Zeitschrift für Ethnologie 115 (1990) sehr zu begrüßen, wenn die Europäische Ethnologie derartige Themen künftig stärker berück- sichtigen würde, denn sowohl vergleichende Ausstellungen als auch die Begleitpublikationen können nur bieten, was zuvor erarbeitet wurde. Bereits die Anzahl der Völker, der Minderheiten und Kulturregionen Europas ist bisher nicht eindeutig definiert. Sollen wir den Kaukasus mit seiner Völkervielfalt zu Europa zählen oder nicht? Brauchbare Übersichtskarten gibt es kaum, oder sie sind veraltet. Die dem Bänd- chen beigefügte Faltkarte der Völker Europas ist ein lobenswerter Anfang, doch würde sich der interessierte Leser wünschen, sie auch ohne Lupe lesen zu können. Insgesamt bietet dieses Bändchen eine Fülle von vertrauten Ansichten und verblüffenden Einsichten, die zur Weiterbeschäftigung herausfordern. Die Europäische Ethnologie sollte die Chance des neu erwachten Interesses an Europa nutzen und den von Wulf Köpke gewiesenen Weg konsequent weiter verfolgen. Rüdiger Vossen Lombard, D.; Aubin, J. (eds.): Marchands et hommes d'affaires asiatiques dans l'Océan In- dien et la Mer de Chine, 13*—20* siècles. Ports, routes, trafics 29. 375 Seiten, Abb., Tab., Karten. Paris: Ed. de l'Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales 1988. Der vorliegende Sammelband, Ergebnis einer Tagung in Paris von 1985, soll Licht auf einen noch kaum erforschten Bereich werfen: das Milieu der Händler, Geschäfts- und Kaufleute Asiens der letzten sieben Jahrhunderte. Er umfafit 27 Beitráge und ist in vier Teile gegliedert. In der Einleitung begründet D. Lombard (Y a-t-il une continuité des réseaux marchands asia- tiques?) den weitgesteckten geographischen und zeitlichen Rahmen des Bandes mit der Not- wendigkeit, die Entstehung und Entwicklung der asiatischen Handelsnetze von Anfang an zu verfolgen; indischer Ozean und chinesisches Meer waren bereits lange vor der Ankunft der europäischen Kolonialmáchte durch engmaschige Handelsnetze miteinander verknüpft und müssen deshalb gemeinsam betrachtet werden. In vielen historischen Arbeiten über die Wirt- schaftsgeschichte der Region werden die europäischen Kolonialmächte in das Zentrum der Be- trachtung gerückt. Lombard hingegen stellt diesem Band, in dem auf die europäischen Aktivitä- ten bewußt nur am Rande eingegangen wird, die Frage nach der Kontinuität der asiatischen Handelsnetze voran. Der erste Teil ist den drei großen Hafenstädten Quanzhou (das „Zaitun“ Marco Polos), Kal- kutta und Malakka gewidmet und der Bedeutung, die sie zwischen dem 13. und 16. Jh. für die Entfaltung des Handels besaßen. Die Beiträge von C. Dasheng und D. Lombard (Le róle des ét- rangers dans le commerce maritime de Quanzhou (Zaitun) aux 13¢ et 14° siècles), L. F. Thomaz (Malakka et ses communautés marchands au tournant du 16° siècle) und G. Bouchon (Un micro- cosme: Calicut au 16¢ siecle) betonen gleichermafien den multiethnischen Charakter dieser auf den internationalen Handel ausgerichteten Städte. Archäologische Quellen belegen die Anwe- senheit hinduistischer und christlicher Gemeinschaften in Quanzhou und lassen die Bedeutung, welche die dortige islamische Gemeinschaft im 13. Jh. hatte, erkennen. Die Sultane Malakkas waren bestrebt, systematisch — etwa durch niedrige Zölle - fremde Händler in ihre Stadt zu lok- ken, um aus dem Handel ihre Truppen finanzieren zu können. Thomaz kennzeichnet Malakka als ,merkantilistischen Staat*, der weit entfernt von einem staatlich kontrollierten Handel war. Kalkutta verdankt seine wirtschaftliche Stärke im 15. Jh. den dort ansässigen Muslimen. Als Nachkommen arabischer Seeleute und einheimischer Frauen niederer Kasten war diese Gruppe