Buchbesprechungen Afrika
201
AFRIKA
Ferdaouss Adda
Es war, was nicht war... Fallstudien
zu Geschichtenerzählern als Träger
der Oralität in Fès und Marrakech.
(Reihe Curupira, Band 26).
Marburg/Lahn: Förderverein „Völkerkunde in
Marburg" e. V., 2011. 361 Seiten.
ISBN 978-3-8185-0486-1.
Die 2011 in Marburg veröffentlichte
Dissertation ist eine ethnologische For
schungsarbeit. Ferdaouss Adda unter
sucht Erzählaufführungen von profes
sionellen Geschichtenerzählern in den
marokkanischen Städten Fès und Mar
rakech. Adda wählte für ihre Forschung
die Plätze Jamäa El Ena in Marrakech und
Boujloud in Fès aus, beides Orte, an de
nen sie die so genannte Halqa (= „Auffüh
rungskreis“, den das Publikum um den
Erzähler bildet) vorfand. Den beiden „Er
zählorten“ ist gemein, dass sie jeweils in
der Altstadt von Fès und Marrakech ge
legen sind und ein Großteil der Altstadt
bewohner in ärmeren Verhältnissen lebt.
Während mehrmonatiger Feldforschungs
aufenthalte trug Adda für ihre Studie em
pirisches Datenmaterial zusammen und
arbeitete die Daten aus teilnehmender
Beobachtung, Interviews, aufgenomme
nen Geschichten sowie Fotografien mit
einem gut gewählten Theorie- und Me
thodeninstrumentarium auf.
Die Frage nach der heutigen Bedeutung
der Geschichtenerzähler veranlasst die
Autorin im ersten Kapitel zur Aufstel
lung zweier Arbeitshypothesen:
1. Die Geschichtenerzähler beobachten
ihre Umwelt und reagieren mit Verän
derungen ihrer Erzählungen auf aktu
elle gesellschaftliche und politische
Ereignisse.
2. Die Erzählungen spielen eine Rolle bei
der Vermittlung kultureller Werte.
Eine theoretische Annäherung an das
Geschichtenerzählen erfolgt im zweiten
Kapitel zunächst über die Klärung der
Begriffe Oralität und Kommunikation.
Die häufig vorgenommene Unterschei
dung beziehungsweise Trennung von
Schriftlichkeit und Mündlichkeit ist pro
blematisch und für das Verständnis des
Begriffs Oralität (und mit ihm weitere Be
griffe wie zum Beispiel Oral History) für
das Forschungsfeld unzureichend. Ora
lität wird bei Adda als Kommunikations
form definiert, wobei eben nicht nur der
Sprachgebrauch, sondern auch zeitliche,
räumliche und kulturelle Zusammen
hänge berücksichtig werden.
Der dritte Abschnitt der Arbeit ist den
Städten Fes und Marrakech als „Orten
oraler Erzähltradition“ gewidmet, wo
bei sich die Verfasserin den Orten auf
sprachlicher (Bedeutung der Städtena
men und der Erzählplätze), historischer
und gesellschaftlicher Ebene nähert. Die
Plätze Jamäa El Ena und Boujloud wer
den auf diese Weise regelrecht für den
Leser herangezoomt. Nachdem die Wahl
der zur Erhebung der Daten gewählten
Methoden (Teilnehmende Beobachtung,
Leitfadeninterview und Fotografie) erläu
tert wurde, ist des Weiteren der Zugang
zum Forschungsfeld Teil des vierten Ka
pitels, worin Adda pointiert auch auf die
Tücken und Probleme, die sich vor und
während der Forschungsaufenthalte er
gaben, hinweist. Nach dem fünften Ab
schnitt, in dem die Vorgehensweise zur
Materialauswertung erklärt wird, folgt
der Mammutteil der Arbeit; Die Ergebnis
se des thematischen Kodierens (Kapitel
6). Zunächst erfährt man hier in der Ein
zelfalldarstellung wer die Erzähler, die
Ferdaouss Adda getroffen und befragt
hat, sind. Jeder wird mit Foto vorgestellt,
da die Dokumentation der Erzählerbio
grafien ein wichtiger Bestandteil der
Forschung ist. Durch die spezielle Me
thode des thematischen Kodierens zur
Bearbeitung des umfangreichen Interview
materials, konnten sieben Themenbe
reiche, 47 Kategorien und 34 Subkatego
rien entwickelt werden, veranschaulicht
durch einen übersichtlich dargestellten
Kategorienbaum. Die erhobenen Daten
aus den verschiedenen Interviews und
Aufzeichnungen werden Themen zuge