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Hugo Huber
Anthropos 79. 1984
Verbot der Heirat zwischen Parallelvettern (mit
FBD oder MZD):
Tokotora koteta omona wa so-moke wenyu he
Du darfst die Tochter deines Vaterbruders nicht heira
ten
Ibinya naina tebe kotetana he
Kinder von Schwestern dürfen einander nicht heira
ten,
Verbot der Heirat mit der Tochter der Schwe
ster:
Tokoteta amanyinga gaho he
Du darfst dein eigen Blut nicht heiraten,
Verbot der Heirat mit dem Großkind;
Verbot der Heirat mit den Schwestern des Schwa
gers, des Schwiegersohns und der Schwiegertoch
ter;
Verbot der gleichzeitigen Verheiratung mit
Schwestern von der gleichen Mutter:
Tokotora koteta omona wa so-moke wenyu he
Du darfst die Tochter deines Vaterbruders nicht heira
ten,
Das Simbetevolk umfaßt 8 Teilgruppen (eh-
heseku, sing, ekeseku = Eingang zur Einzelhütte
im Gehöft), die ihrerseits aus kleineren, historisch
gewachsenden Einheiten (<ebhigiha, sing, ekigiha
= Feuer- oder Kochstelle) - man könnte sie als
Klane bezeichnen - zusammengesetzt sind. Diese
werden nach putativen Abstammungslinien (li-
neages) unterteilt, deren Glieder sich als abhahiri
X (Kinder des Vorvaters oder der Ahnin X,
letztere nicht im matrilinearen Sinn) identifizieren
und von parallelen Abstammungslinien (abhahiri
Y, Z) differenzieren. Diese kleineren, 5-8 Gene
rationen zurückreichenden Einheiten werden
auch ebhinyumba (sing, nyumba = Einzelhaus als
Teil des Gehöfts) genannt. Will man eine Person
innerhalb eines nyumba noch näher bestimmen,
so fragt man nach seinem ekihiita (wörtlich
„Gehöftseingang“), womit sein Herkunftsgehöft,
etwa das seines Urgroßvaters, gemeint ist.
Schließlich bleibt die konkrete, im Prinzip poly-
gyne Gehöftsgemeinschaft, nach dem Namen des
Gehöftsherrn benannt, die mit ihren einzelnen
„Häusern“ (ebhinyumba) oder Matrisegmenten
eine bedeutende operative soziale und zugleich
lokale Einheit bildet; sie steht im Mittelpunkt
unserer Darlegungen.
1. Gehöftsanlage und Gehöftsgemeinschaft:
Soziostrukturelle und symbolisch-rituelle
Bezüge
Im Gehöftsplan erscheinen Einheit und
Differenzierung der Gehöftsgemeinschaft bild
haft gezeichnet: Da ist der Gehöftseingang (ekihi-
ita), der das Gesamtgehöft symbolisiert und eng
mit Namen und Position des Gehöftsherrn ver
bunden erscheint. Er steht für die Einheit. Seine
Errichtung bei Gelegenheit der Beschneidung des
erstgeborenen Sohnes geht Hand in Hand mit der
gleichzeitigen Promotion des Gehöftsbesitzers
zum Rang des Ältesten. Als sichtbares Zeichen
dieser von allen Männern erstrebten Lebensstufe
repräsentiert der durch spezifische Segenskräuter 4
und Speiseopfer 5 * geweihte Eingang fortan die
zentrale Autorität und Verantwortung des
Gehöftsherrn und wird zum Symbol sozialer
Identität und Herkunft und damit zur Referenz
für die daraus erwachsenden Generationen,
Gewähr für die Kontinuität der Patrilinie. Letzte
res kommt im Axiom Mumura ngo akwemerera
ekihiita kya ise (Der Sohn steht für den Gehöfts
eingang seines Vaters) zum Ausdruck. Mit wel
cher Genugtuung, mit welchem Stolz der mit
Schild und Speer bewehrte Vater seinen Erstgebo
renen an der ekihiita empfängt, braucht kaum
besonderer Hervorhebung. Die Freude wird aber
vor allem dann zur eigentlichen Lebenserfüllung,
wenn die Braut seines Sohnes durch die ekihiita
einzieht und der Gehöftsherr ihr im Namen der
Bräutigamsfamilie die nyakihiita, die „Ziege des
Eingangs“, zum Willkommensgeschenk macht.
Denn auch sie wird ihren Teil zum Fortbestand
der Linie ihres Gatten beitragen.
Von den übrigen Teilen des Gehöfts unter
steht keiner ausschließlich der Autorität des
4 Bei der Errichtung des Gehöftseingangs am Vortag
der Beschneidung des Erstgeborenen werden iribundu und
andere Segenskräuter bei den Torpfosten in die Erde
gegraben. Die Neubeschnittenen erhalten beim Eintritt
durch die Pforte aus der Hand ihres Vaters als Zeichen des
Segens eine iribundu-Pflanze.
5 Die brauchmäßigen Opfergaben sind Milch und
Honig, die, bei der Beschneidung und auch anderen Segens
feiern gegen die Sonne ausgespien, der Sonnengottheit und
den Ahnen dargebracht werden mit der Bitte um Gesundheit
und Fruchtbarkeit für Mensch und Vieh. Der Rest der
Opfergabe wird vielfach in kleinen Behältern auf der Seite des
Eingangs befestigt.