Buchbesprechungen 307
Die Sprache, in der Reindel seine Abhandlung geschrieben hat, ist anschaulich. Es gelingt
ihm — trotz aller Kombinationsstatistik — architektonische und konstruktive Beobachtungen
so zu formulieren, daß der Leser sich darunter etwas vorstellen kann. Das ist für einen Nicht-
Architekten eine beachtliche Leistung. An der Wahl einiger Begriffe stört sich der Rezensent
jedoch, weil diese in der Baugeschichtsterminologie schon belegt sind. Dazu gehört z.B. „Block-
bauweise“, bei Reindel eine Konstruktionstechnik im Lehmziegel-Vollmauerwerk mit Bau-
fugen in regelmäßigem Abstand parallel und senkrecht zur Gebäudefront; nach Wasmuth (Le-
xikon der Baukunst, Berlin 1929) jedoch eine reine Holzbauweise mit Balken oder Rundhöl-
zern. Auch der Begriff „Bauformen“ ist traditionell belegt; früher war Bauformenlehre ein
Lehrfach des Architekturstudiums, es behandelte charakteristische Details eines Bauwerkes;
Reindel meint jedoch nicht diese Bauformen, sondern die Gestalt eines Gesamtbauwerkes. Es
müßte heißen: „Form von Bauten“ oder „Baugestalt“. Doch das sind läßliche Sünden; Reindel
definiert die von ihm gewählten Begriffe jeweils im Einzelnen, so daß der Leser doch über
seine Terminologie informiert ist. Das ausführliche Resume ist in einem sehr guten Spanisch
geschrieben und vermittelt auch schwierige konstruktive Einzelheiten auf anschauliche Weise.
Fazit: Eine nützliche, eine wichtige, eine innovative Arbeit, die die erste systematisch-ver-
gleichende Untersuchung einer monumentalen und bedrohten Lehmarchitektur liefert. Ihre
besonderen Meriten sind: 1. Sie bietet die Vorlage von bisher nicht publiziertem, in intensiver
Feldarbeit aufgenommenen Material und liefert so eine Bereicherung des Denkmälerbestandes.
2. Sie bietet eine wissenschaftliche Auswertung und chronologische Einordnung von Archi-
tektur in einer in der Amerikanistik bisher nicht angewandten Methode. 3. Sie erarbeitet weit-
reichende Quervergleiche zwischen Baudenkmälern weit entfernter Oasentäler, bringt diese
auf nachvollziehbare Weise chronologisch miteinander in Beziehung und schafft so erstmals
einen Überblick über diese Denkmälergattung.
Wofgang W. Wurster
Kommission für Allgemeine und Vergleichende Archäologie
des Deutschen Archäologischen Instituts, Bonn
Schweizer, Thomas, Margarete Schweizer und Waltraud Kokot (Hg.): Handbuch der Eth-
nologie. Festschrift für Ulla Johansen. XIV, 664 Seiten. Berlin: Dietrich Reimer Verlag 1993.
Innerhalb der letzten Dekade wurde eine stattliche Anzahl von deutschsprachigen ethnologi-
schen Einführungs- und Nachschlagewerken veróffentlicht. Damit drángt sich die Frage auf,
ob dies möglicherweise zu einer Redundanz führt? Und wenn nicht, was rechtfertigt eine sol-
che Publikation? Welche neuen Themen oder unter welchen neuen Fragestellungen werden
die einzelnen Beiträge behandelt? Wer sind die Verfasser/innen, und sind sie für die bearbeite-
ten Sachgebiete kompetent?
Beginnen wir mit der letzten Frage, die auch im Zusammenhang mit der Intention dieser
Veröffentlichung zu beantworten ist. Das Handbuch ist zugleich eine Kölner Festschrift zum
65. Geburtstag für Ulla Johansen. Statt einer Laudatio auf oder einem ausführlichen Lebens-
lauf von Frau Johansen durch einen Schüler, stammt der erste Beitrag - , Berufsweg als Ethno-
login der Nachkriegsgeneration: Typisch Frau?" - aus der Feder der Gefeierten selbst. Das ist
schon deshalb zu begrüßen, weil vor allem die jüngere Ethnologengeneration viel zu wenig
Kenntnisse über ihre älteren Kollegen oder gar akademischen Lehrerinnen und Lehrer hat.