn er mißtraute Luschan
und verheimlichte verschiedene Dinge vor ihm.10 Außerdem antichambrierte Krä-
mer mehrfach im Reichskolonialamt wegen Zuschüssen zur Herausgabe seiner
Samoa-Monographie. Er versuchte, dort auch finanzielle und logistische Unterstüt-
zung für weitere Forschungs- und Sammlungsvorhaben zu erhalten, stieß aber
offenbar auf große Schwierigkeiten:11 »Denn meine Beziehungen zu den Capazitä-
ten Berlins sind so locker oder gar keine ... daß ich schlechterdings davon absehen
muß. ... Durch Rose, der vertragender Rat im Colonialamt geworden ist, habe ich
aber doch jetzt dort etwas indirekten Einfluß gewonnen und Stübel hoffe ich durch
meine eben erscheinende Samoaarbeit wenigstens etwas für mich zu interessieren.«
Es ist denkbar, daß das Reichskolonialamt bewußt zurückhaltend war, weil Krä-
mers »Agententätigkeit« während der letzten Samoa-Krise vor allem in der auslän-
dischen Presse doch einigen Wirbel ausgelöst hatte und ähnliche Aktionen von
Ethnologen als vermeidbares diplomatisches Risiko betrachtet wurden.12
2. Aus privatem Interesse: in Berlin hatte er seine künftige Ehefrau Elisabeth, die
Tochter des Chemiefabrikanten Bannow, kennengelernt. Nach der Hochzeit im
Januar 1904 und anschließender Hochzeitsreise (standesgemäß über Paris an die
Riviera) verlegte er seinen Wohnsitz nach Berlin, obwohl er weiter in Kiel als
Ordinierender Sanitätsoffizier des Marine-Lazaretts arbeitete. Ein Strohwitwen-
dasein hinzunehmen schien Elisabeth Krämer-Bannow nicht gewillt gewesen zu
sein, denn anläßlich der Verlobung schrieb Krämer an Graf von Linden:13 »Da
meine Braut längere Zeit in Ceylon war, so hat sie Verständnis für meine Arbeit
und für die Tropen und was das für mich bedeutet, wissen Sie ja.«
1905 unternahm Krämer erste Schritte, die Ethnologie zum Hauptberufzu machen.
Nach eigenem Bekunden war er für den anthropologischen Lehrstuhl (einschließ-
lich des Museums) der Kieler Universität vorgeschlagen worden;14 wie realistisch
124
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
eine solche Berufung war, ist allerdings unklar, es kann nicht ausgeschlossen
werden, daß Krämer eine nur vage Möglichkeit erwähnte, um Druck auf das
Stuttgarter Museum auszuüben, denn die Tätigkeit dort favorisierte er immer
mehr. Graf von Linden hatte inzwischen einen Museumsneubau in Angriff genom-
men und die Finanzierung (d. h. Geldsammlung bei vorwiegend privaten Spendern)
ging gut voran; trotzdem konnte oder wollte der Württembergische Verein für
Handelsgeographie als Museumsträger nur sehr begrenzt bezahlte Ämter vergeben.
Zur Disposition stand vorerst nur die Stelle des Museumsdirektors - ein Amt, das
nicht nur wegen des persönlichen Engagements, sondern auch im Interesse eines
weiteren (Geld-) Mittelflusses Graf von Linden zustand. Krämer wandte sich
deshalb zunächst an den Schriftführer des Vereins, Lampert. Sein Ansinnen war -
gelinde gesagt - von enormem Selbstbewußtsein getragen, denn »als Gegenlei-
stung« für das Amt des Museumsdirektors bot er »völlige Anerkennung der großen
Verdienste Graf Lindens um das Museum als des eigentlichen Schöpfers und
Gründers« und erhob für sich »nur den Anspruch der Anregung des Gedankens«.15
Diesen Brief bekam Graf von Linden zu sehen und reagierte ebenso besonnen wie
versöhnlich: er verlangte von Krämer die ausdrückliche Anerkennung des
Museums als seine Idee und sein Werk und bot ihm gleichzeitig die Nachfolge als
Museumsdirektor nach seinem Tode oder Rücktritt aus Altersgründen an (Graf von
Linden war 67 Jahre alt) - vorbehaltlich der Zustimmung des Vereins und Regelung
der Gehaltsfrage, denn Krämer war im Gegensatz zu Graf von Linden nicht in der
Lage, diesen Posten ehrenamtlich zu übernehmen.
Bezeichnend für Krämers Persönlichkeit ist, daß er sich in dieser und zahlreichen
ähnlichen Angelegenheiten (z.B. seine Aufnahme in den Ausschuß, das geschäfts-
führende Organ des Vereins) nie direkt an dieses Gremium wandte, sondern immer
durch die Mittelsmänner Graf von Linden oder Lampert agierte. Er war Graf von
Lindens Protégé, fühlte sich nicht als Mitarbeiter des Vereins (der Name Krämer
taucht in keinem Mitgliederverzeichnis auf!), sondern betrachtete den Verein bzw.
das Museum eher als Instrument zur Erreichung seiner eigenen Ziele. Welche Ziele
das waren, wird in der weiteren Biographie deutlich.
In der hier zutage tretenden Fixierung auf die eigene Person und Unwilligkeit zur
offenen Kooperation mit komplexen Institutionen liegt eine Hauptursache für das
spätere Zerwürfnis Krämers mit praktisch allen Organisationen, in denen er tätig
war: Marine, Linden-Museum, Universität Tübingen, aber auch Unternehmungen
wie die Deutsche Marine-Expedition und die Hamburger Südsee-Expedition.
Dritte Reise (1906-1907)
Der Kontakt mit Luschan in Berlin hatte Krämer beeinflußt; das zeigt sich in der
Hinwendung zur physischen Anthropologie, d.h. in der Praxis zur Anthropomét-
rie. Bei seinen anthropometrischen Arbeiten hielt er sich streng an Luschans
»Anleitung zu wissenschaftlichen Beobachtungen« (Luschan 1906). Während er die
Nowendigkeit und Zielsetzung ethnographischer Arbeiten ausführlich begründet
hatte, gibt es auffälligerweise aus den Jahren 1900 bis 1910 von ihm keine Äußerun-
gen über Sinn und Zweck der Anthropométrie.
Die dritte Reise war von Anfang an als anthropometrisches und ethnographisches
Unternehmen geplant. Auch organisatorisch war die Reise in zwei Abschnitte
geteilt: zuerst wollte er neun Monate lang mit dem Marineforschungsschiff »Planet«
bis Neu-Britannien fahren, um dann gemeinsam mit seiner Frau eine einjährige
Reise durch Melanesien und die Karolinen anzuschließen. Leider sind bisher keine
Hinweise auf die Motive der Mitreise Elisabeth Krämer-Bannows bekannt. Abge-
sehen von den hinreichenden Gründen Reiselust und junge Ehe wäre interessant zu
wissen, ob bereits hier die Untersuchung frauenspezifischer Themen durch eine
Frau - wie bei der späteren Marine-Expedition - mit im Spiel war.
Ebenso unklar ist, warum er ausgerechnet auf der »Planet« mitfahren wollte, sicher
ist aber, daß er gezielt darauf hinwirkte. Im Oktober 1905 teilte er Graf von Linden
mit:16 »...die Rücksprache in Berlin während des Kolonialcongresses mit den in
125
TRIBUS 38, 1989
Betracht kommenden Vorgesetzten verlief unerwartet glatt. Man hat mir alles
zugestanden, und wenn nichts dazwischen kommt, werde ich Anfang Dezember mit
dem neuen Vermessungsschiff Planet die Ausreise um Afrika herum und über die
Sundainseln nach Matupi antreten, um mich daselbst auszuschiffen.«
Die Wahl der »Planet« ist insofern nicht ganz einleuchtend, als deren Aufgabe
vornehmlich in meteorologischen und hydrographischen Hochseemessungen
bestand und Krämer diesmal keinerlei derartige Ambitionen hatte. Auch konnte
auf dem Marineschiff seine Frau nicht mitreisen, so daß sie erst im Herbst 1906
direkt nach Neu-Irland nachfolgte. Immerhin konnte er während dieser Reise 24
Häfen und einen vierwöchigen Südafrikaaufenthalt auf Marinekosten absolvieren.
Anfang November 1905 wurde er nach eindringlicher Fürsprache des Generalstabs-
arztes beim Staatssekretär im Reichsmarine-Amt, Admiral von Tirpitz, formell als
Anthropologe auf das Forschungsschiff kommandiert und erhielt sogar Komman-
dantentafelgelder, was weniger finanziell als vielmehr für seine Rangstellung an
Bord bedeutsam war.17
Die Finanzierung der anschließenden Karolinenreise ist nicht völlig geklärt, vor
allem was die Konditionen der Beurlaubung anbelangt; entgegen sonstiger
Gewohnheit machte er nirgends genauere Angaben dazu. Seine durchweg positiven
Äußerungen über das Verhalten der Vorgesetzten in dieser Angelegenheit lassen
aber die begründete Vermutung zu, daß er während des einjährigen Urlaubs ein
Gehalt erhielt.18 Die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts (ab 1907 Reichskolo-
nialamt) gewährte eine »ansehnliche Unterstützung« (AK 1917: VII), zu der er an
anderer Stelle (AK 1908a: 170) vermerkte, daß sie »auch aus dem Afrikafonds«
stammte, aber nicht für den vierwöchigen Südafrikaaufenthalt, sondern für die
Karolinenreise verwendet wurde. Außerdem erteilte die Kolonialabteilung
»Anweisung an die Behörden, mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen« (AK 1917:
VII), eine Anweisung, die in der Praxis äußerst wertvoll war, weil sie die Mitfahrt
auf Marineschiffen sowie die Nutzung der gesamten militärischen logistischen
Einrichtungen gestattete. Schließlich übernahm »kurz vor meiner Abreise unerwar-
tet in freundschaftlicher Weise« (ibd.) ein gegenüber Graf von Linden namentlich
zunächst nicht genannter Mäzen, der Berliner Kommerzienrat Johannes Kahl-
baum, 19 die »Hauptkosten« (AK 1917: VII). Zur Finanzierung schreibt Krämer
nach der Urlaubsbewilligung an Graf von Linden:20 ».. .so daß also die Reise modo
et pecunia sicher gestellt ist. Der Herr, welcher mir zur Forsetzung meiner Studien
... nach meiner Ausschiffung in Matupi eine größere Summe zur Verfügung gestellt
hat, sowie auch für Sammlungen für Berlin, hat keine Einwände dagegen erhoben,
daß ich auch für Stuttgart sammle. Weitere Gelder, weder von Berlin noch von
anderer Stelle, die mir schon zur Verfügung angeboten wurden, nehme ich nicht
mehr an. Also steht es in Ihrem Belieben, je nach den sich Ihnen bietenden Mitteln,
mir eine Summe von irgend einer Größe zu überweisen, die, wie ich betone, nur für
Sammlungen zur Anwendung kommt.«21
Anscheinend standen Krämer also mehrere Sponsoren zur Auswahl, wobei ihm die
Höhe der insgesamt zur Verfügung stehenden Gelder offenbar weniger wichtig war
als möglichst großzügige Rahmenbedingungen und persönliche Freizügigkeit. Graf
von inden konnte (oder wollte) kurzfristig keine Gelder mehr besorgen. Aus
diesem Grund scheiterte auch sein Wunsch nach einer Filmkamera, mit der er
Tänze - kombiniert mit Tonaufnahmen - festhalten wollte. Allerdings verfolgte er
diese Idee ohne besonderen Nachdruck, denn auch wenn sich damit »etwas schönes
machen« ließe, so waren solche Aufnahmen »für Stuttgart wohl augenblicklich nur
von sekundärer Bedeutung«.22 Viel wichtiger war ihm eine umfangreiche photogra-
phische Ausrüstung, um - gemäß der Luschanschen Anleitung - möglichst viele
anthropometrisch auswertbare Kopf- und Ganzkörperaufnahmen anzufertigen.
126
Schleip; Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Verlauf der dritten Reise
Von Anfang an bestand ein programmierter Interessenkonflikt zwischen Krämer
und dem Kommandanten: die Segelorder (Allerhöchste Kabinetts-Order Seiner
Majestät vom 4. November 1905) benennt zwar detailliert die hydrographischen
und meteorologischen Aufgaben, enthält aber keinerlei ethnographische oder
anthropologische Forschungsaufträge; bestenfalls ist die allgemeine Order »auch
nach dem Eintreffen in der Sudsee ... gelegentliche Kreuzfahrten zum Zwecke
wissenschaftlicher Forschungen durchzuführen«, in dieser Hinsicht interpretierbar
(RMA 1909, Bd. I: XVI). Es ist bezeichnend für die in dieser Konstellation
erzeugte Atmosphäre, daß Krämer - obwohl kommandierter Offizier - im Reisebe-
richt nicht als Mitglied des Stabes geführt wird, sondern unter dem Rubrum
»außerdem« zu seinen eigenen Zwecken mit an Bord war (ibd).
Der Konflikt äußerte sich meist in seinem Wunsch nach längeren Hafenaufhalten,
wogegen Kommandant Lebahn auftragsgemäß überwiegend an Hochseeaufenthal-
ten interessiert war. Dabei entsprach die durchschnittliche Liegezeit von vier Tagen
durchaus dem, was Krämer von früheren Reisen gewohnt war, und es gibt keinerlei
Hinweise darauf, daß er seine Arbeitsweise verändern wollte. Vielmehr hat er auf
dieser und späteren Reisen die schnelle »survey«-Methode auch ohne Zeitdruck
angewendet bzw. seinen Planungen zugrunde gelegt. Bei den Auseinandersetzun-
gen mit Lebahn ging es also wohl auch um den Vorrang der jeweiligen Forschungs-
arbeiten oder, mit anderen Worten, um verletzte Eitelkeiten.
Für jeden Hafen hatte sich Krämer folgende Arbeit vorgenommen (AK 1909a:
IX):
1. anthropologische Messungen und Photographien,
2. phonographische Aufnahmen nebst Liedersammlungen,
3. Hausbau,
4. Bootsbau,
5. Weberei.
Die Reihenfolge ist zugleich Prioritätenfolge. Während in acht Häfen 122 Men-
schen vermessen wurden, liegt ethnographisches Material lediglich von den Kap-
verdischen Inseln (unveröffentlicht) und den Hermit-Inseln (AK 1909a) vor. Wie
er zu seinen sogenannten »Messungen am Lebenden« kam, beschrieb Krämer
selbst am Beispiel von Freetown mit folgenden Worten (AK 1906 c: 14): »Das
einzige, was mir [in der kurzen Zeit ohne ortskundigen Führer] erreichbar erschien,
war die Gewinnung einigen Menschenmaterials im Hospital oder Gefängnis. Erste-
res versagte zwar, da es eine reglementierte Prostitution in den englischen Kolonien
nicht gibt und deshalb Geschlechtskranke von der Polizei nicht angehalten werden;
aber der Offizier of Health des Protektorats und Direktor des Hospitals Prout
vermittelte in liebenswürdiger Weise mit dem Vorstand der Polizei, Kapitän
Brooks, so daß die Tore des Gefängnisses mir geöffnet wurden. ... Es wurde mir
eine Liste von etwa 50 derselben vorgelegt, die nach Stamm, Alter und Herkunft
wohlbekannt waren.«
Die Gefängnisse waren regelmäßige Anlaufstationen:
- Kimberley: »im Gefängnis ..., dem einzigen Orte, wo man ihrer noch leicht
habhaft werden kann, [wurden einige Buschmänner] als Vorbereitung gemessen
und untersucht« (AK 1909a: 2).
- Tamatave: »Ein Gefängnis entragt wie eine alte Festung der Ebene; es bot
Gelegenheit, Körpermessungen vorzunehmen, zu welchem Zweck der Polizeiin-
spektor dem Oberstabsarzt Krämer bereitwilligst den Eintritt gestattet hatte«
(RMA 1909, Bd. I: 40)
- Padang: »Der Gefängnisdirektor erlaubte großzügig die Besichtigung seines
Menschenmaterials zu anthropologischen Zwecken« (ibd.; 64).
- Makassar: »Zu interessanten Studien gaben die verschiedenen Bootsarten Anlaß
... weiter die eigenartige Weberei und die mannigfachen Musikinstrumente
sowie das Gefängnis mit seinen verschiedenen Menschenrassen« (ibd.: 71).
127
TRIBUS 38, 1989
Bis Mitte September verlief die Reise aus seiner Perspektive relativ eintönig. In den
größeren Städten wurde die »Planet«-Besatzung in der Regel vom jeweiligen
deutschen Konsul empfangen, lebte in überwiegend europäischer Umgebung und
unternahm - sofern es der Dienst erlaubte - touristische Ausflüge. Abgesehen von
den obligaten Gefängnisbesuchen und vereinzelten, eher zufälligen ethnographi-
schen Erwerbungen, gab es für Krämer wenig zu tun. Und auch der Verzicht auf
Sammlungen schien ihm leicht zu fallen, denn aus Matupit schrieb er an Graf von
Linden:23 »Daß Sie keine Gelder mehr für Sammlungen meinerseits flüssig machen
können, schadet nun nichts, da die großen Sundaplätze, welche der Planet
besuchte, wenig Material liefern.«
Mit Erreichen von »Kaiser-Wilhelms-Land« und den vorgelagerten Inseln änderte
sich der Arbeitsablauf grundlegend. Hier sollte die Besatzung der »Planet« umfang-
reiche Vermessungsarbeiten durchführen, hier hatte also Krämer endlich genügend
Zeit zu ausführlichen Arbeiten. Und nicht zuletzt stand nun auch der koloniale
Auftrag an, nämlich nach Gebieten zu suchen, aus denen sich Arbeiter »abwerben«
ließen. Für diesen Auftrag liegt zwar kein expliziter Beleg vor, im Reisebericht der
»Planet« finden sich aber wiederholt Bemerkungen, ob sich bestimmte Inseln zur
Arbeiterabwerbung eigneten.24
Zunächst bot sich auf den Hermit-Inseln ein deprimierendes Bild (RMA 1909, Bd.
I: 81 f.): »Von Waffen und sonstigen Eigentümlichkeiten der Insel ist an Ort und
Stelle nichts mehr vorhanden. Die Leute haben im Lauf der Zeit nicht nur ihren
Besitz an derartigen Gegenständen, sondern auch ihre eigenste Individualität im
Verkehr mit der weißen Rasse eingebüßt. Ein stumpfer, müder Gesichtsausdruck
kennzeichnet ihr Aussehen, eine fatalistische Ergebung in das Schicksal ihr Auftre-
ten. ... Heute ist Akib und Maron bis auf eine kleine Parzelle beim Wohnhaus
abgeholzt, zwecks Anlage von Kokosplantagen. ... nur noch Luf hatte seinen
ursprünglichen Wald behalten. Dort ... ist heute noch das einzige Dorf .... Die
Eingeborenen, früher ein wilder Volksstamm, sind völlig friedlich und tun als
Arbeiter ihre Dienste.«
Entscheidende Zäsur für die Inseln war eine von den deutschen Kriegsschiffen
»Carola« und »Hyäne« im Winter 1882/83 durchgeführte Strafexpedition, bei der 67
Häuser und 54 Boote zerstört sowie etliche Bewohner erschossen wurden. Dazu
Krämer (AK 1909a: 59); »Die mit großer Ausdauer und Umsicht ausgeführte
Expedition hatte jedenfalls die Wirkung, daß die Lufiten den Widerstand gegen die
Weißen aufgegeben haben und friedlich geworden sind.«
Am 17. September ließ sich Krämer mit einem Matrosen auf Luf absetzen und blieb
dort für zehn Tage, abzüglich einiger Ausflüge, die drei Tage in Anspruch nahmen
(AK 1909a: 58): »Ich wohnte in einem Eingeborenenhaus mitten im Dorfe;
tagsüber saßen in demselben der Hausherr, Nemin, nebst zahlreichen Männern und
Frauen herum, nachts war ich mit meinem Burschen dort allein. Der alte Nemin
konnte nur einige wenige Worte Pidjinenglisch, so daß die Verständigung recht
mangelhaft war.«
Das Sprachproblem führte auch zu einem Konflikt mit dem Kommandanten der
»Planet« (ibd.); »Etwas brauchbarer [als Dolmetscher] erwies sich Morat, der aber
als Lotse von dem »Planet« beansprucht wurde, so daß er mir wenig zugänglich
war. Nur durch wollene Hemden und weisse Hosen vermochte ich ihn zeitweilig
während der Vermessungspausen an mich zu fesseln.«
Zu den einzelnen Untersuchungsthemen ist folgendes zu bemerken:
Anthropometrie: von den 52 auf Luf lebenden Menschen wurden neun Männer und
vier Frauen vermessen und photographiert. Da die Geschlechtsverteilung in der
Gesamtbevölkerung ausgeglichen war (27 zu 25), scheint die geringe Anzahl der
untersuchten Frauen darauf hinzuweisen, daß vor allem diese sich nur widerstre-
bend der anthropometrischen Behandlung unterzogen. Krämer selbst erwähnt die
konsequente Weigerung einer Frau, sich photographieren zu lassen (AK 1909a:
82).25
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Mythologie: Wegen der Sprachprobleme gelang nur die Aufzeichnung einer einzi-
gen kurzen Legende.
Hausbau: Dieses Thema ist sehr ausführlich aufgenommen, denn hier konnte er
sich weitgehend auf eigene Beobachtungen stützen, ohne auf Erklärungen Dritter
angewiesen zu sein; das gleiche gilt für den Bootsbau, den Haushalt und die
Nahrung.
Fischfang: Zu diesem Thema sind Qualität und Quantität der Informationen
gering, weil er das einzige größere Fischfangunternehmen während seines Aufent-
halts versäumte (oder die Leute ihn nicht dabei haben wollten); lediglich Fangge-
räte sind eingehender beschrieben.
Fauna und Flora: Diese Gebiete scheinen auch einigen Raum eingenommen zu
haben, denn immerhin sammelte er in der kurzen Zeit sechzig Tierpräparate und
über einhundert Pflanzen.
Sprache: Trotz der Dolmetscherprobleme konnte er knapp eintausend Worte
aufnehmen. Allerdings zeugt die Zusammensetzung der gesammelten Begriffe von
den Schwierigkeiten: unter den tausend Worten sind nur 21 Verben und 85
Adjektive oder Adverbien, der Rest sind Substantive, in der Hauptsache Gegen-
standsbezeichnungen aus den o.g. Themenbereichen.
Insgesamt also ein runder Überblick, eine gemischte Bestandsaufnahme der noch
verfügbaren Überreste autochthoner Kultur, wobei die Gesamtsumme der Ergeb-
nisse offensichtlich wichtiger war als Tiefe in einem einzelnen Themenbereich.
Nächstes Ziel waren die Admiralitäts-Inseln, wobei aber nur kurze Aufenthalte
geplant waren. Anlaufstation war zunächst die Handelsstation der Firma Herns-
heim auf Komuh, St. Andrew-Gruppe. Zu dem angespannten Verhältnis zwischen
Bewohnern und Händlern vermerkt der Reisebericht (RMA 1909: 83 f.): »Das
Haus des Händlers ist von einem Stacheldrahtzaun umgeben, den kein Eingebore-
ner passieren darf. Im Haus standen 14 Gewehre scharfgeladen, 4 Hunde freuten
sich auf der Veranda des weissen Besuches, den sie ungehindert passieren ließen.«
Noch krasser die Verhältnisse auf Pak (RMA 1909: 84): ».. .wurde der Anthropo-
loge mit vier bewaffneten Matrosen an Land gesetzt, um eines der Dörfer zu
besuchen. ... Die Frauen waren erst ganz verschwunden; nach einiger Zeit kamen
wie üblich einige ganz alte herbei, als Zeichen, daß Feindseligkeiten nicht beabsich-
tigt wurden. Nach einstündigem Aufenthalt und nachdem mancherlei eingetauscht
war, wurde wieder an Bord zurückgekehrt.«
Geradezu zynisch mutet die Beschreibung der Ankunft auf der Insel Bird an, wo
Kommandant Lebahn 2/i Jahre zuvor bei einer Strafexpedition die Zerstörung des
Dorfes Loniu geleitet hatte (RMA 1909: 85 f.): »Das Dorf war bei der Ankunft
leer, aber schöne große Häuser zeugten davon, daß es in neuem Glanze erstanden
war. Schließlich gelang es auch hier, einige Männer aus dem Walde hervorzulocken.
... Einmal gelang es einen Eingeborenen zum Betreten des Schiffes zu bewegen;
aber er zitterte so gewaltig, daß er das Schiff wieder verlassen mußte. Sein Wille
hielt seinem Mute nicht stand.«
Trotz des dreitägigen Aufenthalts waren ethnographische und anthropometrische
Arbeiten unter diesen Bedingungen anscheinend kaum möglich; Menschenvermes-
sungen fanden nicht statt, ethnographische Notizen liegen nur in Form von Anmer-
kungen zu einer Rezension (AK 1908d) vor. Auch die Sammlung von Objekten
war insgesamt etwas frustrierend, wie er aus Matupit an Graf von Linden schrieb:26
»Außer an abgelegenen Plätzen ist es für den Reisenden noch äußerst schwer,
etwas Gutes zu sammeln, da eben alles sammelt. Matty und Luf sind geradezu
ausgeplündert, und nur bei den gefährlichen Manns hatten wir noch etwas Glück.
Ich war in mehreren Dörfern und fand sie im übrigen außergewöhnlich nett und
interessant.«
Krämers Bedauern über die Ausplünderung bezog sich also primär darauf, daß ihm
als Sammler nun kein ausreichendes Material mehr zur Verfügung stand; über den
Beitrag der Sammler zur Zerstörung der (materiellen) autochthonen Kultur verlor
er in diesem Zusammenhang kein Wort. Bestätigt wird diese Haltung auch durch
Graf von Lindens Antwort:27 »Von Matty habe ich eine ganz brilliante Sammlung,
129
TRIBUS 38, 1989
deren Schönheit in jüngster Zeit dadurch noch erheblich gewonnen hat, daß ich
beim Putzen von Speeren die unerwartete Entdeckung gemacht habe, daß sämtli-
che Speere, Hoheitszeichen, Stäbe brilliant ornamentiert sind; lassen Sie sich also
wegen der Ausplünderung Matty’s keine grauen Haare wachsen ... auch von Luf
habe ich eine ganz hübsche, wenn auch kleine Sammlung.«
Von Bird fuhr die »Planet« direkt nach Herbertshöhe im Bismarck-Archipel, dem
nächsten Etappenziel, wo ein Teil der Besatzung wechseln und Krämer das Schiff
planmäßig verlassen wollte. Bis zu diesem Punkt zeigt der anthropologische und
ethnographische Teil der Expedition folgende Charakteristika:
Er war sekundär. Intensivere Arbeiten waren nur dort möglich, wo die vorrangigen
Vermessungsaufgaben dies erlaubten.
Er war im weitesten Sinne zufällig. Die Untersuchungso/te wurden durch den
Fahrplan der »Planet« bestimmt; Untersuchungsgegenstände waren diejenigen,
welche am einfachsten verfügbar waren.
Krämer zeigte ein besitzergreifendes Verhältnis zu seinen Forschungsgegenständen:
fremde Ethnien begriff er in erster Linie als Lieferanten von Daten und Objekten.
Konnten sie diese nicht liefern (z.B. weil sie bereits von Kollegen »ausgeplündert«
worden waren), so waren sie für ihn wertlos.28 Menschen sah er als anthropome-
trisch zu untersuchende Körper, die praktischerweise von Gefängnisverwaltungen
zugänglich gemacht und mit den nötigen Randdaten versehen wurden.
»Privat«-Aufenthalt auf den Karolinen
In Matupit war zunächst einmal Zwischenstation, Krämer fand Quartier bei dem
Vertreter der Handelsfirma Hernsheim, Konsul Max Thiel. Während er auf die
Ankunft seiner Frau wartete, mußten der weitere Reiseverlauf und die Fahrtmög-
lichkeiten geplant werden. Der stellvertretende Gouverneur Dr. Krauß bot ihm
(schließlich war er ja mit entsprechenden Anweisungen des Reichskolonialamts
versehen) die Mitfahrt auf dem Regierungsdampfer »Seestern« an, der am 5.
Dezember zu einer Rundfahrt durch die Karolinen aufbrechen sollte. Allzu gut
kann das Verhältnis zwischen Krauß und Krämer jedoch nicht gewesen sein, denn
Krauß bestand darauf, die von ihm erworbenen «//-Figuren einem Karlsruher
Sammler zu übergeben, wogegen Krämer versuchte, die Sendung nach Stuttgart
umzulenken; allein, »Es war nichts mehr zu machen«.29 Trotzdem sollte Graf von
Linden nicht leer ausgehen, als »Weihnachtsgeschenk« schickte ihm Krämer »ein
kleines cbm-Kistchen« mit diversen Objekten von Thiel und ihm selbst.30 Am 5.
November traf etwas verspätet Elisabeth Krämer-Bannow ein; die Zeit bis zur
Abfahrt der »Seestern« nutzten sie zu Tonaufnahmen, kleineren Erwerbungen und
einer Rundfahrt zu den östlichen Inseln um Nukumanu und Buka.31
Die Karolinen waren im Herbst 1906 von einem verheerenden Taifun heimgesucht
worden, in dessen Folge nun vielfach die Nahrungsmittelversorgung zusammen-
brach. Die auf Matupit zur Verfügung des Gouverneurs stationierte »Seestern«
sollte die Bevölkerung aus den am schlimmsten betroffenen Gebieten umsiedeln.32
Möglicherweise lag hier ein weiterer Grund für die Verstimmung zwischen Krauß
und Krämer, denn während dieser Umsiedelungsaktion hatte das Ehepaar Krämer
sage und schreibe 43 Kisten Gepäck an Bord.
Palau (15. bis 19. Dezember 1906)
Die Fahrt ging zunächst über Tobi und Yap (12. bis 14. Dezember) nach Palau.
Während die »Seestern« für einige Tage nach Pul fuhr, blieben Krämers vom 15. bis
19. Dezember auf Palau und wohnten im Haus des seit zwei Jahren dort stationier-
ten Polizeimeisters Winkler, der die eigentliche deutsche Verwaltung repräsen-
tierte. Vom Verlauf dieser vier Tage ist nur sicher, daß anthropometrische Vermes-
sungen und Photographien sowie Tonaufnahmen (Gesänge) gemacht wurden.33 A.
Krämer wollte Palau nur einen »kürzeren, orientierenden Besuch« (AK 1917: VII)
130
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
abstatten, um dann, mit eigener Ortskenntnis versehen, Kubarys verstreut veröf-
fentlichtes Material über Palau zu einer Monographie zu verarbeiten. So erklärt
sich der Wunsch nach rascher Weiterreise, sie kehrten deshalb am 19. mit der
»Seestern« nach Yap zurück, um von dort Mitte Januar auf dem regelmäßig
verkehrenden Kopradampfer »Germania« der Jaluitgesellschaft nach Truk zu ge-
langen.
Yap (19. Dezember 1906 bis 10. Januar 1907)
1906 hatte Yap eine relativ stark ausgeprägte europäische Infrastruktur: ein Waren-
und Kohlenlager des amerikanischen Kopraindustriellen O’Keefe, eine katholische
Missionsstation (die Bad Liebenzeller Mission faßte erst in diesem Jahr Fuß), zwei
Hospitäler, eine deutsch-niederländische Kabelstation und eine spanische Festung,
welche inzwischen die deutsch-melanesische Polizeitruppe beherbergte. Die Feld-
forschung während des dreiwöchigen Aufenthalts sah A. Krämer vor allem durch
zwei Faktoren sehr behindert, nämlich das schlechte Wetter, welches nur einen
einzigen Ausflug erlaubte, und die Yaper selbst, die in »ihrer wenig mitteilsamen
Art« seinen »wiederholten Einladungen, mich zu besuchen, nur selten oder gar
nicht Folge leisteten« (AK 1908a: 177).
Inzwischen galt Arbeitsteilung: E. Krämer-Bannow war für Weberei, Flechtarbei-
ten, Zeichnungen und sogenannte »Frauenfragen« (die sich in aller Regel auf
Menarche und Geburt beschränkten) zuständig, A. Krämer für alles übrige.
Wieder wurden Menschen vermessen und photographiert, wobei hier zum einzigen
Mal die Anzahl der untersuchten Frauen (sechs) in etwa der der untersuchten
Männer (sieben) entspricht. Ansonsten orientierte er sich weniger an dem für die
Planetreise entworfenen Arbeitsprogramm, sondern mehr an den Grundsätzen
eines allgemeinen Überblicks: Geographie, Geologie, politische und soziale Orga-
nisation, Haus- und Bootsbau, Schmuck, Werkzeuge, Nahrung, Sprache. Die
einzige Veröffentlichung über diesen Yap-Aufenthalt (AK 1908 a) enthält jedoch so
auffallend wenig konkrete Angaben, daß der Eindruck entsteht, es habe überhaupt
keine systematische Feldforschung stattgefunden.
Truk (23. Januar bis 6. April 1907)
Am 23. Januar 1907 traf Ehepaar Krämer planmäßig mit dem Dampfer »Germa-
nia« auf Truk ein. Über den zweieinhalbmonatigen Aufenthalt liegt ein stichwortar-
tiges Tagebuch vor (AK 1932: 17f.), das aber im wesentlichen nur Daten und Ziele
der einzelnen Ausflüge benennt. Bei ihrer Ankunft auf der Insel Eten wurden sie
von dem Stationsleiter der Jaluit-Gesellschaft, Janssen, zunächst etwas unwillig
empfangen, denn A. Krämer legte Empfehlungsschreiben der Firma vor, so daß
Janssen wohl befürchtete, von Stund an als Hilfsforscher dienstbar sein zu müssen.
Aber Ehepaar Krämer wollte sowieso in »unberührte« Gegenden und zog deshalb
auf die einige Kilometer weiter südlich gelegene Insel Uman, wo sie eine »zwar
elende, aber wenigstens gegen den Regen Schutz bietende Wellblechbude« (AK
1908a: 169) bezogen. Die Hütte war von einem 1898 verstorbenen deutschen
Händler erbaut worden und wurde ihnen nun von seiner Witwe vermietet. Von
Anfang an stand Dolmetscher Addi zur Verfügung, (A. Krämer bezeichnete ihn als
»ausgezeichnet« (AK 1932: 1)), der von den amerikanischen Missionaren Pidgin
gelernt hatte.
Das Arbeitsprogramm war diesmal sehr umfangreich: zu den bereits auf Yap
untersuchten Themen traten nun noch Botanik, Medizin und vor allem Mythologie.
Trotz Schwierigkeiten unternahm A. Krämer gezielte Anstrengungen, Mythen zu
erhalten (AK 1908a: 172): »Leider ist die Kenntnis dieser Gesänge nur noch bei
sehr wenigen alten Leuten auf den verschiedenen Inseln vorhanden, so daß ich
zeitraubende Bootsfahrten und Expeditionen machen mußte, um jene Leute aufzu-
suchen, meist nur mit geringem Erfolg. Immerhin habe ich noch einiges retten
können.«
131
■
TRIBUS 38, 1989
Übersetzt wurden die Texte allesamt von Addi. Ein- bis zweitägige Ausflüge in die
nähere Umgebung waren sehr häufig, nicht nur um die erwähnten Gesänge zu
sammeln, sondern auch zu geographischen und ähnlichen Zwecken. Dabei diente
Addi als ortskundiger Führer, der auch den Kontakt zu den anderen Trukern
herstellte. Ende Februar übersiedelten sie auf die größere Insel Wela in eine
verlassene Missionsstation, Ende März schließlich noch für eine Woche auf die Insel
Eten.
Auffällig ist, daß sie extrem wenig Kontakt zu den ansässigen Weißen hatten:
lediglich zu Beginn, am 27. Januar, besuchten sie anläßlich eines Ausflugs einen auf
Wela wohnenden deutschen Koprahändler und kurz vor der Abreise, am 1. April,
den auf Töloas lebenden amerikanischen Missionar. Mögen hier auch persönliche
Differenzen und die Nationalität des Missionars eine Rolle gespielt haben, die fast
völlige Kontaktvermeidung während des immerhin zehn Wochen dauernden Auf-
enthalts ist so nicht erklärbar; leider äußerte A. Krämer in einem von Truk
geschriebenen Brief an Graf von Linden nichts über dieses Phänomen.34 In diesem
Schreiben findet sich auch die einzige Äußerung zu den gesammelten Objekten:
»Wie schwer es mir fällt, hier draussen zu sammeln und die Sachen nicht nach
Stuttgart zu senden, können Sie sich denken. Daran läßt sich aber unter den
obwaltenden Umständen z.Zt. nichts ändern. Ich darf das Vertrauen meines
Gönners nicht mißbrauchen. Seien Sie aber überzeugt, daß von meiner Privat-
sammlung, welche ich legalerweise zu Studienzwecken für mich anzulegen berech-
tigt bin, genug späterhin sich erübrigen läßt, um auch Ihr weites Herz zu befrie-
digen.«
Über Art und Umfang der Objekte lassen sich z.Zt. keine Aussagen machen, denn
sie liegen weder in Berlin noch in Stuttgart oder Tübingen als geschlossene
Sammlung vor.
Am 6. April verließen Krämers Truk wieder mit dem Dampfer »Germania« in
Richtung Palau. Bei einem Zwischenaufenthalt auf Yap trafen sie zufällig die
»Planet« an, zu deren neuen Kommandanten, Korvettenkapitän Kurtz, A. Krämer
ein freundschaftliches Verhältnis aus gemeinsamer Kieler Dienstzeit hatte. Dieser
lud sie ein, auf der »Planet« nach Palau mitzufahren, wobei unterwegs noch einige
andere Atolle (u.a. Mogemog und Wolea) angelaufen wurden, um die Taifunschä-
den vom 23. März zu untersuchen.
Palau (21. April bis 25. Juni 1907)
Über den Palau-Aufenthalt liegt ebenfalls ein veröffentlichtes Tagebuch (AK 1917:
161 ff.) vor. Das Forschungsziel ist diesmal klar beschrieben, nämlich Sammlung
und Interpretation der den bereits von Kubary und Semper beschriebenen Bilder-
geschichten zugrunde liegenden Ereignisse und Legenden. A. Krämers Ausführun-
gen in AK 1908 b klingen zwar, als hätte er dieses Ziel bereits bei der Reiseplanung
vor Augen gehabt, der bisherige Reiseverlauf und die zitierten Äußerungen aus AK
1917: VII weisen aber eher auf einen erst vor Ort gefaßten Entschluß hin.
Am 21. April warf die »Planet« vor Korror Anker; während der ersten Woche
unternahmen sie etliche Ausflüge mit dem Dampfboot des Vermessungsschiffes.
Bei dieser Gelegenheit verspürte A. Krämer das Bedürfnis sich zu verewigen, er
taufte »mit dem Rechte, da wir zwei zuerst es erforschten und kartographierten«
(AK 1917: 191) die Inselgruppe im Süden Korrors zu Ehren seiner Frau auf den
Namen »Songei a Lise«, »Lise’s Liebling«. Am 28. April, die Abreise der »Planet«
stand bevor, fuhren Krämers auf die Insel Babldäob und bezogen etwas abseits der
spanischen Missionsstation ein bai (Männerhaus), im Gefolge drei Diener: als Koch
der von Yap mitgebrachte halbblütige Johann, Sohn eines Deutschen und einer
Yapesin, als Laufbursche der Palauer Mangelil und als Dolmetscher der Palauer
»Otto« a Umäng, der von Kapuziner-Patres leidlich gut Deutsch gelernt hatte.
Da sie sich bereits während des Kurzaufenthaltes im Dezember einen ersten
Überblick verschafft und die anthropometrischen Aufnahmen erledigt hatten,
konnten sie sich nun gleich um die ethnographische Arbeit kümmern. Im Arbeits-
132
Schleip; Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
alltag nahmen die bai wesentlichen Raum ein: mit dem Dolmetscher zogen sie in
die Dörfer, wo sich A. Krämer von möglichst vielen Informanten redundant die
Bildergeschichten erzählen ließ, während E. Krämer-Bannow die Schnitzwerke
abzeichnete. Von den insgesamt rund 150 bai wurden etwa zwei Drittel aufgenom-
men. Dabei versuchte A. Krämer immer wieder gezielt, von Kubary oder Semper
beschriebene Objekte aufzufinden. Wie aus dem Tagebuch hervorgeht, standen an
zweiter Stelle geographische Arbeiten, insbesondere Vermessungen und Kartogra-
phierungen sowie geologische Untersuchungen; sonstige ethnographische Themen
- mit Ausnahme der politischen Organisation - traten dagegen in den Hintergrund.
Auch seiner Verpflichtung, Objekte sammeln zu müssen, kam A. Krämer nur
äußerst widerwillig nach; wie sehr er andere Museen als Konkurrenz betrachtete,
zeigt ein Schreiben an Graf von Linden, das außerdem auch seine übrige Samm-
lungsarbeit charakterisiert:35 »Sie waren etwas resigniert wegen meiner Ethnogra-
phika für Berlin. Es ist nicht nötig, daß Sie das sind, denn erstens habe ich in der
Hauptsache nur die kostspieligen Sachen nach Berlin geschickt und zweitens ist
meine Privatsammlung so groß, daß ich als Künstler imstande bin, ihre Geschichte
kaleidoskopartig in verschiedene [unlesbar] - Stellungen zu versetzen. Im übrigen
ist in Melanesien schwierig zu sammeln, da Beamte und Kaufleute um die Wette
sammeln. Im übrigen habe ich aber Hahl durch ein größeres Geldgeschenk an die
Deutsche Schule erneut im Hinweis auf Sie gütig gestimmt, und Thiel, der pracht-
volle Sachen aus Neu-Mek [Neu-Irland] hat, will alles Ihnen schenken ... Von
Pelau habe ich nur noch ein großes Bai nach Berlin beordert,36 das viele Tausend
Mark kostet; zwei größere weibliche Figuren (Giebel) sind dabei für Sie, die letzten
die es überhaupt noch gibt. Eine große Baining-Figur von zehn Meter Länge liegt
bei an Bord. Die soll nach Bremen gehen. Da aber alle Ladung darüber weg geht,
hängen jetzt schon die Fetzen von allen Seiten weg. Viel wird davon nicht übrig
bleiben.«
Daß A. Krämers Selbstverständnis als »Lieferant« des künftigen Linden-Museums
ihn sogar davon abhielt, Objekte »fremder« Museen vor fahrlässiger Zerstörung zu
bewahren, ist natürlich auch vor dem Hintergrund seiner Hoffnungen auf den
Direktorenposten des Hauses zu sehen. Trotzdem werfen diese Äußerungen ein
bezeichnendes Licht auf die Atmosphäre, in der Feldforschung betrieben und
Objekte gesammelt wurden.
Als Ende Juni der Regierungsdampfer »Seestern« eintraf, mit dem Krämers nach
Matupit zurückkehren mußten, um rechtzeitig die Heimreise anzutreten, überließ
A. Krämer die abschließende Bezahlung und Verschickung des georderten bai dem
Stationsleiter Winkler.
Neben den konkreten Veröffentlichungen gibt es natürlich noch eine nur schwer
faßbare Form der »Ergebnisse« - Erfahrungen. Von besonderer Bedeutung waren
die Erfahrungen in drei Bereichen:
Zusammenarbeit mit E. Krämer-Bannow: In seiner Frau hatte er eine fleißige
Zeichnerin gefunden, die immer dann einsprang, wenn die Kamera an technischen
Hürden oder am Widerwillen der Betroffenen scheiterte. Vor allem in dem aufkei-
menden Bestreben, nicht nur isolierte Objekte zu sammeln, sondern diese auch in
größerem Umfeld zu dokumentieren, leistete sie unschätzbare Dienste.37 Als Frau
waren E. Krämer-Bannow viele Informationen zugänglicher, die A. Krämer als
Mann nur unter Anwendung mehr oder minder großen Zwanges bzw. der Gefahr
erheblicher Verfälschung erhalten konnte. Und nicht zuletzt in ganz persönlicher
Hinsicht erwies sich die Partnerin als wertvoll: von dieser Reise liegen keine Klagen
über die sogenannte »ozeanische Einsamkeit« vor, Krämers Briefe sind von eher
fröhlicher Laune geprägt, der Umstand, nicht völlig auf private Kontakte verzich-
ten zu müssen, scheint sich auch positiv auf das Arbeitsklima ausgewirkt zu haben.
Systematische stationäre Arbeit: Während des Samoaaufenthalts 1897/99 hatte Krä-
mer kein systematisches Arbeitskonzept, die Monographie war mehr das Ergebnis
spontaner Datensammlung. Konsequenzen aus den dabei zutage getretenen Män-
geln (z.B. gezielte Informantensuche) konnte er nun im Feld erproben; solche
Erfahrungen schlagen sich u.a. in einer größeren Redundanz der Daten nieder.
133
TRIBUS 38, 1989
Praxis in anthropometrischen Untersuchungen: Waren anthropometrische Daten
bisher nur als Nebenergebnis ärztlicher Tätigkeit und heimlicher Jagd nach Kno-
chen angefallen, so war A. Krämer nun mit den Problemen des Eingriffs in die
Intimsphäre konfrontiert worden. Er mußte - sofern es sich nicht um Gefangene
handelte - neue Methoden entwickeln, um den Widerwillen der Betroffenen zu
überwinden.
Kontakte zu Kolonialbeamten: Obwohl 1906/07 noch nicht absehbar war, daß
Krämer kurz darauf wieder die Südsee bereisen würde, hatte er zahlreiche Kon-
takte geknüpft, die ihm bei den nachfolgenden Unternehmungen von großer Hilfe
waren. Dies gilt ganz besonders für den Gouverneur von Neu-Guinea, Albert Hahl.
Das Thema, welches Krämer nun am meisten beschäftigte, war die weitere Ent-
wicklung des Stuttgarter Museums respektive seine dortige berufliche Zukunft und
in diesem Zusammenhang auch die Beschaffung weiterer Sammlungen für Graf von
Linden. Die Finanzierung des Neubaus machte Fortschritte, und Krämer entwarf
bereits Pläne für die Einrichtung.
In den letzten Novembertagen besuchte ihn auch Thilenius in Kiel wegen der
bevorstehenden Hamburger Südsee-Expedition. Krämer unterrichtete umgehend
Graf von Linden:38 »Er hat mir offiziell die Leitung für das erste Jahr angeboten,
und nach einigen Überlegungen habe ich nicht abgelehnt, wenn auch nicht ja
gesagt. Er will nämlich ein eigenes Schiff dafür ausrüsten, das mir erlauben würde,
Gegenden zu besuchen, die ein Sterblicher sonst nicht zu sehen bekommt. Ethno-
graphisch sammeln bräuchte ich nicht, da hierzu besondere Leute mitgehen. Es
handelt sich nur um die wissenschaftliche Leitung. Vielleicht läßt sich hierbei etwas
aparte tun. Sicher bin ich aber nach dem einen Jahr ganz frei und kann schon aus
eigenen Mitteln dann für Sie arbeiten.«
Anschließend bat er Graf von Linden um seine Meinung dazu. Drei Wochen später
schrieb er:39 ».. .will ich bald wieder Capital aufbringen und eine neue Sammelreise
nach Indonesien und Melanesien machen, kurz aber kräftig und nur für Sie, trotz
Stephan. «40
Und ein halbes Jahr später zeigte sich wieder die fast panische Angst, eine
Erwerbung zu versäumen:41 »Ich hörte, daß an der Südspitze von Wella-la-Wella
gegenüber von Giso [Salomonen], ein schwedischer Händler wohnt, bei dem sich
noch eines der letzten (wahrscheinlich das letzte) großen mit Perlmutter ausgeleg-
ten Kopfjägerboote befindet. Das letzte von Giso kam nach Bremen. Wenn Berlin
und Hamburg draußen wirken, werden sie’s wohl holen. Höchste Eile tut also
dringend not. ... tun Sie unverzüglich Schritte...«
Aus diesen Äußerungen läßt sich ersehen, wie unzufrieden Krämer mit dem
materiellen Ergebnis der letzten Reise war und welche Intentionen er hatte:
Museumsarbeit (was immer auch darunter zu verstehen sein mag), keine weiteren
Feldforschungen mit umfangreichen und vor allem zeitraubenden Datenaufnah-
men, statt dessen kurze, kapitalintensive Erwerbungsreisen. Ganz deutlich formu-
lierte er diese Absicht nochmals Ende Juli:42 »Wenn ich für die Marine raussoll,
möchte ich mich gerne vor der Hamburger Expedition drücken, zumal da sie mir
anläßlich der ersten Expedition, die auch schon ziemlich abgewirtschaftet haben
soll, alle Mittel für Reise und Ausrüstung entziehen will. Könnte ich nur Mittel
auftreiben, um nach dem Marine-Forschungsjahr noch für Stuttgart bzw. für Sie
sammeln zu können; aber meine bisherigen Anschläge sind mißlungen oder sogar
auch unanbringbar, da die Knopflochstopfer streiken.«43
134
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Krämer als Wissenschaftlicher Leiter des Linden-Museums
Die Ouellenlage zu Krämers Tätigkeiten im Linden-Museum (1911-1914) ist sehr
mager; das liegt zum Teil daran, daß die entsprechenden Akten des Linden-
Museums noch unzugänglich sind, ist aber auch eine Folge der Ereignisse dieser
Zeit, Krämer und andere übten Stillschweigen. Hier kann daher nur ein fragmenta-
risches Bild gezeichnet werden, basierend auf den wenigen bekannten Fakten und
begründeten Vermutungen.
Graf von Lindens Tod am 15. Januar 1910 kam sehr plötzlich und wurde Krämer
sicherlich vermeldet.44 Dennoch zeigte er keine übertriebene Eile zurückzukehren,
anscheinend war er sich seiner beruflichen Zukunft im Stuttgarter Museum sehr
sicher. Ein Vorfall vom Oktober 1910 weist darauf hin,45 daß seine finanziellen
Verhältnisse bedrängend waren: von der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stif-
tung forderte er einen Gehaltsnachschlag von immerhin 10000 Mark, da er zum
einen sein Palau-Material von 1907 zur Verfügung stelle, zum anderen während der
Expedition nicht nur als Leiter, sondern auch als Arzt tätig gewesen sei und zudem
seine große Erfahrung eingebracht habe.
Sein Eintritt in den Dienst des Museums stellt sich recht undurchsichtig dar. Offen
bleibt, welche Position Graf von Linden angeboten hatte; in der früheren Korre-
spondenz war die Rede von der Nachfolge Graf von Lindens, also Vereinsvorsitzen-
der und Museumsleiter.46 Nun wurde Krämer vom Vereinsvorstand zum »Wissen-
schaftlichen Leiter« des Museums bestellt.47 Seine Kompetenzen waren offensicht-
lich sehr eng auf den wissenschaftlichen Bereich begrenzt, die Vertretung des
Hauses nach außen und seine interne Leitung, die eigentliche Direktion, blieb dem
Vereinsvorstand - in dem Krämer nicht vertreten war - Vorbehalten.48 Anläßlich der
Museumseröffnung trat er erst an siebter Stelle in Erscheinung, im Rampenlicht
standen andere, nämlich der Vorstand des Trägervereins.49
Krämer, der soviel Wert auf persönliche Ehrung und öffentliche Repräsentation
legte, daß er sich beispielsweise zutiefst beleidigt bei Graf von Linden beschwerte,
weil dieser ihn in einer Jubiläumsschrift nicht als Förderer erwähnt hatte,50 mußte
seine Stellung im Linden-Museum als persönliche Herabwürdigung empfinden.
Zwar war er 1907 in den Ausschuß, das entscheidende Gremium des Vereins,
aufgenommen worden, aber als einziges auswärtiges und zumeist abwesendes
Mitglied (auch während seiner Aufnahme weilte er in Kiel), verfügte er über
keinerlei Hausmacht und konnte sich augenscheinlich nicht durchsetzen. In frühe-
ren Jahren hatte er im Verein nie selbst, sondern immer nur durch Graf von Linden
oder den Schriftführer Lampert agiert und letzterer war nach Graf von Lindens Tod
allem Anschein nach nicht mehr in der Lage, Krämer wirksam zu protegieren.
Entsprechend dem Wunsch des verstorbenen Museumsgründers war Krämer nun
zwar Mitarbeiter an formal bedeutender Position, faktisch aber ohne Einfluß und
Ansehen: repräsentative Aufgaben behielt sich der Vorsitzende Herzog Wilhelm
vor, Veranstaltungen und Vorträge organisierte der Zweite Vorsitzende Paul Zilling
und die Finanzen hatte der Schatzmeister Theodor Wanner unter sich. Kußmaul
(1986: 15) vermerkt zu Krämer »mit Wanner scheint er es nicht gekonnt zu haben«.
Es ist naheliegend, daß Krämer seine Machtlosigkeit vor allem in finanziellen
Fragen zu spüren bekam und Streitigkeiten sich daher vorwiegend an Wanner
entzündeten; der Konflikt lag aber mit Sicherheit tiefer als nur in persönlichen
Querelen mit Wanner.
In einer kurzen Rede anläßlich der Museumseröffnung (AK 1911 e: 33f.) umriß
Krämer die Aufgaben der »am Linden-Museum wissenschaftlich zu arbeiten«
Berufenen: ».. .für Erhaltung, Ergänzung, Katalogisierung des Vorhandenen Sorge
zu tragen, durch Publikationen Seltenheiten und geschlossene Kollektionen ...
zugänglich zu machen. ... Ausbau einer fachwissenschaftlichen Bibliothek ... auch
in handelsgeographischer Hinsicht Ausstellungen zu veranstalten ... namentlich
soll die angewandte Botanik, Pflanzung und Landwirtschaft, die Zoologie in Jagd,
Haustieren, Fischerei usw., das Mineralreich, alles im Ausnutz der Eingeborenen
vornehmlich, zur Darstellung kommen.«
135
TRIBUS 38, 1989
Beachtenswert ist zunächst einmal, was in dieser Auflistung fehlt; die Sammlung
von Ethnographika. Fünfzehn Jahre lang hat die Jagd nach Objekten im Mittel-
punkt seiner Tätigkeit gestanden, nun war diese Tätigkeit völlig aus seinem
Blickfeld entschwunden. Kein Wunder, denn Ethnographika kosteten Geld und
dieses verwaltete Wanner.
Krämer wandte sich nun verstärkt der »Deutschen Gesellschaft für Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte« zu, in der er schon seit 1903 Mitglied, bislang aber
nicht nennenswert in Erscheinung getreten war. Als im August 1911 der Vorsit-
zende v.d. Steinen aus Gesundheitsgründen zurücktrat, übernahm Krämer das
Amt des dritten Vorsitzenden; weitere Mitglieder im sechsköpfigen Vorstand waren
u. a. von Luschan und Thilenius. In den folgenden Jahren rückte er stetig nach und
wurde 1913 erster Vorsitzender. Die Tätigkeit der Gesellschaft beschränkte sich im
wesentlichen auf die Herausgabe des »Korrespondenzblattes« und alljährliche
Versammlungen. Solche Foren boten breite Darstellungsmöglichkeiten, die Krä-
mer in insgesamt acht Aufsätzen und zahlreichen Diskussionsbeiträgen nutzte.
Welche Bedeutung die sich aus der Verbandstätigkeit ergebenden persönlichen
Kontakte mit anderen Wissenschaftlern hatten, ist nicht dokumentiert.
Auch im Stuttgarter Lokalverein, der »Württembergischen Anthropologischen
Gesellschaft«,51 arbeitete er nun mit. Im Januar 1912 wurde er Vorstandsmitglied
und rückte dann 1914 und 1916 - jeweils nach Todesfällen - bis zum ersten
Vorsitzenden auf. Durch die Verbandstätigkeiten übte Krämer zwar kaum Einfluß
auf die Entwicklung von Ethnographie und Ethnologie aus, sie bot ihm aber den
repräsentativen Rahmen, der ihm in seiner Stellung am Linden-Museum versagt
blieb.
Offenbleiben muß vorerst, was Krämer im Linden-Museum überhaupt tat. Zwar
war er mit der Forderung nach sogenannten »Museumsmonographien« (AK 1911c,
1912a, 1913 b) hervorgetreten, worunter er ausführliche Dokumentationen der in
Museen befindlichen Objekte eines abgeschlossenen Gebietes verstand; diese
sollten Feldforschern quasi als Handbücher dienen.52 Er selbst verfaßte allerdings
keine einzige solche »Museumsmonographie«. Dagegen unternahm er von Septem-
ber bis Dezember 1913 gemeinsam mit seiner Frau - die ihm dabei als Kopistin
behilflich war - eine Reise nach Spanien, um in San Sebastian, Simancas, Madrid
und Sevilla Archive nach Material zur Entdeckungsgeschichte der Karolinen zu
durchforsten. Diese Reise könnte ein Indiz dafür sein, daß er hauptsächlich an
seinen Karolinenmonographien arbeitete.
Die Trennung von Krämer und Linden-Museum erfolgte im Streit. Entgegen Graf
von Lindens erklärtem testamentarischen Willen hatte er - hinter dem Rücken des
WVHg - auf eine Verstaatlichung des Museums hingewirkt,53 der Bruch wurde
unumgänglich. Im August 1915 Unterzeichneten Krämer und Zilling einen Vertrag,
wonach ersterer bis zum Juli 1920 (!) beurlaubt wurde und anschließend von seinem
Amt zurücktreten sollte.54 Krämer behielt lediglich das Publikationsrecht über seine
Sammlungen.
Im September 1915 wurde er als Reserve-Lazarett-Direktor verpflichtet (pikanter-
weise war das Lazarett im Vortragssaal des Museums untergebracht), und als zum
Jahresende Theodor Koch-Grünberg sein Amt als Direktor des Linden-Museums
antrat, wurde er an das Tübinger Lazarett versetzt.
Die Intention der Völkerkunde bei Krämer
Eine scharfe Trennung zwischen Ethnographie und Ethnologie - so problematisch
sie auch ist - drängt sich bei den klar geschiedenen Schwerpunkten in Krämers
Biographie geradezu auf. Es wird aber gezeigt werden, daß eine solche Trennung,
obwohl er selbst sie vehement vertrat, in diesem Falle nicht korrekt wäre. Deshalb
wird im folgenden der beide Bereiche abdeckende Begriff »Völkerkunde« ver-
wendet.
Viel bedeutsamer ist die Unterscheidung zwischen Erkenntnisgewinnung durch
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Feldforschung oder Literaturstudium einerseits und deren Anwendung, etwa in
kolonialpolitischer Hinsicht, andererseits, also die Unterscheidung zwischen Mittel
und Zweck.
Hierbei ergibt sich zunächst folgendes Problem: zahlreiche Äußerungen Krämers,
in denen er den kolonialpolitischen Nutzen völkerkundlicher Erkenntnisse betonte,
fielen in der Absicht, Unterstützung für seine Projekte zu erhalten. Die praktische
Anwendbarkeit möglicher Ergebnisse könnte somit als Mittel verstanden werden,
um den eigentlichen Zweck, die Verwirklichung der jeweiligen Projekte, zu errei-
chen. Tatsächlich war es aber genau umgekehrt.
Die entscheidenden Motive der ersten Reise sind nicht exakt belegbar, dürften aber
neben geologischem und zoologischem Forschungsdrang im Bereich von Fernweh,
Abenteuerlust und persönlichem Ehrgeiz liegen. Die Hinwendung zur Völker-
kunde geschah aber nicht aus originärem Interesse an dieser Thematik, sondern aus
Angst, die abendländische Wissenschaft könne einen unwiederbringlichen Verlust
erleiden, wenn die indigène samoanische Kultur vor ihrer Zerstörung nicht aufge-
zeichnet würde. Durch wissenschaftliche Erfassung und anschließende Zerstörung
ging die samoanische Kultur (bzw. das, was europäische Völkerkundler dafür
hielten) zu einem Großteil in die europäische Verfügungsgewalt über. Eine charak-
teristische Folge davon ist, daß auch die heutige samoanische Geschichtsforschung
in wesentlichen Bereichen auf Krämers »Samoa-Inseln« als Quellen zurückgreifen
muß.
Die Feldforschung war also zunächst ein Akt der Besitzergreifung, ein integraler
Bestandteil kolonialer Eroberung: die Kolonien hatten nicht nur Rohstoffe, son-
dern auch Rohdaten zur Erforschung der Menschheits- und Kulturgeschichte zu
liefern, die parallel dazu der indigenen Verfügungsgewalt entzogen wurden. Nur so
ist zu verstehen, daß ganze Inseln und Regionen buchstäblich von Ethnographika
»gesäubert« wurden, um diese zu »retten«.
Die Ereignisse auf Samoa 1898 waren prägend für Krämer. Hatte er sich zunächst
noch ohne konkrete Verwertungsabsicht und eher zufällig mit der politischen
Organisation Samoas beschäftigt, so bekamen seine Erkenntnisse plötzlich eine
eminente Wichtigkeit im kolonialen Machtkampf - sowohl außenpolitisch gegen-
über den Konkurrenten USA und Großbritannien als auch intern auf Samoa.
Während Bastian (1899: 27) die Institution des »Königs von Samoa« als ein »aus
blauer Luft gebackenes Phantom« entlarvte, konstruierte Krämer ein historisch
legitimiertes »Königtum« einschließlich der zugehörigen Wahlmodi. Der Zweck
war vorgeblich (AK 1899d: 188), »dem samoanischen Volke zu dem ihnen durch
den Berliner Vertrag zugestandenen Rechte zu verhelfen, nach ihren eigenen Sitten
und Gebräuchen einen König zu wählen.«
Krämer war ein zu guter Kenner der samoanischen Verhältnisse, um nicht zu sehen,
welcher Zynismus in dieser Argumentation lag. Als mildernder Umstand mögen
allenfalls die Schwiergkeiten gelten, die er als überzeugter Monarchist wohl hatte,
sich ein System mit so deutlichen feudalen Zügen wie das samoanische Matai-
System ohne allgewaltigen König vorzustellen. In der Einleitung zur Samoa-
Monographie nannte er zwei Jahre später die wahren Gründe, warum er Verwal-
tungsstrukturen und die Herrschaftsrechte einzelner Familien untersuchte (AK
1902e: 6): »Möchten speciell hieraus die neuen Regierungen Nutzen ziehen kön-
nen, welche sich in die Verwaltung Samoas geteilt haben.«
Die grundsätzliche Notwendigkeit und Berechtigung kolonialer Eroberungen hat
Krämer nie in Frage gestellt; seine Einschränkung lautete lediglich (AK 1910; 112):
»Wir dürfen aber unsere Eingeborenenvölker nicht aussterben lassen, denn ohne
sie sind die tropischen Kolonien nutzlos. Eine heiße Gegend ohne Wald und
blühendes Eingeborenenleben ist abscheulich und wertlos.«
Dieses Zitat gibt zwei zentrale Positionen wieder:
1. Die Eingeborenen sind »unser« Besitz, »wir« haben allenfalls eine paternalisti-
sche Fürsorgepflicht.
2. Diese Fürsorgepflicht erwächst nicht aus humanitären Positionen, sondern aus
wirtschaftlichem, ästhetischem und wissenschaftlichem Verwertungsinteresse.
137
TRIBUS 38, 1989
Ziel war, ein »kolonial brauchbares Volk zu schaffen« (AK 1901a: 39), was
langfristiger Strategien bedurfte, »denn man kann nicht in wenigen Jahrzehnten ein
Volk ummodeln« (ibid.). Den negativen Auswirkungen beispielsweise der Arbei-
terumsiedlungen mit ihren hohen Mortalitätsraten wollte er durch Ausnutzen der
Tatsache begegnen, »daß ein Naturvolk sehr wohl auch eine geregelte, in seiner Art
fleißige Tätigkeit entwickeln kann« (AK 1903 a: 90), wobei natürlich völkerkundli-
che Erkenntnisse nötig waren, um diesen Fleiß in für die Kolonialmacht profitable
Kanäle zu lenken.
Krämers Vorstellungen von Völkerkunde unterlagen immer dem Postulat der
Verwertbarkeit zum Nießnutz der Kolonialmächte; Erkenntnisse über materielle
Bereiche wie Gartenbau und Landwirtschaft, Fischfang, Handwerk, Handel etc.
waren direkt verwertbar; Erkenntnisse über immaterielle Bereiche wie soziale und
politische Organisation, Religion und Mythologie etc. waren ebenfalls entweder
innerhalb des Systems der indirekten Herrschaft verwertbar oder sie dienten zur
Rechtfertigung der weißen Überlegenheit, zur Konkretisierung von Cecil Rhodes’
»white man’s bürden«.
Krämer ging sogar noch einen Schritt weiter. Bereits in seiner Rede zur Eröffnung
des Linden-Museums (AK 191 le: 34) bemängelte er, daß »wir durch unser städti-
sches Leben und die leichte Erwerbung fertiger Kulturgüter uns zu sehr von der
Natur zu entfernen geneigt sind«. Gegen die daraus resultierende »Verlotterung des
Geschmacks« (AK 1925 c: 98) sollten anhand von ethnographischem Material
geschulte Lehrer an Kunstakademien und Gewerbeschulen Vorgehen (AK 1925 c:
100): »...die alten Sitten und Gebräuche schlummern [in einem »höherentwickel-
ten Volk«] im Stillen weiter und drängen nach Beachtung und Mitarbeit in der
neuen Zeit. Wo sie schwinden, geht die Eigenart dahin, die allein einem Volksleben
Reiz verleiht. So wird uns durch ethnographische Vorbilder unsere Aufgabe
vorgezeichnet.«
Aufgabe der Völkerkunde sollte also auch sein, durch gezielte Verwendung von
Versatzstücken fremder Kulturen die Weiterentwicklung der eigenen zu stimulieren
und zu steuern bzw. vor Degeneration zu bewahren.
Zu diesem Prinzip der Verwertung um jeden Preis paßt auch Krämers durchaus
ernst gemeinter Vorschlag, Palau inklusive der indigenen Bevölkerung - da wirt-
schaftlich kaum nutzbar - zum Naturschutzpark zu machen (AK 1914a; 160f.);
»...Plätze für Siedlungen von Weltwanderern und Künstlern, denen Sonne und
Licht, Wärme und Wind, Wald und See ein Bedürfnis ist. ... Die alten Häuptlinge
kommen gern, und wenn man ihren Betelmund mit ein bißchen Kautabak geöffnet
hat, erzählen sie mit leuchtenden Augen ... Wie reizvoll ist es, wenn die aufrecht
gehenden Frauen und Mädchen nur mit einem Grasschurz vorn und hinten ange-
tan, in sanfter Bewegung die Essensgaben bringen ... Macht das Binnenmeer der
Palauinseln zu einem Naturschutzpark, verbietet Wellblech und Hosen!«
Die kolonialistische Dimension der Völkerkunde nach Krämers Verständnis ist
nicht auf ostensive Phänomene wie wirtschaftlicher Nutzen oder Herrschaftsverfe-
stigung eingeengt. Sie ist Bestandteil des europäischen Selbstverständnisses, das
Hegel (1827: §393) sehr treffend mit folgenden Worten beschrieb: » Den Europäer
interessiert die Welt; er will sie erkennen, sich das ihm gegenüberstehende aneig-
nen, in den Besonderungen der Welt die Gattung, das Gesetz, das Allgemeine, den
Gedanken, die innere Vernünftigkeit sich zur Anschauung bringen. Ebenso wie im
Theoretischen strebt der europäische Geist auch im Praktischen nach der zwischen
ihm und der Außenwelt hervorzubringenden Einheit; er unterwirft die Außenwelt
seinen Zwecken mit einer Energie, welche ihm die Herrschaft der Welt gesichert
hat.«
138
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Zur Methodik der Forschungen Krämers
Von einer »Methodik« im eigentlichen Sinne bei Krämers Arbeiten zu sprechen, ist
nicht ganz korrekt, denn erstens war eine solche zu dieser Zeit noch kaum
entwickelt und zweitens hat Krämer selbst nie ausführlichere Überlegungen zu
dieser Problematik angestellt. Zwar verwendet auch Fischer (1981: 90ff.) im
Zusammenhang mit der Hamburger Südsee-Expedition den Begriff »Forschungs-
methode«, behandelt aber unter diesem Rubrum vorwiegend organisatorische und
strukturelle Aspekte der Expedition sowie die Frage der Aufenthaltsdauer.
Die Frage nach der Methodik von Krämers Forschungen reduziert sich also im
wesentlichen auf den Gegensatz zwischen ambulanter und stationärer Forschung
sowie verschiedene Wege, Informationen zu erlangen, wobei hier der Begriff
»Forschungstechniken« angebrachter erscheint. Von Luschans »Anleitung zu wis-
senschaftlichen Beobachtungen« (1906), die eine Grundlage von Krämers späteren
Feldforschungen bildete, basiert kaum auf methodologischen Überlegungen, son-
dern stellt vielmehr einen sehr detaillierten Fragenkatalog dar, dessen zentrale
Funktion in einer Art »Erinnerungshilfe« für den Feldforscher (Reisenden) liegt.
Krämer gehörte zur zweiten Generation von Völkerkundlern. Ab 1869 lehrte Adolf
Bastian in Berlin, ab 1884 Edward B. Tylor in Oxford und ab 1888 Franz Boas in
New York. Obwohl er ein großer Bewunderer Bastians war, kann man ihn nicht als
dessen Schüler bezeichnen. Krämer war Autodidakt und besaß im übrigen genü-
gend Selbstbewußtsein, um auf weitergehendes theoretisches Rüstzeug verzichten
zu können.
Bei seiner ersten Feldforschung (1897-1899) konnte er bereits auf einige Kennt-
nisse der samoanischen Verhältnisse und Sprache zurückgreifen. Um so mehr
dürften eigentlich methodische Vorüberlegungen erwartet werden. Daß dem nicht
so war, hat zwei Gründe:
1. Die Reise galt primär Korallenrifforschungen und dazu hatte er sehr wohl
methodologische Überlegungen angestellt.
2. Zwar hatte er auch eine Samoa-Monographie geplant, unter »Monographie«
verstand er aber vorerst eine Materialsammlung, deren Qualität sich vor allem
an Quantität und Detailtiefe orientierte; dazu waren methodologische Vorüber-
legungen unnötig.
Das Problem der Authentizität von Informationen reduzierte sich für ihn zunächst
auf »Unberührtheit« von europäischen Einflüssen.35 Aus dieser Perspektive ist
verständlich, daß ein kurzer Besuch zahlreicher Inseln in seinen Augen ebenso
ertragreich sein konnte, wie ein längerer stationärer Aufenthalt.
Eine erste Zäsur in Krämers Feldforschungstechnik findet sich im November 1897,
als er auf Jaluit erkannte, daß seine Arbeit mit einem festen Quartier an Land
besser zu bewerkstelligen sei, als von Bord eines vor der Küste liegenden Schiffes
aus. Diese Erkenntnis erscheint trivial, muß aber auch in dem Rahmen gesehen
werden, daß noch zehn Jahre später Thilenius für die Hamburger Südsee-Expedi-
tion fast ausschließlich Arbeit vom Schiff aus veranschlagte (Fischer 1981: 94).
Krämer hatte erkannt, daß viele Informationen (und auch Objekte!) weniger durch
gezielte Bemühungen als durch Ausnutzung zufälliger Situationen erhältlich waren,
was natürlich möglichst ununterbrochene Anwesenheit erforderte.
Ein Jahr später findet sich sogar ein erster Ansatz in Richtung »teilnehmende
Beobachtung«. Zur Aufnahme eines samoanischen Tanzes notierte er (AK 1903 a:
321): »Welch Gelächter, welch kindliche Freude, wenn ich selbst einmal mittanzte;
... Und ich tat es nicht ohne Absicht; denn wenn man die Sitten fremder Menschen
kennenlernen will, so muß man auf das Naturell derselben eingehen, ohne Stolz,
ohne Hochmut, dann öffnen sich die Thüren der Herzen. So war es mir auch
möglich, ihren Übungen beizuwohnen...«
Aber solche Ansätze wurden aus zweierlei Gründen nicht weiterverfolgt:
1. Das Interesse galt primär der Informationssammlung, und die Teilnahme war
somit weniger ein Weg, Zugang zum Verständnis der beobachteten Vorgänge zu
139
TRIBUS 38, 1989
gewinnen als vielmehr eine von vielen Möglichkeiten, Informationen zu er-
halten.
2. Die Teilnahme als Gleicher unter Gleichen hätte im Widerspruch zu seinem
Selbstverständnis als privilegierter Angehöriger einer herrschenden Schicht, der
Kolonialmacht (oder auch ganz allgemein der weißen Rasse) gestanden.56
Auswahlkriterium für Informanten war in der Regel weniger das besondere Wissen
von Personen, sondern deren Pidgin-, Englisch- oder Deutschkenntnisse, Redselig-
keit oder Bereitschaft, Informationen zu beschaffen. In der Einleitung zur Samoa-
Monographie (AK 1902e: 4) beschrieb Krämer selbst, auf welche Widerstände er
besonders bei der Aufzeichnung von Genealogien stieß und daß er oftmals auf
Informationen aus zweiter, dritter oder sonstiger Hand zurückgreifen mußte, die er
allerdings durch Abgleichung zu verifizieren versuchte.
Sofern die Weitergabe von Informationen sanktioniert war, versuchte er auf
Informanten zurückzugreifen, die nicht fest in die autochthone Gesellschaft inte-
griert waren wie Halbblütige, Missionsschüler oder Immigranten. Im Falle seines
samoanischen Dolmetschers Fred Pace ist aus dem Kassenbuch Krämers (VkIT)
belegt, daß er diesen nach Leistung, d.h. Umfang der Übersetzungen bezahlte.
Auch andere Stellen weisen darauf hin,57 daß Informanten je nach Leistung bezahlt
wurden, man kann also annehmen, daß bisweilen Informationen verkauft wurden.
Eine ebenfalls häufig angewandte Methode war, ärztliche Hilfe mit Informationen
bezahlen zu lassen bzw. die Informanten auf diese Weise an sich zu binden.
Krämers Sprache in diesem Zusammenhang ist überdeutlich (AK 1902e: 5):
»Später fiel mir noch ein alter Mann aus Manu’a in die Hände, dessen nächsten
Verwandten ich operativ wie J.F. festlegte [Elefantiasis-Operation], und durch den
ich noch einige Geschichten erfuhr.«
Unter solchen Bedingungen ist natürlich nicht auszuschließen, daß mehr oder
weniger absichtlich auch falsche Informationen weitergegeben wurden. Krämer war
sich dieser Möglichkeit bewußt, versuchte aber als Konsequenz nicht die For-
schungssituation zu ändern, sondern die erhaltenen Informationen zu überprüfen -
soweit dies möglich und der Aufwand vertretbar erschien. Neben der oben genann-
ten Abgleichung von Genealogien scheint er sich vielfach auch auf Intuition
verlassen zu haben, wie er selbst einräumte:58 »Diese Erzählung erhielt ich persön-
lich von einem alten Manu’a Manne und darf als zuverlässig erachtet werden.«
In diesen Zusammenhang gehört auch Krämers Haltung zum Sprachproblem. Er
trat vehement für eine Erlernung der indigenen Sprache seitens der (Feld-) For-
scher ein, aber nicht zum Zwecke der unmittelbaren Kommunikation, sondern zum
besseren Verständnis der aufgezeichneten Informationen. Für die Feldforschung
selbst betrachtete er indigene Dolmetscher als geeigneter, praktischer und im
Verhältnis zum Aufwand effektiver.59 Daß er dabei Pidgin und Englisch ablehnte,
statt dessen deutschsprachige Dolmetscher forderte, hatte patriotische Gründe
(AK 1913d: 407): »Wir haben aber gar nicht das Recht, unseren Schutzbefohlenen
das Kulturgut der deutschen Sprache vorzuenthalten.«
In der Sprachenfrage orientierte sich Krämers Vorgehensweise an zwei Kriterien:
der Effektivität und Unterstützung der kolonialen Durchdringung.
Im Widerstreit zwischen ambulanter und stationärer Forschung zeigt sich eine
ähnliche Lage. 1898 hatte er auf Samoa die Erfahrung gemacht, daß »das Material
mit der Länge der Zeit mir nur um so reichlicher zufloß« (AK 1902e: 3). Bezeich-
nenderweise äußerte er sich nur zur Menge des Materials, nicht zu dessen Qualität.
Im Zusammenhang mit der Hamburger Südsee-Expedition verwendete er erstmals
den Begriff »ethnologische Tiefenarbeit« und verstand als Voraussetzung dazu auch
stationäre Aufenthalte, denn gleichzeitig kritisierte er, daß »das Schiff [im ersten
Jahr] unter Fülleborn zu sehr umhereilte«.6,1 Der Reiseverlauf im zweiten Jahr zeigt
aber, daß Krämer die Möglichkeit, abgelegene Inseln aufzusuchen, höher einstufte,
als die Konzentration auf »ethnologische Tiefenarbeit« an wenigen ausgesuchten
Orten. Auch das Plädoyer für stationäre Forschung gegen Ende der Expedition war
nicht methodisch begründet,61 sondern fiel aus Rücksicht auf die angegriffene
Konstitution der Teilnehmer.
140
- ^ T .;V
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
Die methodischen Grundstrukturen in Krämers Forschungen sind von folgenden
Merkmalen gekennzeichnet:
- Orientierungsmaßstab war Effektivität im Sinne von möglichst viel Material mit
möglichst wenig Aufwand und Zeiteinsatz zu sammeln.
- Authentizität der Informationen gründet nicht auf einem Vertrauensverhältnis
zwischen Forscher und Informant, sondern - soweit wie möglich - auf Überprü-
fung der Angaben; die Beziehungen zwischen Forscher und Informanten sind
von Abhängigkeit bzw. Unterlegenheit geprägt, sei es in ökonomischer, medizi-
nischer oder sogar existentieller Hinsicht.
Soweit Entwicklungen stattfanden, bedeuteten sie keinen grundsätzlichen Wandel
in der Methodik, sondern stellten vielmehr eine Verfeinerung oder Vermehrung der
verfügbaren Informationsgewinnungstechniken dar.
Anmerkungen
1 Vor allem zu nennen sind hier: Winkel-
mann 1966, Gothsch 1983.
2 Es konnte nur eine kleine zufällige Aus-
wahl eingesehen werden; der Gesamtum-
fang dürfte recht groß sein, allein aus den
(vermutlich repräsentativen) Monaten No-
vember und Dezember 1900 liegen sieben
Briefe vor.
3 Vgl. AK an Graf von Linden, 7. 5. 1901,
LiM.
4 AK an Graf von Linden, 10.12.1900, LiM;
Hervorhebung vom Autor
5 AK an Graf von Linden, 3. 9. 1907, LiM.
6 Die Inventarbücher des Linden-Museums
geben nur ungenaue Auskunft über die Er-
werbsumstände; die Schätzung beruht auf
dem bekannten Umfang einzelner von AK
vermittelter Sammlungen.
7 AK an Graf von Linden, 29. 3. 1903, LiM.
8 Vgl. hierzu AK’s Anspruch auf »Geistige
Vaterschaft« des Linden-Museums weiter
unten.
9 Diese Gesellschaft war 1870 auf Initiative
Virchows gegründet worden, innerhalb de-
rer die bereits bestehende Berliner Anthro-
pologische Gesellschaft (Herausgeberinder
ZfE) als »Localverein« neben anderen
(u.a. Göttingen, Bonn, Stuttgart) weiter-
existierte.
10 In einem Schreiben an Graf von Linden
vom 20. 11. 1900, LiM, erwähnt AK solche
Heimlichkeiten, ohne jedoch den Gegen-
stand genau zu benennen.
11 ibd.; Stübel war Direktor der Kolonialab-
teilung des Auswärtigen Amts und beson-
derer Samoa-Kenner.
12 Dies ist nur Spekulation aufgrund des vor-
liegenden Materials; weitere Quellenfor-
schung speziell zu diesem Problem wäre
nötig.
13 AK an Graf von Linden, 20. 10. 1903,
LiM.
14 AK an Graf von Linden, 22. 11. 1905,
LiM.
15 Zitiert nach Graf von Linden an AK, 28. 9.
1905, LiM; das entsprechende Schreiben
AK’s an Lampert liegt nicht vor.
16 AK an Graf von Linden, 14. 10. 1905,
LiM.
17 AK an Graf von Linden, 4. 11. 1905, LiM.
18 Vgl. AK 1908 a; 170, AK 1917: VII und
AK an Graf von Linden, 4. 11. 1905, LiM.
19 Diesen Mäzen hatte offenbar AK’s
Schwiegervater vermittelt; Adolph Ban-
now war Direktor der »Chemischen Fabrik
C. A.F. Kahlbaum«; vgl. Deutscher Wirt-
schaftsverlag 1930.
20 AK an Graf von Linden, 4.11. 1905, LiM.
21 Der ausdrückliche Hinweis, evtl. Gelder
nur für den vereinbarten Zweck zu ver-
wenden, könnte auf Differenzen bei AK’s
bisherigem Umgang mit Geld deuten;
(Hervorhebungen von AK).
22 AK an Graf von Linden. 4. 11. 1905, LiM.
23 AK an Graf von Linden, 27. 9. 1906; LiM.
24 Vgl. RMA 1909, I: 83, 92. Der Reisebe-
richt der »Planet« ist von Lübbers (Kom-
mandant Lebahn starb während der Rück-
reise) nach Aufzeichnungen der Expedi-
tionsteilnehmer verfaßt und stützt sich aus-
drücklich auch auf Notizen AK's, ohne
jedoch diese Stellen zu kennzeichnen; ver-
mutlich waren die Teilnehmer wie üblich
zur offiziellen Tagebuchführungen für das
RMA verpflichtet.
25 Bei solchen Gelegenheiten kollidierte er
auch mit dem Schamgefühl der Probanden
(AK 1909a: 29): »Bei anderen freien Ein-
geborenenfrauen ist aber das Verfahren
[Beinvermessung ab den Geschlechtstei-
len] unmöglich, da diese, trotz ihrer
Leichtlebigkeit, sich sogar vor dem Arzte,
sogar nicht in Gegenwart meiner Frau,
dazu verstehen wollten.«
26 AK an Graf von Linden, 27. 9. 1906, LiM.
27 Graf von Linden an AK, 29. 12. 1906,
LiM.
28 Vgl. auch AK 1908d: 254; »Ich fand die
141
TRIBUS 38, 1989
Einwohner ethnographisch völlig ausge-
plündert ... Krankheiten hatten die alten
Leute hinweggerafft ... Wenn man aber
sieht, daß solche Sammlungen den Museen
zugeführt werden und überdies gut erläu-
tert sind, dann blickt man milder auf ein
solches Zerstörungswerk.«
29 Krämer an Graf von Linden, 27. 10. 1907,
LiM. von Linden reagierte darauf unge-
wöhnlich heftig: »Schwer bedrückt ... wie
kommt der Mann zu einer solchen Idee ...
solche Gegenstände gehören überhaupt
nur nach Stuttgart ... könnten Sie Dr.
Krauss und seine Riesenzwitter nicht ab-
fangen und als gewandter Steuermann die-
se Ladung in Stuttgart landen« usw.; von
Linden an Krämer, 29. 12. 1907, LiM.
30 ibid.
31 Vermutlich handelte es sich um ein Kopra-
schiff, denn »leider war der Dampferauf-
enthalt überall nur ein sehr kurzer, so daß
nur wenige Notizen gemacht werden konn-
ten«; AK 1908a: 169.
32 Diese Aktion hatte neben der humanitären
auch eine ökonomische Intention, schließ-
lich handelte es sich um potentielle Ar-
beitskräfte.
33 Bei Hambruch 1909a: 48f. ist die fortlau-
fende Numerierung der anthropometri-
schen Aufnahmen wiedergegeben, ebenso
bei AK 1909a: 123 f. die der Tonaufnah-
men, woraus das ungefähre Aufnahmeda-
tum ersichtlich ist.
34 AK an Graf von Linden, 7. 4. 1907, LiM.
35 AK an Graf von Linden, LiM; die genaue
Datierung fehlt, der Brief ist Anfang Juli
1907 an Bord des Dampfers »Prinz
Waldemar« auf der Fahrt nach Hongkong
geschrieben.
36 Krämer beharrte auf der Schreibweise
»Pelau«, da sie etymologisch und phone-
tisch die einzig korrekte sei; vgl. AK
1908a: 179f. und AK 1913d: 264f.
37 Der Anteil EKB’s an dem Gesamtwerk ist
bisher nicht gesondert bearbeitet und wäre
sowohl unter ethnographischen als auch
forschungsgeschichtlichen und methodolo-
gischen Aspekten eine eigene Untersu-
chung wert.
38 AK an Graf von Linden, 3. 10. 1907, LiM.
39 AK an Graf von Linden, 20. 10. 1907,
LiM.
40 Gemeint ist Emil Stephan, der Ende Sep-
tember mit der Marine-Expedition nach
Neu-Guinea aufgebrochen war.
41 AK an Graf von Linden, 2. 7. 1908, LiM;
zu diesem Zeitpunkt stand Krämers Teil-
nahme an der Marine-Expedition und der
Hamburger Expedition noch nicht endgül-
tig fest. Er bot Graf von Linden aber an,
ggf. zwischen den beiden Unternehmun-
gen ein Männerhaus aus Palau zu be-
sorgen.
42 AK an Graf von Linden, 23. 7. 1908, LiM.
43 Mit »Knopflochstopfern« sind Ordensver-
leiher gemeint; die Vermittlung von Eh-
rungen war eine besonders von Graf von
Linden häufig angewandte Art, Mäzenen
zu danken.
44 Nach entsprechenden Grußbestellungen
in der Korrespondenz mit Graf von Lin-
den stand AK in freundschaftlichen Bezie-
hungen zu Lampert und Gräfin von
Linden.
45 Vgl. Fischer 1981; 68; mögen die genann-
ten Begründungen notfalls noch angehen,
allein der Zeitpunkt dieser Forderung und
die völlig widersinnige Kombination der
Gründe spricht für finanzielle Probleme
AK’s.
46 Graf von Linden an AK, 3. 11. 1905: »ha-
be ich in der jüngsten Ausschuß-Sitzung
Ihre Wünsche ... zur Kenntnis gebracht
... Ihnen mitteilen zu können, daß bis jetzt
an eine Mitarbeiter- oder Nachfolgeschaft
von keinem der Herrn des Ausschusses
gedacht worden ist und daß keiner der
Anwesenden irgend ein Bedenken gegen
Sie und Ihre Kandidatur erhoben hat. ...
Die Bahn für Sie ist also frei.«
47 Vgl. Hagel u. Meckelein 1982; 31; das Da-
tum dieser Entscheidung ist nicht erwähnt,
die überlieferten Sitzungsprotokolle geben
ebenfalls keine Auskunft.
48 In der gesamten Korrespondenz mit dem
württembergischen Königshaus, dem In-
nen- und Außenministerium (Hauptstaats-
archiv Stuttgart, E 14 Bü 1350, E 46 Bü
1009 und 1010) zwischen 1910 und 1914
taucht AK nur ein einziges Mal am Rande
auf.
49 Vgl. WVHg 1911.
30 AK an Graf von Linden, 20. 10. 1907,
LiM.
51 Dieser war keine Konkurrenz zum WVHg;
Lampert beispielsweise war in beiden Or-
ganisationen gleichzeitig an führender
Stelle tätig.
52 Als Beispiel für solche Museumsmonogra-
phien nannte er u. a. Hambruch 1908 und
Graebner 1909 (AK 1912a: 23).
53 Wilhelm Herzog von Urach, Bericht an
den Vorstand, 3. 7. 1914, LiM.
54 Vertrag zwischen WVHg und AK, 11. 8.
1915, LiM.
55 In einigen Fällen zählen dazu auch chinesi-
sche Einflüsse (Vgl. AK 1902a).
56 Auf Neu-Irland wurden ihm von der Be-
völkerung Richterbefugnisse zugespro-
chen, und er nahm diese Rolle auch ein;
vgl. auch EKB 1916; 47 f.
57 Vgl. EKB 1916: 66, 213, 226 und AK
1914a: 160.
58 AK 1902e: 390 En. 1, vgl. auch p242, 387;
seine Betonung, diese Erzählung persön-
lich erhalten zu haben, könnte bedeuten,
142
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
daß es ihm schwerfiel, sich vorzustellen,
angeschwindelt zu werden.
59 Vgl. AK 1917; 161 und EKB 1916: 20f.
60 AK an Graf von Linden, 17. 6. 1909, LiM.
61 AK Tagebuch der Expedition, 7. 3. 1910,
HMV.
Literatur
A Abkürzungen
Afa
AK
Anthr
BAMA
DK
EKB
ESE
FaS
Gib
HMV
lAfE
KorrAEU
LiM
MR
Natk
RMA
PGM
UAT
VkIT
WVHg
Archiv für Anthropologie
Augustin Krämer
Anthropos
Bundesarchiv / Militärarchiv, Freiburg
Deutsche Kolonialzeitung
Elisabeth Krämer-Bannow
Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung; Ergebnisse der Südsee-Expedition
1908-1910. Hrsg. G. Thilenius
Fundberichte aus Schwaben
Globus; Illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde
Hamburgisches Museum für Völkerkunde
Internationales Archiv für Ethnographie
Korrespondenz-Blatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte
Linden-Museura Stuttgart
Marine-Rundschau
Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart
Reichsmarineamt
Petermanns Geographische Mitteilungen
Universitätsarchiv Tübingen
Völkerkundliches Institut der Universität Tübingen
Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förderung deutscher
Interessen im Auslande, e.V.
Zeitschrift für Ethnologie
Augustin Krämer
Anmerkung: Diese Literaturliste enthält alle Veröffentlichungen Krämers. Um einen Über-
blick über seine gesamte Tätigkeit zu geben, sind hier auch Titel aufgeführt, die in der
vorliegenden Arbeit nicht erwähnt wurden; das gleiche gilt für Veröffentlichungen, die keinen
unmittelbaren ethnologischen Bezug haben.
TRIBUS 38, 1989
1897 a Über den Bau der Korallenriffe und die Planktonverteilung an den samoanischen
Küsten. Kiel.
b Bericht über neue samoanische Überlieferungen; in: Gib, Bd. 71, p 76-78.
c Zur Mikrofauna Samoa’s; in: Zoologischer Anzeiger, Leipzig, Nr. 529.
1898 a Der Phallusberg von Molokai (Hawaii-Inseln); in: Gib, Bd. 73, p 1-3.
b Nauru; in; Gib, Bd. 74, p 153-158.
1899 a Palolo-Untersuchungen; in: Biologisches Centralblatt, Bd. 19, Nr. 1, p 15-30;
Leipzig.
b Die wirtschaftliche Lage auf Samoa und in der umgebenden Südsee; in: Geographi-
sche Zeitschrift, Leipzig, Jg. 5, p 489-508.
c Aräometer-, Meeresfarben- und Planktonuntersuchungen im Atlantischen und Stillen
Ozean; in: Annalen der Hydrographie, Hamburg, Suppl. 1899, p 458-468.
d Die samoanische Königsfrage im Hinblick auf die letzten Ereignisse zu Apia; in:
Gib, Bd. 75, p 185-189.
e Zur Nomenklatur der Pazifischen Inseln; in: Gib, Bd. 75, p 307.
1900 a Die angeblichen Hebungen und Senkungen auf Samoa; in: PGM, Bd. 46, p 8-12.
b Ein Besuch von Gran Canaria; in: Gib, Bd. 78, p 365-370.
1901 a Samoa in der Geschichte und als wissenschaftliche und kommerzielle Station in der
Südsee. Vortrag vor der Geographischen Gesellschaft zu Hamburg, 2. Mai 1901;
handschriftliches Manuskript, Völkerkundliches Institut der Universität Tübingen;
(zitierte Paginierung ist die der Abschrift des Autors von 1988).
b Der Steinnagel von Samoa nebst anderen sagenhaften Steinen; in: Gib, Bd. 75, p 7-9.
c Der Purgierfisch der Gilbert-Inseln; in: Gib, Bd. 79, p 181-183.
d Anstehender Nephrit auf Neuseeland; [Rez] A. Dieseldorff: Beiträge zur Kenntnis
der Gesteine und Fossilien der Chatharainseln sowie einiger Gesteine und neuer
Nephritfundorte Neuseeland; Diss. Marburg. In: Gib, Bd. 80, p 324.
e [Rez]: Deeken, R.: Manuia Samoa! in: GLB 90, p 388-389.
1902 a Die Chinesengefahr in den deutschen Südsee-Kolonien; in: DK Nr. 4, p 30-31.
b Etat für das Schutzgebiet Samoa für das Rechnungsjahr 1902; in: DK Nr. 6, p 51-52.
c [Rez] E Reinecke, Samoa; in: DK Nr. 26, p 256-257.
d [Rez] A. Schück, Die Stabkarten der Marshall-Insulaner; in: Gib, Bd. 82, p 296.
e Die Samoa-Inseln. Entwurf einer Monographie mit besonderer Berücksichtigung
Deutsch-Samoas. Bd. 1, Stuttgart.
f Agassiz’ Expedition nach den Malediven; in: GLB, Bd. 81, p 148.
1903 a Die Samoa-Inseln. Entwurf einer Monographie mit besonderer Berücksichtigung
Deutsch-Samoas. Bd. 2, nebst einem besonderen Anhang; die wichtigsten Haut-
krankheiten der Südsee; Stuttgart,
b Etat für Samoa 1903; in: DK Nr. 7, p 63-64.
c Vulkanischer Ausbruch auf Savai’i; in: Gib, Bd. 83, p 53.
d Wechselbeziehungen ethnographischer und geographischer Forschung nebst einigen
Bemerkungen zur Kartographie der Südsee; in: Gib, Bd. 84, p 362-363.
e Die gesundheitlichen Verhältnisse auf den Südseeinseln; in: Verhandlungen des
Deutschen Kolonialkongresses, Berlin, p 304-306.
1904 a Die Ornamentik der Kleidmatten und der Tatauierung auf den Marshall-Inseln nebst
technologischen, philologischen und ethnologischen Notizen; in; AfA, NF Bd. 2,
p 1-28.
b Der Neubau des Berliner Museums für Völkerkunde im Lichte der ethnographischen
Forschung; in: Gib, Bd. 86, p 21-24.
c Der Wert der Südseekeulen für Völkerbeziehungen; in: Gib, Bd. 86, p 125-128.
d Zur Frage der Deportation der Hereros; in: DK Nr. 21, p 202-203.
1905 a Das neue Kolonialalphabet in seiner Anwendung auf die Südsee; in: Gib, Bd. 87,
p 293-295.
b Die Gewinnung und die Zubereitung der Nahrung auf den Ralik-Ratak-Inseln
(Marshall-Inseln); in; Gib, Bd. 88, p 140-146.
c Der Haus- und Bootbau auf den Marshall-Inseln (Ralik-Ratak-Inseln); in: AfA, NF
Bd. 3, p 295-311.
d Ein Ausflug nach Samoa; in: Deutsches Knabenbuch, Stuttgart, Nr. 19, p 317-338.
1906 a Hawaii, Ostmikronesien und Samoa. Meine zweite Südseereise (1897-1899) zum
Studium der Atolle und ihrer Bewohner; Stuttgart,
b Die Leberkongestion, ihre Beseitigung und Unterscheidung vom Leberabszeß;
in: Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene, Leipzig, Bd. 10, p 109-120.
c Anthropologische Notizen über die Bevölkerung von Sierra Leone; in: Gib, Bd. 90,
13-16.
144
Schleip: Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
d Die Forschungsreise S.M.S. »Planet«; in: Gib, Bd. 90, p 101-104.
e Curagäo, nebst einigen Bemerkungen über eine Westindische Reise (1899-1900); in:
Gib, Bd. 90, p 293-299.
1907 Zur Tatauierung der Mentawei-Insulaner; in; Afa, NF Bd. 5, p 37-41.
1908 a Studienreise nach den Zentral- und Westkarolinen; in: Mitteilungen aus den deut-
schen Schutzgebieten, Berlin, Bd. 21, Heft 111, p 169-186.
b Ornamentik und Mythologie von Pelau; in; KorrAEU, p 116-118.
c Die Medizin der Truker; in: Archiv für Schiffs- und Tropenhygiene, Leipzig, Bd. 12,
p 456-464.
d [Rez] P. Hambruch; Wuvulu und Aua (Maty- und Durour-Insel); in: Gib, Bd. 93,
p 254-257.
1909 a Forschungsreise S.M.S. »Planet«; Bd. 5; Hrsg. Reichsmarineamt, Berlin
b Gouvernementale Übergriffe in ethnographische Arbeitsgebiete und Mittel zur
Abhilfe; in: Gib, Bd. 96, p 264-266.
1910 Kaiser-Wilhelmsland und die Inselwelt im Stillen Ozean; in: Curd Schwabe (Hrsg.),
Die Deutschen Kolonien; erste Auflage, Berlin.
1911 a [Rez] G. Friderici: Ein Beitrag zur Kenntnis der Tuamotu-Inseln; in: PGM, NF,
Bd. 2, p 354.
b [Rez] P. O. Meyer: Die Schiffahrt bei den Bewohnern von Vuatom (Neuseeland);
in: PGM, NF, Bd. 2, p 353.
c Der Verlauf der Deutschen Marine-Expedition 1907/09; in: Zeitschrift der Gesell-
schaft für Erdkunde, Berlin, p. 14-23.
d Diskussionsbeitrag zu Feldforschungsfragen während der 42. Allgemeinen Versamm-
lung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft; in; KorrAEU, p. 171-172.
e Rede zur Eröffnung des Linden-Museums; in: WVHg 1911, p 33-34.
1912 a Über Museums- und Feldmonographien; in: KorrAEU, p 22-24.
b Über die Ausbreitung einiger Pelau-Mythen ostwärts; in; KorrAEU, p 99-100.
1913 a Über Samoa, aufgrund eigener Reisen; in: Mitteilungen der Gesellschaft für Erd-
kunde, Leipzig, p 5-7.
b Museumsverbände und ihre Zwecke; in: KorrAEU, p 33-35.
c Die Ornamentierung und Ordnung der gewebten Matten von Kusae (Karolinen) im
Vergleich mit den Ralik-Ratak-Mustern; in; KorrAEU, p 81-82.
d Redet Deutsch in unseren Kolonien! in: DK Nr. 24, p 406-407.
1914 a Palau als Naturschutzpark; in: DK Nr. 10, p 159-161.
b [Rez] Richard Thurnwald: Forschungen auf den Salomo-Inseln und dem Bismarck-
Archipel, Berlin 1912; in: DK Nr. 20, p 335.
c Westmikronesien und Pelau im Besonderen; in: Asiatisches Jahrbuch, Berlin p 47-62.
d Nachruf: Geheimer Hofrat Prof. Dr. Erwin O.E. Bälz; in: KorrAEU, p 12.
e Nachruf; Erwin Bälz; in: FaS, Nr. 22/24, p 124-126.
1915 Zwei sehr kleine Pygmäenschädel von Neu-Guinea und meine Messungen an
Buschmännern in Südafrika 1906; in: AfA, NF, Bd. 13, p 365-370.
1916 a Wissenschaftliche Anmerkungen zu: Elisabeth Krämer-Bannow: Wanderungen auf
Neu-Mecklenburg 1908/09; Berlin.
1917 Palau; Teilband 1; Entdeckungsgeschichte und Geographie; in: ESE, II B 3.1.
1919 a Biologische Aufstellung in den Völkerkundemuseen; in: KorrAEU, p 7-10.
b An die deutschen Universitäten. - Die Notwendigkeit anthropologischer Lehrstühle
an den Universitäten. (Gemeinsame Erklärung des Vorstands der Ges. für AEU,
Verfasser Eugen Fischer) in: KorrAEU, p 37-38.
c Die Völkerkunde als notwendiges Lehrfach an den Universitäten; in: KorrAEU,
p 40-42.
d Phallosgebilde bei französischen Kämpfern; in: Zeitschrift für Sexualwissenschaft,
Bonn, Bd. 5, p 376-378.
e Palau, Teilband 2: Siedelungen, Bezirke, Dörfer, Verfassung sowie Demographie,
Anthropologie, Sprache; in: ESE, II B 3.2.
1920 a Die Völkerkunde als Lehr- und Prüfungsfach. Ein neuer Mahnruf an die deutschen
Hochschulen! in: KorrAEU, p 54-56.
b Der Dimorphismus bei Mann und Frau: in: Zeitschrift für Sexualwissenschaft, Bonn,
Bd. 7, p 1-9.
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b Die Entstehung der Familie vom totemistischen Standpunkte: in: ZfE, Bd. 55,
p 42-47.
1924 a Die neuere Erforschung der Südsee-Inseln; in: PGM, Bd. 70, p 33-34.
b Das Ofnet-Problem; in: FaS, N.F. Bd. 2, p 1-3.
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c [Rez] Buschan, G.: Illustrierte Völkerkunde, Stuttgart 1923; in: PGM, Bd. 70,
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d [Rez] McGovern, J. B.: Unter den Kopfjägern auf Formosa, Stuttgart 1923; in: PGM,
Bd. 70, p 199.
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f [Rez] Jacques, N.: Südsee, München 1922; in: PGM, Bd. 70, p 242.
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h [Rez] Sullivan, L. R.: A Contribution to Tongan Somatology; in: PGM, Bd. 70,
p 243.
i [Rez] Wirz, P.: Die Marind-anim von Holländisch-Neu-Guinea, Bd. 1, Hamburg
1922; in: PGM, Bd. 70, p 243.
j [Rez] Emmons, G.T.: Jade in British Columbia and Alaska, New York 1923;
in: PGM, Bd. 70, p 247.
1925 a Ein seltenes Stück südamerikanischer Ornamentik; XXIe Congrès International des
Américanistes, Göteborg, p 442-445.
b Die Malanggane von Tömbara. München.
c Die Form neben der Zierkunst in ethnographischer Beleuchtung; in: Jahrbuch für
prähistorische und ethnographische Kunst, Leipzig, p 97-104.
d [Rez] Ebert, P.; Südsee-Erinnerungen, Leipzig 1924; in: PGM, Bd. 71, p 44.
1926 a Palau; Teilband 3; Stoffliches und Geistige Kultur; in: ESE, II B 3.3.
b Die »Pfahlbauten« vom Federsee in ethnographischer Beleuchtung; in: FaS, N.F.
Bd. 3, p 25-30.
c Die Ausbreitung der indischen Kultur im malaiischen Archipel; in; Schwäb. Merkur,
18. 3. 1926.
f Eine merkwürdige Insel; in; Kosmos, Stuttgart, p 28.
g Völkerkunde im Fortschritt; in: Forschung und Fortschritte, Leipzig, p 59 ff.
h Die Flucht in den australischen Busch; in; Zeiten und Völker, Stuttgart, p 265 ff.
i Was die Cocospalme alles leistet; in: Erdkundliches Quellenbuch, Frankfurt,
j [Rez] Cohn, L.: Spuren der Araber in der Südsee, Bremen 1925; in: PGM, Bd. 72,
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k [Rez] Röheim, G.: Australian Totemism, London 1925; in: PGM, Bd. 72, p 42.
1 [Rez] Stevenson, R.L.: In der Südsee, München 1925; in: PGM, Bd. 72, p 42-43
m [Rez] Wirz, R: Die Marind-anim von Holländisch-Neu-Guinea, Bd. 2, Hamburg
1925; in: PGM, Bd. 72, p 43.
n [Rez] Röck, F. und Oldenburg, R.; Bilderatlas zur Länder- und Völkerkunde, Wien
o.J.; in: PGM, Bd. 72, p 232.
1927 a Die Besteigung des Vidiboén; in: Der Erdball - Illustrierte Zeitschrift für Menschen-
und Völkerkunde, Berlin, Jg. 2, Nr. 12, p 439-448 und Tübinger Chronik, 14. 1.
1928.
b Atlas der Völkerkunde (Hrsg. A. Krämer); Abteilung Austronesien (Malaiischer
Archipel und Südsee-Inseln), Stuttgart.
c Die Entstehung und Besiedelung der Koralleninseln - nach neuen Gesichtspunkten
aufgrund eigener Untersuchungen; Stuttgart,
d Tätowiren, Tatauiren, Tatuiren und die Wasserflasche; in: lAfE, Bd. 28, Heft 1/2,
p 31-34.
e Anfänge und Unterschiede des Flechtens und Webens und Besprechung einiger alter
Webstühle; in: ZfE. Bd. 59, p 362-377.
f Tombaresisches, Altes und Neues; in: Anthr, Bd. 22, p 803-810.
g Literaturabkürzungen; in; PGM, Heft 9/10, p 259-261.
h Anfänge der Wirtschaft und erste wirtschaftliche Produkte; in: Schwäb. Merkur,
15. 12. 1927.
i Anmerkungen zur Frage des Hocksitzes in der Nachgeburtsperiode; in: Deutsche
Medizinische Wochenschrift, Leipzig, p 1196.
j Der Palolo; in: Erdkundliches Quellenbuch, Frankfurt.
k Die wissenschaftliche Erschließung der Südsee; in: Forschungen und Fortschritte,
Leipzig, p 10-11.
1 Indopazifische Kulturbeziehungen; in: Forschungen und Fortschritte, Leipzig,
p 214-215.
m [Rez] Humphreys, C.B.: The Southern New Hebrides, Cambridge 1926; in: PGM,
Bd. 73, p 53.
n [Rez] Jensen, H.J. und Dunlop, J.R.: Geological reconnaissance between Roma,
Springsure, Tombo and Taroom, Brisbane 1926; in; PGM, Bd. 73, p 241.
o [Rez] Hambruch, P.: Ozeanistische Rindenstoffe, Oldenburg 1926; in: PGM, Bd. 73,
146
Schleip; Ozeanistische Ethnographie und koloniale Praxis
p 241.
1928 a Der Taro und die Naßkultur; in: PGM, Bd. 74, p 165-172.
b Neugliederung der Wirtschaftsformen; in: Forschungen und Fortschritte, Leipzig,
Jg. 4, p 320.
c [Rez] Luquet, G.H.: L’art neo-calédonien, Paris 1926; in: PGM, Bd. 74, p 59.
d [Rez] Johnson, M.: Mit dem Kurbelkasten bei den Menschenfressern, Leipzig 1927;
in: PGM, Bd. 74, p 121.
e [Rez] Scheurmann, E.: Samoa, Konstanz 1926; in; PGM. Bd. 74, p 121.
1929 a Die malaiisch-pazifische Kunst; in: Handbuch der Kunstgeschichte (Hrsg. A. Sprin-
ger), Leipzig, Bd. 4, Die außereuropäische Kunst, p 657-720.
b Palau; Teilband 4: Geschichte und Gesänge sowie botanischer, zoologischer und
Palauwörter-Index; in: ESE, II B 3.4.
c Palau; Teilband 5: Zierkunst und Kulturvergleich sowie Baiverzeichnis; in ESE, II B
3.5.
d [Rez] Kohl, L.; Leben, Liebe, Träume in einem Südseeparadies, Stuttgart 1927;
in; PGM, Bd. 75, p 150.
1930 a Zusammenfassung der Lokalisation der Claes-Pietersz-Bucht Neu-Mecklenburg
(New-Ireland); in: Mitteilungen der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft
Zürich, Bd. 30, p 69-78.
b [Rez] P. W. Schmidt, Der Urmonotheismus; in: ZfE, Bd. 62, p 207-210.
c Noch einmal: Literaturabkürzungen; in: PGM, Bd. 76.
d [Rez] K. v. d. Steinen, die Marquesaner und ihre Kunst; in: PGM, Bd. 76, p 194-195.
e [Rez] Buxton, P. A.: Researches in Polynesia and Melanesia, London 1928; in: PGM,
Bd. 76, p 265.
1931 a Die Entdeckung der Blanchebucht und des Simpson-Hafen (Neu-Pommern); in:
Koloniale Rundschau, Heft 5/6, p 97-103.
b Immer wieder Samoa; in: Übersee- und Kolonialzeitung, Berlin, p 178.
c Die Anthropologie Württembergs; in: Medizinisches Korrespondenzblatt für Würt-
temberg, Stuttgart, Bd. 101, p 265-266.
e Das Kolonialproblem; in: Festschrift für Carl Uhlig, Öhringen 1932, p 157-163.
f Die Entdeckungen der Centralkarolinen; in; Forschungen und Fortschritte, Leipzig, p
238-239.
1932 Truk; in: ESE II B 5.
1933 a Alte Holzschlösser in der Umgebung von Tübingen; in; Tübinger Chronik, 25. 7.
1933.
b [Rez] Hambruch, R: Ponape, Hamburg 1932; in: PGM, Bd. 79, p 311.
1935 a Inseln um Truk, 1. Halbband; in: ESE II B 6.1.
b Ferdinand von Hochstetter, ein Schwäbischer Forscher; in: FaS, N.F. 8, p 6-9.
c Grundformen des schwäbischen Bauernhauses; in: Schwäb. Merkur, 20. 12. 1935.
1937 a Zentralkarolinen; Lämotrek-Gruppe, Oleai, Feis; in: ESE II B 10.1.
b Die Zerstörung von Rabaul; in: Stuttgarter Neues Tagblatt - Abendausgabe -, 13. 8.
1937.
c Die Akklimatisierung des Taro in nördlichen Breiten; in: PGM, Heft 12, p 351-352.
1938 a (mit H. Nevermann) Ralik-Ratak; in; ESE II B 11.
1938 b Die Tübinger Burg und der Schloßbau; in: Tübinger Blätter. Jg. 29, p 16-19.
1939 Zur Volkskunde der Matupiter und Wanderungsfragen - Ein Beitrag zur Monogra-
phie; in: Kultur und Rasse, Festschrift für Otto Reche (Hrsg. M. Hesch, G. Spann-
aus), München, p 354-363.
C Zitierte Literatur
Bastian, A.
1899 Die Theilung der Erde und Samoa’s. Eine Momentaufnahme in augenblicklicher
Sachlage; Berlin.
Deutscher Wirtschaftsverlag, (Hrsg.)
1930 Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft, Magdeburg.
Fischer, H.
1981 Die Hamburger Südsee-Expedition. Über Ethnographie und Kolonialismus;
Frankfurt/Main.
Gilson, R.
1970 Samoa 1830 to 1900; Melbourne.
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TRIBUS 38, 1989
Gothsch, M.
1971 Die deutsche Völkerkunde und ihr Verhältnis zum Kolonialismus; Baden-Baden.
Graebner, F.
1909 Völkerkunde der Santa-Cruz-Inseln, in: Ethnologica, Köln, p 71-184.
Hagel, J. und Meckelein, W.
1982 Hundert Jahre Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart e.V.
(Württembergischer Verein für Handelsgeographie), Stuttgart.
Hambruch, P.
1908 Wuvulu und Aua (Maty- und Durour-Insel), Mitteilungen aus dem Museum
für Völkerkunde, II. 1, Hamburg.
Hegel, F.
1827 Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften in Grundrissen, Heidelberg.
Krämer-Bannow, E.
1916 Bei kunstsinnigen Kannibalen der Südsee; Berlin.
Kröber, G.
1975 : Das MATAI-System in Samoa (Diss.); Berlin.
Kußmaul, F.
1987 Linden-Museum Stuttgart; München.
Luschan, F. von
1906 Anthropologie, Ethnographie und Urgeschichte; in Neumayer, G. von: Anleitung
zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen (dritte Auflage), Hannover.
Reinecke, F.
1902 Samoa; Berlin.
RMA
1909 Forschungsreise S.M.S. »Planet« 1906/07, Band I-IV; Berlin.
WVHg
1911 Feier bei der Eröffnung des Linden-Museums, Stuttgart.
Winkelmann, I.
1966 Die Bürgerliche Ethnographie im Dienste der Kolonialpolitik des Deutschen Reiches
(1870-1918); Diss., (Ost-)Berlin.
148
CARSTEN FELGENTREFF
Computerunterstützte Museumsdokumentation
in der Göttinger Völkerkundlichen Sammlung
Vorbemerkungen
In diesem Erfahrungsbericht soll dargelegt werden, welche Umstände es ermöglich-
ten, Teile der Göttinger Sammlung mit Hilfe von EDV zu dokumentieren, wie
vorgegangen wurde, und welche Nutzungsmöglichkeiten sich daraus ergeben.
Vorteile, aber auch Schwierigkeiten des EDV-Einsatzes sind in der museologischen
Literatur mehrfach diskutiert worden, so daß hier primär auf die konkrete Situation
in Göttingen eingegangen wird. Wohlgemerkt, es handelt sich im wesentlichen um
die Übertragung bereits vorhandener Informationen auf elektronische Datenverar-
beitung, nicht aber um eine Neuinventarisierung. Ob und inwieweit unsere Anfor-
derungen an ein Dokumentationssystem, bisher gemachte Erfahrungen und mögli-
che Perspektiven auf andere Museen übertragbar sind, könnte nur im Einzelfall
beurteilt werden. Argumentiert wird nicht aus der Sicht des ausgebildeten EDV-
Fachmannes, sondern aus der des studentischen Mitarbeiters, der sich durch
dreijährige Tätigkeit in der Sammlung Einblicke in die speziellen Belange eines
ethnographischen Museums verschaffen konnte.
Der Anlaß
Bei der Erstellung des voraussichtlich 1990 erscheinenden zweiten Bandes des
»Gesamtverzeichnisses der Völkerkundlichen Sammlung der Universität Göttin-
gen; Abteilungen Asien und Europa« (Krickau et al.) standen drei Vorgehenswei-
sen zur Auswahl: das Schreiben auf der Schreibmaschine (analog zu Band I [Raabe
et al. 1988]), mit einem Textverarbeitungs- oder Datenbankprogramm auf einem
der inzwischen (auch für andere Zwecke) angeschafften Personal-Computer des
Instituts.
Die - inzwischen realisierte - Möglichkeit der Erstellung mit dem Datenbankpro-
gramm barg das Risiko kaum kalkulierbaren Aufwandes an Vorarbeit und Erpro-
bung, denn aus Kostengründen mußte auf die Einbeziehung von EDV-Fachleuten
verzichtet werden. Primäres Anliegen war also stets, einen zu Band I formal
äquivalenten Katalog zu erstellen, und erst untergeordnetes Ziel, eine möglichst
vielseitig abfragbare Datenbank einzurichten. In dieser werden mit der demnächst
abgeschlossenen Eingabe der Amerika-Objekte (Bd. III [Martens et al.]) Angaben
zu circa 50% der Göttinger Bestände gespeichert sein.
»dBASE«1 im Museum
Bei dem in Göttingen benutzten Datenbankprogramm handelt es sich um kommer-
zielle Software, also keine spezielle Entwicklung für die Anwendung im Museum.
Aus der weiten Verbreitung leiten sich mehrere Vorteile ab: es ist zusätzlich durch
Sekundärliteratur gut dokumentiert, flexibel in der Handhabung, relativ »benutzer-
freundlich« und vergleichsweise kostengünstig. Das Programm bietet über sog.
»Menüs« stets mehrere Vorschläge für den nächsten Schritt an, zwischen denen
gewählt werden kann. In Zweifelsfällen besteht die Möglichkeit, situationsbezo-
149
TRIBUS 38, 1989
gene Erläuterungen zu den verfügbaren Befehlen und Funktionen am Bildschirm
nachzulesen. Das Auswendiglernen komplizierter Befehlsfolgen entfällt, zumindest
für die Anwender, die die Daten eingeben oder korrigieren. Das Beherrschen der
integrierten Programmiersprache wäre zwar wünschenswert, ist für unsere bisheri-
gen Anwendungen aber nicht Voraussetzung gewesen.
Die Festlegung der Datenbankstruktur, also die Definition der jeweiligen »Spal-
ten« in der »Tabelle«, in die die Einträge für die Objekte (jeweils ein »Datensatz«)
vorgenommen wurden, geschah in Anlehnung an Band I des Göttinger Verzeich-
nisses: »Signatur«, »Gegenstand«, »Bemerkung«, »Ethnie«, »Ort«, »Sammler«,
»Sammeljahr« und »Erwerbsjahr« (Raabe et al. 1988). Zusätzlich wurden für die
interne Datenverwaltung noch mehrere Sortier- und Schlüsselfelder angelegt, um
die Abfrage- und Zugriffsmöglichkeiten (auch im Hinblick auf spätere Anwendun-
gen) zu erhöhen. Diese Felder sind dann nötig, wenn nicht nur alle »Pfeile« oder
»Messer« gesucht werden, sondern alle Waffen oder alle indonesischen Objekte.
Somit kann in der Datenbank nicht nur nach einem einzelnen Begriff gesucht
werden, sondern auch nach (funktionalen3 und/oder regionalen) Objekt gruppen.
Derartige »Tabellen« können sowohl horizontal als auch vertikal getrennt geführt
werden: ein für unsere bisherigen Zwecke brauchbares Verfahren ist eine horizon-
tale Trennung in mehrere (Regional-) Dateien, also Asien, Amerika und Europa.
Bei Bedarf können sie jederzeit vereint werden. Sollten vertikale Trennungen nötig
werden, könnten später hinzuzufügende Spalten wie »Bibliographie«, »Standort«
usw. in getrennten Dateien eingerichtet werden, die über das gemeinsame Schlüs-
selfeld »Signatur« mit der übrigen Datenbank verknüpfbar sind4. Am Bildschirm
oder beim Drucken erscheinen alle diese Spalten dann wieder als ein gemeinsames
Verzeichnis.
Die in Göttingen verwendete Version des Programmes hat allerdings auch einige
Nachteile. Der erste besteht im Bedarf an Speicherkapazität. Die oben erwähnte
Datenbankstruktur kann zwar (sowohl in der Anzahl der Felder als auch deren
Größe) jederzeit verändert werden, ist jedoch die Feldgröße bspw. für die Ortsan-
gabe einmal auf 40 Zeichen festgelegt, werden für jeden Datensatz (jedes Objekt)
jeweils 40 Bytes allein für diese Angabe reserviert - auch, wenn die Herkunft
unbekannt ist und das Feld deshalb unbeschrieben bleibt. Der auf diese Weise
»verschenkte« Speicherplatz ist in der Göttinger Sammlung mit insgesamt etwa
16000 Objekten vertretbar, könnte aber in größeren Museen zu Schwierigkeiten5
führen. Einen weiteren Nachteil stellt die vom Programm vorgegebene Begrenzung
der Feldergröße auf jeweils 254 Zeichen dar, will man auf die Vorteile des
»elektronischen Suchens« nicht verzichten. Für Göttingen bedeutet dies, daß das
Feld »Beschreibung« auf den Objektkarten bei weitergehender Umstellung auf
dBASE so weit strukturiert bzw. unterteilt werden muß, bis die Angaben zu der
jeweiligen Rubrik nicht länger als 254 Zeichen werden. Denkbar wären hier Felder
wie »max. Durchmesser«, »Länge«, »Materialien«, »einheimische Bezeichnung«
etc.6. Die Anzahl derartiger Felder ist vom Programm her nicht begrenzt, wohl aber
durch die schwindende Übersichtlichkeit.
Da aber Details der Erwerbsgeschichte oder ausführlichere Beschreibungen des
Herstellungsprozesses kaum als Suchbedingungen abgefragt werden, können solche
Angaben in einem anderen Feldtyp untergebracht werden. Hier besteht die Mög-
lichkeit, Texte bis zu einer Länge von 4096 Zeichen (das entspricht ungefähr zwei
Seiten) zu speichern, ohne die Größe vorab definieren zu müssen und ggf. Spei-
cherkapazitäten zu verschenken. Diese Einträge können aber nicht Bestandteil von
Suchbedingungen sein. Deshalb ist es unumgänglich, frühzeitig festzulegen, bei
welchen Kategorien Abfragemöglichkeiten bestehen müssen, und wo darauf ver-
zichtet werden kann.
Eine derart eingerichtete Datenbank ist auf vielfältigste Weise sortier- und indizier-
bar. Gewünschte Bedingungen sind verknüpfbar durch und!oder!nicht und die
Vergleichsoperatoren gleich, ungleich, kleiner, größer, größer- und kleiner gleich.
Die - in beliebiger Reihenfolge - eingegebenen Objektbeschreibungen des Asien-
kataloges werden für die Publikation des Verzeichnisses folgendermaßen sortiert:
150
Felgentreff: Computerunterstützte Museumsdokumentation
oberste Gliederungskriterien sind »Ober- und Unterregion«; hierfür wurden zwei
Schlüsselfelder vergeben (Westasien = A, untergliedert in Türkei = 1 usw.). Somit
werden alle diese Datensätze an den Anfang des Verzeichnisses gestellt. Diese
Objekte gleicher Herkunft werden wiederum über eigene Schlüsselfelder für die
Funktions- und Funktionsuntergruppen sortiert: an den Anfang die Wirtschaftsge-
räte (= A) bzw. deren Untereinteilung »Werkzeug und Gerät« (= 1) usw.. Die
Möglichkeit des Sortierens nach Signaturen, Sammlern usw. bleibt hierbei selbst-
verständlich erhalten, denn sortiert werden kann nach den Eintragungen in sämtli-
chen (in ihrer Größe vorher definierten) Feldern.
Beim Suchen nach bestimmten Objekten mit speziellen Merkmalen (z.B. »alle
zwischen 1900 und 1920 dem Museum vermachten Waffen aus China des Sammlers
Meyer«) bestehen dieselben Verschachtelungsmöglichkeiten von zu erfüllenden
Bedingungen. Hierbei ist gleichgültig, ob und wie das gesamte Verzeichnis gerade
sortiert ist.
Die Ergebnisse solcher Abfragen können entweder an den Bildschirm oder zum
Drucker geleitet werden. Welche Rubriken der Datenbank ausgedruckt werden
sollen, kann individuell entschieden werden. Einfach durchzuführen ist dies, wenn
die Daten tabellarisch nebeneinander (wie in Band I des Göttinger Verzeichnisses)
angeordnet sein sollen. Grenzen werden hier nur durch Schrifttype und Papier-
breite des Druckers gesetzt. Ebenfalls problemlos ist die Anfertigung kleiner
Etiketten für die magazinierten Objekte. Mit einem - allerdings selbst zu schreiben-
den - Programm ist auch das Bedrucken von Karteikarten, auf denen Daten zu den
jeweiligen Rubriken sowohl neben- als auch untereinander stehen sollten, möglich.
Ebenfalls unproblematisch ist die Umwandlung der Daten in Dateien mit Standard-
datenformat. Als solche können sie mit allen anderen Anwenderprogrammen
weiterbearbeitet werden. Somit ist gewährleistet, daß sie (zumindest in technischer
Hinsicht) kompatibel sein werden mit zukünftigen speziellen Museums-Datenbank-
programmen.
Die Vorteile
In Göttingen werden neben den Originalkarteikarten (die Kontinente getrennt
nach Signaturen geordnet) mehrere Sätze Fotokopien geführt. Einer davon bildet
den Standortkatalog, einer den Regionalkatalog usw. Darüber hinaus existieren
getrennte Sammlerlisten, Bildnummern- und Schlagwortverzeichnisse. Bei diesem
Verfahren ist das Übertragen von Aktualisierungen von der Originalkarteikarte auf
die verschiedenen Kopien so zeitaufwendig, daß dieses aufgrund der Personalsitua-
tion mitunter nicht im wünschenswerten Umfang geschehen kann.
Bei einem Datenbanksystem genügt ein Katalog, der jederzeit als alphabetisches
Sammlerverzeichnis, Ethnienverzeichnis usw. genutzt werden kann, dabei aber
stets auf dem aktuellen Stand ist.
In vielen Fällen wird das Auffinden spezieller Objekte oder Informationen schnel-
ler vonstatten gehen können, bei Anfragen häufig ein Ausdruck der Objektbe-
schreibungen genügen (ohne die Karteikarten mit der Schreibmaschine abschreiben
zu müssen).
Bei der derzeit durchgeführten Umstrukturierung des Asienmagazins wurde an die
schon eingegebenen Daten eine Spalte »Standort« angefügt. Wäre nach der bisheri-
gen Methode vorgegangen worden, hätten Dutzende von Schrank- und Kartonli-
sten mit der Schreibmaschine geschrieben werden müssen. Jetzt genügt die Eingabe
des jeweiligen Standortes, der Computer sortiert die Datensätze nach Kartons oder
Regalen und druckt die entsprechenden Listen, so daß die aufwendige Schreibar-
beit somit entfällt. Gleichzeitig wird der eingegebene Datenbestand erweitert,
womit wiederum weitere Nutzungsmöglichkeiten erschlossen werden.
Dies mag als Beispiel dafür genügen, daß schon mit den vergleichsweise wenigen
bereits eingegebenen »Basisdaten« zu den Objekten sinnvoll und zeitsparend
151
TRIBUS 38, 1989
weitergearbeitet werden kann. Welche Perspektiven sich für die langfristige Nut-
zung ergeben, läßt sich zur Zeit kaum abschätzen und ist im wesentlichen davon
abhängig, in welchem Umfang der eingegebene Datenbestand erweitert und aktua-
lisiert werden kann.
Ein wichtiger Aspekt weitergehender Planungen sollte sein, durch sinnvolle Struk-
turierung der weiteren Objektdokumentation und der zugrundegelegten Systema-
tik alle denkbaren zukünftigen Fragestellungen an die Datenbank zu ermöglichen.
Zweifellos wäre hierbei eine Vereinheitlichung wünschenswert, insbesondere im
Hinblick auf zusammenfassende Arbeiten wie über alle (in mehreren Museen
befindlichen) materiellen Kulturgüter einer Region7.
Dennoch sind die Argumente, bereits heute geplante Projekte mit den zur Verfü-
gung stehenden (bzw. mit vertretbarem Aufwand selbst zu schaffenden) EDV-
Lösungen durchzuführen, zumindest diskussionswürdig:
»Given the wide variation in previous manual record systems and systems of
classification it is probably more useful to think in terms of clarifying usages within
separate museums and providing cross-indexes between these (an easy task once a
full list of terms can be produced for the different systems on a computer) rather
than spending time agoning over a suitable national terminology or system of
classification« (Lovelace 1986: 68).
Anmerkungen
1 Die weiteren Ausführungen beziehen sich
ausschließlich auf unsere Erfahrungen mit
dBASE III plus. Eine abschließende Beur-
teilung der inzwischen erworbenen Nach-
folgeversion dBASE IV ist derzeit noch
nicht möglich.
2 Um bei der Abfrage nach bspw. allen »Pfei-
len« auch Auskunft über evtl, vorhandene
»Kriegsp/d/e«, »P/d/schäfte« etc. zu erhal-
ten, ist auch die Suche nach der Zeichenfol-
ge »feil« (die alle diese Begriffe gemeinsam
haben) möglich.
3 Die Einteilung in Funktionsgruppen wurde
ebenfalls aus Band I übernommen (Raabe
et al. 1988: 7a).
4 Ein Beispiel für eine derartige Datenorga-
nisationsstruktur vgl. Krey et al. 1987:
Abb.2
5 Eventuelle Probleme wären nicht techni-
scher Natur, sondern bestimmt durch die
Größe/Kosten der Massenspeicher. Schon
mehrfach wurde jedoch darauf hingewie-
sen, »daß die Speicher- und Verarbeitungs-
kapazitäten in jedem Falle schneller wach-
sen werden als die von den Museen gelie-
ferten Datenmengen« (Schug 1986: 125).
6 Bei der von Lovelace mit Hilfe des »MUS-
CAT«-Programmes bearbeiteten ethnogra-
phischen Sammlung wurden insgesamt 26
Rubriken angelegt (Lovelace 1986: 76).
Weitaus detaillierter ist der von Nixdorff/
Vossen (1973) zur Diskussion gestellte
»Fragebogen zur Objektdokumentation«.
7 Solche Arbeiten wären Teil der von Kauf-
mann (1986: 13) unter dem Stichwort »Zu-
kunftsmusik« angesprochenen Aufgaben.
Literatur
Ashton-Tate (Hrsg.)
1985-87 dBASE III PLUS. Handbücher Bd. I-III. O. O.
Kaufmann, Christian
1986 Dokumentation als Museumsaufgabe. In: MIF 13: 11-20
Krey, Hans-Georg, Gerhard Gelling, Armgard Stemmier
1987 Rechnergestützte Datenbank für eine Kunstsammlung.
In: Neue Museumskunde 30: 213-8
Krickau, Ortrud, Ulrich Menter, Erhard Schlesier, Manfred Urban
1990 Verzeichnis der Völkerkundlichen Sammlung des Instituts für Völkerkunde der
Georg-August-Universität zu Göttingen, Teil II: Abteilungen Asien und Europa.
Göttingen (in Vorbereitung)
152
Felgentreff: Computerunterstützte Museumsdokumentation
Lovelace, Antonia
1986 A Report on the Computer Cataloguing of Ethnographie Collections in Britain -
Use of the New »MUSCAT« Programme for a Catalogue of a New Guinea
Collection. In; MIF 13; 55-78
Martens, Holger, Christiane Oermann, Erhard Schlesier, Manfred Urban
1990 Verzeichnis der Völkerkundlichen Sammlung des Instituts für Völkerkunde der
Georg-August-Universität zu Göttingen, Teil III: Abteilung Amerika. Göttingen
(in Vorbereitung)
Nixdorff, Heide, Rüdiger Vossen
1973 Fragebogen zur Objektdokumentation (Völkerkunde). In: MIF 1: 42-48
Raabe, Eva, Erhard Schlesier, Manfred Urban
1988 Verzeichnis der Völkerkundlichen Sammlung des Instituts für Völkerkunde der
Georg-August-Universität zu Göttingen, Teil 1: Abteilung Ozeanien. Göttingen
Schug, Albert
1986 Systeme einer Computerdokumentation im Kunstmuseum. In: Auer (Hrsg.) 1986:
Chancen und Grenzen moderner Technologien im Museum. München u. a.,
S. 125-130
153
Buchbesprechungen Allgemein
Buchbesprechungen
Alexander, Richard:
The Biology of Moral System.
New York: Aldine De Gruyter, 1987. xxü +
301 Seiten, 13 Figuren und Tabellen.
Warum nehmen viele Menschen moralische Imperative
als absolut an? Warum halten sie diese moralischen Re-
geln nur beschränkt ein, gestehen sich dies aber selbst
meist nicht ein? Dies sind Fragen, die Alexander aus der
Sicht der Evolutionsbiologie beantworten will.
Das Problematischste an diesem hervorragenden Buch
ist der Titel, der falsche Befürchtungen auslösen könnte
(vgl. Boehm 1988). Deshalb gehe ich vor der Darstellung
des Inhaltes kurz auf den Hintergrund ein. Will hier
schon wieder einmal ein Biologe Sozialwissenschaftlern,
ja sogar Philosophen, ihr Metier streitig machen? Nein,
hier geht es nicht um »territoriale« Auseinandersetzun-
gen zwischen Wissenschaften! Es ist notwendig, daß So-
zial- und Geisteswissenschaftler ihre weitgehende Igno-
ranz der modernen Biologie ablegen und sich deutlich
machen, daß Biologie nicht Genetik plus Physiologie ist,
sondern erstens eine Fülle von Lernmechanismen und
sozialen Beziehungsformen kennt, zweitens Naturge-
schichte ist und schließlich drittens Phänomene nicht per
se deterministisch oder reduktionistisch erklärt. Weil
Alexander weiß, wie emotions- und ideologiebeladen die
Diskussion biokultureller Sachverhalte - besonders, aber
nicht nur, unter Nichtbiologen - ist, sagt er klar, was er
nicht annimmt. Er geht nicht davon aus, daß 1. Moralsy-
steme genetisch determiniert sind, daß sie 2. nicht oder
nur schwer sozial änderbar sind (»constraints«) und daß
3. Kenntnisse der Bioevolution Leitlinien für »richtiges«
Verhalten abgeben (S. 4, 11).
Damit setzt sich Alexander bewußt von Autoren ab, die
L mehr diese Beschränkungen aus der evolutiven Ver-
gangenheit betonen (z.B. Könner) und 2. zu naturalisti-
schen Fehlschlüssen neigen, indem sie aus kulturetholo-
gischen oder soziobiologischen Überlegungen heraus
Sollforderungen abzuleiten versuchen (Huxley, Lorenz,
Wickler, Wilson; Kritik S. 165 ff.). Die Grundannahme
dieses Buches ist also, daß wir grundlegende Lebensstra-
tegien, insbesondere die evolutionäre Geschichte und
Funktion von Verhaltensdispositionen, kennen sollten,
um sie ändern zu können, falls wir es wollen. Alexanders
pragmatischer Ausgangspunkt ist die gegenwärtige Pro-
blematik fehlenden moralischen Konsenses angesichts
der Weltkrise (Umweltschäden, Ressourcenerschöpfung,
Wettrüsten).
Worin besteht, hier stark verkürzt, Alexanders Argu-
mentation? Der Kern moralischer Fragen und Probleme
besteht in Interessenunterschieden zwischen Individuen.
Moralische Systeme bestehen aus Regeln über Erlaubtes
und Verbotenes, über Richtiges und Falsches und über
Sanktionen. Alle Moralsysteme fordern zumindest einige
Verhaltensweisen, die letztlich zu Lasten des Akteures
gehen (S. 12).
Die zentrale Annahme der nach Alexanders Schätzung
etwa einhundert Forscher, die »...apply evolutionary
biology to the human understanding of humans«, ist -
unbesehen der sonst oft gravierend auseinandergehen-
den Annahmen! -, daß die natürliche Selektion das
Überleben von Genen durch Reproduktion maximiert
hat (S. 2). Das gilt auch für den Menschen, aber dieser-
so Alexander - verfolgt seine reproduktiven Interessen
flexibel und in einer Umwelt, deren relevante Aspekte
flexible Strategien anderer Individuen und Gruppen
sind, also einer Umwelt, die selbst stark kulturgeprägt
ist.
Aus evolutionsbiologischer Sicht ist zu erwarten, daß
Individuen meist verschiedene Interessen haben, ganz im
Gegensatz zu vielen alltags- und geschichtstheoretischen
Annahmen, und daß ihr Erfolg immer relativ ist. Die
individuellen Interessen beinhalten die Interessen der
Verwandten und derjenigen, die deren Interessen teilen.
Hier steckt die zentrale Annahme, mit der Alexander
argumentiert, wiewohl er sich ausdrücklich gegen Sozio-
biologie als »Schule« oder neue »Wissenschaft« wendet
(vgl. dagegen die frühe Ethologie und etwa Wilson). Die
Einlösung der verschiedenen Interessen geht häufig nur
über kontraktuelle und kooperative Beziehungen mit
Verwandten und Nichtverwandten (S. 80ff.; vgl. Cor-
nings dahingehende Kritik und Erweiterung der Sozio-
biologie). Der wichtigste Mechanismus ist direkte und
indirekte Reziprozität. Besonders die indirekte Rezipro-
zität, bei der die Rückgabe nicht vom Rezipienten der
Hilfeleistung kommt, beinhaltet die komplexe Bedeu-
tung von Reputation und Status. Gerade in Anbetracht
der zentralen Rolle der indirekten Reziprozität in einer
komplexen sozialen Umwelt mit längerem Zeithorizont
ist die Evolution des Bewußtseins als »Risikokalkulator«,
z.B. bei Überschreiten von Regeln, plausibel.
In Kapitel 1 stellt Alexander zunächst den evolutionären
Ansatz allgemein dar und geht auf verbreitete Mißver-
ständnisse bei extremen Vertretern wie Kritikern der
Soziobiologie ein. Dann entwickelt er als ersten Kernbe-
stand seines Ansatzes eine Theorie der Interessen. Wei-
tere Abschnitte behandeln ausführlich die Erklärung von
bisher unverstandenen Eigenschaften von Lebensabläu-
fen (Alternsprozesse, Mortalitätskurven; vgl. Alexander
1989) und verschiedene biologische Grundsituationen
der Rolle von kooperativem Verhalten in der Reproduk-
tion. Kapitel 2 bringt die Theorie der Moralsysteme als
zweite Säule seines Ansatzes und sich daraus ergebende
Hypothesen über die Evolution und Funktion spezifisch
menschlicher psychischer Eigenschaften, wie der Fähig-
155
TRIBUS 38, 1989
kfeit zu Bewußtsein, Antizipation, Täuschung und, be-
sonders bedeutsam, der Selbsttäuschung. Kapitel 3 ent-
hält einen kritischen Überblick über die Diskussion mo-
ralischer Fragen in der allgemeinen Philosophie, in der
biologisch orientierten Philosophie (Darwin, Huxley,
Keith u.a.) und in der neueren »Philosophie der Biolo-
gie« (bes. Ruse). Im 4. Kapitel versucht Alexander eine
Anwendung seiner Theorie der Moralsysteme auf wichti-
ge Menschheitsthemen, wie die Rechte von Embryos,
Kindern, Männern und Frauen, sowie auf den Rüstungs-
wettlauf; dies alles aber nicht mittels naturalistischer
Fehlschlüsse (s.o.).
Das neue an Alexanders Ansatz ist, daß die Interessen
konsequent als auf Reproduktion (nicht Überleben) ge-
richtet und etwa Lustgewinn und Bequemlichkeit als
proximate Mechanismen zur Erfüllung der Ultimaten In-
teressen gesehen werden, und dies wird detailliert be-
gründet (S. 107-129). Außerdem werden kooperative
Sozialbeziehungen besonders betont und indirekte Rezi-
prozität ausdrücklich als der zentrale Faktor in Moralsy-
stemen herausgearbeitet. Selbstverständlich schließt das
- so nach Ansicht des Rezensenten - nicht aus, daß es
auch viele moralische Regeln geben kann, die, weil nicht
in Verhalten umgesetzt und damit weder adaptiv noch
maladaptiv anderen (proximaten) Mechanismen unter-
liegen.
Christoph Antweiler
Literatur:
Alexander, Richard
1989 Über die Interessen der Menschen und die Evolu-
tion von Lebensläufen. In: Meier, H. (Hrsg.): Die
Herausforderung der Evolutionsbiologie. Mün-
chen, Zürich; Piper; 129-171.
Boehm, Christopher
1988 Besprechung von Alexander, Richard: The Biolo-
gy of Moral Systems. In: American Anthropolo-
gist 90: 758-760.
Corning, Peter
1983 The Synergism Hypothesis. A Theory of Progres-
sive Evolution. New York: Me Graw - Hill Com-
pany.
Grafen, Alan (Ed.);
Evolution and its Influence. Oxford: Claren-
don Press, 1989. xiv + 130 Seiten, XLV
Tafeln, Index.
Dieser Sammelband bringt sechs überarbeitete Vorträge
aus der Serie der Herbert Spencer Lectures von 1986.
Das Ziel dieser Reihe war es, den Einfluß des darwini-
schen Evolutionskonzeptes in verschiedenen Disziplinen
zu verfolgen.
Ich ging mit der Befürchtung an die Lektüre, daß hier
wieder einmal eine Kollektion heterogener Artikel unter
dem »umbrella term« Evolution vereinigt ist... und wur-
de angenehm enttäuscht. Die sechs Autoren, je ein Zoo-
loge (Cain), Soziologe (Runciman), Psychologe (Herrn-
stein), Ethnologe (Godelier), Philosoph (Williams) und
Kunstgeschichtler (Gombrich) gehen, mit unterschiedli-
chem Tiefgang und mit Ausnahme von Gombrich, sehr
konkret auf das biologische Evolutionskonzept ein, wenn
auch auf dessen verschiedene Aspekte.
Cain gibt im 1. Beitrag zunächst eine kurze Darstellung
der historischen Entwicklung der Konzepte Evolution
und Selektion unter besonderer Berücksichtigung Spen-
cers und Darwins. Dabei weist er auf die Bedeutung der
vordarwinischen Komponenten im Evolutionskonzept
(Fortschritt) hin. Er zeigt auf, daß der zentrale Beitrag
Darwins nicht die Evolutionsidee als solche, weder die
Vorstellung der stabilisierenden Selektion, noch die Ent-
deckung sexueller Selektion war, sondern (a) die umfas-
send erklärende Kraft der Selektion für z.B. adaptive
Radiation, Klassen von Lebewesen, funktionslose Orga-
ne; (b) die Begründung der Notwendigkeit von Selektion
aus der Vererbung plus Überproduktion und (c) die
detaillierte Dokumentation der Belege, auch der proble-
matischen. Deutlich weist Cain prinzipielle Tautologie-
vorwürfe an das Selektionsprinzip zurück (S. 5ff.).
Ebenso zeigt er überzeugend, daß es sicherlich adaptiv
neutrale Merkmale gibt, dies aber Ausnahmen sind.
Wichtig sind seine Ausführungen über die Verhaltensten-
denzen, die beim Menschen aus evolutionärer Sicht zu
erwarten sind, z.B. das Bedürfnis nach Überleben und
Reproduktion und der Glaube an die eigene personale
Bedeutung und die Tendenz zu nachträglichen Rationali-
sierungen. Hierzu weiß man aber heute schon viel mehr
(vgl. meine Rez. von Alexander 1987 in diesem Jahr-
buch). Detaillierter sind die Überlegungen über die Kon-
sequenzen aus der speziellen Savannenumwelt, in der
sich der Mensch entwickelt hat. Schließlich vergleicht
Cain Bioevolution und Kulturevolution (S. 14ff.) und
zeigt dabei (wie später auch Godelier), wie aufschluß-
reich derartige Vergleiche gerade für die Herausarbei-
tung der Besonderheiten und der Zusammenhänge bei-
der sind.
Runcimans Beitrag geht am ehesten auf den Rahmen der
Spencer Lectures ein. Er kritisiert einen Grundfehler
sowohl in Spencers als auch in Marxens Evolutionstheo-
rie, nämlich die Fortschrittsannahme, wenn auch nicht
im Sinne, das ein Evolutionsziel »zieht«, so doch als
angenommener eindeutiger Trend. Spencers positiven
Beitrag sieht er erstens im Konzept der Funktion, das bei
diesem noch nicht statisch und zirkulär war (vgl. Mali-
nowski) und zweitens in der Betonung nichtintendierter
Konsequenzen von Sozialverhalten (S. 20). Für die Eth-
nologie wichtig halte ich Runcimans Hinweis auf die -
mit der berechtigten Kritik an Spencers »butterfly-collec-
ting« - vernachlässigte Aufgabe, moderne diachrone Ty-
pologiesequenzen aufzustellen.
Herrnsteins Aufsatz schlägt eine genaue Analogie vor
zwischen Bioevolution als Resultat des Konfliktes von
Individuen, deren Resultate nicht unbedingt für die Art
nützlich sind, um dem verstärkungsbestimmten Verhal-
ten von Individuen mit Resultaten, die nicht notwendi-
gerweise den individuellen Erfolg maximieren; also: Me-
lioration bzw. lokale Optimierung, statt Maximierung.
Seine Argumentationsebene ist also eine Extension des
Prinzipes der Selektion durch Konsequenzen und weni-
ger der Variation (S. 41). Die Stärke dieses Aufsatzes
ist, daß diese postulierten Analogien nicht metaphorisch
bleiben, sondern z.T. quantitativ präzise untermauert
156
Buchbesprechungen Allgemein
werden. Außerdem beinhaltet die Argumentation eine
Kritik der ökonomischen Maximierungstheorien aus der
kombinierten Sicht von neueren Forschungen zum Rein-
forcement und der neueren Spieltheorie. Dies hat auch
Konsequenzen für die Optimal Foraging - Erklärungs-
modelle in der Kulturökologie.
Godelier versucht, aus einer sehr konstruktiven Kritik an
Lévi-Strauss heraus eine adaptive Erklärung für die Ent-
stehung des Inzesttabus zu geben, die nicht davon aus-
geht, daß Menschengruppen dafür kinship-Beziehungen
zielbewußt eingeführt haben. Er weist in einer überzeu-
genden Argumentation nach, die die biotischen Beson-
derheiten des Menschen, z.B. den fehlenden Oestrus
und die langsame Entwicklung des Kindes, berücksich-
tigt, daß alle Formen von kinship-Systemen das Inzestta-
bu schon vorraussetzen. Nicht kinship wurde bewußt
eingeführt, sondern es mußte die Erhaltung von Sozial-
gruppen angesichts disruptiver Tendenzen als Konse-
quenz einer spezifisch menschlichen Form der Sexualität
gesichert werden. Es resultiert ein realistisches Bild der
sozialen Evolution als Mischung intendierter und nicht-
gewollter Kräfte. Die zentrale Kritik an Lévi-Strauss
richtet sich nicht gegen dessen Annahme einer Universa-
lität männlicher Dominanz, sondern daß dieser die
Nichtveränderbarkeit dessen logisch falsch aus Exoga-
mieprinzipien ableitet (S. 80ff.).
Williams Aufsatz behandelt Probleme der sog. Evolutio-
nären Erkenntnistheorie. Er unterscheidet hier zwei oft
nicht getrennte Fragen: (a) Welches Licht werfen Kennt-
nisse über die evolutionäre Geschichte des Homo Sa-
piens auf Fragen menschlicher Kognition, des Glaubens
und wissenschaftlicher Theorien; welche Effekte hat also
natürliche Selektion hierauf (Campbell); (b) gibt es ein
Analogon zu Selektion im Bereich wissenschaftlicher
Theorien selbst (Popper)? Den ersten Ansatz unterstützt
er mit Einschränkungen, das zweite Postulat weist er
nach genauer Prüfung (S. 94 ff.) zurück. Der Grund liegt
darin, daß in Poppers Argumentation der Fitneß-Begriff
implizit mit Wahrheitsvorstellungen (von Theorien)
überladen wird. Schließlich behandelt er aus evolutioni-
stischen Befunden abgeleitete ethische Postulate. Hier
sieht er weniger den Schritt »from Is to Ought«, als
vielmehr den Schritt »from Is to Can«. Die damit ange-
deuteten Beschränkungen (»constraints«) des Menschen
in Sozialsystemen differenziert er aber deutlich. Ähnlich
wie Godelier weist er auf die Kontinuität, aber eben mit
entscheidenden Veränderungen, von Prinzipien wie kin-
ship, Elternschaft und Inzest hin, was von manchen
Soziobiologen (vgl. aber Alexander) unterschätzt wird.
Gombrichs Aufsatz ist in kunsthistorischer Hinsicht ge-
wiß sehr aufschlußreich. Die »evolutionäre« Analogie,
die er postuliert, erweist sich bei genauerem Hinsehen
aber als eine eher metaphorische Entsprechung zur An-
passung an Ökonischen aus der Ökologie. Er zeigt, wie
sich Änderungen in der Liturgie, nämlich die neue
Orientierung und Position des Priesters zur Gemeinde
(als »Umwelt«) über veränderte Erwartungen der Künst-
ler und der Gönner (»Selektionsdruck«) auf die Emanzi-
pation der Altarbilder von rein religiösen Funktionen
auswirkte.
Insgesamt bietet dieser Band also zumeist dicht argumen-
tierte und z.T mit Daten untermauerte Aufsätze, die an
vielen Punkten Neuansätze, an anderen Vertiefungen der
Harris, Marvin :
Kulturanthropologie. Ein Lehrbuch. (Aus
dem Amerikanischen von Sylvia M. Schom-
burg-Scherff.) Frankfurt/New York: Campus
Verlag, 1989.
Die »Kulturanthropologie« von Marvin Harris, 1987 in
zweiter, überarbeiteter Auflage unter dem Titel »Cultur-
al Anthropology« in New York erschienen und von Sylvia
M. Schomburg-Scherff für den Frankfurter Campus Ver-
lag ins Deutsche übersetzt, bietet eine umfassende Ein-
führung in ein Wissensgebiet, das von der Ethnologie,
wie wir sie hierzulande verstehen und betreiben, über die
Archäologie und Vorgeschichte bis zur physischen An-
thropologie einschließlich der vergleichenden Verhal-
tensforschung und der Humanpaläontologie reicht. Sie
breitet die Vielfalt ethnologischer Theorien aus (vom
Evolutionismus des 19. Jahrhunderts bis zum Struktura-
lismus), setzt sich mit den Methoden der »wissenschaftli-
chen Schöpfungslehre« auseinander, die in Deutschland
außer bei den Zeugen Jehovas wenig Beachtung findet,
in den Vereinigten Staaten aber offenbar immer noch
leidenschaftlich diskutiert wird, und rückt (in dem Kapi-
tel »Gene, Evolution und Kultur«) die biologischen
Grundlagen kultureller Evolution nachdrücklich ins Be-
wußtsein.
Marvin Harris vertritt als Professor für Anthropologie an
der Universität von Florida die Theorie des »Kulturmate-
rialismus« - ein Umstand, der sich in Aufbau und Inhalt
dieses Buches deutlich niederschlägt, auch wenn »der
Autor sich... bewußt darum bemüht, zu kontrovers dis-
kutierten Themen alternative Perspektiven aufzuzeigen«
(S. 30). Er beginnt mit der Schilderung der »Infrastruk-
tur« von Kulturen (die aus ethischer Perspektive alles
Verhalten umfaßt, »durch das eine Gesellschaft minimale
Subsistenzbedürfnisse befriedigt«, insbesondere Produk-
tion und Reproduktion), fährt fort mit einer Darstellung
der »Strukturebene« soziokultureller Systeme (wirt-
schaftliche, verwandtschaftliche und politische Organisa-
tionsformen) und kommt schließlich zur »Superstruk-
tur«, die »alles Verhalten und Denken umfaßt, das auf
künstlerische, spielerische, religiöse und intellektuelle
Ziele gerichtet ist, sowie alle geistigen und emischen
Aspekte sowohl der Infrastruktur wie der Struktur einer
Kultur« (S. 29). Zwei Kapitel über »Angewandte Ethno-
logie« und »Die Ethnologie einer Industriegesellschaft«
(die USA) runden den Band ab.
Eingestreut in diese angesichts der Komplexität des Stof-
fes sehr hilfreiche Gliederung finden sich theoretische
Diskussionen, praktische Fallbeispiele vor allem aus Kul-
turen der Südsee und des nord- und südamerikanischen
Raumes und anregende Interpretationen. So wird etwa
157
TRIBUS 38, 1989
die rituelle Homosexualität in Neuguinea und Melane-
sien, verbunden mit ausgeprägtem Geschlechterantago-
nismus und kriegerischen Verhalten der Männer, mit
dem starken ökologischen Druck in Zusammenhang ge-
bracht, unter dem die betreffenden ethnischen Gruppen
stehen. Oder die sogenannte »Windigo-Psychose« (eine
Form des Krisen-Kannibalismus) der Ojibwa und Cree
wird, einer Untersuchung von Lou Marano folgend,
nicht als Krankheit, sondern als Teil eines »Selektivtö-
tungs-Systems« dargestellt, »in dem die Furcht vor dem
Aufgefressenwerden dazu benutzt wurde, die Angst zu
überwinden, die mit dem Bruch des Tabus verbunden ist,
einen Lagergefährten zu töten« (S. 342).
Mag auch die Art, wie Marvin Harris »Kosten und
Nutzen der Kinderaufzucht« oder die »Theorie der opti-
malen Nahrungssuche« in Formeln faßt, auf den ersten
Blick befremdlich erscheinen, so öffnet sie doch dem auf
keine bestimmte Ideologie festgelegten Leser die Augen
für Zusammenhänge, über die er sich bisher vielleicht
kaum Gedanken gemacht hat. Warum werden in man-
chen Gegenden Indiens deutlich mehr weibliche als
männliche Kälber aufgezogen, obwohl das Tabu der Rin-
dertötung jede bewußte Auslese verbietet? In welcher
Weise werden Nahrungstabus den ökologischen Verhält-
nissen bestimmter Regionen angepaßt? Gibt es einen
Zusammenhang zwischen dem »Komplex männlicher Su-
prematie« und der Häufigkeit und Intensität kriegeri-
scher Auseinandersetzungen?
Die »Kulturanthropologie« von Marvin Harris zeigt auf
der Grundlage heute bekannter Fakten und wissenschaft-
licher Theorien, warum sich Verhaltensweisen und Ideo-
logien von einer Gesellschaft zur anderen unterscheiden
- und warum sie trotz solcher Unterschiede in vielen
Punkten dennoch übereinstimmen. Archaische Gesell-
schaften werden unter keinem anderen Blickwinkel be-
trachtet als moderne Industrienationen, so daß gewisse
»zeitlose« Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit, Aus-
beutung, Diskriminierung, Kriminalität, Machismus,
Macht oder Ohnmacht bis hin zu Solidaritätsriten oder
Vermögenskonzentration - bei aller im Rahmen eines
Lehrbuches geforderten und beachteten Neutralität -
doch mit spübarem Engagement abgehandelt werden.
Gleich weit entfernt von einer Verklärung der »guten
alten Zeit« wie von dem Wahn, in den gegenwärtig
etablierten politischen und wirtschaftlichen Systemen
den Gipfel aller denkbaren Entwicklung zu sehen, setzt
sich Marvin Harris mit den Mechanismen auseinander,
die menschliche Gesellschaften zu allen Zeiten geprägt
haben und sicherlich auch künftig prägen. Die Offenheit,
mit der er hin und wieder - wenn auch manchmal nur
indirekt durch die Auswahl seiner Zitate - Partei er-
greift, dürfte ihm allemal die Sympathie der Studenten
sichern, an die er sich mit diesem Buch in erster Linie
wendet - und darüberhinaus vielleicht auch den Respekt
seiner Kollegen, zumindest wenn man diesem Wort sei-
nen ursprünglichen Sinn des Hinschauens und Achtge-
bens zugrundelegt.
Gisela Maler-Sieber
Helmers, Sabine :
Tabu und Faszination. Über die Ambivalenz
der Einstellung zu Toten. Berlin: Dietrich
Reimer Verlag, 1989. 349 Seiten.
Gesellschaften erscheinen als ein »Haus mit verschiede-
nen Räumen und Fluren«. Sie setzen sich aus unter-
schiedlichen - nicht immer voneinander zu trennenden -
sozialen Gruppierungen zusammen. Soziales Leben
schließt Statik aus. Es ist vielmehr von einer Dynamik,
die von Individuen und Gruppen eine ständige Grenz-
überschreitung erfordert, gekennzeichnet. Der menschli-
che Lebensyzklus wird von zahlreichen Standortwechseln
in bezug auf Alter-, Status-, oder Gruppenzugehörigkeit
begleitet. Wechsel jedoch bedeutet Veränderung und
Veränderung birgt die Gefahr der Nichtkontrollierbar-
keit der Ordnung des Soziallebens in sich (vgl. Schom-
burg-Scherff, in; A.v. Gennep, 1986: 238f.). Neben der
Geburt kann man den Tod als die entscheidenste Phase
im menschlichen Lebenszyklus betrachten.
Die Phasen des Übergangs, der Wechsel vom einen in
den anderen Status, werden in jeder Gesellschaft von
Riten begleitet, die Van Gennep (1909) als »rites de
passage« beschreibt. Sie sollen den Übergang in die
jeweilige Phase gewährleisten und kontrollieren. An-
hand traditioneller Gesellschaften liefert Van Gennep ein
Modell für Übergangsriten und teilt u.a. Bestattungsze-
remonien in die Abschnitte der Trennung, Umwandlung
und Integration. Eine Einteilung, die sich auch auf die
Bestattungszeremonien westlicher Industriegesellschaf-
ten anwenden läßt, wenn auch die Phasen des Übergangs
in unserer heutigen Zeit eine »Entsakralisierung« erfah-
ren. Ferner wird der Tod in einen Marginalbereich ge-
drängt (vgl. Eliade, 1963), in dem der Übergangsweg
nicht mehr von den Angehörigen begleitet, sondern
durch berufliche Spezialisten übernommen wird.
Die Tabuisierung des Todes in westlichen Industriegesell-
schaften geht mit einer Faszination, einer Schaulustein-
her, die möglicherweise aus individueller Betroffenheit
resultieren. Durch den Tod eines Mitmenschen rückt das
Unausweichliche des Selber-Sterben-Müssens in greifba-
re Nähe. Die Auseinandersetzung mit dem Tod treibt
den Menschen stets an die Grenzen der Vorstellbarkeit,
weil im Tod alle Erfahrung endet (vgl. Sturm, 1985: 8).
Ob es sich bei dieser Todesangst um eine universale,
vielleicht angeborene Angst des Menschen handelt, oder
ob die Sozialisation eines Individuums und damit sein
Umfeld dafür verantwortlich zeichnet, muß auch die
vorliegende Publikation unbeantwortet lassen (S. 216).
Thema dieser Arbeit ist vielmehr, den Ausdrucksformen
des Tabus nachzugehen, mit denen der Tod in unserer
Gesellschaft behaftet ist. Dabei soll die Ambivalenz ei-
ner Einstellung gegenüber dem Tod verdeutlicht werden,
die geprägt ist von Verbot, Ekel und Unreinheit auf der
einen und Faszination auf der anderen Seite. Es gilt,
diese als zwei Gesichter eines Phänomens, des Tabus, zu
dechiffrieren (Kap. 2). Ausgehend von dieser These wird
das Buch in zwei Untersuchungsbereiche gegliedert, die
sich mit den tabuisierenden und faszinierenden Auswir-
kungen des Todes beschäftigen.
Der erste Bereich umfaßt unter dem Oberbegriff: Phäno-
158
Buchbesprechungen Allgemein
menologie der Leiche (Kap. 3.1.) den »Weg der Leiche«
vom physischen Tod bis zur letzten Ruhestätte. Dieser
Weg wird über den postmortalen Umgang mit dem leblo-
sen Körper nachgezeichnet. In regionaler Hinsicht liegt
dabei der Schwerpunkt auf der Analyse der Totenbräu-
che im protestantisch geprägten, norddeutschen Groß-
stadtbereich, die sich zweifelsohne von denen ländlicher
Gebiete unterscheiden. Diese geographische Eingren-
zung hätte sicherlich in einer soziologisch geschichteten
Klassifikation eine interessante Ausweitung erfahren.
Der Umgang mit dem Tod im Krankenhaus, einem Ort,
wo der Tod als »Betriebsunfall« (S. 49) eine Tabuisierung
unter den Aspekten des Versagens der Schulmedizin und
des auf Heilung Hoffenden erfährt, verdeutlicht das
Menschenbild der Schulmedizin. Aus diesem Menschen-
bild ergibt sich ergänzend ein Todesbild; und die Art und
Weise, wie eine Gesellschaft mit Verstorbenen umgeht,
läßt Rückschlüsse auf ihre Einstellung gegenüber den
Lebenden zu. Nämlich: die Betrachtung und Behandlung
des Menschen unter dem Blickwinkel von Materialität,
Funktionalität und Effizienz. Zur Unterstützung der auf-
gestellten These verarbeitet die Autorin Gesprächsproto-
kolle mit Krankenschwestern, die sie als »teilnehmende
Beobachterin« in einem Bremer Krankenhaus zusam-
mentrug. Außerdem zieht sie Tonbandinterviews mit
Menschen, die sich in irgendeiner Weise mit dem Tod
auseinandersetzen, und Fotos heran (Anhang). Dabei
wird der Frage, was mit den im Diesseits verbleibenden
Resten des menschlichen Körpers geschieht, eine zentra-
le Bedeutung beigemessen und die Frage nach dem Ver-
bleib der »Seele« des Menschen vernachlässigt.
Der Umgang mit den Leichen in Pathologie, Anatomie
und Rechtsmedizin reicht vom allgemeinen wissenschaft-
lichen Interesse bis hin zur Klärung von Einzelschicksa-
len. Er läßt Tote zu Studienobjekten werden, an denen
sich »normale Menschen« (S. 59) als Ärzte beweisen
sollen. Die Behandlung von Krankheit und Tod in westli-
chen Industriegesellschaften stellt die Körperlichkeit des
Menschen in den Mittelpunkt und beschränkt sich auf
der rational-profanen Ebene im Rahmen rationalistisch-
naturwissenschaftlich geprägter Vorstellungswelten auf
die Erklärung von Ursachen bzw. auf die Beseitigung der
körperlichen Materialität. Diese Rationalität versagt pa-
radoxerweise dort, wo sie sich auf die soziale Bewertung
der direkt mit Krankheit und Tod in Verbindung stehen-
den Berufsgruppe beziehen sollte.
Das Grauen, welches gegenüber dem Tod empfunden
wird, ist keine gewöhnliche, allgemein-menschliche Re-
aktion, sondern ein zu lernendes Gefühl für das Numino-
se, Heilige auf der untersten Stufe (S. 200). Daher befaßt
sich Kapitel 3.2. und damit der zweite zentrale Bereich
des Buches mit der Faszination des Todes in Erschei-
nungsformen wie Nekrophilie, schwarzem Humor und
der Beziehung zwischen Liebe, Tod und Erotik.
Eingebunden in eine allgemeine Perspektiverweiterung
(Kap. 4.3.), die auf die rituelle Einbindung des Todes in
außereuropäischen Gesellschaften Bezug nimmt, weist
die Autorin Irrationalismen des westlichen Zivilisations-
menschen im Umgang mit dem Tod nach. Die Beschäfti-
gung mit dem Todesphänomen verdeutlicht den Mythos
von der »aufgeklärten Vernunft« des Zivilisationsmen-
schen und relativiert Vorstellungen, nach denen Tabuvor-
stellungen, »magisches Denken« oder Archaik Ausdruck
sogenannter »primitiver Kulturen« sind (S. 252).
So liefert Sabine Helmers mit ihrer Dissertation einen
interessanten Beitrag zur Dechiffrierung westlicher
Denkmuster im Marginalbereich Tod. Als Publikation in
der Reihe »Krankheit und Kultur«, die sich als Ziel setzt,
Beiträge zur kulturvergleichenden Theorie des Leidens
und Heilens zu veröffentlichen, vermißt man ein wenig
den phänomenologisch-vergleichenden Aspekt mit au-
ßereuropäischen Kulturen. Eher wahllos erscheinen auch
die im Anhang zusammengestellten Zeitungsausschnitte
und Abbildungen, womit jedoch das Anliegen dieser
Publikation nicht in Frage gestellt ward.
Petra Konerding
Literatur:
Eliade, M.
1963 Le Sacré et le Profane. Paris.
Sturm, H.
1985 Ästhetische Erfahrung als Erfassen des Fremden
beim Graben, Reisen, Messen, Sterben.
In: Jahrbuch für Ästhetik. Das Fremde.
Aachen. S. 7-101.
Van Gennep, A.
1909 Les Rites de Passage. Paris.
Van Gennep, A.
1986 Übergangsriten. Frankfurt a. Main.
Hirschberg, Walter (Hrsg.):
Neues Wörterbuch der Völkerkunde.
(Ethnologische Paperbacks)
Berlin: Dietrich Reimer, 1988. 536 Seiten.
Zweifelsohne ist es zu begrüßen, daß der Herausgeber
des Wörterbuches der Völkerkunde sich der ebenso mü-
he- wie verdienstvollen Aufgabe unterzogen hat, sein vor
nunmehr knapp einem Vierteljahrhundert erschienenes
Werk unter der Mitarbeit von 65 Autoren auf einen
neuen Stand zu bringen. Dabei wurde ein Teil der frühe-
ren Einträge übernommen, ein weiterer Teil neugefaßt,
einiges wurde gestrichen (so der Afrika-Forscher G.
Nachtigall), anderes hinzugefügt. Kritiken berücksichti-
gend, wurden die Literaturangaben durchgehend ge-
macht. Die Einträge betreffen Forscher, Methodologie,
Techniken (des Forschers wie des Erforschten), Geräte
und Werkstoffe, Pflanzen und Tiere, Fundstätten sowie
einige Hochkulturen. Da die Meriten des Buches außer
Zweifel stehen und vom Benutzer sicher schnell erkannt
werden, sei hier auf ein paar Punkte eingegangen, die,
wie mir scheint, als Anregung für eine (hoffentlich nicht
erst 2011 erfolgende) zukünftige Überarbeitung dienen
könnte.
Zunächst der Titel: bei einem Werk, das außer Termini
auch Eigennamen von Personen samt deren Kurzbiogra-
phie aufführt, handelt es sich nicht um ein Wörterbuch
sondern um ein Lexikon. Auch dieses Lexikon verzich-
tet, wie sein Vorgänger, auf Völker- und Stammesnamen
als gesonderte Einträge. Das ist bedauerlich und Platz-
mangel als Argument nicht unbedingt stichhaltig. Daß
auf der anderen Seite Hochkulturen des amerikanischen.
159
TRIBUS 38, 1989
noch mehr aber des asiatischen Raumes Platz eingeräumt
wird, dokumentiert auch ein Stück deutscher Wissen-
schaftsgeschichte. Auch wenn dies an das Selbstverständ-
nis mancher (Alt-)Amerikanisten und vieler Ethnologen
rühren wird, so sollte doch die Frage erlaubt sein, ob hier
nicht konsequent und systematisch diese Hochkulturen
als Gegenstände eigener und etablierter Disziplinen (Ar-
chäologie, Altamerikanistik) endlich aus der Ethnologie
ausgegliedert werden sollten; die logische Alternative,
nämlich die Eingliederung etwa der Altorientalistik, der
Islamkunde, der Berberstudien, Indologie etc. ist schon
deshalb wenig praktikabel, weil das Fach zu unübersicht-
lich würde. Zweifelsohne sollten die Fachabgrenzungen
neu überdacht werden.
In manchem scheinen die Gewichte ungleich verteilt
worden zu sein; der Synchretismus ist gleich dreimal
vertreten: Synchretismus, synchretistische Bewegungen
und synchretistische Kulte hätten sich zu einem Beitrag
zusammenfassen lassen. Das Schlagwort Induskultur ver-
weist aber nur auf Harappa, nicht aber auf Mohenjo
Daro, obwohl letzteres ebenfalls mit einem eigenen Ein-
trag vertreten ist. Der Tendenz des Lexikons folgend,
tritt Mesoamerika als eigenes Lemma in Erscheinung,
der Sudan jedoch nicht (mittlerweile sollte ggf. auch der
Sahel Berücksichtigung finden).
Einiges fehlt als Eintrag ganz, so etwa Flachgewebe,
Kelim, Sumak (auf Gobelintechnik zu verweisen reicht
nicht), ganz zu schweigen von dem (magischen oder
realen) Knoten. Zu Pfeil und Bogen gehört ja wohl auch
der Köcher. Spricht man vom Regenzauber, sollte die
Regenbraut des Atlas nicht unerwähnt bleiben. Zur völ-
kerkundlichen Forschung gehört ja wohl auch der Mara-
but Nordafrikas, zum Haus ibidem die K/Qasba und der
Ksar/Qasr, beim Schattentheater sollte natürlich auch der
Begriff und die Figur Karagöz (Schwarzauge) erwähnt
werden, im seinerzeit türkisch beherrschten Nahen
Osten das Volkskino, bevor es (dort) Filme überhaupt
gab. Und zur asiatischen Produktionsweise gehört natür-
lich auch das Stichwort Rentenkapitalismus - aber damit,
wie mit den ebenfalls nicht genannten hydraulischen
Kulturen, befinden wir uns bereits im Revier der Soziolo-
gen, wie es ja überhaupt die Ethnologie charakterisiert,
von jeder Disziplin ein bißchen in sich zu vereinigen -
siehe oben. (Das nennt sich dann in extremen Fällen
Ethnomedizin etc...) Schließlich vermisse ich die apotro-
päischen Farben, die nicht minder wichtig sind als die
khamsa (oder wie sie das Lexikon nennt: Hand Fatimas).
Doch genug der Dinge, die da fehlen.
Nicht ganz problemlos scheinen mir folgende Stichpro-
ben: ad Aul; Nicht nur Kirgisisch, sondern in diversen
Türksprachen vorhanden, ferner nicht nur »Zeltdorf
asiatischer Nomadenvölker« sondern auch »Dorf« im
kaukasischen Bereich. - ad Baraka: v.a. »Segen,
Glück«, daher auch »glückliche Hand«. - ad Derwisch;
Keinesfalls etymologisch ein »Pfortensucher«, da bereits
Mittelpersisch driyöS »arm, bedürftig«. Sufi ist nicht nur
ein »berühmter« sondern jeder islamische Mystiker, der
sich (ursprünglich!) in ein härenes, eigentlich Wo11-($m/)
Gewand kleidete. Tariqa (ohne u) bedeutet i.e.S. nicht
»Weg zur religiösen Unterweisung« sondern »Weg zu
Gott«. Und eine dhikr-Zeremonie äußert sich keinesfalls
immer »in zahlreichen Virtuosenleistungen«, sondern oft
(vidi) in Atemübungen mittels der rhythmischen Nen-
nung (dikr) der Namen Gottes. - ad Felsbilder (S. 52):
Heißt es, »mehr als die Hälfte im Tassili«, fragt sich der
mit dem Siedlungsgebiet der Tuareg Vertraute sofort, in
welchem Tassili denn: von Ahnet, des Hoggar? Gemeint
ist natürlich T. n-Ajjer. (Vgl. hierzu übrigens den hervor-
ragenden Bildband von A. Sebe; Issoulane. Freiburg
1987.) - ad Hauszelt: Kirgisisch ist eine Türksprache, mit
»Türkisch« ist wohl Türkeitürkisch gemeint. Hier heißt
yurt »Land; Gebiet; Wohnhaus;... 7. Jurte« (und dessen
kirgisische Entsprechung zurt, es sei am Rande erwähnt,
»Volk«). Hirschberg stellt den Sachverhalt etwas sehr
simplifiziert dar. Der Eintrag Jurte ist im übrigen nicht
unbedingt eine Verbesserung gegenüber dem Eintrag
Hauszelt von 1965. - ad Mahr: Die Brautgabe ist in
vielen islamischen Gebieten bis heute üblich, im türki-
schen Bereich Zentralasiens ist sie als kalirj bekannt
(>russ. kalym).
Von diesem und anderem abgesehen fällt auf, daß das
Wörterbuch in einer Welt, die zunehmend von Fachlektü-
re in anderen Sprachen bestimmt ist, zu den entsprechen-
den fremdsprachigen Terminologien keinen Zugang bie-
tet. Es empfiehlt sich, bei der Abfassung solcher Lexika
die Termini (oder doch die wesentlichsten) als Liste in
englischer, französischer, spanischer und ggf. portugiesi-
scher Sprache (Afrika, Lateinamerika), wenn nicht sogar
auch auf russisch in einem Anhang aufzuführen, der -
mehrspaltig und jeweils einsprachig gedruckt - gar nicht
einmal soviel zusätzliche Seiten umfassen würde. Ein
entsprechendes Numerierungssystem im Hauptteil wie
im Anhang ermöglicht dann den Zugang in beide Rich-
tungen.
Im Sinne der von F. Scholz zur 1965er Ausgabe geäußer-
ten Schlußbemerkung (Tribus 17 (1967): 159) läßt sich
auch hier sagen, daß bei diesem im Ganzen sehr brauch-
baren Werk mancher Schnitzer vermeidbar gewesen
wäre.
Harald List
Junge, Peter und Heidtmann, Frank:
Wie finde ich ethnologische Literatur.
(Veröffentlichungen des Instituts für Biblio-
thekarausbildung der Freien Universität
Berlin) Berlin: Berlin Verlag Arno Spitz,
1989. 380 Seiten.
Die Ethnologie zählt nicht gerade zu den Disziplinen, zu
denen der Zugang durch eine Vielzahl bibliographischer
Nachschlagewerke erleichtert wird. Insbesondere für den
Studienanfänger ist es zumeist ein äußerst mühseliges
Unterfangen, sich einen Überblick über weiterführende
Fachliteratur zu verschaffen. Er wird nun durch die hier
vorgelegte »Einführung in die Bibliotheksbenutzung und
die wichtigsten Auskunftsmittel zur Ethnologie« (S. 15)
mancherlei Hilfe erfahren - wenn er weiß, was ihn er-
wartet:
»Diese Einführung bietet nicht einen Einstieg in die
Probleme und Grundlagen der Ethnologie selbst, sie ist
also kein fachliches Einführungsbuch, und sie ist auch
keine Bibliographie, welche die Büchertitel zu einem
bestimmten Sachgebiet systematisch auflistet, sondern
160
Buchbesprechungen Allgemein
sie will über die Auskunftsmittel, welche wiederum In-
formationen und Originalliteratur nachweisen, informie-
ren. Diese Einführung hat also ihren Schwerpunkt im
Nachweis von Verzeichnissen, die literaturbezogene In-
formationen aufführen, sowie von Literaturauskunfts-
mitteln, die Bücher und Zeischriftenaufsätze zur Ethno-
logie aufführen, welche für ein Haupt- und Nebenfach-
studium der Ethnologie oder allgemein für wissenschaft-
liches Arbeiten im Bereich der Ethnologie relevant sein
können.« (S. 15).
Dafür holen die Kompilatoren des ansonsten recht hand-
lich geratenen Buches allerdings reichlich weit aus. Die
Auflistung der Sach- und Literaturauskunftsmittel (Kap.
2 und 3) wird nämlich durch zwei längere Beiträge einge-
rahmt, deren Aufbau und Inhalt stark an die hinlänglich
bekannten »Einführungen in das wissenschaftliche Ar-
beiten« erinnern (und dort auch besser aufgehoben sind):
Kapitel 1
Eine kleine Bibliothekskunde: Was wird in Bibliotheken
bereitgehalten / Wo findet man Literatur zur Ethnologie /
Bibliothekswesen / Ethnologische Spezialbibliotheken
und Bibliotheken mit ethnologischer Literatur in der
Bundesrepublik Deutschland / Leihverkehr / Benut-
zungsbereiche einer wissenschaftlichen Bibliothek / Wie
ist die Literatur in Bibliotheken erschlossen / Die Er-
schließung der eigenen Bestände einer Bibliothek / Die
Erschließung fremder Bibliotheksbestände (S. 19-68).
Kapitel 4
Informationsverarbeitung: Hilfsmittel zur Studientechnik
/ Formale Gestaltung von schriftlichen Arbeiten / Gliede-
rung und Inhaltsverzeichnis / Abkürzungen / Zitate / Die
Form der Literaturangaben / Selbständige Literatur /
Unselbständig erschienene Literatur / Nicht-gedrucktes
Material / Literaturverzeichnis und Register (S. 283-
310).
Lediglich die Übersicht über die Sammelgebiete der ver-
schiedenen Bibliotheken (S. 30-39) vermittelt fachspezi-
fische Kenntnisse, wobei allerdings angemerkt werden
muß, daß die Charakterisierung der Instituts- und Semi-
narbibliotheken nicht immer geglückt erscheint; die Lite-
raturbestände der Völkerkundemuseen wurden (mit
Ausnahme von Hamburg) nicht einmal einer Erwähnung
würdig befunden. Eine gründlichere Recherche und aus-
führlichere Darstellung wäre bei einer geplanten Neuauf-
lage (S. 17) unbedingt anzuraten. Dafür könnte man
dann gerne auch noch auf Kap. 5 (Bibliothekarisch-
bibliographisches Fach- und Fremdwörterlexikon.
S. 311-319) verzichten.
Eine Bibliographie, die es sich zum Ziel gesetzt hat, fast
die gesamte bewohnte Erde zu umspannen, sollte man
nicht unbedingt nach ihrer Vollständigkeit beurteilen.
Daß freilich nicht einmal alle deutschsprachigen Einfüh-
rungswerke aufgeführt sind, verwundert denn doch. Nun
wird vermutlich jeder Ethnologe, der sich - zumeist über
viele Jahre hinweg - in eine bestimmte Region oder
Materie eingearbeitet hat, Ergänzungen benennen kön-
nen und damit einen kleinen Beitrag zu größerer Infor-
mationsdichte leisten. In einigen Bereichen ist indes eine
grundlegende Revision nötig. Dies zeigt unter Umstän-
den schon die unterschiedliche Behandlung der einzelnen
Erdteile bei Auflistung der »Literaturauskunftsmittel«:
Afrika: 43 S. (132-175)
Amerika: 52 8.(175-227)
Asien; 32 8.(228-260)
Südsee: 218.(261-282)
Diese Diskrepanz verwundert allerdings dann nicht
mehr, wenn man bedenkt, daß beispielsweise China le-
diglich mit zwei (!) Bibliographien vertreten ist; in ande-
ren Teilen Asiens - und dies gilt auch für die entspre-
chenden »Sachauskunftsmittel« - sieht es nicht viel bes-
ser aus. Dies liegt zum einen natürlich an den Vorlieben
und Kenntnissen der Kompilatoren. Es liegt zum ande-
ren aber auch daran, daß (auch nur halbwegs) klar um-
rissene Aufnahmekriterien fehlen; oder gibt es einen
triftigen Grund, warum etwa archäologische, linguisti-
sche oder soziologische Nachschlagewerke für eine Re-
gion berücksichtigt werden und für eine andere nicht?
Noch eine Frage zum Schluß: Warum ist auf dem Um-
schlag lediglich Peter Junge als Autor genannt, ansonsten
zumeist (aber nicht immer) auch Frank Heidtmann; woll-
te man etwa den Kollegen vom Institut für Bibliotheks-
wissenschaft und Bibliothekarausbildung, in dessen Rei-
he das Werk erschienen ist, sowie ganzen Generationen
von Studierenden die im Buchtitel enthaltene Frage nicht
allzu simpel erscheinen lassen?
Thomas O. Höllmann
Rouse, Irving:
Migrations in Prehistory.
Inferring Population Movement from Cul-
tural Remains. New Haven, London: Yale
University Press, 1986. xiv + 202 Seiten, 30
Illustrationen.
Das Ziel der Arbeit von Rouse ist es, die Methodik der
Analyse von größeren prähistorischen Bevölkerungsbe-
wegungen mittels archäologischen Fundmaterials und
Hypothesentests zu erläutern. Der Rezensent hat das
Buch vor allem aus methodologischer, ethnologischer
und evolutionistischer Warte bearbeitet.
Der Aufbau ist folgendermaßen. Den Inhalt des ersten
und des letzten Kapitels bilden grundsätzliche und allge-
meine Ausführungen. Die vier mittleren Kapitel behan-
deln die prähistorische Methodik und ihre Resultate an
vier Beispielen der Wanderungen nach Polynesien, in die
Arktis, nach Japan und schließlich in die Spezialregion
des Autors, die Westindische Karibik (Taino — Arawak).
Ein ursprünglich geplantes Kapitel über die Wanderun-
gen der Bantu ließ der Autor wegen der schlechten
Datenlage weg. Die archäologischen, linguistischen und
physisch anthropologischen Hypothesentests bilden das
Gliederungsprinzip innerhalb der vier Beispielkapitel.
Den Auslöser für das Buch geben einerseits Autoren ab,
die nur von einer Hypothese ausgehen, wie Thor Heyer-
dahl und Barry Fell. Ein zweiter Anlaß war ein maßgebli-
cher Aufsatz über »The Retreat of Migrationism« von
Adams, van Gerven und Levy (Annual Reviews of An-
thropology, 7, 1978: 483-532), der aufzeigte, daß von
den in der Erforschung des Themas hauptsächlich betei-
ligten Disziplinen Prähistorie, Physische Anthropologie
und Linguistik die erste am meisten und die letzte am
wenigsten Handfestes beigetragen haben.
161
TRIBUS 38, 1989
Die zentrale Fragestellung lautet vereinfacht: Wer sind
die Erzeuger prähistorischer Fundzusammenhänge in
den genannten vier Regionen? Lag (a) Migration, (a 1)
Immigration einzelner Personen bzw. sozialer Gruppen
vor, die meist zur Assimilation führt, oder (a 2) Wande-
rung großer Populationen, die oft die Ansässigen ver-
drängt bzw. absorbiert, oder (b) Lokalentwicklung bzw.
(c) kulturelle Übernahme?
Methodisch plädiert Rouse für das Verfahren mehrerer
(und expliziter) Arbeitshypothesen (nach dem Geologen
Chamberlain) und dessen Weiterentwicklung als »strong
inference« (nach dem Biophysiker Platt). Folgende
Schritte sind einzuhalten: 1. Aufstellung und Test alter-
nativer Hypothesen, 2. Entwicklung weiterer Alternati-
ven zu den bestätigten Hypothesen von 1, 3. Wiederho-
lung dieser Prozedur. Dieses Vorgehen steht in deutli-
chem Gegensatz zu oben genannten - und von Rouse
kritisierten (S. 13) - Ansätzen, die mit einer »Ruling
Theory« arbeiten, sei es Migration vs. Lokalentwicklung
oder am Beispiel Polynesiens der Einwanderung von
Osten vs. Westen. Es wird von einer Leithypothese aus-
gegangen, diese mit Ähnlichkeiten im Fundgut verschie-
dener Regionen bestätigt und schließlich wird die Hypo-
these durch Aufweisen weiterer Ähnlichkeiten »gete-
stet«.
Der methodische Clou von Rouse ist, zur Hypothesenge-
winnung die Befunde verschiedener Disziplinen, unter
anderem der Ethnologie heranzuziehen, zu deren Test
aber zunächst die archäologischen, linguistischen und
physisch anthropologischen Daten separat auszuwerten
und die Befunde erst dann zu vergleichen. Die Begrün-
dung ist zum einen wissenschaftsmethodisch (Kontrolle),
zum anderen in der gut fundierten, aber oft vernachläs-
sigten Gegenstandsannahme begründet, daß Sachkultur,
Sprache und Physis unabhängig variieren können. Man
kann tendenziell davon ausgehen, daß ethnische Grup-
pen und Sachkultur sich schneller verändern als Sprachen
mit ihrem strukturellen Kern. Rouse trifft dabei Unter-
scheidungen (S. 3 f., 110 L, 173 ff.), die m.E. nicht nur
bei der Wanderungsanalyse wichtig sind, sondern allge-
meiner für den Kulturrevolutionismus und die Kultur-
wandelforschung. Wenn sie nicht gesehen werden, führt
das zu den bekannten verqueren Debatten und behindert
die Zusammenarbeit der Disziplinen sehr: (a) (Bio-)po-
pulationen, (b) Aktivitäts- bzw. Residenzgruppen, (c)
Sachkulturgruppen (»people«), (d) Sprachgruppen und
(e) Gruppen gemeinsamer Identität (»ethnische
Gruppen«).
Eben hier liegt eine m.E. für die Ethnologie wichtige
Botschaft, wenn sie sich wieder stärker in der Untersu-
chung langzeitigen Kulturwandels engagieren will. Es ist
erforderlich, daß sich Ethnologen - neben der wichtigen
Untersuchung von durch Selbstkonzept (»Ethnizität«)
abgegrenzter Gruppen - wieder mit der Untersuchung
der Dynamik von Menschengruppen beschäftigen, die
nach den anderen oben genannten Kriterien abgegrenzt
sind und die für langfristigen Wandel kausal bedeutsam
sind. Außerdem hinterläßt Ethnizität selbst kaum mate-
rielle Spuren. Hierin sieht Rouse den Grund, warum die
Ethnologie bei vorliegendem Thema nur bei der Gewin-
nung, nicht aber beim Test der Hypothesen an den Daten
einer maßgebliche Rolle spielt.
Auch ist Rouse, was den Zusammenhang von Fundgut
und dessen Erzeugern betrifft, sehr präzise. Er unter-
scheidet (3 ff.) in begründeter und aufbauender Weise
Sachverhalte, die hier nur aufgezählt werden können:
assemblage, people, culture, culture complex, society,
social norms, social structure, chronology, local area,
local period, time marker, general period, age, horizon,
local tradition, diffusion, series of norms, style und pha-
se. So kann er bei der Analyse des Fundmateriales der
Einzelfälle genau sagen, worauf sich ein Befund bezieht
und vermeidet Kurzschlüsse von Einzelfunden auf sozia-
le Sachverhalte (vgl. Kritiken an einigen »New Archaeo-
logists«).
Hinsichtlich der spezielleren archäologischen Methodik
der Migrationserforschung besteht Rouse darauf, Bevöl-
kerungsbewegungen nicht aus dem Zustandsbefund ein-
zelner Fundtraditionen (im archäol. Sinn) herauszuho-
len, sondern aus der Veränderung ganzer Fundkomplexe
(»series of traditions«, S. 10). Da Rouse sich für groß-
maßstäbliche Wanderungen interessiert, trägt er lokale
Kulturen (im archäolog. Sinn) nur als Referenzrahmen in
seine chronologischen Tabellen ein, statt mit lokalen
Perioden zu beginnen, wie es bei kleineren Dimensionen
angebracht wäre (Fig. 2 a vs 2 b, 5, 11, 15, 17, 23).
Was sind die allgemeinen methodischen Resultate und
Schlußfolgerungen aus den vier Fällen? Methodisch wa-
ren diejenigen der von Rouse herangezogenen prähisto-
rischen Untersuchungen stichhaltig, die ähnlich den Lin-
guisten in der oben kurz beschriebenen Weise verglei-
chend-klassifizierend analysierten (S. 159). Der Unter-
schied ist, daß Linguisten mit Phylogenien ausgehend
von heutigen Sprachen starten, während Prähistoriker
eher mit chronologischen Tabellen beginnen, wobei das
Endresultat das gleiche ist. Rouse selbst ist dabei konse-
quenter als die meisten Kollegen, indem er (a) Phyloge-
nien aufstellt und dann zeiträumliche Einheiten hinzu-
fügt, indem er (b) Chronologien aufstellt und dann Ent-
wicklungslinien mittels Serien und Subserien einfügt
(S. 160). Die ontische Begründung dafür besteht im oben
angesprochenen Unterschied zwischen Sprachen einer-
seits, die langwährende Strukturen haben, und Gesell-
schaften andererseits, die loser strukturiert und eher
umweltadaptiert sind. (Dies gilt - das muß ergänzt wer-
den - nur in der Langzeitperspektive und nur für einige
Dimensionen von Sprache resp. Kultur!). Physisch-an-
thropologische rezente Daten spielten besonders bei der
Klärung der Polynesienfrage (Leukozytenantigene) und
den Eskimos (Skelettmerkmale) eine wichtige Rolle. Die
Ursache für den geringen Beitrag der Ethnologie zum
Hypothesentest (im Gegensatz zu ihrer Gewinnung) wur-
de oben schon behandelt, sei aber hier nochmals betont.
Was sind die allgemeinen Resultate über die Migrationen?
Die Fälle zeigen die Bedeutung des Unterschiedes von
Immigrationen weniger Personen einerseits und Bewe-
gungen ganzer Bevölkerungen andererseits, wobei erste-
re eher zu konvergenter, letztere eher zu divergenter
Kulturrevolution führen. In Polynesien ist die Einwande-
rung von Westen über Melanesien in bis dahin unbesie-
dclte Gebiete stark bestätigt, die Ursachen liegen wahr-
scheinlich im Bevölkerungsdruck. Eine über zwei Jahr-
tausende (!) währende »Pause« am Westrand Polynesiens
hat wahrscheinlich darin ihre Ursache, daß erst eine
Schiffahrtstechnologie für die ab dann notwendigen
Buchbesprechungen Allgemein
Fernfahrten entwickelt werden mußte. Die Einwanderer
an der arktischen Küste Amerikas, in Ost- und Nordja-
pan und in Westindien mußten sich mit dort vorhandenen
Bevölkerungen auseinandersetzen. Bei den Eskimos
spielten wahrscheinlich vor allem Klimaänderungen und
evtl. »Überweidung« der Seesäuger eine Rolle. In Japan
und in Westindien zogen wahrscheinlich Möglichkeiten
der Landwirtschaft die Wanderer an. Der Vergleich ein-
zelner Fälle ergibt auch interessante Aufschlüsse über
Spezialfragen: welche Rolle spielten Inseln und deren
Größe bei Wanderungen in Zusammenhang mit der Ent-
wicklung komplexer Sozialstrukturen in Polynesien resp.
den Antillen?
Der Rezensent kommt zu abschließender Wertung, daß
das Buch von Rouse vorbildlich argumentiert, in den
Daten dicht und außerdem faszinierend in den Resulta-
ten ist. Rouse postuliert eine strenge Methode bis hin zu
einer genauen Anleitung mit Schrittfolge (Fig. 30,
S. 163-175) ... und führt sein Programm auch tatsächlich
am Material der vier Fälle durch. Er rekonstruiert den
aktuellen Forschungsstand zu Wanderungen der Polyne-
sier, Eskimos, Japaner undTaino (Arawak) kritisch. Die
vielfältigen regionalen Einzelbefunde können in der Kür-
ze hier leider überhaupt nicht gewürdigt werden (zusam-
mengefaßt auf S. 37-42: Polynesier, 63-66; Eskimo,
101-105: Japaner und 151-156: Taino/Arawak).
Christoph Antweiler
Sterly, Joachim:
Das Ende des Kulturbegriffs. Drei Vorlesun-
gen. (Mitteilungen des Arbeitskreises Eth-
nomedizin. No. 19 für 1987/1988). Hamburg:
Arbeitskreis Ethnomedizin, 1988. vi + 60
Seiten.
Die Arbeiten Joachim Sterlys waren bislang von bemer-
kenswerter thematischer und regionaler Geschlossen-
heit: seit seiner Promotion 1963 beschäftigten ihn die
Krankenheiler der Chimbu im Zentralen Hochland von
Neuguinea und ihre einschlägigen Behandlungsmetho-
den. Aber nicht nur gründliche Feldforschung stand sei-
nen wissenschaftlichen Interessen zu Gebote, sondern
gleichermaßen Erörterungen zu methodologischen Fra-
gen der allgemeinen Ethnologie wie der Medizinanthro-
pologie, um welch letztere er sich besonders zwischen
1971 und 1982 verdient gemacht hat durch seine Heraus-
geberschaft der Zeitschrift Ethnomedizin (im Anhang
findet sich zur besseren Orientierung eine Auswahl sei-
ner Schriften). Es mag diese alte Affinität zum gemeinsa-
men Fachgebiet sein, die Franz Karl Ehrhard, Reinhard
Greve und Thomas Klockmann als Herausgeber dazu
bewogen hat, jene drei »Vorlesungen« in einer medizin-
anthropologischen Zeitschrift zu publizieren, auch wenn
diese offenbar nicht von Gebrechen körperlicher Art
handeln, sondern sich wohl eher als Beipackzettel für ein
Medikament verstehen, das der Heilung unseres Zeital-
ters dienen soll.
Aus dem Vorwort erfahren wir, daß die sog. »Vorlesun-
gen« im Sommer 1986 und im Frühjahr 1987 verfertigt
worden sind und Teilnehmern des »Arbeitskreises Eth-
nomedizin« in Hamburg zu Gehör gebracht wurden. Die
erste - »Zum Begriff der Kultur in der Antike, in Japan
und China« (S. 1-20) - sei ursprünglich als Besprechung
des 3. Bandes der Schriften zur Kultursoziologie: »Kultur
- Begriff und Wort in China und Japan. Symposion des
Forschungskreises für Symbolik, Salzburg, vom 25. - 27.
6. 1982«, herausgegeben von Sigrid Paul (Berlin 1984)
gedacht gewesen, aber zu umfangreich geraten. Die bei-
den anderen »bildeten Entwürfe größerer Arbeiten über
den Kulturbegriff und die Lehre von der Wiederkunft
des Gleichen« (v). Ihre Titel sind demgemäß »Zur Ge-
schichte des Wortes Kultur« (S. 21-48) und »Die Lehre
von der Wiederkunft des Gleichen« (S. 49-60). Auf den
»ausdrücklichen Wunsch« der Herausgeber erfolgte die
Veröffentlichung in der Fassung der Vorträge, da »Eth-
nologen und anderen Kulturwissenschaftlern diese Vorle-
sungen zur Kenntnis gebracht werden sollten« (v).
Diese Ankündigung läßt natürlich Bedeutendes erwarten
und Sterly selbst versteht es, die Spannung zu Beginn der
ersten »Vorlesung« noch zu steigern, wenn er über seine
Kritik am Symposion schreibt: ».. .die Einwände richten
sich gegen die unwissentliche Voreingenommenheit, mit
der in den Kulturwissenschaften über Kultur gehandelt
wird. Diese Einwände sind unzeitgemäß und unfachge-
mäß und kommen von außerhalb dieser Wissenschaften,
aus dem Nachdenken über sie: in dem Tagungsband
werden Fragen aufgeworfen, über die wir gemeinhin
nicht nachdenken, doch werden sie auf eine Weise ange-
sprochen und besprochen, die uns die in den Kulturwis-
senschaften herrschende Gedankenlosigkeit enthüllt.
Dies gezeigt zu haben, ist ein weiterer Vorzug des Bu-
ches.« (S. 2 L).
Diese Vorstellung einer gedankenlosen Kulturwissen-
schaft ist das Band das die drei »Vorlesungen« miteinan-
der verknüpft. Nach Sterly nehmen die Kulturwissen-
schaften an einem Prozeß teil, der eine Nivellierung der
Kulturen zu einer einzigen »Weltzivilisation« dient, ohne
sich über diese ihre Teilhabe am Prozeß Rechenschaft
abzulegen. Da der Kulturbegriff seine Entstehung der
Idee einer »barbarischen« Lebensart verdankt, die sich
von derjenigen des Beurteilenden unvorteilhaft unter-
scheidet, verliert der Kulturbegriff seinen Sinn, sobald
kein Unterschied mehr zwischen eigener und fremder
Lebensweise feststellbar ist. Recht unkonkret beschreibt
Sterly die Funktion der Kulturwissenschaften im »Ge-
samtprozeß« der Kulturangleichung: sie hätten »an der
Einebnung der Gefälle mitzuarbeiten« (S. 46). Zugleich
aber betreiben diese Wissenschaften damit ihre »Selbst-
aufhebung«, denn mit dem Verlöschen kultureller Diffe-
renzierung entfiele ihnen ihr Forschungsgegenstand. Sie
müssen »um dem entgegenzuwirken, an der Gegenständ-
lichkeit des Kulturbegriffs festhalten, der immer weitge-
hender funktionalisiert und relativiert wird. Dem ent-
spricht die Aufgliederung in selbständige Fachgebiete,
die sich als neue Disziplinen verstehen. Dieser in sich
widersprüchliche Vorgang erscheint innerhalb der Fächer
als Fortschritt der Forschung« (S. 46 f.) Diese Entwick-
lung hält Sterly offenbar für unausweichlich. Das Mittel,
um sie zu meistern, sieht er vorbereitet in den Schriften
von F. G. Jünger, Heidegger und Nietzsche. Vor allem
letzterer biete mit seiner »Lehre von der Wiederkunft
des Gleichen« ein bedenkenswertes und ausbaubares
163
TRIBUS 38, 1989
Modell. Daß sich Sterly trotz dieses Rückgriffs auf alt-
vorderes Gedankengut nicht der Unpopularität eines
bloßen Konservatismus aussetzen muß, verdankt er der
»Lehre von der Wiederkunft des Gleichen«, die das
Zukünftige als das schon längst einmal Gewesene aus-
gibt. Man kann also zukunftsorientiert sein, indem man
dem Vergangenen huldigt. Dies mag die Quintessenz der
Mühen Sterlys sein; allein den Weg zu beschreiben, der
zu ihr führt und eine Diskussion der Ursprünge und
Folgen derartigen Denkens kann uns noch interessieren.
Ihren Ausgang nehmen die Überlegungen des Autors
vom Begriff »Kultur«, den Anlaß bietet das erwähnte
Symposion, auf dem sich Sinologen und Philologen, For-
scher aus Europa, Amerika und Asien trafen, um zu
erörtern, was es mit dem Worte Kultur auf sich habe. Die
Kritik Sterlys zielt auf ein methodologisches und auf ein
inhaltliches Problem; es ginge nicht an, einfach eine
Entsprechung unseres heutigen Kulturbegriffs in der An-
tike und im chinesischen Altertum zu suchen. Inhaltlich
müsse er der auf dem Symposion abermals aufgestellten
Behauptung entgegentreten, daß der westliche Kulturbe-
griff sein Entstehen einem antiken Konzept verdanke,
das den Gegensatz »Natur - Kultur« konstruiert hätte.
Ein Vorläufer unseres Kulturbegriffs, lasse sich allenfalls
im griechischen »barbarismos« und im mittelhochdeut-
schen »heidentuom« nachweisen, jedoch eben nur als
Negativ in der Bezeichnung des Nichtvorhandenseins
einer Lebensart, die ihren Subjekten als so natürlich
vorkam, daß sie der Notwendigkeit enthoben waren, sie
begrifflich zu fassen. Ähnlich verhalte es sich mit der
Kulturvorstellung in Ostasien, ein Gegensatz »Natur -
Kultur« sei schlichtweg nicht denkbar. Der europäische
Kulturbegriff sei eine Schöpfung der Moderne und habe
als solche den Gebrauch des Wortes »Kultur« in den
ostasiatischen Gegenwartssprachen geprägt. Mit der Ent-
wicklung dieses europäischen Kulturbegriffs seit seinem
Aufkommen um die Mitte des 17. Jahrhunderts beschäf-
tigt sich die zweite »Vorlesung«.
Die von Sterly vorgetragene Kritik ist nur zu berechtigt
und im methodologischen wie im inhaltlichen Falle wohl
zu bedenken. Zu recht hält er es für fragwürdig, wenn
Wolfgang Bauer das Wort »wen« im 19. Kapitel des Tao-
te ching mit »Kultur« übersetzt, obwohl es zur Entste-
hungszeit für »Zeichnung«, »Muster«, »Ornament« so-
wie »Schrift«, »Zeichen« und »Literatur« gebraucht wur-
de. Heißt es bei Bauer dann etwa »daß die Kultur nichts
taugt«, so übersetzt beispielsweise Ernst Schwarz diese
Stelle so: »denn all das ist ein Schmuck und taugt doch
nichts.«
Angesichts seines feinen Gespürs für konzeptionelle Un-
terschiede im Denken verschiedener Zeiten und Weltge-
genden muß es verwundern, daß Sterly die gebotenen
kritischen Maßstäbe aus der Fland legt, wenn es sich um
das eigene Vorgehen handelt und um die Übersetzungs-
künste von Lin Yutang, der uns als Schwurzeuge unver-
stellten Chinesentums auch noch durch die dritte »Vorle-
sung« begleitet. In dessen Übersetzung gibt uns Sterly
das 29. Kapitel des Tao-te ching zur Mahnung auf: »Es
gibt solche, die wollen die Welt erobern, / Und aus ihr
machen, (was sie sich vorstellen). / Ich sehe, daß es ihnen
nicht gelingen wird. / Die Welt ist Gottes eigenes Gefäß; /
Es kann nicht gemacht werden. / Wer es macht, verdirbt
es. / Wer es festhält, verliert es« (S. 17).
Kein Einwand, keine Anmerkung begleitet das unerwar-
tete Auftauchen des Begriffs Gott in einem chinesischen
Text des 6. Jhs. v. Chr.! Daß Sterly ihn für akzeptabel zu
halten scheint, offenbart seine umfassende Unkenntnis
der chinesischen Religionen. Dem Übersetzer des Tao-te
ching, Lin Yutang ist hingegen kaum ein Vorwurf zu
machen, war er doch der Sohn eines chinesischen Geistli-
chen der presbyterianischen Missionskirche. Seine Gei-
steshaltung, die von westlicher Erziehung und der Kennt-
nis der chinesischen Klassiker geprägt war, findet ihren
bezeichnendsten Niederschlag im Titel eines seiner popu-
lären Bücher »From Pagan to Christian«, signifikanter
noch in der deutschen Übersetzung als »Kontinente des
Glaubens. Mein Weg zurück zum Christentum.« Für ihn
mag Konzept und daher Vokabel eines »Gottes« nahelie-
gen, dieses Wort an zitierter Stelle zu verwenden »ist
jedoch«, um mit Sterly zu reden, der dies freilich auf
Bauer münzte, »etwas anderes als die reglich bemühte
Auslegung eines alten Textes« (S. 16).
An anderer Stelle ist die Kritik an Bauer vollkommen
unbegründet; »gedankenlos« wende er »unseren Begriff
der ’Geschichte’, der dem zeitlichen Diskurs und der
Idee der Entwicklung verpflichtet ist«, auf die Schilde-
rung mystischer Ereignisse an. Es rächt sich hier, daß
Sterly offenbar nur den Beitrag Bauers zum Symposium
kennt. Der von ihm der Gedankenlosigkeit verdächtigte
Sinologe schrieb bereits 1968: »Wesentlich jedoch ist,
daß spätestens seit Beginn dieser Spekulationen über das
Alter der Welt auch die Idee einer zyklischen Zeit in
China eine Rolle zu spielen begann, die natürlich etwas
ganz anderes ist als die anfangs geschilderte Vorstellung
einer Zeitfläche (so wie eine zweidimensionale Kreisflä-
che ja auch etwas völlig anderes ist als ein eindimensiona-
ler Kreis)« (Bauer, S. 65). Bauer ist sich also sehr wohl
der Vielfalt chinesischer Vorstellungen über die Beschaf-
fenheit der Zeit bewußt. Die für Sterly möglicherweise
irritierende Verschiedenartigkeit dieser Konzepte um-
reißt Joseph Needham sehr knapp: »Alles in allem gab es
im chinesischen Denken sowohl geschachtelte wie konti-
nuierliche Zeit... Wie wir noch sehen werden, hatten im
späteren Verlauf der chinesischen Geschichte indische
Vorstellungen von einer langfristigen Wiederkehr einen
nicht unerheblichen Erfolg in China, somit gab es auch
zyklische Zeit« (Needham, S. 191 f.).
Schwerwiegender noch als jede Pauschalierung aber ist
die Folgenlosigkeit, die Sterlys Einsichten für seine eige-
nen Arbeiten haben. Er kritisiert Bauer, was dieser »hier
vorfindet, sind seine eigenen Vorstellungen« (S. 16), und
verurteilt die Teilnehmer des Symposions in toto: ».. .sie
übertrugen unbedenklich die Bedeutung unserer Begriffe
auf Wörter aus der Antike oder aus dem chinesischen
Altertum« (S. 3). Im Verfolg eigener Arbeiten hält er
diese Methode offensichtlich für durchaus legitim, wie
Patrick F. Gesch kürzlich entdeckte: »Despite his fre-
quent arguing that the missionaries and ethnologists are
only capable of imposing their own ideas on kumo, he
expresses exasperation that these other Europeans do
not come out and simply, like himself, speak of the
presence of ’Hexer und Hexen’ (294), since witchcraft all
over the world is similar (352)« (Gesch, S. 317).
Wir mögen daraus ersehen, daß die Übersetzung fremder
Konzepte in eine Nomenklatur, die demjenigen ver- ,
164
Buchbesprechungen Allgemein
ständlich ist, der sich um ein Verstehen des Fremden
aufrichtig bemühen will, stets ein äußerst schwieriges
Unterfangen bleiben wird. Man wird sich dabei von der
leichtfüßigen Vereinnahmung fremder Philosophien
durch »I-ching«-schmökernde, schafgarbenstengelwer-
fende Astrologen ebenso hüten müssen, wie vor den
Bankrotteuren menschlicher Erkenntnis, die wie Sterly
angesichts ungewohnter Phänomene nur allzu bereitwil-
lig ein »Diese Geschehen entzieht sich unserer Vorstel-
lung« murmeln (Sterly 1987, S. 141). Seltsam nur, daß
gerade diese Vorstellungshürde für Metaphysisches nicht
zu gelten scheint, denn gemeinsam mit dem Dreigestirn
F. G. Jünger, Heidegger und Nietzsche wird darüber von
Sterly in den beiden anderen »Vorlesungen« eifrig speku-
liert.
Gestatten wir uns einen Augenblick darüber zu spekulie-
ren, was Sterly denn eigentlich so sehr an der Philosophie
anzieht, daß er ihre Fragen in die schlichte Faktenhube-
rei der Kulturwissenschaften übersetzt sehen will? Kann
es sein, daß er vor den jahrelang ertragenen Unbequem-
lichkeiten des Buschlebens in jenes Hochgebirge floh, in
dem einst Zarathustra hauste? Allerdings wird die Atem-
luft dort sehr dünn, und unser Wohlbefinden in größter
Abhängigkeit von unserer Kondition gehalten. Fragt sich
nur, ob der Kulturwissenschaftler diese Luft denn über-
haupt atmen mögen muß?
Sterly hat zur Hälfte recht, wenn er schreibt, »nicht nur
Naturwissenschaftler und Anthropologen, auch Philolo-
gen und Historiker würden Nietzsches Spott über die von
der Philosophie emanzipierte Gelehrsamkeit nicht ver-
stehen und erklären, Philosophie sei ein anderes Fach als
das ihre« (S. 37). Daß ihr jeweiliges Fach ein anderes sei
als die Philosophie, würden die von Sterly in gewohnt
summarischer Weise zusammengefaßten Fachwissen-
schaftler mit Fug und Recht behaupten. Daß es aber
emanzipiert sei von der Philosophie, könnten sie nur
dann meinen wollen, wenn sie sowenig den »Wertbegriff«
Webers verstanden hätten, wie Sterly dies getan hat.
Was Max Weber über die historische Wirklichkeit
schreibt, scheint mir gleichermaßen für die kulturwissen-
schaftliche, sprich »ethnologische« zu gelten, die für den
Feldforscher eine gegenwärtige ist: »Wem die schlichte
Arbeit kausalen Verständnisses der historischen Wirk-
lichkeit subaltern erscheint, der mag sie meiden, - sie
durch irgend eine Teleologie’ zu ersetzen, ist unmöglich«
(Max Weber, S. 183). Hier wird der Irrtum angespro-
chen, durch den sich Sterly sein Verhältnis zu den Kultur-
wissenschaften vergiftet: er fordert von ihnen, was sie
qua definitionem nicht zu leisten vermögen, nämlich
über philosophische Substanz zu verfügen. Unabhängig
von der Philosophie kann sie indes nicht sein. Nach
Weber steht eine philosophische Entscheidung am Be-
ginn jedes kulturwissenschaftlichen Fragens. Um uns
überhaupt für einen Ausschnitt aus der Vielzahl erforsch-
barer Phänomene interessieren und also entscheiden zu
können, müssen wir diesen für bedeutsam halten. Weber
spricht in diesem Zusammenhang von der »Kulturbedeu-
tung« einer Erscheinung. Diese »Kulturbedeutung« aber
läßt sich nur auf der Grundlage subjektiver »Wertideen«
ermittlen. Der Forscher oder die ihn beauftragende, ihn
prägende Umgebung hält ein Thema für würdig, er-
forscht zu werden, oder stößt den Forscher eben vermit-
tels seiner Prädisposition für bestimmte Fragen auf die
Bearbeitung gerade dieses Themas. Nun darf aber der
Terminus »Wertidee« keinesfalls mit der positiven oder
negativen Bewertung eines Phänomens verwechselt wer-
den, mit seiner Verurteilung oder seiner Auszeichnung.
Zudem verhält es sich keineswegs so, daß etwa über die
der Auswahl einer Frage als kulturbedeutsam zugrunde-
liegenden »Wertideen« nicht mehr zu diskutieren sei, im
Gegenteil dient eine derartige Erörterung der Klärung
des Standpunktes des jeweiligen Forschers, der Methode
und des Ziels der Forschung. Wenn Sterly aus Anlaß des
Heidegger-Zitats »Man hält die Wissenschaft für wertfrei
und wirft die Wertungen auf die Seite der Weltanschau-
ungen. Der Wert und das Werthafte wird zum positivisti-
schen Ersatz für das Metaphysische.« (M. Heidegger,
»Nietzsches Wort 'Gott ist tot’«, in: Holzwege, Frankfurt
a.M., 1950, 4. Aufl. 1963, S. 210, zitiert nach Sterly
S. 39) recht lapidar auf Weber zu sprechen kommt (»Max
Webers Forderung nach ‘Wertfreiheit’ der Wissenschaf-
ten hat hier ebenso ihre Herkunft wie...«) und so eine
Vorstellung Webers suggeriert, die eine emotionslose,
objektive, nicht auf Wertideen beruhende Wissenschaft
annehmen würde, so übersieht er, worauf die Forderung
nach »Wertfreiheit« in Wahrheit zielt: »daß der Forscher
und Darsteller die Feststellung empirischer Tatsachen
(einschließlich des von ihm festgestellten ’wertenden’
Verhaltens der von ihm untersuchten empirischen Men-
schen) und seine praktisch wertende, d.h. diese Tatsa-
chen (einschließlich etwaiger, zum Objekt einer Untersu-
chung gemachter ’Wertungen’ von empirischen Men-
schen) als erfreulich oder unerfreulich beurteilende, in
diesem Sinn: ’bewertende’ Stellungnahme unbedingt aus-
einanderhallen solle, weil es sich da nun einmal um
heterogene Probleme handelt« (Max Weber, S. 500).
Welche Themen aber befindet nun Sterly der kulturwis-
senschaftlichen Erörterung wert?
In seinem Beitrag zur Festschrift von H. Petri hatte es
1973 noch sehr, mitunter zu optimistisch geheißen:
»Wichtigste Aufgabe des Völkerkundlers ist die Vermitt-
lung zwischen der undatierten und der datierbaren Ge-
schichte. .. Der Völkerkundler hat dafür zu sorgen, daß
eine gewisse Kontinuität der Überlieferung und damit
die Freiheit der Entscheidung für oder wider die Vergan-
genheit gewahrt bleibt. Wo die Überlieferung unterbro-
chen wurde, hat er den aus ihrer geschichtlichen Überlie-
ferung geworfenen Nachkommen den Schatz der Mythen
und der oralen Tradition, soweit die Quellenlage es zu-
läßt, wieder zugängig zu machen... Ein eigentliches
Anliegen des Ethnologen dagegen ist es, die undatierte
Geschichte transparent zu machen und so der Zueignung
offen zu halten« (Sterly 1973 (b), S. 507). »Auch die
datierbare Geschichte schriftloser Völker, die vielfach
noch ungeschrieben ist, gehört in den Aufgabenbereich
des Ethnologen, der aufgrund seiner Quellenkenntnis,
seiner Sprachkenntnisse, seiner Felderfahrungen dem
Fachhistoriker behilflich sein oder selbst als Regionalhi-
storiker auftreten kann« (Sterly 1973 (b), S. 507 f.).
Natürlich kann man über die Gültigkeit eines solchen
Ethnologen-Bildes streiten, ein bedenkenswerter Beitrag
zur ethnologischen Methodendiskussion ist in den dama-
ligen Äußerungen Sterlys aber allemal enthalten. Seine
Meinung hat sich grundlegend geändert: was damals
erwünschte Spezialkenntnis des Ethnologen war, ist heu-
te ein Zeichen tiefsten »Fach-Provinzialismus«; »Die
TRIBUS 38, 1989
Kulturwissenschaftler aber haben sich derart tief in ihre
Fach-Provinzen zurückgezogen, daß sie nicht wahrneh-
men, was außerhalb ihrer Fächer geschieht« (S. 37).
Dieses Außerhalb aber bildet den neuen Fokus des Ster-
lyanischen Interesses, das er allen restlichen Kulturwis-
senschaftlern ins Stammbuch schreibt: »Stehen die wie-
derkehrenden Ereignisse der Erd- und Menschheitsge-
schichte zum Kreislauf der Erde um die Sonne und zu
allen anderen Bewegungen im Weltall in Entsprechung?«
(S. 57). »Wer vermöchte zu sagen, weshalb Lao-tse und
Konfuzius, Buddha und Hesekiel, Heraklit und Parmeni-
des Zeitgenossen waren?« (S. 58). Hier gibt uns Sterly
zwei Kostproben der neuen, offenbar »kulturbedeutsa-
men« Fragen und begeht sogleich eine unverständliche,
auf Fach-Provinzlertum hindeutende Engführung: war-
um diese Beschränkung auf Gestalten der von Karl Jas-
pers so schön als »Achsenzeit« apostrophierten Epoche?
Vermöchte denn jemand zu sagen, warum Churchill und
Hitler, Stalin und Gorbatschow, Kohl und Kaiser Hirohi-
to allesamt Zeitgenossen von Joachim Sterly gewesen
sind? Diese Frage könnte man doch aus der Fülle des
verfügbaren Materials heraus zu klären versuchen, wobei
man die schöne Gewißheit haben würde, daß anders als
im Falle des Lao-tzü die Historizität selbst der verstorbe-
nen Teilnehmer an diesem weltzeitlichen Reigen hinrei-
chend verbürgt wäre.
Sterly kann uns die von ihm gestellten Fragen nicht
beantworten. Geht er aber in der Manier der von ihm so
wenig geschätzten Fachwissenschaftler vor, wie dies im
zweiten Vortrag geschieht, wo er die Entwicklung des
europäischen Kulturbegriffs nachzeichnet, so kann er
überzeugen: die These der späten Geburt des Kulturbe-
griffs ist glaubhaft, die Darstellung im großen Ganzen
schlüssig. Wahrscheinlich weil er hier nicht über die uns
erschließbare Historie hinauszuspekulieren versucht,
sondern auch für seine Arbeit das »logische Gesetz von
Ursache und Wirkung, welches das gegenständliche Den-
ken beherrscht« (S. 58) anerkennt. Man mag dieses Ge-
setz als wirklichkeitsfremd oder -feindlich zurückweisen,
es bleibt dennoch das Konstituens nicht nur der Kultur-
wissenschaften. Selbst wenn es keinerlei Entsprechung in
unserer Alltagserfahrung hätte, müßten wir es als Grund-
lage dieser Wissenschaften zur Kenntnis nehmen und
könnten allenfalls unser Desinteresse an ihren Methoden
und Ergebnissen zu Protokoll geben, für reformierbar
durch andere Gesetze sollten wir sie nicht halten.
Wenn Sterly die Entwicklung des europäischen Kulturbe-
griffs beschreibt, die er konsequent »Entfaltung« nennt,
um nicht in den Ruch zu geraten, er würde sich evolutio-
nistischer Modelle bedienen, kommt er auf den Kultur-
begriff Nietzsches zu sprechen, den er deutlich von den
Definitionen der Kulturhistoriker geschieden sieht:
»Zum Wesen einer Kultur, auch der unseren, gehöre ’das
Sklaventum', sagt er, ’der Herden-Mensch’ als Kontrast
zum 'höheren Menschen’« (S. 29).
Weit davon entfernt, eine Aufhebung dieser Dualität zu
konstatieren, sagt Nietzsche in »Jenseits von Gut und
Böse«: »Moral ist heute in Europa Herdentier-Mora! -
also nur, wie wir die Dinge verstehn, eine Art von
menschlicher Moral, neben der, vor der, nach der viele
andere, vor allem höhere Moralen möglich sind oder sein
sollten« (Nietzsche Werke III, S. 105 [II, 659]).
Diese alte Moral, in Schutz genommen und ausgebaut
»hinter der Formel von der demokratischen Bewegung
Europas« gelte es zu überwinden, was nur geschehen
könne durch die »Umwertung aller Werte«. Diese Um-
wertung führt nach Nietzsche zum Ersatz aller Werturtei-
le durch »das Jasagen zum Leben selbst noch in seinen
fremdesten und härtesten Problemen« (Nietzsche, III,
S. 478 [II, 1902]). Hier nun setzt die »Lehre von der
Wiederkehr des Gleichen« an, die im Grunde über wenig
Originalität verfügt, denn sie ist eine Vereinigung der
beiden vorsokratischen Lehren des Heraklit und des
Parmenides: Werden und Sein sollen nicht länger mehr
als sich gegenseitig ausschließend betrachtet werden,
sondern als vereint gelten. »Daß alles wiederkehrt, ist die
extremste Annäherung einer Welt des Werdens an die des
Seins-Gipfel der Betrachtung« (Nietzsche, Werk IV,
S. 487 [III, 895]). »Die Lehre von der ’ewigen Wieder-
kunft’, das heißt vom unbedingten und unendlich wieder-
holten Kreislauf aller Dinge - diese Lehre Zarathustras
könnte zuletzt auch schon von Heraklit gelehrt worden
sein« (Nietzsche, III, S. 557 [II, S. 1111]).
Nietzsche paraphrasierend schreibt Sterly über diese
Lehre: »Sie sei ’die größte Erhöhung des Kraft-Bewußt-
seins des Menschen als dessen, der den Übermenschen
schafft’, zugleich aber ’der schwerste Gedanke’, der nur
ertragen werden könne, wenn alle Werte umgedeutet
würden: ’Nicht mehr die Lust an der Gewißheit, sondern
an der Ungewißheit, nicht mehr Wille der Erhaltung,
sondern der Macht!’« (S. 49 f.)
Gewöhnlich versteht Sterly sich darauf, um kompromit-
tierende Begriffe der nietzscheanischen Philosophie her-
umzuzitieren. Diese Stelle aber läßt uns aufhorchen,
enthält sie doch neben der Vokabel »Übermensch« die
Widerlegung eines Satzes, der kurz darauf erscheint:
»Friedrich Georg Jünger sagt, daß die Wiederkunftslehre
Nietzsches zu bewältigen und fortzuführen, eine Aufgabe
sei, für die noch nichts getan wurde« (S. 50).
Nietzsche selbst nämlich ist der eifrigste Überwinder
dieser seiner Lehre, da er weit davon entfernt ist, die
Konsequenzen der absoluten Sinnlosigkeit des Weltge-
schehens im ewigen Kreislauf des »Stirb und Werde«
ertragen zu können. Sein Denken verlangt nach einem
Sinn, den es sich sogleich erschafft, der vor den Augen
des Lesers aber zu kläglichstem Unsinn mißrät. Darum
wohl hat uns das Feingefühl Sterlys eine Begegnung mit
der Lösung Nietzsches ersparen wollen.
Allein der Begriff des »Übermenschen« ist decouvrie-
rend genug, um Sterly eine beschwichtigende Fußnote
abzunötigen, und dies geschieht zu Recht, denn es han-
delt sich bei ihm um den Schlüsselbegriff der nietzsche-
anischen Überwindung: »Nietzsche denkt den ’Über-
menschen’ von der Zukunft her, nicht als Ergebnis einer
Zuchtwahl oder als ’Führer der Massen’-...« (S. 50,
Fußnote 1).
Diese Behauptung ist unzutreffend, denn Nietzsche
schreibt: »Die Züchtung ist, wie ich sie verstehe, ein
Mittel der ungeheuren Kraft-Aufspeicherung der
Menschheit, so daß die Geschlechter auf der Arbeit ihrer
Vorfahren fortbauen können - nicht nur äußerlich, son-
dern innerlich, organisch aus ihnen herauswachsend, ins
Stärkere... Menscheit ist ein Abstraktum: das Ziel der
Züchtung kann auch im einzelnsten Falle immer nur der
stärkere Mensch sein (- der ungezüchtete ist schwach.
166
vergeuderisch, unbeständig -)« (Nietzsche, IV S. 402
[III, S. 810]).
»Die zunehmende Verkleinerung des Menschen ist gera-
de die treibende Kraft, um an die Züchtung einer stärke-
ren Rasse zu denken« (Nietzsche, IV, S. 113 [II, S. 521]).
»Jene neue Partei des Lebens, welche die größte aller
Aufgaben, die Höherzüchtung der Menschheit in die
Hände nimmt, eingerechnet die schonungslose Vernich-
tung aller Entartenden und Parasitischen, wird jenes
Zuviel von Leben auf Erden wieder möglich machen, aus
dem der dionysische Zustand wieder erwachsen muß«
(Nietzsche, III, S. 557 [II, S. 1111]).
Es ist also dieser Gedanke eines planvoll zu züchtenden,
’besseren’ und daher stets und überall nur zukünftigen
Menschen, durchaus ein Einfall Nietzsches, sein Mittel,
nach Überwindung der Moral die Wiederkunft des Glei-
chen durch Aufrichtung einer neuen, »höheren« Moral
zu bewältigen.
Betrachten wir uns die Wirkung dieses Nietzsche-Gedan-
kens auf zwei seiner Bewunderer: Heidegger und F. G.
Jünger. Beide werden nicht nur vielfach in den drei
»Vorlesungen« von Sterly zitiert, sondern sie bilden zu-
dem seit über zwanzig Jahren ein topoi in seinen Schrif-
ten. Kaum ein Aufsatz, in dem nicht auf sie Bezug
genommen würde. »Das Ende des Kulturbegriffs« ist gar
»dem Andenken Friedrich Georg Jüngers zu seinem
neunzigsten Geburtstag am 1. 9. 1988« gewidmet. Wohl
um die Geistesverwandtschaft zu betonen, die zwischen
Nietzsche und F. G. Jünger besteht, raunte Albert von
Schirnding seinerzeit bedeutungsvoll, die Handschrift
des Jüngers erinnere auffällig an die des Meisters. Eine
vollkommene Reinkarnation Nietzsches in Jünger ist al-
lerdings unmöglich: Nietzsche starb zwei Jahre nach der
Geburt Jüngers. Lediglich sein Geist hätte 1898 bereits
zur Disposition eines Nachgeborenen gestanden.
Weder bei Heidegger noch bei Jünger scheut der philoso-
phische Gedanke seine Metamorphose zur politischen
Meinung. Im Herzen des fröhlichen Reimers F. G. Jün-
ger (»Ich gesteh es frei. / Mir genügt, mir reicht / oft statt
des Warum / Ein leichtes Vielleicht.«) konnte natürlich
kein Faible fürs Fachwissenschaftlertum aufkommen.
Ihm stand der Sinn nach Höherem. Aber wie schon die
Gedanken Nietzsches, so zeigt uns Sterly auch das Epi-
gonentum Jüngers in einer bereinigten Fassung, indem er
einfach die Diagnose der »Zeitkrankheit« darstellt, uns
die Kenntnis der Remedur aber erspart, die Jünger wie
Heidegger in anderen, nach dem letzten Kriege wenig
gelesenen Schriften durchaus vorgeschlagen haben.
Wie schon für Nietzsche (vgl. Werke III, S. 106 [II,
S. 660]; IV, S. 197 [III. 605]; III, S. 986, [III, S. 278]) so
sind auch für F. G. Jünger Liberalismus, Sozialismus und
Anarchismus Früchte eines Baumes, den man wohl mit
»Individualismus« kennzeichenen muß (F. G. Jünger,
S. 7, 11, 14). Ist erst einmal der Träger des Kulturverfalls
ausgemacht, das Individuum, werden gleich Mittel und
Wege ersonnen, ihn im Höherwertigeren aufzulösen. Die
»Kampfbünde« der Weimarer Zeit konnten zwar im De-
tail nur »wenig befriedigen« (F. G. Jünger, S. 23), aber
wenigstens setzt sich in ihnen »ein entschiedener männli-
cher Wille in den Formen einer soldatisch disziplinierten
Gemeinschaft gegen die gesellschaftlich organisierten
Parteien« ab. »Der Staat« nämlich, so lernen wir, »ist
männlichen Geschlechts. Von der Idee dieser Kampfbün-
de zum autoritären Staate, der den Lebens- und Macht-
kampf der Nation organisiert, führt ein Weg, der wohl
übersehbar ist« (F. G. Jünger S. 21).
Wenn er dann noch über die »Einheit von politischer
Führung und Gefolgschaft die »Nationalisierung des
Staates und die Verstaatlichung der Nation« vorschlägt,
so haben wir die Gemütslage Jüngers deutlich vor Au-
gen: ein ernüchterter Monarchist, der sein Bedürfnis
nach Autorität vom deutschen Operettenkaiser auf die
ebenfalls, doch schlichter uniformierten Generäle über-
trug. Und richtig: »Die unmittelbare Darstellung der
Nation durch den Staat und die politische Führung macht
jede Mittlerrolle, jede Einschiebung parlamentarischer
Körperschaften überflüssig. Ein solcher Status, der zum
ersten Male in der deutschen Heeresorganisation im
Weltkriege einen vorbildlichen Ausdruck fand, gibt dem
Staate wie der Nation einen absoluten Sinn und eine
absolute Dynamik. In ihm erst gewinnt Deutschland die
notwendige Kraft, gewinnt es die Fähigkeit zu einer
Rüstung im elementarsten Sinne« (F. G. Jünger, S. 24).
Daß die Uniformen dann statt feldgrau braun wurden,
hat Jünger schon recht bald irritiert, leider zu spät.
Ähnlich erging es Heidegger. Treuherzig versichert er in
seinem 1945 niedergeschriebenen Kommentar zu seiner
Rektoratsrede 1933: »Ich hatte keine Beziehung zu den
maßgebenden Regierungs- und Parteistellen, war selbst
weder Mitglied der Partei, noch hatte ich mich in irgend-
einer Weise politisch betätigt« (Heidegger, S. 21). Sicher
richtig, wenn er mit »politischer Betätigung« das Vertei-
len von Flugblättern, Ansprachen vor Menschenmassen
und das Zusammenschlagen des politischen Gegners
meint. Die politische Dimension seines Denkens und
Publizierens aber fällt nach Heideggers Selbsteinschät-
zung nicht darunter. »Die geistige Welt eines Volkes ist
nicht der Überbau einer Kultur, sowenig wie das Zeug-
haus für verwendbare Kenntnisse und Werte, sondern sie
ist die Macht der tiefsten Bewahrung seiner erd- und
bluthaften Kräfte als Macht der innersten Erregung und
weitesten Erschütterung seines Daseins. Eine geistige
Welt allein verbürgt dem Volke die Größe. Denn sie
zwingt dazu, daß die ständige Entscheidung zwischen
dem Willen zur Größe und dem Gewährenlassen des
Verfalls das Schrittgesetz wird für den Marsch, den unser
Volk in seine künftige Geschichte angetreten hat« (Hei-
degger, S. 14).
Ersparen wir uns seine Ausführungen über »die vielbe-
sungene 'akademische Freiheit’«, die »aus der deutschen
Universität verstoßen« wird. Nach Nietzsche und vor
Sterly zieht Heidegger gegen »das Muffige und Unechte
äußerlicher Berufsabrichtung« zu Felde und tritt dafür
ein, die »Schranken des Faches zu Fall« zu bringen.
Der Vater seines Gedankens ist Nietzsche. Heidegger
selbst steuert lediglich die Aktualisierung bei, indem er
das Konzept zusätzlich und zwar »völkisch« umnebelt.
»Die drei Bindungen - durch das Volk an das Geschick
des Staates im geistigen Auftrag - sind dem deutschen
Wesen gleichursprünglich. Die drei von da entspringen-
den Dienste - Arbeitsdienst, Wehrdienst und Wissens-
dienst - sind gleich notwendig und gleichen Ranges«
(Heidegger, S. 16).
Man kann nicht behaupten, daß es dem Philosophen hier
am Verständnis für sehr konkrete, ja geradezu spezielle
Formen des Alltagslebens gemangelt hätte. Politische
167
TRIBUS 38, 1989
Vorlieben indes werden auch zwölf Jahre nach der Rede
philosophisch begründet: »Ich sah damals in der zur
Macht gekommenen Bewegung die Möglichkeit zu einer
inneren Sammlung und Erneuerung des Volkes und ei-
nen Weg, zu seiner geschichtlich-abendländischen Be-
stimmung zu finden. Ich glaubte, die sich selbst erneu-
ernde Universität könnte mitberufen sein, bei der inne-
ren Sammlung des Volkes maß-gebend mitzuwirken«
(Heidegger, S. 23).
Es sind immer die gleichen Gedanken von geschichtli-
cher Kreisbewegung und jener seltsamen Verbindung aus
geschmeidiger Anpassung an diesen Prozeß und ordnen-
dem Eingriff, etwa in Gestalt der »Züchtung« des neuen
Menschen, der, wiewohl in der Wiederkunft des Glei-
chen längst vor uns angelegt, offenbar doch nicht ohne
unser Zutun zu realisieren ist.
Die Beziehung der Protagonisten untereinander sind so
aufschlußreich wie ihr Verhältnis zum großen »Vor-Den-
ker« Nietzsche: Heidegger ist von der Lektüre des »Ar-
beiters« aus der Feder von Ernst Jünger fasziniert. Der
begabtere Bruder des Friedrich Georg entwickelt darin,
basierend auf der Lehre von der Wiederkunft des Glei-
chen, eine Utopie, die nach Karl v. Ossietzky ȟber die
durchschnittlichste Untergangsprophetie und Chaosma-
lerei« (Weltbühne 28. Jahrgang, Zweites Halbjahr 1932,
S. 578) nicht hinauskommt. Gottfried Benn, ebenfalls
ein Bewunderer der nietzscheanischen Philosophie be-
grüßte 1933 die Rassenzüchtung: »Mir scheint aus diesen
Tatsachen, .. .hervorzugehen, daß Rassenzüchtung uralt
ist, heimisch in allen Geschichtskreisen, daß sie keines-
wegs von vornherein ein Volk moralisch belastet, auch
nicht nur auf der Hordenstufe vorkommt, ... sondern
daß sie aus dem tiefen politischen Instinkt stammt: wer
lange herrschen will, muß weit züchten« (Benn,
S. 219 f.). Gegen den »neuen Staat« hatte er zunächst
nichts einzuwenden. Die Nähe zum Denken Nietzsches
immunisierte nicht gerade gegen Autoritätsgläubigkeit,
um das Wenigste zu sagen.
Selbst Lin Yutang, der von Sterly gerne zitierte Kenner
chinesischer Geistigkeit, wünschte sich 1935 für China
einen »starken Mann«, der »China retten könnte«, einen
»großen Diktator«. Folgerichtig verfaßte er einige Jahre
später das Vorwort zur englischen Ausgabe der Gedan-
ken Chiang Kai-sheks.
F. G. Jünger und Heidegger, deren Schriften die Bewun-
derung Sterlys gilt, weshalb er sie uns zur Lektüre emp-
fiehlt, waren so etwas wie die Übersetzer von Gedanken
aus den luftigen Höhen der Philosophie in die Wirklich-
keit ihrer geistigen, vor allem aber politischen Gegen-
wart. Die Realisierung schließlich dieser und ähnlicher
Gedanken blieb anderen Kräften überlassen, Kräften,
die Unmenschlichkeit und Widersinnigkeit dieses Den-
kens auf bizarre Weise enthüllten, indem sie es konse-
quent in die Praxis umsetzten. Die Annahme einer
Gleichheit aller Menschen, die notwendig zum Gedan-
ken ihrer Gleichberechtigung führt, mag irrig sein. Aber
sie ist die harmlosere Fiktion, denn sie vergöttert keine
»Elite«, zu der sich jeder qua Selbstdefinition unter
Ausschluß aller anderen zählen kann. Hierin sei ich
utilitaristisch wie ein Engländer, könnte Nietzsche ein-
wenden und sogleich heftig die Nase rümpfen.
Sterly verschweigt uns die reaktionäre Konsequenz der
»Lehre von der Wiederkunft des Gleichen«, indem er
ihre Überwindung im Gedanken der »Züchtung« über-
geht. Gegen Ende seiner Schrift versucht er gar zu untäti-
ger Hoffnung anzustiften: es werde schon nicht zum
endzeitlichen »’strong check’ des Reverenden Malthus,
der die Menge der Bevölkerung vermindern soll« kom-
men. Man dürfe »Malthus nicht mit der Natur verwech-
seln«, die sich wohl - so glaubt Sterly, im Sinne der
Wiederkehr des Gleichen schon selbst regeln und regu-
lieren werde.
Matthias Mersch
Angeführte Literatur:
Bauer, Wolfgang: 1968
Chinas Vergangenheit als Trauma und Vorbild.
Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz
Benn, Gottfried: 1977
Essays, Reden, Vorträge. Gesammelte Werke I.
Wiesbaden
Chiang Kai-shek: 1976
China’s Destiny. New York
Gesch, Patrick R: 1989
Rezension zu Joachim Sterly: Kümo. Hexer und
Hexen in Neu-Guinea. München 1987. In; Anthropos
84
Heidegger, Martin: 1983
Die Selbstbehauptung der deutschen Universität.
Das Rektorat 1933/34. Frankfurt/M.
Jünger, Ernst: 1932
Der Arbeiter. Hamburg
Jünger, Friedrich Georg: 1931
Einleitung zu: Das Gesicht der Demokratie.
Ein Bilderwerk zur Geschichte der Deutschen
Nachkriegszeit. Herausgegeben von Edmund Schulz.
Leipzig
Laudse: 1981
Daudedsching. Übersetzt und herausgegeben
von Ernst Schwarz. Leipzig
Needham, Joseph: 1979
Wissenschaftlicher Universalismus. Über Bedeutung
und Besonderheit der chinesischen Wissenschaft.
Frankfurt/M.
Nietzsche, Friedrich: 1972
Werke I - V. Herausgegeben von Karl Schlechta.
Nachdruck der 6., durchgesehenen Auflage 1969 des
Hanser Verlags in drei Bänden. Frankfurt/M., Berlin,
Wien
Sterly, Joachim: 1967
»Das Kulturkonzept Bronislaw Malinowskis.
Eine kritische Prüfung«. In: Anthropos 62
ders.: 1968
»Der Aderlaßbogen in Melanesien. Ein Beitrag
zur Geschichte der Phlebotomie«. In: Anthropos 63
ders.: 1973 (a)
Krankheiten und Krankenbehandlung bei den Chimbu
im Zentralen Hochland von Neu-Guinea. Hamburg
ders.: 1973 (b)
»Völkerkunde als Geschichtswissenschaft«.
In: Festschrift für Helmut Petri, herausgegeben von
K. Tauchmann. Kölner Ethnologische Mitteilungen
168
Buchbesprechungen Allgemein
Band 5. Köln, Wien
ders.: 1976/77
»Versuch einer systematischen Ordnung
der Ethnomedizin.« In: Ethnomedizin IV, 3/4
ders.: 1987
Kümo, Hexer und Hexen in Neu-Guinea. München
Weber, Max: 1985
Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre.
6., erneut durchgesehene Auflage. Tübingen
Wernhart, Karl R. (Hrsg.):
Ethnohistorie und Kulturgeschichte. Ein
Studienbehelf. (Böhlau-Studienbücher,
Aspekte der Ethnologie 1). Wien - Köln:
Hermann Böhlau, 1986. 330 Seiten.
Einführungen haben Hochkonjunktur. Der von H. Fi-
scher 1983 herausgegebene Band Ethnologie. Eine Ein-
führung, erlebte 1988 eine erweiterte Neuauflage. Da-
zwischen erschienen Th. Bargatzkys Einführung in die
Ethnologie (1985) und Einführung in die Kulturökologie
(1986). Das gleiche Bild in den Nachbarwissenschaften,
etwa der Religionswissenschaft; allein im Jahre 1988
erschienen drei Einführungen ins Fach.
Auch der vorliegende Sammelband gehört nach dem
Verständnis des Herausgebers in die Kategorie »Einfüh-
rungsliteratur«. Bis auf drei, eigens für diesen Band
verfaßte Beiträge, handelt es sich ausschließlich um Wie-
derabdrucke aus verschiedenen Fachpublikationen. War-
um diese Beiträge, die größtenteils aus jüngerer und
jüngster Zeit stammen, nun erneut publiziert werden, ist
nicht plausibel. An den »oft schwer zugänglichen» (vgl.
Vorwort) Erstveröffentlichungen kann es nicht liegen: es
sei denn, man zählte hierzu Publikationen wie Paideuma,
Ethnologische Zeitschrift Zürich und die Grundfragen der
Ethnologie von Schmied-Kowarzik/Stagl. Auch die be-
kannten Wiener völkerkundlichen Fachorgane mit insge-
samt 12 entnommenen Beiträgen lassen sich kaum als
»schwer zugänglich« einstufen. Bleibt als Begründung für
einen erneuten Wiederabdruck das ohne Zweifel hand-
lichere Buchformat, das freilich auch seinen Preis hat.
Vorwort, Einführung und neun der insgesamt 18 Beiträge
stammen vom Herausgeber, der als Exponent der Wie-
ner Forschungsrichtung »Ethnohistorie und Kulturge-
schichte« gilt. Die verbleibenden Aufsätze teilen sich
Autoren und Autorinnen, die ebenfalls fest in der Wie-
ner Tradition verankert sind. W. Hirschberg, der Nestor
der Wiener Ethnohistorie, ist mit zwei Beiträgen ver-
treten.
Der Band ist in die fünf Abschnitte »Grundsätzliches«,
»Zur Arbeitsweise«, »Sozialwissenschaftlicher Ansatz«,
»Kulturwissenschaftlicher Ansatz« und »Praxis und Reak-
tion« gegliedert. Damit aber wird eine Systematik ledig-
lich vorgetäuscht, die gerade bei der Breite der Thematik
erforderlich gewesen wäre. In der hier dargebotenen
Form gewinnt man beim Lesen jedoch den Eindruck, als
seien alle bisherigen Arbeiten, die irgendwie das Thema
berühren, auch hineingenommen worden. Häufige Wie-
derholungen in den einzelnen Beiträgen unterstreichen
diesen Eindruck. Behandelt werden u.a. Graebners
Übernahme von Bernheims »historischer Methode«, die
Kulturkreislehre von P.W. Schmidt und ihre Überwin-
dung, die »Annales«-Schule um Febvre und Braudel.
Gadamers Hermeneutik und der Positivismusstreit in der
deutschen Soziologie fehlen ebensowenig wie ein um-
fangreicher Katalog von Arbeiten - vornehmlich von
Dissertationen - die sich der Ethnohistorie verpflichtet
fühlen.
Von den Wiener Ethnohistorikern besonders herausge-
stellt wird die Heranziehung sämtlicher verfügbarer
Ouellengattungen und ihre kritische Überprüfung und
Aufbereitung mit dem Ziel, zu »einer Darstellung von
Kulturabläufen zu kommen« (46). Aus diesem Programm
resultiert die Forderung nach wissenschaftlicher bzw.
historischer Exaktheit. Beitragen sollen hierzu »kombi-
nierte Verfahren prähistorischer, achäologischer und eth-
nologischer Vorgangsweisen« (54) und die Linguistik.
Wie freilich diese »Exaktheit« letztlich einzuholen ist.
bleibt - angesichts des lückenhaften Ouellenmaterials,
auf das Ethnologen mitunter angewiesen sind -, offen.
Im übrigen sollte ein sorgfältiger Umgang mit Quellen
für alle Ethnologen gelten - auch für jene, die sich nicht
an das Wiener Modell anlehnen.
Einer der zentralen Begriffe der Ethnohistorie ist der des
»Ethnos«. Dieses, auf Shirokogoroff und Mühlmann zu-
rückgehende begriffliche Neutrum, das »jedesmal neu
definiert werden muß«, bezeichnet »sowohl kleine Lokal-
gruppen wie auch große Gemeinschaften« (124). Wern-
hart betont, die Ethnohistorie sei »sich klar darüber, daß
sie es mit Menschen... zu tun hat« (107) - eine Selbstver-
ständlichkeit für eine Sozialwissenschaft, die freilich als
»deutliche Abgrenzung gegenüber der einstigen Wiener
Kulturkreislehre« gepriesen wird. Möglicherweise dient
diese Hervorhebung auch dazu, Auslassungen wie die
folgende als dem Gegenstand angemessen erscheinen zu
lassen: »Ein Ethnos kann in seinem sozialen Kontext
verschiedenen politischen, sprich gesellschaftspolitischen
Gruppen angehören. Dieses Wechselspiel zwischen Eth-
nos und ESO (= ethno-sozialer Organismus) ist an den
Faktoren, die zu der Stabilisation des Ethnos beitragen, zu
sehen. Neben Psyche und Kultur ist auch die Endogamie
ein wesentlicher stabilisierender Bestandteil. Die Repro-
duktion des Ethnos vollzieht sich im ESO, d. h. das
Ethnos selbst ist »außerbiologisch« organisiert, aber es
zeichnet sich dennoch sehr deutlich eine biologische Kom-
ponente ab, einerseits durch die Endogamie, andererseits
durch den Reproduktionsfaktor« (49). Nach solchen Pas-
sagen mutet das pauschale Urteil besonders befremdlich
an, die Vertreter der Kulturwissenschaft degradierten -
im Gegensatz zur Ethnohistorie - die Ethnien lediglich
»zu Lieferanten des Faktenmaterials« (108).
Ein weiterer Arbeitsbereich der Ethnohistorie ist der
Kulturwandel. Getreu dem »Ethnosgedanken« hat Wern-
hart hier den Begriff »Ethnochange« vorgeschlagen. Was
damit jedoch gewonnen ist. bleibt fraglich, denn er teilt
mit »Kulturwandel« und ähnlich gelagerten Begriffen
seine verharmlosende Tendenz. Wernhardt läßt auch kei-
nen Zweifel daran, daß er es tatsächlich so meint: Han-
delstätigkeit - er bezieht sich hier auf eine Papua-Arbeit
von H. Fischer - fördere den endogenen Wandel resp.
den »Ethnochange«, indem etwas »eiserne Äxte, Messer
und andere Kleinigkeiten wie Angelhaken usw.« einge-
handelt werden (111). Ähnlich äußerte sich vor über 50
169
TRIBUS 38, 1989
Jahren auch schon Thurnwald, der die Übernahme neuer
Gerätschaften als »Erweiterung des Gesichtskreises« in-
terpretierte. Eben diese »Kleinigkeiten« aber sind es, die
die Zerstörung traditioneller Lebensformen einläuten.
Solche und in der Folge eintretende Veränderungen sei-
en, so Wernhart weiter, »zum größten Teil von der Grup-
pe selbst gewollt. Erzwungen wurde lediglich die Einstel-
lung aller kriegerischen Handlungen« (111). Bei soviel
Naivität ist man versucht fortzufahren: die Autochtho-
nen müßten für jedweden »Change« im Grunde dankbar
sein. Bedrohte Völker - etwa die Dayak-Gruppen -
werden indes kein Verständnis für filigrane Begriffsab-
klärungen europäischer Ethnologen aufbringen, die dann
als »Stimulans« den hiesigen Forschungsbetrieb anregen
und bereichern sollen (vgl. 115).
Wer sich die Mühe macht, Wernharts »Einführung« ganz
zu lesen, wird über den Ansatz der Wiener »Ethnohisto-
rie und Kulturgeschichte« durchaus umfassend infor-
miert. Der Arbeitsaufwand ist jedoch zu hoch. Der Her-
ausgeber betont im Vorwort, er habe die hier gewählte
Form der Darstellung einer »monolithisch gegossenen
Abhandlung« vorgezogen. An »Monolithen« ist sicher
niemandem gelegen, wohl aber an einer systematisch
aufgebauten Einführung in die jeweilige (Teil-)Disziplin.
Die Herausgeber von Einführungen sollten sich überdies
fragen - dies gilt insbesondere für den vorliegenden Band
- wer eigentlich die Adressaten ihrer Publikationen sind.
Es genügt nicht, Aufsätze aus den letzten 20 Jahren
zwischen zwei Buchdeckel zu pressen und als »Studien-
behelf« auszugeben. Eine adressatengerechte Vermitt-
lung muß bei diesem Verfahren notwendig auf der Strek-
ke bleiben.
Rolf Gehlen
Zinser, Hartmut (Hrsg):
Der Untergang von Religionen.
Berlin: Dietrich Reimer, 1986. 340 Seiten.
»Untergang von Religionen« lautete im Oktober 1984 die
Themenstellung des Kongresses der Deutschen Vereini-
gung für Religionsgeschichte (DVRG). Der vorliegende
Band gibt die insgesamt 20 für die Publikation überarbei-
teten Vorträge dieser Tagung wieder. Mit dieser Thema-
tik soll eine Lücke in der religionswissenschaftlichen
Forschung geschlossen werden, die bislang mehr die
»Entstehung« als den »Untergang« von Religionen im
Auge hatte. »Lust am Untergang« wird man den Auto-
ren nicht vorwerfen können. In allen Beiträgen wird
vielmehr das Bemühen um eine analytische Bestandsauf-
nahme dessen sichtbar, was als »Untergang« diagnosti-
ziert werden könnte. Ebenso deutlich wird der Versuch,
den Begriff »Untergang« seine ihm innewohnende Dra-
matik zu nehmen. Transformationsprozess, Anspas-
sungsdruck, Substanz- bzw. Funktionsverlust oder Neu-
interpretation sind statt dessen häufig verwendete Begrif-
fe, um die Formen von »Untergang« zu beschreiben -
sofern nicht Verfolgung und Unterdrückung von Religio-
nen offensichtlich sind. Oder es wird, wie in einem
Beitrag, die Frage nach den Überlebenschancen neuer
Religionen gestellt: »Ist die Säuglingssterblichkeit bei
Religionen vielleicht besonders hoch«? (221).
Der Band beginnt mit einem Beitrag von C. Colpe, in
dem grundsätzliche Überlegungen zum Thema angestellt
werden. In diesem Aufsatz wird bereits die abschließen-
de Diskussion der Tagung mitberücksichtigt und der Her-
ausgeber empfiehlt daher, ihn am Schluß zu lesen - eine
Empfehlung, die einiges für sich hat, da es sich für das
Verständnis der vielschichtigen Problematik als sinnvoll
erweisen kann, zunächst konkrete Beispiele vorgeführt
zu bekommen. Die folgenden Beiträge ordnen sich in
chronologischer Reihenfolge nach den jeweils behandel-
ten Religionen. Die Palette reicht von der Antike (R.
Schlesier: Götterdämmerung bei Euripides?) bis hin zur
»Religion« zeitgenössischer Naturwissenschaftler (B.
Gladigow: »Wir gläubigen Physiker«),
Der zeitlichen Tiefe entspricht die räumliche Verteilung:
neben Beiträgen aus dem mediterranen Raum finden
sich Ausführungen zum Untergang des Totemismus der
australischen Aborigines, zum Schamanismus der Mon-
golen, zu indonesischen Stammesreligionen und zur hin-
duistischen Yoga-Lehre. Weitere Beiträge befassen sich
mit Problemen der Säkularisierung, der Kritik der Ver-
nunftreligion und dem Untergang von Religion in Kunst
und Wissenschaft. Ein Autor (R. Schaeffler) versucht,
religionsimmanenten Gründen für den Untergang von
Religionen nachzugehen. Dieser Beitrag unterscheidet
sich von den anderen dadurch, als hier nicht Religions-
wissenschaft betrieben wird, sondern Theologie. Mit
dem Rückgriff auf Eliades »Dialektik der Hieropha-
nien«, aus denen Schaeffler die Krisen der Religionsge-
schichte hervorgehen läßt, kann eine Suche nach reli-
gionsimmanenten Gründen freilich kaum anders ausfal-
len als theologisch: da ist vom »Verstummen des Men-
schen vor dem Heiligen« die Rede, das zum »Verstum-
men des Heiligen in einer ihm entfremdeten Welt« führe
(247), vom Menschen, der »abbildend Gottes eigene
Ruhe« nachvollziehe, vom Anteil des Menschen an der
»Werkgenossenschaft des göttlichen Schöpfers« und von
menschlicher Arbeit als einem »Wiederholungszeichen
göttlichen Wirkens« (250). Überflüssig zu sagen, daß die
heutige Religionswissenschaft solchen Deklamationen
nicht mehr folgen kann.
Motto der DVRG-Tagung war ein Satz Jakob Burkardts:
»Ohne die Kaisergesetze von Constantin bis auf Theodo-
sius würde die griechisch-römische Religion noch bis
heute leben«. Mit dem Untergang der römischen Reli-
gion wie auch anderer Religionen auf römischem Boden
- denn auch sie waren ja von den Kaisergesetzen betrof-
fen - beschäftigen sich vier Beiträge. Dario Sabbatucci
geht es in seinem Aufsatz jedoch nicht um die Gesetze
und Erlasse, die das Ende der römischen Religion besie-
gelten. Er geht vielmehr von einem langen Entwicklungs-
prozess aus, von »Anpassungen«, die vom ursprünglich
mesopotamischen Polytheismus bis zum römischen rei-
chen. Jede Anpassung ließe sich auch als Untergang
beschreiben, »bis man bei der unmöglichen Anpassung
und dem letzten Untergang ankommt« (95). Krise und
Degeneration des Polytheismus führten zwangsläufig
zum Monotheismus, d.h. zum Christentum, das als Lö-
sung dieser Krise angesehen werden kann (99). Einsich-
tig werden diese Thesen jedoch nicht. Tatsächlich paßte
der Monotheismus, wie P. Parusel in seinem Beitrag über
die Mithras-Mysterien schreibt, »ganz und gar nicht zur
170
Buchbesprechungen Allgemein
polytheistischen Verankerung der res publica-Idee«
(107). Sabbatucci schränkt seine Thesen freilich wieder
ein: es sei »nicht exakt, zu sagen, daß der römische
Polytheismus durch die Hand des Christentums stirbt,
und genausowenig, daß das Christentum durch den Tod
des Polytheismus entsteht« (99). Somit ist wieder offen,
was denn nun den Untergang der römischen Religion
bewirkt hat. Gegen Ende seines Beitrags wird der Autor
deutlicher; »Im nachhinein kann man auch sagen, daß
die römische Religion per Dekret gestorben ist« (99).
Diese Dekrete und Erlasse gegen die römische Religion
sind Thema von H. Canciks Beitrag. Hier wird deutlich,
daß die institutionalisierte römische Religion gegen die
restriktive Politik des Kaisers keine Überlebenschancen
hatte. Es war eben nicht der »Sieg des Christentums«
über eine obsolet gewordene pagane Religion, sondern
ein ganzes »Bündel sakralrechtlicher, finanzieller und
administrativer Maßnahmen« (65), das zum Untergang
der römischen Religion führte. Die »Römerverfolgung«
(H. Cancik) im 4. Jahrhundert war total; Kult- und
Opferverbot, Verbot der Haus- und Privatreligion, der
nächtlichen Mysterienfeiern - selbst das Betreten der
Kultorte oder das Benutzen von Kultgegenständen stand
unter Strafe. Viele dieser »Vergehen« wurden mit der
Todesstrafe geahndet. Die Streichung öffentlicher Gel-
der und Enteignungen des Tempelbesitzes entzogen der
institutionalisierten Religion jegliche materielle Basis.
Die Schließung des Allerheiligsten der römischen Reli-
gion, des Tempels der Vesta, markiert das symbolische
Ende der alten Religion. »Am Ende steht das totale
Verbot; keiner darf nirgends nie nichts tun« (72).
Kaum erwähnt werden in den Beiträgen die Attacken
klerikaler Kreise gegen die römische Religion. Waren es
zunächst »große Geister« wie etwa Clemens von Alex-
andrien (C. Colpe in seinem Eröffnungsbeitrag), die sich
durch Verbalinjurien, euphemistisch »Mahnrede an die
Heiden« genannt, hervortaten, so war es später Ambro-
sius von Mailand, der sich jedoch nicht mit »Mahnreden«
begnügte, sondern die kaiserliche Religionspolitik ent-
scheidend mitbestimmte. Seine Amtszeit (374-397) ist
nahezu deckungsgleich mit der von H. Cancik bestimm-
ten Endphase der römischen Religion (379-394). Die
»Kinderkaiser« Gratian und Valentinian II. standen fast
völlig unter dem Einfluß des Ambrosius, und es gab
kaum ein Jahr in ihrer Regentschaft, in dem keine anti-
heidnischen Verfügungen erlassen wurden.
Diejenigen Beiträge, die den ethnologischen Teil zum
Thema »Untergang von Religionen« abdecken, sind von
ihrer Materie her zu unterschiedlich, um einzeln darauf
eingehen zu können. Eine Aussage scheint aber für alle
diese Beiträge zu gelten, formuliert im Aufsatz von K.-
H. Kohl: »Gerade die an bestimmte kulturelle Lebens-
formen gebundenen Stammes- oder auch Volksreligionen
gehen nicht einfach unter, sondern gehen, sofern ihre
Träger nicht einfach ausgerottet werden, in die übernom-
menen Religionen auf« (200) - offenbar »eines der zen-
tralen Diskussionsergebnisse während des Berliner
DVRG-Kongresses« (ebd., Anm. 20). Hier wird augen-
scheinlich auf das in der Ethnologie breite Thema »kultu-
reller Wandel« Bezug genommen. Gerade hier könnte es
in Anspielung auf Lévi-Strauss auch heißen: »Zu sagen,
eine Gesellschaft wandelt sich, ist eine Banalität«, denn
die fatalen Ergebnisse dieser »Wandlung« sind bekannt -
oder sollten es zumindest sein. Um so befremdlicher,
wenn als ein »zentrales Ergebnis« einer wissenschaftli-
chen Tagung der Untergang traditioneller Religionen -
und d. h. bezogen auf diese Gesellschaften nichts anderes
als die Zerstörung eben dieser Lebensform - als »Über-
gang« oder gar als »Aufgang« (»sie gehen auf«) verharm-
lost wird.
Während Kohl in seinem Beitrag über die indonesischen
Stammesreligionen immerhin den Gebrauch von Begrif-
fen wie »Religion« oder »Stammesgesellschaft« proble-
matisiert und auf die Schwierigkeiten verweist, »fremde
Kulturen... kaum anders als in Analogie zu unseren
eigenen kulturellen Institutionen darzustellen« (193),
fehlt dieses Problembewußtsein in K. Seelands Beitrag
»Sanskritisierung und ökologische Krise im Himalaya«.
Er verwendet ungeniert Begriffe wie »animistische Reli-
gionen« oder »animistische Kulte«, die er im »Milieu
archaischer Subsistenzgemeinschaften« ausmacht (154).
Tatsächlich ist die Verwendung solcher Begriffe, sieht
man von populistischen Werken ab, längst obsolet, wenn
nicht gar anrüchig. Auch Seelands Charakterisierung
dieser »Subsistenzgemeinschaften« sind wenig tauglich,
weil auch auf andere Gesellschaften applizierbar, denen
Seeland sicher keine »animistischen« Ambitionen unter-
stellt. So schreibt er u.a.: »Der Lauf der Natur und der
Gestirne, der Jahreszeiten wie der menschlichen Le-
benszyklen, bedarf der Zustimmung der übernatürlichen
Mächte, deren man sich stets neu versichern muß« (154).
Nichts anderes aber war auch in frühhochkulturellen
Gesellschaften der Fall. Auch seine Feststellung, solche
Gesellschaften betrieben »durch ihre kultischen Bemü-
hungen den Fortgang des Gleichen« (154) ist eine eher
generelle Beschreibung von »Kult«, nämlich einer einmal
festgestellten Ordnung Dauer zu verleihen, und nicht
charakteristisch für eine bestimmte Gesellschaftsform.
In einem Band über den »Untergang von Religionen«
mag für manchen Leser B. Gladigows Beitrag, der die
Aussagen von Naturwissenschaftlern über »Religion« -
genauer von Physikern - zum Thema hat, wie ein Fremd-
körper wirken. Tatsächlich geht es hier, wie der Autor
hervorhebt, um ein »von der Religionswissenschaft noch
nicht erfaßtes Gebiet der neueren und neuesten Reli-
gionsgeschichte« (322). Wenn somit dieses Thema im
Rahmen von »Untergang« behandelt wird, so steht,
könnte man zunächst annehmen, »Religion« selbst auf
dem Spiel, obsolet geworden durch forschreitende natur-
wissenschaftliche Erkenntnisse. Daß dies keineswegs so
ist, wird aus den Äußerungen führender Physiker unseres
Jahrhunderts über »Religion« deutlich. Einstein etwa hat
sich selbst als »tief religiösen Menschen« bezeichnet und
in seinem Essay »Religion und Wissenschaft« den Ent-
wurf einer »kosmischen Religion« vorgetragen. Diese
»kosmische Religiosität«, nach Furcht- und Moralreli-
gion die höchste Stufe, sei allen »tiefschürfenden wissen-
schaftlichen Geistern« eigen; sie ist, das legt der Begriff
nahe, überkonfessionell, kann keine Kirche ausbilden,
keinen Gottesbegriff und keine Theologie (323). Auch
mit dem Aufkommen der Quantenmechanik geht die
grundsätzlich religiöse Einstellung der Physiker nicht
verloren. Für Max Planck z.B. gab es keinen Wider-
spruch zwischen Naturwissenschaft und traditioneller
Religion; er selbst freilich glaubte nicht »an einen per-
sönlichen Gott, geschweige denn an einen christlichen
171
TRIBUS 38, 1989
Gott«. Teile der Quantenmechanik fanden in den 60er
Jahren Eingang in neue naturwissenschaftlich-mystische
Bewegungen wie der »Gnosis von Princeton«. Was hier
mitunter jedoch an »Grundthesen« formuliert wird, muß
befremdlich, wenn nicht lächerlich erscheinen; »Die Welt
wird vom Geist regiert, wird vom Geist oder von ent-
sandten Geistern (?) gemacht. ... Der Mensch kann
durch die Wissenschaft - allerdings eine höhere transpo-
nierte oder spiritualisierte Wissenschaft (?) - zum kosmi-
schen Geist Vordringen und wenn er gleichzeitig weise
und intelligent ist (!), hier das Heil finden (!)« (329,
Hervorhebungen von mir).
Eine Ärgerlichkeit noch zum Schluß: Der informative,
aber mit DM 59,- nicht eben billige Band sträubt sich
gegen eine auch nur halbwegs intensive Benutzung. Be-
reits nach mehrmaligem Durchblättern hält man einzelne
Seiten in der Hand und dies, obwohl vier namhafte
Institutionen die Drucklegung finanziell unterstützt ha-
ben. Leider ist dies kein Einzelfall. Steigende Druckfeh-
lerraten und zunehmend miserablere Einbände bei
gleichzeitig wachsenden Buchpreisen scheinen zur Regel
zu werden. Der »Verbraucher« stellt sich die Frage,
wohin diese Zuschüsse eigentlich wandern, denn eines ist
gleich geblieben: Herausgeber und Autor partizipieren
daran nicht.
Rolf Gehlen
Bahuchet, Serge:
Les Pygmées Aka et la Forêt Centrafricaine.
Ethnologie écologique (Ethnosciences I,
1985). Paris: SELAF, 1985. 638 Seiten, Kar-
ten und Abbildungen.
Hier ist ein Modell für solide Basisforschung bei den
Pygmäen: eine genaue und detaillierte Studie einer Eth-
nie in einem definierten Territorium, nämlich der Aka
am Lobaye (Zentralafr. Republik). Der Autor konzen-
triert sich allein auf Empirie und Systematik seiner Sach-
beschreibung und verweigert sich allen publizierten Ver-
allgemeinerungen zum Thema.
Zunächst wird das Umfeld der Aka dargestellt (Wald,
Sozialsystem, Nachbarn). Der zweite und Hauptteil ist
schlicht »Economie Aka« überschrieben und traditionell
vierfach gegliedert (Herstellung, Verteilung, Verbrauch,
Tausch). Zum Umfeld will ich als Afrikanist die umfas-
sende und exakte sprachliche Dokumentation hervorhe-
ben (Lexikon, Kognitives, Semantische Felder, Nominal-
klassen). Damit wird meines Wissens zum ersten Mal
eine (Bantu-) Pygmäensprache dokumentiert (Gruppe C
10).
Im Hauptteil wird zunächst die Produktion beschrieben.
(Herstellung, Aneignung, Verhältnis von Ressourcen
und Erwerbsstrategien). Im folgenden, »Distribution«
überschriebenen Kapitel, geht es um die Aneignung der
Lebensräume, der Ressourcen, der Verteilung und Zir-
kulation der Güter und der Konservierung und Vorrats-
haltung. Schließlich werden rituelle Aspekte des Erwerbs
und der Verteilung behandelt. Das dritte Kapitel behan-
delt die Ernährung sowie die »Technique du Confort«:
Körperpflege, Genußmittel, Kleidung, Schmuck, Woh-
nung, »Möbel« usw. Das vierte Kapitel befaßt sich mit
den Tauschbeziehungen, also auch mit der vielzitierten
Symbiose, wobei deutlich gemacht wird, welche moder-
nen Faktoren das Tauschverhältnis zwischen den beiden
Gruppen stören.
Das Buch ist so detailliert, daß man es auch als Nach-
schlagewerk benutzen können sollte. Dazu fehlt ein Re-
gister. Dem flüchtigeren Leser wird sonst vieles Interes-
sante entgehen, beispielsweise Bahuchets Erläuterungen
über die Rolle des Hundes, Seite 260.
Der Autor macht die Bedrohung der Pygmäenexistenz
sehr deutlich und gibt auch eine Reihe von einzelnen
Belegen für das Nachlassen der Pygmäenkultur. Das ist
notwendig, aber verwirrend, weil danach nicht mehr klar
ist, welcher zeitlichen Realität das ethnologische Präsens
des Buches entspricht. Zugegeben sei, daß Störungen
nur darstellbar sind, wenn man zuvor das ungestörte
System beschrieben hat.
Der Autor erwähnt eingangs, daß er zuerst eine ethno-
zoologische Studie angestrebt hat. Das Vorgelegte macht
neugierig auf eine solche Studie. Vorerst beschreibt er
alle Elemente der Jagd, auch die Rituale, von außen her
im Rahmen des funktionalen Systems. Dabei impliziert
die dargestellte Funktionalität der Jagdwaffen und der
Jagdmethoden eine genaue Kenntnis der Lebensgewohn-
heiten der Jagdtiere. Solche Kenntnis sollte nun auch aus
der Kognition der Aka beschrieben werden.
Dort wo der »Confort«, also das Wohlbefinden beschrie-
ben wird, ist das Schweigen über Krankheit auffällig.
Vielleicht war dies ein zu großes Einzelgebiet, das der
Autor lieber nicht angehen wollte.
Die einzige scharfe Kritik verdient die deutsche Überset-
zung des Resümees, die man ohne Umschweife als stüm-
perhaft und als dem Niveau des CNRS nicht entspre-
chend bezeichnen muß. Hier sollte nicht der Autor aber
der Herausgeber Bahuchet künftig auf der Hut sein.
Franz Rottland
Beck, Kurt:
Die Kawähla von Kordofan. Ökologische
und ökonomische Strategien arabischer No-
maden im Sudan. (Studien zur Kulturkunde,
Bd. 85). Stuttgart; Franz Steiner Verlag
Wiesbaden, 1988.
Obwohl mittlerweile Ethnographien über Viehnomaden
in beeindruckender Zahl und Qualität vorliegen, kann
man sich bei der gewiß nicht leichten Lektüre dieser Nr.
85 der Frankfurter Studien zur Kulturkunde des Gefühls
kaum erwehren, damit sei ein neues Stadium völker-
kundlicher Beobachtung erreicht. Kurt Beck hat für sei-
ne Kawähla-Monographie eine selten erreichte Tiefen-
schärfe entwickelt und diese über 400 Druckseiten lang
kaum vom ökonomischen Aspekt abschwenken lassen,
so daß ein Handbuch, wenn nicht gar ein Lehrbuch der
Viehhaltung in ariden Zonen Afrikas entstanden ist.
Zumindest wird die ja immer noch aktuelle Diskussion
über die volkswirtschaftliche Bedeutung des Pastoralis-
mus weder an diesem Buch noch an seiner Darstellungs-
weise vorbeikommen.
172
Buchbesprechungen Afrika
Die Mängel eines manchmal marathonischen Satzbaus,
der Fülle von Insidertermini, die bisweilen erst spät nach
ihrem Erstgebrauch erklärt werden oder manche sprach-
liche Eigenwilligkeiten wie etwa das intransitive »trän-
ken« oder das möglicherweise anglodeutsche »milken«
statt »melken« erschweren die Lektüre des dichten Bu-
ches unwesentlich im Vergleich zur Beharrlichkeit, mit
der der Leser am Thema gehalten wird, Facette nach
Facette des Weidegangs gedanklich nachzuvollziehen ge-
zwungen wird, so daß er schließlich erschöpft nichts
weiteres als mit dem Kawähla-Hirten den spärlichen
Schatten eines Dornbusches teilen möchte. Diese Art
von Ethnographie erzeugt Lebendigkeit durch akribische
Beschreibung, sie überträgt die Mühe und Anstrengung
der »abwartenden Feldforschung«, zu der sich Beck im
Vorwort bekennt, auf den Leser und macht ihn zum
Fachmann, in dem sie ihm keinen Erkenntnisschritt er-
spart.
Mit der einleitenden Darstellung des britischen »tribe
building« im Sudan wird der für die Sahelnomaden späte-
stens seit Talad Asad bekannte Befund ein weiteres Mal
bestätigt, daß die Stammeskarte des Nil-Sudan kein vor-
koloniales Überbleibsel, sondern ein koloniales Produkt
ist. Das Lesen der »Genealogie als kodierten Geschichts-
text« ergibt vielmehr fluktuierende Identitäten durch die
Jahrhunderte hindurch, deren zufälliger Stand vor dem
Ersten Weltkrieg von Hirtenvolk-Romantikern wie Slatin
und Macmichael (»makmik«) festgeschrieben wurde.
Dieses neue politische Korsett hat aber die als Kawähla
zusammengefaßten »Zelte« in die Lage versetzt, eine
gewaltige Westexpansion von der Gegend um Bara zum
Wadi el Milk zu unternehmen, in deren Verlauf sukzessi-
ve Regenzeitweiden zu Trockenzeitweiden »kultiviert«
wurden und das heutige Stammeszentrum Umm Bädir
entstand.
Die Pax Colonica erlaubte auch die Abkehr vom militä-
risch organisierten und gesicherten Zug des Großver-
bands und die Entwicklung der freien Konkurrenz unter
den Familien. Gleichzeitig etablierte sich die Verwal-
tung, die dieselben Familien über die Steuerpflicht einem
Stammesoberhaupt unterordnete. Als moderner Stamm
litten die Kawähla dann unter dem Druck der mächtigen
Kabäbish-Konföderation, in die sie - mit gewissen Son-
derrechten - schließlich eingegliedert wurden. Erst mit
der Unabhängigkeit gelangte der Stammespartikularis-
mus wieder zu seinem Recht und behielt auch durch die
verschiedenen Verwaltungsreforraen die Oberhand,
selbst im traditionell gespannten, wirtschaftlich aber
komplementären Verhältnis zu den Bauern und Hand-
werkern der Käga, Nüba und Zagäwa.
Der Hauptteil des Buches gilt der extremen Ökologie
Nordkordofans und der Auseinandersetzung mit ihr, die
wohl nichts anderes zuläßt als extensive Weidewirtschaft.
Die Dürren der 80er Jahre haben erneut gezeigt, daß
dazu hohe Mobilität und Flexibilität gehören. Beck lie-
fert einen detaillierten Katalog der Flora, insbesondere
hinsichtlich ihres Futterwertes. Der wiederum spricht die
verschiedenen Herdentiere unterschiedlich an, aber al-
lein mobile Nutzung garantiert die nötige Regeneration.
Somit ist letztlich die Ökologie auch für die komplexen
Eigentumsformen verantwortlich, die neben dem indivi-
duellen an Vieh verschiedene kollektive Nutzungsrechte
an Wasser und Weiden umfassen, einschließlich einer Art
Gastrecht (muhanna, eigentlich Solidarität) für durchzie-
hende Herden. Beck argumentiert gegen die Befürwor-
ter individueller Landtitel im Interesse der Vegetation;
denn gerade Privateigentum und Sedentarisierung er-
schöpft die spärlichen Ressourcen. In der modernen
Weidewirtschaft sind mechanisch betriebene Bohrlöcher
neben die Wasserstellen und Tiefbrunnen getreten; ihre
Reparaturanfälligkeit mindert aber ihre Bedeutung im
Vergleich zu den ebenfalls neu angelegten Stauseen.
Nach der Vegetation und dem Wasser werden die Her-
dentiere vorgestellt. Nomadisches Leben heißt nach
Beck vor allem Anspassung an die Natur dieser Tiere;
deswegen hat die jüngere Einführung des Rindes den
Kawähla ganz neue Lebensweisen ermöglicht. Herdendi-
versifizierung bedeutet damit auch Aufteilung des Fami-
lienverbandes; die Kamelleute müssen viele hundert Ki-
lometer zurücklegen, während die Rinderleute oft nur
50-60 km zwischen Regenzeit- und Trockenzeitweiden
pendeln. Für alle aber gilt der Aufbruch zur Regenzeit-
weide (nasüq) als Befreiung von Not und Enge, Anstren-
gung und Entbehrung, auch wenn in der Trockenzeit alle
großen Feste gefeiert werden. Doch für die harten Bur-
schen, die die Kamele auf die öizzu-Weide am Wüsten-
rand begleiten, bedeutet auch die Regenzeit eine extre-
me Prüfung voller Durst, Kälte und Einsamkeit. Der
Ersatz der Kamelmilch durch die Kuhmilch für die weni-
ger mobilen Haushalte hat diese auffällige Trennung der
Nomaden von den Kamelen noch gefördert, während die
Hawäwir in der nordöstlich angrenzenden Bayuda-Step-
pe, zu denen Beck immer wieder Vergleiche zieht, die
ältere Einheit von Herde und Stamm noch bewahrt ha-
ben. Die stärkste, weil permanente Wachsamkeit erfor-
dern aber die Schafherden, die auch nachts den Hirten
oft nicht schlafen lassen, weshalb diese Aufgabe als
Gipfel der Arbeitsmühe im Hirtenleben gilt und häufig
den unverheirateten Knaben überlassen wird.
Beck beschreibt die Futtergewohnheiten, die »soziale
Organisation«, selbst die Gemütsverfassung der einzel-
nen Herdentiere mit einer Detailkenntnis, die in der
bisherigen Nomadismusliteratur ihresgleichen sucht.
Darüberhinaus setzt er mit Kategorien wie Mühsal (ti'ib)
und Ruhe (räha), die emisch abgeleitet werden, für die
Wirtschaftsethnologie neue Maßstäbe. Ihre Verwendung
erfordert eine besondere Empathie, die in der Kawähla-
Monographie glaubwürdig erscheint. Der verwunderte
Leser erfährt somit u.a., daß das »freie« Leben der
Hirten als Dienst (hidma) aufgefaßt wird, dessen morali-
sche Stützen Verantwortlichkeit und Treue sind.
Ein anderer Irrtum der ethnologischen Tradition, der von
der Subsistenzökonomie der Pastoralisten, wird im Teil 4
widerlegt. Nach Beck lassen sich für die Kawähla »die
ineinander verwobenen Elemente der Subsistenz- und
der Marktproduktion« nicht trennen. Die Wirtschaftsein-
heiten sind fest eingebunden in einen kapitalistischen
Vieh- und Konsumgütermarkt, obwohl ihre interne Dy-
namik nichtkapitalistischen Prinzipien folgt. Der ökono-
mische Umgang mit den verschiedenen Herden wird mit
reichem Zahlenmaterial belegt: am Anfang einer Hirten-
karriere steht der Aufbau einer Schafherde, am Ende
eine große Kamelherde, die nur durch kontinuierliche
Sorge mehrerer Generationen möglich ist. Hier wie im
Geiz eines Herdenbesitzers, der seine Familie wochen-
173
TRIBUS 38, 1989
lang bei Hirse und Wasser hält, drängen sich Parallelen
zum protestantischen Lebensentwurf auf. Und selbst die
Hinfälligkeit der irdischen Güter bekommen die Sahel-
nomaden stets aufs Neue vorgeführt, wenn Seuchen ih-
ren mühsam gesammelten Reichtum schnell wieder hin-
wegraffen. Dagegen, so argumentiert Beck mit den Ka-
wähla und gegen die Entwicklungsexperten, helfen nur
möglichst große Kopfzahlen.
Die Marktorientierung der Nomaden betrifft einzig den
Schlachtwert der Tiere, d. h. in der Regel der männlichen
Tiere. Ihr Verkauf geschieht in der Höchstpreiszeit. Er-
zielte Überschüsse werden in neuen (reproduktiven) Tie-
ren angelegt, denn der Reiche bleibt den Konsummu-
stern der Allgemeinheit verhaftet. Grundnahrungsmittel
der Kawähla ist Hirse; Fleisch kommt zu besonderen
Gelegenheiten »obendrauf«. Schon darin zeigt sich die
auffällige Marktabhängigkeit der Nomaden, ganz zu
schweigen von Zucker und Tee, »der einzigen Droge,
welche die puritanischen ’Arab zu sich nehmen«. Noch
ein letztes Fehlurteil, das die Nomadismus-Diskussion
beherrscht, wird korrigiert: »Steuerhinterziehung ist in
Nordkordofan ein Massenphänomen«. Die Kawähla zah-
len vielleicht für 10-20% ihrer Herden Steuern.
Während die Männer, die mit Schafen und Kamelen
Weiden suchen, auf den Märkten auftreten und in der
Politik mitreden, der Außenwelt zugewandt sind, gehö-
ren die Frauen, die die bei den Zelten bleibenden Ziegen
nutzen, dem inneren, subsistenten Bereich an. Innerhalb
dieses, durch Reibemühle und Mörser charakterisierten
festen Kerns der ansonsten sehr zentrifugalen Stammes-
morphologie bilden sich nach Beck auch die einzigen
Gefühlsbande zwischen Familienangehörigen, in erster
Linie zwischen Müttern und Töchtern. Die Geburten
folgen wegen der häufigen und langen Abwesenheit der
Männer im Abstand von 3 bis 4 Jahren. Doch die
Arbeitsökonomie - es werden sowohl mehrere Frauen
wie mehrere Männer für eine selbständige Wirtschafts-
einheit gebraucht - gebietet die »Zweigenerationen-Ar-
beitsfamilie«. Auch die extreme Distanz zwischen den
Geschlechtern, die »starke Beherrschung der Gefühle bis
an den Rand der Gefühllosigkeit«, entspringt nach Beck
der Herdenökonomie. Und zwar ist es die Verstoßung
der Knaben im Alter von 4 oder 5 Jahren aus dem
Frauenbereich, die »den Charakterpanzer der 'Arab
schmiedet«. Wohl heiraten die Kawähla sehr jung, üblich
ist aber danach eine »Latenzperiode mit duolokaler Resi-
denz«, vor allem wenn der Mann noch im Familienbe-
trieb seines Vaters gebraucht wird. Weniger das geringere
Erbrecht als die bisweilen großzügige Mitgift an Tieren
durch den Brautvater verschafft der Frau auch eine mate-
rielle Basis ihrer später notwendigen Selbständigkeit, die
aus dem sonstigen sudanarabischen Muster hervorsticht.
Die Abwesenheit des Mannes mit den Herden macht
schließlich auch die Präferenz der Parallelkousinenheirat
plausibel, durch die nicht das Vermögen der Familie
zusammengehalten wird, sondern trotz patrilinearer So-
zialorganisation matrilokale Bindungen der auf sich
selbst gestellten Frau möglich werden.
Ist ein Kawähla vom Hütebuben über den Hirten zum
Patriarchen (Sä'ib) aufgestiegen, kann er sich von der
körperlichen Arbeit zurückziehen, weiße, weite Kleider
tragen und zu den vorgeschriebenen Zeiten beten. Es
machen die Arbeit für ihn seine Söhne und Enkel und die
Lohnhirten, denen nach Becks Schätzung ein Drittel
aller Herden in Nordkordofan folgen. Sie können Klien-
telfamilien entstammen, die früher Sklavenstatus besa-
ßen oder über fiktive Verwandtschaftsbande an die Her-
denbesitzer gebunden sind. Diese »Knechte« erhalten in
neuerer Zeit auch Bargeld als Lohn. Trotz dieser verbrei-
teten Ausbeutungsverhältnisse kann nach Beck von sta-
bilen Klassen nicht die Rede sein. Mit der extensiven
Weidewirtschaft sind allzu viele »stratifikationsnivellie-
rende Mechanismen« verbunden: verschiedene ehemali-
ge Sklaven sind wohlhabende Viehzüchter geworden;
von zwei Brüdern kann der eine erfolgreich, der andere
verarmt sein.
Aus der komprimierten Darstellung des reichhaltigen
Werkes ist wohl deutlich geworden, daß das, was Beck im
Sudan erforscht und in die Ethnologie eingebracht hat,
mehr ist als das bloße Schließen einer Lücke. Die Mono-
graphie bescheidet sich weder mit der Rekonstruktion
einer Stammesgeschichte noch mit der Rekonstruktion
eines Funktionierens »before the deluge«. Die Kawähla
werden als moderne Pastoralisten vorgestellt, als Zeitge-
nossen mit Energie und Tatkraft, die auch den vielfälti-
gen Problemen der 80er Jahre gewachsen zu sein schei-
nen. Becks ’Arab decken sich nicht mit dem Bild des
Hilfsempfängers, das besonders außerhalb der Ethnolo-
gie sich immer mehr durchzusetzen droht.
Bernhard Streck
Geary, Christraud M.:
Images from Bamum. German colonial pho-
tography at the Court of King Njoya. Came-
roon, West Africa, 1902-1915.
Washington; Smithsonian Institution Press,
1988.
Bamum - nur wenige andere afrikanische Gesellschaften
haben das Interesse der kolonialen deutschen Öffentlich-
keit ähnlich auf sich gelenkt wie dieses Kameruner Kö-
nigtum. Die Erfindung einer eigenen Schrift durch sein
Oberhaupt, den legendären Negerkönig Njoya, ein hoch-
entwickeltes Staatswesen, eine höfische Kultur, eine ein-
drucksvolle Kunst und Architektur und nicht zuletzt die
anfängliche Bündnistreue zur deutschen Kolonialmacht
ließen Bamum zum Ideal einer primitiven Zivilisation
inmitten der vermeintlich seelenlosen Dumpfheit afrika-
nischer Wildnis werden. Anschauliches Zeugnis hiervon
lieferten die Bildberichte der deutschen Missionare.
Kaufleute und Kolonialbeamten, die zu Anfang dieses
Jahrhunderts in Fumban, der Residenz Njoyas und
Hauptstadt Bamums, weilten und die exotische wie wis-
senschaftliche Neugier zu Hause mit zahlreichen Photo-
graphien befriedigten.
Ein Teil dieser Photographien war bereits in Christraud
Gearys und Adamou Ndam Njoyas Mandu Yenu: Bilder
aus Bamum, einem westafrikanischen Königreich (Mün-
chen 1985) zu betrachten. In einer anderen Perspektive
neu zusammengestellt und um mehr Material erweitert
erscheinen sie jetzt in einem weiteren Bamum-Buch der
Autorin. Es handelt sich um den Katalog einer Ausstel-
lung. die 1988 am National Museum of African Art in
Buchbesprechungen Afrika
Washington, D. C., zu sehen war. In Abkehr der traditio-
nellen Ausstellungspraxis wurden diesmal allerdings
nicht Objekte aus, sondern über Afrika gezeigt.
Ausgangspunkt des Buches ist der Versuch Gearys, die
am Hof König Njoyas gemachten Photographien gleich-
sam als »visuelle Texte« verstehen und lesen zu lernen.
Ziel ist es, damit ihrer tieferen Bedeutung sowohl als
historische Zeitdokumente als auch als ethnologisches
Quellenmaterial näher zu kommen. Als theoretischen
Bezugsrahmen bedient sich die Autorin dabei der Kon-
zepte der Selbst- und Fremdwahrnehmung, die als Seif
und Other im Kontext der ethnologischen Theoriediskus-
sion gegenwärtig im Gespräch sind. Wie in der Einlei-
tung des Buches kurz skizziert, beabsichtigen so die hier
reproduzierten Aufnahmen ein aufschlußreicher Spiegel
zu sein über »unsere« wie auch über »deren« Vorstellun-
gen von dem jeweils eigenen und anderen.
Vor diesem Hintergrund schlägt die Autorin einen über
sieben Kapitel gespannten Bogen ethnologischer Bildin-
terpretation. An Hand des historischen Photomaterials
führt sie den Leser und Betrachter ein in die anfängliche
Nutzungsweise der Photographie in Kamerun. Als neue
Dokumentationsmethode einer im Zeichen von kolonia-
ler Eroberung, evolutionistischem Rassegedanken und
musealem Sammeleifer stehenden Zeit findet sich die
Inszenierung des Fremden und Exotischen ebenso wie
die Pose der Distanz und Überlegenheit. Aber auch
Aufnahmen von großer Einfühlsamkeit und Authentizi-
tät gelangen durch die neue Technik. Insbesondere die
Bilder Anna Wuhrmanns, einer Lehrerin der Basler Mis-
sion, die das Vertrauen Njoyas gewann, wiesen die Mög-
lichkeiten der Photographie als neue Kunstform aus.
Demgegenüber verstanden die Bamum die für sie fremde
Technik im Kontext ihres stratifizierten Gemeinwesens
als neues Medium des Ausdrucks von Rang und Status.
Nur so erklären sich beispielsweise die vielen selbstver-
fertigten Abbildungen Njoyas in Militäruniform. Wäh-
rend sie den kolonialen Betrachter als ungewollte Kari-
katur eines Frobenius’schen Hosenniggers amüsierten,
waren sie für Njoya ebenso Medien politischer Kommu-
nikation wie die traditionelle Emblematik von Stoffen,
Perlen, Tierfellen und anderen Gegenständen, die in der
Herrschaftsikonographie der Bamum einen festen Platz
einnahmen.
Die Kontrastierung der Idee der Bamum und ihrer kolo-
nialen Besucher von dem unterschiedlichen Ausdrucks-
potential der Photographie bildet zweifellos den ethnolo-
gisch zentralsten Teil des Katalogs. Gemessen an der in
der Einleitung umrissenen theoretischen Vorgabe blei-
ben Gearys inhaltliche Ausführungen hierzu allerdings
vergleichsweise bescheiden. Gerade das sechste Kapitel
Art and Ritual Recorded: Using Photographs in Research
hätte zum Beispiel Anlaß für eine tiefere Beschäftigung
mit der indigenen Bamum-Soziologie im Hinblick auf die
spezifischen Kategorien des Selbst und der Person geben
können. Stattdessen liest man eine rekonstruktive Form-
analyse teilweise nicht mehr existenter Figuren und Ritu-
alsequenzen. Überhaupt ist der Text sehr dicht am Mate-
rial gehalten. Dies hängt zum Teil an der expliziten
Abneigung der Autorin gegen allzu abstrakte theoreti-
sche Deutungen und den sich zwangsläufig daraus erge-
benden Verallgemeinerungen. Zum anderen aber hängt
es wohl auch am Material selbt. Denn trotz aller wertvol-
len Erläuterungen sind es am Ende die Photographien,
die im Vordergrund stehen und letztlich doch für sich
selbst sprechen. Die Autorin mag sich dessen bewußt
gewesen sein. Angesichts der Idee, das Moment der
Photographie zum Gegenstand einer völkerkundlichen
Ausstellung zu machen, zeugt der Katalog auf jeden Fall
von dem gelungenen Versuch, das traditionelle Spektrum
musealer Ausstellungspraxis um einen neuen und wichti-
gen Bereich zu erweitern.
Peter Probst
Heintze, Beatrix:
Ethnographische Zeichnungen der Lwimbi/
Ngangela (Zentralangola). Aus dem Nach-
laß Hermann Baumann (Sonderschriften des
Frobenius-Institutes; 5). Stuttgart: Steiner-
Verlag Wiesbaden,
1988. 138 S., 172 Abb., 4 Farbwiedergaben,
1 Karte.
Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit einem Teil des
Nachlasses von Hermann Baumann (1902-1972). Bau-
mann befand sich 1930 auf einer Forschungsreise durch
Angola und gelangte dort in den Besitz ethnographischer
Zeichnungen. Er behielt nur eine »Auswahl der Allerbe-
sten« (S. 6) und machte keinerlei Angaben zu ihrer
näheren Herkunft (S. 3). Beatrix Heintze erhielt aus
dem Nachlaß Hermann Baumanns 52 Blätter von diesen
ethnographischen Zeichnungen.
Frau Heintze bemüht sich, in ihrer ungewöhnlichen Ar-
beit - dieser Themenbereich taucht auch in der deut-
schen Ethnologie nur in vereinzelten Aufsätzen auf (z. B.
B. Ankermann 1913, K. Weule 1926) - anhand der
Zeichnungen eine eindrucksvolle Beschreibung und Zu-
ordnung zu geben. Es ist ihr Verdienst, daß dieses ethno-
graphische Material, das ca. 50 Jahre unbeachtet blieb,
nun als eine wichtige Monographie über den zentral-
angolanischen Raum gelten kann.
Beatrix Heintze mußte, da es keine näheren Hinweise
über die Herkunft der Blätter gab, deren ethnische und
kulturelle Einordnung aus ihnen selbst ermitteln.
(S. 3-11). Um ihr Ziel zu erreichen, prüfte sie die Blät-
ter anhand von zehn »Erkenntnispunkten« (S. 3-5). Er-
kenntnispunkte waren unter anderem:
- die Erwähnung von fünf Ethnien auf den Blättern
- die Sprache der Erläuterung auf den Blättern
- die Handschrift u.s.w.
Nach Prüfung dieser zehn Punkte kommt sie zu dem
Schluß, daß die Zeichnungen von männlichen Erwachse-
nen, die in einer Missionsschule waren (Übersetzungen
in Latein, S. 5), stammen. Ihre Entstehungszeit setzt sie
um 1930 an (Forschungsreise Baumanns, S. 6). Schwie-
rigkeiten gab es bei der ethnischen Einordnung. Die
Zeichner bezeichneten sich selbst als »Ngangela«, dies ist
jedoch ein strittiger Begriff, der übersetzt ungefähr be-
deutet: »Sonnenaufgang« oder »Osten« oder »Leute im
Osten«. Die ethnische Gruppe der MBUNDU bezeich-
net mit diesem Begriff pauschal alle östlichen Nachbarn.
Die Europäer übernahmen von den MBUNDU diesen
175
TRIBUS 38, 1989
Begriff und verwendeten ihn als Sammelbegriff für die
Bevölkerung östlich des Flusses Cubango (S. 7). Die
Sprache der Erklärungen auf den Zeichnungen ist laut
Gerhard Kubik jedoch Lwimbi. Dieser Interpretation
schließt sich Heintze an und verwendet als ethnische
Bezeichnung den Oberbegriff Lwimbi/Ngangela (S. 9).
Hinweise zur technischen Ausführung gibt Heintze im
Absatz »Die Zeichnungen und ihre Edierung« (S. 9-11).
Die Zeichnungen z.B. sind, bis auf die letzten Blätter -
im Anhang gezeigt - schwarz-weiß. Heintze ordnet das
Dargestellte auf den Blättern nach speziellen Themenbe-
reichen. Inhalt der Blätter ist nach Heintze fast das ganze
»traditionelle Kulturinventar«.
Bei den Zeichnungen beginnt es mit der Darstellung des
Hausbaus - auch die Zeichner hätten dies als Ausgangs-
punkt gewählt (S. 10) - geht über Feldarbeit, Hausar-
beit, Haushalt, Jagd, Waffen, Religion und Kult bis zur
Darstellung der Musikinstrumente und der rituellen Tän-
ze. Alle 33 Themenbereiche hier aufzuführen, würde zu
weit führen. Diese Darstellungen des kulturellen Lebens
können als bedeutende und beispiellose Zeugen einer
ehemaligen Kultur, deren Zukunft schon Vergangenheit
ist, angesehen werden. Zu jedem Themenbereich
schreibt Heintze einen Begleittext, über den sie bemerkt:
»...basieren auf den (__) spärlichen Informationen in
der Literatur, unveröffentlichen Nachlässen und einigen
Museumsobjekten...« (S. 11). Im Anschluß an jeden
Begleittext gibt sie die verwendeten Quellen für diesen
Themenbereich an.
Die Einzelerklärungen zu den Zeichnungen und deren
Einbindung in den Text, erfolgt meistens nahtlos und ist
klar ersichtlich. Eine Abweichung davon stellt Abb. 152
»Hexerei« dar. Erwähnung in Text findet diese Abb. erst
zwei Kapitel weiter. Zu loben ist die akkurate Angabe
und Auflistung der Quellen im Text, am Textende und in
der Literaturliste. Sie ermöglicht einen raschen Einstieg
in den Themenkomplex.
Im Rahmen der ethnologischen Literatur ist dieses Buch,
nicht zuletzt durch die Einarbeitung der bildlichen Dar-
stellungen, für jedermann verständlich. Das Buch ver-
mittelt wertvolle Erkenntnisse über die beschriebene
Kultur im Einklang mit einer einfachen, aber einprägsa-
men Darstellung.
Sybille Wolkenhauer
Literatur:
Ankermann, Bernhard
1913 Vorlage von Negerzeichnungen aus Ostafrika und
Kamerun.
Zeitschrift für Ethnologie XXXV : 632-636
Kubik, Gerhard
1985 African graphic systems - a reassessment (Part II)
Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft
in Wien 115: 77-101
Weule, Karl
1926 Ostafrikanische Eingeborenen Zeichnungen
Ipek: 87-127, Tafel S. 32-41
Kenn, Alexander:
Reisen in vergangene Gegenwart.
Geschichte und Geschichtlichkeit der Nicht-
Europäer im Denken des 19. Jahrhunderts:
die Erforschung des Sudan. (Mainzer Etimo-
logica 3). Berlin: Reimer, 1988. 288 Seiten.
Die Abhandlung besteht aus zwei deutlich unterschiede-
nen Teilen, von denen man durchaus nicht leicht oder
immer erkennt, ob und gegebenenfalls wie sie Zusam-
menhängen. Für den philosophie-, geistes- bzw. wissen-
schaftsgeschichtlichen zweiten Teil gibt es gewiß kompe-
tentere Rezensenten; ich beschränke mich deshalb auf
den ersten Hauptabschnitt, der sich mit dem Sudan be-
faßt, auch wenn die Behandlung von zwei so bedeuten-
den Denkern wie Voltaire und Herder, die beide schon
tot waren, als die Erforschung des Sudan richtig begann,
verdienstvoll sein mag. Auch die anschließend Behandel-
ten stützten sich kaum auf Sudan-Material, mit Ausnah-
me von Ritter.
In der sogenannten Fallstudie am Anfang wendet sich
der Verfasser drei Sudanforschern des 19. Jahrhunderts
zu: dem Franzosen Frédéric Cailliaud und den beiden
Deutschen Ferdinand Werne und Georg Schweinfurth.
Dies soll eine Analyse der Berichte ergeben (so S. 13).
Eine Fülle von Zitaten aus deren Reisewerken wird
herangezogen, wobei auffällt, wie gering offenbar der
Verfasser die Sprachkenntnisse seiner Leser einschätzt,
denn alle Äußerungen Cailliauds werden in Überset-
zung, desungeachtet aber in Anführungszeichen ge-
bracht. Wem das französische Original nicht zur Verfü-
gung steht, kann sich über deren Genauigkeit kaum ein
Urteil bilden; viele werden wohl kaum bemerken, daß es
sich nicht um den Originaltext handelt.
Der Verfasser verzichtet auf die Biographie der Reisen-
den, die günstigenfalls beiläufig gestreift wird. Bei
Schweinfurth wird richtig festgestellt (S. 87), er sei von
Haus aus Botaniker gewesen; mit welchem Recht indes-
sen Cailliaud zum Kunstgeschichtler und Werne zum
Anthropogeographen erklärt werden, bleibt schwer ein-
zusehen. Cailliaud (1787-1869) hatte nach zuverlässigen
Nachschlagewerken Mineralogie studiert, er verband die
Suche nach Bodenschätzen mit einem echten Interesse
an den Monumenten des Alten Ägyptens, wäre demnach
als Ägyptologe zu bezeichnen, ohne allerdings Hierogly-
phen lesen zu können. Ab 1836 war er Kustos des
Naturhistorischen Museums seiner Vaterstadt Nantes.
Alles nachzulesen bei Jean-Marie Carré »Voyageurs et
écrivains français en Egypte«, Kairo 1932, oder bei War-
ren R. Dawson: Who was who in Egyptology, London
1951. Noch unverständlicher bleibt mir, weshalb das
»Biographical Dictionary of the Sudan« von Richard
Hill, 2. Aufl. London 1967, weder im Text noch im
Literaturverzeichnis herangezogen wurde.
Über Wernes Leben ist wenig bekannt. Nach Hill stehen
drei Varianten zur Wahl: entweder war er Jurist oder
Ingenieur oder Schiffskapitän, bevor er 1839 mit seinem
Bruder in den Sudan kam. Cailliaud wie Werne nahmen
als Experten mit durchaus pragmatischer Aufgabenstel-
lung an Eroberungszügen der türkisch-ägyptischen Ar-
mee im Sudan teil. Nur Georg Schweinfurth (1836-1925)
stand nicht im Staatsdienst, als er seine Forschungen im
176
Buchbesprechungen Afrika
Südsudan durchführte. Auch er brauchte organisatori-
schen Rückhalt und Absicherung seiner persönlichen
Sicherheit, die er bei einem Elfenbein- und Sklavenhänd-
ler in Khartum fand, der ihm den Anschluß an eine
seiner Unternehmungen gestattete. Alle drei haben als
Augenzeugen viele Grausamkeiten, die ihre Kolonnen
unterwegs begingen, ansehen müssen. Die ethnographi-
schen Forschungsmöglichkeiten blieben stets beschränkt.
So wie er auf die Lebensläufe der Forscher verzichtet, so
prüft der Verfasser auch nur an wenigen Stellen, ob
deren Ergebnisse von späteren Reisenden bestätigt oder
korrigiert wurden. Bei der Darstellung der Bongo von
Schweinfurth übergeht er die neue Arbeit der Kronen-
bergs (1981). Er stützt sein Urteil auch nur auf die 1.
Auflage von »Im Herzen von Afrika«, nicht auf die
veränderte zweite von 1878, die z. B. im Pygmäenab-
schnitt Zusätze brachte.
Cailliaud - so lesen wir S. 187 - hätte in der Tradition
u. a, von Linant de Bellefonds, der später als Ägyptologe
berühmt geworden sei, gestanden. Das ist schlechter-
dings unmöglich, weil Linant 12 Jahre jünger und später
in Kairo Minister für die öffentlichen Bauten war.
Von Margaret Shinnie wurde 1958 in Khartum sein
»Journal d’un voyage à Méroé dans les années 1821 et
1822« herausgegeben, worin man erkennt, daß er kurz
vor Cailliaud die Ruinen von Meroe erreicht hat. Zum
Thema Meroe hat der Verfasser einen Exkurs Ȇberblick
über einige Ergebnisse moderner Sudan-Archäologie«
eingefügt, der den gleichen Mangel an ausreichender
Literaturkenntnis offenbart. Man kann nicht über die
Fortschritte auf diesem Gebiet referieren, ohne Fritz
Hintze und seine Mitarbeiter zu erwähnen. Diese Ar-
beitsgruppe der Ost-Berliner Akademie hat so hervorra-
gend gearbeitet, daß die internationale Anerkennung
voll gerechtferigt ist.
Ähnliches gilt, was fehlende Einbeziehung von neueren
Untersuchungen betrifft, für den Einschub (S. 207) über
das Fundj (Fung)-Reich und seine Hauptstadt Sennar,
dessen Zerstörung Cailliaud miterlebte. Wer das Stan-
dardwerk von Crawford (1951) hierzu nur aus zweiter
Hand hinzuzieht, begeht mehr als eine Flüchtigkeit.
Auch ein anderer erwähnenswerter, älterer Autor wird
nur nach der Darstellung von Ciz (1984) erwähnt: Robert
Hartmann. Bei weiteren Einzelfragen verläßt sich Henn
auf Streck, dessen Sudan-Buch in einer Kunstführer-
Reihe Lob verdient, das dem Sachbuchautor Moorehead
oder dem Vorwortverfasser Arndt wohl kaum zusteht. So
übernimmt er, Faschoda sei das heutige Malakal; es heißt
jetzt wie vor der Türkenzeit Kodok. Auch an anderer
Stelle sind geographische Ungenauigkeiten zu monieren:
den Ort Hafay (S. 16 und 187) gibt es nicht, es kann nur
Halfaya gemeint sein. Menschra (S. 54) muß Meshra (=
Anlegeplatz) heißen. Offensichtlich ist überhaupt nicht
der Versuch gemacht worden, Namen oder Begriffe aus
dem Arabischen einheitlich zu transkribieren, längst ver-
altete Umschriften werden weitergeschleppt. Cailliauds
Ahbd wird (S. 21) wohl nicht als ’Abd (arabisch ’Sklave’)
erkannt. Am schlimmsten wirkt indessen auf ein auch
nur mäßig geschultes Auge die konsequent durchgehalte-
ne falsche Umschrift »Paschah«, von vielen kleineren
Ungereimtheiten wie Abas für 'Abbas (S. 187) abgese-
hen. Wie einfach wäre es zu erreichen gewesen, die
Namen und Titel der handelnden Personen zu schreiben,
hätte er ein wichtiges Buch von einem der Großen in der
Geschichtsforschung über den Sudan vor der Mahdi-Zeit
zu Rate gezogen, nämlich Richard Hill’s »Egypt in the
Sudan 1820-1881«, London 1959.
Im Urteil des Verfassers kommt Schweinfurth, der wis-
senschaftlich ertragreichste der drei Forschungsreisen-
den, am schlechtesten weg. Sein »geschichtsfeindlicher
Rassismus« habe den Nachfolgenden das Verständnis der
Afrikaner erschwert; Zentrum seiner Völkerwissenschaft
»war die Rassenkunde« (S. 61 und 89). Seltsam, daß
später Anthropologen wie etwa von Eickstedt das kaum
bemerkt haben! Auch Cailliaud und Werne haben die
ihnen begegnenden Sudaner in ihrer Rassensystematik
einzuordnen versucht. Ihnen kreidet Henn das aber we-
niger an als Schweinfurth. Bei ihm stört den Verfasser
offenkundig seine Abneigung gegen jede Fraternisie-
rung, einschließlich der Enthaltsamkeit gegenüber dem
anderen Geschlecht (S. 194). Gewiß war Schweinfurth
das Gegenstück zum »Going native«, das spätere Feld-
forscher zu praktizieren versuchten. Ist aber jeder Völ-
kerkundler, der das Wort Rasse gebraucht, für dessen
Abgrenzung es übrigens eine UNESCO-Erklärung von
1951 gibt, schon ein Rassist? Wir sollten uns hüten,
unsere geschärfte Sensibilität in Rassenfragen generell
auf das vorige Jahrhundert zu übertragen. Ein Beitrag
zur Rassensystematik, die man sicher übertrieben weit in
letzte Verästelungen auszubauen trachtete, wurde da-
mals nahezu als Selbstverständlichkeit von jedem ethno-
logischen Feldforscher erwartet.
Schweinfurth war zudem nicht geschichtsfeindlich. Er hat
Beiträge zur Geschichte des Niltals verfaßt, die leicht in
seinem Gesamt-Schriftenverzeichnis am Ende der 4.
Auflage seines Hauptwerkes zu ermitteln sind. Er hat
auch in einem wichtigen Punkt den kulturellen Beitrag
der Afrikaner unterstrichen, nämlich bei der Eisenverar-
beitung. 1910 schrieb er gegen Stuhlmann (in Ztschr.
Gesell, f. Erdkunde Berlin S. 191): »Ich halte allerdings
an der Ansicht fest, daß das Eisen für einen großen Teil
der alten Kulturwelt afrikanischen Ursprungs sei...«
Der Teil der vorliegenden Publikation, der dem Sudan
gewidmet ist, bringt über dieses Land und seine For-
schungsgeschichte zu wenig Neues, übersieht zu oft be-
reits Geleistetes und beurteilt die ausgewählten Forscher
des 19. Jahrhunderts zu subjektiv, um als wirklicher
Fortschritt, als Erweiterung unserer Kenntnisse Aner-
kennung zu verdienen.
Rolf Herzog
Kirby, Jon R:
God, Shrines and Problem-solving among
the Anufo of Northern Ghana.
(Collectanea Instituti Anthropos, Bd. 34.)
Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 1986. 368
Seiten; 7 Tabellen, 6 grafische bzw. zeichne-
rische Darstellungen, 2 Übersichtskarten,
Bibliografie und 42 Schwarzweiß-Fotogra-
fien im Anhang.
Die von Jon Kirby 1979-81 erforschten Anufo, in Ghana
auch unter dem Namen Chakosi bekannt, werden leicht
177
TRIBUS 38, 1989
in ethnographischen Abhandlungen über Nordghana und
seine angrenzenden Gebiete übersehen oder vernachläs-
sigt, gelten sie doch als eingewanderte und daher inner-
halb der Gur-Völker isolierte Gruppe. Für den bei den
Akan-Völkern arbeitenden Forscher liegen sie schon rein
entfernungsmäßig gesehen zu weit abseits vom Kernge-
biet und gelten als stark durch andere Kulturen und
Religionen beeinflußte Gruppe.
Jon Kirby hat sich diesem Pluralismus der kulturellen
Werte bei den Anufo ganz bewußt gewidmet und unter-
sucht ihn anhand der Mittel und Wege, die die Anufo in
Konfliktsituationen zur Lösung ihrer Probleme anwen-
den. Er unterscheidet drei Gruppen und damit auch drei
Wertsysteme: 1. die stärker mit den Aschanti verwandten
Anufo (im engeren Sinne), 2. die vor der Einwanderung
der Anufo in diesem Gebiet wohnhafte Komba-spre-
chende Schicht und 3. die Moslems bzw. die stark vom
Islam beeinflußten Gruppen. Träten diese Gruppen iso-
liert auf oder wären sie von Kirby als solche beschrieben
worden, würde die Darstellung sicher sehr an Attraktivi-
tät verlieren. So aber kann der Autor darstellen, wie ein
Individuum Problemlösungsmöglichkeiten aus verschie-
denen Wertsystemen in Anspruch nehmen kann, was
nicht besagt, daß der von Schicksalsschlägen heimge-
suchte Anufo nicht eine der Art und dem Ausmaß der
Betroffenheit angemessene Reihenfolge einhalten muß.
Er macht kleinere Versehen und Auslassungen nach eige-
nem Ermessen wieder gut, aber schon wenn der Besuch
eines Wahrsagers notwendig wird, kann er sich für einen
Moslem-Wahrsager mit seiner Sand-Divinationstechnik
oder einen Kauri werfenden traditionellen Wahrsager
entscheiden und dementsprechend auch unterschiedliche
therapeutische Maßnahmen einleiten. So ist auch der auf
den ersten Blick in seiner Aufreihung religiöser Begriffe
nicht ganz homogen klingende Buchtitel »God, Shrines
and Problem-solving...« so zu verstehen, daß die beiden
ersten Begriffe (God, Shrines) Maßnahmen zur Problem-
lösung darstellen, wenn auch in umgekehrter Reihenfol-
ge. Wenn alle Opfer an Schreine des Hauses oder des
Klans nicht den gewünschten Erfolg bringen, wird der
Hochgott Nyeme selbst angerufen. Das Verhältnis zwi-
schen diesem Hochgott, der keineswegs nur dem otiosus
ist, und den in Schreinen verehrten spirituellen Kräften
scheint dem Ethnologen und Theologen Kirby besonders
erforschenswert gewesen zu sein. Hinzu kommt, daß die
Bezeichnungen für den in einem speziellen Schrein ver-
ehrten persönlichen Schutzgeist (nyeme) und für den
Hochgott (Nyeme) sprachlich gleichlautend sind, was bei
rituellen Gebeten die Opfernden zu einem bewußt zwei-
deutigen Gebrauch dieser Begriffe führen kann (S. 224).
Bei diesen Erörterungen ist der von der Beschäftigung
mit den Gur-sprechenden Volta-Völkern kommende
Ethnologe überrascht über die großen Ähnlichkeiten der
beiden zentralen religiösen Begriffe (nyeme und Nyeme)
mit den ihm vertrauten Begriffen wen, wün, yin... bzw.
Wen, Wim, Yin. Die von Kirby (S. 17) aufgestellte Be-
hauptung, daß bisher noch keine Erklärungen für die
sprachliche Homophonie der beiden Begriffe »persönli-
cher Schutzgeist« und »Hochgott« erbracht worden sind,
dürfte jedoch nicht ganz zutreffen, da der Rezensent
schon 1978 und 1982 anhand spezieller Riten der Bulsa
(Nordghana) die Beziehung der beiden Begriffe wen und
Wen zueinander und schließlich ihre Einheit nachgewie-
sen hat.
Neben den im Buchtitel angegebenen thematischen
Schwerpunkten nimmt die Divination als indirektes Mit-
tel der Problemlösung in Kirbys Werk einen breiten
Raum ein. Eine bemerkenswerte Position muß der Feld-
forscher Kirby bei der Materialsammlung zur traditionel-
len Divination eingenommen haben, wenn er sich in
einer Gesellschaft, in der er selbst als katholischer Prie-
ster und Missionar gewirkt hat, als traditionellen Wahrsa-
ger einsetzen läßt. Man hätte fast gewünscht, daß Kirby
über diese wohl einmalige Situation mehr als nur einige
gelegentliche Zwischenbemerkungen geschrieben hätte
(so z.B. in den Acknowledgements, S. 13: Dank an seine
»fellow missionaries« und an seine »fellow diviners«).
Die äußere Aufmachung, Druck, Zeichnungen und Fo-
tos sind im allgemeinen sehr ansprechend. Das Werk
weist einen umfangreichen Anhang mit zahlreichen
Quellen, statistischen und grafischen Materialien und
einem Fotoanhang auf. Hierbei muß jedoch die Frage
erlaubt sein, ob ein Teil der Materialien des Anhangs
nicht besser ihren Platz im Haupttext gefunden hätten.
Der Abdruck eines Quellentextes (S. 273 f.), der im
Hauptteil ausgiebig interpretiert wird, würde eingebaut
im Interpretationstext dem Leser eine Lektüre erlauben,
die nicht durch Nachschlagen im Anhang unterbrochen
wird. Auch die zahlreichen Fußnoten, die oft mehr als
eine halbe Textseite einnehmen, setzen mitunter einfach
die Gedanken des Haupttextes fort (S. 79, Fußnote 77;
S. 137, Fußnote 52) oder beinhalten abgeschlossene Dar-
stellungen, die, wie z.B. die Darlegung der Farbsymbo-
lik (S. 137 / 138, Fußnote 54), durchaus in den Haupttext
gepaßt hätten.
In der genealogischen Darstellungsweise polygyner Fa-
milien, zumal wenn die Zahl der Frauen weit über zwei
liegt, herrscht wohl z. Z. noch keine von allen Sozialwis-
senschaftlern als Norm akzeptierte Darstellungsweise.
Wenn jedoch das Gleichheitszeichen als Heiratssymbol
zwischen Bruder und Schwester erscheint, so erzeugt dies
eine Verunsicherung beim Leser, wenn er es nicht so-
gleich als Druckfehler deutet. Auch die Tabelle der Wo-
chentagsnamen (S. 192, Fußnote 17) bedürfte eines zu-
sätzlichen Hinweises, wenn sich die Namen bei den Anu-
fo in Bezug auf die sprachlich sehr verwandten Akan-
Wochentagsnamen um je einen Tag verschoben hätten
(Anufo Kwasi = Montag, Akan Kwasi/Kwesi = Sonn-
tag). Wahrscheinlich handelt es sich jedoch auch hier um
ein (drucktechnisches?) Versehen.
Die zuletzt angeführten kritischen Bemerkungen sollen
den hohen wissenschaftlichen Wert von Kirbys Werk
nicht schmälern. Sicherlich ist es in seinen grundsätzli-
chen religionsethnologischen Fragestellungen und in sei-
ner Analyse einer polyethnischen Gesellschaft mit plura-
listischen Wertsystemen nicht nur für den auf Westafrika
spezialisierten Ethnologen und Religionswissenschaftler
sehr lesenswert.
Franz Kröger
Buchbesprechungen Afrika
Mitzlaff, Ulrike Von;
Maasai-Frauen. Leben in einer patriarchali-
schen Gesellschaft. Feldforschung bei den
Parakuyo, Tansania. (Rites de Passage Band
1). München: Trickster-Verlag, 1988. 181
Seiten, 34 Fotos, Zeichnungen.
Seit den 60er Jahren ist, vermittelt durch die Beiträge
feministisch engagierter Ethnologinnen, immer deutli-
cher geworden, daß vorliegende Feldforschungsmono-
graphien allzuhäufig von einem »male bias« gekennzeich-
net sind, die Welt der Frauen entweder kaum berücksich-
tigt worden ist oder aus männlicher Perspektive beschrie-
ben wurde. Die Entdeckung der androzentrischen Ver-
zerrungen eines großen Teils des vorliegenden Materials
hat zugleich auf eine riesige Forschungslücke aufmerk-
sam gemacht: die Ethnographie der Frauen mußte erst
noch bzw. wieder neu geschrieben werden.
Als ein Beitrag hierzu versteht sich die 1987 in Göttingen
vorgelegte Dissertation von U. von Mitzlaff, in der das
Alltagsleben und die Rituale und Zeremonien im Le-
benszyklus der Parakuyofrauen im Zentrum stehen. Die
Parakuyo, die zu den Maa-sprechenden Gruppen gehö-
ren, leben als halbseßhafte Rinderhalter im Nordosten
von Tansania und stellen die südlichste der verschiedenen
Maasaisektionen dar.
Die Autorin geht der Frage nach, »ob die Frauen in
dieser als geradezu klassisch patriarchalisch geschilderten
Gesellschaft tatsächlich so unsichtbar, zweitrangig und
nur über Männer definierbar sind wie in den ethnologi-
schen Texten beschrieben« (S. 21). Sie versucht nachzu-
weisen, daß den Parakuyofrauen in der Realität ein weit
größerer Handlungsspielraum offensteht als es die gesell-
schaftlichen Normen vermuten lassen und zeigt institu-
tionalisierte und individuelle Möglichkeiten der Frauen
auf, sich der Kontrolle der Männer zu entziehen. Ihre
Analysen basieren auf einer Feldforschung, die in den
Jahren 1982 bis 1985 als Intervallforschung durchgeführt
wurde und aus dreizehn mehrwöchigen Aufenthalten bei
den Parakuyo bestand.
Zunächst wird im Text im Zusammenhang mit kurzen
allgemeinen Bemerkungen zu Möglichkeiten und Proble-
men ethnologischer Feldforschung von Frauen die eigene
Rolle bei den Parakuyo, die in einem quasi geschlechts-
neutralen Bereich oszillierte, und die Vorgehensweise bei
der Feldforschung beschrieben. Es folgt ein Überblick
über die soziale und wirtschaftliche Organisation, die
geschlechts- und die altersklassenspezifische Arbeitstei-
lung der Parakuyo und deren ambivalente Beziehung zu
den seßhaften, ackerbautreibenden Bantunachbarn.
Ausführlich werden drei Frauen, die zugleich unter-
schiedliche Lebensalter repräsentieren, vorgestellt. Die
allgemeinen Lebensverhältnisse, die sozialen Beziehun-
gen und besondere Episoden aus der jüngeren Vergan-
genheit dieser drei Frauen aus drei verschiedenen Haus-
halten - Großmutter, Tochter und Enkeltochter - wer-
den in der Art einer Netzwerkfallstudie beschrieben.
Den Festen, die den rituellen Lebenszyklus und die
Veränderungen im Status einer Frau markieren, ist ein
eigenes, umfangreiches Kapitel gewidmet. Diese indivi-
duell ausgerichteten Feste, die in der Literatur bisher
weitgehend übergangen wurden, stellen nach Meinung
der Autorin die eigentlichen Ereignisse innerhalb eines
Jahres dar, wenn sie auch weniger spektakulär als die,
nur in großen Zeitabständen stattfindenden, kollektiven
Feste der Männer durchgeführt werden.
Die Geschlechterbeziehungen, die legitimen wie illegiti-
men Beziehungen zu den verschiedenen Altersklassen
der Männer, werden thematisiert und Organisationsfor-
men der Frauen angesprochen.
Wie wird nun, zusammenfassend, der postulierte relative
Handlungsspielraum und die Möglichkeit zu weiblicher
Selbstbestimmung bei den Parakuyofrauen begründet?
Immer wieder spricht die Autorin die freie Wahl der
Liebhaber als Manifestation von Unabhängigkeit sowohl
für die heranwachsenden Mädchen als auch für die ver-
heirateten Frauen an. Die Freizügigkeit auf diesem Ge-
biet, die in krassem Gegensatz zu der Abhängigkeit in
anderen Lebensbereichen steht, wird gesichert durch die
Solidarität der Frauen und nutzt die Rivalitäten zwischen
den Männern, die auf der strengen hierarchischen Glie-
derung im Altersklassensystem basieren. Von grundsätz-
licher Bedeutung ist zudem vor allem die starke Tren-
nung von männlicher und weiblicher Sphäre, sowohl im
Bereich des alltäglichen als auch des rituellen Lebens.
Hier besteht ein »kultureller Raum der Frau« (Maya
Nadig), der dem Zugang und der direkten Kontrolle der
Männer weitgehend entzogen bleibt: »Auch weil Berüh-
rungspunkte und Kommunikation zwischen Frauen und
Männern im täglichen Leben nicht häufig sind und weil
intime Beziehungen auch aktiv von Frauen ausgehen, ist
das Verhältnis zu Männern von geringerer Relevanz für
das Selbstwert- und Identitätsgefühl der Parakuyofrauen
als ihre Position und Rolle innerhalb der verschiedenen
Gruppen, denen sie sich zugehörig fühlen. Die Akzep-
tanz, Anerkennung und Kritik, die sie dort erfahren,
formen ihr Selbstverständnis weit mehr als die Einschät-
zung, die sie von Seiten der Männer erhalten« (S. 163).
Gemessen an dieser Aussage nimmt der Bezug auf die
Männer in der vorliegenden Arbeit m.E. einen zu brei-
ten Raum ein, während die Organisationsformen der
Frauen und das Leben der Frauen unter Frauen nicht
genügend eigenständige Berücksichtigung finden. Trotz
dieser Einschränkung: U. von Mitzlaff ist ein interessan-
tes und schönes Buch in einer Sprache mit literarischem
Niveau gelungen, ein anschaulicher und eindrucksvoller
Text, der in plastischer Weise Vorstellungen vom Frauen-
leben in einer fremden Gesellschaft vermittelt, deshalb
ein Titel, der sicher auch für Nicht-Ethnologinnen zu
empfehlen ist.
Jutta Tobelmann
MOHLIG, W. J. G. - JuNGRAITHMAYR, H. -
Thiel, J. F. (Hrsg.);
Die Oralliteratur in Afrika als Quelle zur
Erforschung der traditionellen Kulturen
(Collectanea Instituti Anthropos. 36). Ber-
lin: Dietrich Reimer Verlag, 1988. 382
Seiten.
»Die Beiträge dieses Sammelbandes sind aus einer
deutsch-französischen Tagung hervorgegangen, die von
179
TRIBUS 38, 1989
den Hrsg, in der Zeit vom 20. bis 22. Feb. 1985 in St.
Augustin bei Bonn veranstaltet wurde«, so beginnt das
Vorwort zu einem Werk, in dem die überarbeiteten Refe-
rate, deutsche und französische, einer Tagung, die das
Thema; Die Oralliteratur in Afrika als Quelle zur Erfor-
schung der traditionellen Kulturen, behandelte, zusam-
mengefaßt wurden.
22 Beiträge, die in fünf Abschnitte unterteilt sind, geben
ein umfassendes Bild über den Stand der Forschung über
Oralliteratur, ebenso wie über laufende Projekte. Leider
kann jeder Beitrag aus ersichtlichen Gründen nur kurz
vorgestellt und zusammengefaßt werden. Luc Bou-
quiaux, Prof, in Paris, der dieses Thema anregte, veran-
staltete das Symposium zusammen mit Prof. Jungraith-
mayr, Prof. Möhlig und Prof. Thiel.
Luc Bouquiaux gibt eine Einführung in das Thema, in
der er deutlich macht, daß zu den mündlich weitergege-
benden Überlieferungen Mythen, Sagen, Märchen, Rät-
sel, Sprichwörter, Volkslieder u.ä. gehören. Das Gebiet
und der Umfang der Oralliteratur wächst seiner Meinung
nach ständig, daher sei ständiges Zuhören und Weiter-
sammeln wichtig.
Prof. Möhlig geht in seinem auf Französisch abgefaßten
Einleitungstext den Fragen »Was sind orale Texte?«,
»Wie hoch ist der Grad der Wahrhaftigkeit der Quellen-
texte?«, »Was bedeutet der Begriff »traditionelle Kultu-
ren< in Afrika?« und »Können Nichteinheimische der
afrikanischen Kultur diese auf angemessene Art mit Hil-
fe oraler Texte analysieren?« nach.
Im 2. bis 5. Abschnitt bemühen sich die Referenten um
Texte der fiktionalen Wortkunst (Märchen, Sagen, Myt-
hen u.ä.), um dokumentarische Texte (Äußerungen von
einheimischen Kulturexperten), um Namen, Formeln
und Gebete und um historische Überlieferungen und
historisch interpretierbare Texte.
Im letzten Abschnitt des Sammelbandes stehen Berichte,
welche laufende oder konkret geplante Vorhaben, die für
die oralliterarische Quellenforschung relevant sind, vor-
stellen. Zu jedem Text, sei er französisch oder deutsch,
gibt es eine kurze Zusammenfassung oder Resumé in der
jeweils anderen Sprache.
Abschnitt II behandelt die Texte der fiktionalen Wort-
kunst. Mit insgesamt neun Beiträgen ist dies der umfang-
reichste Abschnitt des Sammelbandes. Gladys Guarisma
und Rosemarie Leiderer (S. 29-38) - L’histoire de Soleil
Ténèbres et Lune chez les Bafia du Cameroun - gingen
einer Mythe nach. Diese Mythe ist als Weltentstehungs-
mythe einzuordnen, sie beschäftigt sich mit der Ge-
schichte der Sonne, der Nacht und des Mondes. Guaris-
ma und Leiderer untersuchen diese Mythe einerseits
anhand einer linguistischen Analyse, andererseits an-
hand kultureller Informationen, die R. Leiderer bereits
1982 lieferte (R. Leiderer: La médicine traditionelle chez
les Bakpak (Bafia) du Cameroun).
Denise Paulme (S. 39-49) - Contes nsakara du décep-
teur - befaßte sich mit den Nsakara in Zentralafrika. Ihr
Augenmerk richtete sich auf Tonlé, die Spinne, die eine
beliebte Gestalt in der Volksliteratur der Nsakara ist.
Einerseits ist sie mit vielen Fehlern behaftet, andererseits
wird sie zum Vorbild für Lebenskünstler. Die völlige
Hingabe an Tanz und Gesang wird in dieser Geschichte
als Positivum gewertet.
Marie-François Rombi (S. 51-69) - Un anti-héros como-
rien; La chienne - stellte eine Anti-Heldin der Komoren
vor, die Hündin. Rombi untersuchte zwei Erzählungen,
durch die man Hündin gleich Frau setzte.
Paulette Roulon (S. 71-106) - Monde imaginaire et réa-
lité quotidienne: L’exemple de la cuisine dans les contes
gbâyâ ’bôdôè (Centrafrique) - analysierte und interpre-
tierte verschiedene Aspekte der Nahrungsaufnahme in
der Erzählkultur der Gbaya. Die Erzählungen sind ver-
gleichbar mit unserem »Knigge«, bezogen auf das soziale
Miteinanderleben und die individuellen Handlungen der
Gbaya.
Sigrid Schmidt (S. 107-124) - Der Einfluß der europäi-
schen Volkserzählungen auf die Erzählungen des südli-
chen Afrika - gibt als Beispiele einige Tierfabeln und
Zaubermärchen an.
Rüdiger Schott (S. 125-138) - L’histoire d’enfant terri-
ble chez les Bulsa (Ghana du Nord) et les Mossi (Burkina
Faso) comme sources éthnographique - bespricht einige
Erzählungen, die das Thema »Familienschreck« haben.
Aus diesen Erzählungen kann die Stellung des »Ethos« in
der jeweiligen Kultur, also Werte und Normen, heraus-
gearbeitet werden.
Sabine Steinbrich (S. 141-154) - Femmes dans les contes
ouest-africains: Une variante lyela du conte de »L’enfant
chez les ogre« (Burkina Faso) - analysierte Märchen, die
sich mit Frauen befassen, die in einer bestimmten Sozial-
beziehung zueinander stehen. Die Vater-Schwester (Fa-
Si) kann ihre Bruder-Tochter (BrDas) im Alter von fünf-
bis acht Jahren zu sich nehmen und sie streng erziehen.
Die Märchen verarbeiten das Trauma - Trennung von
Familie und Umwelt - der jungen Mädchen.
Anton Vorbichler (S. 155-176) - Der »Hottentottische
Mythos vom Ursprung des Todes«: Ein Lehrstück um
Aufrichtigkeit und Lüge - legt dar, daß dieser Mythos
z.B. das Hasenfleischtabu veranschaulicht, ein Lehr-
stück für die Knabeninitiation ist und bei Reinigungsmy-
then eingesetzt wird.
Abschnitt III behandelt das Thema »Dokumentarische
Texte«. Diese Texte kamen in der ersten Hälfte des 20.
Jh. als neue Gattung oraler Zeugnisse zu den volkslitera-
rischen Texten hinzu.
Thomas Geider (S. 179-201) - Die Dokumentarliteratur
Ahmed Sheik Nabhanys zum Schiffbau in Lamu (Swahi-
li-Küste) als Innovation im »utenzi«-Genre - bespricht
Gedichte Nabhanys und äußert sich anschließend über
die Bedeutung der Dokumentarliteratur für den allge-
meinen Diskurs. Er hebt hervor, daß Informanten, die
normalerweise in wissenschaftlichen Arbeiten wenig zu
Wort kommen, eine bedeutende Funktion in der Ethno-
graphie durch ihre Aussagen übernehmen könnten.
Ivo Strecker (S. 203-211) - »Baldambe Explains«: Zur
analytischen Funktion einheimischer Gesellschaftsmo-
delle - stellt einen von ihm selbst aufgenommenen Doku-
mentartext, »Baldambe Explains« (Baldambe ist eine
Person und gehört der Ethnie der Hamar an), vor. Er
untersuchte den Wert dieser Texte (persönliche Aussa-
gen) anhand von Untersuchungen der Struktureigen-
schaften und anhand der Frage: Welche analytische
Funktion hat der Text zum Verständnis des gesellschaftli-
chen Lebens der Hamar?
180
Buchbesprechungen Afrika
Abschnitt IV stellt Referate mit dem Thema: »Namen,
Formeln und Gebete« vor.
Emilio Bonvini (S. 215-225) - Anthroponymes et zoony-
mes comme négation de l’événement - stellt heraus,
»..., daß Namen in erster Linie auf das Ereignis und
nicht auf das Reale als solches abzielen. Durch sie be-
müht eine Gesellschaft sich, in der Realität zu einer
Negierung der Ereignisse zu gelangen...« (S. 225).
Hugo Huber (S. 227-253) - Formules d’éloges, de priè-
res et des serments »fossiles directeur« en tradition orale
est-africain? - stellte dar, daß diese Preis-, Gebets- und
Schwurformeln zusammen mit anderen Quellen ein um-
fassendes Bild einer Ethnie geben können. »Fossiles
directeur« könne man mit »Leitfossil« übersetzen.
Abschnitt V widmet sich den historischen Überlieferun-
gen und den historisch interpretierten Texten.
Alan Jones (S. 257-268) warnt in seinem Referat »Quali-
tät ohne Quantität? Einige Gedanken zur Aufnahme
mündlicher Überlieferungen« davor, sich auf eine einzige
Überlieferung zu stützen, da es keine allgemein gültige
»wahre« Überlieferung geben könne. Zwei Fassungen
einer Geschichte seien immer vorhanden.
Günther Schlee (S. 269-299) - Die Islamisierung der
Vergangenheit: Von der Rückwirkung der Konversion
somalischer und somaloider Gruppen zum Islam auf
deren oral tradiertes Geschichtsbild - erläutert und er-
stellt anhand einiger Fallbeispiele in Somalia Kriterien,
die zur Unterscheidung islamischer von islamisierten Tra-
ditionen beitragen können. Jacqueline M.C. Thomas
und Serge Bahuchet (S. 301-327) - La littérature orale
pour l’histoire de l’Afrique centrale forestière - gingen
der Frage nach »Welche ethnohistorischen Erkenntnisse
aus der oralen Literatur gezogen werden können, wenn
entsprechende historische Überlieferungen fehlen?«
(S. 326).
Abschnitt VI bringt Berichte über laufende oder konkret
geplante Projekte auf dem Gebiet der oralliterarischen
Quellenforschung. W. C. Möhlig (S. 331-339) - Die Er-
forschung der afrikanischen Oralliteratur durch deutsch-
sprachige Gelehrte. Entwicklung und derzeitiger Stand.
Denise Paulme (S. 341-344) - Sur l’état des recherches
françaises dans le domaine de la littérature orale en
Afrique noire.
Hans-Ingolf Weiser (S. 345-358) - Vorstellung eines
Langzeit-Forschungsprojektes: Luba-Sprichwörter - aus
dem Nachlaß von L. Stappers - als Ausdruck für das
Selbstverständnis eines Volkes.
Karl R. Wernhart und Manfred Kremser (S. 359-365) -
Rapport sur la tradition et la littérature orales commé
source pour la reconstruction de la culture traditionelle:
L’exemple de St. Lucie/Antilles.
Dieser neue Ansatz der deutsch-französischen Zusam-
menarbeit ist zu begrüßen, und es ist wünschenswert, daß
er so weitergeführt wird.
Sybille Wolkenhauer
Van Roy, Hubert:
Les Byaambvu du Moyen-Kwango; histoire
du royaume luwa-yaka. (Collectanea Insti-
tuti Anthropos, 37). Berlin: Reimer, 1988.
219 S., 5 Karten,
7 Illustrationen.
Noch Anfang der 60er Jahre mußte Jan Vansina feststel-
len, daß Zentralafrika das Stiefkind der Geschichts-
schreibung Afrikas ist. Nicht zuletzt sein Überblick über
die Königtümer der Savanne markiert hier einen Wende-
punkt (Kingdoms of the Savanna. Madison, 1966). Ob-
wohl die Zahl der historischen Untersuchungen über
diesen Teil Afrikas seitdem stark angewachsen ist, fehlen
zur Geschichte noch vieler Gesellschaften Zentralafrikas
detaillierte Einzelstudien, so auch zum Königtum der
Luwa-Yaka am mittleren Kwango, dessen Entwicklung
vom Ende des 17. Jahrhunderts bis heute Hubert Van
Roy in seiner Studie Les Byaambvu du Moyen-Kwango
nachzeichnen will.
Mit dieser Publikation legt uns der Autor das Ergebnis
seiner 25-jährigen Forschung vor, wovon er seit 1963 22
Jahre am Kwango verbrachte. Neben wenigen schriftli-
chen Quellen bilden die unzähligen oralen Traditionen,
die er während dieser Zeit in 112 Dörfern gesammelt hat
(S. 202-203, namentlich aufgelistet), die Grundlage sei-
ner Untersuchung. Die Fülle an originalsprachlichen
Texten macht diese Publikation zu einer wertvollen
Quelle für die Historiographie der Kwango-Region. Be-
dauerlich, daß für einige kurze Textstellen die Überset-
zung vergessen wurde. Für den Umgang mit den Texten
wäre ein umfangreicheres Glossar wünschenswert gewe-
sen (S. 199-201). Leider sind auch viele der im Text
erwähnten Orts- und Flußnamen nicht auf den Karten zu
finden.
Aus dem Vergleich von etwa zwanzig dynastischen Li-
sten, vom Autor selbst aufgezeichnet, und fünf weiteren
Listen aus Archiven entwickelt Van Roy eine eigene
Liste von insgesamt 27 byaambvu, »chefs suprêmes des
ba-Luwa et ba-Yaka du Moyen-Kwango«, denen er zwei
sogenannte »chefs migrateurs« voranstellt (S. 178-179:
Tableau chronologique). In den beiden Hauptkapiteln,
wovon das erste den »chefs migrateurs Luwa« (S. 21-65)
und das zweite den »byaambvu de la Nganga et de
l’lmoma« (S. 67-175) gewidmet ist, behandelt der Autor
jedoch vier »chefs migrateurs«, von denen die zwei letz-
ten in seiner Liste zu byaambvu werden. Wieso diese
widersprüchlichen Einordnungen? Weil die zwei ersten
»chefs migrateurs« in der offiziellen Liste vom Hof des
kyaambvu in Kasongo-Lunda fehlen? Van Roy kritisiert
doch gerade eine Geschichtsschreibung, die zu sehr höfi-
schen Überlieferungen verhaftet bleibt. Außerdem über-
nahm er weitaus umstrittenere Titelträger, so die ver-
schiedentlich von der Kolonialverwaltung eingesetzten
’Herrscher. Zur Berechnung der durchschnittlichen Re-
gierungszeit berücksichtigt er die beiden fraglichen Chefs
181
TRIBUS 38, 1989
ebenfalls. Ein viel grundlegenderes Problem bei der Er-
stellung von dynastischen Listen ergibt sich jedoch aus
den Institutionen der fortwährenden Verwandtschaft und
der positionellen Nachfolge und daraus, daß infolge des-
sen ein Name/ein Titel für eine Vielzahl von Personen
benutzt wurde und umgekehrt eine Person eine Vielzahl
von Namen trug. Darauf verweist der Autor im übrigen
selbst (S. 18, S. 169, Anm. 64). Wie ist es angesichts
dieser Hindernisse Van Roy dennoch möglich, eine ’gesi-
cherte’ dynastische Liste der byaambvu anzufertigen?
In den bisherigen historischen Studien ist, so Van Roy,
die Expansion der Lunda zum mittleren Kwango zu einer
einzigen Migration verkürzt worden, da die offiziellen
höfischen Traditionen zu sehr, orale Traditionen anderer
Herkunft zu wenig berücksichtigt wurden. Es ist sicher-
lich ein Verdienst des Autors herauszuarbeiten, daß die
Lunda-Gruppen, die zur Entstehung des Königreichs am
mittleren Kwango beigetragen haben, aus drei verschie-
denen »épicentres« kamen: vom oberen Kwango aus den
Königreichen Kasanje (Kasange bei Van Roy) der
Mbangala und Kapenda Kamuleemba der Shinje (ba-
Siindji bei Van Roy) und aus dem Lunda-Königreich des
mwata yamvo. Aus diesen Wanderungsbewegungen ent-
standen die beiden Gruppen, deren andauernde Ausein-
andersetzung um den Titel des kyaambvu die Entwick-
lung des Königreichs nachhaltig prägte: die ba-Lukhoo-
kisa, die sich von Kinguri (Tshinguri bei Van Roy) und
Kapenda Kamuleemba, d.h. von den beiden Königrei-
chen am oberen Kwango herleiten, und die ba-Muteeba,
die sich direkt auf den mwata yamvo zurückführen. Da-
mit sind wir auch beim springenden Punkt der vorliegen-
den Publikation angelangt: Handelt es sich hier tatsäch-
lich immer um historische Personen? Haben wir es nicht
vielmehr mit politischen Titeln zu tun? Daß die Genealo-
gien dieser Region nicht Ahnentafeln von bestimmten
historischen Personen darstellen, sondern vielmehr auf
die Verbindung von politischen Titeln mit Abstam-
mungsgruppen verweisen, hat Joseph Miller in seiner
Studie über die Mbundu-Staaten überzeugend dargelegt
(Kings and kinsmen : early Mbundu States in Angola.
Oxford, 1976), die Van Roy leider offensichtlich nicht
zur Kenntnis genommen hat. Handelt es sich hier tat-
sächlich um die Migration von Gruppen? Oder müssen
diese Traditionen nicht vielmehr als ’myths of transférai’
verstanden werden, die auf die Verbreitung von politi-
schen Titeln deuten? Da Van Roy die oralen Traditionen
und Genealogien, in denen für byaambvu und großen
Chefs ein Lunda- oder gar Luba-Ursprung postuliert
wird, allzu wörtlich nimmt, kann er die dahinter verbor-
genen stereotypen Klischees nicht aufspüren.
Aus den zahlreichen Fehlinterpretationen, die sich wohl
auch aus der eigenwilligen Literaturauswahl des Autors
ergeben, seien folgende Beispiele angeführt: Rukonkes-
ha oder Lukhookisa gilt nicht als »tante perpétuelle des
ba-Luunda« (S. 21); der Titel lukonkesha repräsentiert
die »Mutter« des mwata yamvo, wie swana mulunda für
symbolische 'Mutter' der Lunda steht. Naweshi (ya)
Koonda, die er als Tochter des Mwant Yav Koonda
bezeichnet (S. 24), entspricht der /aeyV-Position, zu deren
Zeit es aber noch keine mwata yamvo-Position gab. Die
Tubungu waren keine Bevölkerung, die vor allem vom
Fischfang und etwas von der Jagd lebten (S. 56), sondern
sind Lineage-Positionen bei den Lunda. Sehr ungenau
geht Van Roy mit einigen Begriffen um: matrilinear und
patrilinear sind für ihn identisch mit matriarchal und
patriarchal. In der Zusammenfassung bezeichnet er das
Reich des kyaambvu von Kasongo-Luunda als »état féo-
dal« (S. 163), ohne überhaupt die Kriterien für eine
solche Einordnung dargelegt zu haben.
Da die Bedingungen, die zur politischen Zentralisierung
am mittleren Kwango führten, nicht herausgearbeitet
und statt dessen biographische Skizzen der byaambvu als
Geschichte des Königreichs luwa-yaka präsentiert wer-
den, hat der Autor sein Ziel »de retracer les origines et la
constitution du royaume luwa-yaka sur le Moyen-Kwan-
go« (S. 7) nicht erreicht.
Anna-Maria Brandstetter
WOHLENBERG, HELLMUT:
Im südlichen Abessinien. Reiseberichte vom
Oktober 1934 bis Mai 1935. Mit einem Vor-
wort zur Neuausgabe, einem Schriftenver-
zeichnis des Autors und einem Register von
Ilse Wohlenberg. Hildesheim / Zürich / New
York: Georg Olms Verlag, 1988.
Die Ergebnisse der letzten Deutschen Inner-Afrikani-
schen Forschungs-Expedition (DIAFE XII) der Jahre
1934-1935 sind ein anerkannter Markstein in der beacht-
lichen Reihe deutscher Forschungen in Süd-Äthiopien.
Adolf E. Jensen, Alf Bayrle und Hellmut Wohlenberg -
»ein Gelehrter, ein Künstler und ein Erzieher« - haben
1936 ihre Ergebnisse der Expedition als eine Gemein-
schaftsarbeit veröffentlicht, die sich im Sinne von Leo
Frobenius gegen den »Analytismus« jener Zeit auflehnt
und stattdessen das »organische Wesen der Kulturen«
zum Ausdruck bringen möchte. Bereits die personelle
Zusammensetzung dieses Unternehmens zeigt die Ab-
sicht, daß Weg und Ziel ihrer Forschungen in Süd-Äthio-
pien zu einer Art Gesamtkunstwerk verschmelzen sollen.
»Im Lande des Gada. Wanderungen zwischen Volks-
trümmern Südabessiniens« - so lautete schließlich der
Titel der von A. E. Jensen herausgegebenen Publikation.
Anhand ethnographischen Materials über die Darassa
und Konso konzentrierten sich die Autoren auf die Dar-
stellung der Gada-Einrichtung, des Totenrituals und die
Megalithen im südäthiopischen Raum, wobei »die drei
Gebiete unserer Arbeitsergebnisse... auf das engste mit-
einander verknüpft (sind) und... als der Ausdruck einer
einheitlichen Kultur dargestellt werden (sollen)« (1936;
560).
Der Georg Olms Verlag hat nun einen Reprint veröffent-
licht, der sich auf den ersten Teil der ursprünglichen
Gemeinschaftsarbeit beschränkt, nämlich auf den von
Hellmut Wohlenberg bearbeiteten Reisebericht der Ex-
pedition. Zu dieser Neuauflage verfaßte Ilse Wohlenberg
ergänzend ein Vorwort, sowie ein Schriftenverzeichnis
und einen kurzen Lebenslauf des Autors.
Hellmut Wohlenberg, geboren 1892 in Hannover, war
Pädagoge mit schriftstellerischen Neigungen und hatte
sich - so Leo Frobenius (1936: X) - »seit 1923 eingehend
mit Kulturbünde beschäftigt und (war) kameradschaft-
lich mit dem Institut für Kulturmorphologie verbunden«.
Buchbesprechungen Afrika/Orient
Als Ethnographen war ihm bei der DIAFE XII die
Aufnahme der gesamten materiellen Kultur einschließ-
lich der »prähistorischen Megalithdenkmäler« zuge-
dacht. Seine Bearbeitung der Aufzeichnungen zu den
südäthiopischen Megalithen ist ein eigenständiger Bei-
trag zu den wissenschaftlichen Ergebnissen im zweiten
Teil des Expeditionsberichts. Hellmut Wohlenberg war es
nicht mehr vergönnt, dieses Thema wie beabsichtigt in
einem breiteren Rahmen darzustellen - er starb 1939 in
Frankfurt am Main.
In der Originalpublikation waren Verlauf und Ergebnisse
der Expedition zu einem harmonischen Ganzen verwo-
ben. Die Schilderungen der Reise sind vortrefflich, das
dabei so leicht verständlich dargebotene ethnographische
Material ist immer noch eine wahre Fundgrube - und
ebenso lebendig sind die zahlreichen Abbildungen, die
auf die Arbeit von Alf Bayrle zurückgehen. Kaum spür-
bar, doch sehr bewußt hat aber Hellmut Wohlenberg in
seinem Reisebericht jene Bereiche ausgegliedert, die
einer gründlicheren wissenschaftlichen Bearbeitung Vor-
behalten waren, und zugleich verstand er es, damit das
verbindende Element der thematischen Schwerpunkte
dieser Expedition zu gestalten.
Die Neuauflage des Reiseberichts von Hellmut Wohlen-
berg geht offensichtlich auf eine Anregung von Ilse Woh-
lenberg zurück, die damit wohl die wissenschaftlichen
Leistungen ihres Mannes nochmals in Erinnerung rufen
wollte. Es mag Gründe geben - die sich aber meiner
Kenntnis entziehen -, den Reprint auf diesen Teil der
ursprünglichen Publikation zu reduzieren. Doch diese
Amputation der Originalausgabe ist schmerzlich - und
ärgerlich! Denn ohne den wissenschaftlichen Teil wirkt
vieles, das als anregender Hinweis gedacht war, nun bloß
oberflächlich oder gar banal. Ausdrückliche Verweise auf
die späteren Kapitel gehen ins Leere, da diese in der
Neuausgabe nicht vorhanden sind. Selbst der Sinnzusam-
menhang, in dem diese Expedition stand, ist nicht mehr
erkennbar, da die Einführung von Leo Frobenius und die
abschließenden 'Ergänzungen und Parallelen' von A.E.
Jensen ebenfalls nicht in den Reprint mit aufgenommen
wurden.
Was bleibt - ein amüsanter Reisebericht über »einen
Gelehrten, einen Künstler und einen Erzieher«, die Mit-
te der 30er Jahre in Äthiopien von Addis Abeba aus ins
Landesinnere ziehen, und über Darassa und Konso allen
Fährnissen trotzend wieder nach Addis Abeba zurück-
kehren. Eine derartige Verstümmelung wird weder den
Absichten von Ilse Wohlenberg noch den tatsächlichen
Leistungen dieser Forscher gerecht. Aber vielleicht wird
uns der Georg Olms Verlag ja noch mit einem weiteren
Reprint überraschen - dem zweiten Teil des Expeditions-
berichts.
Gunter Minker
Colonna, Fanny:
Aurès/Algérie 1935-36. Photographies de
Thérèse Rivière - suivi de »Elle a passé tant
d’heures...«. Office des Publications Uni-
versitaires, Alger. Paris; Editions de la Mai-
son des Sciences de l'Homme, 1987. 214
Seiten.
Von der Kommentierung eines Bildbandes erwartet man
in erster Linie eine Erörterung ästhetischer Fragen und
gegebenenfalls Hintergrund-Informationen zu den Bil-
dern. Fanny Colonna nimmt die Kommentierung der auf
120 Seiten vorgestellten Bilderserie, die vor 50 Jahren
von einer professionellen Ethnologin und Amateurfoto-
grafin im Zusammenhang mit einem Feldforschungsauf-
enthalt gemacht wurde, zum Anlaß, über den Einfluß
fachgeschichtlicher Entwicklung auf die Arbeit der For-
scherin zu reflektieren.
Den ästhetischen Wert und die Aussagekraft der Fotos
sieht sie in einer Aufnahmeweise, die den fotografierten
Personen und Objekten eine größtmögliche Selbstdar-
stellung gestattet. Sie zeigen die Menschen dieser südost-
algerischen Region bei ihren alltäglichen Arbeiten zur
Sicherung des Lebensunterhalts und bei festlichen Anläs-
sen. Fanny Colonna hebt hervor, daß die Bilder von
hohem dokumentarischen Wert sind und außerdem kei-
nerlei Spuren einer kolonialen Optik aufweisen - ein
bemerkenswertes Faktum, da sie kurz nach den Feier-
lichkeiten zur hundertjährigen französischen Kolonial-
herrschaft in Algerien entstanden sind.
Die Frage, ob Thérèse Rivière wußte, daß es verschiede-
ne Sichtweisen gibt, läßt sich aus keinem Kommentar
von ihr beantworten. Sie publizierte nur einen kleinen
Text, der in dem vorliegenden Band mit abgedruckt ist,
als alleinverantwortliche Autorin; zwei weitere Texte
erstellte sie in Kooperation mit einem Kollegen. Diese
dürftigen schriftlichen Äußerungen drängen dem Außen-
stehenden den Eindruck auf, als sei ihr eigentliches Me-
dium verlorengegangen. Da es keine Brüche in der be-
ruflichen Laufbahn der Ethnologin gibt, somit biographi-
sche Faktoren nicht verantwortlich zu machen sind, sucht
Fanny Colonna Erklärungen für diese Schweigsamkeit in
dem Wissenschaftsverständnis der damaligen Ethnolo-
gie, Soziologie und Orientalistik. Die Momentaufnah-
men, die die Kommentatorin von den Attitüden berühm-
ter französischer Fachgelehrter macht, erreichen fast lite-
rarische Qualität. Die islamische Version des Monotheis-
mus bildete keinen lohnenden Untersuchungsgegenstand
für positivistisch ausgerichtete Soziologen oder philolo-
gisch orientierte Orientalisten, und in den Augen der
Ethnologen mangelte es den islamisch geprägten Kultu-
ren an exotischem Flair. Da der Maghreb kein Territo-
rium darstellte, auf dem man sich eine wissenschaftliche
Profilierung erwerben konnte, wurde eine unbekannte
Wissenschaftlerin mit der ersten von der Kolonialverwal-
tung unabhängigen Feldforschung in Algerien beauf-
tragt. Sie hatte keine professionellen Vorbilder; die
Abenteuerinnen, die zuvor Algerien bereist hatten,
konnten dies nicht sein, ln methodischer Hinsicht orien-
tierte Thérèse Rivière sich an den von Griaule und Leiris
erstellten »Instructions sommaires pour les collecteurs
183
TRIBUS 38, 1989
d’objets ethnographiques«, die der Sammlung von Ob-
jekten eine größere Aussagekraft über Produktionswei-
sen zuschreiben als geschriebenen Zeugnissen. Fanny
Colonna macht für diese Bornierung den Einfluß des
Durkheim’schen Positivismus verantwortlich und unter-
stellt, daß eine Anlehnung an die angelsächsische Feld-
forschung die Beschränkung verhindert oder zumindest
abgeschwächt hätte. Man kann ihr insoweit zustimmen,
als die »indirect rule«, d.h. die englische Kolonialstrate-
gie, nicht nur die Feldforschung förderte, sondern auch
die Erforschung der sozialen Beziehungen nötig machte.
Hingegen bedeutet nach unserer Auffassung eine thema-
tische Erweiterung nicht die Überwindung der positivisti-
schen Beschränkung auf methodischer Ebene. Es gibt
viele Beispiele funktionalistischer Feldforschungen, die
gegenüber sozialen Bewegungen und den Veränderungen
religiöser Doktrinen sprachlos bleiben müssen. Das Des-
interesse an sozialwissenschaftlicher Forschung in isla-
misch geprägten Kulturen war nicht auf Frankreich be-
schränkt, sondern betraf alle Länder, die die Arbeitstei-
lung der Fachdisziplinen in bezug auf das Nachdenken
über die diversen Dimensionen des Gesellschaftlichen
mitvollzogen haben. Somit müßte man eher Comte und
J.S. Mill und erst in zweiter Linie Dürkheim für die
Zurückhaltung verantwortlich machen.
Aus der Perspektive von Ethnologen und Islamwissen-
schaftlern diesseits des Rheins erstaunt die Konstatie-
rung eines relativen Desinteresses der französischen For-
scher am Maghreb noch aus einem weiteren Grund: Hier
unterstellte man - zumindest bis zum Ende des 2. Welt-
kriegs - eine Aufteilung der wissenschaftlichen Interes-
sen analog den kolonialen Einflußsphären. Die hier nur
kärglich existierende Beschäftigung mit dem Maghreb
wird bis heute damit erklärt, daß diese Region eine
Domäne der französischen Wissenschaftler bildete, de-
ren Vorsprung man nur allmählich aufholen kann. Die
Darlegungen Fanny Colonnas können auf jeden Fall als
kritische Einblicke in das, was hier als Vorbild betrachtet
wird, gelesen werden. Zusätzlich sollten sie anregen, das
Problembewußtsein bei der bisher erst rudimentär er-
folgten Beschäftigung mit der Geschichte der deutschen
Ethnologie und Orientalistik zu schärfen.
Man kann diesen Band nicht nur als nützlichen Beitrag
zur Ethnologiegeschichte, sondern auch als Beitrag zur
noch aktuellen Debatte über den Einfluß der Ge-
schlechtszugehörigkeit des Wissenschaftlers auf die For-
schung empfehlen.
Ludmilla Hanisch
Dümbrowski, Gisela,
Pfluger-Schindlbeck, Ingrid:
Flachgewebe aus Anatolien. (Bilderhefte
der Staatlichen Museen Preußischer Kultur-
besitz Nr. 58/59). Berlin; SMPK, 1988.
100 S.mit zahlr. Abb. und 1 Karte.
Lange Zeit zugunsten des Knüpfteppichs vernachlässigt -
und in frühen Jahren teilweise sogar als Einpackmaterial
für diesen verwendet gelangt seit etwa anderthalb
Jahrzehnten auch das Flachgewebe zusehends in den
Brennpunkt des Interesses.
Es ergab sich daher die Notwendigkeit einer systemati-
schen Einführung in deutscher Sprache in die verschiede-
nen Techniken des orientalischen Flachgewebes, die sich
zudem auf einem erschwinglichen Preisniveau bewegen
würde. Diesen beiden Anforderungen wird das vorlie-
gende Bilderheft der SMPK sicherlich gerecht, wobei als
Grundstock die von der vor allem aus der Musikethnolo-
gie bekannten Familie Reinhard gesammelten Stücke
dienen. Zum Teil wurden diese Stücke direkt bei den
Herstellern gesammelt; dies ist im Hinblick auf einen
etwaigen Versuch der Verknüpfung zwischen Motiv und
Ethnie interessant.
Der Vorstellung von Material und Geräten folgt ein
ausführliches Kapitel über die Techniken, die von den
verschiedenen Kelimarten zur Broschierung reichen; bei
der Broschierung wird neben den bisher geläufigen Ar-
ten Zili, Cicim und Sumak als vierte Variante der bisher
nur von U. Reinhard verwendete Terminus Sirtmag ein-
geführt. Mit dieser Technik wird ebenfalls eine flächen-
deckende Musterung erreicht; es kommen zwei Muster-
schüsse auf einen Grundschuß (also genau umgekehrt
wie bei manchen Zi/farten).
Nach Exkursen zu Brettchenweberei und Färbung folgen
die Motive. Ihre Quellen bestehen aus den Formenschät-
zen der mittelalterlichen Turkmenenstämme einerseits,
zum anderen wohl auch des vortürkischen Nahen Ostens,
schließlich aber auch der osmanischen Hofkunst. Die
Autorinnen weisen darauf hin, wie wenig hier eine Befra-
gung der Weberinnen ergibt, es sei denn die Dokumen-
tierung eines Bedeutungswandels der Motive, und versu-
chen, die Hauptmotive zusammenzustellen (S. 34-39).
Als letzter Teil folgt eine Analyse der Technik und der
Motive von etwa 75 Stücken (davon 22 Farbaufnahmen).
Diese enthalten dankenswerterweise nicht nur Teppiche,
sondern auch Objekte des täglichen Gebrauchs wie
Schürzen, Kissen oder ein Teigholztäschchen. Folgt die
technische Analyse den üblichen Wegen, so macht die
Motivinterpretation oft einen oberflächlichen und wenig
überzeugenden Eindruck - und verdeutlicht somit deren
allgemeine Problematik. Bei Farbtafel 5 (Kamelhaartep-
pich) wäre aus farblichen wie motivischen Gründen zu
überlegen, ob es sich nicht um zwei im Grund nicht
zueinander gehörende Stücke handelt, die irgendwann
einmal aneinander genäht worden sind. Manche Farben
scheinen nicht mit den auf den Farbtafeln (9, 10) angege-
benen übereinzustimmen.
In der Literaturangabe vermisse ich die Abhandlung
Sumak, Cicim, Zili vecchi e antichi von A. Sette et al.
(Verona 1985), vor allem aber die Angabe des Standard-
werkes von V. G. Moshkova zum Turkmenenteppich;
Kovrij narodov srednei Azii (Taschkent 1970), das gerade
in motivischer Hinsicht nicht übergangen werden sollte.
Harald List
Enderlein, Volkmar und Sundermann,
Werner (Hrsg.);
Schähnäme. Das persische Königsbuch. Mi-
niaturen und Texte der Berliner Handschrift
184
Buchbesprechungen Orient
von 1605. Leipzig und Weimar: Gustav Kie-
penheuer Verlag, 1988. 205 Seiten, 6
Schwarzweiß-Abbildungen, 72 ganzseitige
Farbtafeln, 21 farbige Illustrationen im Text,
Bibliographie.
Das unter der Signatur Ms.or. fol 4251 aufbewahrte illu-
strierte Schähnäme des Firdausl in der Deutschen Staats-
bibliothek Berlin (Ost) wird mit dieser Publikation in
sowohl hervorragender als auch beispielhafter Art und
Weise erstmals vollständig d.h. mit Einschluß der
Schmuck- und Bildseiten, einem breiteren Publikum zu-
gänglich gemacht. Wenn auch die Angaben über den
Entstehungsort und den Kalligraphen fehlen, so ist doch
das Datum der Entstehung, 1014 FI (1605 A. D.) vorhan-
den, das die 67 Miniaturen, die vier Frontispizseiten und
den ’Unwän in der Regierungszeit von Schah ’Abbäs I
von Persien (1587-1629) entstehen läßt. Die persische
Handschrift umfaßt 764 Blätter im Format 36 x 24 cm
und wurde u. a. 1984 zusammen mit zahlreichen anderen
qualitativ hochstehenden islamischen illustrierten Hand-
schriften aus Sammlungen der Deutschen Demokrati-
schen Republik in Berlin (Ost) ausgestellt und im beglei-
tenden Katalog von Dr. Karin Rührdanz unter Nr. 30
kurz beschrieben. Dem kunsthistorischen Teil des Ban-
des geht eine höchst informative Einleitung von Werner
Sunderman über »Firdausl und das Schähnäme«
(pp. 5-29) voran. Die frühe, in Calcutta bei John Hay
1785 erschienene Übersetzung von Joseph Champion -
es erschien nur der erste Band - läßt Sundermann neben
einigen anderen Übertragungen unerwähnt, was der Prä-
gnanz der Einleitung jedoch nicht schadet. In Anmer-
kung 39 muß es bei den Jahreszahlen des Neudrucks
wohl eher 1976-1978 (anstatt: 1876-1878) heißen, eine
Verwechslung, die auftreten kann, da die Originalaus-
gabe unter J. Mohl in sieben Bänden von 1838-1878
gedruckt wurde. W. Sundermann übersetzte auch dieje-
nigen Textpartien, die auf den Malereien erscheinen, und
sorgte dabei sogar für einen Endreim im Versmaß, eine
nicht nur dem Leser höchst willkommene, sondern auch
dem Kunsthistoriker äußerst gewinnbringende Praxis,
die wir etwa bei vergleichbaren publizierten indisch-
moghulischen Malereien in der Regel völlig vermissen.
Volkmar Enderlein spricht einleitend über die »Illustra-
tionen des Schähnäme« (pp. 30-41), eine lesenswerte,
einführende Geschichte vom Anfang bis zum behandel-
ten Manuskript von 1605, die mit wenigen, aber bedeu-
tenden Malereien internationaler Sammlungen veran-
schaulicht wird. Auffällig ist hier schon die kunsthistori-
sche Genauigkeit des knappen Textes, der auf blumige
Ausschweifungen verzichtet, wie sie leider bei der Publi-
kation moghulischer Malereien häufig anzutreffen sind.
Im zweiten Teil der Einleitung, der das eigentliche
Schähnäme-Manuskript der Deutschen Staatsbibliothek
zum Inhalt hat, eifert die sachliche Nüchternheit der
Beschreibung mit der kunsthistorischen Genauigkeit in
der Analyse um die Wette, ein Labsal für denjenigen, der
der leeren Phrasenhaftigkeit in den meisten Büchern zur
(islamisch-) indischen Miniaturmalerei überdrüssig ge-
worden ist. Bei aller Akribie wurde aber anscheinend der
»Catalogue of Fine Oriental Manuscripts and Miniatu-
res« von Sotheby & Co. vergessen, wo, wie es auf der
vorderen Umschlagseite des auf den 22. und 23. Mai 1930
datierten Auktionskataloges lautet, »A very important
Manuscript of the Shäh-Nämäh, dated 1605, and illustra-
ted with sixtyseven Miniatures of the School of Shäh
’Abbas« unter lot 287 zum Verkauf angeboten wurde.
Dieses Manuskript ist mit der Handschrift in der Deut-
schen Staatsbibliothek identisch, die fünf ganzseitigen,
hervorragend gedruckten Tafeln, die fünf Miniaturen der
Handschrift reproduzieren, haben aber neben dem er-
sten Versuch einer ikonographischen Bestimmung aller
Miniaturen (pp. 38-41) keinen entsprechenden Nieder-
schlag in der bisherigen Literatur über das Manuskript
gefunden. Reproduziert wurden Fol. 88 b (Frontispiz des
Londoner Auktionskataloges), Fol. 27b (gegenüber
p. 38), Fol. 18a (gegenüber p. 39, als »fo. 181«), Fol.
365 b (gegenüber p. 40, als »fo. 366«) und Fol. 487 a
(gegenüber p. 41, als »fo. 488«). Da die Handschrift
selbst von Ivan Stchoukine in seiner Monographie über
die persische Malerei unter Schäh ’Abbäs I. nicht er-
wähnt wird, wie V. Enderlein im ab S. 53 beginnenden
dritten und letzten Teil seiner Einleitung (»Das Schicksal
der Handschrift«) bemerkt, wollen wir einige Passagen
über das Manuskript aus dem Auktionskatalog zitieren,
die mit berechtigtem Enthusiasmus die Handschrift u.a.
mit folgenden Worten charakterisieren; »...67 glorious
miniatures of the School of Shäh ’Abbas illustrate the
text, in which the artist has manifested his daring and
original mood by frequently departing from the usual and
formal stock representations of set subjects, and choo-
sing others lesser known, which are drawn with never-
failing skill and with less of the conventionalities that
usually appear in the illustrations of works of the same
period; ...«. Am Ende des Textes ist neben drei Stern-
chen zu lesen: »An exceedingly fine and important ma-
nuscript, with very interesting and well-drawn illustra-
tions.«
Die hervorragende Arbeit von W. Sundermann und V.
Enderlein kulminiert im Abbildungsteil, in dem jede
Malerei entsprechend ihrer Bindung im eigentlichen Ma-
nuskript in bezug auf Rand und Falz reproduziert wird.
Ein etwas kleiner gedruckter Text faßt das Umfeld der
Handlung zusammen, in größerer Type wird der eigentli-
che Text im Bild nachgedichtet und in kursiver Schrift
darunter brennt V. Enderlein sein Feuerwerk mit hand-
werklicher Meisterschaft in der Vertrautheit mit kunsthi-
storisch exakter Beschreibung und Analyse ab. Das 1605
datierte Berliner Schähnäme ist ein Juwel. W. Sunder-
mann und V. Enderlein sorgten mit ihrem Buch dafür,
daß es nun ein Kronjuwel genannt zu werden verdient,
auch wenn der eine oder andere einen Hinweis auf »The
Shah-Nämah of Firdausl, The Book of the Persian Kings
with 24 illustrations... described by J.V.S. Wilkinson
with an introduction on the paintings by Laurence Bi-
nyon, London: Humphrey Milford, 1931« vermissen
mag. Wir möchten hoffen, daß weitere Schätze islami-
scher Buchkunst aus den Sammlungen der Deutschen
Demokratischen Republik, wie etwa die sog. Polier-
Alben, nach vorliegendem Muster in baldiger Zukunft
publiziert werden.
Joachim Bautze
185
TRIBUS 38, 1989
Hakenjos, Bernd:
Marokkanische Keramik. (Unter Mitarbeit
von Christiane Ebert und Johannes Kalter).
Stuttgart: Hansjörg Mayer, 1988. 248 S.,
250 Abb., 1 Kartenskizze, Zeittafel.
Zwar besitzt Marokko reiche Kunstschätze, die ebenso
kunstgescHichtlich wie ethnographisch von hohem Inter-
esse sind,, doch ist ein entsprechendes Bewußtsein, das
den Wert dieser Schätze zu würdigen wüßte, im Lande
selbst außerordentlich unterentwickelt. Die von den An-
tiquitätenhändlern etwa der rue des Consuls in Rabat
angebotenen Stücke werden folgerichtig von den in der
marokkanischen Hauptstadt stationierten Diplomaten
oder den betuchteren Touristen erworben; das kulturelle
Erbe findet also kaum Akzeptanz bei der heutigen oder
der noch jungen Generation. Nun besitzt, zumeist noch
in der Zeit des französischen Protektorates eingerichtet,
jede der größeren Städte ihr diesbezügliches Museum.
Doch wird man vergeblich nach relevantem Informa-
tionsmaterial suchen wie Kataloge, Monographien, Di-
daktika etc. Der Grund dafür mag wohl im Dritte Welt-
Charakter des Landes liegen. Aber es ist doch erstaun-
lich, wie wenig Material über Marokko etwa ein Museum
wie dasjenige für afrikanische und ozeanische Kunst in
Paris aufzuweisen hat, immerhin im Herzen der Kolo-
nialmacht, zu deren Herrschaftsbereich Marokko einst
gehörte. Um die Tunesien oder Algerien betreffenden
Exponate steht es auch nicht viel besser. Relativ wenig
Ausstellungsgegenstände (gerade eine Vitrine mit 18
Stück aus dem Bereich des vorliegenden Buches sowie
a. O. einige Schreibutensilien) werden von noch dürftige-
ren Erklärungen begleitet, die einem museumstechni-
schen Stand der fünfziger Jahre entsprechen.
Es ist daher außerordentlich lobenswert und sehr zu
begrüßen, daß einer der Hauptaspekte des traditionellen
Handwerkes in Marokko, nämlich die Keramik, mit ei-
ner eigenen Ausstellung in Düsseldorf (Hetjens-Mu-
seum: 6. 10. 1987-10. 1. 1988) sowie Stuttgart (Linden-
Museum: 30. 9.-20. 11. 1988) dem deutschsprachigen
Publikum vorgestellt worden ist. Als fachliche Beglei-
tung statt eines Kataloges klassischer Machart fungiert
die vorliegende Studie.
In einem einleitenden Abschnitt stellt J. Kalter die städti-
sche Kultur und das Handwerk Nordmarokkos vor, um
so den allgemeinen Rahmen für die Darstellung der
Keramik zu schaffen. Dabei datiert er beispielsweise die
sog. Hochzeitsschärpen (oder Prunkgürtel) aufgrund der
Erfindung des Jacquardwebstuhles 1805 auf die darauf-
folgende Zeit; ähnlich den marokkanischen Museen
schreibt das erwähnte Pariser Museum einen solchen
Brokatgürtel dem Fes des ausgehenden 16. / beginnen-
den 17. Jh. zu. Da es sich hier um ein überaus interessan-
tes Genre handelt, steht zu hoffen, daß diesen Prunkgür-
teln einmal eine eigene Studie gewidmet wird, in der
dieses offensichtliche Problem erhellt werden kann. Der
Hauptteil (S. 46-191) beschäftigt sich mit der Fayence
aus Fes und der aus Safi sowie - in geringerem Maße -
Meknes und anderen Städten. Die schwerpunktmäßige
Behandlung von Fes-Ware spiegelt die überragende Be-
deutung dieser Stadt für die marokkanische Fayence
wider. Für die noch existierende Gefäßkeramik scheint
abgesehen vom Fall der sog. bacini (»Schüsseln« - in die
Fassaden italienischer Kirchen eingelassene Teller nord-
afrikanischer Provenienz) das Jahr 1700 als post quem-
Datum zu gelten. Hakenjos geht den darauffolgenden
Entwicklungen nach und erstellt eine Typologie der Ge-
fäße (diverse Formentafeln mit Querschnitten) sowie der
Dekorationen; letztere werden thematisch abgehandelt
(so Stern und Flechtband, Tausendfüßler, Schuppenmu-
ster u.dgl.). Von Bedeutung sind sicherlich die Datie-
rungsansätze, die sich auf die europäischen Sammlungen
und Erwerbungsdaten stützen. Damit scheint sich eine
doch recht schlüssige Chronologie zu ergeben, die bisher
gefehlt hat. Als Ableger von Fes entwickelte sich kurz
nach der Mitte des letzten Jahrhunderts der Küstenort
Safi zu einem weiteren Zentrum polychromer Keramik.
Teil II (S. 194-241; von Chr. Ebert) behandelt die
unglasierte Irdenware, zumeist eine Domäne der Frau-
entöpferei. Geographisch liegt der Schwerpunkt im Rif,
also Nord(ost)-Marokko. Für einige Orte des Nord-
ostens, aber vor allem des Südens wird Männertöpferei
beschrieben. Kartierungen von Töpferwerkstätten ergän-
zen den Beitrag.
Der Gliederung in Fayence und unglasierte Ware ent-
spricht auch ein Unterschied im jeweils verwendeten
Formenkanon, von den Unterschieden im Dekor ganz zu
schweigen: die Fayence vertritt die höfische (und ange-
gliederte hauchdünne Schicht bürgerlicher) Kultur, die
Irdenware den ländlichen Bereich.
Das Buch macht einen ordentlichen Eindruck und ist mit
spürbarer Liebe zum Sujet gemacht worden. Bleibt der
in solchen Fällen fällige Wermutstropfen: die unwissen-
schaftliche Wiedergabe orientalischer Termini (so wird g
als gh, als ghr oder r transkribiert); die Namen der
Gefäße harren noch ihrer Ableitung und Übersetzung.
Tägin ist nämlich nicht nur der »Schmortopf mit spitzzelt-
förmigem Deckel« (S. 55), sondern auch ein in all
seinen Varianten äußerst schmackhaftes Gericht...
Harald List
Hasson, Rachel:
Schmuck der islamischen Welt. Ausstellung
des L.A. Mayer Memorial Museums Jerusa-
lem. Mit Beiträgen von Johannes Kalter u.
Hildegard Schulte. Frankfurt: Museum für
Kunsthandwerk, 1988. 143 S. mit zahlrei-
chen Abbildungen.
Die Schönheit und Feinheit des Schmuckes aus islami-
schen Ländern dürfte hinreichend bekannt sein und
braucht daher an dieser Stelle nicht weiter betont zu
werden. Die Ausstellung des Museums für Kunsthand-
werk in Frankfurt (25. 2.-30. 4. 1988) versuchte, dia-
chron wie synchron-zeitgenössisch (den) islamischen
Schmuck in seiner Vielfalt und seinen gemeinsamen Li-
nien vorzustellen, wobei Exponate aus Jerusalem (Mu-
seum für islamische Kunst) durch eine Reihe Stücke aus
privater Hand wie Bestände anderer Museen ergänzt
wurden. Dadurch kamen knapp 360 Objekte zusammen,
eine beachtliche Zahl.
186
Buchbesprechungen Orient
Der Katalog gliedert sich in eine Einführung (S. 13-44)
sowie den eigentlichen Katalogteil (S. 45-137); bei bei-
den ist technische Kritik anzusetzen. Leider ist nicht
jedes Exponat photographisch dokumentiert, hier wird
auf einen zweibändigen Katalog englischer Sprache ver-
wiesen (S. 12). Die vorliegende deutsche Ausgabe aller-
dings wirkt lieblos gemacht, und es erinnert an Einklebe-
hefte für Kaugummi- oder Haferflockenbildchen, wenn
im Katalogteil halbe Seiten frei bleiben (S. 65, 81, 84,
113 etc., teilweise sogar die obere Hälfte); hier fragt sich
der Benutzer, woher er jetzt die entsprechenden Bilder
bekommt... Genauso seltsam mutet es an, wenn in der
Literaturliste auf deutsch erschienene Werke in ihrer
späteren englischen Fassung zitiert werden: Literaturliste
als Alibi, die deutsche Katalogausgabe als Billigversion?
Im übrigen werden ganze Bereiche ausgeklammert, so
Libyen und Pakistan, obwohl al-Jadirs Veröffentlichung
(1981) zum Silberschmuck in der Literaturliste aufge-
führt ist; von einer repräsentativen Auswahl kann also
nur mit Einschränkung gesprochen werden.
Während im historischen Teil häufig Objektverweise ge-
geben werden (nur zu oft auf Exponate, deren Abbil-
dung dann nicht zur Verfügung gestellt wird), fällt beim
zeitgenössischen Teil, genauer bereits ab der Ilchaniden-
und Timuridenzeit, das summarische Vorgehen auf. Be-
zeichnenderweise enden hier auch die den einführenden
Texten begleitenden Zeichnungen. Das ist vielleicht auch
kein Unglück, da den Zeichnungen, die nicht durchnu-
meriert sind, ohnehin mehr Ornamentfunktion als Doku-
mentarwert zukommt. Es entsteht so leicht der Ein-
druck, daß die Vorliebe der Autorin, immerhin Kurato-
rin am genannten Museum in Jerusalem, mehr dem
Klassischen gilt. Denn im Abschnitt über den Iran des
19. Jh. wird nicht einmal auf jenen wundervollen email-
lierten Anhänger verwiesen (Nr. 2/30), der auch das
Titelblatt des Kataloges ziert.
Die Anschaffung dieses Kataloges kann kaum empfohlen
werden, es sei denn als Lehrbeispiel dafür, wie man es
nicht machen sollte.
Harald List
Heine, Peter:
Ethnologie des Nahen und Mittleren Ostens.
Eine Einführung. Berlin; Reimer, 1989. 209
S., 3 Kartenskizzen.
Es ist sicherlich nicht gerade eine der dankbarsten Auf-
gaben, auf etwa zweihundert Seiten für Ethnologen eine
Einführung in den Nahen und Mittleren Osten zu verfas-
sen. Ein solches Unterfangen ist von vornherein dazu
verurteilt, unter der Oual der Auswahl leiden zu müssen,
und so beginnen folgerichtigerweise die jeweiligen Kapi-
telüberschriften mit dem Wort Aspekte. Ein Blick auf
diese Kapiteltitel subsumiert die von Heine getroffene
Auswahl unter den Stichworten Soziologisches, Rechtli-
ches, traditionelle Wirtschaft und Religionswissenschaft.
Damit wird die materielle Kultur ausgeblendet, obwohl
es sich kaum sagen läßt, hier wäre nicht viel getan oder
noch zu tun, sei es im nomadischen, ländlich-seßhaften
oder städtischen Bereich. Der Nahe und Mittlere Osten
umfaßt den Bereich von Nordafrika bis Zentralasien,
ganz im Sinne der klassischen Islamkunde, da er als ein
vom Islam geprägter Raum eine gewisse kulturelle Ein-
heit darstellt. Folgt man diesem durchaus akzeptablen
Argument, sollten allerdings auch Bereiche wie Pakistan,
Indonesien und Sinkiang Berücksichtigung finden. Tat-
sächlich aber ist dies innerhalb der von Heine gezogenen
engeren Grenzen nicht einmal für den Kaukasus oder
Mauretanien der Fall; für letzteres sei auf R. O. Oßwalds
Untersuchung zur Entwicklung der maurisch-arabischen
Kultur verwiesen,1 mit der u.a. die Untersuchung einer
stratifizierten Gesellschaft seit dem 17. Jh. vorliegt und
die damit hervorragend zu Heines Themenauswahlkrite-
rien passen würde.
Auch wenn das bestimmende Element dieser Region der
Islam ist, so zeichnet sich gerade der Nahe Osten durch
ein wahres Mosaik von religiösen Gruppen und Grüpp-
chen der verschiedensten Spielarten aus. Von einer hal-
ben Bemerkung hier oder dort abgesehen geht d.A.
allerdings nicht einmal auf die Christen oder Juden ein,
so daß der Eindruck entsteht, nicht einer Einführung in
die Ethnologie des Nahen und Mittleren Ostens zu folgen,
sondern einer solchen in verschiedene Bereiche muslimi-
scher Gesellschaften. Dieser ungute Eindruck verstärkt
sich angesichts des wenig präzisen Umgangs mit Länder-
namen in historischer bzw. aktueller Perspektive: so
werden S. 78 »Afghanistan, Palästina und Marokko« in
Gegenwartsbezug aneinander gereiht, als existierten alle
drei als Staaten. Hier führt die Begriffsunschärfe durch
die Hintertür zu einer politischen Willensäußerung, die
nicht in diesen Kontext gehört.
Begriffsunschärfen finden sich in Heines Einführung ver-
schiedentlich; ein dhikr (wörtlich: ’Nennung, Erwäh-
nung’) kann sich nicht nur der Namen Gottes, sondern
auch des auf ihn verweisenden maskulinen Personalpro-
nomens 3. pers. sing, (huwa) bedienen; entscheidend ist
der atemtechnische Aspekt, der zur Trance der Teilneh-
mer an dieser religiösen Zeremonie führt (zu S. 103). -
Die Segensformel bäraka ’lläh fik wird nicht nur in
Nordafrika sondern auch im Nahen Osten verwendet;
das mit haraka (nicht »Barmherzigkeit und Gnade Got-
tes« sondern ’Segen’!) verwandte mabrük begleitet im
islamischen Osten standardmäßig Käufe und Erwerbun-
gen als Glückwunsch (zu S. 91 f.) - Die Lazen siedeln
zwar am Schwarzen Meer, sind aber dennoch keine
»Schwarzmeertürken« (S. 66), da sie zu den kaukasi-
schen Völkern gehören (Lazisch ist dem Georgischen
verwandt). Verschiedentlich und konsequent in dieser
Form werden die marokkanischen Harndasha erwähnt;
tatsächlich heißt der Stamm Hamadsha, es handelt sich
um einen arabischen plural gentium der Form fa'älila,
der nicht nur in Nordafrika geläufig ist. Problematisch ist
Heines Schilderung der Alevis in der Türkei (S. 181): sie
seien mit der Schia verwandt und hielten ihre Glaubens-
vorstellungen und Rituale vor Fremden möglichst ge-
heim; da »der Bau von Gebäuden für ihre religiösen
Rituale verboten war und sie ihre Gebete bei verhängten
Fenstern in Privathäusern abhielten, entstand unter sun-
nitischen Türken die Vorstellung, daß ihre Gottesdienste
nichts anderes als Orgien seien.« Störend ist dabei die
Ausgangsperspektive. Hier sei einerseits auf M. Momen
verwiesen,2 der die heterolithischen Alevis eindeutig der
Schia zurechnet; teilweise folgen sie der Zwölferschia (so
187
TRIBUS 38, 1989
die turksprachigen Azéris), die (arabischen) Nusairier
und die (kurdischen) Ahl-i Haqq hingegen haben sich
tatsächlicher von der Zwölfenchia entfernt, sind aber
immer noch Schiiten. Was andererseits das westtürkische
Mißtrauen den osttürkischen Alevis gegenüber angeht,
so sollten die osmanisch-persischen Kriege nicht verges-
sen werden, in denen für beide Seiten die ostanatolischen
Schiiten als potentielle Verbündete bzw. fünfte Kolonne
galten und deshalb im sunnitisch geprägten Osmanischen
Reich stets suspekt waren. Hier greift also eine ge-
schichtsbezogene Erklärung.
Nach so viel Kritik der positive Punkt. Infolge »eines
gewissen Romantizismus, der die Orientforschung stets
begleitet hat und dem sich auch die Ethnologen nicht
haben entziehen können«, ist oft nicht genug zwischen
den von den Informanten vertretenen Idealen - ihrer
Ideologie - und der ’real existierenden Praxis’ unterschie-
den worden. Das gilt vor allem für die Fiktion der
Gleichheit, die sich aus islamischen Konzepten ableitet,
aber eben nur theoretischen, ideologischen Wert besitzt.
Diese Dichotomie zwischen Wort und Tat, zwischen
Ideologie und Praxis läßt sich nicht nur für den Bereich
der Staramesgesellschaften antreffen (Heine spricht gera-
dezu vom »Mythos der Egalität«), sondern auch bei
Begriffen wie dem der Parallelcousinenheirat, der öko-
nomischen Gleichheit oder der Anwendung von Ge-
wohnheitsrecht versus kodifiziertes Recht (Scharia).
Oder wie es John C. Wilkinson,3 der von den Dogmen
spricht, so schön formuliert: »to believe [the tribesman],
or worse to believe he really believes what he says,
borders on simple-mindedness«...
Davon abgesehen und eingedenk der eingangs skizzier-
ten Einschränkungen liegt dem Leser eine durchaus nütz-
liche Einführung in den Nahen und Mittleren Osten für
Ethnologen vor. '
Harald List
1 Die Handelsstädte der Westsahara. Berlin 1986.
2 An introduction to Shi'i Islam.
New Haven / London 1985: 269 f.
3 The Imamate tradition of Oman. Cambridge 1987: 103.
Ritter, Hans:
Sahel. Land der Nomaden. München: Trick-
ster Verlag, 1986. 270 Seiten mit 26 Abbil-
dungen.
In seiner Vorbemerkung äußert sich Hans Ritter so:
»Verständnis für Entwicklungsproblematik, Einsicht in
die immer wieder unerwarteten Rückschläge von Ent-
wicklungs- und anderer Hilfe setzt Kenntnis und Vorur-
teilslosigkeit voraus, damit weder das Klischee eines
chaotischen, primitiv-gefährlichen Kontinents erhalten
bleibt, noch aber die ebenso verhängnisvolle Vereinfa-
chung mancher »Aufgeklärter«, man bräuchte nur gewis-
se »fortschrittsfeindliche« Traditionen zu beseitigen und
einiges zu modernisieren, damit die Probleme gelöst
wären« - und weiter: »Wer mit Afrikanern lebt und reist,
ohne sich auszugrenzen, erlebt täglich die Diskrepanz
zwischen unseren Denkmustern und dem, was als Begriff
problematisch und schwer faßbar, aber letztlich entschei-
dend als »Afrikanität« ... bezeichnet werden kann.«
Von seinen Reisen in den 70er-Jahren brachte Ritter
viele Notizen mit, die er anschließend zu einem Manu-
skript zusammenfaßte und für diese Buchausgabe mit
aktuellen Anmerkungen, einer Bibliographie und 26
ganzseitigen SW-Fotos ausstattete. Die Reisen führten
ihn durch die Westsahara und den westlichen Sahel
(Mauretanien, Mali, Niger). Soweit der äußere Rahmen.
Seine Reisen plante der Autor in groben Zügen vor und
mußte sich dann stets den nie vorhersagbaren Gegeben-
heiten vor Ort anpassen, denn sein Ziel war, mit den
Bewohnern des Landes in möglichst engen Kontakt zu
treten und mit ihren Kamelkarawanen mitzureisen. Oh-
ne Begleiter unterwegs heißt dies, auch wochenlange
Wartezeiten, Zweifel, innere und äußere Bedrängnisse
zu erdulden und zu ertragen ... und Hilfen anzunehmen,
die aus der Situation erwachsen. Auf diese Art kamen
ungewöhnliche Erlebnisse und Eindrücke zustande, wie
sie kaum ein Europäer sammeln kann. Diesen Prozeß
des sich Öffnens einer fremden Kultur gegenüber, in die
man trotz aller Anstrengungen stets sein Selbst mithin-
eintragen muß, beschreibt Ritter in seinen Tagebuchnoti-
zen. Diese persönlichen Aufzeichnungen lassen den Au-
ßenstehenden ein fremdes Land, seine Geographie, Kul-
tur, Politik, vor allem aber seine Menschen in einer
Unmittelbarkeit erleben, wie es kaum dichter geht. Dar-
über hinaus verläßt Ritters Buch die Ebene eines Reise-
berichtes. Man merkt schnell, daß ein Schriftsteller von
Format zur Feder gegriffen hat - die Perspektive der
äußeren Betrachtung wechselt mit der inneren Anschau-
ung desselben Themas, aktuelle Schilderungen und Er-
zählungen kommen genauso zu Wort wie solche, die 130
Jahre zurückliegen (z.B. von H. Barth). Sie verweben
sich zu einem Gesamtbild, dessen Intensität sich der
Leser nicht entziehen kann.
Oberflächlich kann man eine Reiseroute in den 70er-
Jahren verfolgen, tiefer betrachtet die politischen, sozia-
len und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zeit der großen
Dürre im Sahel studieren. Daneben lernt man die Gefüh-
le, die Verhaltensweisen der Menschen kennen und ihre
Rückwirkung auf den Autor selbst, der sich unter dem
»Druck« der Erlebnisse verändert, anpaßt, seinen per-
sönlichen Standpunkt neu sucht und setzt.
Insgesamt betrachtet ein Buch, das der Rezensent mit
viel Gewinn gelesen hat und gerade wegen der persönli-
chen Art der Schilderung, die es erlaubt, den Leser
geistig mitreisen zu lassen, sehr hoch schätzt.
Wolfgang Creyaufmüller * 2
Ruete, Emily geb. Prinzessin Salme von
Oman und Sansibar:
Leben im Sultanspalast. Memoiren aus dem
19. Jahrhundert. Herausgegeben und mit ei-
nem Nachwort versehen von Annegret Nip-
pa. Frankfurt: Athenäum, 1989. 291 Seiten,
2 Karten, 14 Abb.
188
Buchbesprechungen Orient
Sälima bint Sacid war eines der wohl über hundert Kinder
des Sultans Saüd b. Sultan (1791-1856) von Oman und
Sansibar, ihre Mutter eine tscherkessische Sklavin (wie
dies auch bei anderen ihrer Geschwister der Fall war).
Sie wuchs im wohlbehüteten Schoße ihrer Familie auf,
verlor relativ früh erst den Vater, dann die Mutter,
verliebte sich schließlich in den Vertreter einer Hambur-
ger Handelsfirma und floh auf einem englischen Schiff
nach Aden, wo sie mit dem Übertritt zum Christentum
den Namen Emily annahm und Heinrich Rudolph Ruete
heiratete. Die Ehe war kurz, da ihr Mann wenige Jahre
später bei einem tragischen Unfall das Leben verlor.
Sälima-Emily Ruete blieb mit ihren drei Kindern auf sich
gestellt, die Integration in die nordeuropäische Gesell-
schaft des ausgehenden 19. Jh. war nicht gerade einfach,
das Heinweh stark und die Fragen ihrer Kinder, aber
auch der Umwelt zahlreich. So entstand ihr Bericht
Memoiren einer arabischen Prinzessin (Originaltitel),
dessen Lektüre auch heute, nach über hundert Jahren,
nichts an Interesse verloren hat, und dies aus mehreren
Gründen.
Es handelt sich infolge der soeben angerissenen Umstän-
de um die Insiderschilderung der Bereiche höfisches
Leben sowie Harem / Frauenleben in der arabischen
Gesellschaft Sansibars und Omans der 2. Hälfte des
19. Jh. Diese Informationen, vor allem das Frauenleben
betreffend, hätten damals unter keinen Umständen von
einem Europäer in Erfahrung gebracht werden können -
und auch heute nur von als Islamkundlerinnen ausgebil-
deten Ethnologinnen. Die Schilderung durch ein Mit-
glied des Herrscherhauses verbürgt für Authentizität,
ebenso tut dies die gewisse kritische Distanz, um die sich
die Autorin trotz liebevoller Zuneigung zu den Ihren und
Heimweh bemüht. Indem sie an beiden Kulturkreisen
partizipiert, kann sie so auch auf die Sicht ihres Aufnah-
mebereichs von ihrem Herkunftsbereich eingehen, so
etwa um ihrer Meinung nach unangebrachten Vorurtei-
len zu begegnen (»in diesem Punkte ist man hier sehr
schlecht unterrichtet«...).
Die von ihr gegebene Schilderung ist die einer arabischen
Gesellschaft, die noch in traditioneller Weise funktio-
niert, etwas vom ’Westen' beeinflußt (Import von Spiel-
zeug und Luxusgütern), aber noch nicht oder doch kaum
’infiziert' ist (die türkische Kultur jener Epoche nennt die
Autorin bereits nur noch eine ’halbe’' Kultur.) Bereits
dies macht den Bericht überaus lesenswert. Doch hinzu
kommt eine weitere Ebene: die der Lettres persanes, da
die Autorin dieselbe kritische Distanz auch dem ’Westen’
gegenüber wahrt; »Oft muß ich mich im stillen fragen,
wie ist es nur möglich, daß ein Wesen von solchem
Bildungsgrade in solchen Hohlheiten aufgehen kann!«
War ihre arabische Herkunftskultur auf inneren Aus-
gleich bedacht, so war es damals für Europa eine Zeit des
Umbruchs (heute ist es, wie mir scheint, genau umge-
kehrt), und Sälima-Emily Ruete findet nicht wenige
Punkte der Kritik am ’Westen’, die auch aus heutiger
Sicht durchaus gerechtfertigt scheinen (kaschierte Poly-
gamie, doppelte Moral, Doppelzüngigkeit, schlecht be-
lüftete Schulen, in denen vieles nur gelernt wird, um
alsbald wieder vergessen zu werden u.v.a.m.). Wenn
auch ihre und Montesquieus Ausgangspunkte verschie-
den waren; »Ich will kein gelehrtes Buch schreiben,
sondern nur versuchen, dem europäischen Leser für die
wichtigeren Anschauungen und Sitten des Orients ein
richtigeres Verständnis zu ermöglichen« - so entstanden
doch auch des lettres de Zanzibar.
Es ließe sich noch vieles sagen und zitieren, doch soll
dem Leser das Vergnügen dieser Reise in die Zeit nicht
vorweggenommen werden, handelt es sich doch um eine
solche, vorgenommen mit durchaus modernen Augen.1
Es sei aber noch erwähnt, daß Sälimas Geschichte in den
Fürstentümern des persischen Golfes und natürlich vor
allem in Oman bis heute wohlbekannt ist und zu gegebe-
nem Anlaß zitiert wird. Übrigens ohne Animosität; man
ist nur über den Mut einer Prinzessin jener Zeit verwun-
dert. Das Buch wurde übrigens, wenn auch mit kleinen
Fehlern, ins Arabische übertragen und dankenswerter-
weise vom omanischen Ministerium für Kulturerbe her-
ausgegeben .
Eine Reihe von fotographischen Abbildungen sowie zeit-
genössischer Stiche ergänzt dies ebenso informativ wie
kurzweilig geschriebene Buch.
Harald List
1 Dabei sei allerdings einschränkend bemerkt, daß die-
ser »moderne« Ansatz nicht durchgehend ist; hinsicht-
lich der banian genannten Hindu-Geldverleiher sowie
der Neger bleibt die Autorin in den Vorurteilen ihrer
Zeit befangen: sind die einen »moralisch so tief stehen-
de Stern-Anbeter« (S. 167), so sind die anderen »be-
kanntlich sehr arbeitsscheu« etc. (S. 88); die Entschul-
digung der klimatischen Verhältnisse für seine »Be-
dürfnislosigkeit« gilt wohl nur für die Araber (S. 50).
Seiwert, Wolf-Dieter, Ritter, Hans:
Maurische Chronik. Die Völker der Westsa-
hara in Überlieferungen und historischen
Berichten. Leipzig/München: Kiepenheuer/
Trickster, 1988. 207 S. und 96 S. mit meist
farbigen Abb.
Nach langen Jahren der Vorbereitung erschien zur Oster-
zeit 1988 die »Maurische Chronik« von Wolf-Dieter Sei-
wert und Hans Ritter, dessen Fotos dem Buch nahezu
den Charakter eines Bildbandes geben. In neun Kapiteln
gliederte Seiwert die Geschichte der Westsahara, begin-
nend mit der vorislamischen Zeit, die uns über Steinset-
zungen und Felsbilder zugänglich ist. Hierzu steuerte
Herbert Nowak Bilder aus Rio de Oro (Wäd ad-Dahab)
und der Sägiya ’1-Hamrä bei. Die über Schriftdokumente
faßbare Zeit beginnt mit den Sanhäga. Von den arabi-
schen Geographen und Reisenden, die teils durch eigene
Anschauung, teils durch präzise Berichterstattung im Stil
der Zeit sich über die Westsahara äußerten, stellt Seiwert
die entsprechenden Berichte zusammen und fügt sie in
seinen begleitenden und strukturgebenden Text ein. Den
größten Teil der Übersetzungen besorgte Seiwert selbst,
was der Verlag leider nicht gesondert aufführte, sondern
nur im Kleingedruckten auf Seite 4 nebenbei erwähnt.
Nach der Almoravidenepoche wird die Westsahara erst-
189
TRIBUS 38, 1989
mals (ab Mitte des 15. Jhs.) von Europäern mit imperiali-
stischem Blick geschildert - von den Portugiesen bzw.
Reisenden auf ihren Schiffen. Wir erfahren aus den
Dokumenten viel über die Stämme, ihre Sozialstruktur,
den Handel und das Land insgesamt. Von Leo Africanus
erhielten wir im 16. Jh. die Schilderung der arabischen
Eroberung der Westsahara (Ma’qil und Banu Hassän).
Diese Periode wird auch über Berichte maurischer Ge-
lehrter zugänglich. Ein weiteres Kapitel widmet sich dem
Gummiarabicum und dem Handel damit. Zwei Ab-
schnitte schildern die Westsahara mehr von innen heraus
- über die Stammesgeschichten (Kunta, Trärza, Awläd
Dämän u.a.), die Städte in der Wüste (Sinqlt, Waläta)
und die Salzgewinnung (Tgäza, Täudanni). Intime Ein-
blicke in die Kultur gewähren uns die Berichte und
Zeichnungen europäischer Schiffsbrüchiger, Reisender
und Forscher ab dem Ende des 18. Jhs. (Follie, Brisson,
Lenz, Douls, Cochelet, Caillie, Barth).
Der Text wird begleitet durch viele Zeichnungen nach
Gabu’ »Kunst der Wüste« und Wiedergaben aus schwer
zugänglichen zeitgenössischen Werken.
Im Anhang finden sich in alphabetischer Folge ausführli-
che Worterklärungen, ein sachkundig kommentiertes
Quellenverzeichnis, ein Register geographischer Namen,
ein Personenregister, ein Register der Stammes- und
Völkernamen, Erläuterungen zur Transkription sowie
die Bibliographie.
Der Rezensent verfolgte über langjährigen Briefwechsel
die Entstehung dieser Chronik aus der Ferne und wurde
in seinen Erwartungen voll befriedigt: Dieses Buch faßt
all das zusammen, sachkundig erläutert und kommentie-
rend begleitet, was derzeit über die Geschichte der West-
sahara bis zum Beginn des 20. Jhs. ausgesagt werden
kann. Durch die Register wird der Fachmann ein unent-
behrliches Werk zur Benutzung haben. Die vielen Text-
abbildungen und Farbfotos geben dem Buch eine würdi-
ge Gestalt.
Wolfgang Creyaufmüller
Stanzer, Wilfried:
Kordi. Leben, Knüpfen, Weben der Kurden
Khorasans. Wien: Adil Besim, 1988. 224
Seiten mit zahlr. farbigen Abb., 4 Karten-
skizzen.
Anläßlich einer Ausstellung des bekannten Teppichhau-
ses Adil Besim (Wien) erschienen, stellt dieses Buch
mehr als nur einen Katalog zum nordostiranischen Kur-
dentcppich dar: die ersten knapp siebzig Seiten umreißen
den historischen, sozialen und ethnologischen Rahmen
des Themas, dem bisher kaum monographische Auf-
merksamkeit gewidmet worden ist. Der darauf folgende
Katalogtcil (ab S. 70) zeichnet sich durch eine photogra-
phische Dokumentation hoher Qualität aus. Zweifelsoh-
ne ist ebenso viel Liebe wie Mühe auf dies Buch verwen-
det worden, auch zwei Feldaufenthalte des Autors ka-
men ihm zugute.
Im allgemeinen werden die Kurden mit dem Grenzraum
zwischen der Türkei, dem Irak und dem Iran sowie - zum
erheblich kleineren Teil - der UdSSR verbunden, also
Ostanatolien und die umliegenden Gebiete. Hier konn-
ten sich relativ früh heterodoxe islamische Glaubensfor-
men wie der Ahl-i Haqq und verschiedener schiitischer
Richtungen als sozio-religiöse Form der Opposition zum
sunnitisch geprägten Sultanat der Osmanen herausbil-
den, vor allem in der Grenzprovinz zum persischen Wi-
dersacher eine Quelle beständigen Ärgernisses für die
osmanische Zentralgewalt. Zugleich stellten sie eine po-
tentielle »Fünfte Kolonne« dar, der sich die aufstreben-
den persischen (schiitischen) Safawiden nur zu gerne
bedienten: 1532 etwa versuchte die ostanatolische Pro-
vinz Bitlis, sich den Safawiden anzuschließen.
Die Schiiten unter den Kurden gelangten so zwischen die
Räder des osmanisch-safawidischen Antagonismus und
flohen nach der Schlacht von Caldiran (1514) auf die
persische Seite. In den folgenden Jahren wies ihnen
Schah Ismädl Land im persischen Nordosten zu, also in
Chorassan. Schah Tahmasp siedelte hier weitere Kurden-
stämme als Puffer gegen die Usbeken an.
Damit gerieten die Kurden, deren Sprache zum Irani-
schen gehört, langfristig in erneute Konfrontation mit
Turkvölkern, diesmal Zentralasiens, denn auf die usbeki-
schen Gegner folgten die Türkmenen, mit denen sich die
Kurden bis zum Ende des letzten Jahrhunderts Raubzüge
lieferten.
Soweit zum historischen Aspekt kurdischer Präsenz in
Nordostpersien. Der Name der zur Zeit jener Migratio-
nen dominierenden Stammeskonföderation Cesmgezek
geriet in Vergessenheit, um durch den der Za<faränlu
ersetzt zu werden, die mit den Sadilu zu den großen
Konföderationen des Gebietes gehören. Stanzer geht des
weiteren auf die Befriedung unter Schah Reza ein, auf
Hochzeit (und Leviratsehe), auf Zelt und Herde, Wande-
rung und Probleme des Nomadismus, nennt Lagerzahlen
einzelner Stämme. Die Gesamtzahl der nordostirani-
schen Kurden schätzt er auf 350-400000, deren Großteil
allerdings nicht den Voll- sondern den Halbnomaden und
den Seßhaften zuzurechnen ist.
Aus der Fülle der von Stanzer gelieferten Informationen,
die hier nur angerissen werden können, seien einige
wenige Punkte herausgegriffen. So scheint sich bei einem
Teil dieser Kurden ein Turkisierungsprozeß abzuzeich-
nen, der vor allem im Sprachlichen seinen Ausdruck
findet. Die Schließung der russischen Grenze in den
zwanziger Jahren führte zur teilweisen Verlagerung der
Winterweiden nach Süden und damit zum verstärkten
Kontakt mit Belutschengruppen. Dieser Kontakt schlägt
sich in einer Reihe von Einflüssen auf die Teppiche
nieder. Stämme teilten sich, Siedlungsgebiete vermisch-
ten sich, und so kommt Stanzer zu dem Schluß: »Die
völlig verschiedenen Aufenthaltsgebiete von Mitgliedern
eines Stammes und die Durchmischung in einem einzigen
Dorf lassen die Zuordnung von Kordi-Teppichen und
Flachgeweben zu einem Puzzle mit mehreren Ebenen
werden«. Besonders gravierend ist dabei in jüngerer Zeit
der Umstand, daß der geradezu wörtlich zu nehmende
Ausverkauf kurdischer Textilien die Nomadenfrauen ih-
rer überlieferten Vorlagen beraubt (hat) und es zu einem
190
Buchbesprechungen Südasien
ebenso bedauerlichen wie rapiden Absinken der Qualität
der kurdischen Knüpfarbeiten kommt.
Dem Katalog kommt unter diesem Gesichtspunkt beson-
dere Bedeutung zu, zumal das älteste aufgeführte Stück
aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. stammt; in ihm mi-
schen sich noch Reminiszenzen des kaukasischen und
(später) türkmenischen Umfeldes (S. 12t., vgl. auch
S. 184 f. und 200f. zum Sahseven-Einfluß). Andere Stük-
ke dokumentieren belutschische und afscharische Ein-
flüsse.
Von ihrer Schönheit und Farbigkeit abgesehen, weisen
die ostkurdischen Textilien eine überraschende Vielfalt
auf. Die Zuordnung zu einzelnen Stämmen und Gebie-
ten wird dadurch und aus den o. g. Gründen zwar er-
schwert, doch mit Unverzagen, Feldforschung und unter
Befragung örtlicher Teppichhändler stets von neuem ver-
sucht. Stanzers in deutscher und englischer Sprache ver-
faßte Dokumentation gibt zu jedem Stück eine gewissen-
hafte technische Analyse und Motivbeschreibung. Be-
dauerlicherweise, und dies ist wohl einer der Wermuts-
tropfen sine qua non, wurde die Literaturliste schlicht
und einfach vergessen.
Harald List
Bautze, Joachim:
Drei »Bundi« Rägamäläs. Ein Beitrag zur
Geschichte der rajputischen Wandmalerei.
Stuttgart: Franz Steiner Verlag Wiesbaden,
1987. 398 pages with 16 colour plates, 166
black-and-white illustrations and numerous
plans, sketches and tables.
In Northern and Western India and in the Deccan, Raga-
mala paintings flourished between the 16th and 19th
centuries. For the Waldschmidts these were »music-inspi-
red miniatures«; for Ebeling they are »visual interpretat-
ions of Indian musical modes previously envisioned in
divine or human form by musicians and poets«. For
Powers, who wrote a long critical note in the JAOS, vol.
100; n° 4, October-December 1980, pp. 473-493, on
Gangoly’s Rdgas and Rdginis, the Waldschmidts Musikin-
spirierte Miniaturen, Ebeling’s Ragamala Painting and
Dallapicola’s Ragamala-Miniaturen von 1475 bis 1700,
they are »audible icons». It is certain that a great deal of
investigation is still necessary before we shall be in a
position to understand clearly the roles and relationships
of music, poetry, art, and mythology in these charming
paintings which are often, but not always, of considerable
artistic value. The book by J. Bautze under review is
based on a full bibliography of works on Ragamala
paintings published up till the end of 1985. Moreover
Bautze tackles the subject from a fresh viewpoint for he
concentrates on wall-paintings instead of on the albums
of Rajput miniature paintings which have come to be so
much admired in Europe and the United States since
Coomaraswamy’s book on Rajput Painting was published
in London in 1916. It may seem strange that scholars
have been so slow in discovering and studying these
larger wall-paintings. However they were often painted
on bedroom walls, a garland around the niches and walls
of rectangular rooms, inside palaces, which were usually
in former days fortresses built to keep outsiders out. In
many respects it is, on the contrary, surprising, given the
weather of the district in which they were painted and the
invasions by tourists to which Rajasthan has been subjec-
ted in recent years, that so many have survived, even in a
dilapidated condition, up till today. The author has ren-
dered service therefore in concentrating on a hitherto
neglected aspect of Rajput cultural productivity.
J. Bautze situates all the wall-paintings he describes and
analyses with precision; and his work undoubtedly consti-
tutes to date the best inventory we possess of these works
of art. He deals in particular detail with three sets (»Se-
quenzen«) of Ràgamàlâ paintings, two in the Bada Mahal
and Chattar Mahal palaces at Bundi and the third in the
Supary Mahal at Indargarh, situated about 55 kilometres
to the North-East of Bundi. It would seem that the states
of Bundi and Kotah were once a single state and, in
Ebeling’s phrase, »are situated in the heart of Râgamàlâ
country«. Hence Bundi figures within inverted commas
in the title of this work.
The author leads the reader into a critical appreciation of
the materials studied by an introductory chapter in which
the geographical positions and the number of inhabitants
of the sites explored are explicited. Good use is made of
European descriptions of Bundi in the 18th and 19th
centuries as well as of more recent Indian commentaries
on the area. Problems related to defining styles (»Bundi-
kalam«, etc.) are evoked; and an effort is made to avoid
the use of fashionable blanket-terms such as »Rajput
school«, »Punjab Hills«, etc. The distinctive characteris-
tics of the paintings and their iconography are studied
with attention: and other Râgamâlà paintings in adjoi-
ning areas which do not constitute complete sets are also
taken account of in the analysis. The author’s approach
could be qualified as holistic: the historical context in
which these paintings were created is never neglected;
the roles of local patrons are discussed; and technical
problems of composition are never envisaged on a purely
abstract level without taking local conditions and mate-
rials into account.
While the colour reproductions are adequate, albeit in a
somewhat small format which, one fells, may not do
justice to the originals, the black-and-white illustrations
are often somewhat murky; however this may be, taking
the photographs cannot have been an easy undertaking,
and the author obviously did not benefit from the same
financial possibilities as did, for example, Ebeling. The
numerous sketches and plans are helpful to the reader
but are not always provided with adequate captions.
There is indeed no over-all list of the illustrations and
sketches anywhere in the book; and, unfortunately, there
is no index. Nonetheless the book will rapidly became a
manual indispensable to all who are drawn to work on
this heretofore neglected aspect of Rajput culture. By his
meticulous, well-researched and clearly written volume,
J. Bautze has provided a positive contribution to know-
ledge of Rajput culture.
Anne Vergati
TRIBUS 38, 1989
Ehnbom, Daniel J.:
Indische Miniaturen. Die Sammlung Ehren-
feld. Mit Beiträgen von Robert Skelton und
Pramod Chandra. Aus dem Amerikanischen
von Brigitte Weitbrecht und Erwin Tivig.
Stuttgart/Zürich: Belser AG, 1988. 271 Sei-
ten mit 127 farbigen Abbildungen, 13 Repro-
duktionen von Inschriften, Katalog, Biblio-
graphie, Index.
Dr. Ehrenfeld ist Professor der Chirurgie an der Univer-
sität von California in San Francisco. Seine Frau studier-
te asiatische Kunst und führt eine Kunstgalerie. Er
brauchte nur acht Jahre, um die Sammlung, aus der der
Katalog nur einen Teil vorstellt, aufzubauen. Aus dieser
Sammlung stellte Dr. Ehnbom, Schüler von Pramod
Chandra, die Miniaturen für den »Ehrenfeldkatalog«
zusammen. Diese Informationen verdanken wir einer in
Ans of Asia, May-June 1986, pp. 148-153 erschienenen,
werbeträchtigen Besprechung des Ehrenfeldkataloges
von Kenneth X. Robbins, einem in Alexandria praktizie-
renden Psychiater. Auch sonst hat es an Werbung für die
1985 erschienene Originalausgabe des Kataloges, der
mehrere Ausstellungen durch die U.S.A. im Rahmen
des dortigen »Festivals of India« begleitete, nicht gefehlt.
War die erwähnte Besprechung von K.X. Robbins mit
acht farbigen und drei SW-Abbildungen illustriert wor-
den, so finden wir schon in der Vorschau des Festivals
(Festival of India in the United States 1985-1986, New
York: Harry N. Abrams, 1985) einen Beitrag von D.J.
Ehnbom und A.V. McEwen, der auf 10 Seiten 10 Male-
reien der Ehrenfeld-Sammlung mit z.T. ganz- oder dop-
pelseitigen Farbtafeln vorstellt. Der Erfolg blieb nicht
aus: die amerikanische Originalausgabe ist beim Verlag
vergriffen. Obwohl die amerikanische Originalausgabe
nicht von einer Kunstgalerie veröffentlicht wurde, han-
delt es sich doch bei ihr um einen Verkaufskatalog. Als
die Ausstellungen anliefen, stand praktisch die gesamte
Sammlung zum Verkauf und war, wieder ein Erfolg, in
kurzer Zeit verkauft. Es müßte daher die Titelseite der
deutschen Ausgabe etwa in »Die ehemalige Sammlung
Ehrenfeld« umbenannt werden. Das erklärt dann schon,
warum viele Herkunftsangaben der Miniaturen fehlen,
bei denen indirekt auf einen Erwerbspreis geschlossen
werden kann. Bei etwa 26 Miniaturen wird auf vorherige
Publikationen - meistens Verkaufskataloge von Spink in
London und vereinzelt auch Auktionskataloge - hinge-
wiesen. Inkonsequenterweise wird bei einer ganzen Rei-
he bei z.T. mehrfach publizierten Bildern auf entspre-
chende Verweise verzichtet. Diese Angaben halten wir
für wichtig, weil aus ihnen ersichtlich wird, inwieweit der
Katalogredaktor selbständig gewisse Daten eines Bildes
erarbeitet hat oder einfach von den mitunter sehr aus-
führlichen Auktionskatalogtexten abschrieb. Bevor wir
eine sicher sehr unvollständige Ergänzungsliste entspre-
chender Malereien anbieten, sei auf die sinnvolle Einlei-
tung von Robert Skelton verwiesen, die dem Katalog
vorangeht. Robert Skelton referiert treffend über den
Beginn des Sammelns indischer Malereien in Europa und
Amerika. Zwar hat er dabei die einzubeziehende Lenin-
grader Sammlung des Grafen Suhtelen aus dem 18. Jahr-
hundert unerwähnt gelassen, ist dem interessierten Laien
aber sehr zu empfehlen, auch wenn sich ein Teil der
Alben Poliers nicht in der Berliner Staatsbibliothek be-
findet wie auf S. 10 angegeben, sondern im Museum für
Indische Kunst Berlin und in den Staatlichen Museen zu
Berlin (Ost), wie D. Ehnbom ganz richtig auf S. 84
feststellt. Die sehr unterhaltende Einleitung Pramod
Chandras über »Die Erforschung indischer Miniaturen«
dürfte schon 1985 nicht mehr auf dem neuesten Stand
basiert haben, um wieviel weniger kann sie heute noch
Gültigkeit beanspruchen? Den Katalogtext von D. Ehn-
bom können wir dem interessierten Laien nur empfeh-
len, möchten aber nun die angekündigten fehlenden
Referenzen aufzählen: Kat. Nr. 14 wurde publiziert in
Sotheby’s Catalogue of Important Oriental Manuscripts
and Miniatures, 3rd April 1978, lot 55, ganzseitige Re-
produktion p. 59. Nr. 20 versteigerte Sotheby & Co. am
10. Juli 1973, siehe den entsprechenden Katalog unter lot
36, ganzseitige Abbildung p. 4L Das Blatt wurde von
Doris Wiener in ihrem »Indian Miniature Painting, Tenth
Annual Exhibition, November 16 to December 31, 1974«
in New York unter no. 33 nochmals reproduziert. Nr. 23
erschien bei Sotheby’s im Cat. of Important Oriental
Manuscripts and Miniatures, 21st April 1980, unter lot
144, ganzseitige Wiedergabe auf p. 104. Katalognummer
25 versteigerte das Auktionshaus Christie’s am 13. Okto-
ber 1982, siehe den entsprechenden Katalog der »Impor-
tant Islamic and Indian Manuscripts and Miniatures«
unter lot 50 mit der ganzseitigen Farbreproduktion p. 26
und der ebenso ausführlichen Beschreibung auf der fol-
genden Seite. Nr. 29 ist aus dem Katalog desselben
Auktionshauses vom 23. April 1981 her bekannt, wo die
Malerei unter lot 83 auf p. 44 eine ganze Seite füllt. Auch
Kat. Nr. 34 wurde bei Christie’s am 13. 10. 1982 verstei-
gert, wovon eine ganzseitige Farbtafel auf p. 36 und eine
ausführliche Beschreibung auf der folgenden Seite im
Auktionskatalog zeugt. Die folgende Miniatur im Kata-
log der Sammlung Ehrenfeld wurde mindestens zweimal
zum Verkauf angeboten. Das Bild erschien zunächst bei
Sotheby & Co. in der Auktion vom 7. April 1975 im
»Catalogue of Important Oriental Manuscripts and Mi-
niatures« unter lot 156. Am 24. April 1980 wurde dassel-
be Blatt bei Christie’s verkauft, wo es unter lot 54 auf
p. 26 im entsprechenden Auktionskatalog abgebildet
worden ist. Die nächste Malerei im Katalog der Ehren-
feldsammlung kennen wir von der ganzseitigen Farbtafel
in Christie’s Katalog der Auktion von »Islamic, Indian,
South-East Asian Manuscripts, Miniatures and Works of
Art« vom 28. 11. 1983 her, wo sie unter lot 141 zum
Verkauf angeboten wurde. Lot 142 im selben Auktions-
katalog entspricht der Nummer 38 im Katalog der Ehren-
feldsammlung, wurde aber offensichtlich nicht verkauft,
da sie im Auktionskatalog von Christie’s vom 11. und 12.
Juni 1984 mit einer ganzseitigen Abbildung auf p. 80
unter lot 177 nochmals, und zwar mit Erfolg, zum Ver-
kauf stand. Kat. Nr. 41, die wir mit Räga Mälavakausika
identifizieren wollen, erscheint im »Catalogue March
1979, 17th and 18th Century Japanese Books and Prints-
Indian Miniatures« von R.E. Lewis unter No. 25. Bei
Lewis sollen die Ehrenfelds ja, glauben wir der eingangs
zitierten Rezension von X. Robbins, ohnehin ihre ersten
Bilder gekauft haben. Kat. Nr. 52 erschien schon als
seitenfüllende Abbildung unter Plate 24 in Christie’s
Auktionskatalog von »Important Islamic and Indian Ma-
192
Buchbesprechungen Südasien
nuscripts and Miniatures« vom 11. Oktober 1979 unter
lot 119. Kat. Nr. 55 landete erst nach einer wahren
Odyssee durch den Londoner Kunsthandel bei Ehren-
felds und wird nun schon wieder in London zum Verkauf
angeboren. Abgebildet erschien die Malerei zunächst
farbig bei Arthur Tooth and Sons im Katalog »Indian
Paintings from the 17th to 19th centuries« vom 20. 11. bis
14. 12 1974 unter No. 14. Am 4. April 1978 bedachte das
Auktionshaus Sotheby’s unter lot 326 die Malerei im
entsprechenden Katalog mit einer ganzseitigen Farbtafel.
Im Katalog der Ausstellung »Art of the East« vom 8.
4.-15. 5. 1981, die von Michael Goedhuis von Colnaghi
Oriental veranstaltet wurde, treffen wir auf dasselbe Bild
unter No. 14, diesmal aber nur in schwarz-weiß. Kat. Nr.
56 soll, folgen wir dem Text von Mc Claude Boisgirard et
Mc Axel de Heeckeren im Pariser Auktionskatalog von
Nouveau Drouot, Salle № 9 vom 7. Oktober 1980 unter
no. 55 sogar von »Swarup Ram« signiert sein. Kat. Nr. 63
publizierte D. Wiener schon in »Indian Miniature Pain-
ting, Annual Exhibition: April 4 - May 30, 1970« unter
no. 37 mit vollseitiger Abbildung.
Sotheby’s behielten sich für die Reproduktion von lot 87
im Auktionskatalog vom 22. April 1980 (»Fine Oriental
Manuscripts, Miniatures and Qajar Lacquer«) eine ganze
Seite vor. Diese ist mit Kat. Nr. 70 bei Ehrenfeld iden-
tisch. Im bereits erwähnten Christie’s-Katalog vom 11.
10. 1979 erscheint Kat. Nr. 73 als ganzseitige Farbtafel
auf p. 45 unter lot 146. Ganzseitig wurde lot 110 im
Auktionskatalog von Sotheby’s vom 24. 4. 1979 reprodu-
ziert. Diese Malerei ist mit Kat. Nr. 75 des Ehrenfeld-
Katalogs identisch. Kat. Nr. 78 bei Ehrenfeld listete
schon Doris Wiener in ihrem »Indian Miniature Paintings
April 7 - June 15, 1973« in New York unter no. 84 auf.
Dasselbe Bild wurde dann in »The Indian Heritage,
Court Life and Arts under Mughal Rule«, London 1982
farbig auf p. 66 unter »entry 155« reproduziert. Die
ganzseitige Farbtafel im Auktionskatalog der »Fine
Oriental Miniatures, Manuscripts and Printed Books«
von Sotheby’s am 12. und 13. Oktober 1981 erscheint im
Ehrenfeld-Katalog unter Nr. 88. Kat. Nr. 96 erschien
schon als formatfüllende Farbtafel im Versteigerungska-
talog der »Important Islamic and Indian Manuscripts and
Miniatures« vom 23. 4. 1981 des Auktionshauses Chris-
tie’s unter lot 195, p. 102. Aus demselben Verkaufskata-
log stammt Kat. Nr. 111 bei Ehrenfeld, siehe die farbige
Abbildung auf p. 94 unter lot 186 mit seitenfüllender
Beschreibung. Kat. Nr. 122 schließlich wurde bei Sothe-
by’s am 20. Juni 1983 als lot 130 ersteigert und ist im
entsprechenden Katalog auf p. 68 ganzseitig abgebildet.
Bei dieser Aufzählung sind uns mit Sicherheit mehrere
Blätter bei flüchtiger Durchsicht der Kataloge entgan-
gen. Wenn wir bedenken, daß ein Manuskriptblatt u.U.
einer illustrierten Handschrift zugehört, von der es oft-
mals schon mehrere Dutzend publizierter Folios gibt, so
sind die entsprechenden Verweise z.T. äußerst dürftig.
Die Qualität eines Folios kann doch in erster Linie nur
im Umfeld, d.h. im Vergleich mit anderen vorhandenen
Blättern derselben bebilderten Handschrift eingeschätzt
werden, weswegen wir die spärlichen Angaben auf weite-
re Blätter derselben Handschrift oder desselben Albums
nur bedauern können. Verweise auf unpublizierte Blät-
ter, etwa in indischen Privatsammlungen zeugen zwar
von vielen Fernreisen des Katalogautors, helfen dem
interessierten Sammler aber wenig, zumal wenn dafür
hinreichend publizierte Vergleichsstücke unerwähnt blei-
ben und in den Einleitungen davon die Rede war, wie
wenig die indische Malerei eigentlich erst erforscht wor-
den ist.
Wem nutzt es also, um nur ein Beispiel zu bringen, wenn
bei Kat. Nr. 106 ein weiteres Folio in der unpublizierten
Sammlung von Herrn und Frau Bienstock in Boston
erwähnt wird, die acht mehrfach und schon vor rund
sechzig Jahren zuerst veröffentlichten Folios des Mu-
seums für Indische Kunst Berlin mit keiner Silbe erwähnt
werden (vgl. z.B. Ernst Waldschmidt: Illustrations de la
Krsna-LUä, in: Revue des Arts Asiatiques, Numéro IV,
Tome VI, 1929-1930, pp. 197-211, Planches L-LIII)?
Eigenartigerweise lassen sich viele derartige Beispiele
anführen, was recht verwunderlich ist, da Daniel Ehn-
bom selbst eine Dissertationsschrift verfaßte, die sich
ausschließlich mit einer Handschrift beschäftigt, bei der
die Hauptaufgabe darin lag, die etwa 200 oder mehr
Folios aus internationalen, bekannten und weniger be-
kannten Sammlungen zusammenzutragen. Entgegen ge-
wissen Behauptungen im Ehrenfeldkatalog befindet sich
diese wichtige Doktorarbeit immer noch nicht im Druck.
Etwas paradox wirkt die einleitende Bemerkung von
Pramod Chandra aus S. 16, nach der »Die Schulen von
Mewar und Bundi« am besten erforscht sind im Zusam-
menhang mit Kat. Nr. 61, ein Bild aus Bundi, das um
etwa 100 Jahre zu spät datiert wurde. Das Bild ist dem
Atelier Mohan’s zuzuordnen, dessen Werke in die achtzi-
ger Jahre des 17. Jahrhunderts datiert sind. Stilistisch
nahestehend ist ein europäisch beeinflußtes Bild Mohans
eines Asketen, das mehrfach den Besitzer wechselte. Es
ist abgebildet in Christie’s Auktionskatalog von »Impor-
tant Indian Miniatures« vom 6. 7. 1978, Plate 23, und läßt
sich gut mit einem datierten, häufig publizierten Werk
Mohans im Prince of Wales Museum in Bombay verglei-
chen (siehe z.B. P. Chandra: Bundi Painting, New Delhi,
1959, col. Plate 2).
Obwohl dem Kenner schon die meisten Malereien von
vorherigen Veröffentlichungen bekannt waren, und ob-
wohl wir dem Katalogautor in vielen Punkten seines
Kataloges nicht folgen können - eine diesbezügliche
Kritik würde den Rahmen dieser Kurzbesprechung mehr
als sprengen - hat Herr Dr. Ehnbom höchstes Lob für
seine Arbeit verdient, zumal er sich nicht der Mühe
entzog, die Auf- und Beischriften der meisten Malereien
zu übersetzen, was bei amerikanischen Publikationen
dieser Art leider nicht selbstverständlich ist. Sicher war
die Vorbereitungszeit sehr kurz bemessen, was über vie-
les hinwegsehen läßt. Hinzu kommt fast ebenso sicher,
daß das Sammlerehepaar gewisse Vorstellungen verwirk-
licht sehen wollte, denen sich der Katalogautor nicht
widersetzen konnte. Jeder, der einen ähnlichen Katalog
geschrieben hat, weiß, wovon die Rede ist.
Der Katalog bringt einen nützlichen Überblick über die
wichtigsten indischen Malschulen, die mit z.T. herausra-
genden Beispielen vertreten sind, wenn auch die jinisti-
schc Malerei völlig übergangen worden ist. Der Text ist
anschaulich und auch gut übersetzt worden, die Überset-
zungsunschärfen erscheinen vertretbar. Mit dem Fluß
Ramuna auf S. 104 ist natürlich die Yamuna gemeint, auf
S. 78 muß es naturgemäß Shlrln heißen und in der Über-
schrift auf S. 41 ist das »r« am Ende von »Rägamälä« zu
193
TRIBUS 38, 1989
streichen, da sonst Verwechslungen mit »Räga Malhar«
auftreten können, um nur einige Druckfehler zu nennen,
die wohl nicht mehr ins Gewicht fallen als bei anderen
Publikationen auch. Ein rajputischer Herrscher sollte
aber eher »Fürst« oder »König«, aber nicht »Häuptling«
wie auf S. 138 genannt werden, was sich zu eng nach dem
»chieftain« der Vorlage orientiert. Die (Druck-)Fehler
oder falschen Diakritika sind z.T. schon in der amerika-
nischen Ausgabe vorhanden gewesen und wurden ohne
Durchsicht in der vorliegenden Ausgabe übernommen.
Hinzu kommt, daß die deutsche Ausgabe auf die Wieder-
gabe der Zerebrallaute verzichtet, die in der amerikani-
schen Ausgabe noch berücksichtigt werden, wie etwa bei
»Puräna«. Überhaupt ist drei Jahre nach Erscheinen der
amerikanischen Ausgabe die deutsche Ausgabe in wis-
senschaftlicher Hinsicht vielfach überholt, da eine enor-
me Anzahl relevanter Arbeiten in den vergangenen vier
Jahren erschien. Leider wurde Herrn Ehnbom nicht die
Gelegenheit gegeben, diese in die deutsche Ausgabe
einzuarbeiten. Schließlich müssen wir uns fragen, wie
den Verantwortlichen für die vorliegende Ausgabe die
Existenz deutscher Privatsammlungen unbekannt blei-
ben konnte, die fallweise der Sammlung Ehrenfeld - wir
müssen wohl richtiger sagen - der ehemaligen Sammlung
Ehrenfeld, nicht nachstehen?
Joachim Bautze
Kolke, Hermann:
Orissa: a comprehensive and classified bi-
bliography. (Beiträge zur Südasienfor-
schung, 72). Wiesbaden: Steiner, 1982.
XXIII, 416 S.
Die vorliegende Bibliographie ist ein Ergebnis des Orissa
Research Projects. Dieses Projekt, das wesentlich vom
Südasieninstitut der Universität Heidelberg getragen
wird, will interdisziplinär den indischen Bundesstaat
Orissa erforschen. Schon im frühen Forschungsstadium
1970-74, insbesondere während der Erforschung des
Jagannath Kults (Zentrum in Puri) und der regionalen
Tradition Orissas wurde man sich des Fehlens einer Re-
gionalbibliographic bewußt. So sammelte man seit 1970
bibliographische Angaben. Ursprünglich war diese
Sammlung nur für den internen Gebrauch des Projekts
gedacht, wurde dann aber 1974 in einer vorläufigen
Ausgabe der indischen wissenschaftlichen Öffentlichkeit
zugänglich gemacht. Unter Mitarbeit von indischen Wis-
senschaftlern wurde diese Ausgabe zu der vorliegenden
Bibliographie erweitert. Das Manuskript wurde 1975
dem Verlag übergeben, der allerdings bis zum Abschluß
des Druckes 5 Jahre brauchte, so daß Wissenschaftler der
Utkal University in Bhubaneswar die Gelegenheit nutz-
ten, weitere Titel anzuhängen.
Entsprechend den heutigen Forschungsschwerpunkten
enthält die Bibliographie in erster Linie Titel zur Ge-
schichte, Religion, Kunst, Literatur, Sprachwissenschaft
und Anthropologie. Es sind aber auch Titel zu Politik,
Recht und Verwaltung und Wirtschaft zu finden. Sieht
man sich die Verteilung der Titel an, liegt das Schwerge-
wicht eindeutig auf der Geschichte Orissas (etwa 65
Seiten) und auf Titeln über die Literatur Orissas (auf
etwa 110 Seiten). Die Titel des Hauptteils und die Titel
des Nachtrags sind systematisch geordnet und durch ein
Verfasserregister erschlossen. Titel in indischen Sprachen
sind im allgemeinen mit einer Übersetzung versehen.
Der Berichtszeitraum erstreckt sich bis 1980, wobei die
Mehrzahl der Titel zwischen 1950 und 1970 erschienen
ist. Die 7740 Nummern der Bibliographie entsprechen
etwa 4000 bibliographischen Einheiten, da neben Zeit-
schriftenaufsätzen beigefügte und enthaltene Werke in
Monographien getrennt aufgeführt werden.
Insgesamt trägt die Bibliographie ihrer Entstehung ent-
sprechend noch stark Züge des Zufälligen: es scheint
einfach alles, was in der Forschungsperiode benutzt wur-
de, in das Werk aufgenommen worden zu sein, eine
systematische Erweiterung scheint nur auf einer sehr
schmalen Basis von Bibliographien durchgeführt worden
zu sein.1 Problematisch erscheint auch die Angabe von
Akten und ähnlichen unveröffentlichten Materialien,
wenn nicht darauf hingewiesen wird, wo man diese einse-
hen kann z.B. Nr. 6462 »Bihar and Orissa, Labour
Dept.: Annual Report on the Administration of the
factories in the State Bihar for the Year ending 31st Dec.,
1911-1936.« Den Bilbiothekar stört das selbstentworfe-
ne Klassifikationsschema - wie es im Vorwort ausge-
drückt wird - keineswegs, vorausgesetzt die Titel sind
über brauchbare Register erschlossen: so könnte man
sich neben dem Verfasserindex2 durchaus ein Titelregi-
ster und ein Körperschaftsregister als hilfreich vorstellen.
Den Bibliothekar stört es allerdings sehr, daß man sich
bei Namen nicht darum bemüht hat, diese zu vereinheit-
lichen, d.h. man hat die Namen desselben Verfassers
jeweils so genommen, wie die Vorlage das angeboten
hat, und man hat noch nicht einmal für den Index diesel-
ben Personen zusammengeführt. Der Benutzer dieser
Bibliographie muß also selber auf die verschiedenen
Transliterationen eines Namens kommen z.B. Mahanti,
Janaki Ballabha neben Mahanty, Janaki Ballava neben
Mohanti... neben weiteren Formen. Der Benutzer hat ja
im Gegensatz zu den Zusammenstellern der Bibliogra-
phie keineswegs immer den Namen in Originalschrift vor
sich.
Es ist nicht verständlich, warum nicht von Seiten des
Südasieninstituts, das ja eine gute Bibliothek mit ausge-
wiesenen bibliothekarischen Fachleuten besitzt, mehr
Einfluß auf die Gestaltung der Bibliographie genommen
wurde, damit aus dem vorläufigen Werk eine für wissen-
schaftliche Bibliotheken empfehlenswerte Bibliographie
geworden wäre.
Margarete Payer
Anmerkungen:
1 Die Auswahlliste der benutzten Bibliographien (Vor-
wort S. IX) enthält 6 Angaben.
2 Die alphabetische Einordnung sollte einer kritischen
Prüfung unterzogen werden, z. B. sollte ein Moham-
med, L. vor einem Mohanti stehn.
Buchbesprechungen Südasien
Lohuizen-De Leeuw, J. E. VanI:
Indo-Javanese metalwork. Stuttgart; Lin-
den-Museum, Staatliches Museum für Völ-
kerkunde, 1984, 218 pages, 211 catalogue
numbers, 1 map, 6 colour plates, 220 black-
and-white plates, 4 drawings.
Because of her untimely death the author of this richly
illustrated catalogue of ancient Javanese bronzes was
unable to attend to its final publication herself. Gerd
Kreisel of the Linden-Museum accepted the responsibili-
ty for editing it and added an introductory chapter on the
cultural background of the period to which the bronzes
belong.
In a clearly structured manner the catalogue presents 211
ancient Javanese bronze and other metal objects, all of
which belong to the collection of the Linden-Museum in
Stuttgart. A whole page has been assigned to almost each
piece, the description being on the left and the illustra-
tion on the right. The description is preceded by a
heading defining the object represented and mentioning
the material it is made of, as well as its height, the period
to which it may be attributed, and its Linden-Museum
inventory number. It is followed by references to former
publications dealing with the same object, and to publica-
tions presenting comparable objects. The descriptions
themselves are accurate. The author did not avoid the
use of Sanskrit words for various iconographical terms,
such as sitting postures, handposes, attributes and head-
dresses. Those who are not familiar with these Sanskrit
words can turn to the glossary at the end (p. 209-211)
which explains each of them in English. The catalogue is
preceded by a preface and introduction to the objects by
van Lohuizen and, as already mentioned, a more general
introduction by Gerd Kreisel.
The objects are arranged thematically. The catalogue
commences with images of Buddhist and Hindu deities
(cat. nos 1-47), then focuses on »religious objects« (cat.
nos 48-107) such as temple bells, processional staffs,
priest’s bells, censers, holy water pots, and offering trays,
and finally presents »domestic objects« (cat. nos
108-211). among which van Lohuizen includes mirrors,
weapons, toy animals, oil-lamps, boxes, cups, bowls, and
cattle-bells. One of the great merits of this catalogue is in
my opinion the fact that it gives equal attention to all
these objects, regardless of their aesthetic quality or
cultural value. Even the most simple bowls are presented
together with a photograph or drawing, which was some-
thing new at the time. Such full documentation is of great
importance for future research. The division between
»religious« and »domestic« objects (in the introduction
called »ritual« and »secular«) is not, however, as clearly
demarcated as van Lohuizen presents it. Mirrors, for
instance, have also been used in ritual worship. This can
be concluded from reliefs on Candi Borubudur depicting
people who pay homage to the Buddha or other Buddhist
deities while holding a mirror in one hand and an incense
burner in the other. It can also be derived from the fact
that some mirrors have been excavated together with
objects the use of which definitely was ritual. The same
holds true for lamps.
As van Lohuizen notes, the dating of ancient Javanese
bronzes is a difficult matter. Only few of them bear dates
(in the Saka era), such as catalogue numbers 52 and 92.
In order to date the others one has to rely on less
trustworthy criteria such as style and, if known, findspot.
Perhaps wisely, van Lohuizen makes only rough distinc-
tions. She distinguishes between bronzes dating from the
Central Javanese Period (sometimes specified as early or
late Central Javanese); bronzes dating from the East
Javanese Period (sometimes early or late East Javanese
Period); and objects dating from the post East Javanese
Period. Unfortunately she does not point out the stylistic
characteristics which make her identify an object as
Central, East, or post East Javanese, in this way leaving
it to the user of the catalogue to find out for himself. In
general I think her datings are correct. I would, however,
like to adjust one mistake as regards catalogue numbers
47 and 144, which were discovered in the regency of
Gunung Kidul. Van Lohuizen assigns them to the early
Eastern Javanese Period, apparently because she was
misinformed about the exact situation of Gunung Kidul.
She has mapped it in East Java (see the above catalogue
numbers and the map), while in reality it belongs to the
province of Central Java where it stretches from Parang-
tritis (south of Yogyakarta) eastward to the border of
Central and East Java. This is of consequence for the
dating of the above two objects and two others as well
(143 and 145), which, corroborated by stylistic evidence,
should in my opinion rather be attributed to the Central
than to the East Javanese Period.
The identification of the images of gods does not present
many problems, as we are fairly well-informed about
their iconography. Some of the ritual and domestic ob-
jects, on the other hand, carry narrative scenes which are
difficult to interpret. Van Lohuizen has accepted the
challenge to provide new interpretations for a number of
these puzzling representations (cat. not 55, 58, 122, 149,
152, 153, and 157 for instance; cf. her arguments on
pp. 16-32). However, I do not think they solve all mono-
graphic problems. For instance, the story which van
Lohuizen connects with catalogue number 55 (cf. p. 22)
cannot explain the dagger - or is it an arrow? - which
Garuda holds in his left hand, nor the fact that Garuda
carries his father, the sage Kasyapa, on his back. I even
have my doubts about van Lohuizen’s identification of
the latter person as the sage Kasyapa, for neither his
headdress nor his clothing seem to be that of a sage, at
least not as far as can be judged from the photograph.
Further, van Lohuizen identifies the male figures on
catalogue numbers 114, 152, and 153 as the God of Love,
Kama, on the ground of the fact that all three hold a bow.
However, except for the bow, they differ considerably
from each other, and one might therefore question whe-
ther the presence of the bow is sufficient evidence for
identifying them as Kama. Unfortunately no unambi-
guous representations of Kama are known from ancient
Java to serve as a frame of reference (cf. p. 26).1 In
contrast, van Lohuizen’s identification of the male per-
son on an East Javanese handle of a mirror (cat. no. 122)
as Krsna can be tested against existing evidence, as Krsna
figures in a number of narrative reliefs on various late
East Javanese temples (the main temple of the Panataran
complex, Candi Jago, and Candi Kedaton). In all these
cases he is represented in so-called wayang style and
195
TRIBUS 38, 1989
characterized by a headdress similar to that of wayang
puppets. One can therefore conclude that this was his
iconographie form in late East Javanese art. Consequent-
ly, if the handle dates from the late East Javanese period,
which I think is likely, the couple depicted on it do not
seem to represent Krsna and one of his love (Rukminl or
Satyabhâmâ) as van Lohuizen suggests (see p. 27), for
the male person (according to van Lohuizen Krsna) is not
characterized by this particular headdress. As additional
evidence to support her identification, van Lohuizen
relates the tree standing between the couple to depictions
of trees entwined by creepers, and she identifies it as the
Pàrijàta tree in Indra’s heaven which plays a role in the
story of Krsna and Satyabhâmâ. However, trees entwi-
ned by creepers often occur in East Javanese narrative
art when a love-scene is represented. It is a stereotype
motif alluding to a couple’s intimacy and does not seem
to represent a particular tree (such as the Pàrijàta tree),
nor to allude to a specific event in which specific persons
are involved (such as the love-story of Krsna and Satyab-
hàmà).
Again and again we are confronted with the fact that East
Javanese art displays deviations from what we know from
India, and that the East Javanese period has not, as far as
is known, yielded any iconographie work explaining the-
se deviations. The only manner to arrive at identifica-
tions is a careful analysis of as many surviving sculptures
as possible. A handbook of ancient Javanese iconogra-
phy compiled on the basis of such an analysis is still badly
needed. Notwithstanding the above critical remarks, the
present catalogue forms an important source of informa-
tion for our knowledge of ancient Javanese iconography.
The Linden-Museum may be congratulated on such a
thorough, well-documented catalogue, attractive for
scholars and all those interested in the subject. It is to be
hoped that other museums can find similar facilities in
documenting and making their collections accessible to
the public.
Marijke J. Klokke
Note 1:
The one other representation which van Lohuizen men-
tions in note 81 is on the basis of solid argumentation by
Lunsingh Scheurleer no longer thought to represent Ka-
ma, see Divine bronze: ancient Indonesian bronzes from
A. D. 600-1600 by Pauline Lunsingh Scheurleer and
Marijke J. Klokke. - 1988, Leiden: E. J. Brill, p. 80, cat.
no. 28.
Paul, Debjani;
The Art of Nalanda, Development of Bud-
dhist Sculpture, 600-1200 A.D., Ph.D. The-
sis, University of Leiden, 1987. Enschede:
Quick Service Drukkerij, 1987. xix + 212 p.,
82 plates (on 49 pages), bibliography, index.
Nalanda is the largest excavated Buddhist site in Eastern
India. The fame of its monasteries spread all over the
Buddhist worlds and numerous monks from all Asia
came to study there. The artistic production in post-
Gupta but mainly Pala times is utmost rich as the nume-
rous images recovered from the site or still observed in
the nearby villages prove it. One could thus only regret
the absence of a monograph on the sculpture produced at
the site. D. Paul’s book probably aimed at filling the gap,
but sad enough, it failed in this respect.
The work includes five chapters dealing respectively
with: the stone sculptures of the pre-Pala period (chapter
I), the stucco reliefs (chapter II), the stone sculptures of
the Pala period (chapter III), the bronze sculptures
(chapter IV), and some iconographical observations
(chapter V).
The observations which we must introduce are manifold.
The author deals exclusively with the Buddhist material
but Nalanda was also a place of Hindu cults as the
numerous representations of Surya or of Visnu, i. a. (Siva
or the Dev! were also worshipped) tend to prove it.
Moreover, Hindu deities were at Nalanda included in
Buddhist iconography in situations where they were not
observed in earlier images. Thus, this element could
prove that the tendency of assimilating Hindu deities
prevailed at Nalanda rather than in any other site of
Eastern India. The Hindu iconography of Nalanda was
also very traditional, the number of types was limited and
innovation remained rare (e.g. the Vaglsvari dated in
Gopida IPs reign). This position led the author to ignore
dated material when this material is not Buddhist (the
Vagisvari just mentionned) or when the date is born by
an architectural piece (the door-jamb dated in Mahlpa-
la’s reign). It is also difficult to understand why the dated
bronzes are disregarded and only shortly mentioned
p. 126, even when they illustrate a Buddhist iconographic
type (Pancika; Hariti besides Balarama: all dated in
Devapala’s reign).
Dating the material remains often difficult and the author
does not detail the criteria allowing a datation, even
approximative. She states e.g. p. Ill, that stylistic crite-
ria are basic for dating bronzes without even presenting
these criteria. Dated images are there but remain uncon-
sidered. It is a fact, however, that they are isolated within
the large production and we may rightly ask whether it is
safe to trace a stylistical development on the basis of this
thin frame. Another point of view - which in fact does
not contradict the previous one - is to elaborate a stylistic
development where those dated items are not given a
privileged situation. Dating comes then after the dated
images are located within this development. But neither
one way nor the other have been here followed by D.
Paul for whom dating becomes more a point of personal
feeling. One would have expected that at least the dated
images discovered at Nalanda would be properly descri-
bed but they are hardly mentioned among other dated
stelae and bronzes collected at various places: pp. 86 and
129 (Trimurti from Bodhgaya), 88 and pi. 38 (Tara from
Hilsa), 93 (Miracle from SravastI from Rohoi), 100
(door-frame from Nalanda), 102 (Vaglsvari from Na-
landa), 117 (SarvanI from DeulbadI), 126 (Hariti and
Pancika from Nalanda), 130 (where three dated bronzes
from Nalanda are evoked without any further reference),
131-132 (Balarama from Kurkihar), 134-135 (Tara from
Itkhauri), 135 (Ganesa from Mandhuk), 137 (two Vasu-
196
Buchbesprechungen Südasien
dharas from Kurkihar and Visnu from Baghaura), 138
(Purnesvar! from Jaynagar), 139-140 (three Buddhas
from Kurkihar), 141 (triad from Imadpur and Visnu from
Mandoil), 142 (Avalokitesvara from Kiul). Indistinctive
of their material, most of these examples are introduced
in the chapter dealing with bronzes (pp. 108-142).
Following Susan L. Huntington (whom she does not
quote, but see The »Pdla-Sena« Schools of Sculpture,
Leiden, 1984, p. 47), she dates the Sravasti Miracle
found at Rohoi in Vigrahapala Fs reign (9th c.) and not
in Vigrahapala Ill’s reign (11th c.) as it has been usually
written. Likewise, she does not give any argument for her
own dating (p. 93).
Since D. Paul does not make a systematic use of stylistic
criteria which she would have selected, she is led to
contradict herself. E.g. she writes p. 81 that the cushion
behind the Buddha would not appear after c. 750 A.D.,
but she observes it on a stele which she dates in the
second quarter of the 10th c. (p. 97), contradiction which
did not escape her attention (pp. 97-98) (and as a matter
of fact, the cushion is preserved till at least the 11th c.).
Basic lacunas are observed in the bibliography; the re-
port of Alexander M. Broadley on his work at Nalanda
and the excavations which he led is not mentioned (Ruins
of the Nalanda Monasteries at Burgaon, Sub-division
Bihar, Zillah Patna, Calcutta, 1872), nor is his report on
»The Buddhistic Remains of Bihar« (Journal of the Asia-
tic Society of Bengal, XLI, 1872, pp. 209-312), the work
of Montgomery Martin based on Francis Buchanan-Ha-
milton’s reports and including drawings made under the
supervision of the later in winter 1811-1812 is ignored
(The History, Antiquities, Topography and Statistics of
Eastern India..., London, 1838), the report of Francis
Buchanan-Hamilton edited by John Francis William
James (An Account of the Districts of Bihar and Patna in
1811-1812, Patna, 1936) or his Journal edited by V.H.
Jackson (Journal Kept during the Survey of the Districts
of Patna and Gaya in 1811-1812, Patna, 1925) have not
been consulted although they furnish first-hand informa-
tion on images seen at i.a. Nalanda. Most of the images
of the Broadley collection entered into the collection of
the Indian Museum but neither the catalogue written by
Nilmani Chakravartti (The Supplementary Archaeologi-
cal Catalogue of the Indian Museum, Allahabad, 1908),
nor the catalogue published under the name of Theodor
Bloch (Supplementary Catalogue of the Archaeological
Collection of the Indian Museum, Calcutta, 1911) are
quoted. The reports of the A. S. I. for the Eastern Circle
have not been used although they contain lists of items
discovered during the excavations as well as short reports
by H. Sastri who excavated the site. One may also stress
the fact that although the works by Frederick M. Asher
or Susan L. Huntington appear in the bibliography, they
seem to have been used exclusively for their illustration.
Images considered by D. Paul were already analysed by
these two authors, but no reference to them is intro-
duced.
The exact provenance of some stelae remains ignored,
which the author does not mention. She attributes
without explanation to Nalanda a Vajrasattva (p. 100
and f. n. 34 p. 107) which belongs in fact to the Kurkihar
style. She reproduces pi. 61 a bronze to which she com-
pares »another« piece (f. n. 49 p. 176; referring to
pp. 165-166) which is in fact the same bronze! Besides,
one is surprised to see here introduced as Nâlandâ ima-
ges, stelae recovered in other sites from Bihar: pi. 43
(p. 94) is from Telhârâ; pi. 50 (p. 103) is from Rohoi;
p. 167 and f. n. 59 p. 176, the Avalokitesvara in the rocky
landscape is from Kurkihar (Bloch, op. cit., p. 56 and see
M. A. Stein, »Notes on an Archaeological Tour in South
Bihar and Hazaribagh«, The Indian Antiquary, XXX,
1901, pp. 54-63 and 81-97: pi. II; the mistake is already
made by S.K. Saraswati quoted by D. Paul); the cakra-
purusa quoted f. n. 79, p. 21 was found at Mahrâwâh,
district Gaya. The Buddha illustrated on pi. 40 has most
probably been collected at Tetrâwàh; it is identical to a
stele, now in the Indian Museum (inv. 3745) found there
by Broadley and it is probably the image quoted by A.
Cunningham in his report for the year 1861-62, p. 39.
The Buddha of the Metropolitan Museum (pi. 39) is not,
as written p. 91, »without any record of (its) definite
provenance«; as stated by Victor Goloubew who is the
first to have published the stele, it was actually collected
at Nâlandâ together with a number of other interesting
images, i.a. a HàrltT today kept at the Art Institute of
Chicago (Quatorze sculptures indiennes de la Collection
Paul Malion décrites par Victor Goloubew, Paris, n.d.,
pi. VIII (Buddha) and X (HâritT)). The MàrlcT of pi. 68
was in fact collected at Bihar Sharif.
Nowhere does the author define her methodology, nor
does she mention the criteria having determined the
selection of the material. Major stelae are simply ignor-
ed, e.g. the Jagdispur image, without any further com-
ment. A remark made p. 79 informs, however, that the
choice of the stone images is restricted to items »recover-
ed during the offical diggings« mainly. But much more
was then collected than what is here shown: ten »pre-
Pâla« and seventeen (including three stelae actually col-
lected at other sites: see above) »Pâla« stelae (pp. 3-35
and 79-105) and fifteen bronzes (pp. 111 -142) constitute
the corpus of this work. We are also told, p. 44, that only
the »finest« stuccos are analysed. One would have expec-
ted, on the contrary, a more systematic survey of the
stuccos of Nâlandâ. A proper description of the remai-
ning niches of the caitya of site 3 would be useful since it
does not seem to have so far attracted the attention of the
scholars although a drawing of the Eastern façade was
published by the ASI (and is reproduced on pi. 31) and
although images could be occasionally published. Only a
general survey of the iconographie program, though frag-
mentary as it is today, would allow to determine whether
a particular scheme was followed. Only then could one
say whether the two Buddhas of pi. 15 and 16 belong or
not to the same iconography (p. 50: the author writes
that they could well reflect different iconographie mean-
ings). Besides, stuccos were also produced during the
»Pâla« period, in particular on the external walls of the
caitya 12, initially excavated by Broadley (ASI, Annual
Report for the Years 1930-34, pi. LXVII-a, c; d; photo-
graphs were already made in the 19th c., they are pub-
lished by James Burgess, Ancient Monuments, Temples,
and Sculptures of India..., London, 1897, vol. 2, pi.
227 + 228).
A number of remarks or hypothesis are introduced
without being detailed, e.g. one learns p. 65 that the
»association of ivory with the simhdsana is too well
197
TRIBUS 38, 1989
known to be ignored«, and p. 70-73, relationships with
Gandhara are suggested. The same can be said about the
dates proposed for the bronzes. Introducing material
already considered by other authors and often dated very
differently, D. Paul did not take into consideration these
earlier datings; as a result also, her own dating does not
need to be justified. Discrepancies in dating images are at
times very great: the Buddha of pi. 56 e.g. is here dated
in the later half of the 7th c. (p. 122), the same is dated
by Ulrich von Schroeder around 650-750 (Indo-Tibetan
Bronzes, Hong Kong, 1981, 52 E), and in more recent
publication by K. Khandalavala and S. Gorakshkar in the
late 8th c. (with N. Ray, Eastern Indian Bronzes, New
Delhi, 1986, cat. 91 a); the Avalokitesvara from Kurkihar
of pi. 69 is ascribed on p. 19 to the post-Gupta period, on
p. 29 to the early Pala period while it has been dated in
the 10th c. by von Schroeder {op. cit., 59 D) and in the
early 9th c. by Khandalavala and Gorakshkar {op. cit.,
cat. 104). The same can be noted about the other bronzes
published by D. Paul. And one can also regret that she
did not include more unpublished items (only the Bud-
dha of her pi. 54 seems to have remained so far unpub-
lished) although the material recovered from Nalanda is
very rich.
In the fifth chapter, D. Paul considers some iconographic
types which gained the favor of the cult at Nalanda. One
of them is the depiction of the Eight Great Events of the
Buddha’s life (pp. 147) but the largest stele from Na-
landa known to us, which is under worship at the Rukmi-
nl mandir of Jagdispur, and which illustrates this type,
remains here completely ignored. The theme of the
Astamahabodhisattva is not evoked by the author al-
though they appear on the pedestal of the Jagdispur
image, on a pedestal and on either side of a standing
Buddha kept at the local museum, on either side of a
standing Avalokitesvara in Nalanda style now in a Cal-
cutta private collection, on two bronze caityas excavated
at the site, besides being the theme of a large number of
slabs, some in Nalanda style, which are kept in different
collections (New Delhi, Perth, private collections in Am-
sterdam, London, and Calcutta). This ignorance leads
the author to write about her pi. 60 that it is the »single
surviving representation of Jhanaketu« in Eastern India
(p. 165). Jnanaketu is one of the Eight Bodhisattvas and
as such, appears in any representation of the group.
In her survey of the iconography of the Eight Great
Events, D. Paul overlooked some articles dealing exclusi-
vely with this question (R.D. Banerji, »Buddhacarita in
Bengal«, The Modern Review, 1937, n° 47, pp. 104-110;
Adds Banerji, »Buddha-charitra in the Banaras School«,
Journal of Indian Museums, vol. X, 1954, pp. 1-20;
A.C. Eastman, »Some steles of the Pala period contain-
ing the eight miracles of Buddha with notes on the
variations«, Art in America and elsewhere, XVIII, oct.
1930, pp. 271-283 and dec. 1930, pp. 23-33, »Three
miracle Buddhist steles of the Pala school«, ibidem,
XVIII, feb. 1930, pp. 73—81) and she would have not
written p. 149 that no literary source is related to the
theme, had she read P. C. Bagchi’s article (»The Eight
Great Caityas and their Cult«, Indian Historical Quarter-
ly, 1941, vol, 17, pp. 223-235).
She sees in the presence of Visnu on the depiction of the
Buddha’s birth of pi. 72 an extraordinary feature; the
same applies to the representation of Visnu which is
reproduced on pi. 73. But this god was then introduced in
various events of the Buddha’s life like the Enlighten-
ment, the Descent of the Heaven of the 33 Gods on the
Jagdispur stele (where he is always seen in company of
Brahma, Indra, Siva and even Durgà). Large stelae
collected by Broadley and today preserved at the Indian
Museum illustrate Visnu or Siva and other are still to be
seen in situ at Badgaon. Pp. 156-157, D. Paul evokes the
representation of the SravastI Miracle without quoting
M. Bénisti’s article though it is important for the identifi-
cation of the scene in Bihar (»Sur un stupa votif de
1’Asutosh Museum«, Artibus Asiae, XXVII, 1964,
pp. 151-156). Since she does not mention J. Auboyer’s
book on »Le trône et son symbolisme dans l’Inde ancienne
(Paris, 1949), she strangely writes that the lions of the
pedestal are »mainly decorative« (p. 89) or that the
vyâlas pair would not be anterior to the Pala period
(p. 81); some more remarks are made about the royal
throne on p. 9. M. Bénisti’s work {Contribution à l’étude
du stupa bouddhique indien: les stüpa mineurs de Bodh-
Gaya et de Ratnagiri, Paris, 1981) is also ignored al-
though it contains valuable observations on the repre-
sentation of the crowned Buddha at Bodh Gaya, type
which is here shortly mentioned pp. 97-98 and 152.
Finally, the absence of Sudhanakumara on an early de-
piction of Avalokitesvara (pi. 46) is qualified as »curious«
(p. 99); but this character does not seem to appear before
the 10th c. and is generalized in the 11th and 12th c. only.
The terminology used by the author is not always very
correct (Dhyâni-Buddha, tribhahga, sahghati). The same
Bodhisattva can be differently named without any ex-
planation (pi. 69 is Avalokitesvara p. XIII and Lokana-
tha p. 19; pi. 7 is Padmapâni pp. IX and 21 and Avalo-
kitesvara p. 23; pi. 8 is Avalokitesvara p. 26 or a Bodhi-
sattva p. IX...). One can also regret the use of formulas
not sustained by a proper explanation such as the »undi-
luted Gandhâran mannerism« (p. 73), »the emerging
Pâla idiom of self-awareness and assertion« (p. 112),
»the manneristic Pâla formulations« (p. 29), »the manne-
rism of Mathura and Sârnâth« (p. 64), etc. Recent re-
search has also shown that the stone used by the crafts-
men was probably not quarried in the Rajmahal Hills
(p. 3) (Richard Newman, The Slone Sculpture of In-
dia. .., Cambridge, Massachusetts, 1984, pp. 31-40, par-
ticularly p. 40).
It is the credit of Dejbani Paul’s work to have drawn our
attention to the artistic production of Nàlandâ in the
post-Gupta and Pala times but a proper analysis of the
material is still missing.
Claudine Bautze-Picron
(C.N.R.S., Paris)
Rössler, Martin:
Die soziale Realität des Rituals. Kontinuität
und Wandel bei den Makassar von Gowa
(Süd-Sulawesi/Indonesien). Kölner Ethnolo-
gische Studien, Band 14. Berlin: Dietrich
Reimer Verlag, 1987. XIII, 405 S. mit zahlr.
Karten und Graphiken; Appendices, Glos-
198
Buchbesprechungen Südasien
sar und Bibliographie.
»Islamische Republik« im Iran, Revival des Islam in
Zentralasien, moslemische Milizen im Libanon, Wieder-
entdeckung des islamischen Erbes in Spanien, mehrere
hunderttausend Moslems in der Bundesrepublik
Deutschland, erstes Minarett in 6 km Entfernung vom
Petersdom... Nicht nur der unbedarfte Zeitungsleser
könnte nach seiner täglichen Lektüre dem Alptraum
verfallen, daß das gar nicht mehr so christliche »Abend-
land« 1257 Jahre nach Tours und Poitiers doch noch vom
grünen Banner des Propheten überrollt wird. Doch auch
bei nüchterner Betrachtungsweise ist für den »Westen«
eine geistige Auseinandersetzung mit dem Islam ange-
sagt: 850 Millionen Menschen - von Mauretanien bis
Indonesien dominant in mehr als dreißig Ländern der
Erde - lassen sich beim besten Willen nicht einfach
ignorieren. Doch wie sieht es eigentlich in der »Islami-
schen Welt« selbst aus? Nehmen wir einmal den Fall
Indonesien: schätzungsweise 180 MUlionen Menschen,
über 90% Anhänger des Islam - Indonesien, die größte
nationale islamische Gemeinschaft der Erde? Rein stati-
stisch gesehen ist dies durchaus richtig. Doch in Kenntnis
des spätestens seit Geertz bestens dokumentierten Islam
in Java mit seinen verschiedenen Spielarten - regional
oszillierend zwischen den Polen der Orthodoxie (Santri)
und des Synkretismus (Abangan) - dürfte es klar gewor-
den sein, daß wir es auch hier nicht mit einem monolithi-
schen Block namens »Islam« zu tun haben. Und diese
Tatsache bildet den theoretischen Ansatzpunkt für die
Kölner Dissertation Martin Rösslers. Ganz bewußt wur-
de so von diesem für einen fast einjährigen Feldfor-
schungsaufenthalt (1984-1985), den der auch arabistik-
erfahrene Indonesienkundler zusammen mit seiner Frau1
durchführte, eine Region ausgewählt, in der Anspruch
und Realität des dortigen Islam weit auseinanderklaffen.
Die Arbeit führt uns in das Gebiet des südlichen Sulawe-
si, wo die erst spät zu Beginn des 17. Jahrhunderts
islamisierten Makassaren (nicht zu verwechseln mit den
nördlich benachbarten Buginesen !) als eines der größten
Zentren des Islam in Indonesien gelten. Doch diesem
Ruf wird der makassarische Islam nur an der Küste
gerecht. Im Landesinneren hingegen, bei den Berg-Ma-
kassar, sehen die Dinge wesentlich anders aus. Hier im
Hochland ist die prä-islamische ai/at-Religion (pantun-
tung) noch in Teilen faßbar und mit dem Islam eine, auf
den ersten Blick merkwürdig erscheinende Symbiose ein-
gegangen, die sich zum Teil in Gestalt der komplexen
Zusammensetzung der Riten äußert. Logisch ist somit
der Ansatz Rösslers, über eine Analyse der Rituale zu
einer Annäherung an die soziale Realität in seinem Un-
tersuchungsgebiet zu gelangen. Einen wesentlichen
Raum (nahezu die Hälfte) der Arbeit nehmen die 48
aufgenommenen Fallbeispiele von 27 unterschiedlichen
Riten ein, die das Leben der Berg-Makassar weitgehend
begleiten: Riten des landwirtschaftlichen Zyklus, Riten
rund um das Haus, Riten des Gelübdes, Riten de Passage
sowie die Riten des islamischen Jahres. Dominieren im
letztgenannten Ritenkomplex die islamischen Elemente,
so gibt es demgegenüber Riten, wie beispielsweise das
Opfern an die »Mutter des Reises« (anrong pare), die
vollständig dem Gedankengut der traditionellen adat-
Religion entstammen und dementsprechend von Seiten
des strenggläubigen Islam entschieden mißbilligt werden.
Allgemeiner - und auch vom indonesischen Staat propa-
gierter - Auffassung zufolge, gilt ja die nur als »Glaube«
(kepercayaan) eingestufte pantuntung-Religion als rück-
ständiges, der als »fortschrittlich« eingestuften Religion
(agama) des Islam hoffnungslos unterlegenes Relikt der
Vergangenheit. Trotzdem haben sich die Funktionäre des
Islam auf Schritt und Tritt mit der öi/öt-Religion zu
arrangieren. So muß beispielsweise anläßlich einer Beer-
digung der Imam unter passiver Mißbilligung zunächst
einem Hühnerblutopfer über der Leiche beiwohnen, be-
vor er zur Rezitation einer Koransure schreiten kann
(p. 281). Wie in manch anderem Fall bricht auch im
Verlauf dieses Rituals der von islamischer Seite ausgelö-
ste Konflikt auf, welche der durchgeführten Riten als
nichtislamisch zu verurteilen sind. Islamische Intoleranz
gegenüber Andersgläubigen hat im Süden Sulawesis Tra-
dition - dort sind die blutigen Übergriffe der religiös
fanatischen Darul-Islam-Truppen in den fünfziger und
sechziger Jahren keineswegs vergessen. Vor diesem Hin-
tergrund dürfte das für eine wissenschaftliche Arbeit
ungewöhnliche, gemeinhin eher in Cineastenkreisen ge-
übte Verfahren des Ersetzens aller Namen von Personen
und Lokalitäten des untersuchten Ortes durch Pseudony-
me zu tolerieren sein.
In Gestalt von »Bontolowe« begleiten wir so den Autor
bei seiner, auch graphisch-didaktisch (Karten, Graphi-
ken) gelungenen Darstellung der gesellschaftlichen und
politischen Organisation eines typisch berg-makassari-
schen Dorfes im Hochland des Kabupaten Gowa, - Da-
ten, die als Basis für das eigentliche Untersuchungsfeld
der Riten unabdingbar sind. Einen interessanten Aspekt
der Arbeit bildet zudem die Dokumentation der Feldfor-
schungssituation des Forscherpaares. Der Aufenthalt bei
Angehörigen der »Freien« (tu maradeka) brüskiert den
Adel; wegen dorfinterner Konflikte wird zur Halbzeit
des Projektes der Standpunkt im Dorf gewechselt, was
sich nachträglich als nicht ungünstig erweist; über seine
Frau kommt Rössler auch an zahlreiche Informationen,
die ihm als männlichem Ethnologen verschlossen geblie-
ben wären, etc....
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß es Martin
Rössler im Rahmen seiner Dissertation durchaus gelun-
gen ist, seine selbstgesteckten Ziele zu erreichen. Seine
profunde Studie schließt ebenso eine Lücke in der Erfor-
schung der Berg-Makassaren, wie sie die bisher weitge-
hend wissenschaftlich noch unerfaßte Religion dieser
Gruppe dokumentiert. Zudem werden dem aufmerksa-
men Leser auf Schritt und Tritt die konkreten Auswir-
kungen des modernen Wandels auf die Dorfbevölkerung
vor Augen geführt: das früher auf strikter Trennung
basierende Verhältnis der Geschlechter bricht auf, ein
immer kleinerer Teil der Dorfbevölkerung nimmt an den
von der Obrigkeit mißbilligten adat-Riten teil. Alles ist
im Umbruch, klare Fronten zwischen den verschiedenen
Parteien sind nicht zu erkennen - kurz: verschärfte Span-
nungen sind im Dorf für die Zukunft mit Sicherheit zu
erwarten.
Den größten Gewinn aus der Lektüre dieses Buches
dürften jene ziehen, die an der Problematik der Islami-
sierung einer indigenen Gemeinschaft interessiert sind,
beschäftigte sich der Autor doch mindestens seit seiner
Magisterarbeit (Göttingen 1981) über das Verhältnis
199
TRIBUS 38, 1989
Volksreligion - Islam im westlichen Sudan intensiv mit
dieser Thematik, wodurch es ihm gelingt, auch in überre-
gional gültiger Weise dieser Fragestellung gerecht zu
werden.
Rolf B. Roth
Anmerkungen:
1 Daraus resultiert die in vielen Punkten als ergänzende
Studie konzipierte Dissertation von Birgitt Röttger-
Rössler, Rang und Ansehen bei den Makassar von
Gowa, Süd-Sulawesi. Kölner Ethnologische Studien,
Band 15. Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 1988.
Courtot-Thibault, Valérie (Hrsg.):
Le petit livre du cheval en Chine. (Coordina-
tion de Valérie Courtot-Thibault.) Lausan-
ne: Caracole, 1989. 205 Seiten.
Der hier angezeigte Sammelband nennt sich bescheiden
»kleines Buch vom Pferd in China« und richtet sich an
einen allgemeinen Leserkreis, an Pferdefreunde im wei-
testen Sinne, doch enthält er auch sehr vieles, was für die
mit China befaßten Wissenschaften von Interesse ist.
Manche Beiträge sind eher essayistisch, andere dagegen
bieten einen wissenschaftlichen Anmerkungsapparat. Al-
len Beiträgen ist aber gemeinsam, daß sie ungemein
instruktiv sind und auch dem Fachmann manches Neue
bieten. Ferner ist hervorzuheben, daß alle Autoren etwas
von Pferden verstehen bzw. aktive Reiter sind. Auf diese
Weise ist so etwas wie eine kurzgefaßte Enzyklopädie
über das Pferd im alten wie im neuen China entstanden.
Der erste Beitrag stammt von Caroline Puel und nennt
sich »Reportage. Où sont passés les chevaux chinois?«
(S. 41-55). Die Autorin ist in der Presseabteilung der
französischen Botschaft in Peking tätig und hat es ver-
standen, viele Einzelheiten über Pferdezucht und Pferde-
verwendung im heutigen China zusammenzutragen. Man
erfährt so z.B., daß es in der VR China rund 11 Millio-
nen Pferde gibt. Kartenskizzen auf S. 29 und 30 zeigen
die Schwerpunkte der Pferdezucht. Es werden fünf Ras-
sen unterschieden, zunächst das Mongolenpferd mit drei
Unterarten, sodann die zentralasiatischen Kasachenpfer-
de, die Pferde im Ordos-Gebiet (Hequ), die als beson-
ders höhentauglich gelten. Eine weitere im Nordwesten
Chinas verwendete Rasse ist das sog. Haomen-Pferd in
Qinghai und Gansu, eine Kreuzung von mongolischen
und tibetischen Pferden. Im äußersten Südwesten Chinas
(Yunnan, Guizhou, Sichuan) ist eine kleine Pferderasse
beheimatet, die weniger als Reit- denn als Saumtier
Verwendung fand. Die kleineren südwestlichen Pferde
werden übrigens schon für die Song-Zeit erwähnt als
lokale Tributgabe aus Südwestchina (vgl. Almut Netolitz-
ky. Das Ling-wai tai-ta von Chou Ch’ü-fei, Wiesbaden:
Franz Steiner, 1977, S. 161-163). Mme Puel gibt im
übrigen stets an, welches die häufigsten Verwendungen
der betreffenden Rassen sind. Ein eigentlicher Reitsport
ist in China gegenwärtig nur in Ansätzen vorhanden, wie
denn auch Pferderennen und Rennbahnen erst von den
Europäern Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt worden
sind, zuerst in Shanghai.
Anne Mariage, ihres Zeichens Reitlehrerin und Veran-
stalterin von Pferdereisen in aller Welt, berichtet über
ihre Teilnahme an einer Touristenreise zu Pferde im
nordöstlichen Tibet (Qinghai) im Jahre 1986 (S. 41-55).
Valérie Courtot-Thibault, die auch als Herausgeberin des
Buchs firmiert, hat Geschichte und Sinologie studiert,
lehrt zur Zeit Geschichte Chinas an der Universität Paris
VII (Jussieu) und ist dabei, über ein mingzeitliches The-
ma zu promovieren. Sie ist also qualifiziert gewesen, in
historischer Sicht über das Pferd in China das ihre beizu-
tragen (»Cavalcade à travers l’histoire de l’Empire du
Milieu«, S. 57-75). Ihre Abhandlung reicht von der
Shang-Zeit bis in die Gegenwart und ist mit Literaturan-
gaben untermauert. Auch fehlen chinesische Zeichen
nicht, wo es erforderlich war. Der Autorin zufolge war
die Tang-Zeit (618-906) das goldene Zeitalter des Pfer-
des in China, sowohl beim Militär als auch im Sport.
Bekanntlich fand damals auch das Polospiel Eingang in
China, wozu das auch heute noch immer maßgebende
Werk von Carl Diem, Asiatische Reiterspiele, Berlin:
Deutscher Archiv-Verlag, 1941, Nachdruck Hildesheim
1982, zu erwähnen gewesen wäre. Mme Courtot-Thibault
gibt auch eine einleuchtende Erklärung, warum im heuti-
gen China das Pferd überwiegend Zugtier ist, im Gegen-
satz zur Verwendung als Reittier bei den nationalen
Minderheiten. Sättel sind nämlich schwer zu bekommen
und sehr teuer; ein Sattel kostet 500 Yuan, also das
doppelte eines guten Fahrrades. Auf S. 72 ist ein kleiner
Lapsus zu vermerken. Die Mongolen eroberten Peking
nicht 1227, sondern bereits 1215.
Der Beitrag »Entre ciel et terre - l’idéal du cheval en
Chine« (S. 77-100) ist von Françoise Aubin, directeur de
recherche beim CNRS. Wie bei dieser international re-
nommierten Sinologin und Mongolistin nicht anders zu
erwarten, ist ihr Text von hohem wissenschaftlichen
Rang. Sie schildert zunächst den pferdeköpfigen Haya-
griva innerhalb des Buddhismus und die mit seinem Kult
verbundenen Vorstellungen und geht sodann auf die Idee
des Pferdeopfers ein, ausgehend von der Beschreibung
des Schwuropfers der drei Helden zu Beginn des Romans
Sanguo yanyi. Sie führt den Nachweis, daß Pferdeopfer
im alten China eine kulturelle Entlehnung von den Nord-
völkern darstellen und diskutiert in diesem Zusammen-
hang auch die Herkunft von Pferd und Streitwagen in der
Shang-Zeit. Damals und auch später noch war das Pferd
ein Reservat der Könige und der adligen Wagenkämpfer,
doch kam es, anders als im Westen, nicht zur Herausbil-
dung einer Ritter- und Kriegerkaste. Das Reiten fand im
4. Jh. v. Chr. zuerst Eingang in China und zwar zur
Abwehr berittener Gegner an der Nord- und Westgren-
ze. Höchst instruktiv sind die Abbildungen von Pferden
mit Zaumzeug und Panzern auf den Seiten 89-91, da
auch jeweils die chinesischen Schriftzeichen für die Teile
des Zaumzeugs angegeben werden. Weitere Ausführun-
gen der Autorin befassen sich mit der politischen Symbo-
lik des Pferdes im alten und mittelalterlichen China,
unter anderem auch den »himmlischen Pferden«, die in
der früheren Han-Zeit aus Vorderasien gelegentlich im-
portiert wurden, aber auch mit den legendären acht
Pferden des Zhou-Königs Mu, die später in der Kunst
sehr oft erscheinen. Insgesamt gibt der Beitrag von Mme
Aubin einen ebenso gelehrten wie flüssig geschriebenen
Überblick über die Rolle des Pferdes in Religion und
200
Buchbesprechungen Ostasien
Kultus der Chinesen.
Corinne Forgerit schreibt über das Pferd in der chinesi-
schen Literatur (S. 101-127). Sie ist ausgebildete Sinolo-
gin. Umso mehr ist zu bedauern, daß sie darauf verzich-
tet hat, bei ihren Erklärungen von Sprichwörtern über
Pferde das zugrunde liegende anekdotische Material lite-
rarisch zu belegen, denn was sie schreibt, zeugt von
ausgebreiteten Kenntnissen. Sie geht auch ein auf Pfer-
deballette und Akrobatik. Schon in der Tang-Zeit gab es
dergleichen als eine Art Parallele zur Spanischen Hof-
reitschule in Wien (vgl. dazu J.P. Kroll, »The Dancing
Horses of T’ang«, in T’oung Pao 67 (1981), S. 240-268).
Ebenso interessant ist, was sie über Kavallerieparaden
im vormodernen China berichtet (S. 120-122). Es ist
dies ein erster Anfang, denn die sinologische Forschung
hat sich bisher nur wenig mit der Rolle des Pferdes im
Militärwesen beschäftigt, wenn man einmal von den Ar-
beiten über die fiskalische Pferdezucht und die Pferdere-
krutierung absieht.
Der folgende Beitrag behandelt das Pferd in der Kunst
Chinas und stammt von Hubert Delahaye, ingénieur
d’études beim Collège de France (S. 129-157). Aus
drucktechnischen Gründen ist er nur mit Schwarzweiß-
Abbildungen illustriert, zumeist nach Steinabreibungen,
beginnend mit der Han-Zeit. Hier fehlen nicht die be-
rühmten Pferdemaler wie Han Gan (715- nach 781), Li
Gonglin (1049-1106) und Zhao Mengfu (1254-1322). Es
werden auch viele Auszüge aus der kunsttheoretischen
Literatur von der Song- bis Qing-Zeit geboten, nämlich
Regeln über das Malen von Pferden, leider ohne Verweis
auf die Literaturstellen.
Der letzte Beitrag des Bandes ist von Frédéric Obringer,
der Ausbildung nach Pharmakologe und Sinologe, und
behandelt »Hippiatrie et hippologie traditionelles. Hi-
stoire et pratique« (S. 159-201). Er ist wissenschaftlich
überaus fundiert und fast schon eine Dissertation en
miniature über die Pferdeheilkunde im alten und neuen
China. Von besonderem kulturhistorischen Interesse ist
dabei, daß die traditionelle Veterinärmedizin in China im
wesentlichen die gleichen Therapien benutzte und auch
heute zum Teil noch benutzt wie die Humanmedizin.
Akupunktur und Moxibustion werden auch bei Haustie-
ren angewandt und die Materia Medica der Veterinäre
benutzt die gleichen Wirkstoffe, meist pflanzlicher Her-
kunft, wie die traditionelle Humanmedizin. Die Abhand-
lung von Obringer bringt eine Vielzahl von Abbildungen
über die Akupunktur- und Moxibustionsstellen am Pfer-
deleib nach einem Lehrbuch der Pferdeheilkunde der
späten Ming-Zeit (S. 162, 173), desgleichen die diagno-
stisch als bedeutsam angesehenen Stellen des Fells
(S. 175) und die Stellen zum Pulsfühlen (S. 180). Daß
auch noch heute die traditionelle Veterinärmedizin prak-
tiziert wird, zeigen die Abbildungen über Akupunktur-
und Moxibustionspunkte nach einem zeitgenössischen
Lehrbuch (S. 189, 191). Weitere Ausführungen gelten
der Diätetik und Pharmakotherapie, wobei auch Rezepte
aus den alten Texten in Übersetzung erscheinen. Ein
lateinisch-chinesischer Index verzeichnet die wissen-
schaftlich gebräuchlichen Pflanzennamen mit ihren chi-
nesischen Äquivalenten. Damit stellt der Beitrag von
Obringer fast schon selbst ein konzises Lehrbuch dar,
abgesehen von seinem kulturhistorischen Interesse.
Den Beschluß des Bandes bildet ein kleines Lexikon
Französisch-Chinesisch und zwar einmal von mit dem
Reiten zusammenhängenden Ausdrücken, und sodann
von allgemeinen Wörtern und Redensarten, die der fran-
zösische Tourist brauchen kann (S. 202-205) - all das
sicher gedacht für künftige Pferdetouristen aus franko-
phonen Ländern. Wie der obige Überblick gezeigt haben
wird, bietet das »Petit livre du cheval« vielen vieles, nicht
zuletzt auch Ethnologen und Sinologen, und ist eine
ebenso anregende wie belehrende Lektüre, erschienen
übrigens zur rechten Zeit, denn nach dem chinesischen
Lunisolarkalender beginnt am 27. Januar 1990 das Jahr
des Pferdes.
Herbert Franke
Dessaint, Alain Y :
Minorities of Southwest China. An Introduc-
tion to the Yi (Lolo) and Related Peoples
and an Annotated Bibliography. Human Re-
lations Area Files. New Haven: HRAF
Press, 1980. VIII, 373 Seiten.
Eine Bibliographie, noch dazu eine, die ein Gebiet zu
erschließen verspricht, das für die Mehrzahl westlicher
Ethnologen aufgrund vielfältiger, auch sprachlicher Bar-
rieren weitgehend terra incognita darstellt, ist allemal von
Nutzen - so möchte man meinen. Dies gilt besonders
dann, wenn der Verfasser in Aussicht stellt, daß sie »is
not merely a list of titles but a medium for an introduc-
tion to the field of Yi studies« (S. VI). Freilch erhebt sich
hierbei die Frage, inwieweit es sinnvoll ist, die Yi - d.h.
eine vornehmlich linguistisch definierbare Gruppe von
Ethnien* 1 2 3 4 - aus dem größeren kulturellen Bezug in
Südwestchina und im nördlichen Hinterindien herauszu-
lösen. Doch soll der Wert dieser Bibliographie anhand
jener Kriterien gemessen werden, die A.Y. Dessaint
seinem Werk gleichsam programmatisch voranstellt.
Demnach ist sie:
(1) »multidisciplinary in scope and indexed by subject
matter, so that scholars of any one discipline can
quickly find relevant materials;
(2) multilinguistic in scope, including not only the most
important European languages but also Chinese, Ja-
panese, Thai, and the languages of the Yi peoples;
(3) annotated, so that a researcher can quickly deter-
mine the value of consulting or translating a particu-
lar entry;
(4) interpretive, in that it is preceded by an evaluative
summary of the literature, it points out errors or
hypotheses for further study, and it incorporates
cross-references between entries.« (S. V-VI)
Zu (1)
Insgesamt 54 Seiten sind drei unterschiedlich angelegten
Registern Vorbehalten, wobei jedoch die Quantität ein-
deutig auf Kosten der Qualität den Vorrang erhalten hat.
So sind die Verweise und (häufig genug) fragwürdigen
Interpretationen des »Index by Ethnie Group«, gelinde
gesagt, hilflos; denn wem nützen schon ständig repetierte
Zuordnungen wie »Yi of Indochina« oder »Yi subgroup
of Indochina«? Der »Index by Periodical« erleichtert
201
TRIBUS 38, 1989
höchstens die Feststellung, daß zahlreiche Zeitschriften
(um nur einige Beispiele zu nennen: Dalu zazhi, Minzo-
kugaku kenkyü, Minzu yanjiu, Minzuxue yanjiu jikan,
Shixue yuekan, Taiwan daxue kaogu renlei xuekan, Xue-
shu yanjiu), die regelmäßig Beiträge über die Minderhei-
ten im Südwesten des einstigen »Reichs der Mitte« ent-
halten, unberücksichtigt geblieben sind. Was schließlich
den »Index by Subject Matter« anbelangt, so geht der
Verfasser nach dem von George P. Murdock u.a. für
Materialsammlungen konzipierten System vor2, welches
mit seinen »abstrakten« Oberbegriffen kaum geeignet
ist, als Register zu dienen. So sieht man sich beispielswei-
se bei der Suche nach »Opium« genötigt, unter folgenden
Sigla nachzuschlagen: »Special crops«, »narcotics and
stimulants«, »pharmaceuticals«, »organized vice« (nicht
aufgenommen) und »alcoholism and drug addiction«.
Sollte diese Fahndung zum Erfolg führen, wäre jedoch
Vorbildung in der zugrundegelegten Systematik und eine
sorgfältige Annotierung vonnöten (ja, wenn...). Ein
nach Sachpunkten und (»bereinigten«) Ethnonymen al-
phabetisch gegliedertes Register hätte ein Vielfaches ge-
leistet.
Zu (2)
In einer Hinsicht widerruft der Autor seinen Anspruch
selbst; denn auf S. 35 vermerkt er, »works in Lolo
languages« in der Bibliographie »are usually omitted«.
Dies mag man unkommentiert hinnehmen, fatal ist aber
der Umgang mit dem chinesischen Schrifttum, trotz der
Behauptung: »Almost every one of the over 1000 sources
was personally checked and read« (S. VI-VII). Allein,
es erscheint nahezu unvorstellbar, daß ein einziger
Mann, der ja des Chinesischen mächtig sein soll, einen
derartigen Wirrwarr zustandebringen kann. Zwar erfolgt
die Transkription zumeist nach dem Pinyin-System, doch
geschieht dies in einer Form, die den Sinnzusammenhang
zwischen den Zeichen in der Regel nicht wiedergibt oder
gar entstellt (z. B. Xin-ya Xi-ya statt Xin Yaxia für »Neu-
es Asien«; S. 302, 352). Zwischendurch kommen aber
auch andere Umschriften, vor allem nach Wade-Giles,
und eigene Kreationen in Anwendung; gelegentlich be-
läßt es A.Y. Dessaint bei einer Übersetzung des Titels.
Zudem stellt sich die Frage, warum die chinesischen
Schriftzeichen, die ja mehr als jede (selbst sorgfältigste)
Transkription den Schlüssel zur Identifizierung der Quel-
len an die Hand geben, nicht eingefügt wurden. Im
Typoskript für den im Offsetdruck hergestellten Band
hätten sie ohne größeren Kostenaufwand - durch eine
weniger verschwenderische Seiteneinteilung wäre es
möglich gewesen, Raum hierfür zu erübrigen - von Hand
eingesetzt werden können. An zwei Stellen (S. 46, 79)
geschah dies auch, allerdings als gänzlich unnötige Drein-
gabe zu französischen (!) Titeln und durch jemanden, der
recht ungeschickt versuchte, jeweils zwei Zeichen von
der Vorlage abzumalen, ohne deren Aufbau (und damit
wohl die gesamte Sprache und Schrift) zu verstehen.
Zu (3) und (4)
Die Annotierung der in der Bibliographie in alphabeti-
scher Reihenfolge angeordneten Werke erbringt auch
nicht gerade den Beleg dafür, daß der Verfasser den
Großteil der angegebenen Publikationen gewissenhaft
eingesehen hat. Wichtige, z.T. auch wegen ihres metho-
dologischen Ansatzes diskussionswürdige Monographien
und Sammelbände (z.B. von H.A. Bernatzik, D.M.
Deal, W. Eberhard, D.J. Jones oder R. Shafer) werden
mit kurzgefaßten Platitüden abgespeist: »Akha: Com-
plete ethnography« (S. 48), »Yi as a case study of cultur-
al change and political Integration« (S. 84), »Lolo men-
tioned« (S. 98), »Lahu villages differ from one another«
(S. 149), »Comprehensive« (S. 250), »Summary of re-
search activities« (S. 271). Seinem eigenen Schaffen hin-
gegen widmet der Autor immerhin mehr als drei Seiten,
und auch den nahezu zu Tränen rührenden Meldungen
der chinesischen Tagespresse gesteht er den »gebühren-
den« Raum zum. Das liest sich dann so:
»Lahu centenarian, who suffered under the old System,
was so grateful when given a portrait of Mao and a book
of his quotations from the People’s Liberation Army that
she shouted »Long live Chairman Mao!« She has asked
to be taught to read. Under the leadership of the reddest
of the red hearts, she has become young despite her age.«
(S. 119)
Daß indessen eine stattliche Reihe relevanter chinesi-
scher Zeitschriften mit wissenschaftlichem Anspruch
nicht ausgewertet wurde, fand bereits Erwähnung. Gänz-
lich übersehen wurde in diesem Zusammenhang, daß die
Archäologie einen immer wesentlicheren Beitrag zur Re-
konstruktion der Siedlungsgeschichte in Südwestchina
leistet, und in den entsprechenden Periodika (Kaogu,
Kaogu Xuebao, Wenwu u.a.) regelmäßig Beiträge zu
diesem Thema veröffentlicht werden. Auffallende Lük-
ken muß man leider auch in der Kenntnis westlicher
Monographien3 - von Aufsätzen ganz zu schweigen -
feststellen. Gänzlich unberücksichtigt blieben die vor
allem in der Qing-Zeit (1644-1911) kompilierten chinesi-
schen Lokalchroniken, wovon mehr als einhundert für
das Verbreitungsgebiet der Yi von Bedeutung und in der
Regel mit einem besonderen Abschnitt über das Brauch-
tum der autochthonen Bevölkerung ausgestattet sind.
Der Bibliographie ist ein Einführungskapitel »Minorities
in China« vorangestellt. Darin versucht der Autor, auf 34
Seiten einen Überblick über Sprachbeziehungen, Ge-
schichte und Ethnographie der »nichtchinesischen«
Gruppierungen zu vermitteln. Auch die Knappheit die-
ser Darstellung entschuldigt allerdings kaum so manche
Ungereimtheit und Fehleinschätzung. Bei der Zielset-
zung, ein interdisziplinäres, nicht zuletzt als »Einstieg«
gedachtes Arbeitsmittel zu schaffen, verwundert es zum
Beispiel, daß »Se-Ma Cen’s Biographie des étrangers du
sud-ouest«4 (S. 12) als vermutliche Quelle über die frühe
Geschichte der Yi genannt wird, ohne zu erwähnen, daß
dieser Name (Yi) im 1. Jahrhundert v. Chr. eine verallge-
meinernde, weder ethnischer noch kulturell diffenzieren-
de Bezeichnung für die »Barbaren« an der Peripherie des
chinesischen Siedlungsraumes war.
Thomas O. Höllmann
Anmerkungen:
1 Unter Yi versteht der Autor die im Hochland von
Südwestchina, Nordvietnam, Laos, Thailand, Burma
und Indien (S. 2) lebenden Angehörigen der tibetobir-
manischen Sprachgruppe: »Yi peoples, namely: the Yi
(Lolo, Nosu), Lisu, Lahu. Akha, Woni (Hani), Lutzu,
Achang,Tulung, Hpon, and Kadu« (S. V).
202
Buchbesprechungen Ostasien
2 George P. Murdock u. a., Outline of Cultural Materials,
4th Revised Edition, New Haven 1961.
3 Nur zwei besonders wichtige »Fehlanzeigen« von vie-
len; I. de Beauclair, Tribal Cultures of Southwest Chi-
na, Taipei 1974. Ch. P. FitzGerald, The Southern Ex-
pansion of the Chinese People, Canberra 1972.
4 Korrekt: Kap. 116 (Xinan Yi liezhuan) in Sima Oians
Shiji.
Ebner von Eschenbach, Silvia Freiin:
Die Entwicklung der Wasserwirtschaft in der
südlichen Sung-Zeit anhand einer Fallstudie.
Das »Ssu-ming T’o-shan shui-li pei-lan« des
Wei Hsien. (Münchener Ostasiatische Stu-
dien 43.) Stuttgart: Franz Steiner Verlag
Wiesbaden, 1986. 246 S.
In dieser Arbeit wird ein lokales Damm- und Kanalsy-
stem westlich der heutigen Stadt Ningbo in der Provinz
Zhejian in seiner Gestalt während des 13.Jhs., gegen
Ende der südlichen Song-Zeit vorgestellt, beschrieben
und unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert.
Eingebettet ist diese spezielle Untersuchung in Erörte-
rungen über die Wasserwirtschaft im Südosten Chinas
und über die besonders in den Gebieten am Mittel- und
Unterlauf des Yangzi seit der Song-Zeit überaus wichti-
gen Einrichtung von Poldern. Wenn diese letzteren auch
sehr viel früher in Südostchina nachweisbar sind, so
führten Landhunger und der Zwang zur Produktionsstei-
gerung in der Song-Zeit doch dazu, daß diese Form der
Landgewinnung eine immer größere Bedeutung gewann
und sie ein immer wiederkehrendes Thema wirtschafts-
und sozialpolitischer Auseinandersetzungen wurde.
Hierbei begegnen wir einem zunächst merkwürdigen Wi-
derspruch. Die zahlreichen Eingaben und Erörterungen
zur Polderfrage artikulieren überwiegend eine Opposi-
tion zu ihrer Errichtung, und diese schriftliche Tradition
hat die historische Analyse des Problems geprägt, in der
westlichen Sinologie z.B. seit dem einflußreichen Werk
von Chi Ch’ao-ting: Key Economic Areas in Chinese
History. London 1936. Tatsächlich aber war die immer
größere Ausdehnung von Polderland nicht aufzuhalten.
Während ihre Anlage in der Song-Zeit von staatlicher
Seite meist geduldet, gelegentlich sogar gefördert wurde,
verschwand aus unterschiedlichen Gründen seit der
Ming-Zeit die grundsätzliche Ablehnung durch Vertreter
der lokalen und nationalen Elite. Die song-zeitliche Op-
position wurde auf verschiedene Weise begründet, tech-
nisch mit der Notwendigkeit der Erhaltung der natürli-
chen und künstlichen Seen als Voraussetzung für einen
geregelten Wasserhaushalt, wirtschaftlich mit dem Ver-
lust bisher landwirtschaftlich genutzten Landes durch
einen gestörten Wasserhaushalt, sozial mit der Schwä-
chung der bäuerlichen Bevölkerung, deren Landbesitz
nach dem Verlust von Be- und Entwässerungskapazitäten
an Wert verlor und damit zur Verarmung der Bauern
beitrug.
Die Bedeutung der vorliegenden Untersuchung ist eine
doppelte. Erstens liegt ihr einer der wenigen Texte, das
Ssuming Tuoshan shuili beilan (Handbuch zu den Wasser-
ressourcen des Tuo-Berges im Siming-Gebirge) zugrun-
de, in dem sich implizit einer der (wenigen) Befürworter
der Polder zu Wort meldet und mit seiner Argumentation
deutlich macht, daß Opposition oder Befürwortung nur
unter Berücksichtigung der speziellen lokalen Vorausset-
zungen erfolgen können. Dies zeigt sich auch, wenn man
die Bedingungen z.B. in einzelnen Bezirken der unmit-
telbar an Ningbo angrenzenden Präfektur Shaoxing, in
den Präfekturen am Taihu oder im südlichen Jiangsu,
südlich des Yangzi, untersucht. Zweitens handelt es sich
um einen Text, der weit mehr als andere zeitgenössische
Texte es tun, bei seinen Überlegungen das weitere Öko-
system und die menschlichen Eingriffe in die Natur auch
außerhalb des eigentlichen Wasserhaushalts berücksich-
tigt. Dadurch erhält der Text eine für die damalige Zeit
keineswegs selbstverständliche Rationalität.
Frau Ebner von Eschenbach bringt aufgrund eines Dop-
pelstudiums der Sinologie und Geographie denkbar gün-
stige Voraussetzungen für die Bearbeitung dieses in vie-
ler Hinsicht diffizilen Themas mit, und sie hat diese
Aufgabe mit zurückhaltender Bravour gelöst. U.a. hat
sie dafür ein immenses Pensum an Quellen und Sekun-
därliteratur bewältigt, und es wäre Beckmesserei, mögli-
che weitere Literatur aufzulisten. Verwunderlich ist al-
lenfalls die Bemerkung »nicht verfügbar« bei einigen
wenigen Titeln, deren Verfügbarkeit selbst in Deutsch-
land gegeben ist.
Die Arbeit selbst besteht aus zwei Hauptteilen. Auf
etwas mehr als hundert Seiten werden Aspekte der Was-
serwirtschaft im südöstlichen China bis zur Song-Zeit
untersucht, wobei etwas mehr als ein Viertel des ersten
Teils der Analyse des zugrunde gelegten Textes Vorbehal-
ten sind. Seine vollständige Übersetzung macht den zwei-
ten Hauptteil aus. Daran anschließend erscheinen der
Notenapparat für die ganze Arbeit, verschiedene Auf-
schlüsselungen des übersetzten Textes in Listenform, das
bereits erwähnte ausführliche Quellen- und Literaturver-
zeichnis und annotierte Glossare, u.a. der Termini tech-
nici.
Der insgesamt anregende erste Hauptteil würde es eher
verdienen, daß man seine Glanzpunkte aufzählte, z.B.
die weiterführende Diskussion der in der jüngeren Sino-
logie intensiv geführten Regionalisierungsdebatte durch
die Autorin (S. 7-19). Doch machen Meckereien munte-
rer, auch wenn es sich eher um Kleinigkeiten oder die
Anzeige von Lacunen handelt. Auf S. 59 wird offensicht-
lich nach der Dissertation von Frau Linda Walton-Vargö
behauptet, daß »primär der Verkehrs- und Siedlungswas-
serbau gefördert und erst sekundär (...) der landwirt-
schaftliche Wasserbau vorangetrieben (wurde).« Es ist
nicht nur so, daß dies am Ende des Kaiserreiches nicht
mehr der Fall war. daß nämlich die Verhütung der Ver-
salzung der Böden Vorrang hatte vor einer Verbesserung
des Verkehrsnetzes (s. Thomas Goodchild, Northeastern
Chekiang China: Notes on Human Adaption to Environ-
ment. In Bulletin of the American Geographica! Society
43. 1911, S. 801-826), vielmehr spielten in den song-
zeitlichen Quellen Siedlungs- und Verkehrswasserbau
dann eine Rolle, wenn es galt, die Zentralregierung von
der Duldung bzw. Förderung der Anlage von Poldern
203
TRIBUS 38, 1989
abzubringen. D.h., diese beiden Aspekte haben bei aller
zugegebenermaßen tatsächlichen Bedeutung in der Ar-
gumentation der Poldergegner oft nur eine politische
Qualität, daraus eine Präferenz für die genannten Was-
serbauziele abzuleiten, ist nur nach Überprüfung des
jeweiligen Einzelfalles möglich. Die sozialen, ökologi-
schen und wirtschaftlichen Argumente mußten in der
Regel mit nicht beweisbaren Annahmen über eine zu-
künftige Entwicklung begründet werden. Daher war es
notwendig, zur Durchsetzung der Argumente den Nerv
der Zentralregierung unmittelbar zu treffen. Dies konnte
relativ leicht durch die Warnung geschehen, daß mit der
Gefährdung des Wasserhaushaltes für den Verkehrswas-
serbau die Versorgung der Zentrale mit Bedarfsgütern
nicht mehr gesichert sei. Dem Rezensenten sind diese
Argumente zwar nicht aus der Präfektur Ningbo be-
kannt, am Spiegelsee in Shaoxing, am Westsee in Hang-
zhou und am Taihu läßt sich jedoch mehrfach nachwei-
sen, daß sekundäre Gründe im Interesse der Erhaltung
eines landwirtschaftlichen Wasserbausystems vorgescho-
ben wurden.
Auf S. 68 unterläuft der Autorin, wiederum unter Beru-
fung auf Walton-Vargö, ein Anachronismus. Wie konn-
ten Shu Dan (1042-1104) und Zeng Gong (1011-1083)
gegen die Polderpläne Lou Is im Jahre 1117 entschiede-
nen Widerstand leisten?
Am meisten wird jedoch der fehlende Versuch vermißt,
die sozialpolitische Bedeutung der unterschiedlichen
Wasserbaukonzepte über die direkten Aussagen bzw.
Prognosen der Quellen selbst hinaus zu untersuchen. In
diesem Zusammenhang fehlt auch eine Biographie oder
zumindest Einordnung des wichtigsten Gewährsmannes
für die vorliegende Arbeit, nämlich Wei Xians, der als
Einheimischer fraglos in das lokale soziale Gefüge gehör-
te und besondere Interessen vertrat. Bereits aus dem
Text ergeben sich mögliche Hinweise. Die dem Rezen-
senten z.Zt. allein verfügbare Angaben im Siming cong-
shu (Slg. 3/3) enthält aus S. 126-129 einige biographi-
sche Daten, u.a., daß die Familie seit Generationen am
Glanzbach (Guangxi) in unmittelbarer Nähe des Tuo-
Dammes ansässig war. Die Lobpreisung Shi Miyuans
(S. 145 der Übersetzung), in das Beilan aufgenommene
Texte von Lou Yue, Shi Mining u.a. Mitgliedern von
Familien der lokalen Elite könnten die Einordnung Wei
Xians ermöglichen. Doch dies ist lediglich ein Desiderat
und schmälert nicht die Leistungen der Autorin bei der
Bearbeitung der technischen, wirtschaftlichen und ökolo-
gischen Aspekte.
Die Übersetzung des Textes selbst verdient zunächst
Bewunderung, denn insgesamt steht jetzt ein manchmal
spröder, doch lesbarer Text zur Verfügung, der aufgrund
seiner terminologischen Bemühungen fruchtbar für die
Beschäftigung mit dem weiteren Quellencorpus zum tra-
ditionellen Wasserbau in China genutzt werden kann.
Die Leistung der Autorin muß sehr hoch eingeschätzt
werden, da ein solcher Text große Schwierigkeiten bietet.
Sonderbedeutungen, die lexikalisch nicht erfaßt sind,
müssen erschlossen werden, unbekannte lokale Inhalte,
aber auch technische, wirtschaftliche und administrative
Vorgänge können nicht mit Hilfe des grobgerasterten
Materials in den besser bekannten und ausgearbeiteten
offiziösen Geschichtswerken geklärt werden, sondern er-
fordern eine akribische Arbeit mit dem Text selbst und
mit eventuell ähnlich gelagerten Texten, bei denen oft
aber neue Schwierigkeiten hinzukommen. In juan 1
(S. 124 der Übersetzung) bleibt so z.B. die Entlohnung
der Arbeitsdienst ableistenden Arbeiter völlig unklar,
ohne daß der Rezensent wagen würde, eine eigene Lö-
sung anzubieten. Ein gewisses Ausweichen vor Schwie-
rigkeiten scheint die übermäßige Übernahme von nicht
übersetzten Termini in die Übersetzung zu bedeuten.
Nur ein häufig auftretendes Beispiel. Von der Autorin
werden pinghu, changhe und youchao als geographische
Namen verstanden und im Glossar als nicht sicher identi-
fiziert gekennzeichnet. Handelt es sich nicht um die
Charakterisierung der Art der Wasserspeicherung, weit
ausgedehnte Seen, sich hinziehende Wasserläufe, kleine-
re stehende Gewässer? Auf S. 143 scheint umgekehrt die
Übersetzung »angeworbene Arbeiter« zwar möglich,
doch wird dadurch unverständlich, daß dies nicht mit
Unkosten für die öffentlichen oder privaten Hände ver-
bunden gewesen sein soll. Ist die Bedeutung nicht eher in
Richtung »die zuständigen Behörden« zu suchen, so daß
die Ausgaben aus dafür vorgesehenen Mitteln, aber nicht
durch zusätzliche Belastungen aufgebracht wurden?
Nicht inhaltlich irreführend, jedoch störend sind seltene
»bildhafte« Übersetzungen wie z.B. S. 144: »Nur die
Wu-chin/-Schleuse/ bildet das »Kopfkissen« für den
Oberlauf«. Heißt es nicht, daß diese Schleuse als erste
quer im Oberlauf liegt, d.h. ihn sperrt bzw. den Abfluß
reguliert? Und ist nicht mit dem Halbsatz aus S. 148
»und durch Wandlung Wolken und Wassertümpel hervor-
gebracht« in Anlehnung an etwas anders zusammenge-
setzte Bi- und Trinorae bei Morohashi lediglich »und
schuf damit ein natürliches Reservoir« gemeint?
Störend sind auch einzelne gemeinsinologische Schnit-
zer. Die Abschnitte 38 und 39 auf S. 147-148 stammen
von einem Mönch Yuanliang, der Autor des Abschnitts
45 auf S. 151 stammt aus dem Ort Yongjia. Handelt es
sich bei der konsequenten Schreibung nei für hing in
Datumsangaben um ein vom Rezensenten übersehenes
Tabu?
Die hier vorgebrachte Kritik soll nur als konstruktiv
verstanden werden. Für jeden, der sich mit der Geschich-
te des Wasserbaus im traditionellen China beschäftigen
will, bedeutet die vorliegende Arbeit eine wichtige
Grundlage und Hilfe.
Erling von Mende
Franke, Herbert;
Studien und Texte zur Kriegsgeschichte der
südlichen Sungzeit. (Asiatische Forschun-
gen, Bd. 102). Wiesbaden: Otto Harrasso-
witz, 1987.
Wie der Titel verspricht, besteht das vorgelegte Buch
jeweils zur Hälfte aus Essays (»Studien«) (S. 1-154) und
Übersetzungen (S. 155-301). Die Essays wiederum ent-
halten einen allgemeinen Teil zur Kriegsgeschichte der
südlichen Sung-Zeit (1127-1279), (S. 1-85) und einen
besonderen (oder exemplarischen) Teil zu den Kämpfen
um die Stadt Hsiang-yang in den Jahren 1206-07
(S. 87-154 mit Zeittafeln auf S. 94-95 und Hinweisen
204
Buchbesprechungen Ostasien
zur Terminologie auf S. 88). Ausführlich werden hier
Einzelheiten zur politischen Vorgeschichte des Krieges
von 1206-07 (S. 99-100), zur Text- und Editionsge-
schichte (S. 101-110), zur Biographie der Beteiligten
(S. 111-135), zur Anlage der verteidigten Stadt Hsiang-
yang (S. 136-140) und zur Belagerung selbst
(S. 141-154) mitgeteilt.
Die Essays stützen sich auf die Übersetzung im zweiten
Teil des Buches und auf die Auswertung weiterer Ge-
schichts- und Militärhandbücher. Die Übersetzungen,
z.T. mit Vorbemerkungen versehen, umfassen in extenso
das Hsiang-yang shou-ch’eng lu (»Aufzeichnungen über
die Verteidigung der Stadt Hsiang-yang«), ein Kriegsta-
gebuch von Chao Wan-nien (S. 157-213), das Pei-wu chi
(»Sammlung aus dem Stabszelt«) desselben Autors, be-
stehend aus Prosaschriften (S. 236-276) und Gedichten
(S. 277-292) mit zwölf Vorworten aus verschiedenen
Zeiten (S. 214-235), sowie ausgewählte Ausschnitte aus
Militärhandbüchern, vor allem aus dem Wu-ching tsung-
yao (»Zusammenfassung des Wichtigsten aus den Mili-
tärklassikern«), (S. 293-301). Karten und Pläne bilden
eine wichtige Ergänzung im Anhang des Buches.
Der innere Zusammenhang der pointillistischen Essays
gerade des allgemeinen Teils des Buches scheint sich
einer hierarchischen Gliederung zu entziehen; doch die-
ser Teil erhebt auch gar keinen Anspruch auf eine streng
systematische Aufbereitung des Stoffes (S. VII). Dies
rechtfertigt sich dadurch, daß hier im wesentlichen Pio-
nierarbeit an den Quellen geleistet wurde, wenn man von
den vom Autor besonders herausgehobenen Arbeiten
von Flessel und Wang Tseng-yü (S. VII-VIII) absieht,
desgleichen von den Arbeiten von Hana, Werhahn-Mees
und Mangold, die einst vom Autor selbst betreut
wurden.
Ohne sich auf knapp bemessenem Raum mit formalen
Fragen aufhalten zu wollen, ist es der Rezensentin ein
Anliegen, den Blick des Lesers auf diesen pionierhaften
Zugriff des Autors zu lenken. Der differenzierende Zu-
gang zu der äußerst komplexen Materie (vgl. z.B. S. 18,
20) eröffnet sich dem Leser in der subjektiven Perspekti-
ve, aus der der Autor unerbittlich das konkrete Detail in
der Realistik der Quellen aufspürt. Diese seine Perspek-
tive spiegelt sich wider in übergeordneten Gesichtspunk-
ten der Historiographie, von denen er sich leiten läßt,
wie etwa der Mentalitätsforschung (S. 5). An anderer
Stelle hat der Autor für diesen Zusammenhang die Zu-
ordnung von Mikro- und Makrogeschichte getroffen
(Vortrag am 31. 12. 1986 in der Academia Sinica/Taipei).
Sosehr er auch um die von der Mikrohistorik geforderte
Realistik der Quellen bemüht ist, muß er doch feststel-
len, daß chinesische Quellen gar nicht oder doch nur
selten diesem Anspruch gerecht werden: »Die vorhande-
nen Quellen erlauben uns ja im kaiserlichen China kaum
jemals einen tieferen Einblick in die Psyche des einfa-
chen Mannes, allenfalls aus der Sicht der behördlichen
Dokumente oder der Schriften, die von Angehörigen der
gebildeten Schicht verfaßt wurden.« (S. 68). Eine quel-
lenkritische Auswertung, die sich die Realistik zu ihrem
Prüfstein macht, bricht sich häufig an der Qualität der
Quelle, wie der Autor am Beispiel der Schlacht von Ts’ai-
shih (1161) darlegt (S. 9). Ganz besonders deutlich wird
dies an den Angaben über Truppenstärken, die mehrfach
diskutiert werden (S. 7-8, 9-10, 13, 44, 46, 110,
148-149). Auch den Vorschriften in sung-zeitlichen Mili-
tärhandbüchern gebricht es an Realistik; es läßt sich
zeigen, daß sie zumindest teilweise auf t’ang-zeitliche
Vorlagen zurückgehen (S. 33, 35, 37, 42). Daraus ergibt
sich die Frage, ob sich nicht sung-zeitliche Militärtheorie
in tradierten »intellektuellen Spielen« erschöpfte; der
Autor vermutet jedoch, daß sich in der Sung-Zeit neben
einer traditionellen auch eine situative Militärtheorie
abzeichnete (S. 47-48).
Dem Mangel an Realistik in einzelnen Quellen versucht
der Verfasser bis zu einem gewissen Grade dadurch
Abhilfe zu schaffen, daß er verschiedene chinesische
Primär- und Sekundärquellen gegeneinander ausspielt.
Als Primärquelle hohen Ranges ragt das nur als Hand-
schrift überlieferte Pei-wu chi heraus, da es »vor Ort«
entstand - Dokumente ähnlicher Art aus der Sung-Zeit
(Funde von Qara-qoto) wurden bislang nicht ausgewertet
(S. 105-106). Neben das Hsiang-yang shou-ch’eng lu als
Primärquelle tritt das von Hana übersetzte K’ai-hsi Te-an
shou-ch’eng lu. Eine exquisite Seltenheit stellen in den
genannten Primärquellen Passagen dar, die in der dama-
ligen Umgangssprache notiert wurden, wie der »Rede-
kampf zwischen dem Führer der Belagerer und dem
Sprecher der Verteidiger« (S. 6; 163-164) und ein Flug-
blatt (S. 152; 263-264); Ansprachen an die Soldaten (in
Umgangssprache) sind aus der Sung-Zeit noch nicht be-
kannt geworden, wohl aber aus der Ming-Zeit überliefert
(S. 70). - Diesen Quellen stellt der Autor folgende Se-
kundärquelle gegenüber: das Sung-shih vs das Chin-shih,
das Chien-yen i-lai ch’ao-yeh tsa-chi zusammen mit dem
Liang-ch’ao kang-rnu pei-yao, das Sung-hui yao und die
gesammelten Werke verschiedener Autoren der Zeit.
Erst im Vergleich aller verfügbaren Quellen erscheint
historische Realität rekonstruierbar.
Wie ein roter Faden ziehen sich auf der Ebene der
Makrohistorik Fragen nach kulturunspezifischen Univer-
salien der Anthropologie und der Psychologie durch das
Buch: »Was brachte die Menschen dazu, andere zu töten
und dabei zu riskieren, selbst den Tod zu finden?« (S. 58)
Der Autor sucht das »psychologische Element der
Kriegsführung«, die »Motivation zum Kampf und Krieg«
(S. 11); er unterscheidet hier die »Ebene der internatio-
nalen Beziehungen« (1), die »Motivationen, die für die
höhere Beamtenschaft und die Offiziere als maßgebend
galten« (2) und die Motivationen, »die für den einfachen
Mann in seinem Regiment galten« (3) (S. 60). Auf Ebe-
ne 1 diente eine Kriegserklärung nicht nur der Legitima-
tion des Krieges durch Ahnen und Götter, sondern auch
der innenpolitischen Motivation - eine vergleichende
Untersuchung der Kriegsmanifeste nach »Argumenta-
tionsweisen« und »Legitimationen« steht noch aus
(S. 60). Motivierend auf Ebene 2 wirkte sich das zu
erwartende »Sozialprestige« für Familie und Nachfahren,
wie auch der Nachruhm im allgemeinen aus, weshalb
man Opfertempel im Sinne von »Kriegerdenkmälern«
errichtete (S. 65). Auf Ebene 3 wurden Anreize durch
Belohnungen (nach einer Skala abgestuft) und, im Falle
der Verwundung, durch Beförderungen geschaffen
(S. 68, 69; vgl.a.S. 74). Im Kampf w-ar die Tötung des
Gegners (i.e. eine möglichst hohe Trophäenzahl) das
Ziel, nach einem Sieg die Versklavung und Plünderung
des Unterlegenen (S. 48).
Ebenfalls unter makrohistorischer Rücksicht ordnet der
205
TRIBUS 38, 1989
Autor die chinesische Kriegsgeschichte in den für die
chinesische Kultur spezifischen Kontext ein, indem er
Querverbindungen von der Kriegsgeschichte zu anderen
Bereichen der Kultur aufdeckt und so neue, z.T. noch
unbearbeitete Forschungsgebiete erschließt. Er stellt die
Frage nach dem Verhältnis des legalistisch geprägten
militärischen Bereichs zur konfuzianisch bestimmten
Sphäre des Zivilen, zur religiösen Sphäre der Kulte und
Rituale und zur höfischen Lebensform.
So wird deutlich, wie weit der zivile Bereich in den
militärischen hineinreichte u. v. a., daß wen und wu keine
sich ausschließenden Gegensätze, sondern sich gegensei-
tig durchdringende und aufeinander bezogene Begriffe
bildeten: »Überhaupt relativiert sich das Verhältnis von
wen und wu sehr stark, je näher man hinschaut.« (S. 59)
und: »Der von manchen neuzeitlichen Historikern postu-
lierte Gegensatz zwischen den Sphären des Zivilen und
Militärischen (sic!), erscheint dadurch stark relativiert.«
(S. 51) Auf der einen Seite stand die volkstümliche Ver-
herrlichung von Kriegshelden (S. 59), auf der anderen
wurde auch von der Truppe der konfuzianische Wert der
Loyalität (chung) internalisiert (S. 59-60). Analog zu
zivilen Einrichtungen wurde gerade auch in der Sung-
Zeit die Institution einer Militärakademie mit eigenen
militärischen Prüfungen geschaffen (S. 52). Dennoch
entstammten die Truppenführer und Feldherren der
Sung zumeist dem zivilen Bereich (S. 55), wurde die
Militärpolitik von Zivilisten bestimmt (S. 51). In einem
Widerspruch dazu standen legalistische Vorstellungen
von Menschenführung mittels »Zuckerbrot und Peit-
sche« (S. 67): »Man kann durchaus sagen, daß der Geist
des Legalismus, der mitleid- und unterschiedslosen Moti-
vierung durch Furcht und Schrecken, sich im Militärrecht
des kaiserlichen China ungebrochen behauptet und daß
die Konfuzianisierung des Staatswesens das Militär nur
wenig berührt hat.« (S. 67-68) Im »deterministischen«
und zugleich »mechanistischen« Weltbild des Legalismus
galt das Militär als Maschinerie, die nicht vor Ort, son-
dern aus der Distanz der Zentrale in Bewegung gesetzt
werden mußte (S. 83). Diese Gedanken ließen sich si-
cher fortsetzen mit einer Darstellung militärisch-legalisti-
scher Elemente im zivilen Bereich.
Der religiöse Aspekt des Militärischen als einer eigen-
ständigen Lebenswelt zeigt sich in einer Vielfalt der
Erscheinungsformen. Diese beabsichtigt der Autor an
anderer Stelle gesondert zu untersuchen: er verweist
dabei auf die militärische Seite des Staatskultes im Tem-
pel des Wu-ch’eng wang (oder T’ai-kung; nicht: Kuan-
tü), dem die Militärakademie angegliedert war (S. 53).
Auch die »militärische Sozialisation« während der Aus-
bildung war religiös geprägt (S. 66; vgl.a.S. 65). Noch
unerforscht sind militärische Rituale und Kulte, ein-
schließlich der militärischen Omina (S. 41, S. 154 mit
152-153), ebenso der Zusammenhang von Religion auf
der einen und Selbstmord, Kampf- und Todesbereitschaft
auf der anderen Seite (S. 77-78). So glaubt der Autor
z.B. in den Kampfrufen »ein gewisses rituelles Element«
zu erkennen und stellt einen Bezug zu buddhistischen
Mantras her, betont aber gleichzeitig, daß sich diese
Vermutung nicht weiter begründen läßt (S. 43).
Eine weitere Querverbindung scheint dem Autor in der
Jagd als Bestandteil militärischer Ausbildung zu liegen
(S. 45), desgleichen im Bogenschießen, welches nicht
nur sportlicher Ertüchtigung diente, sondern gleichzeitig
im höfischen Ritual und in der diplomatischen Etikette
verankert war (S. 43-44). Auch hier verweist der Autor
bereits auf Fragestellungen künftiger Arbeiten.
Den ökonomischen und sozialen Bereich streift er be-
wußt nur kurz; er spricht hier den Bereich der gesamt-
wirtschaftlichen Militärausgaben (S. 28) und die Frage
nach den »Career patterns« des Soldatenberufs (S. 56),
der erblich war (S. 36, 44), an.
Als weitere Ergebnisse - neben den bereits erwähnten -
präsentiert der Autor die Erkenntnis, daß es im sung-
zeitlichen China bereits Ansätze von Truppenmedizin
gab (S. 41), daß die Truppenversorgung dezentral groß-
zügig gehandhabt wurde (S. 18, 21), daß die Neuerung
der Sung-Zeit auch in der Technologie des Angriffs auf
Städte und deren Verteidigung lag (S. 42; vgl. aber
S. 149!), daß dagegen die sung-zeitlichen Schlachten so
abgelaufen sein dürften wie die der Han- und T’ang-Zeit
(S. 42).
Trotz (oder etwa gerade wegen?) der zuweilen etwas
militärisch rauhen Sprachen »aus dem Stabszelt« und im
souveränen, gleichsam spielerischen Umgang des Autors
mit den Quellen hinterläßt das Buch beim Leser den
Eindruck, 1206-07 doch irgenwie »dabeigewesen zu
sein«.
Silvia Freiln von Eschenbach
Hildebrand, Joachim:
Das Ausländerbild in der Kunst Chinas als
Spiegel kultureller Beziehungen (Han-
Tang). (Münchener Ostasiatische Studien
46.) Stuttgart: Franz Steiner Verlag Wiesba-
den, 1987. X, 281 S.
In den Phi Theta Papers 17. 1987, S. 21-27 hat David B.
Honey unter dem Titel »The Sinologist and Chinese
Sources on Asia« u.a. eine Apologie der »Sino-foreign
studies« und eine laudatio für die »Asiatologen«, für die
stellvertretend die Namen Paul Pelliot und Peter Bood-
berg genannt werden, veröffentlicht. Die Notwendigkeit
eines Plädoyers für die »Sino-foreign studies« wird offen-
sichtlich, wenn man, wie es der Rezensent des vorliegen-
den Bandes tut, die Analyse des Istzustandes durch
Honey akzeptiert (S. 22):
»Today studies on foreigners based on a Chinese perspec-
tive or text are rather uncommon. This is due primilary to
a combined lack of linguistic expertise and narrowing of
academic expectations, interests, and training.«
In einer der beiden Anmerkungen zu diesem kurzen
Absatz (Anm. 10, S. 26) erwähnt er jedoch eine Aus-
nahme:
»An exception must be made for German Sinologists,
who have maintained broad philological and linguistic
traditions, and have continued to produce translations of
important texts on the Asian nomads. See for example,
the series of articles in Zentralasiatische Studien by Her-
bert Franke with the general title of »Chinese texts on the
Jurchen«, or Waltraut Abramowski’s translations of Chi-
nese sources on the Mongols.«
206
Buchbesprechungen Ostasien
In mancher Hinsicht läßt sich die Arbeit von Hildebrand
in den weiteren Bereich der »Sino-foreign studies« ein-
ordnen, allerdings ist sein Ansatz nicht philologischer,
sondern kunsthistorischer und ethnologischer Natur, und
in der Kunstgeschichte ist diese genannte Fragestellung
nie in dem gleichen Umfang ausgeklammert worden wie
in der Sinologie als »Mutterwissenschaft«. So folgt Hilde-
brand mit seiner Absicht nicht dem Hauptstrom der
heutigen sinologischen Interessen, vielmehr greift er ein
in der jüngeren Vergangenheit eher vernachlässigtes
Thema auf (doch sind ähnliche Interessen auch in der VR
China feststellbar), mit dem er erneut und notwendiger-
weise auf den interasiatischen Zusammenhang, in dem
das traditionelle China zu sehen ist, verweist.
Hildebrand wählt als Untersuchungszeitraum die Dyna-
stien Han (206 V.-220 n. Chr.), Sui und Tang (580-906)
und die dazwischen liegende Epoche der Zersplitterung
Chinas. Wenn auch zunächst in erster Linie aus quellen -
kundlichen Gründen einsehbar, nämlich aufgrund der
glücklichen Verbindung archäologischen Materials mit
schriftlichen Quellen, ist Hildebrand der Meinung, inner-
halb dieses Zeitraums drei distinkte Phasen chinesischer
Ausländererfahrung ausmachen zu können, in der Han-
Zeit die Darstellung von Ausländern als Symbole für das
Fremde an sich, wobei das Fremde vor allem in der
Gegenwelt, im Leben nach dem Tode gesehen wurde, in
der Zeit der Spaltung durch die nach China eingedrunge-
nen Fremdvölker selbst, aber auch durch die Chinesen
eine realistische Darstellung von Ausländern, in der
Tangzeit die Entwicklung einer Ausländertypologie oder
Ikonographie, die die Unterschiede zwischen den Aus-
ländern verwischt, sie jedoch vom Chinesischen insge-
samt abgrenzt.
So plausibel eine derartige Systematisierung auch er-
scheint, die Beweisführung des Autors ist für den Rezen-
senten nur in den seltensten Fällen nachvollziehbar.
Kaum eine bildliche Darstellung, wenn man von der vom
Autor nur am Rande berücksichtigten Tang-Keramik
absieht, kann so eindeutig mit Ausländerdarstellungen in
Verbindung gebracht werden wie die bereits von chinesi-
scher Seite so interpretierten Wandmalereien im Grab
von Horingor aus der späten Han-Zeit (S. 173-180), auf
denen aufgrund der geographischen Lage, des histori-
schen Zeitpunktes, der auf den Malereien geschilderten
Umstände, der Kleidung und Frisuren im Zusammen-
hang mit schriftlichen Belegen eine bestimmte Gruppe
als Wuhuan, eine Restgruppe der Xiongnu-Föderation,
identifiziert werden kann. Alle anderen von Hildebrand
für seine Untersuchung herangezogenen Darstellungen
geben eher neue Rätsel auf als daß sie zur Lösung der
gestellten Fragen beitragen, so z.B. der Fund aus dem
Grab der Rouran-Prinzessin Linghe aus dem Jahre 566
(S. 100-102), der als Beleg für die ausländische Darstel-
lung des »Exorzisten« angeführt wird. Hierbei handelt es
sich um einen Fund außerhalb des engeren chinesischen
Kulturkontextes, für den es jedoch mögliche Parallelen
innerhalb Chinas gibt (S. 102-104).
Das wichtigste Kennzeichen für Ausländerdarstellungen,
auch im Falle des Rouran-Grabes, ist für Hildebrand die
phrygische Mütze, die er nach einem kurzen Hinweis auf
europäische spätantike Darstellungen der Heiligen Drei
Könige (Abb. 3) zum Symbol für den »Angelpunkt«
erklärt, »dem beide Seiten, die europäische wie die asia-
tische, starke Impulse verdanken, dem Iran«. (S. 24)
Diese den Hinterkopf umschließende Mütze aus Tuch
mit ihrer Kegelform und ausgestopftem Zipfel möchte
Hildebrand auf Hanzeitlichen Grabreliefs und -plastiken
wiederfinden. Wenn dies auch in der Tang-Zeit in vielen
Fällen ohne weiteres möglich ist, und in Verbindung mit
unchinesischer Physiognomie sehr wahrscheinlich das
Ausländische damit gekennzeichnet werden soll, er-
scheint es für die Han-Zeit fast unmöglich, daraus ähnli-
che Schlüsse zu ziehen. Ausgehend von der Vorausset-
zung, das Fremde in jeder Form gleichsetzen zu können
und unter Hinzuziehung der Traditionen um Xiwangmu,
die Königinmutter des Westens, die Inseln der Unsterbli-
chen im Osten und ähnlichen in die ungreifbare Ferne
projezierten Vorstellungen (S. 74-89), meint Hilde-
brand, vor allem auf Darstellungen dieser Traditionen
den Ausländer erkennen zu können. Neben der phrygi-
schen Mütze sprechen manchmal auch der Spangenhelm
(S. 97-100) und fratzenartige Gesichter für das Auslän-
dische. Wenn man das letzte Kriterium außer Acht läßt,
so spricht auch Hildebrand meist nur von Ähnlichkeiten
der Kopfbedeckung mit der phrygischen Mütze und dem
Spangenhelm. Für den Rezensenten ist nicht einmal die
Ähnlichkeit, vor allem die elastische Qualität der phrygi-
schen Mütze erkennbar. Die auf den Abbildungen er-
scheinenden Mützen ähneln u. a. nach Zhou Xibao,
Zhongguo gudai fushi shi , Shanghai 1984, S. 77-78 (s.
die dazugehörigen Abb.), Lederkappen, »gebogenen«
Kappen oder einzelnen Kappentypen der Literaten oder
des Militärs. Dies schließt eine fremde Herkunft der
»phrygischen« Mützen nicht aus, läßt jedoch eher an
einen chinesischen Kappentyp denken. Nicht anders ver-
hält es sich mit dem Spangenhelm, bei dessen Trägern
sich die zusätzliche Frage stellt, ob nicht auf der Abb. 40
primär ein Krieger dargestellt ist, der in seiner Funktion
als Grabbeigabe eine religiöse Bedeutung erhält. In man-
chen Fällen mag es allerdings auch an der Qualität der
Abbildungen liegen, daß den Schlüssen des Autors nicht
gefolgt werden kann. Dies gilt z.B, für die Abbildungen
22 und 47, auf denen die Krümmung der Mütze nach
vorn so zumindest nicht erkennbar ist, oder für
Abb. 138, auf der doch wohl Herren und nicht »reich
aufgeputzte Damen« erscheinen, oder für Abb. 143, auf
der »der mit seiner Heugabel an Getreidehaufen hantie-
rende« (d.h. wohl, daß er beim Worfeln ist) Bauer an
seinem Hut angeblich Haarbüschel trägt, s. dazu eine
weitere Darstellung aus dem gleichen Grab mit den
gleichen Mützen, auf der eindeutig der Dreschvorgang
illustriert wird (Jiayuguan Wei Jin mushi bihua, Beijing
1985, Abb. 9 und 10). Gerade auch die letztgenannte
Abbildung läßt an der Tauglichkeit des vom Autor ausge-
wählten Bildcorpus zweifeln. »Die Darstellung von
Fremdvölkern in den Gräbern von Jiayuguan«
(S. 181-193) scheint für den ikonographisch unbewan-
derten Rezensenten eher eine seltene frühe Darstellung
chinesischen Volkslebens zu sein und die Informalität
bäuerlicher Kleidung zu dokumentieren. Kleiderordnun-
gen waren in dieser Bevölkerungsschicht irrelevant.
Auch die Behausungen (Abb. 116), die (S. 181) als »Jur-
ten der nichtchinesischen Bevölkerung« identifiziert wer-
den, sind nicht zwingend solche. (Allerdings so auch in
Jiayuguan Wei Jin mushi bihua, Beijing 1985, S. 33,
interpretiert.) Dies schließt nicht aus, daß wir hier in
207
TRIBUS 38, 1989
Gansu eine Mischkultur vor uns haben.
Hildebrand weist angesichts des Bildmaterials mit Aus-
nahme der Malereien aus Horingor allzu weitgehende
Identifikationen zurück und kritisiert zu Recht Jane
Mahler: The Westerners among the Figurines of the
T’ang Dynasty of China. Rom 1959. (S. 72, Anm. 96):
»Mit Identifizierungen wie »armenoider Typ« wird eine
Klarheit vorgetäuscht, die nicht einmal andeutungsweise
aus diesen Angaben (d.h. bildlichen Darstellungen) zu
gewännen ist«. Ihm selbst gelingt durch die fraglos not-
wendige Vorsicht bei der Identifizierung allerdings dann
auch nicht eine Analyse des Ausländerbildes wie im Titel
des Buches angesagt, sondern lediglich eine Bestandsauf-
nahme von tatsächlichen oder möglichen nichtchinesi-
schen Elementen in der bildenden Kunst, überdies nur
solcher, die zweckgebunden im chinesischen Grabbau
eingesetzt wurde bzw. eine Untersuchung über ausländi-
sche Einflüsse auf die materielle Kultur der Chinesen.
Einen Hinweis für Überlegungen dieser Art hätte der
Autor aus dem von ihm zitierten Text von Bo Juyi
(S. 153-154) über huxuan-Tänzerinnen entnehmen kön-
nen.« (...) Oh, Du /za-jewan-Tänzerin, aus Kang-ju (Sog-
diana) kamst Du, über 10000 Li bist Du vergebens
gereist; auch in China gibt es (schon) hu-xuan Tänzer.
(...) Der hu-xuan der (Yang) Gui-fei verführte das Herz
des Herrn. (...)« Und insofern ist seine Arbeit eher eine
verdienstvolle Ergänzung zur und z.T eine Entwick-
lungsgeschichte der Tang-Exotik, wie sie vor allem in den
Arbeiten von Edward Schäfer untersucht worden ist.
Dieses Problem wird kurz (S. 63-73) in Abschnitten zum
Exotismus in der chinesischen Kultur angeschnitten, sie
leiden jedoch unter nicht zu haltenden oder verzerrten
Behauptungen. Zwei Beispiele müssen genügen.
Anm. 93 (S. 69-70) läßt weitgehend Vertrautheit mit
Strukturen traditioneller Gesellschaft vermissen, insbe-
sondere soweit sie das Verhältnis von Ju - zu Ausländern
betreffen. Gravierender jedoch ist die versuchte Analo-
gie des europäischen Exotismus des 19. und frühen
20. Jhs. zur Darstellung des Fremden in der späten Han-
Zeit (S. 63): »Es überrascht keineswegs, daß man in der
chinesischen Kunst und Kultur seit der Han-Zeit ähnli-
che Erscheinungen entdecken kann. Es läßt sich eine bis
zur Tang-Zeit stetig wachsende Bedeutung dieses Phäno-
mens feststellen. Erste Anzeichen sind unter dem Han-
Kaiser Ling-di zu bemerken (168-189 n.Chr.), als eine
kurze Zeit der Begeisterung für Ausländisches aufwallte,
die ohne Kenntnis (S. 64) ausländischer Kultur und grö-
ßere Zahlen von Fremden sozusagen in einem bezie-
hungslosen Raum aufblühte.«
Für diese Aussage beruft er sich sekundär auf das Wu-
xing-zhi-Kapitel des Hou-Hanshu (nicht Hanshu, wie in
Anm. 83 angegeben), die vollständig lautet (Übers, bei
Jan Chapman: Back to the Hu Ch’uang - A Reassess-
ment of Some Literary Evidence Concerning the Origin
of the Chair in China, in Oriental Art N.S. 20, 1974,
S. 426): »Ling Ti liked barbarian clothes, barbarian
tents, barbarian couches, barbarian seats, barbarian
food, barbarian k’ung-hou (25 stringed musical instru-
ment), barbarian pipes, and barbarian dances. In the
Capital the imperial clan by marriage all competed in
adopting these customs. This is why their clothes are so
wcird.« Ergänzt wird diese Angabe durch die Parallel-
stelle im Xu Hanshu (Übers. Chapman, S. 425): »Empe-
ror Han) Ling Ti liked barbarian (Hu) clothes, tents, and
beds. So everyone in the Capital competed in making
them. It was due to Tung Cho’s command of the barbar-
ian (Hu) troops.« Nicht allein dieser einzelne Beleg,
sondern die gesamte Geschichte der späteren Han-Zeit
beweist einen engen, nicht unbedingt friedlichen Kontakt
zwischen Chinesen und Nichtchinesen. Dies schließt
zwar nicht verständnislose Exotik aus, beweist aber doch
die Möglichkeit sehr unmittelbarer Übernahmen. Daher
hinkt auch der Vergleich mit dem Exotismus Europas
(S. 61-63), und wenn überhaupt Analogien nötig sind,
sind sie eher in der Rezeption des Fremdländischen
durch die Weltreiche der Antike zu suchen.
Insgesamt sind der historische Abriß und der Versuch,
das eigentliche Thema in die historische Entwicklung
einzuordnen (S. 1-73), wenig gelungen, wobei dem Au-
tor zugute zu halten ist, daß dies eine gewaltige Einarbei-
tung in die formativen Perioden des chinesischen Kaiser-
reiches erfordert hätte.
Ein letzter Mangel des vorliegenden Buches sind die
zahllosen redaktionellen Nachlässigkeiten in der Spra-
che, bei bibliographischen Angaben, beim Gebrauch von
Anachronismen, oder lediglich bei den offensichtlichen,
aber vom Leser nicht ohne weiteres zu korrigierenden
Druckfehlern. Dieser Mangel muß leider bei vielen Bän-
den dieser sonst so verdienstvollen Reihe angemerkt
werden.
In dieser vielleicht etwas harschen Kritik sollte jedoch
keineswegs untergehen, daß es sich bei der vorliegenden
Arbeit um ein verdienstvolles und in vieler Hinsicht
anregendes Unterfangen handelt. Nach Ansicht des Re-
zensenten bleibt die Annahme des Autors über die Ent-
wicklung der Rezeption des Ausländischen in China am
Beispiel bildlicher Darstellungen trotz weiter bestehen-
der Beweislast überaus bedenkenwert und über den ge-
wählten zeitlichen Rahmen hinaus relevant. Eine sorgfäl-
tigere Analyse könnte zu einem ähnlichen oder zum
gleichen Ergebnis führen. Über den engeren Rahmen
einer Dissertation hinaus konnte der Autor auch ohne
einen Pelliot oder Boodberg einen Beitrag für eine asia-
tologische Interdisziplinarität leisten, und dafür gebührt
ihm Dank.
Erling von Mendh
Lo, Winston W.:
An Introduction to the Civil Service of Sung
China. With Emphasis on Its Personnel Ad-
ministration. Honolulu: University of Ha-
waii Press, 1987. xii, 297 S.
In den 80er Jahren hat das wissenschaftliche Interesse an
der Geschichte der Song-Zeit im Westen einen kräftigen
Aufschwung genommen, der sich nicht nur quantitativ in
einer Reihe vorzüglicher Studien zu einzelnen Themen
niederschlug, sondern auch qualitativ durch die Aus-
leuchtung bislang weitgehend verborgen gebliebener Zu-
sammenhänge und durch das Betreten von wissenschaft-
lichem Neuland in der Geschichte der Song-Zeit doku-
mentieren läßt. Ich denke hierbei vor allem an die in
208
Buchbesprechungen Ostasien
Buchform publizierten Arbeiten von John W. Chaffee:
The Thorny Gates of Learning in Sung China. A Social
History of Examinations. Cambridge 1985; Richard L.
Davis: Court and Family in Sung China. 960-1279. Bu-
reaucratic Success and Kinship Fortunes for the Shih of
Ming-chou. Durham 1986; Patricia Buckley Ebrey: Fa-
mily and Property in Sung China. Yüan Ts’ai’s Precepts
for Social Life. Princeton 1984; Herbert Franke: Studien
und Texte zur Kriegsgeschichte der Südlichen Sungzeit.
Wiesbaden 1987, [Asiatische Forschungen, Bd. 102]; Ri-
chard von Glahn: The Country of Streams and Grottoes.
Expansion, Settlement, and the Civilizing of the Sichuan
Frontier in Song Times. Cambridge, Mass. 1987, [Har-
vard East Asian Monographs 123]; Robert P. Hymes:
The Elite of Fu-chou, Chiang-hsi, in Northern and South-
ern Sung. Cambridge 1986; Thomas H.C. Lee: Govern-
ment Education and Examinations in Sung China. Hong
Kong 1985; Gudula Linck: Zur Sozialgeschichte der chi-
nesischen Familie im 13. Jahrhundert. Untersuchungen
am »Ming-gong shu-pan qing-ming-ji«. Stuttgart 1986,
[Münchener Ostasiatische Studien, Bd. 40].
In die Reihe dieser Arbeiten gehört auch die hier vorlie-
gende, gut und flüssig geschriebene, inhaltlich innovative
Studie von Winston W. Lo, Associate Professor für Ge-
schichte an der Florida State University.
Bevor ich auf die Leistung von Winston W. Lo näher
eingehe, möchte ich gleich meine Hauptkritik an seiner
Untersuchung anbringen, die vornehmlich darin besteht,
daß er einige der Arbeiten, die für sein Thema durchaus
Bedeutung haben, nicht einmal erwähnt. Eine ausführli-
che Besprechung der Arbeiten von Richard L. Davis,
John W. Chaffee, Thomas H.C. Lee und Robert P.
Hymes veröffentlichte Patricia Ebrey unter dem Titel
»The Dynamics of Elite Domination in Sung China« im
Harvard Journal of Asiatic Studies 48: 2 (1988),
S. 493-519. Darin greift sie den roten Faden auf, der alle
diese Arbeiten durchzieht, nämlich die Diskussion um
die Frage: Gab es in der Song-Zeit eine soziale Mobili-
tät? Kamen also novi homines als Beamte in hohe Staats-
positionen, wie dies E.A. Kracke Jr. bereits 1947 im
Harvard Journal of Asiatic Studies 10; 2 (1947) dargelegt
hatte, oder aber war das hohe Beamtentum fest in der
Hand einer »professionellen Elite«, wie dies Robert M.
Hartwell im Harvard Journal of Asiatic Studies 42: 2
(1982) vertritt?
Diese gesamte, von den Schülern von Kracke und Hart-
well fortgesetzte, in diesem Jahrzehnt vehement geführte
Diskussion hat Winston W. Lo in seiner Arbeit aber nicht
aufgegriffen. Mit Ausnahme von zwei kurzen Erwähnun-
gen (S. 93 und Anm. 29; S. 95 und Anm. 30), in denen er
keine eigene Stellung bezieht, geht er auf das Problem
überhaupt nicht ein. Weder in den Anmerkungen noch
im Literaturverzeichnis sind die Arbeiten von John W.
Chaffee oder Thomas H.C. Lee erwähnt, beides Werke,
die aufgrund ihrer nahen Thematik dem Autor sicherlich
nicht unbekannt gewesen sind, die er aber aus unerklärli-
chen Gründen nicht berücksichtigt hat. Ich kann daraus
nur schließen, daß er, obgleich er in seinem Kapitel 3
auch die Rekrutierung der Beamten für den Staatsdienst
behandelt, keinen Beitrag zur Beantwortung der Frage
nach der sozialen Herkunft der Beamten leisten wollte.
Er legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Funktions-
weise der Personalverwaltung, auf die Stellenzuweisung,
auf die Rangsysteme, auf die Leistungskontrolle und die
Beförderungspolitik. Unverständlicherweise fehlt aber
auch hier die Erwähnung der wichtigsten Arbeit der
letzten Jahre zu diesem Bereich, Umehara Kaoru, Södai
kanryö seido kenkyü [Untersuchungen des bürokratischen
Systems der Song-Dynastie], Tokyo 1985.
In seiner ausführlichen und überaus lesenswerten Intro-
duction (S. 1-34) versucht der Autor den Hintergrund
aufzuzeigen, vor dem der civil Service in der Song-Zeit
gesehen werden muß. Vor allem geht er auf die Anoma-
lien des song-zeitlichen China ein, das Trauma der Song,
deren Staatsterritorium sich mit dem der Han- und Tang-
Dynastie nicht messen konnte und das deswegen der
Vorstellung des tianxia, »alles unter dem Himmel«, nicht
entsprach. Aus dieser Besonderheit erklären sich nicht
nur die Bedeutung des Militärs und die Umstellung des
Rekrutierungssystems auf Söldnerbasis, sondern auch
die enormen Anstrengungen, die in allen Bereichen des
wirtschaftlichen Lebens erfolgreich unternommen wur-
den. Man kann dem Autor nur zustimmen in seiner
Beurteilung des hohen wirtschaftlichen Entwicklungsgra-
des der Song-Dynastie und des Einflusses von song-
zeitlichen Vorstellungen auf die nachfolgenden Dyna-
stien. So wie auch heute der höhere wirtschaftliche und
technologische Entwicklungsstand und damit eng ver-
bunden der Lebensstandard mittelfristig die materielle,
körperliche und auch geistige Abhängigkeit des einzel-
nen Individuums, »seine Lebensqualität«, diktiert, denn
»es gibt keine Befreiung vom Kühlschrank«, so war auch
damals schon »[Mongol] barbarism ... vulnerable to the
seduction of Chinese civilization« (S. 14). Diese durch die
Geschichte übermittelte Erkenntnis kann gar nicht oft
genug in Erinnerung gerufen werden. Da man seit der
Song-Zeit in allen Lebensbereichen der chinesischen Ge-
sellschaft auf eine bürokratische Tradition trifft, bietet
nach Winston W. Lo die Bürokratie den Schlüssel zum
Verständnis der Song-Periode in ihrer Gesamtheit
(S. 15). Auch in diesem Punkt muß man ihm zustimmen.
Was nun die Beschreibung der Bestimmung und der
Funktionsweise dieser song-zeitlichen Bürokratie anbe-
langt, so richtet sich der Autor an der Theorie von S.N.
Eisenstadt: The Political System of Empires, Glencoe
1963, aus und betrachtet China als eines der Reiche, das
auf die Bewahrung kultureller Muster ausgerichtet ist
(S. 2).
Da das Mandat des Himmels, durch das der Kaiser von
China herrschte, jedoch nicht absolut war, ist es vollkom-
men unverständlich, warum Winston W. Lo das China
der Song als Despotismus bezeichnet. Daß der Kaiser als
Quelle aller Macht, alles Ansehens und aller Ehre fun-
gierte und durch eine elaborate bureaucracy regierte
(S. 13), sind noch keine Zeichen des Despotismus. Wie
er selbst feststellt, widersprechen der Aufbau und die
Funktionsweise der Bürokratie, ebenso das Selbstver-
ständnis der Beamten, einer Interpretation des song-
dynastischen Kaisertums als Despotismus. Der Autor
zitiert den Beamten-Gelehrten Zhang Fangping
(1007-1091) mit folgendem Satz, den er zum Kaiser
Renzong gesagt haben soll (S. 24): »The empire is not
one that Your Majesty can govern alone; the empire ist
one which can only be governed by Your Majesty in
collaboration with the scholar-officials.« Ganz gemäß der
Theorie von Eisenstadt wird der Bürokratie also ein
209
TRIBUS 38, 1989
gewisses Maß an Autonomie und ein Freiraum zur Ent-
wicklung eines professionellen eigenen Images einge-
räumt. Dieser Freiraum wurde den Beamten von den
Song-Kaisern zugestanden, und die Beamten nutzten ihn
in vielfältiger Weise. Auch im Kap. 1 »The Context of
Public Administration«, besonders aus dem Abschnitt
»The Structure of Central Government« (S. 46), in dem
der Autor kurz auf die Schlüsselrolle des Kaisers in der
chinesischen Monarchie der Song-Zeit eingeht, mag man
ganz verschiedene Deutungen herauslesen, doch es fin-
det sich kein Anhaltspunkt, der die Charakterisierung
des song-zeitlichen Kaisertums mit Despotismus recht-
fertigen würde.
Obgleich nur etwa ein Viertel der Beamtenschaft durch
das Prüfungssystem in den Staatsdienst kam, hinterließ
dieses Prüfungssystem nicht nur bei den meisten Beam-
ten, sondern in der gesamten Gesellschaft seine untilgba-
ren Spuren. Es trug auch bei den gescheiterten Kandida-
ten ganz erheblich zu dem bei, was man damals als
chinesische Weltanschauung bezeichnen konnte. Dar-
über hinaus half es der Dynastie. »The dynasty was able
to recreate the archetypal relationship between the sage
ruler and his meritorious ministers...« (S. 219). Winston
W. Lo zieht dann den Schluß (S. 219): »Examination
graduates constituted the most favored grouping in the
civil Service on account of their presumed loyalty to the
dynasty.« Ob die Loyalität dieser Beamten größer war
als die jener, die durch das ym-Privileg, also durch
Protektion in den Staatsdienst kamen, mag dahingestellt
sein, denn schließlich waren die durch das y/n-Privileg
geförderten Personen in der Regel Angehörige von hö-
heren Beamtenhaushalten, denen eine Stabilität der Ver-
hältnisse gleichermaßen am Herzen lag.
Obgleich die Bürokratie am Senioritätsprinzip ausgerich-
tet war, spielte dieses Prinzip bei der wichtigsten Beför-
derung, nämlich von einer Stelle in der Exekutive in die
Verwaltung, keine Rolle. Hier entschied - neben den
Beziehungen - die Fähigkeit des Kandidaten.
Im Kap, 1 »The Context of Public Administration«
(S. 35-50) geht der Autor hauptsächlich auf die sozioö-
konomischen und strukturellen Voraussetzungen ein, auf
denen die Song-Dynastie aufbauen konnte. Dieses Kapi-
tel vermittelt zwar keine neuen Erkenntnisse, doch die
song-zeitlichen Weiterentwicklungen sind in durchdach-
ten, genauen Formulierungen in klar gegliederten Ab-
schnitten dargestellt. Im Kap. 2 »Evolution of the Sung
Civil Service« (S. 51-78), dessen Aufbau methodisch
dem Kap. 1 vergleichbar ist, inhaltlich sich jedoch rasch
dem eigentlichen Schwerpunkt der Studie (Kap. 3-6)
nähert, legt er zuerst die Voraussetzungen offen, die
dann die »Basic Structure of the Sung Civil Service«
ermöglichten. Schon hier (S. 58 ff.) schneidet er das
Thema des dualen Rängesystems (dual rank System) an,
das die Bürokratie der Song-Dynastie in besonderer Wei-
se kennzeichnete. Desweiteren verdienen auch seine Er-
klärungen militärischer Ränge im Sung civil Service Er-
wähnung. Sie bilden in ihrer Gesamtheit eine überaus
nützliche Ergänzung zu Herbert Frankes Studien und
Texte zur Kriegsgeschichte der Südlichen Songzeit.
Im Kap. 3 »Function and Recruitment of the Civil Servi-
ce« (S. 79-114) geht der Autor auf verschiedene Frage-
stellungen ein: die »Multiple Nature of the Traditional
Chinese Civil Service«, »The Civil Service Examination«,
»The Yin Privilege«, die »Minor Recruitment Channels«
und den »Inactive Status for Members of the Civil Servi-
ce«. Dieses Kapitel ist die beste allgemeinverständliche
Erörterung dieses überaus komplizierten Themas, die ich
in den letzten Jahren gelesen habe. Sie ist klar in ihrem
Konzept und in ihrer Aussage, verzettelt sich nicht in
Diskussionen um untergeordnete Ausnahmefälle, be-
rücksichtigt aber trotzdem Besonderheiten, wie sie zum
Beispiel für Grenzprovinzen galten. Dazu greift er öfters
auf Ergebnisse aus seiner früheren Studie Szechwan in
Sung China, Taipei 1982, zurück. Winston W. Lo stellt
zum Prüfungssystem der Song-Zeit fest (S. 92): »The
discovery of talented men was no longer left to chance
but was based on standardized procedures, that is, the
civil Service examinations.« Obgleich sich der Autor, wie
oben bereits erwähnt, nicht an den Diskussionen um die
Frage nach der sozialen Herkunft der Beamten in der
Song-Zeit beteiligt und damit verbunden auf die Frage
nach der sozialen Mobilität eingeht, läßt er jedoch kei-
nen Zweifel daran, daß dem talentierten und ambitio-
nierten Mann aus dem Volk der Weg ins Beamtentum
offenstand. »The population at large was the source of
new blood for the regime« (S. 84). Er macht an anderer
Stelle jedoch auch klar (S. 145), daß vor der Song-Zeit
die traditionellen Familien der Elite eindeutig im Vorteil
waren. Damit ist natürlich nichts über den prozentualen
Anteil der Aufsteiger an der Gesamtzahl der Beamten
aus Beamtenhaushalten und aus anderen hochgestellten
Haushalten gesagt. Für Winston W. Lo hatten die Ange-
hörigen des Sung civil Service, die aus verschiedenen
Schichten und Landschaften stammten, durchaus auch
eine repräsentative Funktion innerhalb des Staatswesens.
Damit waren die Beamten in einem politischen Sinn weit
mehr als nur Verwalter einer staatlichen Ordnung
(S. 100-104).
Den inhaltlichen Schwerpunkt der Studie bilden das
Kap. 4 »Job Assignment and the Functional Rank Sy-
stem« (S. 115-140), Kap. 5 »The Personal Rank System«
(S. 141-171) und das Kap. 6 »Performance Evaluation
and Personnel Supervision« (S. 172-199). In diesen Ka-
piteln geht Winston W. Lo ausführlich auf die im Unterti-
tel des Buches angesprochene personnel administration
ein. Seine Darstellung belegt eine gründliche Kenntnis
der Quellenlage und einen souveränen Umgang mit den
chinesischen Quellen. Seine Kenntnis, sein Überblick
und sein stilistisches Geschick erlauben ihm, diese kom-
plizierten Sachverhalte in einer überaus fesselnden und
gut verständlichen Art und Weise abzuhandeln. In keiner
westlichen Sprache erschien in den letzten Jahren eine
Abhandlung dieses Themenbereichs mit solcher Kompe-
tenz. Ohne Übertreibung kann man feststellen, daß Win-
ston W. Lo in die Fußstapfen von E.A. Kracke Jr. und
seiner wegbereitenden Studie Civil Service in Early Sung
China 960-1067, Cambridge, Mass. 1953, getreten ist.
Einzig die Arbeit von Umehara Kaoru, Södai kanryö
seido kenkyü (und in ihr besonders die Kap. 3, 4 und 5)
ist in gewisser Weise mit der Studie von Winston W. Lo
vergleichbar. Allerdings liegen in der Arbeit von Umeha-
ra die Schwerpunkte innerhalb der Kapitel anders. Wor-
um geht es nun in den Kapiteln 4, 5 und 6? Der Autor
macht klar, daß es auch noch in der Song-Zeit, vor allem
in der Nördlichen Song-Zeit, zwei verschiedene Systeme
von Rängen in der Bürokratie gab, die beide historische
210
Buchbesprechungen Ostasien
Vorläufer hatten. Das eine System nennt der Autor das
functional rank System. Bei diesem war der Rang fest mit
der Position, (dem job assignment oder der Commission),
die sein Inhaber hatte, zum Beispiel mit der Position
eines Kreisrats, eines Bezirksrats etc., verbunden. Das
andere System, das personal rank System, war hauptsäch-
lich zwischen der Han- und Tang-Zeit im aristokratischen
Beamtentum von Bedeutung, lebte aber noch - als »ari-
stokratisches Relikt« das auch praktischen Nutzen
besaß, bis weit in die Song-Zeit weiter. Am personal
rank, der dem functional rank keineswegs entsprechen
mußte, orientierte sich das Gehalt des Beamten. Das
Gehalt war jedoch wiederum meistens nur ein Teil der
gesamten Einkünfte. Desweiteren geht der Autor im
Abschnitt »The Personal Rank Concept in Historical
Perspective« auf die jiupin, die nine numerical grades ein,
das bekannteste aller dieser Beamteneinteilungssysteme,
das von der Zeit der Drei Reiche bis zum Ende des
Kaiserreichs in Gebrauch war. Detailliert beschäftigt sich
der Autor mit der Bedeutung des Senioritätsprinzips im
Beamtentum, der Bewertung und Erreichung von Senio-
rität; er behandelt ausführlich die Frage und das Problem
der Leistungsbewertung für die Beförderung und vor
allem die Voraussetzungen für den Karrieresprung aus
der Exekutive in die höhere Administration. Er erklärt
den Mechanismus der chinesischen Personalpolitik im
»öffentlichen Dienst« und die zur Verfügung stehenden
Kontrollmechanismen. Es gelingt ihm, ein positives Bild
von der Leistungsfähigkeit des song-zeitlichen civil Servi-
ce zu entwerfen, das durchaus glaubwürdig und nachvoll-
ziehbar ist. Er stellt fest (S. 143): »In the highly bureau-
cratized milieu of the Chinese civil Service, a few indivi-
duals might rise to the top of the hierarchy on account of
favoritism; for the vast majority of the officials, however,
their careers were governed by the bureaucratically sanc-
tioned norms.« Man kann dem Autor uneingeschränkt
bestätigen, daß er mit diesen drei Kapiteln in entschei-
dendem Maß zur Klärung von Wesen, Aufbau, Verfah-
rensweise und Wirkung des Beamtentums im civil Service
beigetragen und damit unser Wissen und Verständnis der
Rationalität des civil Service in der Song-Zeit wesentlich
vertieft und erweitert hat.
Obgleich es im Glossary (S. 277-281) bei den Umschrif-
ten von Druckfehlern nur so wimmelt, möchte ich das
Buch jedem Sinologen und jedem an Ostasien interes-
sierten Historiker empfehlen. Dieses Buch muß als ein
Standardwerk zu diesem Thema betrachtet werden. Des-
wegen kann man es bereits jetzt als Pflichtlektüre be-
zeichnen.
Dieter Kuhn
Mann, Susan;
Local Merchants and the Chinese Bureau-
cracy, 1750-1950. Stanford: Stanford Uni-
versity Press, 1987. xii, 278 S.
Nachdem 1984 das Buch The Magistrate's Tale: Rational-
izing Fiscal Reform in Eighteenth Century Ch’ing China,
eine der wichtigsten Untersuchungen der 80er Jahre zur
Wirtschafts- und Steuergeschichte von Madeleine Zehn
erschienen ist, hat nun Susan Mann, Professorin für
Geschichte an der University of California in Santa Cruz,
einen weiteren wichtigen Beitrag in diesem Bereich der
historischen Forschung, der zeitlich bis in die Volksrepu-
blik China reicht, veröffentlicht. Ihre Publikation wurde
lebhaft und positiv aufgenommen. Dies kann aus den
Buchbesprechungen von Peter C. Perdue im Journal of
Asian Studies 47: 1 (1988), S. 125-126 und Madeleine
Zehn 48: 1 (1988), S. 281-284 ersehen werden.
Der große Rahmen, in den das Thema des Buches ge-
hört, ist der alte Konflikt zwischen der praktischen und
theoretischen Behandlung des Handels und der Händler
einerseits und den eigentlich handelsfeindlichen, an kon-
fuzianischen Vorstellungen ausgerichteten, bürokratisch
organisierten Beamten-Gelehrten, die den Staat und die
Regierung vertraten, andererseits. Ihre Werteskala be-
tonte die Bedeutung der Landwirtschaft und tolerierte
den Handel nur, weil man ihn brauchte. Man betrachtete
ihn als ein notwendiges Übel. »Commercialization im-
proved standards of living but also threatened existing
social hierarchies« (S. 94).
Wie nun konnte der Handel gelenkt und vor allem, wie
konnte er kontrolliert werden? Wie reagierte die Regie-
rung auf die dynamische Expansion des Handels im 18.
und besonders im 19. Jahrhundert und wie versuchte sie
aus dieser wirtschaftlichen Expansion selbst Profit zu
schlagen? Welche Schritte unternahmen Händler und
Kaufleute im Gegenzug, um ihre finanziellen Interessen
vor Staatseingriffen zu schützen? Von diesen Themen
handelt das Buch, das aus zehn Kapiteln besteht, wobei
das erste Kapitel die Einführung zum Thema bildet.
Thematisch gehören die Kapitel 2 »Liturgical Govern-
ance and the Merchant Class« und Kapitel 3 »Regulation
and Revenue: High Qing Policy and Historical Preced-
ent« zusammen. Einen weiteren Schwerpunkt bilden das
Kapitel 4 »The State and Local Markets in Eighteenth-
Century Shandong« und das Kapitel 5 »Liturgical Lea-
dership and Market Town Development in the Jinan
Region«. Das Kapitel 6 »The Lijin Tax: Ideology and
Organization« und das Kapitel 7 »Lijin Taxes and the
Merchant Response« sind dieser besonderen Warensteu-
er gewidmet. Kapitel 8 »Tax-Farming and State-Building:
The Late Oing and Early Republic« und Kapitel 9 »Bro-
kerage Tax Reform and Tax-Farming at the Local Level«
behandeln die Änderungen im Handels- und Warensteu-
erwesen im 20. Jahrhundert. Im Kapitel 10 »Epilogue:
Commercial Taxation in the People’s Republic of China«
geht die Autorin auf das Fortwirken dieser alten Steuer-
traditionen in der Volksrepublik China ein.
Obgleich dieses Buch also von mehreren steuerpoliti-
schen Konzepten, ihren theoretischen Vorstellungen und
ihren praktischen Durchführungen und auch von ihren
Entwicklungen handelt, beschränkt sich die Autorin in
ihrer Untersuchung vernünftigerweise auf einen Bereich
innerhalb des Handels und der Steuern, den sie umfas-
send und detailliert abhandelt; die Erhebung und Ein-
treibung der Steuern auf lokalen Märkten und die Aus-
wirkungen dieser Praxis.
In der von ihr aufgezeigten historischen Entwicklung der
Steuereintreibung wird deutlich, daß die verschiedenen
sozialen Gruppen und auch die lokale Elite versuchten,
ihre Privilegien zu wahren und zu erweitern. Die einzel-
nen Gruppen wie Händler und Kaufleute, die Gilden, die
211
TRIBUS 38, 1989
lokalen Agenten (»broker«) oder die lokalen, direkt oder
indirekt an den Märkten und den Geschäften beteiligten
Beamten-Gelehrten und ihre Familien waren dabei dem
Staat und seinen Organen gegenüber keineswegs ohn-
mächtig und machtlos. Dies entspricht der Aussage
(S. 21): »Degrees and official rank conveyed prestige,
but power belonged to people with money.« Ganz zwei-
fellos spielten die Handelssteuern bis weit ins 19. Jahr-
hundert hinein nur eine untergeordnete Rolle in den
gesamten Steuereinnahmen des Staates. Ihre vordringli-
che Aufgabe war die Regulierung und die Kontrolle des
Handels. Da die Beamten die Aufgabe der Überwachung
des Handels und der Eintreibung der Handelssteuern auf
den Märkten nicht übernehmen konnten, erhielten
Händler oder Kaufleute und ihre Organisationen schon
früh die entsprechenden Rechte. Sie erfüllten einen »öf-
fentlichen Dienst« für den Staat, der im Lauf der Ge-
schichte auf verschiedene Weise ausgeführt wurde. Das
nennt die Autorin in Anlehnung an Max Weber liturgical
governance (S. 12). Ob dieser Ausdruck in diesem Zu-
sammenhang sehr glücklich gewählt ist, sei dahingestellt.
Die Idee der liturgical governance durchzieht die gesamte
Untersuchung wie ein roter Faden.
Die beiden Kapitel 3 und 4 bilden einen ersten Höhe-
punkt in der Studie von Susan Mann. Sie untersucht
darin die Situation im westlichen Shandong und legt dann
überzeugend die Funktion, den Vorteil und die Entste-
hung von handelssteuerfreien Märkten (tax-free markets)
dar. Diese Märkte waren natürlich nur deswegen steuer-
frei, weil eine finanziell potente Familie die Steuerver-
pflichtung gegenüber dem Staat für die Gemeinschaft
übernahm. Die Stelen, auf denen diese Wohltat für die
Gemeinschaft schriftlich festgehalten wurde, überdauer-
ten oft mehrere Jahrhunderte. Die Familie Li dient ihr
als Beispiel für diesen Typus der Schaffung von benevo-
lent markets (yiji). Anhand der Genealogie der Familie
Li in Zhoucun zeigt sie, wie sich bei einer Beamtenfami-
lie über viele Generationen öffentliche Ämter, großer
Landbesitz, finanzielle Interessen in Handel und Manu-
faktur mit solchen Verpflichtungen vorteilhaft verbinden
ließen. Sie setzt sich dabei besonders mit der Untersu-
chung von Hou Renzhi, Lishi dilixue de lilun yu shijian
(Theorie und Praxis der historischen Geographie),
Shanghai 1979, auseinander, der als marxistischer Histo-
riker materielle Gründe für den vergleichsweise plötzli-
chen wirtschaftlichen Aufschwung von Zhoucun anführt.
Dadurch wird das Engagement eines Initiators eines
solchen steuerfreien Marktes, die »uneigennützige Ei-
geninitiative«, nicht wesentlich geschmälert, aber doch
relativiert. Diese Kapitel bilden somit nicht nur einen
Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte, sondern sie beleuch-
ten auch die Verflechtung von gentry Familien in Han-
dels- und Finanzgeschäften, und wie Susan Mann richtig
bemerkt (S. 93) »... and all under the cloak of Confucian
benevolence.« Offizielles Ansehen in der Gesellschaft -
gesichert durch Titel und Ränge - ließ sich mit Geld noch
wirksamer zu Macht und Einfluß ausbauen. Und die
chinesischen Quellen, vor allem die Lokalmonographien,
dokumentieren durch die in ihnen überlieferten Texte
über solche Vorgänge Macht und Einfluß solcher Fami-
lien, denn ihre Kritiker und Rivalen kamen darin nicht zu
Wort.
Wie Madeleine Zehn und Peter C. Perdue bereits festge-
stellt haben, liegt der Wendepunkt in der Beziehung
zwischen lokalen Händlern und dem Staat in der Mitte
des 19. Jahrhunderts, als die /¿/¿«-Steuer eingeführt wur-
de. Sie sollte die Qing-Regierung mit höheren Steuerein-
nahmen versorgen, die durch die Landbesteuerung nicht
zu erzielen waren. In gewisser Weise war sie der Weisheit
letzter Schluß. Denn die militärischen Ausgaben waren
in bis dahin ungekannte Höhen gestiegen, der dynastie-
bedrohende Töfping-Aufstand (1850-1864) mußte nie-
dergeschlagen werden, die Auseinandersetzungen mit
den westlichen Kolonialmächten und die Öffnung von
Vertragshäfen verschlangen Unsummen. Diese lijin-
Steuer erfüllte - aus heutiger Sicht gesehen - diesen
Zweck aber nur unzureichend, denn sie brachte das
fragile Gleichgewicht zwischen Staatsinteressen, Provinz-
interessen und lokalen Handelsinteressen ins Wanken.
Madeleine Zehn betont (S. 282): »The reason Mann
finds lijin so compelling is less for its contribution to late
Oing revenue than for what its implementation teils us
about the relationship between state and merchant in
modern China.« Peter C. Perdue hebt einen anderen
Punkt hervor (S. 125); »Although the lijin tax was small,
the vast collection network that spread over major trade
routes became a valuable source of revenue.« Susan
Mann geht auf diese Steuer und die ideologische Ausein-
andersetzung um sie ausführlich ein. Sie beschreibt das
System der Steuererhebung und der Organisation, wobei
sie sich auf das Werk von Luo Yudong, Zhongguo lijin shi
(Geschichte der lijin-Steuer in China), Shanghai 1936,
stützt. Desweiteren beschreibt sie die verschiedenen An-
sichten zu dieser Steuer, den Protest, den sie hervorrief,
und vor allem auch den rechtlichen Wildwuchs, der mit
dem Ziel von Stellenbeschaffung an den ///¿«-Posten und
-Ämtern und persönlicher Bereicherung überall inner-
halb kürzester Zeit zu wuchern begann. Die von der
Autorin angeführten Beispiele der Reaktion von Kauf-
leuten im Kreis Xinhui und Jiangmen in Guangdong auf
diese Steuer sind gründlich recherchiert und gut darge-
stellt. Dem Leser wird auch durch die vielen lebendigen
Übersetzungen aus den chinesischen Quellen sofort klar,
wie weit sich die ursprüngliche Idee von dieser geringen
und einfach zu kassierenden Steuer und ihrer - nur
theoretisch - geringen Belastung für die Kaufleute von
der Wirklichkeit des damaligen Alltags innerhalb kürze-
ster Zeit entfernt hat. Die lijin-Steuer wurde in vielen
wirtschaftlich starken Regionen, vor allem in Jiangsu,
zwischen Suzhou und Shanghai und in der Provinz
Guangdong zu einer wahren Geißel des wirtschaftlichen
Lebens. Obgleich diese Steuer eine große Last für die
Kaufleute und letztendlich für das ganze Volk war, er-
brachte sie selbst im Jahr 1908 nur 13,6% der staatlichen
Steuereinnahmen. Die Art der Steuererhebung und der
Weiterleitung der Einnahmen läßt schon den Schluß zu,
daß ein großer Teil des Geldes, der als lijin-Steuer kas-
siert wurde, nicht der öffentlichen Hand zugeführt wur-
de, sondern durch Korruption, Betrug, Bereicherung
oder sonstwie verschwand. Darüber hinaus wurde das
Geld auch nicht in der Weise verwendet, wie dies ur-
sprünglich geplant war und wie sich dies die Steuerzahler
vorgestellt hatten. Es kamen also eine Reihe von Grün-
den zusammen, weswegen die Reformer dafür eintraten,
diese Steuer abzuschaffen. Um Susan Mann zu zitieren
(S. 146): «Lijin taxes drained the pond where the fish of
212
Buchbesprechungen Ostasien
China’s future wealth and power were swimming.« Es
sollte allerdings noch bis 1931 dauern, bevor die lijin-
Steuer durch das Gesetz abgeschafft und durch die »Ge-
schäftssteuer« (yingye shui) auf Handelsgewinne ersetzt
wurde. Bis dahin wurden verschiedene Wege mit unter-
schiedlichem Erfolg erprobt. Die Handelskammern, de-
ren erste in Shanghai im Jahr 1902 gegründet wurde,
gewannen schnell Einfluß und Macht. Sie spielten ebenso
eine Rolle wie politische Vorstellungen in der noch jun-
gen Republik.
Aus den Ausführungen von Susan Mann wird deutlich,
wie zerrissen die Wirtschafts- und Steuerpolitik am An-
fang unseres Jahrhunderts in China war. Einerseits be-
stand der wirtschaftliche Zwang, das gesamte Steuerer-
hebungssystem zu modernisieren, andererseits mochte
keine Provinz, kein Bezirk und kein Kreis die durch
traditionelle Erfahrung gesicherten Einkünfte aufs Spiel
setzen. Ich betrachte nachstehende Aussage im Unterka-
pitel »Merchant Tax-Farming (»The Responsibility«) in
the Late Ging« als den Schlüssel zum Verständnis der
Schwierigkeiten (S. 160): »Despite the pressures to re-
place the lijin altogether with a modern business tax,
contemporary observers continued to emphasize the fact
that China could not impose »foreign« systems of tax
collecting on communities without a customary preced-
ent for them. In their own society, where local guilds and
occupational associations had a long tradition of shared
responsibility for collecting contributions and performing
members’ services in behalf of the state, the tax responsi-
bility system raised money for modern administrative
needs by drawing on the strength of traditional local
custom.«
Obgleich die liturgical governance in der Volksrepublik
China keine Fortsetzung fand, sondern durch Verstaatli-
chung und Kollektivierung abgelöst wurde, meint Susan
Mann, daß es in jüngster Zeit - seit den wirtschaftlichen
Reformen - Zeichen gäbe, die auf eine Wiederkehr
solcher Formen schließen lassen würden. Sie scheint
davon auszugehen, wie auch Madeleine Zehn festgestellt
hat, daß die grundlegenden Strukturen der chinesischen
Wirtschaft auch nach vierzig Jahren Volksrepublik China
nahezu unverändert geblieben sind. Die Entwicklung in
der Zukunft wird darüber Auskunft geben, ob Susan
Manns These mit der Praxis übereinstimmt.
Ich halte das Buch von Susan Mann nicht nur für eine
wichtige und solide Veröffentlichung auf dem Gebiet der
Wirtschaftsgeschichte Chinas, sondern ich schätze auch
den methodisch frischen und ideenreichen Ansatz. Es
wäre zu wünschen, daß ihre schwungvoll und engagiert
verfaßte Studie ein weites Echo findet.
Dieter Kuhn
Pirazzoli-tSerstevens, Michele (Hrsg.):
Le Yuanmingyuan. Jeux d’eau et palais eur-
opéens du XVIIIe siècle à la Cour de Chine.
Paris; Editions Recherche sur les Civilisa-
tions, 1987. 36 Seiten mit zahlreichen
Grundrissen, SW-Abb. und 5 Farb-Abb.
Der Yuanmingyuan, »Garten der Vollkommenen Klar-
heit«, der alte kaiserliche Sommerpalast - im Unter-
schied zu dem an seiner Statt von der Kaiserin-Witwe
Cixi 1888 ausgebauten neuen Sommerpalast Yiheyuan -
wurde bekannt gleichsam erst im Schein der Flammen,
die ihn zerstörten, um danach in die Obskurität eines
Ruinenfeldes zu sinken und Legende zu werden.
Ursprünglich nur einer von drei, seit 1690 nach und nach
entstandenen Palast-Gärten, war der Yuanmingyuan zum
Synonym der gesamten großartigen Sommerresidenz der
Mandschu-Kaiser im Nordwesten Pekings geworden; ei-
ner ganz im chinesischen Stil künstlich angelegten - und
damit die Natur vervollkommnenden - Landschaft mit
Seen, Inseln und Hügeln, Felsgruppen und Wasserfällen,
zwischen die gestreut Pavillons und Landsitze, Tempel
und Schatzhäuser, Bibliotheken und Theater lagen. Nur
wenige zeitgenössische Quellen existieren, die einen Ein-
druck von der Pracht dieser Parks geben können: einige
Ansichten aus den Händen chinesischer Hofmaler, einige
spätere Gravuren, und die 1749 in Paris veröffentlichten
ausführlichen Beschreibungen des Jesuitenpaters Attiret.
Doch der Yuanmingyuan bestand nicht nur aus Gärten »ä
la Chinoise«. Der Oianlong-Kaiser hatte, beeindruckt
von Darstellungen europäischer Wasserspiele, die an sei-
nem Hofe lebenden Jesuiten mit der Konstruktion eben-
solcher Fontänen beauftragt. Daraus gingen unter der
Leitung der Patres Benoist und Castiglione in den Jahren
1747-1759 die europäischen Palais und Wasserspiele in
der Nordost-Ecke des Yuanmingyuan hervor. Als einzig-
artiges Experiment einer Verbindung europäischer und
chinesischer Architektur überdauerten diese barocken
Bauten jedoch nur ein Jahrhundert. Ihre Ruinen sind
heute die letzten Zeugen des einstigen Glanzes des alten
Sommerpalastes.
Im Oktober 1860 plünderte ein französisch-britisches
Expeditionskorps den Yuanmingyuan, nachdem europäi-
sche Gefangene der Chinesen gefoltert und getötet wor-
den waren; und der englische Oberbefehlshaber Lord
Eigin befahl schließlich, als Vergeltung für diese Hinter-
list der chinesischen Unterhändler und um die kaiserliche
Regierung zur Ratifizierung des Vertrags von Tientsin zu
zwingen, den Yuanmingyuan in Brand zu setzen. Darin
eben lag die Hauptquelle des Konflikts zwischen Europä-
ern und Chinesen im 19. Jahrhundert, daß die Chinesen,
hochmütig und verächtlich für alles Fremde, die Europä-
er nur als unverschämte Barbaren ansehen wollten, al-
lenfalls als Angehörige eigentlich tributpflichtiger Stäm-
me, denen gleichrangige Behandlung nicht zukam und
mit denen Verträge irrelevant, höchstens ein Gnadenbe-
weis waren; während die Europäer, nicht weniger stolz
und zudem eingedenk ihrer aufklärerischen Mission und
der Segnungen des Handels wie des Völkerrechts, darin
einen Affront sehen mußten und, in ihren Vertragswün-
schen ständig frustriert, zuletzt glaubten, die Verhand-
lungen nur noch mit der Drohung durch die Bajonette zu
einem Ende bringen zu können. So waren der Yuanming-
yuan und seine Zerstörung, trotz allem ein barbarischer
Akt, geradezu Symbol für das schwierige Aufeinander-
treffen beider Zivilisationen, das immer zwischen Assi-
milation und Konfrontation pendelte.
1983 wurde auf chinesischen Vorschlag ein Kooperations-
projekt ins Leben gerufen, in dem französische Wissen-
schaftler mit Studien über die europäischen Bauten zur
213
TRIBUS 38, 1989
Erforschung, Erhaltung und schließlich Rekonstruktion
des Yuanmingyuan beitragen sollten. Angesichts der
sonst überaus großen Zurückhaltung der Chinesen, mit
Europäern auf dem Gebiet der Geistes- und Geschichts-
wissenschaften zusammenzuarbeiten, fand dieses Projekt
sofort die Unterstützung des französischen Außenmi-
nisteriums. Die vorliegende Studie der Mission Palais
d'Eté - einer Gruppe von Kunsthistorikern, Spezialisten
für barocke und chinesische Kunst, Architektur und
Landschaftsgestaltung unter der Leitung der Sinologin
Michèle Pirazzoli-t’Serstevens - stellt den ausschließlich
französischen Beitrag vor: in fünf einzelnen Artikeln
wird ein Überblick über die Entstehungsgeschichte der
europäischen Bauten gegeben, die chinesische Forschung
dazu sowie die Dokumentationslage überhaupt skizziert,
die kunsthistorische Einordnung diskutiert und schließ-
lich die Anlage der Garten- und Bau-Elemente im Detail
rekonstruiert. Damit ist jedoch erst der gegenwärtige
Forschungsstand umrissen; die endgültige Evaluation des
Baustils, Analysen der Techniken und die Auswertung
aller schriftlichen und Bildquellen warten noch auf ihre
Bearbeitung. Für 1994 ist in Paris eine Ausstellung über
die Arbeit der Mission geplant.
Eines der interessantesten Resultate ist zweifellos die
Widerlegung des alten Verdikts, bei dem Stil der europäi-
schen Palais handele es sich nur um »pseudo Louis-
Ouinze«, um ein dekadentes, »bedauerliches Gemisch
italienischer, gothischer und chinesischer Elemente« -
einer bis in unser Jahrhundert vorherrschenden Mei-
nung, wenn die Palais überhaupt einer Erwähnung für
wert befunden wurden. Die Autoren zeigen, daß mit
dem ästhetischen Kompromiß, chinesische Struktur- und
Konstruktionsformen mit einer in abendländischer Tradi-
tion entworfenen und dekorierten Architektur zu verbin-
den, in Wirklichkeit ein originärer sino-barocker Stil
enstand, der ebensoviel neu erfand, wie er übernahm
und integrierte. Die einzigen exakten Anhaltspunkte für
das Aussehen der Palais existieren übrigens nur in einer
kleinen Zahl photographischer Aufnahmen, die seit 1870
von den Ruinen gemacht wurden; denn nach 1920 hatte
die lokale Bevölkerung die bis dahin noch weitgehend
erhaltenen Fassaden fast völlig abgetragen - heute kann
man in älteren Gemäuern des Pekinger Bezirks Haidian
oft noch verbaute Teile der europäischen Fassaden
finden.
Die Palais waren indes nicht als habitable Räume konzi-
piert; ihr Zweck war eher ornamental, ein Divertimento
im Gesamtbild der Gärten. So stellt sich der Plan der
Palais, Gärten und Wasserspiele insgesamt dar als eine
Integration der perspektivischen Prinzipien und des Re-
gelmaßes des Barocks mit dem Bestreben der chinesi-
schen Landschaftsgärtnerei, einen Kosmos im Kleinen zu
schaffen, ein inspiriertes Modell der Natur, das der Ima-
gination Raum gibt. Das Ergebnis war eine Folge kontra-
stierender Eindrücke, so als entfaltete sich eine chinesi-
sche Bilderrolle.
In der chinesischen Forschung zum Yuanmingyuan hin-
gegen findet sich außer summarischen Beschreibungen
wenig über seinen »exotischen« Teil, wie einer der Arti-
kel darlegt. Das barocke Experiment war zur Zeit seiner
Erbauung schon keineswegs allgemein goutiert worden,
und es scheint, als sei die moderne chinesische Einstel-
lung dazu nicht weniger ambivalent. Das große Interesse,
in dem 1983 in Peking ein Komitee zur Restaurierung des
Yuanmingyuan in Form eines Parc-Mémorial gegründet
wurde, nahm sich mehr als Evokation der vergangenen
nationalen Größe aus; das Forschungsinteresse, zumal an
europäischen Kunsteinflüssen, blieb sekundär. (Und de
facto entwickelt sich der Wiederaufbau des Yuanming-
yuan weniger zu einer getreuen Rekonstruktion als zu
einem Disney-Land für Touristen, wie es der Rezensent
dort in den letzten Jahren beobachtete.)
Die Auswertung der Qing-Archive, wie überhaupt der
gesamte Forschungsteil der chinesischen Seite, steht
noch aus und dürfte in Verbindung mit der französischen
Arbeit ein nicht nur kunsthistorisch, sondern vor allem
auch wissenschaftstheoretisch interessantes Ergebnis die-
ser Zusammenarbeit erwarten lassen.
Zuletzt sei noch ein Wort zur Präsentation der Studie
gesagt. Die zahlreichen Reproduktionen alter Gravuren
und Photographien, die Pläne und Rekonstruktions-
zeichnungen vermitteln zusammen mit guten Texten ein
ausgezeichnetes Bild der Palais und Gärten. Eine kriti-
sche Anmerkung verdienen allein die chinesischen Über-
setzungen der einzelnen Artikel; hier finden sich einige
Mißverständnisse gegenüber dem französischen Original,
die offenbar aus recht sino-zentrischer Auffassung und
Sichtweise der chinesischen Übersetzer entstanden sind.
W. Andreas Mixius
Weinstein, Stanley:
Buddhism under the T’ang. (Cambridge Stu-
dies in Chinese History, Literature and Insti-
tutions). Cambridge: Cambridge University
Press, 1987. XIII, 236 S.
1901 erschien von J.J.M. de Groot »Sectarianism and
Religious Persecution in China. A Page in the History of
Religions«, eine Apologie der christlichen Missionstätig-
keit in China. Mit dieser Arbeit wollte de Groot religiöse
Intoleranz als Merkmal der chinesischen Geschichte her-
ausarbeiten und die Annahme religiöser Toleranz als
Hirngespinst in den Köpfen von Sinologen und anderen
Menschen entlarven (S. 3): »A chimera has to be ban-
ished from our minds and to make room for the convic-
tion that we approach a great deal nearer the truth by
admitting the Chinese State to be the most intolerant, the
most persecuting of all earthly governments; a State
which on account of certain ancient dogmatic principles
in the system of political philosophy whereon it is based,
could not consistently do otherwise than brandish fire
and sword in the face of every religious community or
sect which, since the days of Confucius, has ventured to
make its appearance in China; (...).«
Einen entgegengesetzten Standpunkt vertrat Berthold
Läufer in seiner Rezension dieses Werkes (in Globus 86.
1904, S. 219-220), in der er u.a. zu den religiösen Ver-
folgungen der T’ang-Zeit bemerkte: »Bewegungen gegen
fremde Religionen waren in China niemals von reinem
Religionshaß diktiert worden, sondern hatten, wie fast
überall, ihren Grund in politischen und wirtschaftlichen
Fragen. Das kolossale Anwachsen der buddhistischen
Buchbesprechungen Ostasien
Klerisei und die Vereinigung von Volksvermögen in der
toten Hand der Kirche bildete für China unzweifelhaft
eine große Gefahr, der die Kaiser mit Recht von Zeit zu
Zeit zu steuern suchten. De Groot aber sieht auch in der
Verfolgung und Bestrafung übler und staatsgefährlicher
Vertreter der Religion einen Angriff auf diese selbst, in
jenen alles Gute und in den Akten der von dem Recht
der Notwehr Gebrauch machenden Regierung alles Häß-
liche und Schwarze.«
Merkwürdigerweise erwähnt Weinstein das Werk von de
Groot nicht, obwohl de Groot auf den S. 36-70 wohl als
erster die wichtigsten Eingaben und Edikte der Tang-
Zeit gegen den Buddhismus in extenso zusammengestellt
hat. Dennoch schließt sich der Kreis auf andere Weise.
Das vorliegende Buch ist aus einem Kapitel für den
(noch nicht erschienenen) zweiten Band über die Sui und
Tang-Dynastien der Cambridge History of China her-
vorgegangen. Dies bedeutete für den Autor die Notwen-
digkeit einer thematischen Eingrenzung, und er wählte,
obwohl Buddhologe, einen historischen Ansatz und be-
schränkte sich auf die Entwicklung der buddhistischen
Kirchen und ihre Abhängigkeit von den politischen Ent-
scheidungen der Zentralregierung bzw. den religiösen
Neigungen der T’ang-Kaiser. Dadurch ist Weinstein in
der Lage, der historisch sinnfälligen Periodisierung der
T’ang-Zeit zu folgen und sein Buch in zwei fast gleich
lange Abschnitte vor und nach dem An Lu-shan-Auf-
stand bzw. von 618 bis 762 und 762 bis 907 zu unterteilen.
Es ergibt sich etwa folgendes Bild für diese beiden Hälf-
ten: in der ersten Hälfte wurde von den Kaisern eine
gewisse Distanz zum Buddhismus gewahrt. Maßnahmen
zur Kontrolle und ideologischen Einbindung der buddhi-
stischen Schulen und Klöster blieben meist aus politi-
schem Kalkül und mit Rücksicht auf die Popularität, die
der Buddhismus in der Bevölkerung genoß, maßvoll.
Eine Ausnahme bildete lediglich das Interregnum der
Kaiserin Wu Tse-t’ien von 684-705, unter dem der Budd-
hismus eine Hochblüte erlebte. Zwei Gründe waren hier-
für maßgeblich, einmal die Zugehörigkeit der Kaiserin
durch ihre Mutter zum Yang-Clan, der für seine buddhi-
stischen Sympathien bekannt war, zum anderen der Ver-
such, mit Hilfe des Buddhismus die Herrschaft der Kaise-
rin zu legitimieren. (In diesem Zusammenhang ist es ein
wenig verwunderlich, daß Weinstein zwar das Buch von
Antonino Forte, Political Propaganda and Ideology in
China at the End of the Seventh Century, Neapel 1976,
lobend hervorhebt, das Werk von R.W. L. Guisso, Wu
Tse-t’ien and the Politics of Legitimation in Tang China,
Bellingham 1978, jedoch gar nicht erwähnt.)
In der zweiten Hälfte sind die Beziehungen der buddhi-
stischen Kirchen zum Staat weit größeren Schwankungen
unterworfen, die fraglos auch mit der sehr viel labileren
politischen Gesamtsituation Zusammenhängen. Die
Gründe für die Etablierung des Buddhismus auch am
kaiserlichen Hof sind vielfältiger Natur. Alle Strata der
Gesellschaft waren nach dem Aufstand An Lu-shans von
einer essentiellen Krise erfaßt worden. In der Politik
gewann das irrationale Element an Bedeutung, und
Weinstein verweist mehrfach auf den wachsenden Ein-
fluß des magischen Taoismus. Der Buddhismus seiner-
seits machte eine Entintellektualisierung durch. Dies
zeigte sich u. a. in der wachsenden Popularität der Lehre
des Reinen Landes und des tantrischen Buddhismus.
Fast sechzig Jahre spielte der Buddhismus eine fast unan-
gefochtene Rolle am Tang-Hof, um dann unter Wen-
tsung, vor allem aber Wu-tsung einer in diesem Ausmaß
bisher nicht erlebten Verfolgung ausgesetzt zu werden,
von der er sich trotz einer nach 846 intensiven probuddhi-
stischen Politik nicht mehr erholte, da nur wenige Jahr-
zehnte später auch über ihn die xenophobische Rebellion
Huang Ch’aos hereinbrach. Danach gewann der Budd-
hismus seine zeitweilig innegehabte politische und öko-
nomische Stellung nie wieder, wenn auch seine religiöse
und heterodoxe Bedeutung innerhalb der chinesischen
Gesellschaft für die nächsten tausend Jahre nicht unter-
schätzt werden darf.
Die Unterdrückung des Buddhismus unter Wu-tsung in
den Jahren 840-846, die durch die Übersetzung des
Tagebuches des japanischen Mönches Ennin durch Ed-
win O. Reischauer (deutsche Übersetzung 1963) über
den bloßen Kreis der Chinahistoriker hinaus bekannt ist,
diente de Groot als zentrales Beweisstück für die religiö-
se Intoleranz der T’ang-Zeit. Sie diente Läufer als Be-
weis für chinesische Staatsraison, die einen notwendigen
und heilsamen Eingriff in ein der staatlichen Kontrolle
entgleitendes Wirtschaftsimperium vornahm. Es ist das
Dictum Läufers, das sich bis heute in der Sinologie und
darüber hinaus gehalten hat. Paradigmata der chinesi-
schen Kultur sind religiöse Indifferenz und sich daraus
ergebende Toleranz auf der einen Seite und die Akzep-
tanz einer Idee Chinas, die alle anderen Ansätze dieser
unterordnet, auf der anderen.
Die zentralen Äußerungen von Michael T. Dalby zur
Buddhistenverfolgung unter Wu-tsung im ersten, 1979
erschienenen Band über die Sui- und T'ang-Zeit der
Cambridge History of China zeigen ebenfalls in diese
Richtung (S. 667): » The confiscations, laicization proce-
dure and the other positive measures of the mid-840s won
the approval of many officials as being the only way to
prevent the Buddhist church from securing a stranglehold
on the economic affairs of the empire.«
Weder waren nach Dalbys Ansicht der Taoismus des
Kaisers noch der Konfuzianismus der Herrschaftselite
stark genug, als Auslöser für die Buddhistenverfolgung
zu dienen, im Gegenteil (S. 668): »(...), as is obvious
from an examination of the surviving corpus of Tang
prose and poetry, the more elevated forms of philosophi-
cal Buddhist thought and ritual held great attraction for
many among the ruling elite. (...) The caricatur of
Buddhism as a degenerate, alien cult was a purely pole-
mical conceit, and in this case an attempt to justify the
violence of the mid-840s rhetorically.«
Weinstein behandelt diese Frage nicht explizit, aber den-
noch beschwört seine Darstellung des Pogroms von 843
bis 845 (S. 114-136) ein anderes Bild, eine stetig wach-
sende Xenophobie, die Fremde und alles Fremde ein-
schloß. Über den Kaiser sagt er (S. 115): »Already deep-
ly interested in Taoism while still Prince of Ying, Wu-
tsung appears to have conceived a deepseated hatred of
all thing Buddhist that was not simply derived from the
usual political and economic arguments against the
church but reflected in large measure the frustrations of
the growing Taoist clergy - much admired by Wu-tsung -
who had been long overshadowed by the Buddhists.«
Über LiTe-yü, neben dem Kaiser der wichtigste Protago-
nist der Buddhistenverfolgung, heißt es (S. 118) u.a.:
TRIBUS 38, 1989
»When Li was asked to assume a chief ministership, his
hostility toward folk religion and popular Buddhist prac-
tices must have been well known in court circles. In 823,
while civil governor of Che-hsi, he closed down over two
thousand 'heterodox shrines’ and mountain cloisters. The
following year (...) he sent a memorial to the throne
denouncing the practice of private ordinations and war-
ning of the ruinous effects that these were having on the
economy. In 826 he sent still another letter to the throne
calling for the suppression of the ’crafty Buddhist monks’
of Po-chou whom he accused of swindling the common
people through the sale of miraculous type of water that
was supposed to cure all illnesses.«
Auf dem Höhepunkt der Verfolgung Ende 845 wurden
4600 Klöster aufgehoben, 260500 Mönche und Nonnen
laisiert, 40000 Kapellen und Einsiedeleien zerstört, »vie-
le Millionen« ch'ing Klosterland enteignet und 150000
Klostersklaven in die Steuerregister aufgenommen. Die
Kontrolle über die theoretisch verbleibenden 800 Mön-
che wurde dem Amt für die Betreuung ausländischer
Tributgesandtschaften übertragen, um den ausländischen
Charakter der buddhistischen Kirche zu betonen
(S. 134).
Zwei weitere Aspekte der Verfolgung - neben dem eben
genannten - scheinen die Vermutung zu bestätigen, daß
neben fraglos vorliegenden ökonomischen Gründen (wa-
ren diese nur der Vorwand?) - nicht nur wurden dem
Staat durch den Klosterbesitz steuerliche Einkünfte ent-
zogen, sondern die Klöster spielten auch im privaten
Wirtschaftsleben eine dominante Rolle - auch religiöse,
ideologische und nicht zuletzt psychologische Momente
von Bedeutung waren: die rücksichtslose Verfolgung von
buddhistischen Mönchen auch außerhalb des tatsächli-
chen Herrschaftsbereichs der Zentralregierung und die
Maßnahmen gegen andere in fast jeder Hinsicht unbe-
deutendere nichtchinesische Glaubensgemeinschaften.
843, noch vor Beginn der großen Buddhistenverfolgung,
wurde der Manichäismus energisch unterdrückt. Hierbei
spielte seine Identifizierung mit den Uiguren gewiß eine
Rolle, die bis zu ihrer vernichtenden Niederlage in die-
sem Jahr über großen Einfluß in China verfügten, doch
ist auch bezeichnend, daß die verurteilten Manichäer vor
ihrer Hinrichtung gezwungen wurden, sich nach dem
Vorbild buddhistischer Mönche den Kopf zu scheren und
buddhistische Mönchsgewänder anzulegen (S. 121, s.
auch Samuel N. C. Lieu, Manicheism in the Later Roman
Empire and Medieval China. A Historical Survey, Man-
chester 1985, S. 189-198). 845 traf die Verfolgung auch
Nestorianer und Zoroastrier.
Insgesamt kommt die Darstellung Weinsteins der Ge-
schichte der buddhistischen Kirche in Tang-China auf
leisen Sohlen einher, und sie wirkt in ihrer schlichten
chronologischen Darstellung sehr konventionell. Durch
seine fast ausschließliche Konzentration auf das Verhält-
nis der Kaiser zum Buddhismus jedoch erhält seine Art
der Darstellung die Qualität einer intellektuellen Ausein-
andersetzung zwischen zwei unterschiedlichen Herr-
schaftsvorstellungen, auf der einen Seite der dynastische
chinesisch begründete und pragmatisch vertretene Legiti-
mitäts- und Herrschaftsanspruch, auf der anderen der
Versuch der buddhistischen Kirche, sich als »Beschütze-
rin des Staates« zu etablieren. In der zweiten Hälfte der
Tang-Zeit gelang es der buddhistischen Kirche zeitweilig
ihren Anspruch durchzusetzen, nach den Pogromen der
vierziger Jahre des 9. Jhs. jedoch schied sie aus dem
Kampf um die entscheidende Herrschaftsposition aus.
Auf den Rezensenten wirkt die Argumentation des Au-
tors, die nicht nur die gleichen Quellen anders interpre-
tiert als viele seiner Vorgänger, sondern die Ereignisse
unter Wu-tsung in die Entwicklung des Verhältnisses
Staat und buddhistische Kirche während der Tang-Zeit
einordnet, sehr überzeugend, wobei aber die Frage of-
fenbleibt, ob eine so eindeutige Polarisierung wie sie bei
Weinstein vorgenommen wird, zulässig ist. War die Stel-
lung der Tang-Kaiser tatsächlich und in jedem Falle eine
solche, daß sie in so starkem Maße die Politik prägten?
Fast fühlt man sich an den Ausspruch »cuius regio eius
religio« erinnert. Stellte sich die buddhistische Kirche
nach außen wirklich so monolithisch dar, wie es in die-
sem Buch durchgängig den Anschein hat?
Insgesamt jedoch handelt es sich um eine wichtige, un-
auffällig ikonoklastische und die Diskussion anregende
Arbeit, die hoffentlich Anstoß zu einer Neuinterpreta-
tion der Rolle des Buddhismus in Tang-China und mehr
noch des chinesischen religiösen Verständnisses geben
wird und die negativen Beziehungen des Tang-Staates
zur buddhistischen Kirche nicht mehr auf bloße ökono-
mische Ursachen reduziert.
Erling von Mende
Benson, Elizabeth P. and Gillet G. Griffin
(eds.):
Maya Iconography. Princeton (N.J.): Prin-
ceton University Press, 1988. 379 Seiten,
zahlreiche Abbildungen.
Die Zeit der großen, oder besser, der spektakulären
Entdeckungen im Bereich der alt-amerikanischen Kultu-
ren ist vorbei. Von der Fülle des bisher Bekannten ausge-
hend beschäftigt sich die heutige Forschung intensiv mit
Detailfragen. So sind beachtliche Erfolge in der Entziffe-
rung oder Deutung der Maya-Hieroglyphen, der Bilder-
handschriften usw. erreicht worden.
Das vorliegende Werk bringt 12 Beiträge zum Thema
Maya-Ikonographie. Für den Versuch, in die komplizier-
te Vorstellungswelt der Maya einzudringen, gibt es un-
zählige archäologische Hinterlassenschaften mit bildli-
chen Darstellungen an Bauten, auf Stelen, auf Gefäßen
und in den wenigen erhaltenen Bilderhandschriften und
schließlich auch Aufzeichnungen aus der Zeit während
und nach der Eroberung. Quervergleiche zwischen die-
sen Informationen und Vergleiche mit solchen außerhalb
des Mayagebietes, z.B. mit Zentralmexiko sind hilfreich
bei der Interpretation der Darstellungen und lassen in
vielen Bereichen Gemeinsamkeiten der mesoamerikani-
schen Kulturen erkennen.
Lee A. Parsons: »Proto-Maya Aspects of Miraflores-
Arenal Monumental Stone Sculpture from Kaminaljuyu
and the Southern Pacific Coast«. Der Beitrag ist die
Zusammenfassung einer früher im TRIBUS 36/1987 be-
sprochenen Monographie. Parsons ordnet auf Grund
stilistischer Vergleiche ein umfangreiches Material aus
Kaminaljuyu und der südlichen Pazifikküste kulturell
216
Buchbesprechungen Amerika
und chronologisch.
David Freidel und Linda Scheie: »Symbol and Power: A
History of the Lowland Maya Cosmogram«. Die Verfas-
ser zeigen in ihrer Untersuchung, daß mit Skulpturen
verzierte Bauwerke, wie z.B. in Uaxactün und Tikal,
ohne Vorläufer im späten Präklassikum im Tiefland
schon weitverbreitet sind. Damit gehen erhebliche Ver-
änderungen in Größe und Anordnung der zentralen Pla-
zas und wohl auch im sozialen Bereich einher.
John S. Justeson, William M. Norman und Norman
Hammond: »The Pomona Flare: A Preclassic Maya Hie-
roglyphic Text«. Der Beitrag beschäftigt sich mit der
inhaltlichen und sprachlichen Deutung der Glyphen ei-
nes ungewöhnlich großen Jade-Ohrschmuckes aus Pomo-
na in Belize. Die Glyphen beinhalten ein vom Sonnen-
gott ausgeübtes Ritual. Er hat die Macht zur Ausübung
dieses Rituals, oder umgekehrt, die Ausübung verleiht
ihm die Macht. Ähnliches gibt es bei vergleichbaren
Riten spätklassischer Mayaherrscher zum Jahreswechsel,
die für sie Verpflichtung oder existentielle Notwendigkeit
waren (verschiedene Eintels in Yaxchüän). Diese In-
schrift ist der älteste bekannte hieroglyphische Beleg für
die Sanktionierung weltlicher Aktivitäten der Maya-Elite
des Tieflandes durch die Ausübung eines geheiligten
Rituals.
Nicholas M. Hellmuth: »Early Maya Iconography on an
Incised Cylindrical Tripod«. Hellmuth analysiert die ein-
geritzte Szenenfolge auf einem schwarzen Dreifußgefäß,
einer wahrscheinlich aus dem Peten stammenden Grab-
beigabe des frühen Klassikums (Tzacol 2/3). Vergleiche
mit anderen, ähnlichen Darstellungen zeigen die Vorstel-
lungen der Maya des Peten vom Leben nach dem Tode.
Einzelheiten dieser mythisch verbrämten Bildfolge lassen
ihr präklassisches Erbe von Izapa oder Kaminaljuyü
erkennen.
David Stuart: »Blood Symbolism in Maya Iconography«.
In diesem Beitrag werden Sinn und Bedeutung der häufig
dargestellten Selbstkasteiung in der Mayakunst behan-
delt. Auf historische Inhalte der Darstellungen hat erst-
mals Tatiana Proskouriakoff hingewiesen. Wie Tatau-
ierungen wirkende Punktreihen und Schnörkel deutet
der Verfasser auch als Spuren blutiger Selbstkasteiungen.
sie erscheinen auch als Affixe an Hieroglyphen. Die
Texte verweisen auf ein Jahres- oder Perioden-Endritual.
Das mehrfach oberhalb der jeweiligen Hauptfigur abge-
bildete Figurenpaar - ein Thema, das schon auf Stele 2
von La Venta verkommt - wird mit mythischen Vorfah-
ren in Verbindung gebracht. Die Symbolik Blutlassen-
Vorfahren in einem kosmischen Bezug sieht der Verfas-
ser als beherrschendes Motiv des größten Teiles der der
Allgemeinheit zugänglich gewesenen Mayakunst bis zum
Ende des Klassikums.
Michael D. Coe: »Ideology of the Maya Tomb«. Coe
geht in seiner Arbeit auf die Grabstätten der Maya ein.
von denen nur wenige professionell ausgegraben worden
sind. Alberto Ruz, der Entdecker des Grabes im Tempel
der Inschriften in Palenque, hat stets die Annahme ver-
worfen, daß Pyramiden und Tempel Bestandteile des
Totenkultes seien. Coe tritt für die gegenteilige Meinung
ein und verweist auf die zahlreichen Zerstörungen an
solchen Bauten durch Raubgrabungen, aus denen offen-
sichtlich eine Fülle von aus dem Zusammenhang gerisse-
nen Grabbeigaben stammt. Die hierarchische Gesell-
schaftsstruktur der Maya spiegelt sich in den unterschied-
lichen Bestattungen wider, wofür der Verfasser einige
Beispiele bringt und auch auf die symbolische Bedeutung
typischer Beigaben hinweist. Nach Coe’s Auffassung wa-
ren die klassischen Zeremonialzentren im Grunde ge-
nommen Nekropolen und Stätten der Verehrung der
Toten. Der ganze Komplex dieses Totenkultes ändert
sich grundlegend mit dem Zusammenbruch der klassi-
schen Mayakultur im 9. Jahrhundert.
Barbara und Justin Kerr: »Some Observations on Maya
Vase Painters«. Die beiden Verfasser versuchen in ihrem
Beitrag auf Grund der Untersuchung von Stil und Details
zahlreicher bemalter Vasen bestimmte Künstler oder de-
ren Werkstätten herauszuarbeiten. Sie konnten so vier
Gruppen zusammenstellen, die durch Beispiele erläutert
werden. Methodisch wurde dabei so vorgegangen, daß
bestimmte Merkmale von Stil, Komposition und Strich-
führung karteimäßig erfaßt und verglichen wurden. Ihr
speziell entwickeltes Verfahren der »Abroll-Photogra-
phie« ist ein wesentliches Hilfsmittel dieser Untersu-
chung.
Francis Robicsek und Donald Haies: »A Ceramic Codex
Fragment; The Sacrifice of Xbalanque«. Dieser Beitrag
befaßt sich ebenfalls mit Gefäßmalereien. Es werden im
Stil der Codices gemalte Darstellungen auf ihren mytho-
logischen Gehalt untersucht - hier das Opfer von Xba-
lanque. Die Szenen werden entsprechenden Passagen im
Popol Vuh gegenübergestellt. Die Verfasser sehen in
diesen Gefäßmalereien Fragmente eines Szenariums,
das, nach Coe, etwa dem ägyptischen oder tibetischen
Totenbuch entsprechen dürfte.
John B. Carlson: »Skyband Representations in Classic
Maya Vase Painting«. Bänder von rechteckig eingefaßten
Zeichen im Codex Dresdensis hatte seinerzeit Ernst För-
stemann als die sieben klassischen Planeten gedeutet.
Spätere Untersuchungen identifizierten drei dieser Zei-
chen mit Sonne, Mond und Venus und ordneten diese
Bänder ikonographisch dem Himmel zu. Mit Darstellun-
gen dieser Himmelsbänder auf bemalten Gefäßen be-
schäftigt sich Carlson. Er (und Landis) bringt sie mit dem
Körper der doppelköpfigen Schlange oder eines anderen
Tieres in Verbindung. Das Band wird als kosmische
Grenze um die Welt der Maya gedeutet, seine einzelnen
Demente haben Bezug zu himmlischen Herren der Mo-
nate des Mayajahres. Auch auf die zirkumpazifische
Verbreitung des doppelköpfigen Wesens in seinem Bezug
/um Himmel und speziell zu diesem als Regenbringer
w ird hingewiesen.
Linda Scheie: The Xibalba Shuffle: »A Dance after
Death«. Scheie stellt einen Bezug her zwischen der Male-
rei auf einem polychromen Gefäß aus Altar de Sacrificios
sowie auf ähnlichen Gefäßen mit einem ikonographi-
schem Komplex auf spätklassischen Monumenten in Pa-
lenque, der verschiedene Stationen eines Unterwelt-Ri-
tuals zeigt. Dieses Ritual entspricht teilweise der Helden-
zwilligs-Mythe in Popol Vuh. Namen auf Randtexten
solcher Gefäße nehmen nicht unbedingt Bezug auf die
Darstellungen oder die Dargestellten, eher sind es Wid-
mungen.
Mary E. Miller: »The Boys in the Bonampak Band«. In
diesem Beitrag werden die Musikkapellen (»bands«) der
Maya behandelt. Die vollständigste Darstellung mit 12
Musikern findet sich in den Wandbildern von Bonampak,
217
TRIBUS 38, 1989
Raum 1. Ähnliche Abbildungen auf polychromen Gefä-
ßen des Klassikums sind, gemessen an Bonampak, stets
unvollständig, behalten aber die Reihenfolge dieses Vor-
bildes bei.
Karl A. Taube: »A Study of Classic Maya Scaffold Sacri-
fice«. Taube beschäftigt sich im letzten Beitrag mit einer
besonderen Art des Menschenopfers, bei dem das Opfer,
an ein Gerüst, einen Pfahl oder Baum gebunden, mit
Lanzen, Speeren oder Pfeilen getötet wird. Diese Opfer
standen in Verbindung mit der Erneuerung der Vegeta-
tion, wie beim Xipe-Kult in Zentralmexiko, und mit der
Inthronisation eines Herrschers. Die Einzelheiten der
Opferszene auf einer polychromen Vase deutet der Ver-
fasser als Abbrennen der Felder, als das Pflanzen mit
dem Grabstock (Speer, Pfeil) und als Regen (Blut).
Allgemein hängt diese Art des Opfers in Mesoamerika
mit Anbau, Jagd und Krieg zusammen.
Jeder Beitrag dieses Werkes würde eine Einzelbespre-
chung verdienen. Die Beschäftigung mit gerade dieser
Materie schließt verständlicherweise manche subjektive
Deutung ein, die kritische Anmerkungen vertragen
könnte, die aber, würde man allen Autoren gerecht
werden wollen, aus Platzgründen unterbleiben muß. Zu-
sammenfassend läßt sich sagen, daß hier mit Sachkennt-
nis und Sorgfalt Untersuchungen durchgeführt wurden,
die wesentlich zum besseren Verständnis einer schwieri-
gen Materie beitragen.
Bodo Spranz
Boone, Elizabeth Hill (ed.):
Painted Architecture and Polychrome
Monumental Sculpture in Mesoamerica. A
Symposium at Dumbarton Oaks, 10.-11.
October 1981. Washington (D.C.): 1985. 186
Seiten, zahlreiche Illustrationen.
Bauten und Kunsthandwerke der vorspanischen Kultu-
ren Mesoamerikas beeindrucken noch heute den Be-
trachter durch ihren Formenreichtum. Dabei wird oft
übersehen, daß auch Farbe ein Bestandteil von Architek-
tur und Plastik war, die aber dann im Laufe der Jahrhun-
derte verschwunden oder nur noch in wenigen Resten
erhalten ist. Da wir gewohnt sind, an Bauwerken und
Plastiken neben der Form auch das verwendete Material
zu sehen, mag es erstaunen, wenn vor der Witterung
geschützte Teile bei Ausgrabungen in ihrer ursprüngli-
chen Farbigkeit ans Licht kommen. Farbe an Werken der
Architektur und Kunst in Mesoamerika erhöht nicht nur
deren Wirkung, sie hat vor allem auch ihre symbolische
Bedeutung. Diesen Fragen nachzugehen war das Thema
eines Symposiums in Dumbarton Oaks, das unter der
Leitung von Donald Robertson stand. Wandmalereien
wie in Cacaxtla, in Teotihuacän und an anderen Plätzen
waren nicht in die Betrachtungen einbezogen. Drei der
Beiträge behandeln Farbe in Verbindung mit Architektur
und Plastik im Mayagebiet. Für das späte Präklassikum
im Tiefland war nicht die reine Stuckmodellierung des
bekannten Bauwerks E-VII-Sub in Uaxactún der Stan-
dard, wie die Ausgrabungen in Tikal zeigen. Dort ist
z.B. in der Nordakroplis plastischer Fassadenschmuck
farbig bemalt. Auch an anderen Plätzen dieser Zeit
kommt es vor, wenn es auch bisher nur wenige Beispiele
dafür gibt und die Auswertung noch in den Anfängen
steckt.
Im späten Präklassikum besteht die Dekoration sowohl
aus unbemalten Stuckmodellierungen wie aus Außenbe-
malungen und der Kombination von Modellierung und
Bemalung, wobei die erstere eine Ausnahme ist (David
A. Freidel: Polychrome Facades of the Lowland Maya
Preclassic). Flache Außenflächenbemalung kommt ver-
schiedentlich vor, doch die kombinierte Dekoration setzt
sich im Tiefland mehr und mehr durch, und Farbe unter-
streicht die symbolische Bedeutung. An einem Beispiel
aus Cerros (Belize) wird dies verdeutlicht, wobei auch
die Entwicklung von einem »early« Polychrom zu einem
»full« Polychrom gezeigt wird. Die Deutung der Farb-
symbolik ist, wie oft in solchen Fällen, nicht immer leicht
nachvollziehbar.
Neben der Farbgebung und ihrer Symbolik ist natürlich
auch die ungleichmäßige Verfügbarkeit der Pigmente von
Bedeutung (Linda Scheie: Color in Classic Architecture
and Monumental Sculpture of the Southern Maya Low-
lands). Weiß-Kalk, Schwarz-Kohle, Rot-Eisenoxyde,
Gelb-hydriertes Eisenoxyd, Blau-Indigo, Blautöne (atta-
pulgite clay), Grün-Blau mit gelber Lasur. Bindemittel
werden hier nicht erwähnt. Der Farbauftrag erfolgt meist
auf einer Fassung aus Stuck, aber auch, z.B. bei Plasti-
ken, direkt auf den Stein. Für Funktion und Bedeutung
der Farbe ist entweder das natürliche Vorbild oder der
(regional auch unterschiedliche) Symbolcharakter maß-
gebend. Am häufigsten wurde Rot verwendet, einmal
wohl wegen der Verfügbarkeit und dann wegen der im
weitesten Sinne symbolischen Verbindung zu Blut (Op-
fer, Abstammung, Herrschaft).
In der Architektur des nördlichem Mayagebietes unter-
streicht die Farbgebung den ästhetischen Eindruck und
die symbolische Bedeutung - Kriterien, die sicher auch
für andere Gebiete zutreffen (Jeff Karl Kowalski: Pain-
ted Architecture in the Northern Maya Area). Farbge-
bungen sind an zahlreichen Bauten vom Präklassikum bis
zum Ende des Klassikums festzustellen. Sie reichen von
monochromer Bemalung, oft in Rot, bis zur Mehrfarbig-
keit an manchen Motiven. Für die Bemalung gibt es
verschiedene Gründe, die sich nicht gegenseitig aus-
schließen, wie z.B. Dekoration, Prestige, Lebensecht-
heit bei Figuren und Masken, Porträtähnlichkeit und
natürlich symbolische Bedeutung.
In Oaxaca scheint sich, abweichend von entsprechenden
Abbildungen in mixtekischen Codices, die Bemalung von
Bauwerken auf partielle Farbgebungen in Rot auf wei-
ßem Stuckuntergrund zu beschränken (John Paddock:
Painted Architecture and Sculpture in Ancient Oaxaca).
Der Farbstoff Rot war ausreichend verfügbar. Paddock
sieht in dieser einfachen Bemalung keinen Gegensatz zu
den polychromen Darstellungen in den Codices, da hier-
in nur Angehörige der Elite abgebildet sind und die
einzigen Bauten kennzeichnend für deren Rang sind. Die
intensive Sonneneinstrahlung mag mit ein Grund sein,
weshalb die hellen Stuckböden der Patios rot übermalt
wurden (z.B. Yagul, Mitla). Die Böden der fensterlosen
Innenräume beließ man hell. Polychrome Bemalung
kommt seit Monte Alban I vor, ist jedoch meist nur auf
Keramik erhalten.
Buchbesprechungen Amerika
In Tula, dem postklassischen Zentrum der Tolteken, sind
an vielen Stellen Bemalungen erhalten (Ellen Taylor
Baird: Naturalistic and Symbolic Color atTula, Hidalgo).
Charnay (1887) erwähnt rotbemalte Fußböden und
mehrfarbige Wanddekoration in einem von ihm ausge-
grabenen Gebäude, und Acostas Ausgrabungen in den
40er und 50er Jahren förderten zahlreiche bemalte
Skulpturen, meist Architekturteile, zutage. Die poly-
chrome Bemalung ist naturalistisch oder sie hat symboli-
sche Bedeutung. In den Friesen dient die Farbe nicht nur
ihrer Belebung sondern nach Ansicht der Verfasserin
auch zur Heraushebung der Motive in den sehr flach
modellierten Reliefs. Rot kommt vielfach als Hinter-
grundfarbe vor. Es ist die hier am meisten verwendete
Farbe. Ob sie symbolische oder lediglich künstlerische
Bedeutung hat, ist unklar. Sicher aber hat Rot hier in
manchen Fällen Bezug zu sakralen Gegenständen, wie
ihr Vorkommen an Opfergaben zeigt. Auch einfache
Wandbemalung in Form abwechselnd farbiger waage-
rechter Bänder kommt in Innenräumen vor. Auch da ist
die Bedeutung, vielleicht nur Dekoration, unbekannt.
Zur Farbsymbolik meint Baird, daß sie nur bei den Maya
standardisiert war, nicht aber in Zentralmexiko. Hier
wechselt z.B. die Verbindung Farbe-Richtung von Quel-
le zu Quelle. Zu den Richtungsangaben selbst werden
andere Autoren zitiert, die z.B. die Begriffe Nord und
Süd auch als Oben und Unten deuten und damit recht
glaubhaft Farbzuweisungen bei Sahagün erklären. Die
Anwendung dieser Hypothese auf die Dekoration der
Pyramide B läßt die Verfasserin vermuten, daß sie zu-
sätzlich zu (oder anstelle von) einem Venus-Kult einem
Sonnenkult gewidmet war.
Die Aufnahme eines großen Bestandes aztekischer Pla-
stik aus öffentlichen und privaten Sammlungen zwecks
Aufbau eines entsprechenden Archivs durch Nicholson
zeigt, daß der größte Teil ursprünglich bemalt war (H. B.
Nicholson: Polychrome on Aztec Sculpture). Farbsym-
bolik ist ein sehr altes Charakteristikum Mesoamerikas,
aber erst mit dem Aufkommen des Mixteca-Puebla-Stiles
im Postklassikum scheint sie eine gewisse ikonographi-
sche Eigenständigkeit zu erlangen. Nicholson geht eben-
falls auf den Zusammenhang Farbe-Richtung ein und
bringt auch Gottheiten mit bestimmten Farben in Verbin-
dung. Schmuck und Kleidung haben meist ihre natürli-
chen Farben. In den Komplex Religion-Ritual-Ikonogra-
phie des späten Postklassikums spielen z.T, sehr alte
Vorstellungen und Traditionen hinein, und erst eine ge-
nauere Kenntnis seiner Entwicklung kann zu einem bes-
seren Verständnis der Farbsymbolik führen. Die an den
Plastiken am häufigsten vorkommenden Farben sind sol-
che, die gewöhnlich auch mit den Richtungen verbunden
sind, nämlich Rot, Gelb, Blaugrün. Weiß und Schwarz.
Daß weit mehr bekannt waren, zeigt ein Vokabular ein-
heimischer Farbbezeichnungen bei Sahagün. Nicholson
stellt eine Reihe bemalter Skulpturen vor, von denen die
aus den Grabungen im Templo Mayor stammenden hin-
sichtlich der Bemalung gut erhalten und für genauere
Untersuchungen besonders geeignet sind.
Im abschließenden Beitrag weist Boone nochmal auf die
Bedeutung der Farbe als symbolhaltiges Ausdrucksmittel
im Bereich Architektur und Plastik hin. (Elizabeth Hill
Boone: The Color of Mesoamerican Architectur and
Sculpture). Vom Präklassikum, beginnend mit den Ol-
meken, bis zum Postklassikum war Farbe ikonographi-
sches Ausdrucksmittel. Daß Rot dabei eine vorherr-
schende Rolle spielte, lag nicht nur am reichlich vorhan-
denen Rohstoff, wie aus den einzelnen Beiträgen hervor-
geht.
Die hier unter verschiedenen Gesichtspunkten erörterte
Verwendung von Farbe und ihre Bedeutung zeigt die
Komplexität mesoamerikanischer Vorstellungen. Ohne
Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit
zu erheben, sind diese Arbeiten ein wertvoller Beitrag zu
diesem Thema.
Bodo Spranz
Kaiser, Rudolf;
Die Stimme des Großen Geistes. Prophezei-
ungen und Endzeiterwartungen der Hopi-
Indianer.
München: Kösel-Verlag, 1989. 131 S., ill.
Rudolf Kaiser ist Professor für Anglistik an der Hoch-
schule Hildesheim und beschäftigt sich laut Werbetext
des Verlages »seit Jahren« mit den Indianer-Kulturen
Nordamerikas. Der dem Buch zugrundeliegende For-
schungsaufenthalt in den USA wurde zudem durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt. Das
klingt grundsolide und erweckt die Erwartung einer de-
taillierten wissenschaftlichen Studie, die endlich mit dem
ganzen Unsinn aufräumt, der seit Jahren über die Hopi
und ihre Prophezeiungen verbreitet wird.
Die Enttäuschung eines kritischen Lesers beginnt jedoch
bereits nach dem Inhaltsverzeichnis. Auf zwei Seiten
folgen nämlich eine Prophezeiung der Kalapua aus Ore-
gon, ein Mythos der Oglala-Sioux, die Aussage eines
»spirituellen Hopi-Führers« und die Eingravierung auf
der Badewanne des Königs Tsching Chang. Aussagen
verschiedener Kulturen und Zeitebenen werden hier ge-
heimnisvoll miteinander gemixt, offenbar in der Absicht,
den Leser auf den Inhalt des Buches einzustimmen.
Kaiser weist in seinem Vorwort darauf hin, daß die Hopi-
Prophezeiungen in der »geistigen Auseinandersetzung
unserer Zeit« dabei seien, an die Stelle der vieldiskutier-
ten Seattle-Rede zu treten. Über diese Rede hat Kaiser
bereits mehrere Schriften verfaßt. Er konnte dabei über-
zeugend nachweisen, daß es sich bei dieser angeblichen
Rede eines Indianerhäuptlings um eine grobe Verfäl-
schung handelt. Damit war Seattle »out« und Kaiser
mußte sich nach einem neuen Thema umsehen, das
gerade »in« ist; den Hopi-Prophezeiungen.
Er versuchte dabei, Herkunft und Alter dieser Überliefe-
rungen festzustellen und vor allem der Frage nachzuge-
hen, warum die religiösen Führer der Hopi damit an die
Öffentlichkeit getreten sind. Er bemühte sich auch, eine
Erklärung für die Tatsache zu finden, daß diese Prophe-
zeiungen in gewissen Kreisen unserer eigenen Kultur auf
großes Interesse gestoßen sind.
Zentrale Figur der Prophezeiungen ist der »Ältere Weiße
Bruder«, eine mythische Gestalt, von deren Erscheinen
die Hopi offenbar die Erlösung von all ihren gegenwärti-
gen Problemen erwarten. Von daher verwundert es nicht.
219
TRIBUS 38, 1989
daß die Hopi selbst alle möglichen Spekulationen anstel-
len, wer dieser »Weiße Bruder« sein könnte. Aufgrund
von formalen Übereinstimmungen bestimmter Hopi-
Symbole mit dem Hakenkreuz hatte man einst auf Hitler
getippt. Da sich dies jedoch als Irrtum erwies, kamen
andere Deutsche zu dieser Ehre, z.B. der Linguist Ek-
kehart Malotki wegen seiner Beherrschung der Hopi-
Sprache, und sogar Kaiser selbst, da er von weit her zu
den Hopi gekommen sei und viele von ihnen, die sich
vom Erbe der Vorfahren entfernt hätten, in der traditio-
nellen Kultur der Hopi belehren könne (S. 62-63).
Kaisers Arbeit gibt einen recht guten Überblick über die
vielfältigen Gründe, die die Hopi dazu bewogen haben,
ihre Prophezeiungen populär zu machen. Er hat vor
allem versucht herauszufinden, was einzelne Hopi, die
nicht dem Kreis der »spirituellen Führer« zuzurechnen
sind, von den Prophezeiungen halten. Er kommt zu dem
Ergebnis, daß selbst »christianisierte« oder dem Stam-
mesrat angehörende Hopi sich mit diesem Teil ihrer
Kultur identifizieren.
Allerdings versäumt es Kaiser, daraus weitergehende
Schlußfolgerungen zu ziehen. In seinem Bemühen, den
»Hopi Way of Life« gegenüber unserer materialistisch
orientierten Zivilisation positiv hervorzuheben, bleibt es
ihm verwehrt, die mit den Hopi-Prophezeiungen einher-
gehenden kulturellen Prozesse als eine Form der Selbst-
idealisierung dieser Gesellschaft zu erkennen, die dazu
dient, ihre bedrohte Kultur in den Mittelpunkt weltwei-
ter Aufmerksamkeit zu rücken. Wesentliche Vorausset-
zung dafür ist die Schaffung eines positiven Selbstbildes,
das am deutlichsten durch die Deutung des Namens Hopi
als »die Friedfertigen« zum Ausdruck kommt. Diese
Übersetzung hat sich zwar schon längst als falsch erwie-
sen, was jedoch weder Kaiser noch andere »Hopi-Exper-
ten« daran hindert, sie permanent zu wiederholen, da sie
so schön in ihr idealistisches Gesamtbild dieser Kultur
paßt.
Bei seinem Vergleich der Hopi-Prophezeiungen mit de-
nen anderer Völker beschränkt sich Kaiser auf eine rein
phänomenologische Beschreibung bzw. greift auf bibli-
sche und andere Parallelen der abendländischen Geistes-
geschichte zurück, die ihm sichtlich näherliegen als die
Prozesse der Identitätsfindung und des Abgrenzungsver-
haltens bei Indianern Nordamerikas.
Für einen Ethnologen erweist sich sein sorgloser Umgang
mit den Begriffen »Naturvölker« und »Naturreligion« als
ebenso störend wie der undifferenzierte Gebrauch des
Wortes »alt« bzw. »uralt« im Zusammenhang mit Ge-
schichte oder Mythologie der Hopi. Kaiser hat sich offen-
bar die laienhafte Methode zu eigen gemacht, alles, was
in einer Kultur historisch nicht faßbar ist, in eine mythi-
sche Urzeit zu versetzen.
Mit diesem Buch stellt sich der Autor, wie schon in
früheren Publikationen, erneut als Verkünder »indiani-
scher Botschaften« dar. Diese werden bei Esoterikern
und anderen »Gläubigen« möglicherweise auf fruchtba-
ren Boden fallen und somit das neue Klischee vom
»Indianer als Heilsbringer« festigen. Als Verfechter einer
vorurteilsfreien Betrachtungsweise indianischer Kulturen
hingegen kann man sich über Kaisers missionarischen
Eifer nur wundern.
Peter Bolz
Puls, Herta:
Textiles of the Kuna Indians of Panama.
Shire Ethnography, Vol. 6.
Aylesbury: Shire Publications, 1988.
67 Abb. u. Zeichnungen, Karte, 72 Seiten.
Innerhalb einer Serie Ethnographie, die sich speziell an
Studierende und Interessenten wendet und Teilbereiche
der materiellen Kultur publiziert, ist eine Broschüre über
die Textilien der Kuna-Indianer in Panama erschienen.
Die Verfasserin, die vor Jahren u.a. mit einer Magister-
arbeit über Applikationsarbeiten bei den Kuna-India-
nern Panamas hervorgetreten ist, besuchte zwischen 1975
und 1985 einige Male die Kuna. Das Interessengebiet der
Verfasserin liegt bei Textilarbeiten der Stammesvölker,
und einige frühere Publikationen resultieren aus Aufent-
halten bei Völkerschaften in beiden Amerikas, Indien,
Thailand und Indonesien.
Die Kuna, hauptsächlich in den karibisch-panamesischen
Küstengebieten von San Blas lebend, haben sich zu
keiner Zeit mit der Anfertigung von Textilien befaßt.
Etwa bis zu Mitte des 19. Jh. war Körperbemalung bei
den Kuna üblich, die dann in zunehmendem Maße und
auch bedingt durch die Verlagerung ihres Lebensraumes
vom ungesunden Inneren des Festlandes auf die der
Küste vorgelagerten Atoll-Inseln durch Baumwollstoffe
ersetzt wurde.
In dem Maße, in dem die Kuna über Missionen. Mis-
sionsschulen und einen sich ausweitenden Zwischenhan-
del - zunächst auf der Basis einer reinen Tausch-Wirt-
schaft (Kokosnüsse), später auf Geld-Wirtschaft - Gar-
ne, Scheren, Fingerhüte und unterschiedlichste Stoffe
kennenlernten, entwickelten die Frauen eine besondere
Technik der Applikation von Stoffen für ihre Blusen, die
bis zum heutigen Tag als einzigartig auf der Welt bezeich-
net werden kann.
Wurden zunächst die relativ einfachen Formen und Sym-
bole der Körperbemalung auf die entstehenden Stoff-
Applikationen übertragen, so entwickelten sich im weite-
ren Verlauf Darstellungen aus allen Lebensbereichen der
Menschen. Diese textile Grafik machte nicht Halt vor
der Präsentation von Umwelt, täglichen und rituellen
Verrichtungen, sondern bezog auch mythologische und
christlich beeinflußte Ereignisse in die Darstellungen ein.
Die Textilien der Kuna werden molakana (Einzahl: mo-
la) genannt. Sie sind heute und seit Jahrzehnten das
wichtigste Kleidungsstück der Mädchen und Frauen und
spiegeln in den applizierten Vorder- und Rückenteilen
der Blusen die ganze Breite und Vielfalt des Lebens der
Kuna wider. Sie sind damit auch ein Abbild der Vergan-
genheit wie der Gegenwart und ein »textiles Lesebuch«
der Geschichte eines indianischen Volkes.
Gut molakana nähen zu können ist das Streben einer
jeden Frau, und manche Anstrengung wird unternom-
men, um die dafür notwendige intuitive Kraft (kurgin) zu
erlangen. Die mola mit aller Vorstellungskraft und Phan-
tasie frei und nur mit den Händen zu gestalten, gehört
nicht nur zum Selbstverständnis einer jeden Frau, son-
dern ist Teil ihrer Selbstbestätigung und ihrer Selbstdar-
stellung in ihrer Gesellschaft.
ln der Bewertung der molakana gibt es Unterschiede, je
nachdem für welchen Zweck die Bluse angefertigt wur-
220
Buchbesprechungen Amerika
de. Eine mola, hergestellt anläßlich der Initiation eines
Mädchens, erfordert in der Anfertigung oft mehrere
Monate bei täglicher vielstündiger Arbeit, während eine
Bluse für eines der zahlreichen Chicha-Feste in kürzerer
Zeit entstehen kann. Moderne Tounsten-molakana oder
Airport-molakana, äußerlich u.a. an einer oberflächli-
chen, ungenauen und unsauberen Arbeitsweise kennt-
lich, bei denen oft nur noch die Vorder- oder Rückseite
als Textilplatte angefertigt wird, kommen manchmal
nicht einmal mehr aus der Nähe der Kuna, sondern
stammen aus anderen Gebieten Süd-, Mittel- oder Nord-
amerikas, aus Taiwan oder Hongkong.
Herta Puls gibt in ihrer Broschüre zunächst einen kurzen,
geschichtlichen Überblick über die Entwicklung im
Großraum Panama, die Entstehung und die Entwicklung
der mola, wobei auch gewisse Einflüsse von außen ange-
sprochen werden, die zu Veränderungen im Erschei-
nungsbild der molakana beitrugen. Die verschiedenen
molakana-Typen und wesentliche Symbole, die in den
Darstellungen auf den Blusen-Paneelen immer wieder-
kehren, werden großenteils in Abbildungen gezeigt und
leiten über zur Interpretation einiger Beispiele aus der
Mythologie.
Es folgen Bemerkungen über die Arbeitstechniken bei
der mo/a-Herstellung, wobei die einzelnen Stadien der
Anfertigung in Wort und Bild erscheinen.
Ein kleines Literaturverzeichnis, in dem wesentliche
neuere Publikationen allerdings unberücksichtigt blie-
ben, sowie Hinweise auf einige Museen, in denen mola-
kanö-Sammlungen vorhanden sind und bei denen man
sich nähere Bemerkungen über Umfang und Bedeutung
der Kollektionen gewünscht hätte, beschließen das
Bändchen, das als kurze Einführung in die mo/a-Herstel-
lung und ihren geschichtlichen Hintergrund anzusehen
ist.
Günther Hartmann
Ruhnau, Elke;
Die politische Organisation im vorspani-
schen Chalco - Eine Untersuchung anhand
von Werken des Domingo Muñón de Chi-
malpahin Quauhtlehuanitzin. (Beiträge zur
mittelamerikanischen Völkerkunde).
Hamburg: Hamburgisches Museum für Völ-
kerkunde, 1988. XVIII -I- 185 Seiten.
Die Arbeit besteht zu zwei Dritteln aus Ankündigungen,
Wiederholungen, Querverweisen, Fehlanzeigen, Leer-
seiten und Umständlichkeiten. Das ist dadurch gekom-
men, daß der Text gegen die Lösungsrichtung geschrie-
ben ist, Zusammengehöriges auf zwei parallele Kapitel
verteilt wurde, Datenverteilungen, statt tabellarisch,
sprachlich dargelegt werden, auf die Belege nicht zentral
verwiesen wird und ein Grundbestand an Feststellungen
und Formulierungen ständig redundant und in voller
Länge wiederkehrt. Das tragende Material muß der Le-
ser also herausfinden, umordnen und durchformen, um
in den Genuß des Geleisteten zu kommen. Demgegen-
über fehlt etwa ein Drittel innerhalb Thematik und Ziel-
setzung liegender Untersuchungsteile wie Kennzeich-
nung und Kritik der Quellen, ein Katalog der Textstellen
und ihrer Übersetzung, die inhaltliche Methodik, man-
che naheliegenden Ansätze und Auswertungen, eine
Reihe verschenkter Ergebnisse, Einzelangaben und Son-
derbelege.
Die eigentlich gemachte und gemeinte Untersuchung
verstehe ich so; Es soll die politische Organisation im
vorspanischen Chalco bis zur Diagnose als Staatsgebilde
im Sinne der Kulturanthropologie geklärt werden.
Grundquellen sind die Chalco-einheimischen Teile der
aztekisch geschriebenen Werke Chimalpahins (Einlei-
tung).
Diese nun decken die vier politischen Einheiten Chaleos
und ihre Untereinheiten ungleich ab und schwanken
ferner in ihrer thematischen Ausrichtung. Das ergibt die
Aufgabe, die gefundenen Belege pro Thema mit den
zugrundeliegenden Quelleneinheiten zu verknüpfen, so
daß aus dem Plus und Minus jeweiliger Verteilungen
zwischen dem Fehlen mangels Erwähnung und dem Feh-
len mangels Existenz entschieden werden kann. Dazu
braucht es einen Satz spezifischer Schlußfiguren, die zu
explizieren sind, damit das alles kontrolliert erfolgen
kann.
Das Raster der politischen Organisation wird aus dem
Standardsatz US-amerikanischer Lehrbücher aufgebaut
(1. Schicht von Kap. 1). Woran die thematisch einschlägi-
gen Stellen in den Werken Chimalpahins zu erkennen
sind, wird aus dem lexikalischen und ethnohistorischen
Kenntnisstand über die zentralmexikanischen Azteken
zusammengestellt (2. Schicht von Kap. 1, Kap. 2 und 3
passim, ein Teil der Fußnoten). Es folgt die Sammlung
der verstreuten Belege (Stellennachweise in einem ande-
ren Ausschnitt der Fußnoten). Ihre Textmenge kalkulie-
re ich auf unter 10 Seiten der 58zeiligen Edition von G.
Zimmermann.
Sie werden mit den genannten aztekistischen Mitteln
übersetzt und expliziert (einzelne Fußnoten und Textbei-
spiele in Kap. 2 und 3). Darin lassen sich Intentionen und
Gepflogenheiten Chimalpahins und seiner Quellen orten
und der Standardisierungsgrad erfassen. Die Diskrepan-
zen zwischen der empirischen Wirklichkeit der Belege
und der standardisierten Systematik der Forschung könn-
ten jetzt sowohl erfaßt als auch gelöst werden: wie ist
Chimalpahins Taxonomie beschaffen, wie die der Zen-
tralmexikanistik, wie soll die Nomenklatur aus Konzep-
ten und Wörtern im Rahmen der Abhandlung festgesezt
werden (Eintopf »Begriffe« und 3. Schicht des 1. Kapi-
tels)? Übersetzt in die Kategorien der Kulturanthropolo-
gie ergibt das den fallgemäßen Aufbau der inhaltlichen
Studie (Gliederung).
Der ergänzte Weg der Auswertung besteht aus den
Schritten Belegsatz-Verteilung-Fehlfeststellungen und
Extrapolationen - zentralmexikanistische Interpolatio-
nen - Struktur/Varianz/Eigenart - Hintergründe - Ver-
gleich mit dem Forschungsstand. Er gilt für jede Thema-
einheit neu und ist nur in dieser Richtung begehbar
(jeweils: Fußnoten, Kap. 3, Kap. 2, manches aus Kap.
1).
Die gewählten Themeneinheiten lauten im großen;
- die vier Staaten Chaleos und ihre Gliederung
- Rang und Zusammensetzung ihrer Regierungen
- soziale Schichtung
- religiöse Institutionen
221
TRIBUS 38, 1989
- wirtschaftliche Aktivitäten
- die Beziehungen der vier Staaten unter sich und nach
außen
- die »demographische Segmentierung«
(ethnogenetische Zusammensetzung).
Das Dazugehörige und Erreichbare vollständig und über-
sichtlich durchzuführen und darzustellen, müßte auf 50
Druckseiten möglich sein. Es zeugt von Teilnahmslosig-
keit, eine junge Kollegin sich so in falschem Aufwand
verlieren zu lassen und das Resultat in einer Fachreihe zu
publizieren.
Peter Tschohl
222
Anschriften der Mitarbeiter
Anschriften der Mitarbeiter von TRIBUS 38
Dr. Christian Antweiler, Institut für Völkerkunde, Universität zu Köln,
Albertus-Magnus-Platz, D-5000 Köln 41
Prof. Dr. Thomas Barthel, Eichenweg 1, D-7400 Tübingen
Dr. Joachim Bautze, Institut für Indische Philologie und Kunstgeschichte (WE 4),
Freie Universität Berlin, Königin-Luise-Straße 34a, D-1000 Berlin 33
Claudine Bautze-Picron (C.N.R.S., Paris), Kantstraße 78, D-1000 Berlin 12
Dr. Peter Bolz, Museum für Völkerkunde SPKM, Arnimallee 23-27, D-1000 Berlin 33
Anna-Maria Brandstetter, M.A., Büdingenstraße 4, D-6200 Wiesbaden
Dr. Klaus J. Brandt, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Dr. Wolfgang Creyaufmüller, M.A., Lodewijk van Deysselstr. 37, NL-6464 CV Kerkrade
Ursula Didoni, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Dr. Silvia Freiin Ebner von Eschenbach, Institut für Sinologie, Bayerische Julius-
Maximilians-Universität Würzburg, Philosophiegebäude Am Hubland, D-8700 Würzburg
Carsten Felgentreff, Bergenstraße 3, D-3400 Göttingen
Dr. Hermann Forkl, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Prof. Dr. Herbert Franke, Fliederstraße 23, D-8035 Gauting
Rolf Gehlen, Katharinenstraße 46, D-7300 Esslingen
Dr. Ludmila Hanisch, Eisenacher Straße 48, D-1000 Berlin 62
Prof. Dr. Günther Hartmann, Bahnhofstraße 38, D-1000 Berlin 45
Dr. Ingrid Heermann, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Prof. Dr. Rolf Herzog, Institut für Völkerkunde, Albert-Ludwigs-Universität, Werderring 10,
D-7800 Freiburg
Prof. Dr. Thomas Höllmann, Institut für Völkerkunde und Afrikanistik,
Ludwig-Maximilians-Universität München, Ludwigstraße 27/1, D-8000 München 22
Dr. Johannes Kalter, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Marijke Klokke, M.A., Wabersteeg 9, NL-2311 HZ Leiden
Petra Konerding, M.A., Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Dr. Gerd Kreisel, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Dr. Franz Kröger, Benninghauser Heide 54, D-4780 Lippstadt 15
Prof. Dr. Dieter Kuhn, Institut für Sinologie, Bayerische Julius-Maximilians-Universität
Würzburg, Philosophiegebäude Am Hubland, D-8700 Würzburg
Dr. Harald List, Wenzingerstraße 64, D-7800 Freiburg
Gisela Maler-Sieber, Reinsbek, D-2361 Pronstorf 2
Matthias Mersch, M.A., Via Stazione, Casa Ella, CH-6987 Casiano
Dr. Birgit Mershen, Institute of Archaeology and Anthropology, Yarmouk University,
Irbid/Jordanien
Dr. Gunter Minker, Institut für Völkerkunde und Afrikanistik, Ludwig-Maximilians-
Universität München, Ludwigstraße 27/1, D-8000 München 22
Dr. Andreas Mixius, Universitätsbibliothek Hannover und TIB, Welfengarten 1B,
D-3000 Hannover 1
Prof. Dr. Joseph Nevadomsky, Department of Sociology and Anthropology,
University of Benin, Benin City/Nigeria
Margarete Payer, Mag.Theol., Fachhochschule für Bibliothekswesen. Feuerbacher Heide 40,
D-7000 Stuttgart 1
223
TRIBUS 38, 1989
Peter Probst, M.A., Institut für Ethnologie, Freie Universität Berlin, Albrechtstraße 36 A,
D-1000 Berlin 41
Dr. Rolf B. Roth, M.A., Frondsbergstraße 5, D-7400 Tübingen
Prof. Dr. Franz Rottland, Afrikanistik II, Universität Bayreuth, Postfach 3008,
D-8580 Bayreuth
Dietrich Schleip, M.A., Stöckachstraße 3, D-7000 Stuttgart 1
Dr. Axel Schulze-Thulin, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Prof. Dr. Bodo Spranz, Hansastraße 2a, D-7800 Freiburg
Dr. Bernhard Streck, Bahnhof Mieder-Ofleiden, D-6313 Homberg an der Ohm 3
Prof. Dr. Peter Thiele, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Jutta Töbelmann, M.A., Wiesenstraße 12, D-3400 Göttingen
Prof. Dr. Peter Tschohl, Institut für Völkerkunde, Universität zu Köln,
Albertus-Magnus-Platz, D-5000 Köln 41
Dr. Anne Vergab (C.N.R.S., Paris), 16, rue St. Saens, F-75015 Paris
Dr. Hasso von Winning, Völkerkundliches Institut der Universität Tübingen, Schloß,
D-7400 Tübingen
Sybille Wolkenhauer, Linden-Museum Stuttgart, Hegelplatz 1, D-7000 Stuttgart 1
Universitätsbibliothek der HU Berlin
009411
llllllllllllllllllllll
00014232
Zweigbibliothek Europäische Ethnologie
TRIBUS
JAHRBUCH DES LINDEN-MUSEUMS
Nr. 38 • Dezember 1989
LINDEN-MUSEUM STUTTGART
STAATLICHES MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE
Stuttgart 1989
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