rechtlicher Erkenntnisse ist aber anerkanntermassen das Haupt
ziel juristischer Methodologie.1)
Wenn auch in neuerer Zeit bestritten wurde, daß die
klassische Interpretation in genügendem Maße die Objektivität
wahre,2) so wurde in striktem Gegensätze hiezu doch wieder
überall verlangt, daß der Rechtsstoff nicht nur deduktiv, son
dern in seinem Zusammenhänge, also induktiv, erfaßt werde,
und hiemit erledigen sich m. E. alle betreffenden Angriffe gegen
die klassische Interpretation umsomehr, als das von den Neueren
so sehr gehegte Gewohnheitsrecht — wie schon oben erwähnt —
ohne induktive Bearbeitung des Sinnes der einzelnen Rechts
handlungen überhaupt undenkbar wäre.3)
Es ist aber nicht nur die extendierende, restringierende und
bestätigende Interpretation, die in der induktiven Bearbeitung des
Rechtsstoffes beschlossen liegt, sondern auch die viel angefochtene
Analogie, als der Schluß vom Aehnlichen auf das Aehnliche. Die
Analogie ist nämlich die notwendige Voraussetzung jeglicher In
duktion. Bevor der Versuch einer Induktion unternommen wird,
muß von der bei einem Objekt konstatierten Induktionsmöglich
keit durch Analogie auf die gleiche Induktionsmöglichkeit bei
einem anderen Induktionsobjekt geschlossen worden sein. Der
von den Juristen verwendete Analogieschluß ist aber überhaupt
immer schon das Werk einer unvollständigen Induktion. Es ist
kaum denkbar, daß der Jurist einen Analogieschluß zieht, ohne
gleichzeitig das Identische der ähnlichen Denkobjekte anzugeben
und an dieses Identische die gezogene Folgerung anzuknüpfen.4)
p Saleilles, in der Vorrede zu Geny, Methode . . . . S. V; Geny,
Methode ... S. 187; Kraus, Interpretation, S. 8; Rumpf, Gesetz und
Richter, S. 119; Brütt, a. a. 0., S. 50.
2) Geny, Methode, S. 58, 117.
3) Für induktive Bearbeitung des Rechtsstoffes sprechen sich unter Ändern
aus: Geny, Methode, S. 38, 116; Kraus, Interpretation, S. 12; Schmidt,
Staatslehre, S. 170; Regels be rger, Pandekten, S. 147; Bierling, a. a. 0.,
Bd. II, S. 105; Beseler, a. a. 0., S. 82; Wurzel, a. a. 0., S. 53; Thöl,
a. a. 0., S. 139.
4) So begreift auch Geny, a. a. 0., S. 496 die Analogie — ebenso
Regelsberger, Pandekten, S. 157 und Thöl, a. a. 0., S. 142; Bornhak,
Staatsrecht, S, 102; Rumpf, a.a.O., S. 142 nennt es die „herrschende Lehre.“