Zeitschrift für Ethnologie 115 (1990)
Mit der von vornherein festgelegten Zuordnung der Tonfiguren in den Bereich des Zeremonial-
komplexes wurde also einmal mehr der Standardlösung der archäologischen Interpretation, al-
les was nicht eindeutig mit einer Funktion belegt werden kann, dem Religiös-Zeremoniellen zu-
zuschreiben, gehuldigt.
Nachfolgend einige kritische Anmerkungen, die sich direkt inhaltlich auf die vorliegende
Publikation beziehen:
Eine generelle kurze Einleitung zu den Hohokam, ihrer geographischen Verbreitung sowie
ihrer zeitlichen und kulturellen Einordnung in den Kulturraum des Südwestens wire sehr hilf-
reich für die Orientierung des Lesers. Ebenfalls an den Anfang hätte eine Übersichtskarte über
das Verbreitungsgebiet der Hohokam gehört mit Angabe der wichtigsten Fundorte und Kenn-
zeichnung derjenigen, die in der Studie bearbeitet werden.
In der Einleitung wären Zeitangaben hinter der Benennung einer chronologischen Phase an-
gebracht (vgl. S. 1).
Da spáter im Text háufig die chronologischen Phasen, die in der Chronologie des Tucson
Basin benutzt werden, angeführt werden (vgl. Kap. 4, S. 123f£.), wäre es nur logisch gewesen,
auch diese zum Vergleich in der Chronologieübersicht (Tab. 1.1, S. 4) darzustellen, um dem Le-
ser die zeitliche Korrelation zu ermóglichen.
In der kurzen Diskussion um den Einflufi der *New Archaeology" (S. 5ff.) wird eine völlig
undifferenzierte Darstellung des Forschungsansatzes der amerikanischen Archäologie gegeben.
Die *New oder Processual Archaeology", wie sie 1962 von Binford definiert wurde, ist nur ein
Teilaspekt der heutigen Forschungsansátze und wurde in der Zwischenzeit auch massiv kriti-
siert (Kohl; Leone; Sabloff, Beale und Kurland; Shanks und Tilley u. a.). Seit der Proklamation
der *New Archaeology" ging die Theoriediskussion weiter, und es haben sich die verschieden-
sten Ansátze zur Untersuchung und Bewertung archáologischer Kontexte entwickelt. Hier
seien nur einige Suüchworte wie z. B. *Behavioralism" (J. Jefferson Reid, Michael B. Schiffer
u. a.), *Cultural Materialism" (Jeffrey R. Parsons, William T. Sanders, Barbara Price, Eric A.
Wolf u. a.), *Neo-Marxism" (Elizabeth M. Brumfiel, Antonio Gilman, Robert Paynter u. a.),
*Post-Processualism" (Ian Hodder u. a.) genannt?
Bei den Ausführungen zum Zeremonialkomplex und der Sozialstruktur (Kap. 1.3, S. 6) wird
der Zusammenhang zwischen Siedlungsentwicklung und Sozialstruktur nicht klar. Es müfite
deutlich gemacht werden, ob und wie die Sozialstruktur mittels einer Analyse der Siedlungsent-
wicklung rekonstruiert werden kann.
Im Zuge der Funktionsbestimmung der 'Tonfiguren (Kap. 1.5, S. 19) wird nicht ersichtlich,
warum letztendlich *das gesamte Spektrum dieser (Figuren-)Funde dem Zeremonialbereich zu-
zuordnen ist".
Bei der Diskussion der Funde aus “Snaketown”, einem der bearbeiteten Fundorte, wird
nicht deutlich, ob Bestattungen, die mit Tonfiguren assoziiert sind, immer mit weiteren Beiga-
ben vorkommen, oder ob es auch Bestattungen gibt, in denen Tonfiguren die einzige Beigabe
bilden (S. 114ff.).
Auf dem Übersichtsplan des Fundortes *La Ciudad" (Abb. 5.1, S. 149) hátten die Nummern
der Bestattungen und Häuser sowie die Namen der Gráberfelder angegeben werden müssen, da
im Text stándig auf sie Bezug genommen wird.
Auf dem Übersichtsplan am Ende der Studie wáre es günstig gewesen, die untersuchten
? Für eine differenzierte Darstellung der Theorieentwicklung in der amerikanischen Archiologie sei auf
Clifford C. Lamberg-Karlovsky (ed.), Archaeological thought in America, Cambridge 1989, verwiesen.