Buchbesprechungen Orient
an
In Bezug auf die Taschen des Typus
mafrash (Kat. Nr. 68-71) macht sich Ts-
areva Gedanken über Farbe (weiß) und
Motivik. Sie bringt dies mit den Grup
pen heiliger Familien (ovlad) in Verbin
dung. So interessant diese These ist, so
bedauerlich ist erneut die Absenz von
Quellenangaben. Erwähnt wird Stan
dardliteratur aus der Sowjetzeit, auf
andere Teppichsammlungen wird kein
konkreter Bezug genommen - die Auto
rin spricht nur von dem „zur Verfügung
stehenden Material“.
Die Schwierigkeiten der Zuschreibung
zu verschiedenen Verbänden der Yomud-
Turkmenen (Story 5, Kat. Nr. 74-86) sind
laut Tsareva das „Ergebnis ihrer ständi
gen und weitläufigen Wanderzüge“. Da
bei seien die Yomud-Teppichtraditionen
auf verschiedenste Weise von anderen
lokalen Gruppen beeinflusst worden.
Entsprechend unterscheiden sich die
vorgestellten Stücke in Bezug auf Her
stellungstechnik und verwendete Motive.
Die „Adler-Gruppe“, benannt nach dem
zentralen Muster der Hauptteppiche, ist
im Band mit fünf Exemplaren vertreten
(Story 6). Interessant ist Tsarevas Hy
pothese einer sesshaften Gruppe mit
Kontakten zum Kaukasus (Imreli) als „Ur
heberin“ dieser teilweise kommerziell
orientierten Teppiche. Allerdings fehlen
erneut genauere Angaben in Bezug auf
Tsarevas „ausführliche Lektüre histori
scher Quellen“.
Story 7 (Kat. Nr. 92-103) widmet sich den
Teppichen der Tschaudoren und Igdyr-
Turkmenen, für die Tsareva, wie bereits
in Story 1, die speziellen Farbtöne her
vorhebt. Tsareva spekuliert, dass „der
Purpurfarbton [...] vermutlich [...] (die)
Auffassung von Ackerbau als äußerst
wichtigem Teil ihres Lebensstiles“ wie
dergebe, da der Boden nach dem Pflügen
einen purpurnen Farbton annehme.
Die Hoffmeister-Sammlung beinhaltet
drei Teppiche der „Arabachi“ (Story 8).
Tsareva gibt Hinweise auf die sowjeti
sche Ethnografie und stellt einige Hy
pothesen zur Geschichte auf. Allerdings
bleiben die „Arabachi“ schwer fassbar.
Die Autorin hebt Ähnlichkeiten zu den
Textilien anderer mittelasiatischer be
ziehungsweise turkmenischer Gruppen
hervor.
Die neunte „Geschichte“ (Kat. Nr. 107-
134) fasst Teppiche aus der Sammlung
Hoffmeister unter einem regionalen
Oberbegriff zusammen: „Mittlere Amu
Darya“-Region. Diese Klassifizierung legt
den Schwerpunkt weg von der oft prob
lematischen Zuschreibung zu einzelnen
Volksgruppen hin auf einen Kulturraum,
in dem enge Verbindungen zwischen
den gesellschaftlichen Gruppen bestan
den. Tsareva sieht in manchen Samm
lungsstücken urbane Arbeiten, auch als
Auftragsproduktion für wohlhabende
Turkmenen. Allerdings ist es, gerade an
gesichts dieses „regionalen Labels“ doch
etwas gewagt, davon zu sprechen, dass
„fast jedes der Stücke [...] einen anderen
Stamm oder Ort der Herstellung reprä
sentiere“. Diesen Widerspruch löst die
Autorin nicht auf.
Bedauerlich sind Tsarevas Ausführun
gen zur Kultur- und Religionsgeschich
te Mittelasiens am Ende des Kapitels.
Die Verklärung der MAD-Oasen mit dem
„schönen und friedlichen Leben“ seiner
Einwohner entbehrt der historischen
Grundlage. Literaturverweise für den an
der Geschichte der Region interessierten
Leser fehlen hier ebenso wie zur Frage
der Beziehung zwischen Islam und vor
handenen lokalen Traditionen.
Eine vergleichsweise kurze zehnte „Sto
ry“ widmet sich fünf Teppichobjekten,
deren Zuordnung sich für die Autorin
schwierig darstellt.
„Story 11“ (Kat. Nr. 140-166) stellt die in
der Sammlung Hoffmeister reich ver
tretenen Zeltbänder in Form der ak yup
(„weiße Bänder" für die Hochzeitsjurte)
vor. Ein genauerer Blick auf Jurtenbän
der auch der anderen zentralasiatischen
Nomaden und auf die zum Teil bis heute
gelebte Praxis wäre aufschlussreich ge
wesen. Die Autorin hebt die „hoch ent
wickelten und komplizierten Knüpfme
thoden“ der Bänder hervor. Nicht näher
eingegangen wird auf die vorgenomme
nen Datierungen. Das Kapitel über die
Zeltbänder ist jedoch der gestalterische
Höhepunkt des Bandes - die vollständi