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KÖNIGLICHE MUSEEN ZU BERLIN
VERÖFFENTLICHUNGEN
AUS DEM
KÖNIGLICHEN
MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE
VII. Band. I.—4. Heft
INHALT:
WILHELM GRUBE: Zur Pekinger Volkskunde
4%/. 4-nY
BERLIN
W. SPEMANN
1901
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»
Inhalt.
Seite
Vorbemerkung................................................................................................................................................................ i
Erstes Kapitel. Gebräuche, die bei der Geburt und während der Kindheit beobachtet werden . . i
Zweites Kapitel. Hochzeitsbräuche.................................................................................................................................. 10
I. Hochzeitsbräuche der Mandschu............................................................................................................ 10
II. Hochzeitsbräuche der Chinesen .... 29
Drittes Kapitel. Totenbräuche................................................................................................................................................... 36
Das Ahnenopfer.................................................................................................................................................................45
Viertes Kapitel. Die Jahresfeste.............................................................................................................................................. 47
Fünftes Kapitel. Volksbelustigungen............................................................................................... 99
I. Fahrendes Volk: Sänger und Sängerinnen, Geschichtenerzähler....................................................... 99
II. Gauklervereine......................................................................................................................................................... 102
III. Theater.....................................................................................................................................................................117
Anhang. Erklärung der auf Tafel I—X reproduzierten Stickmuster.................................................................... 137
Deutscher Index.................................................................................................................................................................................
Chinesischer Index.....................................................................................
Berichtigung.
Auf Seite 91, Zeile 36 ist für: »In dem Berichte wird einer Opferdarbringung für die Ge
mahlin des Tsao-wang Erwähnung gethan« zu lesen: »Das Li-chi bezeichnet das Herdopfer als
ein solches, das von alten Frauen dargebracht wird«. Unter chi, »Bericht«, ist offenbar das Li-
chi gemeint, woselbst sich Buch VIII, I, 23 ein ähnlicher Passus findet, nur dass dort für tsao der
Ausdruck ao gebraucht wird. De Groot (Les fetes annuellement celebrees ä Emoui, p. 451) über
setzt jene Stelle folgendermafsen: »Ce Ngao est une offrande aux vieilles femmes« und Legge (The
Sacred Books of China, Part III, p. 404): »Now that sacrifice is paid to an old wife«. Ich gebe
jedoch in diesem Falle der obigen Übersetzung den Vorzug, weil sie den Gegensatz zu dem im
darauffolgenden Satze Gesagten verständlich macht.
Zur Pekinger Volkskunde.
Von Wilhelm Grube.
Vorbemerkung.
Die vorliegende Arbeit enthält in erster Linie die Beschreibung und Erklärung einer gröfseren
ethnographischen Sammlung, die ich während meines Aufenthaltes in Peking im Herbst und Winter
1897/98 für das Königliche Museum für Völkerkunde angelegt habe. Sie bezieht sich demnach aus-
schliefslich auf Peking, indem sie die dortigen Sitten und Bräuche schildert, wie sie sowohl das
Leben des Einzelnen in seinen Hauptetappen von der Wiege bis zur Bahre begleiten, als auch das
Volkstum in seinem inneren und äufseren Leben charakterisieren. Oft handelt es sich dabei um
private und öffentliche, religiöse und profane Bräuche, deren Erwähnung und Berücksichtigung man
in schriftlichen Urkunden vergeblich suchen würde, die sich vielmehr nur aus dem Volksmunde und
durch eigene Anschauung kennen lernen lassen.
Leider ist unsere Kenntnis des chinesischen Volkstumes bis jetzt eine so beschränkte, dafs
jeder Versuch, dieselbe zu erweitern, nur erwünscht sein kann. Haben doch die bisherigen Leistun
gen auf diesem Gebiete — ich nenne nur die auf Kanton, Fuchou und Amoy bezüglichen Ar
beiten von Gray, Doolittle und de Groot — gezeigt, wie grofs, trotz der scheinbaren Gleichförmig
keit der chinesischen Kultur, die Verschiedenheit ihrer lokal differenzierten Erscheinungsformen ist.
Um so bedauernswerter ist es, dafs von sinologischer Seite dem Studium des chinesischen Volks
tumes ein so geringes Interesse entgegengebracht wird. Wieviel könnten allein die Missionare auf
diesem Gebiete thun, das doch ihrem Arbeitsfelde besonders nahe liegt! Indessen pflegt ja das
Nächstliegende in der Regel übersehen zu werden.
Wenn die folgende Darstellung hin und wieder über den Rahmen meiner ethnographischen
Sammlung hinausgeht, so wird ihr, wie ich hoffe, daraus kein Vorwurf gemacht werden. Dafs sie
vieles enthält, was der Berichtigung und Ergänzung bedarf, dafs sie weit davon entfernt ist, den
Stoff in erschöpfender und abschliefsender Weise zu behandeln, weifs niemand besser als ich. Den
noch gebe ich mich der Hoffnung hin, dafs dieser erste gröfsere Beitrag zur Kenntnis der Pekinger
Sitten und Bräuche dem Ethnographen nicht unwillkommen sein wird.
Erstes Kapitel.
Gebräuche, die bei der Geburt und während der Kindheit beobachtet werden.
Sobald die Schwangerschaft konstatiert ist, wird ein Geburtshelfer, pao^-t ai1, zu
Rate gezogen. Dieser befühlt der Schwangeren zunächst den Puls und beschränkt sich im übrigen
in demRegel auf einige allgemein gehaltene Vorschriften. So z. B. wird der angehenden Mutter der
Genufs sehr salziger und pikanter Speisen untersagt; auch darf sie nicht steigen, noch auch die
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
2 Wilhelm Grube:
Arme emporrecken und mufs vor allen Dingen vor jeder Gemütserregung bewahrt bleiben. Nöti
genfalls verordnet der Arzt wohl auch gewisse beruhigende Mittel, Uo ippf ariI-fail-tiI-j'ao*.
Während des siebenten oder achten Monats der Schwangerschaft wird die Frau von ihren weiblichen
Angehörigen mit allen für die Niederkunft und das neugeborene Kind erforderlichen Sachen versorgt;
dazu gehören: Reis für den Reisbrei, Eier, Zucker, mildes Naschwerk (jffg ^ |p[*j cliingT-
tarF-ti'-tierß-hsin*), Papier zum Abwischen des Blutes, Decken, Kopfkissen (resp. Nackenstützen),
Windeln chiehA-ts\t*3), Gürtel für das Kind, endlich ein Lichtschirm (j|f||f| fou2-tang3) so
wie blaue Fenstervorhänge.
Im Laufe des neunten Monats findet oft ein eigentümlicher Brauch statt, der unter dem
Namen ts ui-sheng1, »Beschleunigung der Geburt«, bekannt ist. Die weiblichen Angehö-
ligen der Schwangeren bringen ein mit Naschwerk gefülltes Gefäfs von der Form des sheng1
genannten Getieidemafses mit und werfen dasselbe auf das Ofenbett, auf dem die Schwangere
liegt. Bleibt das Gefäfs mit der Öffnung nach aufsen, d. h. nach vorn, liegen, so gilt das als ein
Zeichen, dafs die Niederkunft bald erfolgen wird.
Kuiz voi der erwarteten Niederkunft finden sich einige der weiblichen Angehörigen der
Schwangeien abermals ein, um derselben während des ersten Monats zur Seite zu stehen,
f J 1 ts\e ■ Die Wöchnerin darf nämlich nach erfolgter Niederkunft einen vollen Monat
lang nicht das Blaus, genau genommen nicht einmal ihr Zimmer verlassen. Dieser Stubenarrest
heilst Jfj ÖÖ tsoA-yiiebetwa: »den Monat absitzen«, oder chanA-fang2, »das Haus
hüten«. Auch der Arzt wird nun nochmals hinzugezogen, um der Patientin »ein die Lebenskraft
regulierendes Mittel«, ® 3g ft gg fiao2-li3-chh-hsieh3-ti'-yao*, zu verordnen. Unter
y>ch iA-hsiehA«, Odem und Blut, kann sowohl die Lebenskraft als auch die allgemeine Körperbeschaffen
heit oder Konstitution verstanden werden. Ist das cKiA-hsieh3 normal, so geht die Geburt leicht
von statten. Handelt es sich um eine erste Niederkunft, so verschreibt der Arzt gewöhnlich noch
»ein die Knochen öffnendes Pulver«, kcaix-ku3-san4, durch das die Schofsfuge erweitert
werden soll. Nun wird auch die Hebamme, in Peking lao3-lcio3 oder shoii-shengT-po2,
in südlicheren Distrikten iven3-po2 genannt, herbeigerufen. Das Haus einer Hebamme ist in
Peking stets an einem besonderen Aushängeschild zu erkennen; dasselbe besteht aus einer quadra
tischen Holztafel, die an einer schrägen Stange befestigt ist und von der ein nach unten hin sich
verbreiternder roter Zeuglappen herabhängt. Auf der Vorderseite der Tafel steht der Name der
Hebamme mit Angabe ihrer Thätigkeit, z. Wang2-shih shouT-hsi3, »Frau Wang,
empfängt und wäscht«. Auf der Rückseite der Tafel liest man bisweilen: ^ chi2-hsiang2
lao3-lao3, »glückbringende Hebamme«, oder j|L liuaiA-mci3 cliing1-che1, »flinkes Rofs
und leichtes Gefährt«, wodurch ausgedrückt werden soll, dafs sie, sobald sie gerufen wird, auch
gleich zur Stelle ist.
Die Flebamme befühlt den Mittelfinger der Schwangeren, und wenn sie im obersten Gliede
desselben ein Zucken wahrnimmt, so gilt die Stunde der Niederkunft als nahe bevorstehend. Durch
Betasten des Leibes sucht sie dann noch den Eintritt der Katastrophe genauer zu fixieren. Jede
Hebamme besitzt einen gedruckten Leitfaden der Geburtshilfe, ta2-sheng1 -pien1, aus
dem sie ihre Weisheit schöpft und den sie von Grund aus kennen mufs. Das Buch ist nicht käuf
lich, sondern wird ausschliefslich gratis verteilt. Von der Hebamme soll übrigens auch verlangt
werden, dafs sie im stände sei, die Niederkunft, falls diese schwer ist, durch chirurgische Eingriffe
zu erleichtern.
Der erwähnte erste Besuch der Hebamme heifst: ^ ^ ^ jenA-mehrh2, »Kennenlernen der
Hausthür« (sc.der Patientin) und das für denselben gezahlte Honorar: |^J jenA-men2-ti-cliien2.
Sobald sich die Wehen einstellen, wird die Hebamme abermals herbeigeholt. Die Kreifsende
sitzt in hockender Stellung, den Rücken an die Wand gelehnt, auf dem K'ang (dem Ofenbett); ihre
hüfse ruhen auf zwei Ziegelsteinen, die dazu dienen, ihr eine etwas erhöhte Stellung zu geben, damit
das zur Aufnahme des Blutes und der Nachgeburt bestimmte Becken, hsieh3-p'en2, ihr zwischen
die Beine geschoben werden kann. Diese ganze Prozedur trägt den Namen lin2-p en2, »ans
Becken herantreten« (daher hat lin2-p''en2 auch die Bedeutung: »nahe bevorstehende Niederkunft«). Nun
mehr geht die Hebamme daran, das Kind zu empfangen, chieli-sheng\ Sobald der Kopf des
Neugeborenen zum Vorschein gekommen ist, weifs sie bereits, ob es männlichen oder weiblichen
Zur Pekinger Volkskunde. 3
Geschlechts ist, da bei Knaben das Antlitz angeblich stets nach unten, bei Mädchen stets nach
oben gerichtet ist. Dieser seltsame Aberglaube findet in den naturphilosophischen Anse iauunö
der Chinesen seine Erklärung. Der Mann gilt bekanntlich als Ausflufs des ch len , dei männ
liehen, zeugenden Kraft, die ihrerseits dem Himmel entspricht, während das Weib aus dein ei
Erde entsprechenden k'un1, der weiblichen, gebärenden Kraft, hervorgeht. Himmel und Eice
bringen durch gegenseitige Beeinflussung, gewissermafsen durch einen kosmologischen Zeugungs-
prozefs, alle Dinge hervor. Wie nun der Himmel sich über der unter ihm ruhenden Erde wölbt,
während beide einander ihr Antlitz zukehren, so besteht dieses Verhältnis auch zwischen Mann und
Weib. Da bekanntlich in China »der Mann schwerer wiegt als das Weib« (ÄÄa*««>
so gilt die Geburt eines Sohnes als das gröfste Glück, das einem Hause zu teil werden kann. In
diesem Falle beglückwünscht die Hebamme die Wöchnerin mit der stereotypen Foi mel.. y V
»Ihnen ist ein überaus (auf dieses »überaus« wird ein ganz besondere!
Nachdruck gelegt) grofses Glück widerfahren: Sie haben einen jungen Herrn geboren«. Handelt es
sich hingegen nur um ein Mädchen, so heifst es einfach: /äiöS f ykT- EMte
ist ein grofses Glück widerfahren: Sie haben ein junges Fräulein geboren«.
Nach erfolgter Niederkunft wird die Nabelschnur, chi2-tai4, mit einem zui Rotglut
erhitzten Eisenstäbchen, km- h'uo3-k'uai4-ts\£3, abgeschnitten, das Becken mit dem Blute und
der Nachgeburt fortgetragen und die Wöchnerin, eil an4-mit3, auf ein weiches Polster gesetzt,
wobei ihr eine Anzahl Kissen hinter den Rücken gelegt werden. Als einen »das Herz beiuhigenden
Trank«, ting4-hsinT-fang1, reicht man ihr ein Glas Zuckerwasser.
Wenn ein Sohn geboren worden ist, werden sofort alle Verwandten und Freunde durch
mündliche Mitteilung von dem freudigen Ereignis in Kenntnis gesetzt pj sung4 kou3-chih ),
die sich alsbald einfinden, um ihre Glückwünsche darzubringen. Besonders festlich werden die diei
ersten Tage begangen (pan4 sau1 t'ien1'). Der Hof wird durch Überdachung in eine
geräumige Halle verwandelt, in der die Gäste bewirtet und durch Musik, Eiedervorträge blinder
Sänger und Gauklervorstellungen unterhalten werden. Nur diejenigen, die sich im Laufe der drei
ersten Tage eingefunden haben, dürfen die Wöchnerin während des ersten Monats besuchen; da
her pflegt sich die ganze Verwandtschaft und Bekanntschaft möglichst zeitig und möglichst voll
zählig einzustellen. Wer die Wöchnerin während des ersten Monats aufsucht, ohne im Laufe der
ersten drei Tage einen Besuch abgestattet zu haben, bewirkt dadurch, dafs ihr die Milch ausbleibt
»er hat die Milch weggetrampelt«). Diese üble Wirkung kann jedoch dadurch
beseitigt werden, dafs die Person, die sie verschuldet hat, der Wöchnerin Reisbrei schickt, nach dessen
Genufs die Milch sich wieder einstellt. Empfängt die Wöchnerin während des ersten Monats den Besuch
eines »vieräugigen Menschen«, 0iftA S^4-jpen3-jen2, d. h. einer schwangeren Frau oder des
Gatten einer solchen, so bleibt die Milch aus und stellt sich nicht eher wieder ein, als bis jene Frau
ebenfalls niedergekommen ist. Vollends verhängnisvoll ist aber der Besuch des Gatten einer schwan
geren Frau, da nach einem solchen die Milch ein für allemal ausbleibt; daher das Sprichwoit.
töraiRik »vor einer vieräugigen Frau braucht man sich nicht zu fürchten,
um so mehr jedoch vor einem vieräugigen Manne«. Dieser Aberglaube ist auch der Grund, weshalb
der Arzt unbedingt während der ersten drei Tage nach erfolgter Niederkunft hinzugezogen werden
mufs: ist das unterblieben und er kommt später im Laufe des ersten Monats, so übt auch sein
Besuch jenen unheilvollen Einflufs aus.
Am dritten Tage nach der Niederkunft gräbt die Mutter oder, falls diese nicht mehr am
Leben ist, die älteste Schwägerin der Wöchnerin eine Grube im Abtritt und vergräbt dort die Nach
geburt, ts^-lio'-clie1. Auf diese wird zunächst ein Stein gelegt, dann Erde aufge
schüttet und auf das Ganze abermals ein Stein gestülpt. Das geschieht aus Vorsicht, damit die
Nachgeburt nicht gestohlen werde. Rührt dieselbe nämlich von der Geburt eines männlichen Kindes
her, so kann sie zur Anfertigung eines Heilmittels dienen, das zur Wiederherstellung der Lebens
kraft angewandt wird.
Am dritten Tage findet das feierliche Bad des Neugeborenen, hsi3-san1 genannt,
statt. Man bedient sich dabei eines Dekoktes von Zweigen der Sophora japonica, hnai
t'iao2, und Blättern der Artemisia, ai4-jeh4. Auf dem K'ang, dem Ofenbett, wird ein Bildnis
(Jtpfjg shen'-ma4) der Schutzgötter desselben, des Kang'-fu4 und der k'ang4-mn3.
Wilhelm Grube:4
d. h. des K'ang-Vaters und der K'ang-Mutter, aufgestellt und vor demselben unter Verbrennung von
Räucherkerzen eine Opferceremonie veranstaltet. Desgleichen werden auch auf einem besonderen
Tische Opfergabenvor dem -Bildnisse der;^ jg jg chiu3-niang2-niang2, »der neun Göttinnen« aufgestellt.
Nachdem ein Oltuch über das Ofenbett ausgebreitet worden, damit es nicht bespritzt werde,
wird ein kupfernes Waschbecken mitten darauf gestellt. Zu beiden Seiten des letztgenannten stehen
sechs Schüsseln mit den sogenannten »Glücksfrüchten«, ä HT hsi3-kuo3-ts\&3, deren glückver-
heifsende Bedeutung auf Wortspiele zurückzuführen ist. Es sind dies die folgenden: i.
h4-chihT, die Früchte von Nephelium lichi, in der Bedeutung der gleichlautenden Worte:
h4-chihx, »einen (neuen) Zweig (sc. am Stammbaum) ansetzen«; 2. j|| tsao rh3, Jujuben, die Früchte
von Zizyphus vulgaris, die in der Schreibung: JEjI tsao3-erh2 den Wunsch, es möchte bald ein
Sohn geboren werden, ausdrücken; 3. li*-ts\&3, Kastanien, als Wortspiel für jjjf-jr lih4-ts\&3,
»Nachkommenschaft bekommen«; 4. kuei4-yiian2, die getrockneten Früchte von lung2-
yeri3, Nephelium longan; dieselben tragen in der Pekinger Umgangssprache auch den Namen |J|J JJtj
Jüan2-yiian2, der in diesem Falle im Sinne von |Jp] |J|j Vuan1 -yiian2 den Wunsch verkörpert, dafs
die Familie allezeit vollzählig vereint bleiben möge. Die beiden übrigen Schüsseln enthalten bunt
gefärbte Eier. Dafs diese ebenfalls als »Früchte« figurieren, erklärt sich aus dem Umstande, dafs
die gewöhnliche Bezeichnung für Ei: ilTÄ chix-ts\erhZ, weil das erste Glied des Kompositums
an einen vielgebrauchten obscönen Ausdruck anklingt, für tabu (chinesisch: chk-Kui4 oder
jjjjg tsu4) gilt1) und daher, wenigstens in Gegenwart von Frauen, durch |Uj jjpt pai2-kuo,rh3, »weifse
Früchte«, ersetzt wird. Vor dem Becken steht ein Napf mit Wasser und einem Löffel darin. Aufser-
dem sind noch folgende Gegenstände auf dem K'ang zurechtgelegt: eine Wage mit Gewichten,
eng4-ko4, ein grober Kamm, mu4-shux, ein feiner Kamm, 1f|^p lung3-ts'{e3, Moxa,
ai4-/ung2, Ingwerschnitte, chiangl-pien\ Zwiebeln, tsung1, und ein kleines Sieb,
hsiao3 - shai1- ts\&3.
Nachdem alle nötigen Vorbereitungen getroffen worden, nimmt die Hebamme mit dem Kinde
auf dem K'ang hinter dem Becken Platz und fordert die Anwesenden mit den Worten: |ff
»ich bitte die Herren und Damen, das Becken nachzufüllen« auf, die nunmehr
folgende Ceremonie vorzunehmen. Eine Magd giefst die vorhin erwähnte Flüssigkeit in das Becken,
worauf zunächst die anwesenden Herren herantreten und Geldmünzen hineinwerfen. Jede derartige
Gabe wird von einem Segenswunsch begleitet, der meist in das Gewand eines Wortspiels gekleidet
ist. So mag z. B. einer der Anwesenden 800 Cash ins Becken werfen und dabei die Worte sprechen:
/\ 1115 Jüft fff Pa 1"chieh2-kangx-ning2, »möge während der acht Perioden des Jahres Ruhe und
Frieden herrschen«. Ein anderer begnügt sich mit einer Gabe von 200 Cash und sagt dazu: ~ kyl
~)y erh4 ts^S4 pcing2-an1, »die beiden Worte: Ruhe und Behagen«. Ein Dritter spendet joci causa
unter allgemeiner Heiterkeit einen Cash mit dem Wunsche, dafs der Neugeborene die erste Rang
stufe einnehmen möge, ^ ]j^j—- ^ tang1 - eil ao2 -yi1 -p in3. Nach den Herren kommen die Damen
an die Reihe, die nach Belieben die erwähnten Glücksfrüchte oder Geldmünzen oder beides
ins Becken werfen. Auch sie begleiten jede Gabe mit einem Segenswunsch nach der obigen
Schablone und sagen etwa, indem sie eine Kastanie ins Becken werfen: tsao3-tsao3
li4-ts\&3, »mögen ihm frühzeitig Söhne beschieden sein«. Eine Geldspende können sie mit dem
Wunsche: cKang2-ming4-pai3-sni4, »möge er lange leben und hundert Jahre alt wer
den«, oder: fu2-shou4 shuangx-cKüan2, »möge ihm Glück und langes Leben im voll
sten Mafse beschieden sein« u. dergl. m. begleiten. Zuletzt beteiligen sich auch die etwa anwesen
den Kinder an der Ceremonie, indem sie in der Regel aus dem vor dem Becken stehenden Napfe
kaltes Wasser in das erstere giefsen.
Dieser Brauch trägt den Namen: fienx-p‘en2, »das Becken nachfüllen«.
Da das Dekokt im Becken mittlerweile abgekühlt ist, wird heifses Wasser hinzugegossen,
worauf die Hebamme dem Kinde die Windeln abnimmt, es wäscht und dann mit einem reinen
*) Aus einem analogen Grunde wird in Gegenwart von Frauen das Wort cKax, hineinstecken, durchstechen,
vermieden, und man sagt z. B. für cKci1 - shang4 -men2, die Thür verriegeln, den Thürbolzen vorschieben, lieber
pf ± n cKienx- shang4- men2.
Zur Pekinger Volkskunde.
Handtuch abtrocknet. Sobald das geschehen, fährt sie dem Kinde mit der Wage und den Ge
wichten über den Kopf und spricht dabei die Worte: f|§; ||| 1|l men3-iven3-chung4-chung4-ti1,
»möge er fest und gewichtig dastehen«. Darauf berührt sie den Kopf des Kindes zweimal
mit der Zwiebel und sagt beim ersten Male: —* Jß|I i1-ta3 tsungx-ming2, »durch den ersten
Schlag sei dir heller Verstand beschieden« tsung*, »Zwiebel« ist hier als Wortspiel für JjJ|[ tsung1
»klug« verwendet); beim zweiten Male: erh4-ta3 chf-ling2, »durch den zweiten Schlag
sei dir durchdringender Scharfsinn beschieden«. Alsdann fährt sie dem Kinde erst einmal mit dem
gi oben Kamme vorn über den Kopf und dann zweimal mit dem feinen Kamme über den Hinterkopf
und spricht dabei die Worte: —■ ^pjfTjf “F" yk-shF-ts^3 liang3-lung3-ts\&3,
c lang3 - ta4 - liao3 tai4 ting3-ts\&3, »einmal mit dem groben Kamme, zweimal mit dem feinen Kamme;
;-,iofs gewoiden, mögest du einen Rangknopf (auf dem Hute) tragen«. Hierauf schüttelt sie das Sieb
über dem Kinde mit den Worten: shai1 na4-ko4 tieif-Kua1 tou4-chen3, »ich
lasse die Pocken durchs Sieb«. Da das Sieb sehr fein ist, so soll durch diese symbolische Hand
lung der Wunsch ausgedrückt werden, dafs die Pocken recht dünn gesät sein mögen. Endlich macht
die Plebamme ein Pille aus kleingehackter Artemisia, zündet sie an und legt sie mit einer Scheibe
Ingwer als Unterlage auf den Kopf des Kindes. Diese Prozedur wird dreimal wiederholt. Indem
die Dämpfe der Artemisia und des Ingwers den Leib des Kindes durchdringen, schützen sie
das letztere vor Erkältungskrankheiten. Zum Schlüsse öffnet die Hebamme dem Kinde den
Mund und untersucht den Gaumen. Nimmt sie an demselben weifse Pünktchen wahr, Q fflj
peil -tienrh3, auch ch i'-lisingJ-ts\e3, »die sieben Sternchen«, genannt, so wischt sie diese
leicht mit einem schwarzen baumwollenen Tuche ab, da, wenn die Pünktchen nicht rechtzeitig ent
fernt werden, das Kind am Saugen behindert wird. Ist auch dies erledigt, dann wird das Kind,
sorgfältig in Decken eingehüllt, auf dem K'ang gebettet, und die Hebamme macht samt den Fa
milienangehörigen vor den Bildnissen der neun Göttinnen und der Schutzgötter das K'ang Kotou.
Schhefslich werden die auf dünnes Papier gemalten Götterbildnisse mittels brennenden Opfergeldes
in Brand gesteckt. Dabei kommen drei Arten von Opfergeld zur Verwendung: i. fo2-pao3,
das die Gestalt von Gold- und Silberbarren hat und mit dem Zeichen Fo2, Buddha,'versehen
1Stf. 2‘ Mm Kuang'-cKien2, das, wie der Name besagt, aus gelbem Papier besteht, und 3. HJ§
einen1-chang1, zickzackförmig geschnittenes Papier, das die Stufen darstellen soll, auf denen dR
Götter gen Himmel emporsteigen. Die Verbrennungsceremonie trägt den Namen: jjjftj JIL HP
sung4 shen2 sheng1 fien\ »den Göttern auf ihrem Wege gen Himmel das Geleit geben«.
Sämtliche Opfergaben sowie die übriggebliebenen »Glücksfrüchte« werden der Hebamme
iibeilassen, desgleichen bekommt sie auch die in das Becken geworfenen Geldmünzen, wohingegen
die im Becken befindlichen Glücksfrüchte von den Familienangehörigen zurückbehalten werden, um
am nächsten Tage von der Schwiegermutter der Wöchnerin nach Gutdünken kinderlosen Frauen
übeisandt zu werden, die durch den Genufs der Früchte Aussicht auf Kindersegen erlangen. Nach
dem die Hebamme ihre Schätze in ein Bündel zusammengepackt hat, verläfst sie das Haus. Abends
versammeln sich alle zu einem festlichen Mahle.
■^ack Ablauf der ersten drei Tage stattet die Schwiegermutter sowie auch der Mann der
öc inerin (erstere bei den Damen, letzterer bei den Herren) allen Verwandten und Bekannten, die
sich zur Beglückwünschung eingefunden hatten, Dankbesuche ab.
Die Feier der Vollendung des ersten Monats, iiS man3 -yüeh4, wird in wohlhabenderen
Häusern besonders festlich begangen, und zwar nach der Geburt eines Mädchens am 30., nach der
eines Knaben am 29. des betreffenden Monats. Die Sitte, in dem letzteren Falle einen Tag zu
streichen, hängt damit zusammen, dafs das männliche Geschlecht dem Yang angehört, das durch
ungerade Zahlen lepiäsentiert wird, während die geraden Zahlen dem weiblichen Prinzip, Yin,
entsprechen.
Zur Feier des man3-yüeh4 wird in der Regel der Hof des Hauses wiederum überdacht und
nuf diese Weise in eine geräumige Festhalle umgewandelt. Die Gäste, vorwiegend Frauen, erschei
nen sämtlich ungebeten und bringen verschiedene für das Kind bestimmte Geschenke zumeist eigenen
Fabrikates mit. Unter den letzteren spielen kleine Schuhe die Hauptrolle. Diese sind entweder
ichtige Kinderschuhe von den verschiedensten Phantasieformen oder solche, die den Schuhen Er
wachsene! nachgebildet sind. Zu der ersten Art gehören die shiF-ts^-hsieh2, Löwen-
6 Wilhelm Grube:
schuhe, ^Ije^ chu1-hsieh2, Schweineschuhe, lao3-Ku3-hsieh2, Tigerschuhe, rjjje jV/2-
hsieh2, Fischschuhe; zu der zweiten Art: i4-S\ö3-niu2, »Schuhe, mit denen man durch
einen Fufstritt ein Rind töten kann«, lei4 - pu4 - sha1, »Schuhe, in denen man der Ermü
dung nicht unterliegt« (dieselben sind denen der Lastenträger nachgebildet), shou4-ts\&4-
li3, Schuhe mit dem daraufgestickten Zeichen ||| s/zozd, »langes Leben« (in runder Form), wie solche
von Litteraten getragen werden, Kif'-tieh2-meng4, »Schmetterlingstraum-Schuhe«, so ge
nannt nach dem bekannten Traum des Chuang-tsze, in dem er sich in der Gestalt eines Schmetter
lings erblickte; erwacht, fragte er sich dann: »Bin ich ein Mensch, der da träumte, ein Schmetterling
zu sein, oder ein Schmetterling, der da träumt, ein Mensch zu sein (vergl. Nan-h ua-ching am Schlüsse
des zweiten Kapitels)?« Ferner: shuang1 - heil3 - hsieh2, Schuhe, bei denen der Fufsrücken
mit der Spitze durch zwei parallellaufende Wülste verbunden ist, jj^ j)^ tan1- heil3- hsieh2, den
vorigen ähnliche Schuhe mit nur einem Wulste, ^ ^\f ZU ^ WU1 - Id1 - kai1 h4, Lederschuhe mit
einem aufgenähten Latz an der Spitze (in Peking werden Schuhe dieses Namens jedoch nur aus
Atlas oder Seide getragen), tsao4-hsieh2, Schuhe mit abgerundeten Spitzen. Auch sonstige
Kleidungsstücke für das Kind, wie Socken, Höschen, Röckchen und Mützen verschiedener Art, finden
als Geschenke Verwendung. Zu der Mütze gehört in der Regel ein Kästchen mit kleinen Piguren
der acht Genien, /\ Jj[j jva'-hsien1, des Gottes des langen Lebens, Shou4 - hsifig1, sowie mit
kleinen Schellen, ling2-tang\ aus Gold, Silber oder Blech, die sämtlich an der Mütze be
festigt werden. Sehr beliebt ist auch das »Schlofs des langen Lebens«, auch einfach Man3-füeh4-
Schlofs, yjg man3-flieh4-so3, genannt, das dem Kinde als lebenverlängerndes Amulet an einer
roten Schnur um den Hals gehängt wird. Es hat, wie schon der Name besagt, die Form eines
Schlosses und trägt auf der einen Seite die Aufschrift: 0 cli ang2-ming4 po2-siii4, »möge
er lange leben und hundert Jahre alt werden«, und auf der anderen Seite die Worte:
fu2-shou4-shuang1-cKiian2, »mögen ihm Glück und langes Leben unverkürzt beschieden sein«. Bei
dieser Gelegenheit mag zugleich erwähnt sein, dafs dem Kinde oft gleich nach der Geburt eine rote
Schnur als lebenerhaltendes Amulet um den Hals gelegt wird, durch die es symbolisch ans Leben,
resp. an das elterliche Haus festgebunden wird. Diese Schnur darf nicht abgenommen werden, viel
mehr mufs das Kind sie so lange tragen, bis sie morsch wird und von selbst ab fällt; daher mufs
sie lose gebunden sein, damit sie bei fortschreitendem Wachstum den Hals des Kindes nicht ein
schnürt. Zu den Geschenken anläfslich der Vollendung des ersten Monats gehört aufser den bereits
aufgezählten Gegenständen unfehlbar noch ein gestickter Brust- resp. Bauchschurz, toif-tu4,
der während der heifsen Jahreszeit das einzige Kleidungsstück des Kindes bildet und dieses vor
Magenerkältung schützen soll. Ferner bringt jede Besucherin aufser den genannten Geschenken noch
zwei Schachteln mit Pasteten, ^ f| ffi liang3-lio2-ts^3 man2-ton2, die speziell für die
Mutter bestimmt sind. In der einen Schachtel liegen sogenannte hs9-ts\erh\ viereckige
Brötchen, die mit dem gedoppelten Zeichen hsi3, »Glück«, versehen sind, und m der anderen lunde,
mit gehacktem Schweinefleisch gefüllte Pastetchen, chu1 -jou4-man2-fou2. Nach er
folgter Überreichung der Geschenke steckt die Besucherin der jungen Mutter zwei Pastetchen in
den Mund, ein Brauch, der die Bezeichnung: yjjjjj P man3-K Oll3, »den Mund füllen«, trägt und die
Annahme zur Voraussetzung hat, dafs die Wöchnerin als solche besonders ernährungsbedürftig ist. Diese
pflegt die beiden dargebotenen Pastetchen zu verzehren und den Rest den Dienstboten zu überlassen.
Sehr reiche Leute spenden aufser den bisher genannten Gaben obendrein noch ein bis zwei
Paar Schweine, ein bis zwei Paar Hammel, zwei Paar Hühner, zwei Paar Enten, kleine rote Wachs
kerzen (sogenannte Freudenkerzen: hsi3-chu2), ein Fafs »Freudenwein« (J|Ly|J hsi3-chiu3),
Thee und vier Brote. Unbemittelte hingegen begnügen sich selbstverständlich mit einer geringeren
Anzahl von Geschenken, doch dürfen die Pastetchen unter keinen Umständen fehlen und gewöhnlich
werden diese noch von einem kleinen Geldgeschenk begleitet. Das Geld liegt in einem solchen Falle
in einem roten Briefumschläge, dessen Mittelstreifen irgend eine auf die Feier bezügliche Aufschrift
trägt, wie etwa: Jf| cli ang2-ming4 po2-sui4, »möge er lange leben und hundert Jahre
alt werden«, oder tai3-ling2 erh4-eil ien1, »zweitausend Cash an Stelle (der vorhin er
wähnten, zum Mützenbesatz gehörenden) Schellen«. Links unten am Rande des Umschlages steht
der Wohnort (nie der Name) des Gebers.
7Zur Pekinger Volkskunde.
Die meist sehr zahlreichen Gaben pflegen, auf Tischen ausgebreitet, den ganzen Wohnraum
zu füllen. Gewöhnlich finden sie dann später bei ähnlichen Anlässen in anderen Familien aufs neue
Verwendung. Da über Geber und Gaben genau Buch geführt wird, so kann es nie Vorkommen, dafs
in einem solchen Falle der Geber die von ihm dargebrachten Gaben zurückbekommt.
Während des Mahles findet oft eine Theatervorstellung statt. Kurz vor Sonnenuntergang
pflegt das Mahl beendet zu sein, und um diese Zeit verfügen sich die Gäste ins Haus, um die Ge
schenke in Augenschein zu nehmen. Am Abend pflegt der Hofraum mit bunten Lampen illuminiert
zu werden und abermals eine Theatervorstellung stattzufinden. Erst gegen Mitternacht hat das Fest
sein Ende erreicht.
An der Feier der Vollendung des hundertsten Tages, 0 JT$ßi po2-hirh\ auch 0
pai2-sui’rhi, genannt, beteiligen sich die Eltern und Geschwister der Frau, sonst nur Verwandte
männlicherseits, die abermals Geschenke bringen, besonders Mehl, Schweine- und Hammelfleisch
sowie auch Obst. An diesem Tage spielen mit Schweinefleisch gefüllte Pastetchen, chu1-
por-po\ eine grofse Rolle. Durch den Genufs derselben soll nämlich die Schofsfuge, die durch den
Prozefs der Niederkunft erweitert worden war, wieder zusammengefügt werden. Die Vollendung des
ersten Lebensjahres wird ebenfalls im Kreise der Familie festlich begangen. Als Geschenke, die
von denVerwandten dargebracht werden, dienen Schweine, Enten, geräuchertes Fleisch, Schweins
knöchel in Soja (zfH MF chiang3-clioii3- ts^'j sowie auch Hühner in Soja. Um die Mittagszeit
fährt einer der Anverwandten dem Kinde mit der Zunge eines geräucherten oder in Soja einge
machten Huhnes um den Mund. Die Hühnerzunge ist spitz und soll daher dem Kinde Beredsam
keit verleihen. Auch wird das Kind an diesem Tage zum ersten Male auf die Erde gestellt, damit
es den ersten Gehversuch mache. Während das Kind so dasteht, fährt die Mutter oder jemand
von den Anwesenden mit einem Messer zwischen den Fiifsen des Kindes über den Fufsboden hin,
wodurch das Band, mit dem ihm in einem früheren Leben nach eingetretenem Tode die Unter
schenkel zusammengebunden worden waren, symbolisch zerschnitten wird. Dieser Brauch heifst
la2-pan4-chiao3-s\&x, »das um die Knöchel gewundene Band zerschneiden«. Von jetzt
an beginnt das Kind zu gehen und zu sprechen.
Was die Namengebung betrifft, so wird dem Kinde innerhalb der drei ersten Tage der so
genannte »kleine Name«, hsiao'3-ming’rh'2 (in der Schriftsprache ju3-ming2 genannt),
gegeben, und zwar geschieht das gewöhnlich durch den Grofsvater oder die Grofsmutter, falls diese
jedoch nicht mehr am Leben sind, durch einen der Brüder des Vaters oder durch diesen selbst.
Besonders beliebt sind für Knaben Namen, die auf das Alter des Grofsvaters anspielen, wie z. B.
CliiT- shih’rh2, »Siebziglein«, -P+-JE C1iix-shih2-j'i’rhI, »Einundsiebziglein« u. s. w.,
ferner Namen wie: 5 HÜ Shih2-fou2, »Stein«, ^ TPeh3, »Eisen«, ^[jjJ Thing2, »Kupfer«,
Chnf-tsp?3, »Gold«, «F Yin2-ts\&3, »Silber«, Churh4, »Pfeilerchen«, T‘ao’rh‘\ »die
kleine Schlinge« (bezieht sich auf die rote Schnur, die dem Kinde um den Hals gebunden wird)
u. dergl. m. Mädchennamen enthalten oft eine Anspielung auf die sehnlichst herbeigewünschte Geburt
eines Knaben, wie z. B. Hhian4-erh2, »ruf einen Knaben herbei«, *F Lai2 - ts\<Z3, »möge
ein Sohn kommen«, ChaoT-ti’rh4 als Äquivalent für das gleichlautende Chao1-
ti’rh4, »winke ein jüngeres Brüderchen herbei«.
Wird ein Kind geboren, nachdem mehrere Kinder nacheinander nicht am Leben geblieben
waren, so wird bei der Namengebung ein Verfahren angewandt, das mit dem Namen: |1
chhiang3-ming’rh2, »nach einem Namen hinausstürzen«, bezeichnet wird und darin besteht, dafs der
Vater auf die Strafse hinaustritt, um das Kind nach dem ersten Gegenstände, den er zufällig er
blickt, oder nach dem ersten Wort, das er dort vernimmt, zu benennen. So entstehen scheinbar
sinnlose Namen, wie Kourh3, »Hündchen«, oder % jjg Lao3-taoA, »Taopriester« (ein Name,
der obendrein einmal einem Mädchen zu teil wurde) u. dergl. m. Diesem seltsamen Brauche liegt
die Anschauung zu Grunde, dafs es an dem unglücklich gewählten Namen gelegen hatte, wenn die
Kinder bisher nicht am Leben blieben; um solch unheilvollem Einflüsse in Zukunft zu entgehen,
wird die Wahl des Namens dem Zufall überlassen.
Während der Zeit vom dritten bis zum fünften Monate kann der Vater, wenn er ein Mandschu
ist, seinem Sohne einen offiziellen Namen, ^kuanx-ming2-ts\&3, geben, doch darf dies kein
8 Wilhelm Grube:
Name sein, den einer seiner Vorfahren väterlicherseits getragen hat; desgleichen mufs auch der
Name des Grofsvaters mütterlicherseits vermieden werden. Um jedem Mifsverständnisse dieser Art
vorzubeugen, wird der. Älteste des Clans, ^ tsu2- chang3, gebeten, im Geschlechtsregister,
chia'-p'u3, nachzusehen, ob vielleicht einer der Vorfahren den gewählten Namen geführt habe: in
diesem Falle mufs ein anderer gewählt werden. Nachdem diese Präliminarien erledigt sind, stellt
der Älteste des Clans ein Zeugnis darüber aus und richtet daraufhin ein schriftliches Gesuch
an den tso3-hng2, d. h. den Gehilfen des betreffenden Bannerbefehlshabers, den Knaben
N. N. ins Einwohnerverzeichnis einzutragen1). Die Chinesen haben für den offiziellen Namen den
sogenannten »grofsen Namen«, taA-ming2-ts\e3. Auch sie müssen sich auf Grund ihrer
Ahnentafeln zuvor informieren, ob nicht einer der Vorfahren den gewählten Namen bereits ge
tragen hat.
Bei seinem Eintritt in die Schule bekommt der Knabe einen »Schulnamen«,
hsüeh2-ming2-ts\&3, der ihm von seinem Lehrer gegeben wird. Beispiele solcher Schulnamen sind:
i« m ShenA-ming2, »aufmerksam und aufgeweckt«, mm CK in2 -y eh4, »eifrig bei der Arbeit«
und ähnliche.
Wenn die »acht Zeichen«, p^-tsfö4, eines Kindes ungünstig sind, d. h. wenn die
vier Paare cyklischer Zeichen, die dem Jahre, Monate, Tage und der Stunde der Geburt entsprechen,
in einem astrologisch ungünstigen Verhältnis zu einander stehen, so dafs das Leben des Kindes da
durch gefährdet erscheint, so giebt man dem letzteren bisweilen Pflegeeltern, i4-fu4-mu3,
in der Hoffnung, es dadurch am Leben zu erhalten. Diesen Brauch pflegen besonders Eltern, die
wenig Kinder haben, zu beobachten. Bei der Wahl der Pflegeeltern werden kinderreiche Ehepaare
bevorzugt, da in ihrem Kinderreichtum die Gewähr enthalten ist, dafs auch das ihrem Schutze an
vertraute Kind erhalten bleibt. Sobald die Eltern ein nach ihrer Ansicht geeignetes Ehepaar aus
findig gemacht haben und dieses sich bereit erklärt hat, das Ehrenamt zu übernehmen, wird ein
Tag vereinbart, an dem das Kind seinen Pflegeeltern vorgestellt wird. Es ist Sitte, dafs neugebo
renen Kindern nach Vollendung des ersten Monates das Kopfhaar ab rasiert wird. Dieses Haar,
t'ail-t'ou2 genannt, darf nicht weggeworfen werden, sondern wird von der Mutter sorgfältig
aufgehoben, und falls die Eltern Pflegeeltern für ihr Kind einsetzen, wird das Haar in die Sohlen
der für die Pflegemutter bestimmten Schuhe eingenäht. Dieser Brauch involviert den Sinn, dafs
das Kind alsdann nicht »davonlaufen«, d. h. sterben2), kann, gleichwie im Einzelkampf oder nach
einer Balgerei der Sieger dem Besiegten auf den Zopf tritt, um einen etwaigen Fluchtversuch zu
verhindern. An dem festgesetzten Tage begeben sich die Eltern mit ihrem Kinde ins Haus der
Pflegeeltern und überreichen denselben bei dieser Gelegenheit allerhand kleine Geschenke, wie Schuhe,
Stiefel, Strümpfe, Mützen u. dergl. m. Ein unerläfsliches Geschenk, dem sich selbst die Ärmsten
nicht entziehen dürfen, sind die für die Pflegemutter bestimmten Schuhe. Von seiten der Pflege
eltern erhält das Kind in der Regel (d. h. soweit es sich nicht um ganz unbemittelte Leute handelt)
folgende Gaben: I. ein silbernes Schlofs, das an einer roten geflochtenen Schnur befestigt ist und
sich im Gegensätze zu dem anläfslich der Feier der Vollendung des ersten Monats verwendeten
Schlosse, man3-yi/eh4-so3, öffnen läfst; erst wenn der Knabe herangewachsen ist und heiraten soll,
wird das Schlofs geöffnet, eher nicht; 2. einen hölzernen Napf, mu4-wan3; die schönsten
Näpfe dieser Art sind reich geschnitzt und inwendig mit Silber ausgelegt; 3. Efsstäbchen,
k‘uaiA-tsie3, aus Holz mit abnehmbaren silbernen Spitzen tcao’rhAy Diese silbernen Spitzen
sollen das Kind vor dem Genüsse giftiger Speisen schützen: das Silber wird, sobald es mit giftigen
Substanzen in Berührung kommt, schwarz, so dafs man daran deren etwaiges Vorhandensein sofort
erkennen kann. Die Stäbchen sind in zwei Hälften zerlegbar, die durch eine Schraube,
lo2-shihx, miteinander verbunden sind. Am oberen Ende pflegen die Stäbchen mit einem silbernen
b Das Formular für ein derartiges Gesuch lautet:
flU IQ Vtl A', JJlTm fff) |j'| 4u llL nT 1" ’ >>an dem lmc* dem Tage des soundsovielten Monats des soundso
vielten Jahres der Regierung Kuang-hsü ist (mir) ein Sohn geboren worden. Sein Name ist N.N. Ich ersuche daher den
Herrn Gehilfen des Bannerbefehlshabers ehrerbietigst, denselben ins Einwohnerverzeichnis einzutragen. Dies der Grund meines
ehrerbietigen Gesuches«.
2) Wenn von Kindern die Rede ist, wird das Wort m p'ao3, »davonlaufen«, im Sinne des sonst üblichen
Sfe3, »sterben«, gebraucht.
9Zur Pekinger Volkskunde.
Kügelchen, Bll Jnl t ou rh2, verziert zu sein. Zu diesen Geschenken kommt in der Regel vieltens
noch eine Art Weste, jfßj tunär-ts\&3, die nicht geknöpft, sondern zugebunden wird, weil $11: yp
nnß-ts^e3, »Knopf«, gleichlautend ist mit mu3-ts»das Kind entreifsen«, und dadurch als
ein böses Omen gilt. Durch diese Geschenke wollen die Pflegeeltern andeuten, dafs sie gewillt
sind, das Pflegekind gleich einem leiblichen zu ernähren und zu kleiden.
An einem vorher verabredeten Tage begeben sich die Eltern mit dem Kinde ins Haus der
Pflegeeltern, woselbst es vor den letzteren Kotou zu machen hat: das geschieht in der Weise, dafs
das Kind platt auf den Bauch gelegt und sein Kopf dreimal gegen den Fufsboden gedrückt wird.
Die Pflegeeltern legen dem Kinde sodann das silberne Schlofs um den Hals und sprechen dabei die
Worte: cfiang2-mingA-po2-sui4, »möge es lange leben und hundert Jahre alt werden«.
Darauf legt die Pflegemutter dem Kinde das tunA-tS'{&3 an. Wenn das Kind während dieser Pro
zedur vergnügt ist, so gilt das als ein Zeichen, dafs es seinen leiblichen Eltern gehorsam sein wird;
weint es hingegen, so nimmt man an, dafs es sich mehr an seine Pflegeeltern anschliefsen werde,
denn da die Eltern dem Kinde durch die Wahl der Pflegeeltern eine Wohlthat erweisen, so zeigt
es sich ungehorsam gegen jene, wenn es bei dieser Gelegenheit weint. Nachdem die Pflegemutter
dann noch dem Kinde mit den geschenkten Stäbchen aus dem neuen Napfe zu essen gegeben hat,
verabschieden sich die Eltern und treten mit ihrem Kinde den Pleimweg an, denn das letztere bleibt
in den weitaus seltensten Fällen in dem Plause seiner Pflegeeltern wohnen. Während die Mutter
mit ihrem Kinde den Karren besteigt, hält sie drei brennende Räucherkerzen in der Hand, um da
durch die Einflüsse böser Geister abzuwehren.
Die Kinder nennen ihre Pflegeeltern tjf£(oder —kanx-tieh2 und tjf£(—p)$H| kanT-mal.
Eltern und Pflegeeltern betrachten sich gegenseitig als Geschlechtsgenossen, 7p ^ pen3-chiax. Der
technische Ausdruck für dieses Verwandtschaftsverhältnis lautet K(f)l kan1-di in1.
Innerhalb der ersten drei Tage nach der Geburt wird dem Kinde eine aus blauen Fäden
geflochtene Schnur, ^ hsienA- so3, als Amulet um den Hals gelegt. Oft wird eine Münze mit
dem nien2-Kao4, d. h. dem Namen der jeweiligen Regierung, in die Schnur hineingeflochten, weil die
Münze als Reichskleinod, |g|] ^ kno2-pao3, die Kraft besitzt, bösen Geistern zu wehren. Man pflegt
solche Schnüre derjenigen Gottheit zu weihen, deren speziellem Schutze man das Kind anvertrauen
will; so giebt es: Jdl 3E # Tsao*-wang2-so3, T‘u3-tk-so3, Peu2-sax-so3
u. dergl. m., je nachdem das Kind unter dem Schutze des Gottes des häuslichen Herdes, des
lokalen Schutzgottes oder der Kuan-yin steht. Mit Vorliebe pflegt man besonders hochbetagte Per
sonen um jene Schutzmünzen anzugehen, weil in solchem Falle mit der Geldmünze zugleich die
Lebensdauer ihres Besitzers auf das Kind übertragen wird. Eine besondere Abart dieser Halsschnüre
ist die sogenannte »Schnur der hundert Familien«, Q ijc ff? po2-chiax-so3\ dieselbe ist aus Fäden
geflochten, die der Vater des Neugeborenen bei hundert verschiedenen Familien zusammengebettelt
hat, um auf diese Weise die günstigen, lebenerhaltenden Einflüsse jener Familien dem Kinde zuzu
wenden. Statt der Fäden werden auch in derselben Weise verschiedenfarbige Läppchen aus Baum
wollstoff erbettelt, aus denen dann ein Röckchen für das Kind, das sogenannte »Kleid der hundert
Familien«, g po2-diia1-iI, zusammengeflickt wird. Auch kommt es vor, dafs statt dessen
kleine Geldbeiträge bei hundert Familien eingesammelt werden, um für dieselben eine Schnur oder
ein Gewand anzuschaffen. Das dabei übliche Verfahren besteht darin, dafs der Vater, gefolgt von
einem Bedienten mit einer Schüssel, auf der Theepäckchen, Schreibpinsel, Tusche, Reibstein, Spiel
sachen und sonstige Kleinigkeiten liegen, die als Gegengabe verwendet werden, von Haus zu Haus
geht und mit den stereotypen Worten: ffc ö Sc^Her 7 Kua4 po2-diia1-so3 (oder i1)
lai2-liao3, »ich bin gekommen, um eine Schnur (oder ein Gewand) zu erbitten«, sein Anliegen
vorträgt. Derartige Geldkollekten sind jedoch nicht sonderlich beliebt und gelten auch nicht für
anständig, da es sich dabei oft um verkappte Bettelei handelt. Wer selber Kinder besitzt, giebt
überdies nicht gern Geld zum Wohle fremder Kinder her, da er dadurch nach landläufiger Auffassung
die eigenen schädigt. Ein anderer Brauch, der unter dem Namen Jjj (oder -p) JfjJ chiu3 (odei shih )
Liu2, »die neun (oder zehn) Liu«, bekannt ist, besteht darin, dafs der Vatei des Neugeboienen
neun oder zehn Familien des Namens Liu aufsucht und jede derselben um eine Geldmünze bittet.
Die auf diese Weise eingesammelten Münzen werden dann an einer Schnur befestigt, die mit em
2
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
I o Wilhelm Grube:
Namen: ^ (oder -p) |||J ^ chiu3 (oder shth2)-Liu2-S03, »die Schnur der neun (oder zehn) Liu2«, be
zeichnet wird. Dieser Brauch geht auf ein Wortspiel zurück, indem chnß-Liu2 im Sinne von A%1
chiu3-hu2, »möge er lange am Leben bleiben«, und shih2-Liu2 im Sinne von ^ shih2-hu2, »möge
er wirklich am Leben bleiben«, zu deuten ist.
Die Halsschnüre werden nicht dauernd getragen, sondern auf dem Hausaltare, vor dem
Bildnis der Gottheit, der sie geweiht sind, oder auch (besonders bei den Mandschu) im Ahnen
tempel aufbewahrt. Wenn der betreffende Sohn herangewachsen ist und heiraten soll, wird die
Schnur gelöst, ^ k'af-so3 oder t<T# che2-so3, was entweder am ersten oder fünfzehnten eines
Monats, als den für die üblichen Opferdarbringungen bestimmten Tagen, zu geschehen hat. Die
damit verbundene Ceremonie beschränkt sich darauf, dafs sich der junge Mann, nachdem er zuvor
Räucherkerzen dargebracht hat, die Schnur um den Hals legt. Während er dann niederkniet, um
sich vor der Gottheit auf sein Antlitz niederzuwerfen, zerreifst einer der Anwesenden die Schnur,
die darauf mit dem dargebrachten Opfergelde zusammen mittels brennender Räucherkerzen verbrannt
wird. Das etwas abweichende Verfahren der Mandschu wird in dem Kapitel über das Ahnenopfer
geschildert werden. Handelt es sich um eine Schnur, zu der ein Greis eine Schutzmünze gestiftet
hatte, so begiebt sich, falls der Geber noch am Leben ist, der junge Mann in Begleitung seiner
Familienangehörigen in dessen Haus und läfst dort die Schnur von jenem lösen. Die Schnur verbleibt
dann im Hause des Gebers. Ist der letztere jedoch bereits tot, so wird die Schnur in der Regel
von den Eltern gelöst.
Zweites Kapitel.
Hochzeitsbräuche.
I. Hochzeitsbräuche der Mandschu.
Wer die Absicht hat, seinen Sohn zu verheiraten, beauftragt einen Ehevermittler, »A
mei2-jen2, sich nach einer passenden Lebensgefährtin für ihn umzusehen. Hat er eine solche aus
findig gemacht, so werden durch Vermittelung von Verwandten und guten Freunden sorgfältige Er
kundigungen über das Mädchen und dessen Familie eingezogen, und dasselbe geschieht dann auch
seitens der Eltern des betreffenden Mädchens. Bisweilen wird auch von einem älteren Verwandten,
ohne dafs man ihn darum gebeten hätte, ein nach seiner Ansicht geeignetes Mädchen in Vorschlag
gebracht; in diesem Falle übernimmt er in der Regel die Rolle des Vermittlers.
Wenn die Erkundigungen ein günstiges Resultat ergeben haben, schicken die Eltern des
Heiratskandidaten eine Art Personalschein, F1FW men2-Ku4-fieh\ an die Eltern des Mädchens,
und zwar unterscheidet man kleine und grofse Personalscheine, TPfFte hsiao3 - men2 - liu4 - fielt1
und *n/3«i ta4-men2-Ku4-fleh1. Im ersteren wird nur das Banner, dem der Sohn angehört,
seine Beamtenqualität, sein Geschlechts- und Zuname sowie sein Lebensalter angegeben. Im »grofsen
Personalschein« müssen aufserdem noch die Namen des Vaters, Grofsvaters und Urgrofsvaters des
jungen Mannes angegeben sein sowie die Posten, die jene bekleidet haben (der Amtscharakter eines
Lebenden heifst 'S kuanJ-hsien2, der eines Verstorbenen: yüan2-jen4). Die Eltern des
Mädchens schicken denen des jungen Mannes gleichfalls einen ähnlichen Personalschein, in dem jedoch
nur der Name des Vaters, nicht der der Tochter angegeben ist. Auch hier kommen auf dem »grofsen
Personalscheine« die Namen des Grofsvaters und Urgrofsvaters hinzu. Da die Mandschu ihren Familien
namen mit jeder Generation ändern, mufs das lao3-hsing4, d. h. der Geschlechtsname, ange
geben sein. Der Austausch dieser Personaldokumente heifst: Kuan4 men2 - liu4 - fielt1.
Auf Grund dieser Dokumente werden nochmals von beiden Seiten durch Vermittelung von Verwandten
genaue Erkundigungen angestellt, und wenn diese ergeben haben, dafs der junge Mann keinem der
vier schlimmsten Laster frönt, d. h. kein Opiumraucher, Trinker, Wüstling oder Spieler (p^,
Zur Pekinger Volkskunde. 11
$|j|, j^*) ist, wird in der Regel ein Tag verabredet, an dem ihn der Ehevermittlei den hdtein dei
Braut im Beisein der ganzen Verwandtschaft vorzustellen hat.
Diese Vorstellung heifst A Ä hstang' Kan* hsiao3 jenrh\ »die Bekanntschaft des
jungen Mannes machen«, und ist eine wahre Crux für den bedauernswerten Jüngling, der eine föim
liehe Prüfung über sich ergehen lassen mufs, ohne dafs ihm gesagt wird, um was es sich handelt.
Eis wird ihm einfach befohlen, seine Staatsgewänder anzuziehen und in Begleitung des Herrn So
undso (des Ehevermittlers) einen Besuch bei der betreffenden Familie zu machen, die ei oft gai
nicht einmal persönlich kennt. Wenn er, was wohl meist der Fall ist, den Zweck des Besuches er
rät, mufs er nichtsdestoweniger den Unschuldigen spielen, was seine ohnehin nicht gerade gemüt
liche Situation nur noch peinlicher gestaltet. Im Hause seiner präsumtiven Schwiegereltern ange-
langt, lenkt er natürlich sofort die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich. Sein Aussehen,
seine Kleidung, sein Benehmen, seine Kenntnisse, alles wird einer eingehenden Prüfung und Kritik
unterzogen, die ihm natürlich nicht entgehen kann. Man veranlafst ihn durch Fragen, die meist
seine persönlichen und verwandtschaftlichen Verhältnisse zum Gegenstand haben, zum Reden, um
zu sehen, ob er sich als gebildeter Mann auszudrücken und zu benehmen versteht, und sind zufällig
Fitteraten anwesend, so unterlassen diese es sicher nicht, ihn in Ausdrücken und Redewendungen,
die nur der Schriftsprache angehören, anzureden, um dadurch einen Prüfstein seiner Kenntnisse und
seiner Belesenheit zu erlangen, denn der also Angeredete mufs natürlich mit gleicher Münze zahlen
und seine Rede mit passenden Citaten, zierlichen gelehrten Floskeln und sonstigen Lesefrüchten
schmücken.
Entweder vor oder nach diesem Besuch findet der Austausch der Geburtsscheine des an
gehenden Brautpaares statt. Dieselben heifsen paI-tsi^-fieh,rh\ »Zettel, die die acht
Schriftzeichen enthalten«, eine Benennung, die sich auf die vier Paare cyklischer Zeichen bezieht,
die das Geburtsdatum bezeichnen, nämlich Jahr, Monat, Tag und Stunde der Geburt. Das Formu
lar für einen solchen Geburtsschein lautet: »die glückliche
Geburt erfolgte in dem und dem Jahre, Monate, Tage, um die und die Stunde«. . Der Geburts
schein des Mannes heifst jjf£ cliien2-tsao4, der des Mädchens KimI-tsao4, weil in der
chinesischen Naturphilosophie das dem (^r Yang2 entsprechende männliche Prinzip als CKieil2
und das dem m Yin1 entsprechende weibliche Prinzip als J# K un1 bezeichnet wird. Die beiden
Geburtsscheine werden einem Wahrsager, Ko^-Kun'-ti1, übergeben, der auf Grund der
selben den beiden Ehekandidaten das Horoskop zu stellen und zu berechnen hat, ob ihre beider
seitigen Schicksale harmonisch zusammenstimmen. Je nach dem Grade dieser Harmonie unterscheidet
man günstige, mittelmäfsige und ungünstige Ehebündnisse kjl $ff und wört
lich: »Ehebündnisse erster, zweiter und dritter Klasse«). Als völlig unzulässig gelten: i.
chüefr-ming^-liun1, »das Leben vernichtende Ehen«, d. h. solche, die den Tod der beiden Ehegatten
zur Folge haben; 2. JJl. nu3-kuei3-1iun1, »Ehen der fünf Dämonen«, d. h. solche, deren Glück
durch Kinderlosigkeit, Krankheit des Mannes oder der Frau, schlechtes Einvernehmen beider oder
Armut getrübt wird; 5. fang1 nei4-ivai4 san'-fang2, d. h. solche, durch die das
Leben der Eltern, Grofseltern und Urgrofseltern des Mannes oder der Frau geschädigt wird.
Nachdem auch diese Präliminarien in befriedigendem Sinne erledigt sind, wird ein Tag
verabredet, an dem die Mutter, oder, falls diese nicht mehr am Leben ist, die Grofsmutter oder
die älteste Schwägerin des Ehekandidaten das Mädchen persönlich kennen lernen kann. Da die
junge Frau als solche in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer Schwiegermutter steht,
bleibt dieser (resp. ihrer Vertreterin) die endgültige Entscheidung über die Wahl der Schwieger
tochter Vorbehalten. Diese erste Begegnung zwischen der Schwiegermutter und ihrer präsumtiven
Schwiegertochter findet gewöhnlich nicht bei den Eltern des Mädchens, sondern an einem dritten
Orte statt, und zwar darf das Mädchen dabei natürlich nicht ahnen, um was für einen Zweck
es sich handelt. Erst nachdem die Mutter des Ehekandidaten ihre Einwilligung gegeben hat, wird
den Eltern der Braut durch den Vermittler mitgeteilt, dafs das Ehebündnis beschlossene Sache ist
U! cliieh2 yi1 men2 cKin1).
Nunmehr bestimmen die Eltern des Bräutigams den Tag für die Übersendung der sogenann
ten kleinen Verlobungsgeschenke, fang4-hsiao3-ting4, die jedoch nicht von den Eltein,
2*
12 Wilhelm Grabe:
sondern von den männlichen Angehörigen (Brüdern oder Onkeln) des Bräutigams dargebracht wer
den. Die Gaben bestehen erstens aus zwei kleinen Sceptern, in l|r ju2-i4, von denen das eine
aus Gold, das andere aus Silber ist, und die in zwei seidenen, meist reichgestickten Beutelchen
liegen (diese Beutelchen heifsen nach ihrer Form h o2 -pao1, »Lotusblatttäschchen«, und sind
Gürteltäschchen, die ursprünglich für Arekanüsse, pinl-tang\ bestimmt waren); zweitens aus
einem Paar goldener und einem Paar silberner Fingerringe, äDb chieh4 - chih3, in der Pekinger
Umgangssprache Jj hii4-tS\63 genannt. Diese Verlobungsgeschenke werden in zwei hübschen
Kästchen, die in der Regel mit dem gedoppelten Glückszeichen, shuang1 -hsi3, geschmückt sind,
überreicht. Alsdann wird abermals ein glückbringender Tag für die Übersendung der »grofsen Ver
lobungsgeschenke «, fang4-ta4-ting4, gewählt, die in beiden Häusern mit einer gröfseren
Festlichkeit verbunden zu sein pflegt, zu der alle Verwandten und Freunde gebeten werden, und
zwar erfolgen die Einladungen persönlich durch den Vater oder die Mutter des Bräutigams und der
Braut. Die Eünladungsformel lautet für die Eltern des Bräutigams: — )"T*
nP9 »ich k°mme heute, um Sie zu bitten, uns zu der Ver
lobungsfeier unseres ältesten (resp. zweiten, dritten etc.) Sohnes N.N. mit Ihrer Gegenwart beehren
zu wollen«. Die Eltern der Braut bedienen sich statt der letzten vier Worte der Formel:
ying2-chieh1 hsin1 -cKin1, »unsere neue Verwandtschaft zu begrüfsen«.
Im Hause der Eltern des Bräutigams werden die Gäste am Tage der Verlobungsfeier oft
durch dramatische oder musikalische Liebhabervorträge, ts\83-ti4-ivan2-yirhA, unter
halten. Die Schauspielerdilettanten, meist Freunde des Hauses und Söhne wohlhabender Eltern, die
Zeit genug haben, dieser Liebhaberei nachzugehen, spielen sitzend und in gewöhnlicher Tracht, nicht
kostümiert. Sie werden von zwei Musikanten begleitet, die, wie der Name: erh4-liuang2-
piao1 besagt, von Haus aus Flötenspieler waren, doch pflegen sie sich heutzutage statt der Flöte
einer Art Geige, des sogenannten liu2-cliirirh2, zu bedienen. Die musikalischen Vorträge
werden von einem Sänger ausgeführt, und die begleitenden Musikinstrumente bestehen aus dem
§£-3F* hsien2-ts\e3, einer Art Guitarre, und dem A JjJ da1 -chiieh2-ku3, einer achteckigen
kleinen Trommel, die mit den Fingern geschlagen wird. Diese dramatischen und musikalischen
Vorträge nehmen bereits am Vormittag ihren Anfang und werden nach dem Mittagsmahle, oft sogar
noch am Abend fortgesetzt. Unter den Geladenen befinden sich an diesem Tage die WiMSWAA
hsin'-ch inJ-til-t ai4-t ai4, d. h. die Ehrendamen, die mit der Überbringung der Brautgeschenke be
traut sind. Ihre Zahl schwankt je nach der Anzahl der Geschenke zwischen zwei, vier und acht.
Sie bestehen, abgesehen von der Mutter des Bräutigams und gewöhnlich einer Tante väterlicherseits,
aus P'reundinnen und Verwandten mütterlicherseits. Die Damen erscheinen selbstverständlich in Fest
kleidung, d. h. in einem langen Seidengewande, p‘ao2-ts\e3, mit einem kurzen Oberreck,
||jVüü kua4-tsi83, darüber, sowie mit Diadem, ifflF tien4-ts\e.3, und Perlenhalskette, chif-ti#3-
Frauen von Staatsbeamten, die einer der neun Rangklassen angehören, tragen runde Rangabzeichen
pu3-ts\e3, auf ihrem Gewände (im Gegensätze zu den viereckigen p\i3-ts\e3 der Männer), und
zwar tragen auch die Frauen von Militärbeamten stets nur die entsprechenden Rangabzeichen der
Civilbeamten; wenn die Vorschriften der Etikette auf das Strengste befolgt werden sollen, was
jedoch nur in seltenen Fällen geschieht, sind die Köpfe der Vögel auf den pcu3-ts^ö3 der Frauen
nach rechts gerichtet, während sie auf den Röcken der Männer nach links gerichtet sind. Die Hals
kette ist etwas kleiner als die der Männer, und die an derselben angebrachten kurzen Perlenschnüre,
chi4~nien4, hängen nicht, wie bei den Männern, auf der linken, sondern auf der rechten
Seite herab.
Die Brautgeschenke, die diesmal von den Eltern des Bräutigams dargebracht werden, be
stehen, wenn ihrer acht sind, aus folgenden Stücken: i. aus einem Paar grofser fu2-i4’, 2. aus zwei
Paar Blumen aus Federemail, jpl ^ tsu^-Kua1, als Kopfschmuck; 3. aus zwei goldenen und zwei
silbernen Armspangen, cho'-ts^e3, und 4. aus einem Paar silberner und einem Paar goldener
Fingerringe.
Um die festgesetzte Zeit besteigen die Ehrendamen ihre Maultierkarren, deren jeder von
zwei bis vier. Dienern flankiert ist. Jede der Damen hat eine Dienerin mit, und von diesen acht
Dienerinnen müssen mindestens vier verheiratet sein. Es kommen dann noch zwei verheiratete
Zur Pekinger Volkskunde. 13
Dienerinnen hinzu, die die beiden ju2-i4 zu tragen haben und daher auch ^ t ai2-ju2-i4-tf,
»Scepterträgerinnen« , heifsen. Sobald sich der Zug formiert hat, setzt er sich mit einem Vorreiter
an der Spitze in Bewegung.
Am Ziele der Fahrt angelangt, werden die Maultiere ausgespannt und die Karren von Kulis
halb ins Hausthor hineingezogen, wo die Vorderenden der Wagendeichseln auf die Erde niedergelegt
werden, um den Damen das Aussteigen zu erleichtern. Die Dienerinnen haben ihre Karren schon
vorher verlassen und eilen, nachdem sie die Kasten mit den Geschenken sämtlich (mit Ausnahme
dei beiden Scepter) auf einen der Karren gepackt haben, herbei, um ihren Herrinnen beim Aus
steigen behilflich zu sein und sie ins Haus zu geleiten. Die beiden Scepterträgerinnen, die bis
dahin die Geschenke beaufsichtigt hatten, vertrauen diese nunmehr der Obhut der Bedienten an
und verfügen sich mit ihren Sceptern gleichfalls ins Brauthaus.
Die Ehrendamen werden vom Vater der Braut am Eingänge der Haupthalle empfangen,
jedoch ohne Begrüfsung noch Anrede. Im inneren Hofe, vor den Stufen, die ins Hauptgemach,
UM tang^-nni1, führen, begriifst die Mutter der Braut die Ehrendamen durch Handreichung,
worauf sie in folgender Reihenfolge die Stufen hinaufgehen: an der Spitze die nicht zur Familie
gehörenden unter den Ehrendamen, dann die Verwandten väterlicherseits, darauf die Verwandten
mütterlicherseits und endlich die Mutter. Im Hauptgemach werden sie von der mit dem Empfange
der Ehrendamen betrauten Dame, fing2-chieh1 hsinr-cliin1-tiJ- fai4 -Lkn4, be-
griifst. Hier wird zunächst ein wenig Konversation gemacht, Thee getrunken und geraucht. Unter
dessen bleiben die beiden Scepterträgerinnen vor dem Eingänge zur Empfangshalle stehen, während
die Diener die übrigen Geschenke herbeitragen, die im Hauptgemach auf einen mit einer roten
Decke bedeckten Tisch hingestellt werden. Sobald alles fertig ist, nimmt die Mutter des Bräuti
gams, resp. die nächste Angehörige des letzteren unter den Ehrendamen, die rotseidenen Hüllen
von den verschiedenen Kasten ab, öffnet diese und übergiebt die Geschenke der Brautmutter mit
den Worten: (spr. ts‘ao) 31» »wir haben hier ein paar Kleinig
keiten in Bereitschaft«. Darauf erwidert j'ene etwa: j jf-
»wie können Sie so etwas sagen! Übrigens sehe ich, dafs die glück
bringende Stunde (sc. für die Überreichung der Geschenke) bereits geschlagen hat: darf ich die
Damen bitten, die Brautgeschenke zu überreichen«?
Jetzt begeben sich die Damen unter Führung der Mutter in der beschriebenen Reihenfolge
in das Zimmer der Braut, woselbst diese in rotem Gewände, aufs schönste herausgeputzt und ge
schminkt, mit untergeschlagenen Beinen und gesenkten Hauptes auf dem IUang sitzt. Der IVang
selbst ist mit einem roten Teppich bedeckt, auch sind alle auf demselben befindlichen Gegenstände
von roter Farbe, da Rot bekanntlich eine glückbringende und zugleich unheilvolle Einflüsse abweh
rende Farbe ist. Von den Dienerinnen dürfen nur die verheirateten das Gemach der Braut betreten.
Die Damen stellen sich in zwei Reihen links und rechts vom IUang auf, und jetzt erst kom
men endlich auch die beiden Scepterträgerinnen herein. Die Geschenke werden einzeln von den
Damen in der obigen Reihenfolge unter Hersagung irgend einer auf das jeweilige Geschenk Bezug
nehmenden konventionellen Glückwunschformel überreicht. Jede der Damen tritt nach erfolgter
Überreichung ihrer Gabe ans untere Ende der Reihe, der nächstfolgenden den ersten Platz über
lassend. Die erste Dame der linken Reihe macht den Anfang, indem sie das eine der beiden
ju2-i4 der Braut in den Schofs legt mit den Worten: chi2-hsiang2 jn2-i4 »Glück und
Heil sei dir nach Wunsch beschieden«. Ihr folgt die erste Dame der rechten Reihe, indem sie das
andere/m2-/4 gleichfalls der Braut in den Schofs legt und dabei etwa die Worte spricht: i||.lj|.jjF
shlh4-shih4 ju2-l4, »alles möge sich dir nach Wunsch gestalten«. Darauf steckt ihr die zweite Dame
der linken Reihe das eine Paar Federemailblumen ins Haar und sagt dazu: ^ VA ynng2-
h ua1 fu4-kuei4, »Glanz, Blüte, Reichtum und Ansehen«, und die zweite Dame von rechts thut das
gleiche mit dem zweiten Blumenpaar unter Hinzufügung des Glückwunsches: \M ät j1) Kuä1
k ai4 fu4~kuei4, »wie diese Blumen möge dir Reichtum und Ansehen erblühen«. Die dritte Dame
von links legt ihr die goldenen, die dritte Dame von rechts die silbernen Armspangen an, wobei
jene von den Worten: ^ Vlij chinT-fii4 man3 fang2, »Gold und Edelgestein möge dein Gemach
füllen«, diese von der Glückwunschformel: §3|Jpai2-fou2 tao4 lao3, »mögest du greisen
Wilhelm Grube:£4
Hauptes ein hohes Alter erreichen«, begleitet werden. Die beiden letzten der Ehrendamen stecken
ihr die goldenen und silbernen Ringe an die Finger, wobei die eine mmm Ihi1-liuJ sou1-sou1,
»sei froh und glücklich«, sagen und die andere ihr die Mahnung: ^ ^ sm/2-
cho2 ni3 po2-po2 shourh3 chuan3, »richte dich stets nach den Winken deiner Schwiegermutter«, er
teilen kann.
Nach Beendigung dieser Ceremonie verfügen sich die Damen, von ihren Dienerinnen ge
stützt, ins Hauptgemach zurück, während eine der zur Familie gehörenden Damen der Braut den
Schmuck wieder abnimmt und beiseite legt. Darauf nimmt die Mutter der Braut die Glückwünsche
der Ehrendamen und dann die der Dienstboten entgegen. Für die letzteren fällt bei dieser Feier
lichkeit auch ein Scherflein ab, denn die Mutter der Braut verteilt unter die Dienstboten ihrer Ehren
gäste und die Mutter des Bräutigams unter die des Brauthauses Trinkgelder, die ihnen in offenen
Couverts, auf deren Mittelstreifen das Schriftzeichen J§L hsi2, Glück, steht, überreicht werden. Die
beiden Scepterträgerinnen erhalten jede eine Schachtel mit einigen kleinen Handarbeiten und Sticke
reien als Geschenk. Diese Belohnungen tragen den Namen »Glücks- oder Freudengeschenke«,
Jal hsi3- shang3.
Nunmehr betritt der Brautvater das Hauptgemach und läfst sich durch seine Frau die Ehren
damen vorstellen, die ihn bei dieser Gelegenheit mit den Worten: cliuf-chia1-
lao3-yeh2 ta^-lisi3, »wir beglückwünschen den Herrn des verwandten Hauses«, begrüfsen. Die ge
wöhnliche Dankformel seinerseits lautet: «IW# pi3-tsfe3 fung2 hsi3, »die Freude ist auf
beiden Seiten die gleiche«. Nachdem der Vater sich darauf wieder zurückgezogen hat, giebt die
Mutter des Bräutigams den Befehl, die Karren anzuspannen. Nach einer kleinen Weile verabschieden
sich die Damen, wobei ihnen die Mutter der Braut die Stufen hinab und die mit ihrem Empfange
betraute Dame bis unter das Vordach das Geleit giebt. Der Vater der Braut erwartet
die Damen vor dem Eingänge der Haupthalle und begleitet sie von dort bis ans Thor, wo die
Damen ihn ersuchen, doch nicht weiter mitzugehen f||).
Sobald der Zug wieder am Hause der Eitern des Bräutigams angelangt ist, meldet der
Pförtner die Ankunft der Damen, und der Vater eilt ihnen bis vors Thor entgegen, wo die Damen
ihn beglückwünschen und er ihnen für ihre Mühe dankt. Im inneren Hofe werden die Damen von
den weiblichen Verwandten väterlicherseits begrüfst und ins Plauptgemach geleitet, wo sich nach und
nach auch die weiblichen Angehörigen mütterlicherseits sowie die sonstigen anwesenden Damen ein
finden. Bei einer Tasse Thee und einer Pfeife Tabak stehen nun die Ehrendamen auf alle die an
sie gerichteten Fragen Rede und Antwort, berichten, was sie erlebt und gesehen haben und preisen
natürlich die Schönheit und Anmut der Braut.
Endlich meldet eine der Dienerinnen, dafs das Mahl serviert ist faiP-cJii1), und nun
begiebt man sich in das im Hofe errichtete Mattenzelt, hsi2-p"eng2. Hier sind sieben Tische
für die Ehrendamen aufgestellt, denn die Mutter beteiligt sich nicht am Mahle, da sie für die Be
wirtung ihrer Gäste zu sorgen hat. Die übrigen sieben Ehrendamen nehmen einzeln an den Tischen
Platz, und zu beiden Seiten einer jeden von ihnen sitzen zwei Damen, die von der Frau des Hauses
gebeten worden sind, die Honneurs zu machen, pei2-k‘o\ Jetzt wird der Bräutigam herbei
gerufen, der auch sofort im Staatsgewande erscheint und, einen Präsentierteller mit einem Wein
becher in den Händen haltend, vor dem Tische der ersten Ehrendame niederkniet. Die Mutter
füllt den Becher mit Wein und reicht ihn, obwohl die Ehrendamen sie bitten, ihretwegen nicht so
viele Umstände zu machen, mit den Worten: »das gehört sich so«, einer der beiden
die Honneurs machenden Damen, die ihn ihrerseits der Ehrendame darreicht. Darauf sagt ihr die
Mutter des Bräutigams: »Gestatten Sie, dafs mein Sohn vor Ihnen Kotou mache und Ihnen für
Ihre Mühewaltung seinen Dank sage« was jene vergeblich mit den
Worten: il'l »das darf ich nicht annehmen«, abzulehnen sucht. Diese Ceremonie
wiederholt sich mit derselben Umständlichkeit vor allen übrigen Ehrendamen. Darauf geniefsen
die letztgenannten ein wenig von den dargebotenen Speisen und erheben sich bald darauf, um sich
noch für einige Augenblicke ins Zimmer zu verfügen und dann aufzubrechen. Die Eltern und
sonstigen Angehörigen des Bräutigams sprechen ihnen beim Abschiede ihren Dank für ihre Be
mühungen aus, und der Vater geleitet sie bis ans Thor.
Zur Pekinger Volkskunde. 15
Sobald die Ehrendamen das Haus verlassen haben, findet ein allgemeines Mahl statt, wobei
die Eltern des Bräutigams ihren Gästen den Wein kredenzen und sich bei ihnen durch gpg 7^
ch ingi-an1 (Kniebeugung) bedanken. Nach Beendigung des Mahles verabschieden sich die Gäste,
die übrigens bei dieser Feier zum weitaus gröfsten Teile dem weiblichen Geschlechte angehören.
Am Abend dieses Tages wird der Bräutigam von seinen Eltern vor die Tafeln seiner Vor
fahren geführt, um vor diesen Kotou zu machen. Hat die betreffende Familie einen besonderen
Ahnentempel, so kann der junge Mann sich entweder nach der Richtung hin, wo sich der Tempel
befindet, niederwerfen, jpao2-pai4, oder denselben am nächsten Tage aufsuchen. Nachdem
ei seinen Ahnen diesen Tribut seiner Verehrung dargebracht hat, mufs er sich in gleicher Weise
der Reihe nach vor seinen Grofseltern, Eltern und sonstigen älteren Familienangehörigen auf sein
Antlitz niederwerfen. Damit hat die eigentliche Feier ihr Ende erreicht, doch können die drama
tischen oder musikalischen Vorträge noch bis in die Nacht hinein währen, bis sich endlich auch
der letzte Rest der Gäste zurückzieht.
Einige Tage später stattet die Mutter des Bräutigams allen ihren Gästen Dankbesuche ab.
Nun folgt die Übersendung der Mitteilung des Termins der Eheschliefsung, HH'fpj t ungT-
hsin4 oder Jj||l|£ fung'-shu1 genannt.
Der Geomant, tP-shih1, hat zu ermitteln, welche Monate ~kM ta4-li4, d. h. vor
teilhaft, und welche /h M lisiao3-li4, d. h. weniger vorteilhaft sind, mithin welche Monate des
Jahres fr MM hsing2- chia4-yiieh4, d. h. für Eheschliefsungen geeignet sind. Der erste Monat
bleibt ein für allemal ausgeschlossen, entsprechend der Bauernregel: HH All’ ers^en
Monat wird nicht Hochzeit gemacht, im letzten nicht gefreit«. Die vorteilhaften und unvorteilhaften
Monate wechseln stets miteinander ab, mit anderen Worten: sind der zweite, vierte, sechste, achte
Monat vorteilhaft, so sind die ungeradzahligen Monate unvorteilhaft und umgekehrt. Die beiden be
teiligten Familien werden von dem Resultat in Kenntnis gesetzt und beraten sich nunmehr durch die
Vermittelung des Ehevermittlers über den Monat, in welchem die Hochzeit stattfinden soll. Ist der
Monat endgültig festgesetzt, so fragen die Eltern des Bräutigams bei denen der Braut an, innerhalb
welcher der drei Dekaden des Monats ein Tag gewählt werden soll (die Wahl der Dekade hängt
vom Eintritt der Regeln ab). Innerhalb der angegebenen zehn Tage hat alsdann der Geomant einen
glückbringenden Tag zu bestimmen.
Mindestens zwanzig Tage vor dem also fixierten Termine findet die feierliche Übersendung
der Mitteilung des Hochzeitstages, mm fling1 -hsin4 oder t‘imgI-shut, und gleichzeitig
der Brautgeschenke, kuo4-li3, statt. Auch für diesen feierlichen Akt hat der Geomant einen
glückbringenden Tag zu wählen.
In dieser Urkunde ist nicht nur der Termin der Eheschliefsung angegeben, sondern auch
die Himmelsrichtung, nach der die Braut beim Besteigen und Verlassen der Sänfte, beim Betreten
des Brautgemachs (jeL^ hsi2-fang2), während des Sitzens auf dem mit einem Vorhang versehenen
K‘ang, tso4-chang4, sowie während der Ceremonie des gemeinsamen Weintrinkens, 'pj'^
Ko2-dun1 chiao1 -pei1, ihr Antlitz zu wenden hat. Es mufs ferner darin angegeben sein,
unter dem Einflüsse welches Elementes oder Planeten die Ehrendame, die die Braut abholt, mm
c/z ü3-ch uP-tV-t ai4-t ai4, sowie diejenige, die sie in das Haus ihres Ehegatten geleitet,
sung4-chiril-til-Vai4-fai4, stehen mufs. Jeder Mensch hat nämlich sein besonderes
Ming4, d.h. in diesem Falle ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis von einem der fünf Elemente
resp.der diese repräsentierenden fünf Planeten, von dem seine Geschicke geleitet werden. Es giebt daher
in diesem Sinne ein 7|vlfp shui3-ming4, Klio3-ming4, JhnfT tu3-ming4, d.h. ein Abhängig
keitsverhältnis vom Wasser (Merkur), Feuer (Mars), von der Erde (Saturn) etc. Desgleichen ist jeder
Mensch in jedem Jahre einem der zwölf Tiere des Tierkreises, die als cyklische Gottheiten verehrt
werden, unterworfen. Nun giebt es drei cyklische Tiere, vor denen man sich bei der Hochzeits
feier zu hüten hat ung2-shih4 chi4 sanT-hsiang4); mithin dürfen sich Personen,
die von einem derselben abhängig sind, nicht an einer solchen beteiligen. Auch dieser Punkt mufs
im T'ung-shu Erwähnung finden. Die nächsten Angehörigen sind übrigens von diesem Verbot aus
geschlossen, cKilf-jen2 pu4-chi4. Bei dieser Gelegenheit sei zugleich bemerkt, dafs
bei der Leichenfeier vier der cyklischen Tiere ausgeschlossen sind, [Lj JT^J pcii2-shih4 du4
i6 Wilhelm Grube :
s\e4-hsiang4, die indem Jang1 -pang3 angegeben sein müssen. Welche der cyklischen Tiere
in dem gegebenen Falle zu vermeiden sind, hat der Geomant, t&m ti4-shihx oder ^ jj^J ho2~
liurF-ti1, zu bestimmen.
Das T ung-shu ist auf rotem Papier geschrieben und das Titelblatt mit goldenen Drachen
und Phönixen geschmückt, denn »Drachen und Phönixe künden Glück an«, jf|| Jj|j^ 3p: lung2-
feng4 eil eng2 hsiang2. Auf dem Mittelstreifen steht irgend ein glückverheifsendes Motto,
chi2-hsiang2-Ji ua4, wie z. B. fien1 tso1 chih1 h o21), »eine vom Himmel bewirkte Vereini
gung«, oder: <|| fu4-kuei4 chieh2 lao3, »mögen sie in Reichtum und Ansehen ein hohes
Alter erreichen«, u. dergl. m. Die Urkunde liegt in einem rotseidenen Futteral, das mit dem ge
doppelten Glückszeichen versehen ist.
Die üblichen Brautgeschenke sind die Kleider die die Braut anlegt, wenn sie sich in das
Haus ihres Ehegatten begiebt, Bettzeug und Schmucksachen. Die Kleider bestehen aus einem
wattierten Beinkleid, füll nneif-Ku4, samt wattiertem langen und kurzen Rock, /h kk ®
ta4 hsiao3 mien2 ao3, und Kragen, llf ling3-ts\e3. Das Beinkleid ist grün, die übrigen Kleidungs
stücke sind rot. Dazu kommen noch je vier Unter- und Obergewänder, |Z5| S'j^ s\e4-f ao4 pcao2-
kua4. Das Bettzeug, s\e4-fen4 phf-kai4, umfafst vier Decken, vier Polster und vier
Kopfkissen, und die Schmucksachen bestehen aus Ohrgehängen, chui4-tsi£3, vier Kasten mit
Blumen aus Federemail, die als Haarschmuck dienen, und vier Diademen mit Zubehör,
s\S4-fen4 tien4-ts\S3. Auch gehören zu den Brautgeschenken ferner zwei Paar Schweine, zwei Paar
Hammel, zwei Paar Gänse, zwei Paar Enten und vier Fässer Wein. Alle diese Sachen werden auf
mit Geländern versehenen Tischen und die letztgenannten Tiere paarweise in Körben getragen. Je
nach der Zahl der Geschenke schwankt die Zahl der Tische und Körbe zwischen 24, 32, 48 und 64.
An der Spitze des Zuges wird das T'ung-shu getragen. Alle Geschenke werden mittels roter Seiden
streifen an die Tische festgebunden und dann, von den Ehevermittlern beider Parteien geleitet, ins
Haus der Brauteltern getragen. Hier angelangt, werden die beiden Vermittler vom Vater der Braut
durch Kniebeugung, cliing3-anl, begrüfst, worauf sie ihm ein Verzeichnis der mitgebrachten
Geschenke überreichen, mit der Bitte, es durchzusehen und zu prüfen (M tfs ft ffi U In ££ £ IG
iJälfEf?/|ii!fh was dieser höflich mit den Worten: 4 ‘M' T , 4' # f • »das ist
ja unnötig«, ablehnt. Während dann die Vermittler in der Empfangshalle, ^ J|| Ko4-tingx, Platz
nehmen, stellen die Träger die Geschenke im Hofe zur Besichtigung auf. Die Tiere werden in
den Viehstall die Weinfässer in die Küche gebracht und die übrigen Geschenke nach erfolgter
Besichtigung ins Haus hineingetragen. Bald darauf entfernen sich die beiden Vermittler und be
geben sich wieder zum Vater des Bräutigams zurück, um diesem über die Übergabe der Braut
geschenke Bericht zu erstatten. Zum Dank für ihre Mühewaltung werden ihnen Früchte, Nasch
werk, Hüte, Stiefel u. dergl. m. geschenkt; Geldgeschenke sind in diesem Falle ausgeschlossen.
Damit hat die Thätigkeit der Vermittler ihr Ende erreicht.
Im Laufe der nächsten vierzehn Tage lassen beide Häuser zahlreiche Einladungen zur Hoch
zeit ergehen. Die nächsten Verwandten und die intimsten Freunde werden mündlich gebeten; den
übrigen werden schriftliche Einladungen zugeschickt, die auf rotem Papier geschrieben sind und
gewöhnlich folgenden Wortlaut haben:
ff 0
Hx ä............ 1%!^^
»Am soundsovielten des und des Monats beehre ich mich anläfslich der Vermählungsfeier
meines Sohnes ein Festmahl zu veranstalten, zu dem ich Sie um Ihre geneigte Gegenwart bitte
(wörtlich: zu dem ich Ihren Glanz erwarte).
Es verneigt sich ehrerbietigst N.N.
Das Festmahl findet (folgt Angabe des Wohnortes) in meinem Hause (wörtlich: in meiner
Hütte) statt.«
) Shi-king III, i, II, 4.
i7
Das übliche Einladungsformular, dessen sich die Eltern der Braut bedienen^ist mit dem
obigen gleichlautend, nur dafs hier an Stelle von yc die Woite. Hn» »an ä sic
der Verheiratung meiner Tochter«, stehen. Sechs bis sieben Tage vor der Vermahlungsfeier müssen
sämtliche Einladungen abgesandt sein, und man geht jetzt an die erforderlichen Vorbereitungen, bei
denen Verwandte und Freunde behilflich zu sein pflegen. Vor allen Dingen gilt es, eine Brautsänfte,
Sänftenträger, Laternenträger und Musikanten zu mieten. Dies alles wird von besonderen Geschäften
geliefert, die unter dem Namen ||1 jggfffjj hsi3-chiao*-pu\ »Brautsänftenläden«, bekannt sind, und
die Verhandlungen, die man mit diesen Geschäften führt, heifsen chiang3 chiao*-ts\&, »Ver
handlungen über die Sänfte«. Die Speisen für das Festmahl werden in einem Restaurant,
JEE vÜ fanA - chuang1- ts^S3, bestellt. Alles, was an Geschirr und Möbeln ei forderlich ist, wird
ebenfalls gemietet. Einige Tage vor der Hochzeit schicken die Verwandten und Freunde allerhand
kleine Geschenke, wie z. B. Hüte, Stiefel, Gürtelgehänge, kleine Stickereien, Wein, Thee, Kerzen
u. dergl. m. Am Tage der Vermählung wird am Hausthore eine Art schildförmiger Thüischmuck,
tscai3-ts^S3, aus roter Seide befestigt; das ts‘ai3 - ts^S3 ist von länglich viereckiger Form und
trägt irgend ein glückbringendes Motto, etwa lung2-feng* - cK eng2 hsiang2, »Drachen
und Phönixe verkünden Glück«, oder Ähnliches. Innerhalb des Thores steht die Brautsänfte bei eit,
am zweiten, inneren Thore sind die mit dem Schriftzeichen :j|t hsi3, »Glück«, versehenen Laternen
für den Brautzug und zu beiden Seiten des Hinganges zur Empfangshalle zwei mächtige Pauken
aufgestellt, deren Gestelle mit rotem, goldgesticktem Tuch behängt sind. Alle Gäste erscheinen
in Festkleidung, =G JJJfc clii2-fu2, und jeder von ihnen überreicht dem Vater des Bräutigams ein rotes
Couvert, in dem eine kleine Geldspende enthalten ist, mit der Bitte, dem Bräutigam dafür nach
Belieben irgend eine Kleinigkeit zu kaufen. Auf dem Mittelstreifen ist die in dem Couvert ent
haltene Summe angegeben, z. B. »aus freudigem Anlasse hochachtungsvoll (überreicht):
acht Tiao«. Links davon folgt der Name des Gebers: ®S]lt2¥)’ >>vom
einfältigen jüngeren Bruder N. N. mit einem Grufs couvertiert«, oder »mit einer Empfehlung vom
einfältigen jüngeren Bruder N. N.« Falls die Grofseltern noch am Leben sind, bitten die Gäste
den Vater des Bräutigams, sie zu ihnen zu führen, damit sie ihnen ihren Glückwunsch darbringen
können1). Der Grofsvater empfängt die Glückwünsche im inneren Hofe, die Grofsmutter (sowie
auch die Mutter) im Hauptgemach. Darauf nehmen die Gäste an den im Zelte aufgestellten Tischen
Platz, was wiederum mit vielen Umständlichkeiten verknüpft ist, da immer der eine den anderen
aus Höflichkeit auf den Ehrensitz zu nötigen sucht.
Während die Gäste sich miteinander unterhalten, wählt der Vater des Bräutigams einige
unter den anwesenden Herren aus, die er bittet, die Überbringer der Mitgift zu empfangen und ihnen
die Honneurs zu machen und andere ersucht er, die den Brautzug eskortie
renden Herren zu empfangen (jfff Der Bräutigam, der ebenfalls festliche Gewän
der, CG jjj| chi2-fu2, angelegt hat, die ganz neu und ungebraucht sein müssen, hält sich während
dieser ganzen Zeit verborgen und bleibt unsichtbar. Seine Mutter hat bereits vorher eine befreun
dete Dame, die unter allen Umständen eine »mit vollem Glück gesegnete Frau«, A
cliitan2-fu2-fux-jen2, sein mufs, d. h. eine verheiratete Frau, die Kinder hat und deren Mann am
Leben ist, gebeten, die Rolle der cKii3-cliin1 -ti1 - t'ai* - faP, d. h. der Ehrendame,
die die Braut aus deren elterlichem Hause abholt, zu übernehmen. Unter cliüan2-fu2, »voll
ständigem Glückssegen«, versteht man bei einer Frau: Mann, Söhne, Tugendhaftigkeit und langes
Leben ALfiw)’ bei einem Manne: Frau, Vermögen, Söhne und Enkel fft v)G
Diese Ehrendame trägt ein langes ärmelloses Gewand, tou3-p‘eng2, aus rotem Crepe
de Chine und einen roten Schleier über dem Diadem, ilST tien4-chao4-ts\&3. Die rote Farbe
ist, wie bereits erwähnt, nicht nur Glücksfarbe, sondern sie flöfst zugleich den bösen Geistern Angst
ein und vertreibt sie. In diesem Falle handelt es sich um die Kling2-shaA, die roten Dä
monen, die die Ehrendame in ihrem Glück, yun4-cKi4, beeinträchtigen können. Die Ehren-
*) Die Mandschu titulieren sich gegenseitig auch in chinesischer Rede mit den entsprechenden Mandschu Aus
drücken; so nennt der Sohn seinen Vater | K-tnci1, seine Mutter in e2-niang2 (freilich auch mm
der Enkel seinen Grofsvater ma1-fct2, die Grofsmutter jedoch fai4-fai4.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. ^
Zur Pekinger Volkskunde.
i8 Wilhelm Grube:
dame erscheint gewöhnlich als letzte der Gäste und wird vom Vater des Bräutigams am Hausthor,
von der Mutter im inneren Hofe durch Kniebeugung begrüfst. Darauf folgt das Mahl, das die
Herren im Zelte, die Damen im Hause einnehmen. Es sitzen dabei stets sechs Personen an einem
Tische; nur die Ehrendame hat einen besonderen Tisch für sich, an dem aufser ihr nur die beiden
Damen sitzen, die ihr die Honneurs zu machen haben.
Nach beendetem Mahle werden die Gegenstände herbeigeholt, die jetzt ins Brauthaus ge
schickt werden sollen; es sind dies: i. der rotseidene Brautschleier, kaP-fou2, 2. eine höl
zerne Vase, pao3-p‘ing2, 3. ein kleiner Sattel, feE an1 - tsfö3, und 4. ein Bogen und drei
kleine Pfeile, —*g|| Ff Hß/Ml$ yiJ-chang1-kung1 sanx-chihx hsiao3 chien4.
Nunmehr nimmt die Ehrendame ein Bündel von neun Räucherkerzen, ^ cliiiP-lio2-
hsiang1, und räuchert damit zuerst den Brautschleier, der von den vier Damen, die mit der Her
richtung des Brautbettes betraut sind, an den vier Ecken gehalten wird. Nachdem derselbe durch
diese Prozedur gegen die Einflüsse böser Geister gefeit worden ist pk-hsieh2), wird er in
eine rotseidene Hülle gethan und mufs nun so lange, bis er der Braut auf das Haupt gelegt wird,
von der dazu angewiesenen Dienerin der Ehrendame in den Händen gehalten werden, da er nach
dem er geräuchert worden ist, nicht niedergelegt werden darf. Darauf wird das erwähnte Holz-
gefäfs, |iF3-pV, mit den fünf Getreidearten, wu3-kiP-tsa2-liang2, gefüllt
und dann mit einem roten Seidentuch bedeckt und mit einer fünffarbigen Schnur zugebunden (was
die fünf Farben betrifft, so wird Schwarz durch Grün ersetzt und Weifs bisweilen durch Blau doch
ist Weifs als die Grundfarbe auch zulässig). Die in dem Gefäfse enthaltenen fünf Getreidearten
sind: Hirse, kiP-tstf3, zwei Bohnenarten, nämlich Kung2-tou4, Abrus precatorius L.,
und h'P - ton4, Phaseolus radiatus L., Weizen, maP-tsp?3, und Sorghum, kao1-
liang . Aufser den fünf Getreidearten birgt das Gefäfs auch noch silberne und goldene jiP - P sowie
Silber- und Goldbarren. Die hierbei zur Verwendung kommenden Getreidearten heifsen »!/ ^||
hsP-hang2, »Glücksgetreide«. Dieses Gefäfs sowie der Sattel und der Bogen samt den drei Pfeilen
werden ebenfalls in der beschriebenen Weise geräuchert. Wenn die Wohnung der Braut von der des
Bräutigams sehr weit entfernt ist, wird diese Prozedur schon früher vorgenommen, um die ganze
Ceremonie nicht allzu sehr in die Länge zu ziehen.
Mittlerweile künden Klänge der Musik das Herannahen der Mitgift an, die von einer Anzahl
Herren, sung4-chuang1-tP (bei Wohlhabenderen meist acht), eskortiert wird. Die zum
Empfange der letzteren ausersehenen Herren, ying2- chuang1- ti1, gehen ihnen bis ans Thor
entgegen und führen sie ins Zelt, wo sie sich an den für sie bestimmten Tischen niederlassen. Ge
wöhnlich schliefst sich ein männlicher Angehöriger der Braut, etwa einer ihrer Brüder, dem Zuge
an, der die Aufstellung der mitgebrachten Sachen im Hause überwacht an1-chuang1). Die
übliche Mitgift besteht aus den bereits erwähnten Verlobungsgeschenken ting4- lp und 3^jjj|§
kuo4-li3), zu denen die Eltern der Braut eine gleiche Serie derselben Gegenstände in gleicher An
zahl hinzugefügt haben. Als Geschenke, die im Besitze der Brauteltern verbleiben, gelten nur die
vier Paar Tiere und Geflügel sowie die vier Fässer Wein. Die Geschenke werden, mit Ausnahme
der Toilettengegenstände der Braut, die sofort ins Brautgemach geschafft werden, zunächst auf dem
Hofe ausgebreitet und dann ebenfalls unter Aufsicht des erwähnten Verwandten der Braut im Braut-
Gemach und in den anstofsenden Zimmern aufgestellt. Gleichzeitig wird vor dem ICang im Braut
gemach ein Vorhang aufgehängt, und an der Thür, die in dasselbe führt, werden Gardinen, ^ lien2,
angebracht. Sobald alle seine Anordnungen ausgeführt sind, bittet der betreffende Anverwandte die
Schwiegereltern der Braut, sein Werk in Augenschein zu nehmen, was diese aus Höflichkeit
ablehnen.
Während der Ablieferung der Geschenke, chiao1 kuo4-lt3, pflegen sich die Herren,
die die Mitgift eskoitiert hatten, zu empfehlen und entweder nach Hause oder ins Haus der Braut-
eltem zurückzukehren. Alsdann ersucht die Mutter des Bräutigams vier, ihr besonders nahestehende
Damen, die sie bereits vorher um diesen Ehrendienst gebeten hat, das Brautbett herzurichten
(#11# p ux-p iP-kaP). Unterdessen ordnet sich draufsen vor dem Thore der Zug der Laternen-
tiäger, die Sänftenträger treten an die Sänfte heran, und die Musikanten nehmen zu seiten der
letzteren Aufstellung. Sobald das Brautbett hergerichtet ist, erscheint ein kleiner Knabe mit einem
19Zur Pekinger Volkskunde.
Gong, auf dem vier Äpfel liegen, im Brautgemach und legt dieselben auf die vier Ecken des K ang.
Die Äpfel dienen als »K'ang-Beschwerer«, ycf-k'ang4, und gelten zugleich als eine Hin
deutung auf den ehelichen Frieden (||j| pcing2-kuo3 = p‘ing2). Darauf ergreift der Knabe
den Schlägel und ruft: »Ich gebe sogleich das Gongsignal; ist alles bereit 3ctxüT,®-
rat)'- Sofort erfolgt von draufsen die Antwort: »Alles ist bereit, gieb nur das Signal
T „ rfTiÜtH;)'•« Nun läfst der Knabe drei Gongschläge nacheinander ertönen: beim ersten fallen
die Pauken ein, beim zweiten die Trompeten und beim dritten alle übrigen Musikinstrumente. Dieser
Brauch heifst: Mp hsiang3-fang2, »das Haus wiedertönen lassen«. Der Vorhang an der Thür, die
ins Brautgemach führt, wird heruntergelassen, und zu beiden Seiten der Thür werden zwei durch
eine rote Schnur miteinander verbundene Holzkohlen hingelegt; dieselben heifsen: iJIJ- IfC jJg chiang4-
chün1 tan4, »die Generale T‘an (d. h. Holzkohle)«, und dienen zur Abwehr böser Geister, pi4~
lisieh2, angeblich weil die Holzkohle als solche die Essenzen des Holzes und des heuers
in sich vereinigt.
Von nun an dürfen nur noch die vier Damen, die das Brautbett hergerichtet haben,
p ux-ch\iang2-tai4-f ai4, die Dame, die die Braut abholt, ^lc c^ 1/3~c^1 in'-t ai4-t ai4,
sowie diejenige, die ihr das Geleit giebt, Siing4-cKinx-fai4-fai4, das Brautgemach be
treten. Auf das Allerstrengste ist das Betreten des Brautgemachs folgenden vier Gattungen vou
Individuen untersagt: i. schwangeren Frauen, yiin4-fu4; 2. Witwen, shuang1 -fu4;
3. Mädchen, die noch nicht mannbar sind, macf-nü3, und 4. kleinen Kindern, j|f jg_ liuang2-
fung2, die noch keine Zähne haben. Die drei letztgenannten Kategorien gelten als »unvollständig«,
pu4-cKüan2, und sind aus diesem Grunde fernzuhalten.
Die Ehrendame, die die Braut aus deren elterlichem Hause abholt, besteigt, von zwei
verheirateten Dienerinnen gefolgt, von denen die eine ihr die Tabakspfeife, die andere den Braut
schleier nachträgt, ihren mit einem Maultier bespannten Karren und verfügt sich, von einem Vor
reiter, ta3-ting3-ma3-tiz, zwei Maultiertreibern und zwei Wagenhütern begleitet, in
langsamem Tempo ins Brauthaus. Unmittelbar nach ihr verläfst auch der Bräutigam in Begleitung
des Ehevermittlers das väterliche Haus und begiebt sich in rascher I'ahrt, den Karren der Ehren
dame bald überholend, ins Haus seiner Schwiegereltern, um diesen seinen Dank für die Mitgift
seiner Braut auszusprechen hsieh4-chuangx). Am Ziele der Fahrt angelangt, geht der Ehe
vermittler voran, der Bräutigam folgt ihm, und hinter diesem geht ein Diener mit einem roten
Polster, tien4-ts\&3, auf dem der Schwiegersohn niederzuknieen hat. Der Ehevermittler macht
vor dem Vater der Braut Kotou und beglückwünscht ihn, worauf dieser sich mit den Worten: »die
Freude ist auf beiden Seiten die gleiche«, |b|J TT> bedankt. Ohne seinem Schwiegervater
vorgestellt worden zu sein, begiebt sich jetzt der Bräutigam, zwischen jenem und dem Ehevermittler
schreitend, schweigend und gesenkten Blickes ins Hauptgemach, wo der Ehevermittler dem Vater
der Braut mitteilt, dafs er den Bräutigam mitgebracht habe, damit dieser vor ihm Kotou mache
ra«, wsa* u- Der Schwiegervater lehnt, wenn seine
Mutter noch am Leben ist, diese Ehre für seine Person ab und bittet, dieselbe lieber seiner Mutter
zu erweisen «jedoch die crors.
eitern nicht mehr am Leben, so bittet er seinen Schwiegersohn, das Kotou »nach oben gerichtet«,
d. h. gegen die der Eingangsthür entgegengesetzte Rückwand, als die Ehrengegend des Gemaches,
gerichtet vorzunehmen Der Bräutigam kniet nunmehr zuerst
vor seinem Schwiegervater und dann vor seiner Schwiegermutter nieder, wobei er je dreimal mit
der Stirn den Boden berührt. Schweigend, wie er gekommen, verläfst er das Haus sofort wieder
und fährt zurück.
Ungefähr um dieselbe Zeit erscheint die Ehrendame, die die Braut abholen soll, und wird
vom Vater am Hausthore empfangen. Im inneren Hofe wird sie zuerst von der Ehrendame, die
der Braut das Geleit geben soll^ und unmittelbar danach von der Mutter der Braut begiiifst. Im
Hauptgemach wird sie auf den Ehrenplatz genötigt und mit Thee bewirtet. Nach emer kurzen
Unterhaltung fragt sie die Mutter, ob deren Tochter mit ihrer Toilette fertig sei n
TJi)> womit sie das Zeichen zum Aufbruch giebt.
3*
20 Wilhelm Grube:
Während sich diese Vorgänge im Brauthause abspielen, hat der Vater des Bräutigams
daheim die Brautsänfte mit einem Bündel von neun Räucherkerzen durchräuchert, um sie gegen
böse Einflüsse zu feien. Desgleichen legt er einen Kalender als »Sänftenbeschwerer«, jjjf§j||
ya'-chiao4, in die Sänfte. Der Kalender ist mit dem Siegel der astronomischen Behörde,
cKin'-fien'-chien4, versehen und hat dadurch gleichfalls die Eigenschaft, böse Einflüsse ab
zuwehren. Sobald diese Vorsichtsmafsregeln erledigt sind, bittet er die acht Herren, die die
Braut abholen sollen, ihre Karren zu besteigen, worauf jene sich unter Kniebeugungen ver
abschieden. In demselben Augenblick fällt die Musik mit einem Freudentusch, SW hsi3-
cKung'-cKungr, ein, und der Zug setzt sich in Bewegung. Die Spitze des Zuges bilden die La
ternenträger, ihnen folgen die Musikanten, dann kommt die Brautsänfte, und den Schlufs des Zuges
bilden die acht Herren, denen das Ehrenamt zugedacht worden, die Braut abzuholen. Bei den drei
höchsten Rangklassen tragen die Laternenträger und Musikanten grüne Röcke mit roten Punkten,
/h4-chia1-i1 genannt, während sie bei den übrigen Rangklassen schwarze Röcke, pf
dling'-chia'-i1, anhaben. Der zugehörige flache Filzhut, chieh2-mao\ ist mit einer senk
recht auf der Spitze stehenden roten Gänsefeder versehen. Die Uniform der Sänftenträger besteht
aus einer blauen Jacke mit gelber Hose. Was die Brautsänfte betrifft, so unterscheidet sie sich
von den gewöhnlichen Sänften durch prunkvollere Ausstattung und ihre dem festlichen Zwecke ent
sprechende rote Farbe; auch ist sie von allen Seiten durch Vorhänge verschlossen, auf dafs kein
profaner Blick in ihr Inneres eindringe.
Ein Trompetensignal verkündet im Brauthause das Nahen des Zuges, worauf sich die cKii3-
ch'in1 -fai4-t‘ai\ die Ehrendame, die die Braut abholt, ins Gemach der Braut verfügt, um dieser
den Schleier aufs Haupt zu legen. Der rote Brautschleier bedeckt nicht nur das Haupt, sondern
verhüllt auch zugleich das Antlitz. Damit sind die Funktionen dieser Ehrendame erschöpft, und sie
verläfst, von der Mutter der Braut hinausgeleitet, das Haus, um das Weitere der sung4-chin'-t ai4-
fai4 zu überlassen, der die Ehrenpflicht obliegt, die Braut in ihr neues Heim zu geleiten.
Sobald die Sänfte vor dem Brauthause angelangt ist, wird das Thor geschlossen,
pi4-men2, angeblich um der Braut Mufse zu geben, ihre Erregung zu bemeistern. Unterdessen lassen
die unter den Gästen befindlichen Kinder die draufsen stehenden Musikanten nach Herzenslust ein
Stück nach dem anderen spielen, während die cKii3-cKin'-ti'-lao3-yeh2, d. h. die Herren, die die
Braut abholen sollen, den Kindern rote, teils mit Geldmünzen, teils mit Theeblättern gefüllte Päck
chen durch die Thorspalte zustecken, um sich dadurch den Eintritt zu erkaufen. Dieser Einlafs-
lohn heifst: men2-paoJ, »Thorpäckchen«. Endlich klopfen die Herren ans Thor und rufen
den Kindern zu: f^ Kai'-men2 pa4, pieh2 wu4-ld chi2-shih2! »öffnet nun
das Thor, auf dafs wir die glückbringende Stunde nicht verpassen!« Nunmehr wird das Thor ge
öffnet, und die acht Herren treten unbehindert ein, indem sie gleichzeitig kleine Geldmünzen in
die Luft werfen, um die sha4-cJii4, die bösen Geister, zu vertreiben. Dieser Brauch heifst:
^ J|| sa3-man3-Kien1 -hsing1, »den Himmel voller Sterne streuen«. Die Herren werden von
den sung4-cIiinJ-til-lao3-yeh2, d. h. den Herren, die die Braut in das Haus ihres Zukünftigen ge
leiten sollen, bewillkommnet und mit Erfrischungen bewirtet. Auf einem der Tische, an denen sie
Platz nehmen, befinden sich zwei Tassen und zwei Paar Efsstäbchen. Die der PUmilie am nächsten
Stehenden unter den Herren, die mit dem Abholen der Braut betraut waren, nehmen die Tassen und
Efsstäbe an sich und kehren damit in das elterliche Haus des Bräutigams zurück. Ungefähr gleich
zeitig besteigt die Ehrendame, die der Braut das Geleit zu geben hat, ihren Wagen, um sich eben
dahin zu begeben; ihr folgt eine Dienerin mit einer in ein rotseidenes Tuch gewickelten Schachtel,
in der sich die »Nachkommenschaftskuchen«, f ^ Z? ts^-snn'-po'-po1, befinden. Inzwischen
wird die Brautsänfte in den Hof hineingetragen und vor die Thür gestellt, die in das Hauptgemach
führt, woselbst sich jetzt nur die Eltern der Braut sowie zwei oder drei der nächsten Anverwandten
befinden.
Die Kleider, die die Braut am Hochzeitstage anhat, sind die vom Bräutigam geschickten,
mit Ausnahme der Schuhe und Strümpfe, die ihr eigen sind. Die Schuhe heifsen: ts‘ai3-
fang2-hsieh2, »Schuhe fürs Brautgemach«, und zeichnen sich durch besonders dünne Sohlen aus, die
den Tritt unhörbar machen. Es wird ein Teppich über die Stufen, die von der Thür des Hauptgemaches
Zur Pekinger Volkskunde. 21
in den Hof hinabführen, ausgebreitet, worauf der Vater seine Tochter über die Stufen tiägt und
in die Brautsänfte setzt (ffjJ.tjljfl paoA-chiaoA). Ist jedoch der Vater nicht mehr am Leben, so wird
die Braut von ihrer Mutter und einer nahestehenden Anverwandten bis zur Sänfte geleitet
ch'an'-chiaoA). Die gute Sitte erheischt, dafs Mutter und Tochter in diesem feierlichen Augenblicke
in Thränen ausbrechen, eine Sitte, die der Volkswitz durch folgendes Sprichwort charakterisiert.
»eine Braut, die ihr Elternhaus verläfst, lacht
im Grunde, wenn sie weint; ein durchgefallener Kandidat weint im Grunde, wenn er lacht«. Sobald
die Braut in der Sänfte sitzt, wird eine Stange als Armstütze, fu2-shou3, an der letzteren
befestigt; auch werden die Gardinen heruntergelassen und festgeknöpft, um die Braut den Blicken Un
befugter zu entziehen. Die Träger setzen die Sänfte zunächst mitten im Hofe nieder, um die Tiag-
stangen zu befestigen. Sobald alles in Ordnung ist, geben die Eltern mit den Worten: piff Üf ching3-
clnaoA, den Befehl zum Abmarsch, und die Sänfte wird, von den acht Brautführern eskortiert, zum
Hofe hinausgetragen. Da es zu den Erfordernissen der guten Sitte gehört, dafs die Brautsänfte
behutsam getragen und nicht geschüttelt werde, giebt der Vater der Braut den Trägern zu diesem
Zwecke ein besonderes Trinkgeld, das sogenannte wen2-chiaoA - cKieri2, d. h. »Geld, auf
dafs die Sänfte ruhig und sicher getragen werde«.
Inzwischen ist die Ehrendame bereits im Hause der Eltern des Bräutigams eingetroffen, wo
sie vom Vater des letzteren am Thore durch Kniebeugung begrüfst wird. Im inneren Hofe ange
langt, wird sie von ihrer Kollegin, die die Braut abgeholt hat, sowie von der Mutter des Bräutigams
durch Handreichung bewillkommnet. Alsdann begiebt man sich ins Haus, wo die Ehrendame mit
Thee bewirtet wird. Sobald die Klänge der Musik von der Strafse her das Nahen des Brautzuges
verkünden, öffnet sie die mitgebrachte Schachtel mit den ts\83-sunx-pox-po1 und überreicht die
selbe der Mutter des Bräutigams mit den Worten: -jj||
fllö Hl W’ »hier sind die ‘Nachkommenschaftskuchen’; ich hoffe sehr, dafs die Kinder und
Kindeskinder zehntausend Generationen bilden und sich dauernden Glückes und langer Lebensdauer
erfreuen mögen«.
Im Augenblicke, da die Sänfte sich ihrem Ziele nähert, wird das Hausthor geschlossen, so
dafs die Braut genötigt ist, eine Weile draufsen zu warten. Diese Sitte hat angeblich auch nur den
Zweck, der Braut angesichts des Neuen und Unbekannten, das ihrer harrt, Gelegenheit zu geben,
ihrer Gefühle Herr zu werden. Endlich wird das Thor geöffnet, und während die männlichen Ver
wandten des Bräutigams den acht Ehrenbegleitern der Braut die Honneurs machen, wird die Sänfte
in den Hof hineingetragen. Hier ist inzwischen ein eisernes Becken mit glühenden Kohlen aufge
stellt worden, über das die Sänfte hinweggehoben werden mufs. Dieser Brauch heifst:
kuoA-JiU03-p‘en2, »das Feuerbecken überschreiten«, und hat den Zweck, böse Einflüsse zu verscheu
chen, ^ eil üA - shaA - cKiA. Die Träger nehmen alsdann die Tragstangen heraus und tragen
die Sänfte ins Hauptgemach, wo sie sie endgültig niedersetzen. Hierauf verlassen sie das Gemach
sofort wieder, indem sie die Thür sorgfältig hinter sich schliefsen, damit keine der S. 19 erwähnten
unheilbringenden Personen die Braut sehe. Im Gemache befinden sich aufser dem Bräutigam nur
noch dessen Mutter, die beiden Ehrendamen, eine nahestehende Verwandte des Hauses sowie zwei
Knaben im Alter von zehn bis elf Jahren. Während die Sänfte noch geschlossen ist, wird der vorhin
erwähnte Sattel vor dieselbe auf den Fufsboden gelegt, worauf sich der Bräutigam, einen Bogen mit
drei Pfeilen in der Hand, rittlings über den Sattel stellt und die Pfeile abschiefst. Der Bogen ist
aus Pfirsichholz, die Pfeile sind aus Weidenholz. Der ganze Brauch geht auf eine Überlieferung
zurück, wonach Chou-kung, als er die H‘ung2-fu2-niü3 heiratete, drei Pfeile aus Weidenholz mittels
eines Bogens aus Pfirsichholz abgeschossen haben soll, um die sanx hsiang4 (s. S. 15) zu vernichten.
Nun wird die Sänfte endlich geöffnet. Die Ehrendame, die die Braut abgeholt hat (chii3-
cKinx-faiA-VaiA) reicht dieser das S. 18 erwähnte Holzgefäfs, pao3-p‘ing2, mit dem »Glücks
getreide«, Ä7j|| lisi3 - liang2, während die andere Ehrendame (sungA-cKinx-faiA-VaiA) ihr einen
Apfel unter den Schleier steckt, den die Braut anbeifst. Darauf verläfst sie, links von der chü3-
cK inx-f aiA -V aiA, rechts von der sungA-cKinx-fa\A-faiA gestützt, die Sänfte und begiebt sich ins Braut
gemach. Der Weg, den sie hierbei zurückzulegen hat, wird in der Weise mit zwei roten Teppichen
belegt ^a°3 tiung2 chanx-tsi&3), dafs die beiden vorhin erwähnten Knaben, während
die Braut geht, immer alternierend einen Teppich vor den anderen breiten. Auf dem Wege ins
22 Wilhelm Grube:
Brautgemach mufs die Braut den Sattel überschreiten, kuo* anT-ts\&. Die Rolle, die bei
dieser Ceiemonie der Apfel und der Sattel spielen, ist, wie das bei chinesischen Bräuchen so oft
der Fall, auf ein Wortspiel oder eine Art Charade zurückzuführen: indem wir für Jj|| jving2, Apfel,
das gleichlautende 2p p ing2, Ruhe, und für ^ an1, Sattel, an1, Behagen, substituieren, er
halten wir das wohlbekannte und sehr gebräuchliche Kompositum 2pping2-anI, »Wohlsein«.
Im Brautgemach angelangt, nimmt die Braut auf dem Rande des Rang Platz, worauf
ihr die ch'iP-cfim'-fafr-fai* entweder mit der Hand oder mittels der Stange einer Wage den
Schleier vom Haupte hebt. Jetzt erst betritt die Braut den K'ang, um sich auf demselben in
der durch das t ung2-shuT vorgeschriebenen Richtung niederzusetzen und die übliche Toilette
vorzunehmen. Diese besteht darin, dafs sie sich, nachdem die cKü3-cJiin1-1zai*-fai* ihr zuvor das
Gefäfs mit dem Getreide, das sie bis dahin an den Busen gedrückt halten mufs, abgenommen hat
das Antlitz wäscht, sich kämmt, schminkt und zwei Blumen, die sogenannten tia shang4-
t‘ou2-hcuar, ins Haar steckt. An den beiden Blumen sind zwei Knabenpuppen angebracht, die
eine in grünem, die andere in rotem Gewände, jede einen Kürbis, kna'-tieh2, in den Händen
haltend. Es ist dies eine Anspielung auf Shi-king III, i, III, i: »der Kürbis wächst in
langen Reihen«, ein Vers, durch den das Wachstum des Hauses Chou angedeutet werden soll (Legge,
Chin. Classics IV, n p. 437). ^Bekanntlich gilt der Kürbis heutzutage als Symbol reichlichen Kinder
segens. Während dieser _p£jj shang*-fou2 genannten Prozedur ertönt draufsen Flötenmusik (MM
hsk-yüeh*). Nach vollendeter Toilette betritt der Bräutigam das Gemach und nimmt zur Linket
seiner Braut auf dem K ang Platz, worauf die Ceremonie des gegenseitigen Zutrinkens, pp ^ Ijp
chiaoI-pei1-chanlh3, stattfindet. Die beiden Ehrendamen treten an das Paar heran, jede einen Becher
mit Wein in den Pländen haltend, wobei die beiden Becher durch eine Schnur miteinander ver
bunden sind. In dem einen Becher ist gelber (»goldener«), chin'-chilfi, in dem anderen
weifser (»silberner«) Wein, ^j8| yin2-dihfi, enthalten. Die Ceremonie findet in derWeise statt, dafs
zuerst dem Bräutigam der gelbe und der Braut der weifse, darauf umgekehrt dem Bräutigam der
weifse und der Braut der gelbe Wein kredenzt wird. Auch diese feierliche Handlung wird von
Flotenmusik begleitet. Alsdann bringt der Koch die »Nachkommenschafts-Kuchen«, in Wasser ge
dampft, bis vor die Thür des Brautgemachs, wo sie ihm von einer der anwesenden Frauen abge
nommen werden. Die Kuchen werden in die beiden vorhin erwähnten, aus dem elterlichen Hause
der Braut mitgenommenen Näpfe gethan und die ebendaher stammenden Efsstäbe dazugelegt. Zuerst
reicht nun die cKifi-cKm'-fai*-f ai* dem Bräutigam und dann der Braut einen Bissen, darauf thut
die snng*-ch in1 -1 ai*-t ai* dasselbe in umgekehrter Reihenfolge. Die Kuchen müssen ungar
gekocht sein, und die cKiP-cKiri1 -fai*-t‘ai* richtet bei der Darreichung die übliche Frage:
»shengT-pu*-sheng1 ?« an die Braut. Wenn die letztere den Sinn der Frage versteht, zieht
sie es meist vor, sie unbeantwortet zu lassen; ist sie hingegen noch jung und unerfahren, so mag
es auch wohl Vorkommen, dafs sie mit einem naiven »Ja« herausplatzt. Da nämlich das Wort sheno-1
sowohl »roh, ungar« als auch »gebären« bedeutet, so ist die Frage doppelsinnig und kann entweder:
»Sind sie (sc. die Kuchen) roh oder nicht?« oder aber: »Wirst du Kinder gebären oder nicht?« be
deuten. Die Darreichung der Kuchen wird nach aufsen hin durch die Parole: ^ Sung*-ts
»Kindersegen«, verkündet, die zugleich ein Zeichen für die Musikanten ist, ihre Weisen erklingen
zu lassen.
Ein weiterer Brauch, der ebenfalls einen unerläfslichen Bestandteil der Hochzeitsfeier aus
macht, ist die Anbetung des Himmels und der Erde, pai*-fienx-ti\ die sich entweder
an die Darreichung der Kuchen schliefst oder am Morgen nach der Brautnacht stattfindet. Im
ersteren Falle beschränkt sie sich auf die Darbringung (wörtlich: »Absendung«) von Glückspapier,
Öl jSlÄ sung4-hsi3-chifa. Die drei Arten von Opferpapier, cKien2-liang2 (nämlich ipj
fo -pao3, h uang2 - ch ten2 und -p ijr|| chien1-chang1), werden auf ein dazu bestimmtes Becken,
chien2-liang2-p eri2, gelegt. Obenauf liegt ein Bildnis der Gottheiten des Himmels und
der Erde, t len1 -ti*-ma*, umgeben von Darstellungen sämtlicher Götter und Heiligen,
chif-t len1 tsung3- sheng*. Das Ganze wird von der Mutter des Bräutigams auf den
Hof hinausgetragen und dort unter den Klängen der Musik verbrannt. Falls jedoch die Ceremonie
eist am nächsten Morgen stattfindet, wird die Schale mit dem Opferpapier und dem Bildnis von
Zur Pekinger Volkskunde. ____________^^ 3
Himmel und Erde auf einen Tisch mitten in der Empfangshalle gestellt mit einem Räucherbecken
davor. Während die Mutter ein Bündel Räucherkerzen ins Räucherbecken steckt, macht das junge
Paar vor dem improvisierten Altäre Kotou.
Nach der Darreichung der »Nachkommenschaftskuchen« verläfst die sung^-ch irf-t ai*-t
von der cKü3-cKin-x fai4- Vak begleitet, das Brautgemach. Der Bräutigam thut dasselbe, und die
Braut bleibt allein im Brautgemach zurück. Die Elhrendame, die der Braut das Geleit gegeben hat,
nimmt nun an einem Tische in der Haupthalle Platz; zu beiden Seiten sitzen zwei Damen, die ihr
die Honneurs machen, p‘ei2-kcoA, und ihr gegenüber kniet der Bräutigam mit einem Prä
sentierbrett, auf dem drei Becher stehen. Die Mutter füllt die Becher mit Wein und reicht sie
nacheinander einer der beiden die Honneurs machenden Damen, die sie der siing4-ch inx-t ai4-
t av'1 vorzusetzen hat. Diese lehnt mit den Worten: —k-li3-pa4, »einmal genügt« (wörtlich:
»eine einmalige Ceremonie genügt«) dankend ab. Auch das vorschriftsmäfsige dreimalige Kotou des
Bräutigams sucht sie durch ein jf]?; mien3-li3-pa4, »nur keine Umstände«, oder j/lj jjlft ~T
pieh2-toT-h3-ld, »nicht soviel Umstände«, abzuwehren, ein Einwand, der von der Mutter durch die
stereotype Phrase: 'Ü* Ü kai'-tang'-tiT, kai'-tang'-ti1, »das gehört sich nun einmal
so«, entkräftet wird. Nachdem die Ehrendame ein wenig von den Vorgesetzten Speisen gekostet
hat, erhebt sie sich, indem sie der Dienerin ein Trinkgeld, '|l|‘ shang3-fengJ, zur Verteilung
unter die Dienerschaft des Hauses einhändigt.
Zunächst verfügt sie sich noch einmal ins Brautgemach. Wie bereits erwähnt worden, hat
die Braut am Hochzeitstage nur solche Kleider an, die ihr von. ihrem Bräutigam geschenkt worden
sind, mit einziger Ausnahme der Schuhe und Strümpfe. Die Schuhe mufs sie vor dem Betreten des
K‘ang abnehmen und in ihren Hosengurt, Jj|| k‘u*-yao1-tai4, stecken. Zweck des nochmali
gen Besuchs von seiten der Ehrendame ist nun, diese Schuhe an sich zu nehmen, um sie der Mutter
der Braut zurückzubringen. Bevor sie jedoch nunmehr das Haus endgültig verlassen darf, mufs sie
noch folgende Ceremonie über sich ergehen lassen. An der inneren Thür der Empfangshalle kniet
abermals auf einem roten Polster der Bräutigam, ein Präsentierbrett mit drei Bechern in den Hän
den haltend, während die Mutter, wie vorhin, die Becher mit Wein füllt und sie der Ehrendame dar
bietet. Diese nippt von dem Wein und überläfst den Rest der Dienerschaft des Hauses. Dieser
Brauch heifst: |||) f*] & lan3 - men2 - chung1, »der die Thür versperrende Becher«. Jetzt endlich darf
die Ehrendame sich empfehlen und in das elterliche Haus der Braut zurückkehren.
Bei den Mandschu findet nunmehr ein gemeinsames Mahl des Brautpaares statt. Es wird
zu diesem Zwecke ein roter Teppich ausgebreitet und auf diesen ein niedriger Efstisch gestellt.
Auf dem letzteren befindet sich eine Hammelkeule, mandsch. ace, in der zwei Messer stecken, da
sich die Mandschu ursprünglich keiner Efsstäbe bedienten. Zu beiden Seiten der Hammelkeule
stehen zwei Näpfe mit Brei aus gelbem und weifsem Reis, und zwar ist der Reisbrei mit fein
gehacktem Fleisch bestreut. Nachdem die Brautleute einander gegenüber Platz genommen haben,
steckt die cKiP-cKirV-Vak-V ak zuerst dem Bräutigam ein wenig gelben Reis, chinl-mi3, und
darauf der Braut ein wenig weifsen Reis, 7^ yin2-mi3, in den Mund. Diese Ceremonie trägt
den Mandschunamen acabumbi, »Vereintwerden«. Unmittelbar danach findet ein allgemeines Mahl
für die anwesenden Gäste statt, wobei die Herren im überdachten Hofe, die Damen im Hause
speisen; sie sitzen stets zu Sechsen an einem Tische. Bei den Herren macht der Hausherr, bei
den Damen die Hausfrau die Honneurs. Nach beendetem Mahle verabschieden sich die meisten,
und nur die Nächststehenden verweilen den Abend über im Hause. Das für diese übliche Nacht
mahl besteht aus den dl ang2-shou*-mienA, »Nudeln des langen Lebens«, genannten langen
Nudeln. Nur die Damen, die am nächsten Tage während der Ceremonie des Weintrinkens,
cliili'-cliiu3, die Honneurs zu machen haben, pflegen im Hause zu übernachten.
Im Brautgemach werden bunte Kerzen, Kua'-chu2, angezündet; aufserdem brennt
dort die sogenannte »Lampe des langen Lebens«, M tm cKang2- ming4- teng1. Es ist dies eine
mit wohlriechendem Öl, hsiang'-yu2, gefüllte Zinnlampe, in der sich statt des gewöhnlichen
Dochtes eine rote Baumwollenschnur, üjf $jjj tiung2 t‘ou2-sheng’rh2, befindet, wie sie Kindern
in den Zopf geflochten zu werden pflegt, und die in diesem Falle auf Kindersegen hindeuten soll. Wenn
die Lampe mit der übrigen Mitgift ins Haus gebracht wird, befindet sich noch kein Öl in derselben,
24 Wilhelm Grube:
sondern nur Honig; erst später giefst die Mutter des Bräutigams Öi hinzu. Dieses Verfahren heifst:
pjU yEÖ wzz4-/z3 fiao2 jpu2 und verdankt seine Bedeutung einem Wortspiel, indem es die gleich
lautende Redensart: • J|. miA-li3-fiao2 g'U2, »möge die Annäherung sich immer inniger ge
stalten«, illustrieren soll.
Sobald die Kerzen im Brautgemach angezündet sind, kommt die Mutter mit der Ehren
dame, die die Braut abgeholt hat, hinein, jede von ihnen einen Napf mit Nudeln, m f® diieh4-
mien\ in den Händen haltend. Die Mutter reicht der Braut, die Ehrendame dem Bräutigam einige
Nudeln, worauf beide, vom Bräutigam gefolgt, das Brautgemach verlassen. Überhaupt wird der
Bräutigam für jede der Ceremonien, die im Brautgemach stattfinden, eigens hineingerufen und hat
sich hernach jedesmal wieder zu entfernen. Etwas später, etwa gegen zehn Uhr, verfügt sich die
Ehrendame abermals ins Brautgemach und reicht der Braut zunächst das Nachtgefäfs, damit sie
sich erleichtere1), worauf sie die Vorhänge vor dem K'ang herabläfst und die Braut auskleidet.
Strümpfe, Beinkleid und Lendengurt, |^| )]|| wef-yao1 (in einer Tasche des letzteren befindet sich
ein weifses Tuch, ö* pai2-pu4), behält sie jedoch an. Sobald sie das bräutliche Lager bestiegen
hat, wird der Bräutigam aufgefordert, sich ins Brautgemach zu verfügen. Die gute Sitte erfordert,
dafs er sich weigert und erst auf wiederholtes Zureden der Aufforderung Folge leistet, nachdem ihn
zuvor ein Onkel mütterlicherseits oder, falls kein solcher vorhanden, ein Onkel väterlicherseits über
die ehelichen Pflichten, A j|3 jen2-tao4, unterrichtet hat. Auch gelten für die Brautnacht beson
dere Vorschriften, die strikte Beobachtung erheischen. So darf der Bräutigam der Braut weder
Beinkleid noch Strümpfe abziehen; hingegen hat er ihr die Blumen aus dem Haare herauszunehmen
und sie an diejenige Stelle des Brautgemachs zu legen, wo sich an diesem Tage der Glücksgeist,
Jaljjjfjl hsi3-shen2, aufhält, ein Brauch, der in dem Umstande seine Erklärung findet, dafs die Blume
als das Sinnbild der Jungfräulichkeit betrachtet wird. Der Ort, wo sich der Glücksgeist aufhält, ist
für jeden Tag im Jahre im Kalender angegeben. Ferner mufs der Bräutigam seiner Braut das weifse
Tuch aus der Gürteltasche herausnehmen und als Unterlage über das Lager breiten. Am nächsten
Morgen hat er sich zu überzeugen, ob das Tuch Blutspuren, hsi3- Jl urig2, d. h. »glückbrin
gendes Rot«, aufweist. Fehlen solche, so gilt das als ein Unglück und eine Schmach; in solchem
Falle mufs die Hochzeitsdekoration, ts'ai*-ts\&, von Rechts wegen von der Thür entfernt
werden, und die zur Ceremonie des Weintrinkens erschienenen Gäste verlassen schleunigst das Haus.
Ist das Ausbleiben des Blutes auf irgend eine harmlose physiologische Ursache, etwa eine infolge
eines Falles früher stattgehabte Blutung, zurückzuführen, so mufs die Mutter der jungen Frau in der
Lage sein, den Beweis für die Keuschheit ihrer Tochter zu erbringen. Kann sie das nicht, so gilt
der Spruch: ming2 clii1 an4 diieh4, »öffentlich Gattin, insgeheim Konkubine«. Der
Ehemann hat in solchem Falle das Recht, die Frau in ihr elterliches Haus zurückzuschicken oder
auch eine zweite Frau zu nehmen, die aber dann nicht als Konkubine, sondern als rechtmäfsige
zweite Frau gilt. Zwei gleichberechtigte Frauen heifsen jpfij liang3-Vou2-ta4. Selbstverständ
lich steht es dem Ehegatten auch frei, die Sache auf sich beruhen ^u lassen.
Am nächsten Morgen begiebt sich der junge Ehemann zuerst zu seinen Eltern, um diese
zu beglückwünschen — ein Zeichen, dafs alles normal verlaufen ist. Eine der anwesenden Damen,
die eine sogenannte cKüan2-fu2 ful-jen2, d. h. eine verheiratete und mit Kindern ge
segnete Frau sein mufs, geht nun ins Brautgemach und hilft der jungen Frau, das Bettzeug in Ord
nung zu bringen. Sobald das geschehen, fordert sie den Vater des jungen Ehemannes auf, seine
Schwiegertochter, die er noch nicht von Angesicht geschaut hat, in Augenschein zu nehmen. Damit
ist zugleich das Zeichen gegeben, dafs alle, mit einziger Ausnahme schwangerer Frauen, das Braut
gemach betreten dürfen. Nunmehr erhält die junge Frau die für verheiratete Frauen vorgeschrie
bene Frisur. Es wird ihr zu diesem Zweck das Vorderhaar über der Stirn mit Zangen ausgerupft,
eine recht schmerzhafte Prozedur, die den Namen j^Jj Jjjjj! Kai'-lien3, »das Antlitz öffnen«, trägt.
Darauf wäscht sie sich das Antlitz, setzt das Diadem aufs Plaupt und befestigt zu beiden Seiten
desselben zwei unförmig grofse Blumenbouquets. Gleich seiner Frau legt auch der junge Gatte Fest-
P Es ist dies die erste derartige Gelegenheit an dem strapazenreichen Tage, daher pflegt die Braut am Morgen
des Hochzeitstages ein aus den eif pai2-kuo3-t^e3 genannten Früchten der Salisburia bereitetes urinstillendes Mittel
einzunehmen.
25Zur Pekinger Volkskunde.
kleidung an, worauf sich die Neuvermählten auf dem K ang im Brautgemach niedeilassen, er links,
sie rechts sitzend, um ein gemeinsames Mahl einzunehmen. Nachdem weibliche Dienstboten
Speisen auf den Tisch gestellt haben, treten die anwesenden verwandten und befreundeten Damen
an das junge Paar heran, und eine jede legt mittels Efsstäbchen einen Bissen von den bereitstehenden
Speisen auf die beiden Teller. Jede derartige Darreichung wird von einer Glückwunschformel be
gleitet, die stets durch ein Wortspiel auf die dargebotene Speise hinweisen mufs. So z. B. mag
die Darbietung von Fisch mit den Worten: Jg^f chi'-ctiing* jaP-yiP, »möge euer Gluck
überreich sein«, begleitet sein (j|£jV/2, »Überflufs« für ^ fiP, »Fisch«), bei Fleischklöfsen mag es
heifsen: 0] |JK jl=r t'uari2-yiian2 jiP-i4, »möget ihr nach Wunsch vereint bleiben« (t uaiP be
deutet: »kugelförmig«, und yüan2: »rund«, eine Anspielung auf die Kugelform dei Klöfse,
wan2-ts\&>\ bei den mit dem Zeichen hsP, Glück, versehenen Brötchen, ||.^fj|5j| hsP-ts\e4-man2-
t ou2t die stets paarweise auf einen Teller gelegt werden: 'pj' ^ ^ huo2-h o2-ch i4-ch i4-ti ,
»seid einträchtig« u. dergl. m. Diese Darreichung der Speisen heifst: pu4-ts ai4, und das
Mahl selbst: J||| Ji^ yiian2-fan4. Unterdessen hänseln die Freunde und Altersgenossen des jungen
tdiemannes diesen durch allerhand, meist obscöne Anspielungen, deren Witz auch oft in einem
auf die dargereichten Speisen bezüglichen Wortspiel liegt, wie z. B. wenn ihm bei Darbietung von
Hühnerfleisch der scheinbar harmlose Rat gegeben wird: fH "Ü5; w*3 c^ PaA' nur
das Huhn«. Die obscöne Nebenbedeutung dieser Worte entzieht sich der Wiedergabe.
Von Rechts wegen soll nun die junge Frau so lange, ohne sich zu rühren, auf dem K ang
sitzen bleiben, bis ihre Mutter sie besucht hat; doch wird diese Vorschrift nur selten strikt beob
achtet. Meist steigt sie, sobald ihr Gatte nach beendetem Mahl das Brautgemach verlassen hat,
vom IUang herab, um das übliche Gebet vor dem f Tsao4-wang2, dem Gott des häuslichen
Herdes, zu verrichten. Das Opfer, das sie dem Gotte darbringt, besteht aus einem Bündel von
Holzspänen, die mit einer roten Schnur zusammengebunden und mit einem aus rotem Papier aus
geschnittenen doppelten Glückszeichen, ^ ^ shuang'-chi2, versehen sind. Diese Opfergabe heifst:
z/Pr pao4-pcP-chai2, »ein Bündel Brennholz«, und hat den Sinn, dafs sie von nun an dem Vor
rat, Fj} chung'-Kuei4, d. h. dem Hauswesen, vorsteht. Das Kompositum chung'-Knei4 bedeutet
daher auch geradezu »Hausfrau«, und ein Mann, der seine Frau verloren hat, wird als ein '||j|
chung1-k\iei4-f a2-jen2 bezeichnet. Während sie sich vor dem Bildnis des Gottes niederwirft,
bringt ihre Schwiegermutter demselben brennende Räucherkerzen dar. Das Bildnis des Tsao4-wang2,
meist ein roher Buntdruck, befindet sich in einem Schrein, fo2-ltaiP, der gleichfalls oft aus
Papier besteht. An demselben ist meist eine Tafel, pien2-e2, mit der Aufschrift: —‘ ^
»der Plerr des gesamten Hauswesens«, angebracht, und zu beiden Seiten hängen zwei rote
Papierstreifen mit antithetischen Sprüchen, tui4-lien2, wie z. B. »gen Himmel
emporsteigend, berichte unsere guten Thaten«, und »ins Haus heimkehrend, bring’
Glück und Heil herab«.
Nachdem die geschilderte Opferdarbringung beendet ist, machen die Neuvermählten vor
ihren Vorfahren, d. h. bei den Mandschu vor dem Ahnenbrett, bei den Chinesen vor den Ahnen
tafeln, Kotou. Diese Ceremonie heifst: s hu ang1 - lp; ihr schliefst sich die »Verneigung
in die Ferne oder par distance«, yao2-pai4, an, die darin, besteht, dafs sich die beiden
Ehegatten nach der Richtung der Gräber ihrer Vorfahren auf ihr Antlitz niederwerfen. Zuletzt
machen sie vor ihren Grofseltern oder, falls diese nicht mehr am Heben sind, vor ihren Eltern
Kotou. Auch vor den Verwandten männlicher- und weiblicherseits, sofern sie einer älteren Ge
neration angehören, wird Kotou gemacht, und zwar heifst die Begriifsung der Grofseltern, Eltern
und Verwandten männlicherseits: ft A/ME fen1 ta4-hsiao’rh3, die der Verwandten weiblicherseits:
shuang'-li3. Alle Angehörigen, die einer jüngeren Generation angehören, begriifsen
ihrerseits die junge Frau durch Kniebeugung, eil ing2 - an1. Die Eltern geben dem jungen
Paare keinerlei Geschenke, wohl aber erhält die Frau solche von den Verwandten des Hauses. Die
bei solchen Gelegenheiten üblichen Geschenke sind Schmucksachen, Fingernägelfutterale aus Silbei
und Gold, Gürteltäschchen und kleine Stickereien, auch Geldnoten, die in einem Couvert üben eicht
werden, auf dessen Mittelstreifen irgend eine stereotype Glückwunschformel, wie etwa: flip) ^'ü jfe
fu2-shou4 shuang1 cfiüan2, »Glück und langes Leben sei vollkommen«, o. dergl. geschrieben steht.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. 4
2 6 Wilhelm Grube:
An diese Begrüfsungen schliefst sich die Ceremonie des Weintrinkens, föv® cliih1 - chiu3.
Sobald die dazu eingeladenen Damen, cKih1-chilf-ti1-fang2-1fo\ unter denen die
Mutter der jungen Ehefrau stets den letzten Platz einnimmt, vom Vater am Thore begrüfst worden,
verfügen sie sich in das Empfangsgemach. An der Thür desselben kniet der junge Ehemann auf einem
roten Polster, ein Präsentierbrett mit drei Bechern in den Händen haltend, während seine Mutter
jeder der Damen einen Becher reicht. Jede der acht Damen hält den Becher an die Lippen, ohne
zu trinken, und giebt ihn dann ihrer Dienerin, die ihn ihrerseits den Dienstboten des Hauses reicht.
Die Becher werden so lange aufs neue gefüllt, bis alle acht Ehrendamen die Prozedur durchgemacht
haben. Dieser Brauch trägt den Namen: Jfjl fing2-men2-chung1, »Begrüfsungsbecher«. Darauf
erhebt sich der junge Ehemann, und die Damen verfügen sich durch den überdeckten Hof, wo sie
von den die Honneurs machenden Damen begrüfst werden, ins Hauptgemach und werden daselbst
mit Thee bewirtet. Die Mutter der jungen Frau hat unterdessen im Brautgemach ein kurzes Zwie
gespräch mit ihrer Tochter, durch das sie sie über ihre Pflichten als Schwiegertochter unterrichtet.
Es folgt alsdann die Bewirtung der acht Ehrendamen im überdachten Hof, wo sie, ihrem Range
entsprechend, an acht Tischen Platz nehmen. Einer jeden von ihnen wird eine Dame beigegeben,
die ihr die Honneurs zu machen hat. Abermals erscheint der junge Ehemann, ein Präsentierbrett
mit drei Weinbechern in den Händen, und kniet der Reihe nach neben jedem Tische nieder, wäh
rend die Mutter die Becher, einen nach dem anderen, der betreffenden die Honneurs machenden
Dame reicht, die ihn ihrerseits der Ehrendame darbietet. Sobald die drei Becher kredenzt worden,
wird das Präsentierbrett dem jungen Ehemanne abgenommen, und dieser hat sich jetzt durch ein
dreimaliges Kotou für die ihm erwiesene Ehre zu bedanken. Diese Ceremonie wiederholt sich vor
jeder der acht Ehrendamen. Endlich wird als letzter Gang die übliche Fleischbrühe gereicht, die
zugleich als ein Zeichen zum Aufbruch dient. Die Damen erheben sich, während die Dienerin einer
jeden eine kleine Geldsumme in einem Couvert als Trinkgeld für die Dienstboten, nn shang3-
feng1, auf das Präsentierbrett legt. Auch die Mutter des jungen Ehemannes pflegt sich an dieser
Spende zu beteiligen. Zunächst verfügen sich die Damen ins Hauptgemach, wo die Mutter der jun
gen Frau mit deren Schwiegermutter den Tag verabredet, an dem ihre Tochter den ersten Besuch
in ihrem elterlichen Hause machen soll, worauf sie noch einmal ihre Tochter im Brautgemach auf
sucht, um noch einige Worte unter vier Augen mit ihr zu reden und dann bewegten Abschied von
ihr zu nehmen. Während die Damen alsdann das Haus in der hergebrachten Reihenfolge verlassen,
kniet der junge PAemann, abermals ein Präsentierbrett mit drei Weinbechern in den Händen
haltend, am Thore, und die Mutter kredenzt ihnen wiederum in der oben beschriebenen Weise
den Abschiedsbecher, mn& lan3 - men2 - chung1. Als letzte besteigt die Schwiegermutter des
jungen Ehemannes ihren Wagen, wobei dieser die Deichsel hält, jfi na2-die1, damit der Wagen
sich nicht rühre.
Sobald die Ehrendamen das Haus verlassen haben, findet eine Bewirtung der übrigen Damen
statt (von Herren pflegen höchstens einige Verwandte männlicherseits zugegen zu sein). Unter diesen
nehmen die nicht zur Verwandtschaft gehörenden die Ehrenplätze ein, ihnen folgen die Verwandten
mütterlicherseits, und die zur Verwandtschaft väterlicherseits gehörenden Damen haben sich mit den
niedrigsten Plätzen zu begnügen. Vater und Sohn bedienen die Herren, Mutter und Schwiegertochter
die Damen. Nach beendetem Mahle bringt die junge Frau ein Präsentierbrett mit allerhand kleinen
Gaben, wie Schuhen, Strümpfen, Stickereien u. dergl. m. und bittet ihre Schwiegermutter, dieselben
in ihrem Namen unter die Anwesenden zu verteilen. Dieser Brauch heifst: san^-hsiang1,
»den Inhalt der Kisten verteilen«. Dieses ist der letzte Akt der Feier, und die Gäste verabschieden
sich. Die junge Frau legt ihre Festkleidung sowie das Diadem ab und kämmt sich ihr Haar nach
der gewöhnlichen Weise. Die Mandschufrauen wickeln den Haarschopf um eine linealartige Haar
spange, die sie in horizontaler Lage am Hinterkopf befestigen; diese Frisur heifst
liang3-pa rh3-t on2. Die Chinesinnen tragen einen flachen Chignon, »die dreizehn Windungen«,
shih2-san2-pan2, genannt; eine mehr volkstümliche, wenn auch nicht gerade sehr ge
schmackvolle Bezeichnung dieser Haartracht ist: T*# mu2-feif-p'ai2, d. h. »Kuhfladen-Frisur«.
Am nächsten Morgen begrüfst die junge Frau ihre Schwiegereltern sowie die ganze Familie
ihres Mannes durch Kniebeugung, ch‘ing3-an1, und bewirtet alle mit Thee und Süfsigkeiten,
die sie zu diesem Zwecke von ihrer Mutter mitbekommen hat. Von nun an beginnt für sie der
Zur Pekinger Volkskunde. 2/
Ernst des Lebens in Gestalt eines an Rechten armen, an Pflichten reichen Daseins. Sie steht in
absoluter Abhängigkeit von ihrer Schwiegermutter, der sie unbedingten Gehorsam schuldet. An den
gemeinsamen Mahlzeiten darf sie nicht teilnehmen, da sie vielmehr als erste Dienerin den iibiigen
Familiengliedern aufzuwarten hat. Im günstigsten Falle wird ihr diese Pflicht nach Ablauf eines
Monats erlassen, doch ist es nicht selten, dafs sie solchen Dienst ein ganzes Jahr lang zu vei-
sehen hat.
Am Morgen des dritten Tages nehmen die jungen Eheleute in festlicher Gewandung auf dem
Rang Platz, und zwar nebeneinander, so dafs sich die Ecken ihrer Kleidersäume berühren. Darauf
bringt eine ^ ^ ^ ^ cKüan2-fu2 - tf-ful-jen2, eine verheiratete (nicht verwitwete) und mit
Kindern gesegnete Frau, das S. 18 beschriebene pao3-pcing2 herein und schüttet den Inhalt des
selben dem Ehepaare in den Schofs, dem Manne mit kräftigem Ruck, der Frau nur sachte und
zögernd, so dafs dem ersteren der Löwenanteil zufällt. Dieser Brauch heifst: ^ao3 pa°3~
p inp2, »das kostbare Gefäfs ausschtitten«.
Bald nach der Hochzeit, etwa am sechsten Tage, findet, einer vorher getroffenen Verab-
ledung gemäfs, der erste Besuch im elterlichen Hause statt, ein geheiligter Brauch, der unter dem
Namen g| Kui2-men2 bekannt ist. An diesem Tage erhebt sich die junge Frau schon bald
nach Mitternacht von ihrem Lager, denn sie mufs sich schminken und frisieren und sich mit Diadem
und festlichen Gewändern aufs schönste schmücken, worüber reichlich drei Stunden hingehen; auch
erfordert es der Brauch, dafs sie im ersten Morgengrauen, »da die Dachziegel des elterlichen Hauses
noch nicht zu unterscheiden sind« an ihrem Bestimmungsorte eintreffe. Sie
wird gewöhnlich von einem ihrer Brüder oder, in Ermangelung eines solchen, von einem ihrer Oheime
abgeholt, der die Schwiegereltern bei dieser Gelegenheit zugleich bittet, ein wenig später auch den
jungen Ehegatten abholen zu dürfen. Dieses Anerbieten pflegt mit dem Bemerken dankend abge
lehnt zu werden, dafs dieser allein nachkommen werde.
Vor ihrem elterlichen Hause angelangt, wird die junge Frau von sämtlichen Hausgenossen
am Ihore empfangen, wobei die Mutter ihr einen Apfel reicht, in den sie einzubeifsen hat. Dieser
Brauch, der schon am Hochzeitstage beobachtet wurde (s. S. 21), hat hier die nämliche Bedeutung
wie dort. Die feierliche Begrüfsung durch Kniebeugung findet erst im inneren Hofe statt. Darauf
verfügen sich alle unter Vortritt der jungen Frau ins Hauptgemach, woselbst sie auf dem K'ang
Platz nimmt und sich durch einige Erfrischungen stärkt. Einige Stunden später erscheint, der Ab
machung entsprechend, der Schwiegersohn und wird von den männlichen Mitgliedern der Familie
Thore, von den Damen an den Stufen, die aus dem Hause in den Hof hinabführen, bewill
kommnet. Seine PTau geht ihm nicht entgegen. Nach beendeter Begrüfsung läfst er sich zur Lin
ken seiner Gattin auf dem K'ang nieder. Wie während des Mahles am ersten Tage nach der Hoch
zeit (S. 25), wird auch hier jede Darreichung von einer passenden Glückwunschformel begleitet. Sobald
das Mahl beendet ist und das Wasser zum Mundspülen gereicht wird, steigt die junge Gattin vom
K ang herab und verläfst das Gemach. Die Herren bleiben noch eine Weile beisammen, bis sich
der Gast endlich empfiehlt und, von den männlichen Mitgliedern der Familie bis ans Hausthor ge
leitet, den Heimweg antritt. Die Tochter verweilt noch bis zum Nachmittag im elterlichen Hause
und begiebt sich dann, von derselben Person, die sie abgeholt hat, begleitet, ebenfalls heim. Es
ist Sitte, dafs die Eltern bei diesei Gelegenheit den Schwiegereltern ihrer Tochter sechs oder acht
Schachteln mit Naschwerk und zwei Krüge mit Wein übersenden.
Sobald die junge krau wieder heimgekehrt ist, präsentiert eine Dienerin des elterlichen
Hauses, die zu diesem Zwecke mitgekommen ist, dem Begleiter einen Becher Wein, den dieser
der Schwiegermutter darreicht, während die Schwiegertochter diese durch einen dreimaligen Fufs-
fall begriffst. Dieser Brauch heifst: ^'ijj jjjj na* k‘oT-t‘ou2, »Wein und ICotou entgegen
nehmen«. Der Begleiter verweilt danach noch ein wenig im Hause der Schwiegermutter und tritt dann
wieder den Heimweg an. Späterhin macht die junge Frau in gleicher Weise vor ihrem Schwieger
vater Kotou.
Am siebenten Tage besucht sie in der Regel in Begleitung ihrer Schwiegermutter die Grab
stätte der Familie, der sie nunmehr angehört, um den verstorbenen Vorfahren vorgestellt zu werden
und ihnen ihre Huldigung darzubringen. Zu diesem feierlichen Akte legt sie wiederum ihr Staats
gewalt samt dem Diadem an.
4*
Wilhelm Grube:28
Die Begräbnisplätze pflegen an den vier Ecken, nämlich im Nordwesten, Nordosten, Süd
westen und Südosten, durch vier Pfosten markiert zu sein und, wenn die betreffende Familie wohl
habend ist, in zwei gesonderte Abteilungen, |£| ^ yinJ-chai2, »die dunkle Behausung«, und ||| ^
yang2-chai2, »die lichte Behausung«, genannt, zu zerfallen. Die erstere ist die eigentliche Grabstätte,
während die letztere als Absteigequartier für die Überlebenden dient, so oft diese die Gräber ihrer
Ahnen besuchen ; auch wird sie bisweilen als Landaufenthalt benutzt. Obligatorisch ist dieser Besuch
der Gräber viermal im Jahre: 1. am CKing2-ming2-Feste, '/jif JJJj, 2. am fünfzehnten Tage des sie
benten Monats, 3. am ersten Tage des zehnten Monats und 4. zum Jahresschlufs. Die Pflege und
Instandhaltung der Grabstätte ist einem Grabhiiter, k an4-fen2-tiI, anvertraut, der ent
weder gemietet, 'jJf $>J ku4-lix k‘an4-fen2-tiT, oder, was jedoch nur bei reichen Leuten
der Fall zu sein pflegt, erblich, chia'-sheng'-tsi^-erh2, ist.
Die Damen verfügen sich zunächst in die »lichte Behausung«, wo ihnen Thee vorgesetzt
wird. Der Grabhüter setzt unterdessen Schüsseln mit den bei den Mandschu üblichen »Tataren
kuchen«, M ta2-ts^-po'-po1, auf die vor den Gräbern befindlichen Steintische. Sobald
er damit fertig ist, meldet er, dafs alles für die Opferceremonie Erforderliche vorbereitet sei
fM IS 7 )> und die Damen betreten nunmehr den eigentlichen Begräbnisplatz. Die Schwieger
mutter bringt zuerst eine Libation von Wein oder Thee am Grabe des Urahns der Pamilie dar,
wirft sich vor demselben auf ihr Antlitz nieder und verrichtet ein stilles Gebet, MM chu4-tsan4,
in dem sie die Seele des Toten anfleht, ihre Schwiegertochter zu beschirmen und ihr Kindersegen
zu verleihen. Darauf bringt die Schwiegertochter in derselben Weise eine Libation dar und ver
richtet ebenfalls einen Fufsfall. Diese Ceremonie wird vor jedem einzelnen Grabe der Reihe nach
wiederholt. Den Beschlufs der F'eier bildet ein Imbifs in der »lichten Behausung«, dessen Haupt
bestandteil die eben erwähnten Tatarenkuchen bilden. Der Besuch der Familiengrabstätte heifst:
Jt^£mB§ shang4 fen2 kco1-fon2, »die Grabstätte aufsuchen, um Kotou zu machen«.
^ Unmittelbar an den Besuch der Familiengrabstätte schliefsen sich die Besuche bei den Ver
wandten und Freunden, die sich an der Hochzeitsfeier beteiligt haben. Die stehende Formel, mit
der die Schwiegermutter ihre Schwiegertochter in jedem Hause einführt, lautet: »Ich bringe meine
Schwiegertochter mit, damit sie Sie begriifse und Ihnen ihren Dank sage«
Diese Besuche nehmen selbstverständlich mehrere Tage oder gar
Wochen in Anspruch. Der junge Ehemann stattet unterdessen den Herren Besuche ab; doch ist
es diesem auch gestattet, sich die Mühe durch Umherschicken seiner Visitenkarte zu ersparen. Seine
Gattin wiederholt aufserdem ihren Besuch im elterlichen Hause an drei bestimmten Tagen des ersten
Monats, und zwar am neunten, tan1 -chiu3, fünfzehnten, pan4- ko4-yüeh4, und acht
zehnten, shuangz-chiu3. An dem diesen Terminen vorhergehenden Tage bittet ihr Bruder,
resp. Oheim, die Schwiegermutter, ihr zu gestatten, ihre Eltern zu besuchen. Auch der junge
Ehemann wird pflichtschuldigst eingeladen, doch ziemt es sich nicht, dafs er der Einladung jedesmal
Folge leiste. Nach dem Spruche: »Einen Monat lang darf das Haus nicht leer bleiben« (—•JfJ
darf die Junge Frau während des ersten Monats ihrer Verheiratung keine Nacht
aufser dem Hause verbringen. Erst nach Ablauf des ersten Monats erhält sie einen Urlaub von
mindestens vier, höchstens acht Tagen. Desgleichen dürfen neuvermählte Töchter während des
ersten Monats im Jahre nur am 19. Tage das elterliche Haus besuchen, ohne jedoch daselbst zu
nächtigen, da auch für diesen Monat die Regel gilt, dafs das Haus während desselben nicht leer
bleiben darf OEhTS»)- Dieser erste längere Besuch im elterlichen Hause heifst: \mn
chu4- tui4 -yüeh4, und während dieser Zeit wird die junge P'rau von ihren Freunden und Verwandten
besucht und eingeladen. Nach jedem Besuche im elterlichen Hause werden ihr Geschenke (meist
Naschwerk) für die Schwiegermutter mitgegeben, eine captatio benevolentiae, die durch das volks
tümliche Sprichwort: »Wenn die Schwiegertochter ihre ersten Besuche macht, sperrt die Schwieger
mutter hernach das Maul auf« illustriert wird. Desgleichen
findet nach jedem dieser Besuche die oben (S. 27) geschilderte Ceremonie der mit Kotou verbun
denen Darreichung von Wein statt. Von nun an darf die junge Frau, falls es ihr von der Schwieger
mutter gestattet wird, jeden Monat ihren Eltern einen Besuch abstatten. Es ist zu bemerken, dafs
nur der erste Besuch im elterlichen Hause als Hl PI fl ui2-men2 bezeichnet wird; die folgenden Be
suche heifsen: chu4 niang2-chia1, »im elterlichen-Hause verweilen«. An den drei Haupt-
29Zur Pekinger Volkskunde.
festen des Jahres, dem Laternenfeste im ersten Monate, tengT-chieh2, dem Feste der Sommer
Sonnenwende am fünften Tage des fünften Monates, tuan1 -yang2-chieh2, und dem Mitt
herbstfeste, am fünfzehnten Tage des achten Monates, itfj chung1 ch iuT-chieh2, daif die junge
Frau unter keinen Umständen das Haus ihres Mannes verlassen.
Die weiblichen Anverwandten der jungen Frau müssen innerhalb des ersten Monats nach
der Vermählung bei deren Schwiegermutter einen Besuch abstatten, der jeb-cKin1, »die
Verwandten kennen lernen«, genannt wird. Von dem neunten Tage (fA tan1-chin3) an dürfen
solche Besuche nur an geradzahligen Tagen gemacht werden, angeblich, weil sie zu Ehren eines
Paares stattfinden. Es wird nach Möglichkeit vermieden, dafs sich zwei Verwandte an demselben
Tage im schwiegerelterlichen Hause einfinden.
II. Hochzeitsbräuche der Chinesen.
Da die Hochzeitsbräuche der Mandschu im wesentlichen auf die der Chinesen zurückgehen,
so bieten diese nur geringfügige Abweichungen dar. Der (meist männliche) Ehevermittler heifst:
)K A pingJ-jen2 oder ta4-mei2. Im allgemeinen pflegen die Chinesen bei beabsichtigten
Eheschliefsungen eingehendere Erkundigungen einzuziehen als die Mandschu, weil die letzteren sich
als Bannerleute jederzeit in gewünschter Weise legitimieren können, was den Chinesen in der Regel
viel schwerer fällt. Daher werden hier eheliche Verbindungen unter Verwandten der weiblichen
Linie bevorzugt Je 'ppjjpjJ,) • man kennt einander in solchen Fällen und weifs über die beider
seitigen Verhältnisse Bescheid. Es ist auch gestattet, dafs ein Mädchen den Sohn einer Schwester
ihres Vaters heiratet, wodurch der Schwestersohn gewissermafsen dem Stammhause zurückgegeben
wird Dieses ist aber der einzige Fall, in dem ein Ehebündnis zwischen Verwandten
der männlichen Linie als zulässig gilt; nimmermehr dürfte etwa umgekehrt ein Mann die Tochter
einer Schwester seines Vaters heiraten.
Was die Brautgeschenke anbetrifft, ^ jj}|§ kuo4-li3 (s. S. 15 f.), so kommen zu den Gänsen
und dem Wein noch zwei sogenannte Speisebüchsen, pjf ^ ^ ^ liang2 cliia1 shih2-h‘o2, hinzu. In
der einen derselben befinden sich die üblichen Kleidungsstücke, in der anderen mit Phönix und
Drachen verzierte »Glückskuchen«, j||| J|k J|l lung2-feng4-hsi3-ping3, sowie ein grofses Brot,
tu4-man2-1 on2, das mit dem gedoppelten Glückszeichen geschmückt ist. Bisweilen kommen
dann noch die »Glücksfrüchte«, hsi3-kuo3, hinzu, nämlich: [pfj [Jgj guan2-guan2, Nephelium
longan, Ih-chih1, Nephelium lichi, 1Ä tsao’rh3, Jujuben, ^4-A^3, Kastanien, Zfc
liua'-sheng1, Erdnüsse, und shib-kan1, getrocknete Kaki (weil diese wie die unter dem
Namen ju2-i4 bekannten Scepter aussehen und daher die Bedeutung: |||. fro ;üf shib-shih4 jn2-i4,
»möge es in allen Dingen nach Wunsch gehen«, haben). Um alles in der Welt dürfen keine Birnen
unter den Glücksfrüchten vertreten sein, weil ihr Name: m h2 an das gleichlautende Wort jj|j| li2
erinnert, das die unheilvolle Nebenbedeutung: »sich trennen, auseinandergehen« hat. Man ver
meidet aus diesem Grunde sogar, wenn man von Birnen spricht, sich des Wortes li2 zu bedienen
und sagt dafür lieber PP| |ff] t uan2-j'iian2-kuo3, »runde Früchte«. Auf diesen Aberglauben ist
es auch zurückzuführen, wenn ängstlich vermieden wird, dafs zwei Personen sich in eine Birne teilen;
geschieht es dennoch, so mufs wenigstens ein Stück derselben beiseite geworfen werden.
Die Übersendung der Mitteilung des Hochzeitstermins, fnng'-shu1 oder fung1-
hsin4, erfolgt durch den Ehevermittler, der bei dieser Gelegenheit dem Vater der Braut zugleich das
in einer Schachtel, ^ |M pai4-hsia2, befindliche Verzeichnis der Brautgeschenke, jjjjfjjl li3-tanl,
zu überreichen hat.
Die Brautsänfte ist stets rot, während die Sänften der beiden Ehrendamen von grüner
Farbe sind. Die Standarten und sonstigen Abzeichen, die bei dem Brautzuge getragen werden,
setzen sich aus folgenden Gruppen zusammen: i. 'ji£^jjlp kuan'-hsien2-p'ai2, Tafeln, auf denen
der Rang des Vaters des Bräutigams verzeichnet steht, 2. chin1 - teng1, vergoldete Later
nen an langen Stangen, 3. clii2-ts\e3, Banner in grofser Zahl, 4. san3-shan4, Schirme
und Fächer, 5. chin1 -chih2-shih4, die üblichen acht Paare von Prunkhellebarden, die
jedoch nur Mandarinen gestattet sind, während Privatleute sich mit vier Paar Schwerthellebaiden,
jTJ tao\ zu begnügen haben. Den Schlufs des Zuges bilden die Musikanten.
30 Wilhelm Grube:
Da die Möbel bei den Chinesen nicht, wie bei den Mandschu, zur Aussteuer gehören, so
pflegt die Wohnung des jungen Paares bereits vollständig möbliert zu sein. Die zur Aussteuer ge
hörenden Kisten und -Truhen werden in den Zimmern, die Verlobungs- und Brautgeschenke jedoch
im überdachten Hofe, hsi3-pceng2, aufgestellt. Desgleichen verläfst die Braut die Sänfte
bereits im Hofe, woselbst gleich zuerst die Anbetung des Himmels und der Erde, pcii4-
fien'-ti4, erfolgt. Der Tisch, auf dem sich die zu verbrennende bildliche Darstellung der Gott
heiten des Himmels und der Erde befindet, steht an der Stelle, wo sich an dem betreffenden
Tage der Glücksgott aufhält, doch ist für diesen Zweck auch ein für allemal die Nordwestecke
zulässig, da der Nordwesten dem ersten der acht Diagramme, rjf£ cliien2, zukommt, das dem
Himmel entspricht. Die Ceremonie findet in der Weise statt, dafs zuerst der Vater des Bräuti
gams unter Darbringung von Räucherkerzen ein stilles Gebet verrichtet, worauf die Mutter mit
dem jungen Paare vor dem Bildnis Kotou macht. Jetzt erst hebt der Bräutigam mittels einer
Wagestange, mf dl eng4-kan1, seiner Braut den Schleier vom Haupte. Die Verwendung der
Wagestange soll auf den Ausdruck: diieif-diinT, »tausend Unzen Silber«, zurückgehen,
der als höfliche Bezeichnung für die Tochter eines anderen allgemein gebräuchlich ist. Das Dia
dem der Braut, feng4-kuanl, »Phönixmütze«, unterscheidet sich in seiner Form von dem
der Mandschubräute.
Die in Peking lebenden Nachkommen von Südchinesen haben etwas abweichende Hochzeits
bräuche. Der Ehevermittler heifst bei ihnen nicht «StA mei2-jen2 oder TA ping1-jeri2, noch
auch km ta4 - mei2, sondern km ta4-pin\ »der grofse Gast«, und ist stets ein naher Ver
wandter oder sehr intimer Freund des Hauses. Kurz vor dem Hochzeitstermin lassen die Eltern
des Bräutigams eine mit den südchinesischen Bräuchen wohl vertraute alte Frau, lao3-man2
genannt, kommen, unter deren sachkundiger Leitung zunächst der Brautanzug hergestellt wird. Dieser
besteht aus dem eben erwähnten Kopfputz aus Federemail, JH,^ feng4-kuanx, einem kurzen roten
Überwurf, hsia2-p‘ei4, dem Galakleid, mang3-pcao2, und dem Rock, diiin2-ts\<d.
Diese Kleidungsstücke, zu denen noch Gesichtsschminke, sowie etwas Haar vom Zopfe des Bräutigams
hinzugefügt wird, werden am Tage vor der Hochzeitsfeier von der lao3-man2 ins Haus der Braut
eltern gebracht. Die letzteren empfangen sie mit der gröfsten Höflichkeit und geleiten sie sofort
ins Gemach der Braut, das mit Seiden- oder Baumwollenstoff oder, bei ärmeren Leuten, mit Papier
von roter Farbe verziert ist. Die lao3-man2 begrüfst die Braut durch pai4-pai4 (in der Schrift
sprache ^ jjig wan4-fu2 genannt), eine Begrüfsungsform, die darin besteht, dafs beide Hände gegen
die Brust gedrückt werden; darauf iibergiebt sie der Braut die mitgebrachten Geschenke, legt ihr
die Brautgewänder an und führt sie dann zu ihren Eltern, vor denen sie sie Kotou machen läfst.
Darauf führt sie sie wieder in ihr Gemach zurück und erklärt ihr das während der Hochzeits
feier zu beobachtende Ceremoniell. Am Schlufs der Ceremonie findet das Abschiedsmahl,
li2-niang2-fan4, statt, bei dem die Braut den Ehrensitz einnimmt (bei den Mandschu findet dieses
Mahl unmittelbar nach der Absendung der Mitgift statt). Die lao3-man2 verweilt die Nacht über
bei der Braut, um ihr am nächsten Morgen das Stirnhaar auszurupfen, [|fj Jeaf-lien3, was bei
den Mandschu und den Pekinger Chinesen erst am Morgen nach der Hochzeit geschieht. Während
sie mit dem Frisieren der Braut beschäftigt ist, macht sie aus dem mitgebrachten Haare des Bräuti
gams einen kleinen Haarknoten, 4|l chuax-chi4, den sie am Kopfe der Braut befestigt. Bei dieser
Gelegenheit schneidet sie etwas von dem Haare der Braut ab und steckt dasselbe, in rotes Papier
eingewickelt, zu sich. Nach beendeter Toilette nimmt die Braut auf einem, mit rotem Tuch be
deckten, auf dem K'ang stehenden Stuhle Platz, auf dem sie sitzen bleibt, bis sie abgeholt wird.
Die lao3-man2 aber begiebt sich ins Haus der Eltern des Bräutigams, macht vor denselben Kotou
und überreicht dem Bräutigam das mitgebrachte Haar der Braut, das jener in seinen Zopf flicht.
DieserBrauch heifst: ^|§ ^ düefc-fa3fu'-dii1, »die Ehegatten durch das Haar verbinden«. Nach
der physiologischen Theorie der Chinesen ist das Haar ein Produkt des Blutes, steht also als solches
in direkter Verbindung mit dem Herzen. Daher werden durch den Austausch des Haares gewisser-
mafsen die Herzen der beiden Ehegatten miteinander verbunden.
Nachdem die lao3-man2 entsprechend bewirtet worden, verfügt sie sich wieder zur Braut
zurück, um dabei zu sein, während diese die Sänfte besteigt. Zunächst legt sie der Braut den
Schleier über das Haupt, der jedoch nicht, wie bei den Mandschu und den Pekinger Chinesen, aus
Zur Pekinger Volkskunde. 31
schwerem Stoff, sondern aus leichtem Crepe besteht und auch nicht, wie bei jenen, an den viel
Ecken durch Seidenquasten beschwert ist. Auch giebt es bei den Nachkommen von Südchinesen
weder eine dl ifi-cKinJ-f ai-4fai4 noch eine sung4-diin1 -faiA-t aiA, sondern die lao3-man2 allein vei sieht
die Obliegenheiten dieser beiden Ehrendamen. Vor der Brautsänfte werden zwei mit Seidenschnüren
verzierte und an langen Stangen befestigte Siebe getragen, die den doppelten Zweck haben, die
bösen Einflüsse, ^ sha'-dii4, abzuwehren und die Blume, d. h. in diesem halle die Bi aut, gegen
die Sonne zu schützen. Sobald die lao3-man2 die Braut in die Sänfte geleitet hat, fährt sie selbst
voraus in das Haus der Eltern des Bräutigams.
Im Hause der Eltern des Bräutigams leitet eine Art Festordner, jjjf| tsan4-li3-kuaii , die
Feier. Sobald die Brautsänfte im Hofe niedergesetzt worden, verliest derselbe die herkömmlichen »Be-
glückwünschungsverse, ^ jgl jfjl) Iio4-hsi3-tS'(e2, worauf der Schwiegervater oder, falls dieser nicht
mehr am Leben, der älteste Anverwandte die Sänfte öffnet und die Braut auffordert auszusteigen
(die stereotype Formel lautet: pjpj 7^ > »ich bitte die Braut, die kostbare Sänfte zu ver
lassen«); ihm folgt die Schwiegermutter und dieser der Bräutigam, ^ hsin1-lang2-knanI, mit
der gleichen Aufforderung. Erst jetzt darf die Braut, auf die lao3-man2 gestützt, die Sänfte ver
lassen. Nunmehr tritt ein bejahrter, zu den Verwandten des Hauses gehörender Mann, der einen
langen, mit einem Drachenkopf gekrönten Stab, SiSStSfet lung2 - ton2 - kuai3 - diang4, in der
Hand hält, an die Braut heran und berührt ihr mit dem Drachenkopf seines Stabes dreimal die Stirn.
Indem er den Gott des langen Lebens, |||||| ShonA-hsingJ, verkörpert, verleiht er der Braut durch
diese dreimalige Berührung mit seinem Stabe Glück, Reichtum und langes Lebenmmmy
Im Hofe ist eine Art Altar, ^ ^ qp pai4-fienT-ti4-tiI-cho1-ts,{S3, aufgestellt,
auf dem sich ein Bildnis des Himmels und der Erde befindet. Vor dem letzteren steht zunächst eine
Vase, in der drei kleine Hellebarden stecken, und vor dieser ein Räuchergefäfs. Die Vase samt
den Hellebarden ist als Wortspiel oder Rebus zu deuten. Die erstere, jj p‘ing2, bedeutet soviel
wie pcing2-an\ »Wohlbefinden«, während die drei Hellebarden, Ei: san'-chi2, als
san'-chi2, »drei Rangstufen«, zu deuten sind und somit einen, bildlichen Ausdruck des Wunsches: jtjf [fljf
— rfM hen2-sheng1 sanT-chi2, »möge er (sc. der junge Ehemann) dreimal nach einander befördert
werden«, darstellen. Zu beiden Seiten des Räuchergefäfses stehen zwei Leuchter mit Kerzen; die
Kerze zur Linken ist rot, die zur Rechten grün, und an der roten Kerze ist ein rotes, an der grünen
ein grünes Seidenband befestigt. Links vom Altäre steht ein kleiner Knabe, rechts ein kleines Mäd
chen. Sobald das junge Paar vor dem Bildnisse des Himmels und der Erde sein Gebet ver
richtet hat, nimmt der Knabe den Leuchter mit der roten, das Mädchen den mit der grünen Kerze;
gleichzeitig giebt der tsan4-li3-kuan1 dem Bräutigam das rote Band in die linke, die lao3-man2 der
Braut das grüne Band in die rechte Hand, und nun begiebt sich das Brautpaar unter dem Vortritt
der beiden Kinder ins Brautgemach, f|pj ^ tung4-fang2. Diese Prozession heifst:
3IAJH. »der Götterknabe und die Himmelsmaid geleiten (das Brautpaar) ins Brautgemach«.
Hier angelangt, nimmt der Bräutigam seiner Braut den Schleier vom Haupte, worauf im Beisein
der lao3-man2, jedoch ohne andere Zeugen, die Ceremonie des gegenseitigen Zutrinkens,
chiaox-pei\ folgt. Die ersten Personen, die hiernach das Brautgemach betreten, sind eine Jungfrau
und eine Witwe panA-kuT und panA-saoz) als Vertreterinnen der Keuschheit; nach
ihnen dürfen alle übrigen das Gemach betreten. Am Abend nimmt das junge Paar, auf dem K‘ang
sitzend, ein gemeinsames Mahl, |jj jpüan2-fanA genannt, ein, wobei alle Anwesenden ihrer Spott
lust die Zügel schiefsen lassen. Man unterscheidet unter den hierbei üblichen Witzen
sn4-hsiao4-Knci rh4 und KunL-hsiao4-Kua’rhA. Der Sinn dieser Ausdrücke ergiebt sich
aus der gegensätzlichen Bedeutung von ^ suA, »Vegetabilien«, und Kunr, »Fleischkost«, die im
Gegensatz zu jenen dem frommen Buddhisten untersagt ist. Mithin bedeutete suA-hsiao4-Kna ,hA harm
lose Witze, während man unter Kunx-hsiao4-lind rhA, die auch fen3 - hsiao4-Ji na’’h\ »ge
schminkte Witze«, d. h. Zweideutigkeiten, genannt werden, Witze obscönen Charakters versteht.
Die letzteren werden in diesem Falle bevorzugt. Dieser Brauch, das Brautpaar zu necken, heifst.
IthJ '/R nao4 - tung4 - fang2, im Brautgemach poltern, erinnert also schon durch seinen Namen an
unseren heimischen »Polterabend«. Während des Mahles können die jüngeren unter den Anwesen-
32 Wilhelm Grube:
den nach Belieben die Kisten und Truhen der Braut öffnen und sich unter den Schätzen aussuchen,
was ihr Herz begehrt. Am nächsten Tage schenkt die Braut ihnen allerhand Kleinigkeiten, wofür
sie ihr entwendetes Eigentum wieder zurückerhält.
Die von mir für das Königliche Museum erworbenen Modelle der zur üblichen Brautaus
steuer gehörenden Gegenstände bestehen aus folgenden Stücken und werden stets in der hier an
gegebenen Reihenfolge in feierlichem Zuge aus dem elterlichen Hause der Braut in das des Bräu
tigams getragen:
1. Der Vorhang, der vor dem IVang im Brautgemach angebracht wird, 7nan4-
chang4 oder chang4-ts\&. Derselbe wird an der Spitze des ganzen Zuges von zwei Trä
gern getragen.
2. Der Thürvorhang für das Brautgemach, IST lien2-ts\£3. Dieser wird von einem Trä
ger getragen, dem in der Regel ein Diener mit den Rauchutensilien der Braut zur Seite geht. *
3. Der erste der nunmehr folgenden acht Fragtische, die von je zwei Trägern getragen
werden. Dieselben heifsen: -jp“ chia4-chuang1-cho1-ts^e3, »Ausstattungstische«, und werden
samt allen zur Hochzeitsfeier erforderlichen Utensilien und Trägern in dem sogenannten »Braut
sänftenladen«, Hl hsi3 chiao4-p u4, gemietet. Die zur Brautaussteuer gehörenden Sachen lie
gen jedoch nicht unmittelbar auf diesen Tischen, sondern auf einer Art von Präsentierbrettern, die
mit einem geschnitzten Rande versehen sind und daher lan2-kan1-pcan2-ts\e3, »mit
einem Rande versehene Schüsseln«, heifsen. Diese entsprechen in . ihrer Gröfse genau den Tisch
platten, für die sie bestimmt sind. Auf dem ersten Tische steht in der Mitte eine Blumenvase,
?£){E Iiua'-ping2, auf einem hölzernen Untersatz, Kuax-ping2-tso4. Die Vase, ping2,
bedeutet auch hier wieder ping2-an1, Wohlbefinden, und die in derselben steckenden beiden Getreide
halme mit Ähren samt der kleinen Hellebarde, an der ein Klangstein befestigt ist, sind ebenfalls als Re
bus zu deuten: man braucht nur für die Worte chi2, Hellebarde, |gt cKing4, Klangstein, |g£ hu3,
Getreide, und Jg sui4, Ähre, die Homophone ± chi2, Glück, Jg cKing4, Segen, jg ku3, Heil,
und JH sui4, Jahr, zu substituieren, so ergiebt sich der Wunsch: »Jahre des Heils voll Glück und
Segen«. Zu beiden Seiten befindet sich je ein Präsentierteller aus Zinn in Kirschblütenform, daher
Kai3 - fang2 - Kua1- ti1-cKa2 - pz an2, »Kirschblüten -Theebrett«, genannt, auf dem
je eine Deckeltasse, kai4 -man3, und eine kleinere Theetasse, che2-chung1, steht, in
denen den beiden Ehrendamen der Thee gereicht wird.
4. Auf dem zweiten Tragtische steht in der Mitte ein Spiegel, -jp ching4 -ts^S3, und zu
beiden Seiten desselben zwei Leuchter aus Zinn, mn la4-cKienJ, auf deren unterer Schale in der
Regel einige »Glücksfrüchte«, hsi3-kuo3-tsi83, zu liegen pflegen. Die Leuchter sind mit
roten und grünen Seidenschnüren geschmückt: Rot bezieht sich auf den Mann, Grün auf die Frau.
Der Spiegel ist durch einen seidenen Vorhang, §HJSt Ä ching4-lien rh\ verhüllt, angeblich damit
die Kinder sich nicht vor dem eigenen Bilde erschrecken, zugleich aber auch, damit kein kuei3,
d. h. ein Gespenst im allgemeinen oder eine abgeschiedene Seele, hineinblicke. An der Rückwand
des Spiegels ist ein Bild angebracht, das eine Scene aus dem Schauspiel mn4-yang2-
cKiian1, »die Falle am Berge Mu4-yang2-shan4«, darstellt. Der Inhalt des Stückes, das zur Zeit
der T'ang-Dynastie spielt, ist folgender:
Ein Vasallenfürst Namens jj§TH\iang2-lung2 hatte sich empört, um die herrschende Dy
nastie zu stürzen. Um diese Zeit lebte ein Mann, Chu1 CKimx-tengx mit Namen, mit seinem
Oheim und dessen Sohn zusammen. Als nun der Oheim ausgehoben wurde, um als Soldat in den
Krieg zu ziehen, trat Chu1 CKwf-teng1 für ihn ein. Der Oheim starb bald darauf, Chu1 CKun1-
teng1 aber that sich durch seine Tapferkeit hervor und wurde dafür durch Verleihung eines niedrigen
Offiziersranges belohnt. Nun liefs er den Sohn seines Oheims, Chu1 Ch wf -Ko1, zu sich
kommen, damit er sich an dem Kampfe beteilige. Die Witwe jenes Oheims, Chu1 Sung4
shih4, d. h. Frau Chu1 geb. Sung4, benutzte die Abwesenheit ihres Sohnes und des Chu1 CKun1-teng1,
Zur Pekinger Volkskunde. 33
um sich mit ihrem Neffen Sung4 CK eng2 zu dem Zwecke zu verbünden, den Chu Ch nn
teng1 zu beseitigen und sein Vermögen an sich zu bringen. Zur Ausführung dieses Vona
schickte sie den Sung4 Cli eng2 ins Lager, damit er dort den Chu1 Chunx-teng ermorde.
Es begab sich, dafs der letztere zufällig gerade um diese Zeit das Lager verlassen un
sich in ein nahegelegenes Gehölz begeben hatte, wo er auch die Nacht verbrachte.^ Da kam ein
Räuber, der in jenem Walde hauste, des Weges, und als er den Chu1 Chun-teng in tiefem
Schlummer daliegen sah und gleichzeitig gewahrte, dafs er eine wohlgefüllte Geldkatze BjJ dl cio
paobei sich führte, beschlofs er, ihn zu berauben. In demselben Augenblicke abei nahm ei
wahr, dafs das Haupt des Chu1 CKun1-teng1 plötzlich von einem rötlichen Lichtschein umgeben
ward — ein Zeichen, dafs ihm eine glänzende Zukunft vom Schicksal beschieden war. Da änderte
der Räuber seinen Plan, und statt den Schlummernden seines Gutes zu berauben, veiblieb er viel
mehr in dessen Nähe, um ihn vor etwaigen Fährnissen zu schützen und sich dadurch seine Dank
barkeit und Gunst zu sichern. Lange dauerte es denn auch nicht, so kam Sung4 Ch eng~ herbei,
um den Chux CKun1-teng1 meuchlings zu ermorden; kaum aber hatte jener sein Schwert gezückt,
als er selbst, von dem Dolch jviao1) des Räubers getroffen, zu Boden sank. Aus dem
Schlummer erwacht, erblickte Chu1 CKun1-teng1 zu seiner gröfsten Überraschung den Sung4 Ch eng
neben sich und fragte ihn nach dem Zwecke seiner Anwesenheit. Nach einer kurzen Pause ver
legenen Schweigens erwiderte dieser, er habe ihn zufällig schlummernd daliegen sehen und sei in
seiner Nähe geblieben, um ihn nötigenfalls schützen zu können. Nun gewahrte aber Chu1 ChunT-
teng1 den Dolch in der Brust des Sung4 CK eng2 sowie auch das Schwert, das neben ihm lag.
In diesem Augenblicke trat der Räuber vor und berichtete dem Chux CKun1-teng1, was sich zu
getragen hatte, während er schlief. Da entbrannte sein Zorn lichterloh; als aber der Räuber nun
die Gelegenheit benutzen wollte, dem Meuchelmörder den Garaus zu machen, war Chu1 Chun1-
teng1 edelmütig genug, für den Sung4 CK eng2 einzutreten, der sich nun seinerseits durch eine
schleunige Flucht weiteren Unannehmlichkeiten entzog. Der Räuber aber schlofs sich dem Chu1
CKun1-teng1 an und ward von nun an dessen Kampfgenosse. Bald darauf glückte es dem Chu1
Cliun1-teng1, in den Besitz von drei Wunderpfeilen zu gelangen, die nie ihr Ziel verfehlten, und
mit Hilfe derselben brachte er es durch seine grofsen kriegerischen Verdienste schliefslich zu einer
hohen und angesehenen Stellung im Heere.
Inzwischen hatte sich Sung4 CK eng2 zu seiner Muhme geflüchtet und ihr erzählt, was ihm
widerfahren war. Diese ersann nun einen neuen teuflischen Plan. Da sie gegen Chu1 CKun1-teng1
direkt nichts auszurichten vermochte, beschlofs sie jetzt, ihren Angriff gegen dessen Mutter und
Gattin zu richten, um diese zunächst unschädlich zu machen. Sie begann die Ausführung ihres
Planes mit einem gefälschten Schreiben, das sie an die beiden Frauen richtete und in dem ihnen
mitgeteilt wurde, dafs Chu1 CKun1-teng1 im Kampfe den Tod gefunden habe und sein ganzes Ver
mögen nunmehr dem Staate zufalle. Unter dem Vorwände, dafs sein Vermögen dem Staate über
wiesen werden sollte, brachte sie es dann an sich, und die Mutter und Gattin des Totgeglaubten
lebten von nun an in der gröfsten Armut, indem sie als Schafhüterinnen kümmerlich ihr Dasein fristeten.
Wiederholt machte Frau Chu1 den Versuch, die Gattin des Chu1 CKun1-teng1 zu überreden, ihre
Hand dem Sung4 CK eng2 zu geben, doch wies diese solches Ansinnen hartnäckig von sich. Da
beschlofs Frau Sung4 endlich, sich an ihr zu rächen. Die Hütte, in der die Gattin des Chu1 CKun1-
teng1 mit ihrer Schwiegermutter lebte, lag in der Nähe eines Berges mit Namen Mu4-
yang2-shan1) »Schafweideberg«. An demselben befand sich ein Thalkessel, der von allen Seiten
eingeschlossen und nur durch eine enge Schlucht zugänglich war. In diese pflegten die beiden ihre
Herde zu treiben, weil dort keins der Tiere verloren gehen konnte. Das wufste Sung4 CK eng2 und
versperrte eines schönen Tages die Schlucht, so dafs die beiden Frauen sich eingeschlossen sahen
und nicht hinausgelangen konnten.
Chu1 CKun1-teng1 hatte mittlerweile den FFuang2 - hing2 im Kampfe getötet, und damit war
der Krieg beendet. Er nahm daher einen Urlaub, um seine Heimat aufzusuchen und zugleich an
den Gräbern seiner Ahnen ein Opfer darzubringen. Seinem Lebensretter, dem ehemaligen Räuber,
hatte er den Offiziersrang verliehen, desgleichen auch seinem Neffen Chu1 Ch unJ-k o1. Wie ei abei
diese belohnt hatte, so wollte er jetzt dem Sung4 CK eng2 die wohlverdiente Züchtigung zu teil werden
lassen. Er schickte daher zwei seiner Leute voraus, um ihn ausfindig zu machen. Wähl end diese
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. ^
34 Wilhelm Grube:
nun umhergingen und allerorten Nachforschungen anstellten, stiefsen sie zufällig auf den Gesuchten,
freilich ohne zu wissen, dafs er es war, wie er just damit beschäftigt war, zwei Scheingräber für
die beiden angeblich toten Frauen herzurichten. Auf ihre Frage, ob er vielleicht den Sung4 CK eng2
kenne, richtete dieser die Gegenfrage an sie, was sie von ihm begehrten. Als sie sich ihm darauf
als Untergebene des Chu1 CKun1-teng1 zu erkennen gaben, roch er indessen Lunte und erwiderte,
Sung4 Cli eng'2 sei tot. Den beiden Kundschaftern kam aber diese Aussage verdächtig vor, und um
ihn aufs Glatteis zu führen, sagten sie nun: »Das ist zu bedauern; Cliu1 CKun1-teng1 hat nämlich
dem Sung4 CK eng2 seine Schuld verziehen; da aber ein Wiedersehen für beide Teile peinlich sein
würde, so beabsichtigte er, ihn reich zu beschenken, ihn jedoch gleichzeitig zu verpflichten, fortzu
ziehen«. Die List glückte: Sung4 CKeng2 ging in die Falle, indem er erklärte, er habe nicht gewufst,
welchen Sung4 CK eng2 sie meinten: es gebe zwei Leute dieses Namens, und der von ihnen gesuchte
sei er selbst. Auf diese Aussage hin wurde er alsbald festgenommen und in das Lager des Chu1
CKun1-teng1 geschleppt. Dieser fuhr ihn in seinem Zorne mit den Worten an: dafür, dafs er ihn
damals habe töten wollen, sei er jetzt selber des Todes schuldig. Kaum aber hatte der ehemalige
Räuber, der zufällig zugegen war, das Wort %Tod« vernommen, als er, ohne sich zu besinnen, den
Degen zog und den Sung4 CK eng2 niederstach. So blieb dem Cliu1 CKun1-teng1 nichts anderes
mehr übrig, als ihn begraben zu lassen.
Der Kaiser hatte dem Chu1 CKun1-teng1 ein Diadem und einen Jadegürtel als Auszeichnung
für seine Mutter verliehen. Als er nun, nach Flause zurückgekehrt, weder Mutter noch Gattin
daheim vorfand, suchte er Frau Sung4 auf, in der Floffnung, von ihr Auskunft über beide zu er
langen. Diese aber brach in Thränen aus und berichtete ihm, dafs die Mutter aus Sehnsucht nach
ihrem Sohne gestorben und bald darauf auch seine Gattin ihrem Gram erlegen sei. Niedergeschmettert
durch die so unerwartete Kunde, fafst Chu1 CKun1-teng1 in seiner Verzweiflung den Entschlufs,
seiner glänzenden Laufbahn zu entsagen und die Mönchsweihen zu nehmen. Die für seine Mutter
bestimmt gewesenen kaiserlichen Geschenke überläfst er der Frau Chu1.
An diesem Punkte erst setzt das Drama ein, dessen innerer Zusammenhang jedoch ohne
die vorausgeschickte einleitende Schilderung der Situation unverständlich bleiben würde.
Mit Einwilligung ihres Sohnes Chu1 CKun1-Ko1 nimmt Frau Sung11' das Diadem und den
Gürtel an. Chu1 CKun1-teng1 aber beauftragt seinen Gefährten, den ehemaligen Räuber, ein Matten
zelt auf der Grabstätte des Flauses Chu1 herrichten zu lassen, da er dort seinen Vorfahren, sowie
auch den Manen seiner Mutter und Gattin ein Opfer darbringen wolle. Nach beendeter Opferfeier
wolle er sieben Tage lang unentgeltlich Speisen unter die Armen austeilen lassen (&i£ she3-
fan4). Danach beabsichtige er, Amt und Würden aufzugeben, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen
und ausschliefslich geistlichen Übungen zu leben. Mit diesen Worten legt er Trauerkleidung an und
begiebt sich auf den Begräbnisplatz.
Nachdem inzwischen die Mutter und die Gattin erkannt hatten, dafs sie in dem Thalkessel
eingeschlossen waren, durchschauten sie auch alsbald die Absicht der Frau Chu1. Einige Tage lang
hatten sie sich von Wurzeln und Kräutern notdürftig genährt, bis endlich die Kuan-yin p‘u-sa zu
ihrer Rettung herbeikam und sie aus ihrer verzweifelten Lage befreite. Es ist nichts Seltenes in chi
nesischen Dramen, dafs die Kuan-yin in der Rolle eines Deus ex machina eingeführt wird, und nicht
mit Unrecht heifst es daher, dafs es in solchen Fällen der Dichter selber sei, den die Göttin in ihrer
Barmherzigkeit rettet. Erlöst, wufsten sich die beiden Frauen zunächst keine Rechenschaft darüber
zu geben, wo sie sich befanden und gehen, um Almosen zu betteln, des Weges, bis sie an die
Grabstätte der Familie Chu1 kommen. Hier hat die Austeilung des Morgenmahles bereits statt
gefunden und die des Mittagsmahles noch nicht begonnen. Die Greisin bricht in Thränen aus, da
sie dem Verhungern nahe ist. Da entschliefst sich die Schwiegertochter, die Grabstätte zu betreten
und einen Bedienten fufsfällig um eine Gabe für ihre achtzigjährige Schwiegermutter anzuflehen.
Der Diener läfst sich durch ihre Bitten erweichen, und teilt dem ehemaligen Räuber, den er
erK-jeh\ »zweiter Herr«, tituliert, den Fall mit. Der letztere giebt daraufhin dem Diener einen
Napf mit Speise und sagt ihm, das sei der Napf, der für den Herrn bestimmt gewesen, doch habe
dieser aus Gram über den Tod seiner Mutter die Speisen unberührt gelassen. Der Diener nimmt
den Napf, labt sich am Dufte der Leckerbissen, die er bedauert, nicht selber essen zu dürfen, und
hält ihn der Frau hin. Diese bittet ihn jedoch, den Napf hinzustellen, da es sich nicht zieme, dafs,
35Zur Pekinger Volkskunde________________________________ _
wenn Männer und Frauen einander etwas reichten, ihre Hände sich berührten (JK>C
Meng-tsIV, I, XVII, i). Der Diener ist zwar verwundert, dafs ein einfaches Bettelweib so groisen
Wert auf feine Umgangsformen legt, thut jedoch ihren Willen. Die Schwiegertochter reicht ei
Alten den Napf, und während diese ihren Hunger stillt, sieht sie sich die Grabstätte naher an
und erkennt jetzt erst, wo sie sich befindet. Sofort teilt sie ihre Entdeckung dei Schwiegermutter
mit; diese aber will es nicht glauben und meint, sie müsse sich geirrt haben, denn seit ihr So in
tot sei, gebe es doch niemand mehr, der dort Opfer darbringen und Speisen untei die Armen aus
teilen könnte. Die Schwiegertochter bleibt jedoch dabei, dafs sie sich genau dei Stätte erinneie,
wo sie gleich nach ihrer Verheiratung zu den Ahnen ihres Gatten gebetet. Nun begiebt sich die
alte Frau selbst auf den Begräbnisplatz und überzeugt sich, dafs ihre Schwiegertochter recht hat.
Überwältigt von dem Gefühl, als Bettlerin vor den Gräbern ihrer Ahnen dazustehen, bricht die
Greisin in Thränen aus und läfst in ihrer Erregung den Napf ihren Händen entgleiten, so dafs ei
hinfällt und in Scherben zerbricht. Der Diener macht seinem Unwillen darüber Luft und über
schüttet sie mit Vorwürfen, bis schliefslich Chu1 Oiun'-teng1, durch den Lärm aufmerksam gewor
den, zum Vorschein kommt und den ehemaligen Räuber fragt, was denn da voigehe. Dei also
Gefragte berichtet ihm den Sachverhalt, doch schenkt jener seinen Worten keinen Glauben, hat ihn
vielmehr im Verdacht, dafs er die Frauen ungebührlich behandelt habe, und ist in seinem Zorne
nahe daran, ihn niederzustechen. Der ehemalige Räuber aber beteuert seine Unschuld und bittet
den Chu1 CKun'-tengx, er möge doch die Frauen selbst vernehmen. Dieser geht auf den Vorschlag
ein und läfst die Frauen durch den Diener zu sich entbieten, indem er ihnen Verzeihung füi den
zerbrochenen Napf und obendrein noch eine milde Gabe zusichern läfst. Die Alte weigert sich, dei
Aufforderung Folge zu leisten, da sie taub sei und nicht werde verstehen können, was der Herr zu
ihr spricht. Sie gebietet daher der Schwiegertochter, allein hinzugehen, was diese im Hinblick auf
ihre Jugend nicht wagen will. Die Alte wiederholt jedoch ihren Befehl mit der Versicherung, dafs,
wenn der Herr ihr ein Leid anthäte, sie ihrem Leben ein Ende machen werde. So tritt denn die
Schwiegertochter allein vor das Angesicht des Chu1 CJiwU-teng1 und ist gleich im ersten Augen
blick durch dessen Ähnlichkeit mit ihrem totgeglaubten Gatten betroffen. Auch ihm fällt ihre Ähn
lichkeit mit seiner Gattin auf. Er fragt sie, auf den ehemaligen Räuber weisend, ob jener ihr etwas
zu Leide gethan habe, was sie verneint. Darauf fragt er sie nach dem Namen ihres Gatten, worauf
sie erwidert, ihr Gatte heifse Chu1 CtiurF-teng1. Da es als unzulässig gilt, den Rufnamen eines
hohen Würdenträgers in dessen Gegenwart zu nennen, fährt in diesem Augenblick der ehemalige
Räuber dazwischen, um diesen Verstofs gegen die gute Sitte zu sühnen und die Frau zu töten. Chu1
CKutf-teng1 aber schützt sie gegen den Wütenden und heifst ihn, seinen Degen wieder in die
Scheide stecken. Dies ist die Scene, die auf der Rückseite des Spiegels dargestellt ist. Auf seine
Frage, wie sie dazu komme, um Almosen zu betteln, erzählt sie ihm ihr Schicksal. Noch immer
jedoch ist er im Zweifel, bis ihm einfällt, dafs seine Gattin ein rotes Muttermal an ihrer linken
Handfläche hatte. Er verlangt ihre Hand zu sehen: nun erst ist er überzeugt, dafs er die Tot
geglaubte wirklich vor sich hat, und giebt sich ihr zu erkennen. Sie führt ihn darauf zu seiner
Mutter hinaus, vor der er, von Rührung überwältigt, auf die Kniee sinkt.
Als Chu1 Ctiurf-llo1 den Sachverhalt erfährt und ihm der Frevel seiner Mutter klar wird,
läfst er dieselbe herbeikommen und sagt ihr, er müsse angesichts solcher Verworfenheit der eigenen
Mutter vor Scham sterben. Diese leugnet ihre Schuld und thut den Schwur: »Wenn ich die Ab
sicht hatte, die Mutter und Gattin des Cliu1 CKurf-teng1 zu töten, so möge ein Drache kommen
und mich von hinnen nehmen!« Kaum jedoch hat sie diese Worte über die Lippen gebracht, als
sie, vom Blitz getroffen, tot zu Boden sinkt.
5. Auf dem dritten Tragtische steht in der Mitte eine europäische Stutzuhr, clning\
zu beiden Seiten derselben viereckige Schmucklampen, chcf-thig1, die aus einem Holzgestell
mit je vier bemalten Glasscheiben bestehen.
6. In der Mitte des vierten Tragtisches steht ein Blumentopf, ^ p en2-ching , mh
einem künstlichen blühenden Pflaumenbäumchen unter Glas. Rechts und links davon zwei I hee
büchsen aus Zinn.
7. Ein ebensolcher Blumentopf steht auch in der Mitte des fünften Tisches, daneben zwei
clia2-fo’rh\ und Deckeln aus Zinn, sog. i|f Eft l|Jfj
5*
Iheetassen aus Porzellan mit Untersätzen,
36 Wilhelm Grube:
chiangx-chünI-mao4, »Feldherrnhüten«. Der Deckel ist mit grünen und roten Seidenschnüren
umwunden. Der Dekor der Tassen besteht aus einem Granatapfel, 35# shih2-liu2, einem Pfirsich,
^ fao2, und einer Art wohlriechender Citrone, die in mehrere fingerähnliche Enden ausläuft und
daher den Namen fo2-sIlou3, »Buddhahand«, hat. Nach ihrer symbolischen Bedeutung drücken
diese drei Früchte die Devise: jjlg ff El /w2 shou4 sanx-tox, d. h. »Glück, langes Leben und
Kindersegen«, aus.
8. Der sechste Tisch trägt eine Fruchtschale, kuo3-p'an2, mit Aprikosen und einen
Glasbehälter für Goldfische, yü2 -kang1, beide auf geschnitzten hölzernen Untersätzen ruhend.
Die Aprikosen, hsingrh\ bedeuten als Wortspiel ^ hsirig4, »Glück«, und die Fische, ^ yü2,
in gleicherweise yü2, »Überflufs«. Die Fische werden in einem besonderen Behälter mit der
gröfsten Vorsicht getragen, damit sie durch das Schütteln nicht leiden; stirbt einer von ihnen unter
wegs, so gilt das für ein böses Omen.
9. Auf dem siebenten Tische befindet sich in der Mitte ein Toilettenspiegel, ching4-
chih*; neben demselben auf der einen Seite zwei aufeinandergestellte runde rotlackierte Kuchen
schachteln, j|$ fr ^ jvox-pox-Ko2-ts\&, auf der anderen Seite eine mit roten und grünen Seiden
schnüren geschmückte Theekanne, cKa2-liu2, aus Zinn.
10. In der Mitte des achten Tisches steht eine Seifenschale, RE jm!l ^ ts^S ho, mit
zugehörigem Einsatzsieb, i2-ts\£i-Ko2-VVrh4; darin liegt ein Stück Seife und auf
dieser ein hsiangx-tsao4 oder fei2-tsao4 genanntes kosmetisches Präparat, das ent
weder aus den Schoten von Gleditschia officinalis, Hemsl., tsao4-chi/eh2, oder aus den Samen
von Gymocladus chinensis, Baill., fei2-tsao4, gewonnen wird. Dasselbe dient als Parfüm und
entfernt zugleich auch das Fett von der Haut. Neben der Seifenschale steht auf der einen Seite
ein Zinnleuchter, jpj la4-tengx-t ai2, auf der anderen Seite die S. 23 erwähnte Lampe,
chang2-ming4-tengx, aus dem gleichen Material. Dieselbe besteht aus einem leuchter
ähnlichen, hohen Untersatz, tengx-Vai2, auf dem die flache Ölschale, tengx-wan r/'3,
ruht. In derselben befindet sich ein Stäbchen, fi'-teng'-kun4, dessen man sich bedient,
um den Docht entweder niederzudrücken oder herauszuziehen.
11. Ein länglicher schmaler Tisch, der, seiner ursprünglichen Bedeutung entsprechend, ^
cKin2-chox, »Lautentisch«, genannt wird, weil man auf ihn die unter dem Namen chm2 bekannte
Zither oder Laute zu legen pflegte. Heutzutage wird er meist nur zum Aufstellen von allerhand
Nippsachen benutzt.
12. Ein grofser länglicher Tisch, ^ jg fiao2-an4, mit rechts und links geschweiftem und
erhöhtem Rand.
13- jÜE: lien2-sanx, eine Art Kommode mit drei Schrankthüren und ebensovielen
Schubfächern.
14. 15. Zwei Schränke, kuei4-ts\&.
16. 17. Zwei kastenförmige Aufsätze, TM® ting3-kuei4, die auf die beiden Schränke ge
stellt werden.
18 — 21. Vier Tragtische, auf deren jedem eine Kleidertruhe, hsiangx-ts\&, ruht.
22. Plin Waschtisch.
Drittes Kapitel.
Totenbräuche.
Im vierten Bande des Journal of the Peking Oriental Society habe ich den Pekingei Toten
bräuchen eine ziemlich eingehende Darstellung gewidmet; da jedoch die genannte Zeitschrift viel
leicht nicht jedermann, der sich für den Gegenstand interessiert, zugänglich ist, scheint es mir ge
boten, aus dem dort Gesagten wenigstens dasjenige in verkürzter Fassung zu rekapitulieren, was
für das Verständnis meiner auf die Totenbräuche bezüglichen Sammlung unerläfslich ist.
Es gehört nach chinesischer Auffassung zu den Pflichten der kindlichen Pietät, den ster
benden Eltern rechtzeitig, d. h. sobald der Eintritt des Todes befürchtet wird und jede Hoffnung
37Zur Pekinger Volkskunde.
auf Erhaltung des Lebens geschwunden scheint, die für sie bestimmten Totengewänder anzulegen.
Erst wenn der Sterbende die Totengewänder anhat, kann seine Seele ruhig die körperliche Hülle
verlassen. Bekanntlich ist es ein in China ziemlich allgemein verbreiteter Brauch, dafs die Kinder
ihren Eltern zu deren 59. Geburtstage Totengewänder als Geschenk darbringen. Dieselben bestehen
in Peking aus einem ungefütterten Hemde, Kan*-shari1, einem kurzen wattierten Rock^ aus
Seidenstoff, /J'» yj'fji f J|| hsiao3-mien2-ao3, einem ungefütterten längeren Untergewande, C^1 enA~
ts\e3, einem wattierten Galagewande, mang3-p‘ao2, das in der flegel mit dem Schriftzeichen
||| shon*, langes Leben, bestickt ist und daher auch den Namen po2-shou*-i1 trägt,
einer wattierten Jacke, yj'jfjfl;|vmien2 - kua* - tsfö3, und einem Gurte, lo tä shih2- pao1. Dazu
kommen dann noch Hosen, Socken und Stiefel (für Frauen Schuhe). Als Kopfbedeckung dient ein
gewöhnlicher Hut, während der Staatshut, ^ |j]j| kuan'-mao4, neben das Haupt des Toten gelegt
wird. Reiche Frauen erhalten aufserdem meist noch ein kostbares Diadem aus Federemail. An son
stigen Schmuckgegenständen kommen besonders zweierlei Haarnadeln in Betracht, nämlich die ^
Jfjj ig| chiu3-lien2-Kuan2 genannte von der Form des gleichnamigen, mit neun untereinander ver
bundenen Ringen versehenen Rasselstabes (Skr. khakkhara) der buddhistischen Bettelmönche, und die
unter dem Namen sheng*-shon2-che1-lan2, »der von heiliger Hand beschützte Blumen
korb«, bekannte Haarnadel, an deren oberem Ende sich eine einen Blumenkorb haltende »heilige
Hand«, d. h. Buddhahand, befindet. Die erstgenannte Form geht auf den bekannten Mythus vom
0 Mu* - lien2 - seng1 (Skr. Maudgalyäyana) zurück, der mit dem ihm von Buddha verliehe
nen Rasselstabe ans Höllenthor klopfte und dann seine Mutter aus dem Orte der Verdammten be
freite. Die Bedeutung der »Buddhahand« hingegen erklärt sich durch ein Wortspiel. Für das Zeichen
nA lan2 ist nämlich das gleichlautende |j|I] lan2, schützen, zu lesen; dadurch erhält die Bezeichnung
sheng*-shon3-che1-lan2 die Bedeutung: »Möge die heilige Hand (die Tote) schützen«. Auch die ge
wöhnlichen löffelförmigen Haarnadeln, fft^ff erh?-iva1-ts\£i, Ohrputzer, genannt, können weib
lichen Leichen ins Haar gesteckt werden, nur mufs in solchem Falle das löffelförmige Ende zuvor
abgebrochen werden, da das Zeichen «5 wa1 die unheilbringende Bedeutung »herausscharren« hat.
Aus einem ähnlichen Grunde werden von manchen Armspangen, ^§§jj cho2-ts^S3, als Totenschmuck
verschmäht, weil das Schriftzeichen ^§§jj cho2 in der Verbindung: shon3-cho2 die Nebenbedeu
tung: »Handfessel« hat. Ein Aberglaube, der gleichfalls im Wortspiel seine Erklärung findet, ver
bietet die Verwendung von Atlas, Knöpfen und Perlen an Totengewändern, denn »ff niu3-ts\&3,
Knopf, «ff tuan* -ts\&3, Atlas, und chuT-ts\&3, Perle, sind gleichlautend mit - jy niu3-
ts\&3, die Kinder mit sich fortzerren, »ff tuan*-ts\&3, der Nachkommenschaft berauben, und »ff
chux-ts\&3, die Kinder töten.
Den Hinterbliebenen liegt die Verpflichtung ob, ihre nächsten Verwandten und Freunde un
verzüglich durch mündliche Benachrichtigung, P '(=| k‘on3-hsin*, von dem Todesfälle in Kenntnis
zu setzen, worauf diese sich sofort im Trauerhause einfinden, um das Antlitz des Toten zum letzten
Male zu sehen und mit den Leidtragenden gemeinsam die Totenklage anzustimmen. Erst nachdem
dies geschehen, wird das Leichentuch über das Antlitz des Toten gezogen und darf dann nicht
wieder entfernt werden. Ist, etwa durch ein Versehen, der Besuch einer nahestehenden Person nicht
abgewartet worden, so dafs diese die Leiche nicht mehr zu sehen bekommt, so gilt das als ein
grober Verstofs, der von dem Betreffenden als eine Rücksichtslosigkeit und Kränkung empfunden
wird. Was die Leichendecke, cliin2-tan\ betrifft, so besteht sie je nach den Vermögens
verhältnissen der Familie aus mehr oder minder kostbarem Material; die Ärmsten begnügen sich
mit einer Papierdecke. Bisweilen wird als besondere Auszeichnung eine sogenannte HÜ
to2-lo2-chingx-pei*, d. h. eine Dharani-Decke vom Kaiser verliehen, die mit eingewirkten Gebets
formeln versehen ist1).
Der Hof des Trauerhauses wird durch ein hohes Brettergerüst, ^jj p'eng2, das entweder
mit Matten gedeckt oder mit einem Holzdach versehen ist, in eine geräumige Halle umgewandelt,
9 Nach Giles, s. v. I« *v. soll Po2-lo2 dem mandschuischen toro entsprechen, womit vermutlich doroi gemeint
ist, da toro keinen Sinn giebt. In diesem Falle würde der Ausdruck soviel wie »Gala- oder Staatsgewand« bezeichnen, nm
bliebe dann ig ching1 unerklärt.
38 Wilhelm Grube:
in der sich alle Trauerceremonien abspielen. Diese Halle schliefst sich unmittelbar an das Haupt
gebäude, in dem sich das Hauptgemach befindet, an, so dafs die Front des ersteren zugleich die
Rückwand der Halle bildet. Über den Stufen, die aus dem Hofe zur Eingangsthür des Haupt
gemaches führen, wird ein Tabernakel, PI hsing2-f ai2, errichtet, bestehend aus einem hölzernen
Podium mit einem giebelförmigen, auf vier Eckpfeilern ruhenden Dache. Von der Halle aus führen einige
Stufen zu dem mit einem Geländer versehenen Podium hinauf, das genau der Höhe des Fufsbodens des
Hauptgemaches entsprechen mufs. Der Sarg wird dann in der Weise über der Schwelle der Mittel
thür des Hauptgemaches aufgestellt, dafs er zur Hälfte in dem letzteren, zur Hälfte auf dem Podium
steht. An der Rückseite des Tabernakels ist ein dreiteiliger Vorhang, man4-chang4, aus weifsem
buntdurchwirktem oder gesticktem Seidenstoff angebracht, dessen Mittelstück gerade lang genug
ist, um den Deckel des Sarges zu berühren, während die beiden Seitenstreifen bis auf den Fufs-
boden hinab reichen. Auf dem hsing2 -f ai2 steht der »Tisch für die abgeschiedene Seele«, |||
lmg2-chox, auf dem allerhand Opfergaben, shang4-kling4, für die letztere aufgestellt sind; am
vorderen Rande desselben stehen die sogenannten mP-kung4: ein Räucherbecken und rechts
und links davon zwei Leuchter und zwei Blumenvasen, während sich hinten an der linken Ecke
des Tisches, dicht am Sarge, die Totenlampe, men4-teng1, befindet. Dicht vor dem Opfer
tische steht der niedrige Libationstisch, Jf|j| tien4-cKih2-cho1, mit dem Becken, jj.1^ tien4-
dlih2, in das der Libationsbecher entleert wird, und dem Libationsbecher, ^ tien4-chungJ, auf
dem zugehörigen Untersatz, fo'-tieh2. Die Libationskanne, chih2-Ku2, steht auf dem
Fufsboden zur Linken des Tischchens. Vor dem letzteren endlich liegt ein Polster, pai4-tien4,
auf dem die Teilnehmer an der Trauerfeier während der Darbringung des Trankopfers niederknieen.
An den beiden Vorderpfeilern des Tabernakels hängen die sogenannten waiP-lien2, weifse
Seidenstreifen mit antithetischen Verssprtichen.
Draufsen vor dem Hausthore halten sich die Musikanten auf, und im Hofe steht ein Gong
schläger, der jedesmal, so oft ein Gast den Hof betritt, ein Signal ertönen läfst, worauf einer der
Lohndiener, clia2-fang2, denselben mit den Worten: K o4-lai2-lä, »ein Gast ist
gekommen«, anmeldet. Der Neuangekommene begiebt sich zunächst auf das hsing2-fai2 und kniet
vor dem Libationstische nieder; gleichzeitig läfst sich einer der Diener neben ihm auf ein Knie
nieder, frifÄ ta3-chcien’rh\ füllt den Libationsbecher aus dem Weinkruge und reicht ihn dem
Gaste. Dieser nimmt den Becher in Empfang, hebt ihn in die Höhe, nimmt ihn von der Unter
schale ab und giefst den Opferwein ins Becken aus. Darauf setzt er den Becher wieder auf die
Unterschale, hebt ihn abermals in die Höhe und giebt ihn dann dem Diener zurück. Diese Libation,
Jt'jH tien4-chiu3, wird dreimal wiederholt, und nach jeder Darbringung berührt der Kondolent mit
der Stirn den Boden. Der Beginn jeder Libation wird durch den im Hofe postierten Gongschläger
durch drei Schläge angekündigt, worauf die Musikanten im Hofe ihre Weisen erklingen lassen. So
bald die Libation beendet ist, ertönt ein Paukenschlag, und die Musik verstummt. Wenn das Wein
becken voll ist, wird sein Inhalt in die Kanne zurückgegossen. Nach vollzogener Libation verfügt
sich der Besucher ins Innere des Hauses, um den Leidtragenden sein Beileid auszudrücken und
wird von diesen fufsfällig begriifst.
Die im eigentlichen Sinne religiösen Trauerceremonien nehmen mit dem sogenannten
chiehx-sanx ihren Anfang. Von Rechts wegen soll das chiehx-sanx am dritten Tage nach dem Tode
stattfinden, doch gilt es für guten Ton, dasselbe bereits am zweiten Tage zu veranstalten, da eine
derart beschleunigte Abhaltung dieser recht kostspieligen Ceremonie die Vermögensverhältnisse der
betreffenden Familie in besonders günstigem Lichte erscheinen läfst.
Am auf den Todestag folgenden Tage wird vor dem Hausthore auf der Strafse eine rote
Fahnenstange errichtet und ein Banner an derselben befestigt. Dieses letztere heifst: fan'-
k-tsfö3 oder auch: yin3-Kun2-fanx, »das die Seele geleitende Banner«, so benannt, weil
es bestimmt ist, die Seele des Toten aus der Unterwelt wieder ins Haus zurückzugeleiten. Übri
gens ist der Gebrauch desselben nur den Bannerleuten gestattet, während alle übrigen statt des
Banners Opferpapier, sogenanntes ^^ kua4-chih3, verwenden, das an einer Fahnenstange befestigt
wird. Auch in dem überdachten Hofe des Trauerhauses werden rechtzeitig die für das chiehx-sanx
erforderlichen Vorbereitungen getroffen, indem die Diener, 'p\ix-pai2, der zur Abhaltung der
Ceremonie aufgeforderten Priester, dem hsing2- fai2 gegenüber mittels aufeinander gestellter Tische
Zur Pekinger Volkskunde. 39
eine Art Bühne, a fc?-t'ai* genannt, aufbauen und dieselbe mit Seidenstoffen drapieren. Auf
dieser Bühne errichten sie aus Bambusstangen und Seidenstoffen eine Art Zelt, das am en urc
zahlreiche bunte Lampions erleuchtet wird. , . .
Was nun das chieh1-san1 anbelangt, so ist dasselbe eine Art Totenmesse, die von u is 1
sehen Priestern celebriert wird und in drei gesonderte Abteilungen zerfällt, nämlich erstens a
eigentliche chieh1 -san1, zweitens das Tr. sung4 -san1, die Verbrennung der füi den Toten e
stimmten Papiergegenstände, und drittens das fZj yen4-kou3, das in der Veilesung des g eic
namigen heiligen Textes besteht und mit einer eigentümlichen Opferceremonie verbunden ist, die
den obdachlosen Seelen gilt.
Die Sitte erfordert, dafs jeder Teilnehmer an der Trauerfeier dem Hauptleidtragenden eine
für den Hingeschiedenen bestimmte Gabe überreiche, und zwar unterscheidet man hierbei grofse und
kleine Geschenke, ta4 - li3 - ivu4 und hsiao3-li3-mi4. Die »grofsen Geschenke«
enthalten erstens ein seidenes Banner, chi4-chou2, das in aufgeklebten Schriftzeichen aus Go
papier eine Widmung an den Toten mit beigefugtem Namen des Gebers trägt, und zweitens Opfer
papier, shao'-chite, und aus Papier nachgebildete Silberbarren, |jj|yin2-k o4. Die »kleinen
Geschenke« bestehen aus den sogenannten »allgemein gebräuchlichen vier Arten von Kondolenz
geschenken«, kuan1 - tiao4 - s\84 - se4, nämlich: i. neun Bündeln langer Räucherkerzen,
dl ang2-hsiang1, 2. Opferpapier, 3. zwei weifsen Wachskerzen, (JljUfäi) la4-chu2, und 4. einem
Packen papierner Silberbarren. Diese Gaben liegen auf einem viereckigen rotlackierten Präsentier
brett, pu2-p‘an2', sie werden mit einem beigefügten Schreiben, kao4-che2, das nach
einem feststehenden Formular abgefafst ist, durch Boten übersandt und müssen am Tage des chieh
san1 im Trauerhause abgeliefert werden. Sonstige Gaben können verschiedener Art sein und richten
sich nach dem Verwandtschaftsgrade des Gebers.
Am Nachmittage des für das chieh'-san1 festgesetzten Tages finden sich die Priester im
Trauerhause ein. Sie nehmen unterhalb des fa2-fai2 Platz und stimmen ihre Litanei an, die durch
zwei Pausen unterbrochen wird, mithin in drei Teile zerfällt. Dies ist das eigentliche chieh1-san1.
Auf dieses folgt nunmehr das sung4-san1, das stets, um Feuersgefahr zu verhüten, auf einer breiten
Strafse stattfindet, doch darf der betreffende Ort nicht weiter als eine Li vom Trauerhause entfernt
sein. Nachdem das Zeichen zum Aufbruch gegeben worden, begiebt sich die ganze Trauerver
sammlung samt den Priestern und Musikanten an die Verbrennungsstätte. Die zum Verbranntwerden
bestimmten Gegenstände, sliao'-liuo2, die für diesen Zweck in einem ming2-ix-p\i4,
d. h. einem Laden für Papierkleider, bestellt worden sind, sind folgende: für Tote männlichen Geschlechts
ein mit einem Pferde bespannter Karren, für solche weiblichen Geschlechts eine Sänfte; ferner Pferde
treiber, berittene Diener, Sänftenträger u. dergl. m., sowie vier, sechs oder acht Kisten, die von je
zwei Trägerpuppen getragen werden. Am Ziele angelangt, knieen die Leidtragenden auf mitge
brachten weifsen Leinwandpolstern nieder, und die geschilderten Papiersachen werden von Dienern
in Brand gesteckt. Da alle diese Gegenstände aus mit dünnem Papier überklebten Gestellen von
Sorghumstangen bestehen, so sind sie im Nu ein Raub der Flammen. Die Musik verstummt, und
die Ceremonie des sung4-san1 hat damit ihr Ende erreicht. Nach Hause zurückgekehrt, brechen
die Hinterbliebenen vor dem hsing2-fai2 in Wehklagen aus, um ihrem Kummer darüber Ausdruck
zu geben, dafs der Seele des Toten durch den Akt des sung1-san1 das Geleit in die Unterwelt ge
geben worden ist.
Fürs erste tritt nun eine kurze Pause ein, während deren sich die Bonzen ein wenig draufsen
auf der Strafse erholen. Nach einer Weile kommen sie wieder ins Haus zurück, um ihre Litanei
aufs neue zu beginnen. Zunächst treten sie an den Sarg heran, vor dem der älteste Sohn kniet, und
führen diesen um den Sarg herum. Diese Ceremonie heifst: ^ ^ chuan3- chou4. Nachdem dann
der Sohn wieder seinen ursprünglichen Platz eingenommen hat, verfügen sich die Bonzen auf das
fa2-fai2, um die nach dem gleichnamigen heiligen Texte yen4-Kou3 benannte Totenmesse zu cele
brieren. Unter den im Trauerhause aufgestellten Opfergaben befindet sich eine meist aus diei auf
einandergestellten Schichten oder Stockwerken bestehende Pyramide, hiu-shih ,
futter«, genannt. Auf der obersten Fläche derselben liegen Kügelchen aus Mehlteig, J
shih1-shih2-po1-po1, die derart geordnet sind, dafs sie einen hohlen Kegel bilden, dei mit einer
zahl kleiner bunter Papierfähnchen verziert ist, während von der mittleren langen I ahnenstar
40 Wilhelm Grube:
Seelenbanner, yirß-h un2-fan1, herabhängt. Auf den einzelnen Absätzen der Pyramide sind Gruppen
von kleinen, gleichfalls aus Mehlteig geformten und buntbemalten Figuren angebracht, die in der Regel
Personen aus beliebigen volkstümlichen Dramen darstellen, ohne mit der Ceremonie selbst in einem
inneren Zusammenhänge zu stehen. Die letztere besteht nun darin, dafs die Priester unter Verlesung
des Yen4-k‘ou3 Weihwasser, ft»* kanJ-lu4-shui3, sprengen und jene Mehlkügelchen umherstreuen
als Opfergabe für die obdachlosen Seelen derer, die, ohne Nachkommenschaft zu hinterlassen, ver
storben sind, um dieselben zu besänftigen und günstig zu stimmen. Dieser eigentümliche Brauch
bezieht sich auf das Opfer, das K ung Ming den Seelen der im Lu2-shui3 Ertrunkenen darbrachte,
wobei er sich statt der verlangten 49 Menschenköpfe ebenso vieler Köpfe aus Mehlteig,
man2-Vou2 genannt, bediente1). Den Namen Jiu2-shih2, Barbarenfutter, trägt die Pyramide, weil
die Ertrunkenen, deren obdachlosen Seelen das Opfer ursprünglich galt, dem Stamme der Man-
Barbaren angehört hatten. Um die Zeit der dritten Nachtwache pflegt die geschilderte Totenmesse
beendet zu sein, und die Priester verlassen das Trauerhaus, um in ihren Tempel zurückzukehren.
Das fa2-fai2 wird darauf unverzüglich auseinandergenommen und fortgeräumt.
Dem chieh'-san1 schliefsen sich an den darauffolgenden Tagen die unter dem Namen
nien4-chingx, »Verlesung heiliger Texte«, bekannten liturgischen Andachten an. Den Anfang derselben
bildet in der Regel die durch buddhistische Bonzen abgehaltene Litanei, pp cK an2-chingx (in der Um
gangssprache uo2-shang4-chingx genannt), dem eine taoistische Litanei, jjf tao4-chingx,
zu folgen pflegt. Nur den Bannerleuten ist es gestattet, aufserdem noch eine lamaistische Seelen
messe, fan'-ching1 (in der Umgangssprache PjfliJl§?g la3-mal-chingx genannt), celebrieren
zu lassen. Gewöhnlich dauert jede dieser Ceremonien drei, bei besonders reichen Leuten fünf Tage
lang und bisweilen auch noch länger. Der Ritus ist bei allen dreien im wesentlichen der gleiche,
und den Schlufs bildet jedesmal das ||t? sung4 - sheng4.
Das fa2-t ai2, auf dem sich die Bonzen während der buddhistischen Totenlitanei auf halten,
hat entweder die Gestalt eines Schiffes oder einer Brücke oder eines Turmes und ist je nach den
Vermögensverhältnissen der Leidtragenden mehr oder weniger luxuriös ausgestattet. Die Ceremonie
selbst gliedert sich in drei Abschnitte oder Akte, deren erster, nit Ä cfiing3-fo2, »die Einladung
Buddhas«, genannt, in einer Anrufung des im westlichen Paradiese, chi2-lo4-shih4-
chieh4, thronenden WilSi 04-mi2-fo2-fo2, Amitäbha, besteht, während durch den zweiten,
chaox-h un2, »Herbeirufung der Seele«, genannten Teil die Seele des Verstorbenen aufgefordert
wird, aus der Unterwelt zurückzukehren. In dem dritten und letzten Akte wird an den Buddha des
westlichen Paradieses die Bitte gerichtet, der Seele des Toten in seinem Reiche Aufnahme zu gewähren,
wonach die Bonzen zum Schlüsse durch die Ceremonie des 3^ sung4-sheng4 jener das Ge
leit geben.
Das sung4-sheng4 findet an derselben Stelle statt, wie das sung4-sanx, doch sind die hierbei
zum Verbranntwerden bestimmten Gegenstände anderer Art. Das Haupt- und Mittelstück der ganzen
Gruppe bildet der sogenannte »Turm«, lou2, der rechts und links von zwei »Schatzhäusern«,
jjjt Ku4, flankiert wird. Vor denselben stehen zu beiden Seiten je drei oder vier Papiertische; auf
den den Schatzhäusern zunächst stehenden beiden Tischen sind Berge aus Gold- und Silberpapier
(4:01 chinx-shanx und ^ij| |Jj yin2 - shan1') aufgestellt, und auf den übrigen zwei oder drei Paaren
von Tischen befinden sich Kleider, Hüte, Stiefel, Rollen von Seidenstoffen sowie Gold- und Silber
barren alles natürlich aus Papier. Es können dann noch beliebige Gebrauchsgegenstände, für
die der Verstorbene eine besondere Vorliebe gehabt hat, wie z. B. Tabaks- und Opiumpfeifen, Blumen
vasen u. dergl. m., aus Papier nachgebildet, hinzugefügt werden. Wenn die Trauerversammlung im
Begriffe ist, das Haus zu verlassen, um die Ceremonie des sung4-sheng4 vorzunehmen, tritt einer
der Diener an den Hauptleidtragenden heran und überreicht ihm auf einer Metallschüssel das söge,
nannte jflfp shen2-shu4, einen länglich viereckigen Kasten aus gelblichem, mit dem Priestersiegel
versehenen Papier, in dem das fa2-tieh2 enthalten ist. Es ist dies ein besonderes Dokument,
gewissermafsen ein Begleitschein, mittels dessen die zum Verbranntwerden bestimmten Gegenstände
sicher und ohne unterwegs unterschlagen werden zu können, an ihren jenseitigen Bestimmungsort
9 Diese Plpisode wird in dem Kapitel des San-kuo-chih, das den Titel: »K'nng3
Ming2 bringt in einer Herbstnacht am Püusse Lu2-shui3 ein Opfer dar«, trägt, erzählt.
Zur Pekinger Volkskunde. 41
gelangen. An dem Orte, wo das sung4-sheng4 stattfinden soll, angelangt, knieen die Leidtragenden,
wie während des sung4 - sari1, nieder, worauf ein Diener dem ältesten Sohne das shen2-shu4 aus den
Händen nimmt, es anzündet und damit das eine der beiden Schatzhäuser in Brand steckt, worauf
die ganze Gruppe der zum Verbranntwerden bestimmten Gegenstände alsbald ein Raub der Flammen
wird. Während des sung4-sheng4 dürfen die Angehörigen des Toten nicht wehklagen, da ja seine
Seele durch diesen feierlichen Akt ins Paradies geleitet werden soll.
An diese buddhistische Totenlitanei schliefst sich dann die taoistische, für die abermals ein
neues fa2-fai2 errichtet werden mufs, das zwar dem vorigen ähnlich ist, sich aber doch durch die
Art der Ausschmückung von demselben unterscheidet.
Während die Teilnehmer an der Totenlitanei gewöhnlich erst am Nachmittage zu erscheinen
pflegen, finden sie sich am letzten Tage des letzten nien4-ching1 bereits morgens ein; auch können
sich an diesem Tage Frauen an der Feier beteiligen, was sonst nicht der Fall ist. Jeder Gast
überreicht den Leidtragenden eine Summe Geldes, fen4-chinl (in der Umgangssprache
ch‘ul-fen4-ts\&3 genannt), zur Anschaffung von Opfergaben. Auf dem Platze, wo das
sung4-sheng4 stattfindet, ist am letzten Tage von seiten des Trauermagazins, /||| kang4-fang2,
die für den Leichenzug bestimmte Totenbahre mit dem zugehörigen Baldachin aufgestellt worden,
damit die Angehörigen sie besichtigen und nötigenfalls auch Änderungen anordnen können. Diese
Besichtigung heifst: liao4-kang4. Nach beendetem sung4-sheng'4 wird der letzte Abschieds-
grufs an die Seele des Toten gerichtet, ts\ &2-ling2, der darin besteht, dafs jeder der Ver
wandten am Sarge niederkniet und unter Wehklagen eine Libation darbringt. Die entfernteren Ver
wandten gehen hierbei voran, die nächsten folgen.
Die letzte Nacht vor dem Begräbnis verbringen die Angehörigen am Sarge knieend oder
sitzend, ohne zu schlafen; es ist dies die letzte Nacht- oder Ehrenwache, -jßf- pan4-SU4 (in der
Umgangssprache 4|£ tso4-yeh4 genannt). Um Morgengrauen (der genauere Zeitpunkt ist im Toten
schein angegeben) mufs der Sarg symbolisch von der Stelle gerückt werden, cKien'-kuari1,
eine Prozedur, die sich darauf beschränkt, dafs man den Sarg ein wenig emporhebt und einige
Geldmünzen unter das Kopf- und Fufsende desselben legt.
Am Morgen, sobald die nächsten Verwandten männlicherseits erschienen sind, wird ein Mahl
eingenommen, das aus einer Art Mehlbrei, 0jgj^ mien4-fang\ besteht. Dieser Brauch geht auf
die doppelsinnige Redensart: P ^5^1 ^J| k'ung'-Kou3 pu4 - sung4-pin4 zurück, die je nach dem
Sinne, den man dem Worte kou3, Mund, beilegt, entweder: »Leeren Mundes trägt man keinen zu
Grabe« oder (da Kou* zugleich als numeratives Hilfswort für Särge dient): »Ein leerer Sarg wird
nicht zu Grabe getragen« bedeuten kann. Das über den Stufen, die ins Haus führen, errichtete
hsing2-Vai2 wird fortgeräumt und der Opfertisch unterhalb der Stufen aufgestellt, worauf Knaben*
mit Trommeln, Gongs und Pfeifen an den Sarg herantreten und Musik machen. Die Trommeln
heifsen: sang'-ku3, »Trauertrommeln« oder auch shih2-fan\ weil jede derselben mit
zehn Fähnchen geschmückt ist. Dieser Brauch trägt den Namen ^ jg| tsan'-ling», »Begrüfsung
der hingeschiedenen Seele«. Sobald das ganze Trauergefolge sich eingefunden hat, legen die Sarg
träger Tragleinen, die an je zwei Stangen befestigt sind, derart unter den Sarg, dafs die Trag-
stangen den Längsseiten des Sarges parallel gerichtet sind. In diesem Augenblicke knieen die An
gehörigen vor dem Sarge nieder und brechen in Wehklagen .aus.
Sobald dei Saig zum Hausthor hinausgetragen worden ist, wird er noch einmal niedergesetzt.
Vor den Saig wild ein Ziegelstein hingelegt, der mit Papier beklebt ist, so dafs er wie ein Buch in
Pappumschlag aussieht, und auf diesen wird ein flacher Napf aus Thon, sang1-p en2-ls,{83,
gestellt, der mit einem Loch in der Mitte versehen ist. Der Raum zwischen dem Sarge und dem
Ziegelstein wird mit Opferpapier ausgefüllt. Alsdann knieen die Söhne des Verstorbenen vor dem
Sarge nieder, und der älteste unter ihnen zerschmettert den Napf am Ziegelstein. Gleichzeitig wird
das zwischen Sarg und Ziegelstein aufgehäufte Opferpapier in Brand gesteckt, während alle An
wesenden eine Menge runder weifser Papierblätter, chih3 - eil ien2, in die Höhe werfen, die, von
der Glut emporgetrieben, in der Luft umherwirbeln. Über den Sinn dieses Brauches gehen die An
sichten auseinander. Die einen meinen, das Zerschlagen des Napfes habe den Sinn, dafs, nachdem
dei Tote durch die Schuld und Fahrlässigkeit seiner Kinder sterben mufste, nun auch sein ganzes
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. 6
42 Wilhelm Grube:
Haus kein Recht mehr habe, noch länger zu bestehen, und dem Napfe gleich zerschellen möge.
Andere wiederum legen bei der Deutung des Vorganges das Hauptgewicht auf das Loch im Boden
des Napfes und behaupten, es sei dem Menschen vom Himmel gestattet, täglich ein Pfund und
zwölf Unzen Wasser zu sich zu nehmen; mehr als das sei vom Übel und daher strafbar. Da die
meisten Menschen dieses Gebot übertreten, stehe ihnen nach dem Tode die Strafe bevor, das trübe
Wasser des ^/pj NaiA-Iio2 zu trinken, und das Loch im Napfe diene dazu, sie vor dieser Pein
zu bewahren1).
Die Spitze des Leichenzuges bilden die Standartenträger; ihnen schliefsen sich die sonstigen
Teilnehmer an der Begräbnisfeier an, und hinter diesen, dicht vor dem Sarge, gehen die Söhne des
Verstorbenen. Hinter dem Sarge folgen die Wagen der weiblichen Angehörigen. Sobald der Zug
an der Stelle angelangt ist, wo die mit dem Baldachin versehene Totenbahre steht, wird Halt ge
macht und der Sarg auf diese gesetzt shangA-taA-kangA^, womit zugleich das Wehklagen
der Leidtragenden verstummt.
Die Zahl der Träger schwankt zwischen 2, 8, 16, 32, 48, 64 und 80. 80 Träger kommen
nur Prinzen von kaiserlichem Geblüte zu, 64 Träger nur Beamten der beiden ersten Rangklassen.
48 Träger dürfen von Rechts wegen nur bei Civilbeamten der dritten und vierten sowie bei Militär
beamten der dritten Rangklasse verwendet werden; doch ist es nichts Seltenes, dafs auch bei Privat
leuten, die als solche keiner Rangklasse angehörten, die Totenbahre von 48 Trägern getragen wird;
in diesem Falle mufs für den Toten die entsprechende Rangklasse ad hoc geliehen werden, was
keine Schwierigkeit hat, wenn sich unter den Verwandten oder Bekannten der Familie zufällig der
Inhaber einer solchen befindet. Natürlich werden in solchen Fällen auch die üblichen Tafeln dem
Sarge vorangetragen, auf denen Titel und Würden verzeichnet stehen, die der Verstorbene nie
bekleidet hatte. Der gröfsere oder geringere Pomp eines Leichenbegängnisses hängt von der
Stellung und den Vermögensverhältnissen des Verstorbenen ab. So z. B. gliedert sich der Leichen
zug eines Bannermannes der ersten Rangklasse gewöhnlich in folgende Gruppen:
L ^1# tsou3-fanx, ein langes Seidenbanner, das an einer hohen Stange befestigt ist und
von 24—32 Trägern getragen wird; es ist entweder rot oder blau, und das Gewebemuster besteht
in der Regel aus den bekannten Doppeldrachen, ts‘unA-mang3 genannt. Dieses Banner wird
nicht, wie das ming2-ching1 der Chinesen, auf dem Begräbnisplatze verbrannt, sondern in
das Trauermagazin, aus dem es entliehen worden, zurückgeliefert.
II. f]^ JH men2-tux, zwei Banner von der Farbe, der der Verstorbene als Bannermann an
gehört hatte.
in- h' uang2-pcai2, gelbe Tafeln, auf denen die Geschenke verzeichnet stehen, die der
Kaiser dem Verstorbenen bei dessen Lebzeiten verliehen hat.
IV. kuanx-hsien2-pai2, Rangtafeln, auch liung2-pai2, rote Tafeln, genannt,
auf denen die Ämter und Würden, die der Verstorbene bekleidet hatte, sowie auch die Ämter und
Würden seiner Söhne und Enkel verzeichnet stehen.
V. chih2-shihA, Hellebardenträger, die folgende acht Paare von Standarten tragen:
r- Hä K eng2 -kua1, Hellebarden, deren Spitze die Gestalt eines horizontal liegenden
Kürbisses hat,
2- SÄ shu4 - kua1, Hellebarden mit einer Spitze in Gestalt eines aufrecht stehenden
Kürbisses,
3- chih2-chang3, Hellebarden mit einer Spitze in Gestalt einer geöffneten Hand,
4- cKiian2-K eng, »die Wage« sc. der ausgleichenden Gerechtigkeit im Sinne
von f|| jffj ^ diiian2-Keng2-chih2-chang3, »die Macht in der Hand halten«,
Hellebarden mit einer Spitze in Gestalt einer Faust, die einen Stofsdolch hält,
5- chieh2, Stäbe, von deren gekrümmten Enden mit Quasten versehene gelbe
Schnüre herabhängen,
6. yiiehA, Hellebarden mit sternförmiger Spitze,
’) t)er Name j/fij NaiA - Ko2 beruht wahrscheinlich auf Volksetymologie, die auf den Ausdruck
Ncii4 - h o2 - ch xciö2, »Brücke der Auswegslosigkeit« (bekanntlich der Name einer Brücke in der Unterwelt, die die abgeschie
denen Seelen überschreiten müssen), zurückgeht.
Zur Pekinger Volkskunde. 43
7. cKaö2-fien1 -teng4, Hellebarden, deren Spitzen die Gestalt nach oben ge
richteter Steigbügel haben,
8. yüeh4-fu3, Hellebarden mit axtförmiger Spitze,
VI. Sieben bis einundzwanzig Paare sogenannter Gongschläger, ■mm cKi1 -tui4 - lo2
genannt, die folgende Hellebarden tragen:
1. itfq j|^l] ko2-li4, Hellebarden mit Spitzen in Gestalt vergoldeter Muscheln,
2. fen3-kun4, weifse Stäbe mit Aufschriften, die Namen und Titel des Ver
storbenen enthalten,
3. zwei Fahnen mit der Aufschrift: '/fg j|i cKing'-tao4, »den Weg gesäubert!«
4. feiJ-Ku3, zwei Fahnen mit Tigerfiguren,
5. zwei Tafeln, p‘ai2-ts\e3, mit der Aufschrift: Jiui2-pi4} »aus dem
Wege!«
6. zwei Tafeln mit der Aufschrift: su4-ching4, »Ruhe!«
7. zwei Gongschläger, XTÜlfKf ta3-lo2-tiI.
An diese können sich noch die M SfcrflHF- Hei1- h hmg2- mao4 - ts\23, d. h. Leute mit
schwarzen und roten Hüten, anschliefsen, von denen die einen eine eiserne Kette, fieh3-
so3-ts\S3, die anderen einen Stab, kun4-ts\&3, als Embleme der Amtsgewalt des Verstorbenen
tragen, sowie Träger von Bannern verschiedener Art. Diese Gruppe darf höchstens 21 Paare
umfassen, doch müssen in solchem Falle sechs Gongschläger darunter sein.
VII. Afi pa1 -pao3-cliiang1, acht Paar Hellebarden, deren Spitze mit den unter dem
Namen: pax-pao3 bekannten buddhistischen Emblemen geschmückt sind.
VIII. mnu s\&4-tui4-taox, vier Paar Hellebarden mit schwertförmigen Spitzen:
1 • ~J] san1-chien1-Hang3-jen^-tao1, Hellebarden, deren Spitze die P"orm
eines zweischneidigen Schwertes mit drei Spitzen hat,
2- ~k*k7) ta4 - k‘an3 - tao1, Hellebarden mit langer schwertförmiger Spitze,
3- wmmMn cKiiigx-lung2-yen3-yüeh4-taox, Hellebarden, deren Spitze sichel
förmig und mit Widerhaken versehen ist,
4- ^3 'HH ^1 Jpf. JkJ koux - lou3 -hsiang4 -pi2 - tao1, Hellebarden mit rüsselförmig gebo
gener Spitze.
IX. Eine Giuppe von vier Henkern, kui4-ts^83-shou3, in roter Kleidung, jeder mit
einem Richtschwerte bewaffnet.
'tF* kao4-fengx-ting2-ts\i&3, ein kleiner, von acht Trägern getragener Schrein,
in dem sich das Täfelchen mit der vom Kaiser verliehenen posthumen Rangerhöhung befindet. Vor
demselben schreiten zwei Träger von roten, mit dem fünfklauigen Drachen geschmückten Bannern,
lung ~ch i2, zwei Träger von Tafeln mit der Aufschrift: -pp sheng4-chih3, »allerhöchstes
Edikt«, sowie zwei Stabträger. Dieselben sind sämtlich nach Art der kaiserlichen Sänftenträger
gekleidet.
XI. Ein kaiserlicher Schirm, hing2-ton2-wai1 -po’rh2-san3, »Schirm mit
einem Drachenköpfe auf gekrümmtem Halse«, so benannt, weil die Stange in einen Drachenkopf
ausläuft und unterhalb des Schirmdaches gekrümmt ist, um zu vermeiden, dafs der Schirmträger
allzu dicht an den Kaiser herantrete.
XII. Zwei Paar grofser Schirme.
XIII. Eine Jagdausrüstung, bestehend aus Jagdfalken, Jagdhunden, einem mit einem mongo
lischen Jagdzelte bepackten Maultiere und einem ungesattelten Pferde.
XIV. Ein mit weifser und blauer Seide drapierter kleiner Schrein, JJ=£ ying3 - fing2, in
dem sich ein bei Lebzeiten des Verstorbenen angefertigtes Bildnis desselben befindet. Davor werden
oft zwei kleine Schreine mit Räuchergefäfsen, lisiang'-ting2, getragen. Musikanten pflegen
dieser Gruppe voranzuschreiten.
XV. Der Wagen des Verstorbenen, gefolgt von einem Schirmträger.
XVI. Eine Gruppe von Figuren, die aus Tannenreisern angefertigt sind und aus zwei Löwen,
sungI-shihI-ts\&3, zwei Kranichen, sungx-Jiao2, zwei Hirschen, sungx-lu4,
und zwei Menschenfiguren, sungl-jen2, bestehen. Die letztgenannten stellen Diener dar (bei
6*
44 Wilhelm Grube:
Frauen sind es weibliche Figuren). Das Material, aus dem die Figuren gefertigt sind, läfst auf die
Bedeutung dieser Gruppe schliefsen, da die Tanne als Symbol langer Lebensdauer gilt. Der Kranich
hat bekanntlich dieselbe Bedeutung, und der Hirsch ist ein Symbol des reichlichen Einkommens
XVII. Eine Sänfte. Rechts und links von ihr je zwei Bogen- und Pfeilträger, hinter ihr
ein Schirmträger.
XVIII. Sechs, acht oder zehn Paare von Schalen mit Blumen, Iiual-pcen2. Die
Gefäfse sowohl als die Blumen bestehen aus Papier und sind bestimmt, verbrannt zu werden.
XIX. Ein gesatteltes Rofs, dem ein Schirmträger folgt.
XX. Falls der Verstorbene in der Provinz als Beamter gewirkt hat, folgen nunmehr zahl
reiche Ehrenschirme, ißj wan4-min2-san3, die von den Einwohnern der betreffenden Provinzen
dargebracht sind und auf denen in goldener Schrift die Namen sämtlicher Geber verzeichnet stehen.
Auch werden Ehrenbanner, wan4-min2-dii2, in gleicher Weise verwendet, doch ist auf
diesen nur der Name des Verstorbenen sowie der Ort angegeben, dessen Bewohner das Banner
gestiftet haben. Hat der Verstorbene nur in Peking gedient, so fällt diese Gruppe fort.
XXI. Ein Paar sogenannter-^)^ ling4 - dl i2, Kommandofähnchen, und ling4 - chien4,
Kommandopfeile, wie sie vom Kaiser dem Oberbefehlshaber als Insignien seiner Machtvollkommen
heit verliehen werden.
XXII. BhftÄÄ jih4-yüeh4-lung2-feng4-shan4, zwei Sonnen- und zwei Mondfächer.
Die Sonnenfächer sind kreisrund und tragen in der Mitte das Zeichen: jih4, Sonne, das von zwei
Drachen flankiert wird. Die Mondfächer sind viereckig mit abgerundeten Ecken und nach innen
geschweiften Seiten. In der Mitte derselben befindet sich das Zeichen: yüeh4, Mond, rechts und
links davon zwei Phönixe.
XXIII. Aus Papier angefertigte Tische mit den zum Verbranntwerden bestimmten Gegen
ständen, von je zwei Trägern getragen. Hinter denselben schreitet eine Musikbande.
XXIV. Der von vier Trägern getragene Tragstuhl des Toten.
XXV. Der älteste Sohn des Verstorbenen, dem »ein den Sohn geleitender Schirm«,
yin3-erh2-san3, vorangetragen wird. Ihm folgen die übrigen Söhne und Enkel. Rechts und links
von dieser Gruppe schreiten die sonstigen Teilnehmer am Leichenkondukte. Zu beiden Seiten des
ältesten Sohnes gehen kleine Knaben, die aus Papier angefertigte, zum Verbranntwerden bestimmte
Sachen, wie Kleider, Hüte, Stiefel u. dergl. m., tragen.
XXVI. Ein vom Trauermagazin abgeordneter Aufseher und zu beiden Seiten desselben je
ein Obmann der Träger.
XXVII. Die Totenbahre, in diesem Falle von 64 Trägern getragen.
XXVIII. Eine Art Ehrenwache, ^||§ Kou4-Ku4, Hellebardenträger, die in Reihen von je
fünf Mann gehen. Die Hellebarden jeder Reihe sind unterhalb der Spitzen durch schmale grüne
Zeugstreifen miteinander verbunden.
XXIX. Nunmehr folgen die weiblichen Angehörigen.
Es können sich auch Bonzen, Taopriester und Lamas am Leichenzuge beteiligen, doch üben
sie dabei keinerlei priesterliche Funktionen aus. Während der Leichenzug unterwegs ist, wird ununter
brochen Opferpapier auf den Weg gestreut. Es ist dies das sogenannte »Wegegeld«,
mal3 - lu4 - ch ien2, womit von den allenthalben umherirrenden obdachlosen Seelen ohne Nachkommen
schaft Verstorbener, ku'-Kun2, ein unbehelligtes Betreten des Weges erkauft wird. Desgleichen
wird vor allen Tempeln, Brunnen, Brücken und Thoren, die der Zug passiert, Opferpapier verbrannt,
um die Schutzgeister derselben günstig zu stimmen.
Chinesische Leichenzüge, obwohl im allgemeinen mit denen der Mandschu übereinstimmend,
bieten doch im einzelnen manches von diesen Abweichende. So folgen hier auf die Tafeln mit Angabe
der Ämter und Würden des Verstorbenen zahlreiche Banner und Schirme, die nach ihren Farben
(Grün, Gelb, Rot, Weifs und Schwarz) fünf Gruppen bilden. Eine Gruppe von Bannern und Schirmen,
—Jil-fang2-fanx -san3, besteht eigentlich aus zwölf Paar Bannern und sechs Paar
Schirmen; doch ist es Usus, sich mit einer halben Gruppe, pan4-fang2, zu begnügen. Eine
weitere Eigentümlichkeit chinesischer Leichenzüge sind die Banner mit Darstellungen der 24 Beispiele
45Zur Pekinger Volkskunde.
kindlicher Pietät*), ~h3-shih2-S{&4-hsiao*-cJli2-ts\83; doch ist dies eine Neuerung,
die sich erst seit etwa zwanzig Jahren eingebürgert hat.
Mit dem Begräbnis haben jedoch die Trauerfeierlichkeiten noch keineswegs ihr Ende erreicht,
vielmehr dauern dieselben, vom Sterbetage an gerechnet, hundert Tage lang. Die ersten 49 Tage,
-b-b cKi'-cliir, d. h. »Siebenmalsieben« genannt, zerfallen, wie der Name besagt, in sieben sieben
tägige Perioden, zwischen denen wiederum gewisse Unterschiede bestehen. Am letzten Tage der
ersten, dritten, fünften und siebenten Periode werden im Trauerhause unter Verbrennung von Opfer
geld Speise-und Trankopfer dargebracht; daher heifsen diese Tage: fjt* b 0 hang* - dif - ti1 - jih4,
»die Tage des Siebeneropfers«. Die geradzahligen Perioden (also die zweite, vierte, sechste Woche)
werden als »leer« bezeichnet jJCj , Zpv we^ während derselben keine Opfer
darbringung erfolgt. Alle sieben Tage passiert die abgeschiedene Seele eine der zehn Hallen der
Unterwelt, -p shih2-tien4, und am 60. Tage überschreitet sie den ^ ^pj" H'uk-Ko2, der durch
die Unterwelt fliefst. Eine mit Opferpapier gefüllte Papiertasche, paol-fu2, genannt, wird
an diesem Tage als Repräsentant des Toten auf den K'ang gelegt, und vor derselben werden
Schüsseln mit Opferspeisen aufgestellt. Die letzteren können auch auf einem Tische aufgestellt
sein, in welchem Falle das paol-fu2 auf einem dahinter befindlichen Sessel ruht. Alle Anwesenden
werfen sich während der Opferdarbringung vor dem Repräsentanten des Toten auf ihr Antlitz nieder.
Am Nachmittag wird das paox-fu2 auf ein papiernes Schiff, j^TJ* H'ui1 -h\o2-diuan2, gelegt,
das auf der Strafse zwischen zwei aus dem gleichen Materiale bestehenden Brücken, der goldenen und
der silbernen Brücke, ^ ^ chin'-cliiao1 und |>j| yin2-ch‘iao1, aufgestellt wird. Das Schiff ist mit
Ruderern besetzt, am Vorderende steht ein Gongschläger, und das Steuer wird von einem »Fischer-
weib«, yu2-po2, gehandhabt. Auf den beiden Brücken stehen je ein Knabe und ein Mädchen,
^ j|L chinT-fung2 und yü4-nü3, mit gelben Bannern, yin3-Kun2-fanx, die die
abgeschiedene Seele durch die Unterwelt geleiten. Schiff und Brücken werden verbrannt.
Die Verwandten der weiblichen Linie legen je nach ihrem Verwandtschaftsgrade am 21., 35.
oder 45. Tage die Trauer ab. Übrigens sei hier zugleich erwähnt, dafs bei den Mandschu sich die
Töchter keine weifsen Schnüre ins Haar flechten, weil sie als *tr. |~ lg liuang2-shang4-chiaJ-
hsiu* -nü3 die Anwartschaft auf den kaiserlichen Palastdienst haben und daher höheren Ranges sind.
Aus diesem Grunde beglückwünschen sie von ihrem 14. oder 15. Jahre an ihre Eltern an deren Geburts
tage auch nicht durch Kotou, wozu die Söhne bekanntlich verpflichtet sind.
Während der nun folgenden letzten vierzig Tage legt die abgeschiedene Seele ihren Weg durch
die noch übriggebliebenen drei Hallen der Unterwelt zurück, bis sie endlich am 100. Tage ihr Ziel
erreicht hat. An diesem Tage findet die nämliche Ceremonie statt wie am 60. Tage, und bei dieser
Gelegenheit wird zum letzten Male die Totenklage angestimmt. Nunmehr legen auch die nächsten
Angehörigen ihre weifse Trauertracht ab, um sie mit der schwarzen zu vertauschen.
Das Ahnenopfer.
Ahnentempel scheinen in Nordchina viel seltener zu sein als im Süden. Ursprünglich besafs jedes
der achtzehn adeligen Mandschugeschlechter, zu denen noch die drei neuen Geschlechter der T'ung2,
^ Lang2 und jjjjJ Tsu2 (in diesem Falle nicht tsu3 zu sprechen) als die zahlreichsten hinzukommen,’
seinen Ahnentempel in Peking, doch sind diese Ahnentempel heutzutage teils gänzlich verfallen, teils
vom Erdboden verschwunden. Jedes Geschlecht besitzt ein sogenanntes »Opferland«, ^ gj'chi*-
t ich , aus dessen Eitiag die Kosten füi das Ahnenopfer sowie auch für die Instandhaltung des Ahnen
tempels besti itten wei den. Die Verwaltung des Ahnentempels sowie auch die priesterlichen Funktionen
des Ahnenkultus ruhen in den Händen des Geschlechtsältesten, tsu2 -chang3, von dem auch
die Einladung der Clansgenossen zur Teilnahme an der Opferfeier auszugehen hat. Ausgeschlossen
von der Teilnahme am Ahnenopfer sind folgende vier Kategorien von Personen: 1. Vorbestrafte,
tai*-tsui\ 2. Trauernde, cKuan1-hsiao\ 3. schwangere Frauen und deren Ehegatten,
-yen3-jen2, und 4. die Töchter der Familie, kif-niang2, da diese ja nur solange
sie ledig sind dem väterlichen Geschlechte angehören.
9 Diese sowie die Gruppen I, V, VII, VIII, XI, XXI und XXII sind in meiner Sammlung vertreten.
4 6 Wilhelm Grube:
Als Opfertier dient bei den Mandschu ausschliefslich das männliche Schwein, und zwar werden
die Opfertiere im Tempelhofe gemästet. Geopfert wird nur ein Tier, das sogenannte »eigentliche
Opfertier«, IE# cheng4-sheng1; doch werden aufserdem noch so viel Schweine geschlachtet, als für
das Opfermahl und die Bewirtung der Teilnehmer erforderlich sind; diese für das Mahl bestimmten
Tiere heifsen: |||pei4-shengx, »in Bereitschaft gehaltene Tiere«. Sämtliche Teilnehmer finden
sich bereits einen Tag vor dem Beginn der eigentlichen Opferfeier im Ahnentempel ein. Am Abend
des Opfertages wird das Opfertier geprüft, ob es fehlerfrei und tauglich ist, und dann gewaschen.
Das Opfer selbst findet um die Zeit der dritten Nachtwache, also um Mitternacht, statt (in der Doppel
stunde ts\&3, d. h. von 11 p. m. bis i a. m.).
Im Ahnentempel befindet sich ein Ahnenbrett, IE TK'feÄL tsu3-tsungx -pan3-tsfö3, auf dem
drei hölzerne Räucherteller, hsiangl-tieh2-ts'{ä3, aufgestellt sind. Wenn sich jedoch in einem
Clan ein erblicher Würdenträger befindet, so wird für diesen ein besonderes zweites Ahnenbrett im
Tempel angebracht, auf dem dann jedoch nicht drei, sondern vier Räucherteller stehen. Im Tempel
hofe wird vor jedem Ahnenopfer, das zweimal im Jahre, im Frühjahr und im Herbst, stattfindet, eine
Stange errichtet, für die man sich eines Fichtenbaums bedient. Dieselbe ist offenbar identisch mit
dem im Opferritual der Mandschu*) erwähnten Siltan. Diese Stange wird durch eine Leine mit dem
Ahnenbrett verbunden, und über die Leine werden die oben2) erwähnten Halsscliniire, S03-ts\&3,
gehängt. Die Halsschnüre der männlichen Familienglieder sind mit blauen, die der weiblichen mit
weifsen Leinwandstreifen versehen. Sobald ein männlicher Inhaber einer solchen Halsschnur heiratet,
wird sie gelöst, und gleichzeitig erhält seine Ehefrau, die als solche in das Geschlecht ihres Mannes
übergeht, ebenfalls eine Halsschnur, die jedoch nicht eher gelöst wird, als bis ihre Inhaberin ein Kind zur
Welt gebracht hat. In manchen Geschlechtern werden die Halsschnüre der Schwiegertöchter gar nicht
aufgehängt, weil sie, solange sie nicht gelöst sind, nicht von denen der Töchter zu unterscheiden
sind; in anderen hingegen werden die Halsschnüre der Töchter, sobald diese geheiratet haben, ab
genommen. Das Ahnenbrett selbst wird vor Beginn der feierlichen Handlung mit einer Seidenborte,
man4-ts\&3 oder meng2- ts\e3, verziert. Die Räucherteller werden vom Ahnenbrett
herabgeholt und mit Räucherpulver, dem sogenannten ta2-tsie3-hsiangx, d. h. tatarischen
Räucherwerk, gefüllt. Dann wird das Räucherpulver angezündet, und die Teller werden auf einen
Tisch gestellt, der sich unter dem Ahnenbrett befindet. Davor ist der grofse niedrige Opfertisch aufgestellt,
auf dem eine grofse viereckige Holzschüssel steht, die zur Aufnahme des Opfertiers dient. Alsdann
bringt der mit dem Schlachten des letzteren betraute Koch das Schwein herbei und legt es derart
auf die Opferschüssel, dafs es die Vorderbeine in knieender Stellung hat. Diese Darbringung des
lebenden Opfertiers heifst hsien4-sheng1, »Darbringung des Opfertiers«. Sämtliche Teil
nehmer am Opfer knieen nieder, die Männer vorn, die Frauen hinten, ganz vornan der Leiter der
Ceremonie, chu3-chi4, und hinter diesem, die Opferurkunde, chi4-n>en2, in den Händen
haltend, dessen Gehilfe, (fljjjjiff tsan4-li3. Während der letztere die Opferurkunde mit lauter Stimme,
durch die er das Schreien des Schweines zu übertönen sucht, verliest, giefst der chu3-chi4 dem Opfer
tier gelben Reiswein, jf tFMh' uang2 - mi3 - chiu3, in die Ohren. Sobald der tsan4-li3 bei den Schlufs-
worten der Opferurkunde: ±m shang4-hsiang1, »wir bringen euch ein Speiseopfer dar«, angelangt
ist, versetzt der Koch dem Schweine den tödlichen Stich ins Herz. Das Messer darf während der
ganzen Prozedur nicht sichtbar werden, sondern wird vom Koch im linken Ärmel versteckt gehalten.
Während er mit der Linken das Schwein niederdrückt, fährt er mit der Rechten in den linken Ärmel
und sticht das Messer durch den Ärmel hindurch dem Tier ins Herz. Da ferner kein Blut heraus-
fliefsen darf, mufs sofort nach vollzogenem Stich die Wunde mit einem Holzpflock verstopft werden.
Das Schlachten des Opfertiers soll cliienx-chu1 heifsen. Sobald der Koch das Schwein hinaus
getragen hat, um es abzuhäuten, stellt der chu3-chi4 fünf Teller mit nien2-pox-pox, klebrigen
Kuchen aus Panicum miliaceum, die mit Bohnen, Kung2-tou4 (Äbrus precatorius) bestreut
sind, auf den Opfertisch. Sämtliche Teilnehmer verharren in knieender Stellung, bis das abgehäutete
Schwein wieder hereingebracht und auf die Holzschüssel gelegt wird. Dieser zweite Akt der Opfer-
ceremonie heifst J|j^ [Lj hsien4-po2, »Darbringung des Weifsen«, und wird von allgemeinem Kotou
x) Hesi toktobuha manjusai wecere metere kooli bithe, 1. III, p. 30 a.
2) S. 9.
47Zur Pekinger Volkskunde.
begleitet. Darauf wird das Schwein abermals fortgetragen, um gekocht zu werden. Alle weifen
sich nochmals auf ihr Antlitz nieder, erheben sich dann und beglückwünschen sich gegenseitig. Endlich
wird das gekochte Hinterteil des Schweines, ^ jjfC Jpf Koifi-t un2-chienl, dargebracht. Diesei letzte
Akt der feierlichen Handlung, während dessen sich ebenfalls alle Anwesenden auf ihr Antlitz niedei-
werfen, heifst J|j^ =^L hsienA-shou2, »Darbringung des Gekochten«.
Den Beschluss des Ganzen bildet das gemeinsame Opfermahl. Ursprünglich nahm man auf
Filzdecken an kleinen Klapptischen (iSJUTWÜtT'1, wo2 - Vui3 - ts\&3 - tix - cho1- ts\^) hockend das
Mahl ein, wobei jeder sein Messer herauszog, sich ein Stück Fleisch abschnitt, es in Salz eintunkte
und dann, sich seiner Finger bedienend, verzehrte. Wein durfte beim Opfermahle nicht getrunken
werden. Heutzutage wird die alte Sitte nicht mehr so streng beobachtet: man pflegt das Mahl auf
dem K'ang oder an gewöhnlichen Tischen sitzend einzunehmen; das Fleisch wird fein geschnitten
serviert und in der üblichen Weise mit Efsstäbchen gegessen. Auch wird jetzt Wein getrunken,
doch bedient man sich in diesem Falle für das Weintrinken des euphemistischen Ausdruckes: »den Mund
spülen«, £ pf shu4-k'ou3. Zum Schlüsse wird eine Suppe aus dem Magen und den Eingeweiden
des Schweines, TT hsia4-shui3 genannt, genossen.
In Familien, die keinen Ahnentempel besitzen, finden in der Regel Ahnenopfer nur als
Votivopfer statt. So z. B. pflegt ein Vater, dessen Sohn vor dem Examen steht, das Gelübde abzu
legen, den Ahnen, wenn sie dem Kandidaten ihren Schutz angedeihen lassen, ein Opfer darzubringen.
Ist das Gebet erhört worden, so wird ein glückbringender Tag im zweiten oder achten Monate
gewählt, an dem das Opfer stattfindet. Die Einladungsformel an die Teilnehmer lautet:
0 ^ITiGinR j||’ »An dem unc* dem Tage des und des Monates bringen wir ein
Ahnenopfer dar und bitten Sie, die Überbleibsel der dargebrachten Speisen an dem und dem Orte
geniefsen zu wollen«. Am ersten Tage erscheinen die Verwandten väterlicherseits und am zweiten
Tage diejenigen mütterlicherseits sowie auch nahestehende Freunde des Hauses. Die Chinesen
bringen derartige Votivopfer meist dem Himmel, nicht den Ahnen dar; sie heifsen daher bei ihnen
auch ^ chi^-fien1, Himmelsopfer.
Viertes Kapitel.
Die Jahresfeste.
Wie in ganz China, so ist auch in Peking das Neujahrsfest das Hauptfest des Jahres. Sämt
liche Läden und Geschäfte sind während der ersten Tage des Jahres geschlossen und dürfen nicht
vor dem fünften Tage, dem sogenannten p'o*-wurh3, wieder geöffnet werden. Daher mufs
der . für die Festzeit erforderliche Bedarf an Nahrungsmitteln bereits während der letzten Tage des
alten Jahres beschafft worden sein. Auch müssen die für das Fest bestimmten Speisen vorher zubereitet
werden, da der Gebrauch des Messers am Neujahrstage als unheilbringend untersagt ist.
Um die Zeit der fünften Nachtwache findet die Bewillkommnung des neuen Jahres und die
Begrüfsung der Götter statt, jAj JfiljJ fing*-men2 chieh1 -shen2, da die letzteren, und unter ihnen
in erster Linie der Gott des häuslichen Herdes, in der Neujahrsnacht auf die Erde herabkommen,
Sf iWT'S?* cJlu' sh™2 llsia* chieh*. Zu diesem Zwecke begeben sich alle auf den Hof hinaus, wo
sie unter Abbrennung von Feuerwerk (sogenannte |(Jj pienx-paoA, fire-crackers, die an einer Schnur
befestigt sind und, indem sie der Reihe nach explodieren, ein kartätschenartiges Geknatter von sich
geben) ein Opfer darbringen. Als Opfergabe dienen dabei in Öl geschmorte Mehlkuchen, die ent
weder mit gehacktem Schweine- oder Hammelfleisch oder mit Gemüse gefüllt und stark mit Knoblauch
gewürzt sind; sie heifsen dlu3-po1-po1 oder chiao3 - ts\&3 und bilden die eigentliche
Neujahrsspeise. Die mit Gemüse gefüllten Pasteten gelten als Fastenspeise und werden besonders
von den Frauen, die die Fasten strenger zu beobachten pflegen als die Männer, bevorzugt. Der
3-, 13., 23. sowie der 8., 18. und 28. Tag jedes Monats gelten, was hier erwähnt sein mag, als Fast
tage und werden als häa H[£ san1 -tsai1, pcP-nan* bezeichnet; wer aber am Neujahrstage fastet,
erwirbt sich dadurch nach dem Sprichwort: —• fj lEi 15 0 »am ersten Tage fasten ist soviel
wie hundert Tage fasten«, ein besonderes Tugendverdienst.
48 Wilhelm Grube:
An die geschilderte Opferdarbringung schliefst sich die Begrüfsung des Glücksgottes, J§L
hsfi-shen2, und des Reichtumsgottes, tsai2-shen2, die darin besteht, dafs man sich nach der
Richtung, wo sich die-genannten Götter an diesem Tage auf halten und die im Kalender angegeben
ist, verneigt. Darauf erst beglückwünschen sich die Familienmitglieder gegenseitig.
Es wird streng darauf geachtet, dafs am Neujahrsfeste nur glückbringende Worte und Redens
arten im Munde geführt werden. Wenn z. B. irgend ein Gegenstand zerbrochen wird, darf nicht das
Wort: is| liuai4, »zerbrochen«, gebraucht werden, sondern man bedient sich in solchem Falle der
Formel: $Z£jiZ^2p^- sui4-sui4 p‘ ing2-an1, denn obwohl auch sui4 »zerbrochen« bedeutet, so
dient es hier doch als Äquivalent für das gleichlautende: ^ sui4, Jahr, wodurch der Satz die Form
eines Glückwunsches erhält: »Ruhe und Frieden jahraus, jahrein«. Ebensowenig ist es gestattet,
wenn eine der erwähnten Pasteten platzt, dafür den Ausdruck: jüo4, »platzen, bersten« zu ge
brauchen, sondern man sagt statt dessen: J* chang4-liao3, »es hat sich gehoben«, »es ist auf
gegangen«, weil chang4 »steigen (von der Flut), überströmen, sich ausbreiten« bedeutet und daher,
in günstigem Sinne, etwa als Wachstum und zunehmender Wohlstand aufgefafst werden kann. Dieser
Wortaberglaube geht so weit, dafs man am Neujahrstage sogar vermeidet, Reis zu essen, weil fan4,
gekochter Reis, gleichlautend ist mit ;|[I fan4, »zuwiderhandeln, gegen etwas verstofsen«.
Nach beendetem Frühstück legen die erwachsenen männlichen Familienglieder ihre Staats
gewänder an und machen sich dann auf den Weg, um allen Verwandten und Bekannten Neujahrs
besuche abzustatten, pai4-men2, die meist mehrere Tage in Anspruch nehmen. Die Frauen
hingegen dürfen während der ersten fünf Tage des neuen Jahres das Haus nicht verlassen: »sie ver
meiden die Thür«, fSj ein4-men2. Bekannte, die einander auf der Strafse begegnen, begrüfsen
sich gegenseitig durch Kniebeugung, eil ing3-an1, und bei der Wahl der Glückwunschformel richtet
man sich nach Stand und Stellung des Angeredeten. Einem Beamten z. B. kann man rasche Be
förderung wünschen: chi2-chi2-ti1 kao1-sheng1; älteren Beamten, denen gegenüber
ein solcher Wunsch unpassend wäre, mag mit den Worten: ^ >lA chu'-shih4 suk-lisin1, »möge
alles nach Wunsch gehen«, aufgewartet werden. Kaufleuten wünscht man, recht viel Geld zu ver
dienen: ^ ff^ to1-to1-ti1 fax-tsai2. Die übliche Dankformel lautet: ifl-
nin2 chul-shih4 su^-hsin1, »möge Ihnen alles nach Wunsch gehen«.
Der Neujahrsgratulant wird von den Damen des Hauses, wo er seinen Besuch macht,
empfangen, wobei zunächst aufserhalb des Empfangsgemaches eine doppelte Begrüfsung stattfindet:
zuerst eine persönliche Begrüfsung, ü®JI chien4- mien4 -li3, durch Kniebeugung und dann eine
zweite Begrüfsung derselben Art, die jedoch von der Glückwunschformel: SrS hshn-hsi3, »neues
Glück,« begleitet ist. Im Empfangszimmer angelangt, hat der Besucher die anwesenden Mitglieder
der Familie nach ihrem Altersrange durch Kotou zu begrüfsen, wobei streng auf die richtige Reihen
folge zu achten ist. Wenn das älteste Mitglied der Familie abwesend ist, so wird demselben ein
Kotou in absentia dargebracht, (oder |rJ) c^lung4 (oder hsiang4) -shang4 k'o1-fou2,
»nach obenhin gerichtetes Kotou«, genannt. Bei weniger intimen Bekannten begnügt man sich,
dem P1£ men2-sheng1, einer Art Haushofmeister, der die Oberaufsicht über das gesamte Dienst
personal mit alleiniger Ausnahme des Koches führt, seine Visitenkarte abzugeben, worauf jener den
Namen des Gastes in das sogenannte »Thürheft«, ^ $f|- uien2-pu4, einträgt. Die Frauen beginnen
ihre Neujahrsbesuche erst am sechsten Tage, beschränken sich dabei jedoch auf ihr elterliches Haus
und die Verwandten männlicherseits.
Für die Kinder ist der Neujahrstag durch den Umstand ein besonderer Festtag, dafs sie von
jedem Besucher ein kleines Geldgeschenk erhalten, das den Namen: wm yaI-sui4 trägt. Der Aus
druck : ff ya1 bedeutet sowohl: »niederdrücken« als auch: »als Pfand niederlegen, deponieren«,
so dafs sich ya1 -sui4 etwa durch »Glückspfand fürs Jahr« übersetzen läfst; doch handelt es sich hier
wiederum um ein Wortspiel, indem für J|| sui4, Jahr, das gleichlautende sui4, böse Geister, böse
Einflüsse, zu lesen ist. Daraus ergiebt sich, dafs dieses besondere, nur zu Neujahrsgeschenken
benutzte rote Papiergeld (Rot ist ja, wie bereits früher erwähnt, die Farbe, vor der sich böse
Geister fürchten) als eine Art Talisman dient, durch den die Einflüsse böser Geister unschädlich
gemacht werden. Diese Bedeutung hindert natürlich nicht, dafs das Geld von seinen glücklichen
Besitzern sobald als möglich" für Spielzeug und Naschwerk verthan wird.
49Zur Pekinger Volkskunde.
Erwähnt sei noch die eigentümliche Sitte, dafs am Neujahrstage in den Häusern nicht gefegt
werden darf: höchstens darf der Unrat in eine Ecke gekehrt werden, doch mufs er unter allen Umständen
diesen Tag hindurch im Hause verbleiben, denn Staub und Schmutz symbolisieren den Reichtum.
An den fünf ersten Abenden des Jahres findet eine allgemeine Illumination statt; es ist dies
das sogenannte Laternenfest, 'JHj'fjfj tengl-chieh2 oder TU ^ yüan2 -hsiao1, das vom 14. bis zum 16.
seine Fortsetzung findet und an dem sich auch Frauen frei auf den Strafsen bewegen diiifen. An
diesen Abenden wird ein besonderes Gebäck gegessen, das ebenfalls yüan2-hsiCLO1 heifst und aus
Reismehlkuchen mit süfser Füllung, hsierirA4, besteht. Da das Reismehl wie Salpeter aussieht,
werden diese Kuchen auch mit dem gleichlautenden Namen |||| ifä yitan2-hsiaox, »Salpeterkugeln«,
bezeichnet.
Von den älteren, auf die Neujahrsfeier bezüglichen Angaben, die das 0 'ü ^
Jih4 - hsia4 - chin4 - wen2 - k'ao3 enthält, seien hier noch die folgenden erwähnt.
»Am Neujahrsmorgen um die Zeit der fünften Nachtwache darf man nicht liegend niesen.
Wenn jemand niest, so springt er hurtig auf und läfst sich bisweilen nicht einmal Zeit, in seine
Kleider zu fahren, denn es heifst: Wer liegend niest, wird krank. Nachdem man aufgestanden ist
und den Mund gespült hat, ifst man Hirsekuchen, die 4p4p;|ü| men2-nien2-kao' (offenbar ein Wort
spiel für 4p4p|||j nien2-nien2-kaox, »mit jedem Jahre im Range steigen«) heifsen. Sobald sich die älteren
und jüngeren Familienglieder untereinander beglückwünscht haben, begrüfsen sich Verwandte und
Freunde gegenseitig durch Übersendung ihrer Visitenkarten. Man nennt das: pp4p pai4-men2X).«
»Am Neujahrstage wirft man beim Aufstehen den Thorbolzen dreimal auf die Erde; man
nennt das: »Tausend Unzen Gold herabfallen lassen«. (Es sei an dieser Stelle bemerkt, dafs die eisernen
Fallthüren, die an den Stadtthoren angebracht sind, den Namen: cKien1 - chm1 - cha2 tragen.)
Desgleichen wird ein Holzgefäfs mit Eselfleisch gefüllt, welches letztere verzehrt wird; man nennt
das: »Dämonen kauen«2).«
»In Peking wird am ersten Tage (des Jahres) den Ahnen Opfergeld dargebracht. Drei Tage
später wird es fortgenommen und verbrannt. Den Göttern wird Obst, Gebäck und Opfergeld dar
gebracht und das letztere am Abend [yüan2 -hsiao1) verbrannt. Das cKieri1 -chang1 genannte Opfer
geld ist ebenso geschnitten wie das ming2 - cKieri3).«
»In Peking herrscht die Sitte, dafs am Neujahrstage jeder Hausherr Gratulationsbesuche
abstattet. Es wird ein Heft mit weifsem Papier sowie Pinsel und Reibstein auf einem Tische bereit
gehalten, und der Gratulant beschränkt sich darauf, seinen Namen einzutragen. Man wird weder
empfangen noch hinausgeleitet4).«
Am zweiten Tage des ersten Monats wird dem Reichtumsgotte ein Opfer dargebracht, ^
chi4-ts ai2-sheri. Dieser begiebt sich nämlich am 2. und 16. Tage jedes Monats gen flimmel,
um dem ||t Yü4-Kuang2-ti4 über die seiner Obhut anvertrauten Menschen Bericht zu erstatten.
Bei dieser Gelegenheit werden dem Gotte in allen Verkaufsläden drei Becher Wein und drei Eier
dargebracht. Am zweiten Tage des ersten Monats jedoch pflegt man ihm auch in den meisten Häusern
zu opfern, und zwar besteht das Opfer aus 1. einem Stück Hammelfleisch, —yi'-faug'-
CXLVII, p. 6 a, Citat aus ^
JT'-feS-
p. 4 a, Citat aus Jtlp .
s> 1; M Ä 0 J4 ff * £ li = B ^ # ifM 0*Mff
>•<=" p-6}' Ci,a,i>us
*) Jk Biß Ä ® IE 0. ± A Uf M S Ö IR M F # ^ 7t ÄIP ^ ® *
p-5*. Citat aus |§|| ^fj gß, ■
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
7
50 Wilhelm Grube:
yang2-jou4, 2. einem Küchel, —■ ^yj'*f|t§ A2'1 -chihT-hsiao3-chi1, 3. einem Fisch, —* yp-wei3-
yii2, 4. zwei Tellern mit ungesäuertem Brot, ^an8'z~tidi2-man2-Vou2, 5. drei Bechern
Wein, Ei ftl M san1 -chung1 -chiiP, und 6. Opfergeld, —*yix-fen4-ch'ien2-liang2. Das
Bildnis des Gottes, meist ein roher Buntdruck, wird, an einem Holzgestell befestigt, mitten auf den
Opfertisch gestellt, auf dem die genannten Opfergaben in zwei Reihen aufgestellt sind: dem Bilde
zunächst das Hammelfleisch und rechts und links von diesem der Fisch und das Küchel; die drei
kupfernen Becher mit Reiswein bilden die vordere Reihe. Vor den Opfergaben steht in der Mitte
ein Räucherbecken und zu beiden Seiten desselben zwei Leuchter mit Kerzen, an denen das Opfer
geld befestigt ist, und zwar am linken Leuchter das jfp j]r|§ cKien1 -chang* und die Jp yiian2-
pao3, am rechten das »gelbe Opfergeld«, Jiuang2-cKieri1. Die Opferceremonie selbst besteht
nun darin, dafs man den Reisbranntwein anzündet, brennende Räucherkerzen darbringt und gleich
zeitig vor dem Bilde der Gottheit Kotou macht. Dieses erste Kotou heifst: chi4-shen2 und
gilt somit als die eigentliche Opferdarbringung. Sobald die Alkoholflammen dem Verlöschen nahe
sind, wird abermals Kotou gemacht, das )pjjj sung4-shen2 heifst und durch das, wie der Name
besagt, dem Gotte das Abschiedsgeleit gegeben wird. Nunmehr wird ein grofses metallenes Becken,
»Opfergeldbecken«, dl ien2 - liang2 -pc eri2, genannt, im Hofe aufgestellt. Sobald die Flammen
in den Weinbechern erloschen sind, wird das Opfergeld von den Leuchtern abgenommen und auf
eine Unterlage von Tannenreisern in das Becken gelegt. Der Familienälteste, der als solcher die
priesterlichen Funktionen ausübt, begiebt sich alsdann, in der einen Hand das Bild der Gottheit, in
der anderen brennende Räucherkerzen haltend, auf den Hof hinaus. Vor dem Opferbecken angelangt,
legt er die Räucherkerzen hinein, und sobald das Opferpapier in Brand geraten ist, übergiebt er
das Bildnis selbst den Flammen, auf denen nun die Gottheit gen Himmel emporsteigt.
»An den ersten drei Tagen des Jahres ziehen alle, Männer sowohl wie Frauen, zur Pagode
Po2-fai-s,{e4 hinaus und umwandeln sie1).«
Am 15. Tage des ersten Monats wird das eigentliche Laternenfest, lEflfi cheng4 - chieh2,
gefeiert. Am Abend dieses Tages werden den Hausgöttern yiian2-hsiao1 (s. oben) als Opfergabe
dargebracht. Sowohl vom 1. bis zum 3., als auch vom 14. bis zum 16. des ersten Monats wird
in jedem Hofe eine sogenannte »Himmelslaterne«, fien'-teng1, angesteckt. Sie hängt an
einer hohen Stange, an deren Spitze ein Fichtenzweig befestigt ist. Unter den öffentlichen Gebäuden
zeichnen sich besonders das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, ~T ^ kungx-pu4, sowie das
des Innern, h4-pu4, durch reichen Laternenschmuck aus.
»Vom 10. bis zum 16. stellen die Laternenhändler draufsen vor dem Thore Tung1-an1-men2
ihre Waren aus; das ist der sogenannte Laternenmarkt. Es giebt unter den Laternen solche, die
bis 1000 Unzen Silber kosten. Die Händler drängen sich, und sobald sie die Proben ihrer Kunst
fertigkeit aufgestellt haben, finden sich Vertreter der Beamtenwelt ein, Männer wie Frauen in buntem
Durcheinander. Die Mietspreise für die oberen Stockwerke am Markte (sc. von wo aus sich die
Frauen die Illumination ansehen) steigen mit reifsender Geschwindigkeit. Am Abend des 14. ist
Illuminationsprobe, am 15. findet die eigentliche Illumination statt, und der Abend des 16. bildet
den Schlufs des Laternenfestes2).«
Ein Augenzeuge berichtet: »Ich sah einmal auf dem Laternenmarkte eine Laterne, die ganz
aus Eierschalen bestand. Die Laterne, das Dach derselben, ihre Gehänge und Quasten mochten
zusammen wohl einige tausend Eierschalen zählen. Jede dieser Eierschalen war leer und mit vier
') TcB-UHBÄicMatSA m Jr|f o 1. c. CXLVII, p. 6 a, Citat aus Ä ilE-
^&# M s % m s s ¥ k ta m m ü ^ m % ^ t# n ti n n-+ ® b *
äSt'M + iiE'M + AB fl ‘Mn CXIVIT, p.6-7, Citat aus % gß.
5iZur Pekinger Volkskunde.
Thüren versehen, jede der Thiiren hatte Querbalken und Stützpfosten sowie Fenster und Sprossen,
und alles glänzte von Gold und Edelsteinen. Man konnte es als höchst kunstvoll bezeichnen, um so
mehr, als das Material dünn und spröde und dadurch zur Bearbeitung ungeeignet ist, kaum andeis,
als wollte man in Eis schnitzen oder auf Fett malen1).«
»In der Zeit vom u. bis zum 16. des ersten Monats errichten die Leute in den Dörfern
Einfriedigungen (so glaube ich, in diesem Zusammenhänge das Wort: p'eng2, das sonst »Zelt«
oder »Gerüst« bedeutet, übersetzen zu dürfen) aus Sorghumstangen, die untereinander verbunden
sind, und behängen sie ringsumher mit allerhand Laternen. Der (eingefriedigte) Raum hat einen
Flächenraum von zwei Morgen. Durch die Eingangsthür betritt man einen Pfad, der sich in fort
währenden Windungen drei bis vier Li lang hinzieht. Wer hineingeht, verirrt sich und vermag
nicht den Ausweg zu finden und irrt lange umher, ohne hinausgelangen zu können. Man nennt
das: »die Laternen der neun Krümmungen des H\iang2-K o22).«
Am 18. Tage des ersten Monats ist das Sternenfest, M chi*-hsingJ. Um die Zeit der
dritten Nachtwache müssen sich die weiblichen Familienangehörigen zurückziehen und verborgen halten,
denn am Sternopfer dürfen sich nur Männer beteiligen. Ein roher Buntdruck, hsing1-
shen*-ma4, der einige der Sterngötter darstellt, wird, wie am zweiten Tage des ersten Monats das
Bild des Reichtumsgottes, an einem Holzgestell befestigt, mitten auf den als Altar dienenden Tisch
gestellt. In dem zusammengefalteten Bilde steckt wie in einem Briefumschläge ein Blatt, das ein
tabellarisches Verzeichnis der y2 glückbringenden und 36 unheilbringenden Sterne enthält und nicht
aus seiner Hülle herausgenommen werden darf. Davor werden in zwölf Reihen 108 kleine mit Ol
gefüllte Näpfe aufgestellt, in denen Papierdochte, teng1 -Kua1 -chih3, stecken. Dieselben
bestehen in der Regel aus gelbem Papier und werden gewöhnlich von den älteren weiblichen
Familienangehörigen angefertigt. Bisweilen werden diese Dochte auch aus Papier von fünferlei
Farben, nämlich Grün, Gelb, Rot, Weifs und Blau (fg, Q, SB, wobei unter ^ Grün und
unter SB nicht Schwarz, sondern Blau zu verstehen ist) hergestellt. Vor dem Bildnis steht ein
Räucherbecken und zu beiden Seiten desselben zwei Leuchter mit daran befestigtem Opferpapier.
Sobald die Kerzen angezündet und brennende Räucherkerzen ins Räucherbecken gesteckt worden
sind, werfen sich die Teilnehmer auf ihr Antlitz nieder. Darauf werden die 108, der Gesamtzahl
der Sterne entsprechenden Lämpchen angezündet, die ungefähr eine Viertelstunde lang brennen.
Sobald sie erloschen sind, wird dem Schicksalsstern jedes einzelnen unter den männlichen Familien
gliedern ein Opfer dargebracht. Diese Ceremonie heifst: M. c/n’4pen3 ming* hsing1, »dem
eigenen Schicksalsstern opfern«, und besteht darin, dafs nach vorangegangenem Kotou drei Lämpchen
mit Papierdochten angezündet werden. Sind die Flammen grofs und hell, so gilt das als ein günstiges
Vorzeichen für das begonnene Jahr. Zum Schlüsse wird, genau wie bei dem Opfer, das dem Reichtums
gotte dargebracht wird, das Bildnis samt dem Opfergelde verbrannt. Ehst wenn das geschehen ist,
dürfen die weiblichen Familienangehörigen wieder aus ihrem Versteck hervorkommen, und es wird
nunmehr in ihrer Gegenwart dem Gotte des häuslichen Plerdes und den Thürgeistern ein Opfer dar
gebracht. Das erstere heifst: chi^-tsao4, Herdopfer, und findet in der Küche statt, indem
daselbst vor dem Bildnisse des Gottes drei Näpfe mit brennenden Papierdochten aufgestellt werden.
Den Thürgeistern werden an jeder Thür sowie auch vor dem Hausthor je drei solcher Näpfe hingestellt.
Diese Ceremonie heifst: chi*-men2, Thüropfer. Die beiden letztgenannten Opfer gehören zu
den Obliegenheiten der jüngeren Familienglieder.
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7*
52 Wilhelm Grube:
Nach dem Jih4-hsia4-chiu4-n>en2-k ao3 scheint das Sternenopfer früher am 13. Tage statt
gefunden zu haben, denn es heifst dort: »Am 13. Tage des ersten Monats werden in allen Häusern
108 kleine Näpfe als Lampen benutzt und allenthalben verteilt: an Brunnen, auf dem Herde, am
Thore, an dem Steine, auf dem die Wäsche geklopft wird. Man nennt das: san4 -teng1, »Lampen
verteilen«. An einem Platz zusammengeschart, gleichen sie Leuchtkäfern, und verteilt sehen sie
wie Sterne aus. Wohlhabende zünden sie an vier Abenden an, Unbemittelte an einem Abend; die
ganz Armen haben überhaupt keine Lampen« x).
Wie bereits erwähnt, dürfen neuvermählte Töchter am 19. Tage des ersten Monats ihr elter
liches Haus besuchen, was ihnen an den übrigen Tagen des ersten Monats nicht gestattet ist. Am
Abend dieses Tages werden in allen Familien den in den betreffenden Häusern besonders verehrten
Göttern Opfer dargebracht. Bei dieser Gelegenheit pflegt ein dreiteiliges Bild im Götterschrein,
DiÄ fo2-k‘anI, aufgehängt zu werden. Die oberste Abteilung enthält gewöhnlich ein Bildnis der
Ulf "pp Kuan'-yinT, dem in der Mittelreihe eine Darstellung der »drei Göttinnen«, ZEi'fiL
san1 - rvei4 - niang2 - niang2 (nämlich: ^ TcienJ - hsien1 - niang2 - niang2, |j^ pfc Yen3 -
kuang1 - niang2 - niang2 und ^ ^ Sung4 - ts^d - niang2 - niang2) und in der untersten Schicht
eine solche des Kriegsgottes, H|] ^ Kuanr-ti4 (in Peking kurzweg Lao3-yeh2, »der Herr«,
genannt), des Reichtumsgottes, 7Vai2-shen2, und des Gottes der Heilkunde, Yao4-
wang2, folgen. Auf dem Opfertisch vor dem Götterschrein stehen zwei Leuchter mit brennenden
Kerzen und ein Räucherbecken oder die sogenannten JL wu3-kung4, bestehend aus einem Räucher
becken, zwei Leuchtern und zwei Blumenvasen. Wohlhabende Leute fügen noch fünf (bisweilen
sogar zehn) Opferschüsseln, kling4-t'o1, hinzu, die dann hinter den wu3-kung4 zu stehen haben.
Als Opfergaben dienen: 1. l|f j|l shu4-kuo3, fünf »Bündel Obst«, bestehend aus ^ [g| kuei4-yüan2,
den Früchten von Nephelium longan, mm Ik-dlih1, den Früchten von Nephelium litchi, *Ä
tsao’hi, Jujuben, h4-ts\d, Kastanien und shih4-kan\ den getrockneten Früchten von
Diospyros kaki (Persimmon). Jede dieser Fruchtsorten liegt auf einer besonderen Papierschüssel, und
je fünf solcher Schüsseln werden turmförmig aufeinander gesetzt; die oberste Schicht pflegt mit
Papierblumen verziert zu sein. Im ganzen werden fünf solcher Türme auf den Opfertisch gestellt.
2. dien4-kung4, das »Zieropfer«2), das aus sehr klebrigen Zuckertäfelchen, mimji
ch en4-kung4-1 lao 1 h , besteht, die gleich Backsteinen derartig aufeinander geschichtet werden, dafs
sie fünf mäfsig hohe, inwendig hohle Türme bilden. Diese dien4-kung4 sind entweder unbedeckt
und dann an der Spitze mit künstlichen Blumen geschmückt, oder sie werden mit hausförmigen
Deckeln zugedeckt. 3. dl eng2 -f ao4 -yiieh4 -ging3, fünf Pyramiden aus je fünf aufeinander
geschichteten sogenannten Mondkuchen, in deren oberstem ebenfalls stets eine künstliche Blume
steckt. 4. mien4-hsien1, aus Mehlteig nachgebildete Früchte und zwar: shih2-liu2, Granat
äpfel , «SÄ fao’rh2, Pfirsiche, |j§{ ^ ging2-kuo3, Äpfel, fjj|-:J** chii2-ts\d, Orangen, und
shih4-ts\&3 Persimmon, oder fo2-shou3, eine Art sehr aromatischer Citronen. 5.
hsien1-kuo3-ts^d, frisches Obst, d. h. in diesem Pralle fünf Schüsseln voll Äpfel oder Orangen. Oft
beschränken sich die Chinesen auch auf die shu4-kuo3 und mien4-hsien1, während die Mandschu dem
chen4-kung4 und den Mondkuchen den Vorzug geben.
Auch den Ahnen wird an diesem Tage ein Opfer dargebracht. Auf dem Opferaltar, der
sich vor den Ahnentafeln an der Westwand des Hauptgemaches befindet (bei den Mandschu unter
halb des Ahnenbrettes), stehen ein Räucherbecken mit »Räucherkerzen des langen Lebens«, :
— i'Xittlfo >•- CXL™. p-?. cw a„s
tÄf #ii%■
1 __ _ ;aftn /aa*
G den Bonzen Almosen2) ppj* bedeutet bekanntlich: i. Untergewand, 2. unterstützen, Almosen geben, z. B.
geben, 3. verzieren. In dem gegebenen Falle soll das Wort die letztgenannte Bedeutung haben.
Zur Pekinger Volkskunde. 53
cKang2-ming4-hsiang1 und zwei Leuchter mit brennenden Kerzen, davor fünf Schüsseln mit Äpfeln
oder künstlichen Früchten (bei Wohlhabenderen mit Granatäpfeln). Statt der Ahnentafeln wird oft
eine Papierrolle mit bildlichen Darstellungen derselben an der Wand angebracht.
Auf dem Hofe wird ein Konvolut von hundert auf dünnes Papier gedruckten Götterbildern,
0 po2-fen4, »die hundert Stücke«, oder sg chu1-Lien1 -tsung3-sheng4, »sämtlicheGötter
und Heilige«, genannt, aufgestellt, die sich in einem gemeinsamen Papierumschlage befinden, aus
dem sie nicht herausgenommen werden dürfen. Davor stehen fünf Schüsseln mit Äpfeln und eine
gröfsere Schüssel voll sogenannter nien2-kao1, sehr klebriger Kuchen aus Reismehl, deren es
zwei Arten giebt: gelbe und weifse, liuang2 -nien2 -kao1 und pai2-nien2-kao1, auf die ein mit rotem
Papier beklebtes Getreidemafs, ff- shengr, gestellt wird. Beides, Kuchen und Getreidemafs, sind
als Wortspiel zu verstehen, indem nien2-kao1 im Sinne von nien2-kao1, »hohes Alter«, und
kao1-sheng1, Kuchen und Getreidemafs, im Sinne von 0j kao1-sheng1, »hoch im Range
steigen«, zu deuten sind, mithin den Wunsch ausdrücken sollen, dafs den Darbringern des Opfers
ein hohes Alter und eine hohe Stellung beschieden sein mögen. Vor diesen Opfergaben stehen ein
Räucherbecken und zwei Papierlaternen, jstiü fing1 - fing1; vor der linken Laterne liegen Gold-
und Silberbarren aus Papier, jjj ^ yüan2-pao3, sowie zickzackförmig geschnittenes Opferpapier,
Kuang2-cliien2. Unter dem|ST5i cKien1 -chang1, und vor der rechten gelbes Opfergeld,
Vordach des Hauses wird an einem der Stützpfeiler entweder ein Bildnis des Himmels und der Erde
oder eine Holztafel mit der Aufschrift: Lietf-tL-p'af-wei4, »Tafel des Himmels und
der Erde«, befestigt. Auf der darunter befindlichen Konsole stehen drei Schalen mit Opfergaben
und ein Räucherbecken.
Am Abend werden alle Opfergaben fortgeräumt, um am nächsten Tage unter die Verwandten
des Hauses verteilt zu werden. Die Götterbilder samt dem Opfergelde werden verbrannt, wodurch
man, wie der technische Ausdruck lautet, »die Götter zu ihren erhabenen Sitzen zurückgeleitet«,
^ j=|''ßiA sung4 shin2 kuei4-ivei4.
Das in meiner Sammlung befindliche po2-fen4 enthält folgende hundert Götterbilder:
x* t'ien'-ti4, Himmel und Erde.
2* 1')\* Shih4 - chia4 - wen2-fo2, £äkyamuni (s. Nr. ioo).
3- Ittlfj#. Mi- - li4 -fo2, Maitreya.
{ft iS Htm §1 ~)k Chung1 - i4 - w ei1 -hsien3 Kuan1 - sheng4 - ta4 - ti4, »der loyale, ge
rechte, majestätische, ruhmreiche, heilige und grofse Kaiser Kuan«, der Kriegsgott Kuan-ti, der, wie
bereits bemerkt, in Peking meist schlechthin als »der Herr«, Lao3-yeh2, bezeichnet wird.
s- TUSflJ Hsüan'-fan2 Chao4-yiian2-shuai*, der Generalissimus Chao, genannt
Hsüan-fian, einer der himmlischen Heerführer. Er ist der zum Gotte erhobene Feldherr Ch'ung
Fei-h'u, eine der Hauptpersonen des Fing1 - shen2-yen3-i4, und wird zum Unterschiede von IEZ,
Chfoig'-i3 Hsüan1 -Van2 auch jjg* H'ef-Ku3 Hsüan'-f an2 genannt.
6. ifl-Äfe jji$ Tseng1 -fu2-ts ai2-shen2, der »das Glück vermehrende Reichtumsgott«, meist
kurzweg Ts ai2-shen2 genannt. Derselbe ist kein anderer als der zum Gotte erhobene Kan1,
der sich auf Befehl des Chon4-jvang2 das Herz aus dem Leibe rifs, um die Ta2-chi3 zu retten.
Der Reichtumsgott besitzt kein Herz; daher verteilt er die Güter nicht nach Herzensneigung als Lohn
für verdienstliche Thaten, sondern nach der Bestimmung des Himmels. Im Volksmunde hat sich
folgende Legende über den Reichtumsgott erhalten, die ausschliefslich auf mündlicher Überlieferung
beruhen soll. Einst lebten zwei Bettler, die einander nahestanden wie leibliche Brüder. Sie bewohnten
einen alten, ganz verfallenen Tempel des Reichtumsgottes und teilten sich stets redlich in die er
bettelten Almosen. Auch versäumten sie nie, dem Gotte, unter dessen Schutze sie weilten, täglich
Räucherkerzen darzubringen. So lebten sie in Armut und Elend manches Jahr, bis sich eines Tages
die Gemahlin des Reichtumsgottes bei diesem für die beiden Bettler verwendete und ihn bat, sich
ihrer um ihres guten Lebenswandels willen zu erbarmen. Obwohl der Gott erklärte, dafs ihre
Armut auf Schicksalsbestimmung beruhe, an der er nichts ändern könne, liefs sie nicht ab von ihrer
Bitte. »Sobald sie Reichtum erlangt haben, werden sie sterben müssen«, sagte der Gott. Sie abei
bestand dennoch auf ihrer Bitte, bis jener ihr nachgab und sich bereit erklärte, ihrem Wunsche zu
willfahren, unter der Bedingung jedoch, dafs sie die Verantwortung für die Folgen trüge. Nach-
VMBIL3 HW JuLÜT
Wilhelm Grube:
dem sie mit Freuden auf diese Bedingung eingegangen war, legte der Reichtumsgott einen Silber
barren in das auf dem Altäre befindliche Räucherbecken. Als nun die beiden Bettler, am Abend
in ihre Behausung heimgekehrt, ihre Räucherkerzen, wie sie es täglich zu thun pflegten, ins Räucher
becken stecken wollten, stiefsen sie mit denselben gegen einen harten Gegenstand. Sie untersuchten
daraufhin das Gefäfs, und da sie nun den Silberbarren darin entdeckten, waren sie aufser sich vor
Freude und bezeugten dem Gotte ihre Dankbarkeit, indem sie sich vor seinem Bildnisse auf ihr
Antlitz niederwarfen; auch beschlossen sie, für ihr erbetteltes Geld, das sie im Sacke hatten, Wein
und Fleisch zu erstehen, um es dem Gotte, der sich ihrer so gnädig erbarmt, als Opfergabe dar
zubringen. Aber kaum hatten sie den Silberbarren unter sich geteilt, als sich auch schon in dem
einen von ihnen der Neid und die Habgier regte: er wollte sich den ganzen Fund aneignen und
beschlofs, nachdem sein Genosse sich entfernt hatte, um den Wein und das Fleisch zu besorgen, jenem
heimlich Gift in den Wein zu mischen und ihn auf diese Weise zu beseitigen. Der andere ward
unterwegs von ähnlichen Regungen gepackt und überlegte gleichfalls, wie er sich wohl in den Besitz
der ganzen Summe setzen könnte. Fliehen konnte er nicht, da sein Genosse ihm jedenfalls nach
setzen und ihn vielleicht auch einholen würde. Da fiel ihm ein, dafs sich im Tempel ein Ziegel
stein befand, dessen er sich nachts als Nackenstütze zu bedienen pflegte. Mit diesem wollte er dem
andern, während er sich vor dem Altäre der Gottheit niederwarf, den Schädel zerschmettern. Nach
dem er seine Einkäufe erledigt hatte und wieder in den Tempel zurückgekehrt war, stellten die
beiden ihre Opfergaben auf den Altar, wobei der eine heimlich Gift in den Opferwein mischte. Als
es sich dann darum handelte, wer von beiden zuerst Kotou machen sollte, nötigten sie sich gegen
seitig zum Vortritt, indem jeder den Bescheidenen spielte. Schliefslich warf sich derjenige, der das
Gift in den Wein gemischt hatte, als erster auf sein Antlitz nieder; aber kaum war das geschehen,
als auch der andere den Ziegelstein ergriff und jenem damit den Schädel spaltete. Darauf nahm
er das Silber an sich und verliefs den Tempel. Noch war er nicht weit gewandert, als sich der
Hunger in ihm regte. Da besann er sich just, dafs ja Wein und Fleisch im Tempel zurückgeblieben
war; so kehrte er denn flugs wieder um und that sich an beidem gütlich. Es währte jedoch nicht
lange, so übte das Gift seine Wirkung, und er fiel todt zu Boden. Auf diese Weise hatte sich die
Prophezeihung des Reichtumsgottes erfüllt, zum grofsen Kummer der Göttin. Um seiner Gemahlin
einen weiteren Beweis seiner Weisheit zu geben, sprach der Gott nun zu ihr: »Jetzt will ich den
Silberbarren auf die Strafse hinauslegen: ein Greis wird ihn finden, aber erlangen wird ihn ein
Jüngling«. Mit diesen Worten trug er den Silberbarren auf die Gasse hinaus und vergrub ihn im
Staube. Bald darauf kam dann auch in der That ein alter Mann des Weges und stiefs mit seinem
Fufse gegen den Silberbarren. Ärgerlich machte er sich daran, den Gegenstand, über den er ge
stolpert war, zu suchen, vermochte ihn jedoch, da er halb blind war, nicht zu finden. In diesem
Augenblick kam zufällig ein Jüngling daher, erblickte das Silber und rifs es an sich. So war auch
diese Prophezeihung des Gottes in Erfüllung gegangen.
7- ÜÄtSfW Chü4-pao3-chaoT-ts‘ai2, ebenfalls ein Reichtumsgott, der, wie der Name
besagt, Schätze sammelt und den Reichtum herbeiwinkt.
8. H\io2-li o2 - erh4 - sheng4, »die beiden Heiligen Friede und Eintracht«, ein
Götterpaar, das besonders in Kaufläden und Geschäften verehrt wird.
9- Wui-lu4-fungl-ta2, »der auf den fünf Pfaden Umherwandelnde«, ein Gott
der Wege, der von Gastwirten, Karrenvermietern und Karrentreibern angebetet wird.
io. Chiu3-lung2-chih1 -shen2, der Gott, der über die neun Drachen gebietet.
In jedem Jahre werden die Gewässer von einer bestimmten Anzahl von Drachen verwaltet. Der
Kalender für das 24. Jahr der Regierung Kuang-hsü giebt z. B. an, dafs sich in dem genannten
Jahre- acht Drachen in diese Aufgabe teilten (/\ 7_[C) > es versprach mithin, recht regnerisch
zu werden.
Ir- Chili1 - lung2 s\&4-tai4-wang2, der vierte grofse goldene Drachenkönig.
Derselbe soll während der gegenwärtigen Dynastie in Gestalt einer kleinen Schlange erschienen sein;
er wird besonders in solchen Gegenden verehrt, die oft durch Überschwemmungen heimgesucht werden.
12. -4^ IEjjifp Kung1-cheng4-liu2-shen2, der Gott der Getreidemafse. Ein Jiu2 schwankt
zwischen acht und zehn touz.
Zur Pekinger Volkskunde. 55
!3 lg jg. Yii4 - Kong* - shang4 - ti4, der »Jadekaiser«, Gott des Himmels, die oberste
Gottheit des taoistischen Pantheons.
14. dö Hm* _ _ hsing' - chiin1, der Gott des Planeten Mars, der unter dem Namen.
JJs Tfilh H‘uo3-shen2 als Gott des Feuers verehrt wird. Als vor einigen Jahren in der vor dem ore
H‘a-t‘a-men gelegenen »Grofsen Blumenmarktstrafse«, Huarh -shih4-ta4-c ie , in
der sich zahlreiche Holzlager befinden, eine Feuersbrunst ausbrach, blieb einzig und allem der iempe
des Feuergottes, obwohl er mitten zwischen den brennenden Gebäuden stand, vom Feuer verschont.
Seither gilt dieser Tempel in Peking für besonders heilig.
x 5. btiäJI T'ien1 - wen2 K'uei1-hsing1, Gott der Literatur, der seinen Sitz im Sieben-
gestirn hat Er Arien 'auf Befehl des Wen'-cKang' die Namen derjenigen auf der himmlischen
Liste Ti fieu'-pang\ die bestimmt sind, den Rang eines j|j( jQ chuang‘-Jüan' au erlangen;
daher’ die Redensart: ft M ®! fc 7C Kuei'-hsing' Hen* chuang*-Jüan', Kuex-hsmg notiert die
chuang*-Jüan' (bezeichnet die Namen der Erwählten durch Punkte), die den Sinn hat, dafs die Er-
langung dieses höchsten Grades von den Göttern abhängt.
16 Mt TA J| h 4fr Mefi Ko2 hsieri1 -weng1, der Gott des Pflaumenbaumes (oder der Pflaumen-
blütei) und der Gott der Pueraria Thunbergiana, deren Fasern zur Herstellung eines Gewebestoffes
verwendet werden. Sie sind die Schutzpatrone der Färber, weil die Farbe der Pflaumenblute für
das schönste Rot gilt. , ...
x?' 4Lnp M# Pen*-ming4-jen2-shou4-hsing'-chiin', der die Lebensdauer verlän
gernde Gott des langen Lebens.
l8. =r jjjflf San1 - kuan1 - chih1 -shen2, die Geister des Himmels, der Lrde und des Wassers.
1Q Pf I® fflt ll!f|] Wü3 - hsieri* - tsai2 - shen2, »die fünf leuchtenden oder ruhmreichen Reichtums-
götter«. Es sind «üS fünf sogenannte hsia'-Ko', die zur Zeit der Sung-Dynasbe lebten und
einen Bruderbund mit einander geschlossen hatten. Ein Tempel vor dem Thore <%t\m LJ U‘a'f
i'-men' ist ihnen geweiht. Am 2. und ,6. Tage jedes Monats pilgern zahlreiche Scharen dorthin
um den fünf Reichtumsgöttern Räucherkerzen darzubringen, besonders Dirnen und kleine Beamte, da
diese sich in beständiger Geldverlegenheit zu befinden pflegen s ist ei so c ®n «= Darbringung
in diesem Tempel .Reichtum zu borgen., # # clneh'-ts a,‘,. indem man ach erfolgter Darbrmgung
von Räucherkerzen einige von den auf dem Altäre befindlichen pap.ernen Gold- und Silberbarren
nflt dem Gelübde entwendet, den Göttern, sobald sie das Gebet um Reichtum erhört haben, das ge-
stohlene Zmsen '-h^-pao'-ta'-cluang'-chün', -der grofse Kanonen-
20. WiU'KKM AC W ^ diesem Namen wird der zum Gotte erhobene Er-
feldherr, dem kein Gegner ^wachsen ist. Schutzpatron der Artillerie ist ~
Ander der Feuerwaffen bezeichnet, dt S_____ */.- F iKV VL Wu*-tP-ta4-chnn u i mio., — ~~ -------■- tof-Lfi n2 - ti2 - t 4 - iang4 -
giebt eine besondere Art grofser an°n£"’ 1 ^wachsen ist«' tragen. Eine andere Art grofser
chün', »der grofse Feldherr, dem kein Gegner_cU »der krumm-
Kanonen mit gekrümmtem Laufe heifsen. f / de°r Artilleristen verehrt;
halsige grofse Feldherr., Die ' dieser Gota*t zugleich den »fünf Tiger-
auch giebt es im Artillerie ager einen Tempel der ne ^ ^ ^ weg_ der von
JSS nfch^lglibk^ufthr’t, ein unpassierbarer ^ ^ ^
geister hinkamen Sdiutzgott der Kornspeicher. Es ist dies
, 2I' pJrY H. , Hsin, der bekanntlich unter dem Begründer der Han-Dynastie eine
Zeit lang de" LA Gott des östlichen heiligen Berges (des Tai-shan).
22' 2wSÜ k Yao'-sheng* Wei'-chen’-jen', der zum Schutzpatron der Heilkunde er-
2.3" -7k; -Nr n / >
Es
hobene Wei2 Kang1.üF/uv ... . , ^_-4 ...nf7Cr2 der Gott der Medizin.■* »1*1~ <=«... »<■*--vr25- nn die er unterworfen hat und die ihm seitdem als llf
Schildkröten- und Schlangendamo , Schildkröte und Schlange., dienstbar sind.
kuei'-shfr-erh4-chiang4, »die beiden Heer
56 Wilhelm Grube:
26- ±tdliE)Ii$ T‘u3-ti4-cheng4-shen2, der Gott des Erdbodens.
27* K Kuan1 -yin1 -p‘u2-sa1, Avalokitegvara in der weiblichen Form als Göttin der
Barmherzigkeit Kuan-yin.*
28- 7K M l§ 3E Shui3 - ts‘ao3-ma3 -ming2- wang2, der Schutzgott der Pferde. Sein Geburts
tag wird am 23. Tagendes sechsten Monats besonders von den Mafus festlich begangen.
29- Lu2-Kuo3-chih1-shen2, »der Gott des Ofenfeuers«, wird von den Arbeitern,
die an den Münzen, $j lu2-fang2, angestellt sind, als ihr Schutzpatron verehrt (vergl. auch Nr. 38).
30. JlMÄA nf Shun4-feng1 - ta4 - chi2, der Gott des günstigen Windes, Schutzgott der Schiffer
und Seefahrer.
31- Erh4 - lang2 - miao4 - tao4- chen1- chiin1, »Erh-lang, der wahrhaftige Fürst
des wunderbaren Tao«, auch CE mg1 -hsü1 -miao4-tao4-chen1 - chiin1, »der wahr
haftige Fürst des wunderbaren Tao der lauteren Leere«, genannt. Erh-lang ist der Schutzpatron
der Hunde. Er besitzt einen Hund, hsiao1 -Vien1 -shen2-cKüan3, »der gen Himmel
heulende Götterhund«, genannt, den er im Ärmel mit sich zu tragen pflegt. Wenn er den Hund
im Kampfe losläfst, stürzt er sich auf den Feind und verschlingt ihn. Es giebt in Peking einen
diesem Gotte geweihten Tempel in der Laternenstrafse, >)?£ %} Teng1 - shih4-chieli2, südlich von den
östlichen vier Pailou, Tung1 -s^4-pai2-lou2. In demselben liegt zu Füfsen des Altars ein
Hund aus Thon. Wer einen kranken Hund hat, begiebt sich in diesen Tempel und holt sich ein Häuflein
Asche aus dem Räucherbecken, die er dem Hunde als Medizin eingiebt. Wird der Hund geheilt so
pflegt der dankbare Besitzer dem Gotte einen kleinen Hund aus Thon als Votivgabe darzubringen.
32- IT- i l -kuei4-chih1-shen2, die Götter der Freude und des Ansehens, die Freude
und angesehene Stellung verleihen.
33- M rfcHIjIf Li4-shih4-hsien1-knan1, der Schutzpatron der Markthändler.
34. Pan Blatt mit Darstellungen verschiedener Götter und Buddhas, die jedoch so verwischt
sind, dafs sie sich nicht mehr erkennen lassen.
35- 3E111 Ti4-tsang4-wang2-p‘u2-sa1, der zum Bodhisattva erhobene H 5® MiP-
lieri2, Maudgalyäyana.
36* Esing1-ko1, ein tabellarisches Verzeichnis der Sterngötter.
37- Sl Ta4-cKeng2-chih4-sheng4-hsüan1 -wang2, »der überaus vollendete,
allerheiligste, erleuchtete Fürst«, d. h. Confucius, umgeben von J|p| [p| Yen2 H‘ui2, jj'L ^ K'ung3
Chi2 Tsj£3-s{2x), ^0. Tseng1 Shen1 [Tseng1 -ts\&3) und n{j ^pj Meng4 K o1 [Meng4-ts\&3).
38- Chinx-lu2-sheng4-kux, die Schutzgöttin der Münze.
39- !Ü: ^ jflfjJ Mei2-yao2-chih1-shen2, der Schutzgott der Kohlengruben.
4°- $§LTourh*-chieh3-chieh3, die »Pockenschwester«, eine Trabantin der Pocken-
göttin Tou4 - chen3 - niang2 - niang2 (s. Nr. 74), die von dieser zu den an Pocken leidenden
Mädchen geschickt wird (vergl. auch Nr. 48).
41- CK mg1-miao2-chih1-shen2, »der Gott der grünen Schöfslinge«, der Gott
der Saaten, dem zu Ehren im Herbste ein Erntedankfest, HJ'JJ'C hsieh4-cKiu1 gefeiert wird. Bei
Gelegenheit desselben finden in den Dörfern Theatervorstellungen statt, die von Dorfkomödianten,
IS* ]z| y !§$$£ yeh3-fai2-ts\<t3-hsi4-panx, aufgeführt werden.
42- IIWang2 - erh4 -y eh2-chih1 - shen2, ein Bote des Reichtumsgottes, genannt
»der zweite Herr Wang« (d. h. der zweite Sohn aus der Familie Wang). Er schiebt auf dem Bilde
einen Karien vor sich, auf dem ein chü4-pao3-pcen2, ein mit Schätzen gefülltes Becken
steht, und wird von einem Kinderpaare, dem »Goldknaben«, Chm1-ko1, und dem »Silber
mädchen«, Yin3-chieh3, begleitet.
43- H u?-tu1-chih1-shen2, möglicherweise ein Gott der Unterwelt.
44- H ou4-fu3-ta4-ti4, Gott der Erde (s. Nr. 97).
45* ~F ■V'* W Einig2-wang2-chih1-shen2, der Drachenkönig, der über die Wasser gebietet.
46- % fjJj $%$% T‘ienx-hsien1 -niang2-niang2, die höchste der neun Geburts- und Kinder
göttinnen, chiu3-niang2-niang2.
Zur Pekinger Volkskunde. 57
47- Koif-ch'erf-ta4-ti4, der Gott des Unglückssternes Koif-cKeif
48. -pa -fff---fjf TourhA-ko'-koJ, der »Pockenbruder«, ein Trabant der Pockengöttin
Tou4 - chen3 - niang2 - niang2, der von dieser zu den an Pocken leidenden Knaben geschickt
wird (s. Nr. 40 und 74).
49. Tis&3-iveix-ta4-ti4, der Gott des Sternes Ts\&3-rvef. Es ist dies der Stern
des Kaisers. Wenn er hell leuchtet, so gilt das als ein günstiges Zeichen für die Wohlfahrt des
Reiches. Die beiden Sterne zu seiner Linken und Rechten heifsen: Tso4-fu3 und
Yu4-pi4 und repräsentieren seine Minister.
5°. £§ ^ ^ Chang1 - lao3-hsiang4 -kung1, »der Prüfungskandidat Chang1 - lao3«. Derselbe
kam als Prüfungskandidat, chü3-ts\e3, in der Umgangssprache & hsiang4-kling1 genannt,
aus dem Süden nach Peking, um dort sein Examen zu absolvieren, und stieg daselbst in einem Tempel
ab. Hier träumte ihm einmal, dafs er samt zwei anderen Kandidaten das Examen bestand und der
Examinator ihm mitteilte, dafs ihm beschieden sei, ein »himmlischer Mandarin«, fien1 -kuan1,
zu werden. Vorher jedoch werde er eine Zusammenkunft mit einem der fien1 -kuan1 haben. Erwacht,
hielt er den Traum für etwas wirklich Erlebtes und fand sich infolgedessen am festgesetzten Tage
nicht zu der Prüfung ein. Als gefragt wurde, weshalb er sich nicht zu der Prüfung eingefunden habe,
erklärte er, dafs er ja bereits ein Examen bestanden habe, durch das er zum fierf-kuan1 ausersehen
sei; daher verzichte er auf die Ehre, erst ein irdischer Mandarin zu werden. An dem im 1 raume
für die Zusammenkunft mit dem himmlischen Mandarin bestimmten Tage legte er seine Staatsgewander
an, um den hohen Besuch würdig zu empfangen. In der That erschien auch am Abend jenes Tages
ein Wagen vor dem Tempel, und die Leute hörten menschliche Stimmen in dem von dem jungen
Manne bewohnten Zimmer, wo es lebhaft herzugehen schien. Da sie jedoch wussten, dafs Chang1 -
lao3 allein war, glaubten sie, dafs er mit sich selber redete und hielten ihn für irrsinnig. In sein
Gemach tretend, sahen sie ihn, anscheinend schlafend, im Staatsgewande dasitzen. Sie riefen ihn
an, aber es erfolgte keine Antwort, und als sie ihn berührten, wurden sie gewahr, dafs er kalt und
leblos war. In derselben Nacht wollten andere gesehen haben, wie er im Staatsgewande hoch zu
Rofs und von einem zahlreichen Gefolge begleitet davonritt. Die Geschichte soll sich gegen Ende
der vorigen oder zu Beginn der gegenwärtigen Dynastie zugetragen haben. Sein Tempel, der g|§
Chang1 -hsiang4-kung1 -miao4, befindet sich in der Nähe des ^ P Liu4-pu4-k oif;
er ist ganz verfallen und wird von verschiedenen Handwerkern bewohnt.
51- JJtJ'f||S^-chUf-kung^tsao2, die vier Götter, die über Jahr, Monat, Tag und
Stunde herrschen. .
52. — San1 - chieh4 - chih2-fif - shih3 - che3, »der (göttliche) Bote mit dem
echten (?) Amulet der drei Reiche«. San1-chieh4 kann sowohl die drei Reiche, trilokya, im bud
dhistischen Sinne, als auch die drei Potenzen, Hzf sarf-tsai2, d. h. Himmel, Erde und Mensch
bedeuten. In welchem Sinne der Ausdruck hier zu verstehen ist, läfst sich nicht entscheiden. Es
handelt sich in dem gegebenen Falle gewissermafsen um einen göttlichen Schamanen oder Geister
beschwörer, der vermöge gewisser mystischer Zeichen Geister herbeicitiert. Das betreffende mystische
Zeichen wird mittels eines ungebrauchten Pinsels mit roter Tusche auf ein Blatt gelben Papieres ge
schrieben und dazu eine Beschwörungsformel hergesagt. Alsdann begiebt sich jener Götterbote ins
Geisterreich und ruft die gewünschten Geister herbei.
53- fiÜ & Ctiuang2- kung1 Ch'uang2-mu3, »der Herr und die Mutter der Lagerstätte«.
Dieses Götterpaar behütet die kleinen Kinder, damit sie nicht vom K'ang, dem Ofenbett, herunter
fallen. Diese Götter sind identisch mit den beiden Schutzgöttern des Kang, K'ang4-kung1 und
-fit K'ang4-miß. . . , ,
^ 54 Hf ^ Lei2-kung1 Tien4-mu3, der Donnergott und die Blitzgöttin. Letztere wir auc
fflfH Shan3 - tien4 - niang2 - niang2 genannt. Sie hält zwei runde Metallspiegel in den Saufe® auseinander nimmt, blitzt es. Aufser ihr giebt es noch eine Windgöttm,
Feng1-po2-po2, die in Gestalt eines alten Weibes dargestellt wird, das auf einem igei Lüffe reit/und e.nen mit Winden gefüllten Sack in den Händen hä t. erR^ B»
Ym-Shih', hält einen Becher in der Hand, aus dem er mrt emem Schwerte_ Wasser tea p
Als Trabant steht ihm der Wolkenschieber, fMt Mßi ^ 111 ~Lim “ un§
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
iP!
58
55- f
Göttinnen«.
56. $
Göttinnen«
Wilhelm Grube:
Tsuh-sheng1 -mang2-niang2, die göttliche Hebamme, eine der »neun
Pan1-chen3-mang2-niang2, die Scharlachgöttin, ebenfalls eine der »neun
57. Nai3-mit3-mang2-mang2, die göttliche Amme, die dafür sorgt, dafs der
Mutter die Milch (^jj^ shlh2-lu4) nicht ausgeht. Sie gehört gleichfalls zu den »neun Göttinnen«.
58. Chia1 - chai2 - hu4 - shen2, die sechs Schutzgötter des Hauses: in der Mitte
der Gott des häuslichen Herdes, Ysao4-wang2, zu seiner Rechten der Schutzgott des Thores,
Piff# Men2-shen2, zu seiner Linken der der Thüren, j]j(jl H‘u*-shen2; darunter die Schutzgöttin der
Frauen, ^ ^ San1 -kux-fux-jen2, der lokale Schutzgott oder Genius loci, Tn3-ti4,
und der Gott der Brunnen und Quellen, Ching3-cKüan2-fung2-ts\&.
59- Pei2-yang3-niang2-niang2, die ernährende, aufziehende Göttin, die gött
liche Nährmutter. Während die weifsgewandige, kinderspendende Kuan-yin, Po2-ix -sung4 - ts\e3 Kuan1-
yin1 (s. Nr. 67), dem Kind die Seele verleiht, soll die Pcei2-yang3- niang2 -mang2 die Geburt selbst
überwachen. Sie gehört zu den »neun Göttinnen«.
60. Ts\e3-sunx-niang2-niang2, die Nachkommenschaft verleihende Göttin, eben
falls eine der »neun Göttinnen«.
61. Yen3-kuang1-niang2-niang2, die Göttin des Augenlichts. Sie wird von
Augenleidenden angerufen und ist vielleicht die populärste unter den »neun Göttinnen«. Auf den
ihr geweihten Altären befinden sich stets zahllose aus Baumwollstoff gemachte und schwarz bemalte,
an kleinen Stäbchen befestigte Augenpaare, die wie Brillen aussehen, als Votivgaben.
62. 3ENiu2-wang2-chih1-shen2, der Schutzgott der Rinder. Diese Gottheit geht
auf den im ©äSsE Hsi' -yu2-chi4 erwähnten Rinderdämon Zj^. j||? ^ Niu2-mo2-wang2 zurück. Als
der unter dem Namen: ;Ei T‘ang2 San1-tsang4 bekannte pg Hsiian1 Chuang3 seine berühmte
Pilgerfahrt nach Indien unternahm, gehörte u. a. der Affe Sun1 Wu4 - Kling1 zu seinen Reise
gefährten. Dieser war ursprünglich ein böser Dämon gewesen, hatte sich aber dann von San1 -tsang4
bekehren lassen und war dadurch mit seinem bisherigen Verbündeten Niu2 - mo2 - wang2 verfeindet. Als
nun die Pilger vor dem Feuerberge Uj H‘uo3-yen4-shanI angelangt waren, begab sich Sun1
Wu4 - Kling1 zu Niu2-mo2-wang2, da er wufste, dafs dessen Weib Lo2 - cK a1 - nü3 (d. h.
weiblicher Raksha) einen Palmblattfächer, ^ ^ Jp pa1 -chiao1 -shan4, besafs, dem die Zauberkraft
innewohnte, Feuer zu löschen. Diesen Zauberfächer wollte er sich leihen, Niu2-mo2-wang2 wies
jedoch dieses Ansinnen von sich, worüber die beiden in Streit gerieten. Es gelang zwar der Lo2-
dia1-nü3, den Sun1 Wu4-Kung1 mit Hilfe ihres Zauberfächers zu vertreiben, doch nahm jener alsbald
die Gestalt des Niu2-mo2-wang2 an und entwand ihr durch diesen Trug den Fächer, mit dem er
dann das Feuer löschte. In der Folge bekehrte sich Niu2-mo2-wang2 und ward von nun an unter
dem Namen: AI Niu2-wang2, »Rinderfürst«, der Schutzgott der Rinder. Als sein Sohn
H'ung2-Kai2-yao1 späterhin in der Absicht, seinen Vater zu rächen, den Sun1 Wu4-kcungx mit Feuer
angriff, flehte der letztere die Kuan-yin um Hilfe an, woraufhin diese auch den PI‘iing2-fl ai2-yao1
bekehrte und ihn zu ihrem dienenden Knaben ( f|f fung’rh2) machte.
63. zzi ^ jflljl San1 -tsung1 -chih1 -shen2, wörtlich: »der Gott der drei Vorfahren«, doch
soll der Ausdruck in diesem Fall den Schutzgott der »drei Lehren«, san1 -chiao4, bedeuten.
Übrigens bedeutet san1-tsung1 nach Palladius erstens: »Gesicht, Gehör und Einbildungskraft« und ist
zweitens der Name eines nicht näher bezeichneten Opfers.
64. ill; g||-Mil ;j|f CKien2-lung2-ti4-pao3, »Gelddrache und Schätze der Erde«. Unter cKien2-
limg2 versteht man eine Art Amulet, das bisweilen in Kaufläden vor dem Bildnisse des Reichtums
gottes zu sehen ist. Es hat entweder die Gestalt einer aus Kupfermünzen angefertigten Drachen
figur, oder aber es besteht aus einem Bambusstäbchen, an dem in gleichen Abständen, Blättern
ähnlich, kleine Kupfermünzen paarweise befestigt sind.
65. 3ÜC vH" T ai4-ts‘ang1-chih1 -shen2, der Schutzgott der öffentlichen Getreidespeicher.
T‘ai4-tsangx ist zugleich der Name eines Sternes.
66. J§^ p|f $r|] Fengx-po4 YiP-shih1, die Götter des Windes und des Regens (über den
letzteren s. Nr. 54).
Zur Pekinger Volkskunde. 59
67- Po2-zr -sung4-ts'{ö3 Kuan'-fin', die weifsgewandige, kinderspendende
Kuan-yin, die dem Kinde die Seele verleiht (s. Nr. 59).
68. Ping'-pao2-shen2-wei4, die Tafel des Hagelgottes. Der Hagelgott verheert
die Äcker der Bösen, während er die der Guten verschont. Ihm wird von den Ackerbauern geopfeit.
69. H\ia'-chieh3, eine der Pockengöttinnen; sie schickt den Pockenausschlag, die
»Himmelsblumen«, 9^4^/ Vien' -Kua'.
70. iS 1U]%% Tsao4-chiu3-hsien1 -weng4, »der weinbereitende Göttergreis«, wird von den
Branntweinbrennern als ihr Schutzgott verehrt.
71. JjFj Ijg Chiang' -J102-hsiao3-sheng4, »der kleine Heilige der Flüsse und Ströme«,
ein Flufsgott, über den ich jedoch nichts Näheres zu ermitteln vermochte.
72. jff^ Tcung2-tsi&, »der (göttliche) Knabe«, vermutlich der f$ il - J* Chao'-tsai2-
Vung2-ts\&t der reichtumbringende Knabe, der als Trabant des Reichtumsgottes von den Laden
besitzern verehrt wird.
73. ^ ff jpljj Ctiing1 -lung2-chih'-shen2, der schwarze Drachengott, gehört zu den glück
bringenden Sternen.
74. 7ow4-chen3-niang2-niang2, die Pockengöttin. Wenn ein Kind glücklich von
den Pocken genesen ist, pflegen sich die Verwandten im Hause dei betreffenden I amilie einzufinden,
um das Kind zu sehen und die Eltern zu beglückwünschen, die ihnen bei diesei Gelegenheit mit-
teilen, wann den Pockengöttinnen das übliche Dankopfer dargebracht werden soll. An dem für dieses
festgesetzten Tage erscheinen sie abermals möglichst vollzählig und bringen Räucherkerzen sowie
auch grofse und kleine Geschenke mit. Als »grofse Geschenke« gelten Schweine- und Entenbiaten,
zu den »kleinen Geschenken« gehören Pastetchen mit konvexer Oberfläche, tieh4-kai4, weil
die Pocken während des Heilungsprozesses eine konvexe Form annehmen, und IP Wf SlL ^ al
hsi3-ping’rh3 (auch Vai4-shih4-ping’rk3 genannt), kleine mit Sesamsamen bestreute
Plätzchen, an denen die Sesamsamen die Pocken darstellen sollen. ^
Die Opferdarbringung selbst heifst in der Oststadt: kung4-niang2-niang2, in der
Weststadt: pai4-niang2-niang2 und findet, wenn die Krankheit einen leichten Veilauf ge
nommen hat, in der Regel am zwölften Tage statt; hatte die Krankheit hingegen einen bedrohlichen
Charakter angenommen, so kann das Opfer auch länger hinausgeschoben werden, weil die Göttinnen
in solchem Falle geringeren Dank verdienen. Bisweilen wird das Opfer sämtlichen neun Göttinnen
dargebracht. Es sind dies, um sie der Reihe nach aufzuzählen: Tien'-hsien'-niang2-niang2 (Nr. 46),
TouA - chen3 - niang* - niang2 (Nr. 74), Pan'-dien*-niang2-niang2 (Nr. 56), Ts ui'-sheng'-niang2-mang2
(Nr. < 5), Nai3 - mu3 - niang2 - niang2 (Nr. 5 7), Vei2 -fang* - niang2 - niang2 (Nr. 59),. Ts\&3 - swf - mang2 -
nianp2 (Nr 60) Yin3-meng2-niang2-niang2 (Nr. 75) und Yen3-kuang1 -mang2-mang2 (Nr. 61). Dazu
kommen noch die vier Trabanten: Tou^-ko'-ko' (Nr. 48), Tou’rh*-chieh3-chieh3 (Nr. 40), I##
Wang2-tieh1 -tieh1 und Wang2-ma'-ma'. Die beiden letztgenannten, »Vater Wang« und
»Mutter Wang«, sind in der vorliegenden Götterliste nicht durch Bildnisse vertreten; sie begiefsen
die »Himmelsblumen« (d. h. die Pocken), auf dafs sie gedeihen. Gewöhnlich beschränkt man sich jedoch
aus Sparsamkeitsgründen darauf, nur den drei Hauptgöttinnen: Tien*-hsien'-niang2-niang2, Pans
chen3-niang2-niang2 und Tou4-chen3-niang2-niang2 samt den vier Trabanten ein Opfer darzu
bringen1). Wenn es sich um eine derartige kleinere Opferceremonie handelt, so sind für dieselbe fol
gende Gegenstände ei foi derlich. .
1. ein Götterschrein, mien4-fing2, an dessen Rückwand entweder ein Bildnis sämt
licher neun Göttinnen, chuan2-niang2-niang2-ma4, oder ein solches der drei genannten
Göttinnen, für die das Opfer speziell bestimmt ist, angeheftet ist. Der Schrein steht au einem
zum Verbranntwerden bestimmten Papiertisch, /<?w2 - cäo* ; , # Af
2. drei mit Präsentierbrettern versehene Tische, to'-pan-c - T _
jedem derselben liegen ein Diadem, ein Gewand, ein Gürtel und ein Paar Schuhe. Diese
sämtlich aus Papier angefertigt, sind für die drei Göttinnen bestimmt;
mir für das Museum erworbenen Opfergegenstünde begehen sich auf das kleinere Opfer der letztgenannten
Art und finden im folgenden ihre Beschreibung. g*
6o Wilhelm Grube:
3. ein Tisch mit Mütze, Rock, Gürtel und einem Paar Stiefel für den Tou'rhA-ko1 -ko1]
4. ein Tisch mit Diadem, Gewand, Gürtel und einem Paar Schuhe für die Tou'rhA-chieh3 - chieh3;
5. ein sechster Tisch, auf dem folgende, für den Wang2- tieh1 - tieh1 und die Wang2-ma1 -
ma1 bestimmte Sachen liegen: Kleider, ein Hut, ein Paar Stiefel, ein Paar Schuhe und zwei Wasser
eimer an einer Tragstange, zum Begiefsen der »Himmelsblumen«.
Diese sechs Tische stehen in schrägen Reihen zu beiden Seiten des Schreines, und über
den Tischen, ihnen parallel laufend, werden zwei Stricke gespannt, an denen auf jeder Seite je vier kleine
Baldachine, sogenannte ^ pao3-kai4, mit daran befestigtem Opferpapier herabhängen. Das Opfer
papier ist von viererlei Art, nämlich: ff m cliien1 - chang1, jj fo2 -pao3, |jV Kuang2 - cKien2
und ching4 - chih3. Unter ching4 - chih3 versteht man dünnes weifses Papier, womit später
Gesicht und Körper des genesenen Kindes abgerieben wird. Die Baldachine sind an den gekrümmten
Enden kleiner Stäbchen befestigt, die mit eben diesen gekrümmten Enden über die beiden Stricke
gelegt (nicht festgebunden) werden.
Sämtliche hier geschilderte Gegenstände sind zum Verbranntwerden bestimmt und daher
aus Papier. Sie heifsen: Kuang2~Kuo4 »gelbe Waren« (Gelb ist bekanntlich die kaiserliche
Farbe und gilt daher auch für die Götter). Sobald sie am Morgen des für das Dankopfer anberaumten
Tages aus dem ^ming2-iI-p‘u4 (so heifsen die Geschäfte, in denen die zum Verbrannt
werden bestimmten Sachen hergestellt werden) ins Haus geschafft worden sind, werden sie in der
vorgeschriebenen Reihenfolge aufgestellt. Gewöhnlich geht der Vater des genesenen Kindes mit
einem Räucherbecken dem Zuge voran, während ihm zwei Anverwandte des Hauses folgen,
die den Schrein mit dem Bildnis der Göttinnen tragen. Die genannten Gegenstände werden im
Hauptgemach aufgestellt. Den Mittelpunkt der Gruppe bildet der auf einem zugehörigen Papier
tische stehende Schrein. Vor demselben steht ein hölzerner Tisch, ein sogenannter /\ lUl lü JL
pa1 -hsien1 -cho1 -ts\e3, der als Opfertisch, kung4-cho\ dient. Auf diesem sind drei Reihen
von Opfergaben aufgestellt, nämlich 1. Äpfel, 2. Gemüse und 3. sogenannte JäJaHHBH tou’rh4~
man2-fou2, Brötchen, die mit je fünf Erbsen (wie die fünf Punkte auf den Dominosteinen angeordnet)
bestreut sind. Die Erbsen sind natürlich als Wortspiel, im Sinne des gleichlautenden tou’rh4,
Pocken, aufzufassen. Vor den genannten Opfergaben steht ein Räucherbecken, das von zwei Leuchtern
flankiert ist. Vor dem Opfertische liegt ein Betpolster, jk pai4-tien4, auf dem die Familien
glieder dem Alter nach Kotou machen und gleichzeitig Räucherkerzen darbringen. Der Familien
älteste macht den Anfang.
Am Morgen sind nur die allernächsten Verwandten der weiblichen Linie anwesend, die in
der Regel Äpfel und Gemüse als Opfergaben darbringen. Nachdem dieser erste Teil der P'eier
beendet ist, wird ein Mahl eingenommen, das ausschliefslich aus Fastenspeisen besteht. Am Nach
mittage erscheinen die übrigen Verwandten, um die Eltern des geretteten Kindes zu beglückwünschen
und zugleich die Göttinnen durch Kotou und Räucherkerzen zu ehren. Jeder Besucher bringt Opfer
gaben der erwähnten Art mit. Bei jeder Darbringung von Räucherkerzen wird an ein metallenes
Klangbecken von der Form eines Klangsteines, ||£ cKing4, geschlagen, das vermutlich eine An
spielung auf das gleichlautende Jg| cKing4, beglückwünschen, darstellt. Am Abend wird abermals
ein aus Fastenspeisen bestehendes Mahl serviert, wobei die Eltern selbst die Speisen umherreichen,
den Wein kredenzen und sich durch Kniebeugung bei ihren Gästen für die ihnen erwiesene Ehre
bedanken. Um Mitternacht wird »den Göttinnen das Geleite gegeben«, sung4 -niang2 -
niang2, wie der technische Ausdruck für die Verbrennungsceremonie lautet. Bevor sich jedoch der
Zug in Bewegung setzt, begiebt sich die Mutter zu ihrem glücklich genesenen Kind und reibt ihm
mit dem erwähnten weifsen Opferpapier, ching4 - chih3, Antlitz und Körper ab, indem sie dazu die
Worte spricht: »die ehrwürdigen Göttinnen haben deine Pocken mit sich fortgenommen«,
Nunmehr beginnt die Prozession. Je zwei der Anwesenden tragen die
Tische, je einer von ihnen die Krummstäbe mit dem an den kleinen Baldachinen befestigten Opfer
papier. Einer der nächsten männlichen Verwandten nimmt der Mutter das Papier, womit sie das
Kind abgerieben hat, ab und schliefst sich damit dem Zuge an. Ihm folgen der Vater, der mit
brennenden Räucherkerzen in den Händen den Trägern des Schreines vorangeht, und dann die
Träger des Schreines und der Tische. Der Letzte im Zuge trägt eine Schüssel, auf der sich Proben
sämtlicher Opfergaben befinden.
Zur Pekinger Volkskunde. 6l
Die Prozession begiebt sich nun nach irgend einem Tempel, vor dessen Thor der Schrein
auf den zugehörigen Papiertisch gestellt wird. Die Stangen mit den Baldachinen und dem Opfer
papier werden an den Schrein gelehnt und die Papiertische um jenen herum aufgestellt. Darauf
übergiebt der Familienälteste einem der Anwesenden seine Räucherkerzen, der damit sämtliche Papier
gegenstände in Brand steckt, während sich jener auf sein Antlitz niederwirft. Die mitgebrachten
Opfergaben werden unter die anwesenden Gaffer oder an Arme verteilt.
75. Dm3 - meng2 - niang2 - niang2, die Schutzgöttin der Kinder, gehört, wie bereits
erwähnt, zu den »neun Göttinnen«.
76- Po2-Jiu3-chih' -shen2, »der Gott des weifsen Tigers«. Der »weifse Tiger«
gehört zu den Unglückssternen.
77. U_I § j®L Kcai-shan1 Lü3-tsu3, »der die Berge öffnende (d. h. die Kultur einführende)
Patriarch Lü«, der unter dem Namen: LiP Tung*-pinl bekannt ist und zu den »acht
Genien« gehört.
78. ToiP-miP-fiiarP-chün\ die Göttin des Tou-Gestirns.
79- UH Hu*-kuo2 Wu3-chuang1 -kung1, »der das Reich beschirmende Wu3-
chuang1 - kling1«, eine mir unbekannte Gottheit.
8°. ^ V/j ^ jjifjl H-0# Hsüan'-mP-chih'-shen2. Es soll damit Hsüan' - wu3 als Dämonen
banner gemeint sein.
81. San1 -ling2-Kou2-chih'-shen2, angeblich die Hüter der drei Himmels-
thore: des östlichen, südlichen und westlichen (ein nördliches Himmelsthor giebt es nicht). Nach
Palladius (s. v. J||) bedeutet san'-ling2: 1. Sonne, Mond und Sterne, 2. die Götter oder Geister
des Himmels und der Erde sowie die abgeschiedenen Seelen, die in gleichem Mafse die Geschicke
der Staaten wie der Individuen beeinflussen.
82. lÜ Ü§ Ling2-fing1 -Ko2-shen2, »der wunderbar erhörende Flussgott«, eine Gott
heit, über die ich nichts Näheres ermitteln konnte.
83. rpi{- Chung1 - tou3-hsing' -chün1, »der Fürst des mittleren Tou-Gestirns«, angeblich
dem Glücksgotte, h\ Fu2-hsing', entsprechend.
84. if§ ^ |i|j -Jr Lu3 Kung' Shu'-tshsien1 -shih1, »der alte Meister Kung1 Shu1-
ts\&3 aus dem Staate Lu«, der unter dem Namen: ^ Lu3 Pan1 bekannte Schutzpatron der Zimmer
leute, Schmiede, Töpfer und Steinmetze.
85. T‘aP-shang*-lao3-chünx = Lao3-ts\83.
86. T‘u3-kungx T‘u3-mu3, der Gott und die Göttin des Erdbodens. Es ist an
gewissen Tagen untersagt, »die Erde zu rühren«, kingA-Su3, d. h. den ersten Spatenstich zu
thun, um das Fundament zu einem Bau zu legen. Solche Tage sind im Kalender genau verzeichnet.
Sobald an einem der zulässigen Tage der erste Spatenstich gemacht worden ist, kann der beab
sichtigte Bau an jedem beliebigen Tage begonnen werden. An dem für den ersten Spatenstich
festgesetzten Tage wird an der dafür bestimmten Stelle ein auf Papier gemaltes oder gedrucktes
Bildnis des Götterpaares, ±iPK T‘u3-shen2-ma4, aufgestellt, worauf die Beteiligten demselben
unter dreimaligem Kotou Räucherkerzen darbringen. Dann wird das Bildnis mittels Räucherkerzen
in Brand gesteckt und an ebenderselben Stelle sofort der erste Spatenstich gethan. — Es giebt in
Peking ein unter dem Namen: mm Sharp -p‘ux-jing2 bekanntes staatliches Institut für die
Pflege des Ringkampfes, liao2 - chiao1, woselbst vor dem Beginn der Ringkämpfe, die im zweiten
Monate stattfinden, dem T\P-kung1 und der T\i3-mu3 ein sogenanntes »Erdopfer«, tP-chP,
dargebracht wird, auf dafs die im Kampfe Unterliegenden durch den Fall keinen Schaden leiden.
87. LI#©P Yüan2 - lin2 - shiP - shen2, der Gott der Garten- und Waldbäume, wird von
Gärtnern und Blumenhändlern verehrt.
88. sj ^ jjjfJj S^e1 - ming4 - chih1 - shen2, der über das Geschick der Menschen gebietende
Gott, nämlich der Gott des häuslichen Herdes, Tsao^-ivang2.
89- ±TcaP -yinx -hsing1 - chün1, der Gott des Planeten Mercur.
9°. Wen2-shu'-pu2-sax, Manjugri.
91- T‘aP-fang2 - hsing1 - chün1, der Gott des Planeten Mars.
92. Ts ai2-kung' Tsai2-mu3, der Reichtumsgott mit seiner Gemahlin.
6 2 Wilhelm Grube:
93. zu Hilf! Sari1-yao2-chihz-shen2, der Schutzpatron der Töpfer.
94- CKung2-wang2-chihz-shen2, der Heuschreckengott, der Heuschrecken und
andere schädliche Insekten äussendet, um die Acker der Bösen zu verheeren; wird von den Acker
bauern verehrt.
95* 3l Wu3-tao4-chihT -shen2, »der Gott der fünf Wege«, ein Wegegott. Vordem
Thore CKien2-men2 befindet sich ein ihm geweihter Tempel.
96. mäZWft CK eng2-Kuang2-chihx-shen2, »der Gott der Wälle und Gräben«, allgemeine
Bezeichnung für den Stadtgott, der sich zum J-yJjjl Tcu3-ti4 ähnlich verhält wie etwa der Chih1-
fu3 zum Chih1 -hsien4.
97- Hcou4-t'u3-h‘uang2-ti4, die Göttin der Erde (s. Nr. 44).
98. f ^ jfltjj )=f Jjvj* Men2-shen2 hu4-wei4, die Schutzgötter der Thore und Thüren,
Shen1 Shu1 und Yii4-lii4.
99- IS&4SA (gewöhnlich (Jß geschrieben) H‘u4-fa2 lVei2-t°o2, der die Lehre beschirmende
Wei2-t‘o2, Veda, der Schutzpatron des Buddhismus.
100. ;J|p ^ ^ Shih4 - chia4 -wen2 - fo2, Qäkyamuni (s. Nr. 2).
Der 19. des ersten Monats ist zugleich auch der Tag, an dem sich die Götter versammeln,
^ jjllj3 1U| ilf) H ui4-shen2-hsieri -chieh2. Dieser Tag wird im [ -J Po2-yün2-kuan4, einem grofsen
taoistischen Tempel in der Nähe der Chinesenstadt, durch ein Tempelfest gefeiert wird, zu dem sich
daselbst eine vieltausendköpfige Menge einzufinden pflegt. In der Nacht vom 19. zum 20. erscheint in der
Regel einer der acht Genien im Tempel, und der letztere bleibt aus diesem Grunde die ganze Nacht
geöffnet. Im Jih4 - hsia4 - chiu4 - wen2 - k‘aö3 heifst es darüber: »Am 19. des ersten Monats strömen die
Bewohner der Residenz im Po2-yiin2-kuan4 zusammen, wo sie sich vergnügen und scharenweise
umherwandeln; desgleichen findet dort Wettrennen und ein pu2-po4 genanntes Spiel statt. Das Fest
heifst: j/b "fff) Yen1 - chiu3 - chieh2 »das neunte Fest von Yen1 (Peking)« (?) oder Yen1 - chiu1
oder ^ Jr[) Yen4-cKiuz. Der Überlieferung gemäfs mufs an diesem Tage einer der Unsterblichen
entweder in Gestalt eines Mandarins oder einer Jungfrau oder eines Bettlers erscheinen. Die Tao
priester sitzen dicht beisammen unter den Fichten, in der Hoffnung, ihm zu begegnen»1). Was unter
p'u2-po4 zu verstehen ist, bleibt zweifelhaft; p‘u2-chieh2 'jfffÜfj bedeutet nach Giles (Dict. 9502):
»a rush festival, when wine is drunk with pieces of rush floating in it, to ward off infection disease«,
doch scheint sich das auf den 5. Tag des fünften Monats zu beziehen. Nach Palladius bedeutet
pcu2-po4 »eine Art Spiel«. Ich selbst habe das Tempelfest im Po2-yün2-kuan4 besucht und dort nur
das Spiel, das unter dem Namen: ta3-chin1 -chien2-yeri3, »das Auge der Goldmünze
treffen«, bekannt ist, gesehen. In einem der Tempelhöfe befinden sich zwei kreisförmige gemauerte
Vertiefungen, die von Geländern umgeben sind und ähnlich aussehen wie unsere Bärenzwinger. In
jeder derselben ist in einer Nische ein grofser, mit einem viereckigen Loche versehener Cash aus
mit Goldpapier beklebter Pappe aufgehängt. Das Spiel besteht nun darin, dafs man mit wirklichen
Kupfermünzen auf das Loch zielt. Wer es trifft, erlangt Glück und langes Leben,
to1 -fu2- to1 -shou4. Das Geld wandert natürlich in die Tempelkasse.
»Am 25. Tage des ersten Monats kauft man auf dem Markte Rinder-, Hammel- und Schweine
fleisch ein und ifst davon nach Herzenslust. Den ganzen Tag finden sich Gäste ein, die zum Ver
weilen genötigt werden und nicht eher fortgehen dürfen, als bis sie sich den Bauch vollgeschlagen
haben. Man nennt das: »t‘ien2 - tsangx, den Speicher füllen«2).«
fil) iS 0S- fil> # ff & 0 Ä Aift * A it MP S& it± AiS ffc n Hk m m±~t
it 1-'-CXLvn' P "“. Citat
^ L c. CXLVII, p. II Citat aus if: gjj-
Zur Pekinger Volkskunde. 63
Heutzutage streut man im Hofe Ringe aus Asche und füllt sie mit Mais, Sorghum und
sonstigen Getreidearten, die man als Futter für die Vögel liegen läfst; dazu werden fire-crackers
abgebrannt.
»Am 1. Tage des zweiten Monats ist das Fest: Chung-I -h\io2- chieh2, »das Fest
des zweiten Monats« (chung1-Kuo2 ist eine der Bezeichnungen des zweiten Monats)1).«
»Die Einwohner der Residenz nennen den 2. Tag des zweiten Monats: lung2-t ai2-t ou2, »(den
Tag, an dem) der Drache sein Haupt emporhebt«. Die Dorfbewohner pflegen in schlangenartigen
Windungen von aufserhalb der Hausthür Asche zu streuen und so in den Küchenraum und um den
Wasserkübel herum zu gehen. Sie nennen das: »den Drachen sich winden lassen«2).«
»Der 2. Tag des zweiten Monats heifst der Tag, an dem der Drache sein Haupt empor
hebt. Man brät die vom Neujahrsopfer übriggebliebenen Kuchen und räuchert damit Betten und
K'ang. Das nennen die Leute: »Die Insekten ausräuchern« und meinen, dafs, indem sie den Drachen
citieren, die Insekten nicht hervorkommen werden. In Yen1 (d. h. in Peking) giebt es wenig Tausend-
füfse, aber um so mehr Skorpione, und diese sind doppelt so giftig; es giebt dort wenig Moskitos,
aber um so mehr Fliegen, und diese sind doppelt so lästig; auch sind dort Wanzen doppelt so
stark vertreten wie Flöhe, Läuse u. dergl., und am schlimmsten sind sie in den Thürfugen. Obwohl
man sie im voraus ausräuchert, hat man sie in Wahrheit dadurch doch noch nicht austreiben können3).«
»Am 2. Tage des zweiten Monats unternimmt man von der Süd- und Nordstadt aus Ausflüge
nach dem Berge Lu2 - shib - shan1 (?), just wie am Feste Yen1 - chiu3 - chieh2 (dem 19. des ersten Monats)4).«
»Im zweiten Monate bringen die Einwohner der Residenz ohne Unterschied des Ranges und
Geschlechts im Tempel des Pi4-hsia2-yiicin2-chün1 im Bezirk ChoI-chouI Räucherwerk dar. Man fertigt
Göttersänften in Gestalt von Häuschen an, an deren Frontseite Aufschriften in goldenen Lettern an
gebracht werden und in denen Götterbildnisse thronen. Seidene gestickte Fahnen, Vasen und Räuchei-
gefäfse werden vorangetragen. Während der Zug von der Brücke Kao1 - hang2 - ch iao2 den Rück
weg antritt, führen Gaukler aller Art Luftsprünge aus oder tanzen auf dem Brückengeländer, andere
reiten paarweise zu Pferde um die Wette, wobei sie im vollen Laufe ihre Pferde wechseln, und
wieder andere schiefsen mit ihren Armbrüsten Kugeln in so rascher Aufeinanderfolge ab, dafs diese
in der Luft zusammenprallen und aneinander zerschellen5).«
Der 3. des zweiten Monats ist der Geburtstag des Erb-lang2, Erb-lang2-
sheng4-tan4 (s. über diesen das Götterverzeichnis, Nr. 31).
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6 4 Wilhelm Grube:
»Am 8. des zweiten Monats ist das Geburtsfest des Kronprinzen Siddhärta (d. h. Buddhas),
und es wird ein aus Holz geschnitztes Bildnis desselben mit Standarten und unter allerhand Spielen
in fröhlichem Aufzuge durch die Stadt getragen1).«
Der 19. des zweiten Monats gilt als Geburtsfest des Kuan-yin, J§§'|=f^ ^ IE jf&£ Kuan1-
pin1-pcu2-saI-sheng4-tan4. Viele Frauen suchen die Tempel der Göttin auf, die an diesem Tage
sämtlich geöffnet sind, und bringen dort Weihrauch dar.
Am 3. des dritten Monats wird das Geburtsfest der Hsix-JVang2-miii, ^1^^^ P‘an2-fao2-
Kui4 genannt, gefeiert. Die Hauptfeier findet in dem unweit des Thores Tiing1 -pien4 - men2 in der
Chinesenstadt gelegenen Tempel P‘an2-fao2-kungI statt, der vom I. bis zum 3. geöffnet ist. In
der Haupthalle desselben befindet sich eine künstliche Grotte, in der zahllose Götterfiguren auf
gestellt sind, eine Darstellung der Götter des taoistischen Pantheons, die der Hsi1 -ivang2-mu3 ihre
Huldigung darbringen. Dieses Fest ist zugleich eine Art Volksfest. Am Mauergraben, in der Nähe
des Tempels, bieten Verkäufer von Spielzeug und Naschwerk ihre Waren feil, Gaukler führen Kunst
stücke auf u. dergl. m. Früher fanden an diesem dage vor dem Tempel auch Wettiennen statt, die
jedoch schon seit längerer Zeit abgeschafft sind.
»Am 28. Tage des dritten Monats findet in Yen'-ching1 (Peking) eine Opferceremonie im
Tempel Yüeh2-miao4 statt, beider sich grofse Volksmassen zu einer Prozession zusammenfinden. Einer
steht an der Spitze und leitet dieselbe. Nachdem sich Musikanten, Standartenträger, gepanzerte
Rosse und die Masse der Teilnehmer zu einem glänzenden Zuge geordnet haben, wird der Gott
abgeholt, und die Prozession setzt sich in Bewegung. Manche von den Männern und Frauen gehen
unter Kniebeugungen. Die Ceremonie heifst: pai4-hsiangJ, »sich unter Darbringung von
Weihrauch verneigen«2).«
Wie die lebenden Menschen ihre »drei Feste«, — san1 -chieh2, par excellence haben,
nämlich das Neujahrsfest, den 5. Tag des fünften Monats und das Mondfest am 15. des achten Monats,
so haben auch die abgeschiedenen Seelen ihre drei Jahresfeste, und zwar sind dies: das CJiing'-ming2-
Fest, der Allerseelentag am 15. des siebenten Monats und der 1. des zehnten Monats, an dem ihnen
warme Kleider dargebracht werden. Das '/|g dl ing1 - ming2 findet gewöhnlich im dritten Monate
statt, obwohl der Tag, an dem es gefeiert wird, variiert. Es ist dies ein richtiges Volksfest, an dem
sich grofs und klein beteiligt. Bereits drei Tage vor dem Feste wird frische Erde auf die Gräber
geschüttet; man nennt das: fien2-fen2, »das Grab nachfüllen«. Am Festtage selbst zieht
alles hinaus, um die Gräber der verstorbenen Angehörigen zu besuchen, daselbst Opferpapier zu
verbrennen und den abgeschiedenen Seelen Opfergaben darzubringen. Hierbei ist zu bemerken, dafs
diese letzteren stets in gerader Zahl dargebracht werden müssen, während bei Opfergaben, die für
Götter bestimmt sind, die ungerade Zahl beobachtet wird, weil die Götter dem männlichen Prinzip,
Yang2, die abgeschiedenen Seelen hingegen dem weiblichen Prinzip, Yin1, unterworfen sind und jenem
die ungeraden, diesem die geraden Zahlen entsprechen. Die Frauen stecken sich an diesem Tage
Weidenkätzchen, liu2-kourh3 (»Weidenhündchen«), ins Haar, denn das Sprichwort sagt:
»Wer am Chingx~ming2-Tage keine Weidenzweige mit sich führt, wird nach seinem Tode als ein
gelber Hund wiedergeboren«, jg ^ ^ •
Zur Pekinger Volkskunde. 65
Am CKing1 -ming2-Feste ist der Tempel des Stadtgottes, Ch eng2-h uang2-nuao4,
geöffnet und sehr "besucht, da sich in seiner Nähe der Begräbnisplate der öffentlichen Dirnen be
findet, die sich an diesem Tage in Scharen dorthin begeben.
»An den Festen CKing1 -ming2 und H‘an2-shih2 ist der Palast besonders reich geschmückt.
Es werden Schaukeln mit bunten Schnüren errichtet. Die am Schaukeln Beteiligten legen ein
besonderes Gewand an, das in einer golddurchwirkten Jacke und einem mit Riechtäschchen versehenen
Gürtel besteht. Die Schaukelnden stehen einander paarweise gegenüber. Bei dem Festmahle giebt
es kostbare Leckerbissen, so dafs es die sonstigen Festmahle übertrifft. Die vornehmen Häuser
stehen in ihren Festveranstaltungen nicht hinter dem Palaste zurück. In den Häusern der hohen
Palastbeamten, der Eunuchen und der Vornehmen wird es als eine Abwehr böser Geister und zu
gleich als Zeitvertreib betrachtet. Übrigens wird das Fest in jedem Hause nach Mafsgabe der Ver
mögensverhältnisse begangen1).«
»Zum Cliing1 - ming2 - Feste werden in allen Palästen Schaukeln errichtet2).«
Vom 15. bis zum 28. des dritten Monats bleibt der Tempel des östlichen heiligen Berges,
jftäfcjll Tung1-/lieh4-miao4, geöffnet. Das eigentliche Tempelfest findet am 15. statt. Drei religiöse
Vereine sind an demselben besonders beteiligt: der Verein der Abstäuber, }g g| # tan*-cKen2-
Jiui4, der Verein der Darbringer von Blumen, hsien4-h na1 -h in4, und der Lampenverein,
Kai*-teng1-Kui4. Der erste dieser Vereine läfst am I. und 15. jedes Monats die Götter
figuren im Tempel auf seine Kosten abstäuben. Im vorliegenden Falle geschieht das bereits am
14. Tage. Der Hsien4-Kua1 -Kui4 besteht aus Verkäufern künstlicher Blumen und errichtet zum
Feste vor dem Bildnisse des Tung1-füeb-fien1-cKi1 einen Thorbogen aus künst
lichen Blumen. Der Lampenverein endlich stiftet eine sogenannte KaK-teng1, d. h. eine Öllampe,
in der der Docht mitten auf dem Öle schwimmt, und deren Flamme nicht ausgeloscht werden darf.
Vom 1. bis zum 18. des vierten Monats finden die sehr zahlreich besuchten Wallfahrten auf
den grjjj Miao4-feng1 -shan1 statt. Das Ziel derselben ist ein den Göttinnen: T'ien1 -hsien1-
niang2-niang2, Ts^*-sun1-niang2-niang2 und Yen* - kuang1 - mang2 - mang2 geweihtes Heiligtum auf
auf dem Miao2-feng1 - shan1, einem Gipfel des unter dem Namen: jJf tJ-I Hsi1 - shan1, »Westliche
Bero-e« bekannten Höhenzuges im Westen von Peking. An diesen Wallfahrten beteiligen sich ver
schiedene religiöse und wohlthätige Vereine, wie die vorhin erwähnten Vereine: tan*-cKen2-Kui4,
hsien4-K ua1 - Kui4 und liai*-teng'-Kui4, ferner ein Verein, der in den unterwegs errichteten Her
bergen und Theehäusern, cKa2-peng2, Gebetsmatten verteilt, pcu4-hsi2-hui4, em
solcher, der den Pilgern auf den einzelnen Stationen unentgeltlich ihr Schuhzeug flicken lafst,
# feng2-chan4-Kui4, u. ä. m. Eine besonders hervorragende Rolle spielen jedoch die im nächsten
Kapffel beschriebenen Gauklervereine. Diese aus Liebhabern bestehenden Vereine beteiligen sich so
zahlreich an dieser Wallfahrt, weil sie hoffen, unterwegs im Sommerpalaste Wan4-sliou4-shan1 vor
der Kaiserin-Witwe Vorstellungen geben und dadurch zu »kaiserlichen Vereinen«, Iiuang2-
hui4, ernannt zu werden. Als solche führen sie gelbe Fahnen. Der Empfang der Gaukler im Sommer
palaste findet am 8., 9. und 10. Tage statt, und die betreffenden Vereine erhalten bei dieser Ge
legenheit aufser dem erwähnten Privilegium ansehnliche Geldgeschenke. Unter den verschiedenen
Kunststückmachern, die sich ebenfalls an dieser Wallfahrt beteiligen, sind besonders die sogenannten
chih2-shih4 zu erwähnen, d. h. Jongleure, die mit Thonkrügen, spielen sie
in die Höhe werfen, mit dem Kopfe wieder auffangen, von dem einen Arm über Brust o er acven
pp ft @ g M ® ^ ^ ^ — ' - - ,. ^
l.c.CXLVII, p. 13 G Citat aus
■> iSm 0 * p-'3'. eit«ausm
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
66 Wilhelm Grube :
auf den anderen rollen lassen u. dergl. m., ferner Athleten, die mit schwerenSteingewichten,
shih2-so3, spielen, und Jongleure, ta^-chih2 -shih\ die ein grofses, mit zwei Glocken ver
sehenes Banner, chimg1 -fern1, das an einer langen Stange befestigt ist, balancieren, es in die
Höhe werfen und mit der Stirn, mit der Nase oder mit den Zähnen wieder auffangen u. s. w. Alle diese
Gaukler und Liebhabervereine bringen in den verschiedenen Tempeln des MiaoA-feng1 - shan1 unter
obligatem Kotou Räucherkerzen dar. Das Kotou wird in diesem Falle tsarf-chia4 und die
Darbringung von Räucherkerzen hsienA-fo2 genannt. Ursprünglich wurden die Pilger und
Gaukler in den Theehäusern kostenfrei bewirtet, indem reiche Leute an der Spitze standen, die frei
willige Beiträge sammelten und das Fehlende aus eigenen Mitteln bestritten. Heutzutage pflegen
sich die Theehäuser in den Händen der sogenannten M>u2-lai*-ts\&, »Taugenichtse«, zu
befinden, unter welchem Ausdrucke Repräsentanten der Pekinger jeunesse doree zu verstehen sind,
die öffentliche Dirnen hinsenden und die Nachtquartiere in den Theehäusern für schweres Geld vermieten.
In der Nähe des Tempels Ta‘,-chüeh2-s\in den Westlichen Bergen befindet
sich ein dem Kriegsgotte geweihter Tempel, der malerisch am Bergesabhange liegt und einen herr
lichen Blick auf die Pekinger Ebene bietet. Vor Zeiten, als dieser Tempel ganz verfallen und ver
wahrlost war, liefs sich eine Frau Namens Wang2 in demselben nieder. Sie machte sich zur
Lebensaufgabe, den Tempel wieder in stand zu setzen, zu welchem Zwecke sie Almosen sammelte
und Laternen und Räucherkerzen an die Pilger feilbot, bis sie die erforderliche Summe zusammen
brachte, um den Tempel wiederherzustellen. Nachdem ihr das gelungen war, blieb sie im Tempel
wohnen und versorgte von nun an stets die Pilger mit Thee und Räucherkerzen. So verbreitete
sich allmählich ihr Ruf, und jeder suchte sie durch milde Gaben zu unterstützen. Nach ihrem Tode
wurde sie in der Nähe des Tempels begraben. Unter dem Namen: 115» Wang2 - nai3 - nai3,
»Grofsmutter Wang«, wird sie bis auf den heutigen Tag als Schutzpatronin der Pilger verehrt.
»Am i. Tage des vierten Monats sind die Tempelhallen geöffnet, in denen die Priester
weihen erteilt werden. Viele unter den Bewohnern der Residenz begeben sich nach den Westlichen
Bergen1).«
»Alte, noch aus jener Zeit stammende Leute aus der Hauptstadt berichten, dafs während
der Regierungsperiode Wan4-li4 (1573 —1620) im vierten Monate, wenn in den Westlichen Bergen
die Priesterweihen stattfanden, die Reihe goldgeschmückter Wagen, in denen festlich geputzte Mädchen
safsen, kein Ende nahm. Theezelte und Weinbuden standen in ununterbrochener Reihe am Wege.
Es kam sogar vor, dafs manche Leute öffentliche Dirnen mit sich in den Tempel führten. Ein
anonymer Verfasser geifselt dieses Treiben durch folgende Verse:
Buddha-Schreine auf dem Berge, oben, unten,
Hier Reisbrühe, Fische dort, in Körben feilgeboten:
Gilt der Predigt schwerlich, nach dem Halten der Gelübde —
Wie sollt’ überall man all’ den Kuan-yins huldigen!2)«
Am 8. Tage des vierten Monats, der als das Geburtsfest Buddhas gilt, werden die Buddha-Statuen
mit Wasser übergossen. An diesem Tage wird ein eigentümlicher Brauch beobachtet, der unter
dem Namen: jT she3 -yiian2 - tou4, »Verteilung von Verbrüderungserbsen«, bekannt ist und darin
besteht, dafs fromme Buddhisten auf den Strafsen gekochte Erbsen an die Vorübergehenden aus
teilen. Dieser Brauch hat die Bedeutung einer guten That, durch die symbolisch die Einigung und
Verbrüderung der Menschen untereinander bewirkt werden soll.
»Am 8. Tage (des vierten Monats) werden in allen Tempeln die Buddha-Statuen gebadet3).«
q 1. c. CXLVII, p. 13 <5, Citat aus itSI
^bE ■>
-m n fr & a ^ =&■—m T pf! f# m F Uj bs m m m ^ vt M
CXLVII, P-1^citat aus
3) fJl A 0 # Tp Wo i-c-CXLVII. p.13*. Citat aus ^ Ä JÜ HE •
Zur Pekinger Volkskunde. 67
»Priester und Laien der Residenz sagen die Namen der Buddhas her, indem sie deren Zahl
durch Erbsen markieren. Am 8. des vierten Monats, als dem Geburtstage Buddhas, kochen sie
Erbsen und bestreuen sie leicht mit Salz; sie laden die Menschen auf den Strafsen ein, davon zu
geniefsen, wodurch sie eine Verbrüderung herzustellen glauben1).«
»Früher wurde am 8. Tage des vierten Monats in den buddhistischen Klöstern ein schwarzer
Brei gegessen. Im Palaste wurden pu4 - lo4 - chia1 unter die Beamten verteilt. Dieser Ausdruck ist
vermutlich mongolischen Ursprungs. Im 14. Jahre der Regierung Chia1-ching1 (1535) wurden zum
erstenmal die Beamten im Palast mit Weizenkuchen bewirtet2).«
»Bei Hofe wurden alljährlich am 8. Tage des vierten Monats vor dem Palastthore pu4-lo4-
chia1 unter die Beamten verteilt. Der Censor Ts'ao2 Hhing2 sagt, dieselben seien eine Weizenmehl
speise gewesen, während der Arzt Chang1 Tien1 -min2 sie für die heutigen tsung4-ts\& hält3).«
»Nach einer volkstümlichen Überlieferung sollen sich am 8. des vierten Monats in dem an
der Brücke Kaox -liang2 - cliiao2 gelegenen Tempel Pi4 -hsia2-Jüan1 -chiin1 -miao4 zu Yen1 - ching1
(Peking) Götter einfinden. Die Frauen und Mädchen der ganzen Stadt begeben sich dorthin, um
männliche Nachkommenschaft zu erflehen. Am See Hstf-Ku2 (vielleicht ist der s mm K'uri1-
ming2-liu2 in Wan4-shou4-shan1 gemeint?) sowie auf dem Berge Yi^-diiiarf-shan1, im Tempel
Pi4-yiin2-s\e4 und in Hsiang1 - shan1 (einem in der Nähe dieses Tempels gelegenen kaiserlichen Jagd
park, in dem sich ein von CKien2-lung2 erbauter Palast befindet) drängen sich Scharen von Aus-
flüglern. Ferner giebt es dort in nächster Nähe einen Ort CKiu1 -p'o1: dort pflegen sich öffentliche
Dirnen zahlreich einzufinden. Im Volksmunde heifst das: »der Wettlauf nach Cliiu1 -ju'o1«4).«
»Am 8. Tage des vierten Monats werden Erbsen ausgeteilt (she3-tou’rh4); man nennt das:
chieK-piian2 (»eine Verbindung anknüpfen« oder »eine Verbrüderung schliefsen«). Dasselbe ge
schieht auch am 18. Tage. Zuvor werden die Erbsen in die Hand genommen und dabei die
Namen der Buddhas hergesagt, indem bei jeder Erbse ein Buddha-Name genannt wird. Manche
zählen die Erbsen so lange, bis ein Pikul voll ist. Am festgesetzten Tage werden die Erbsen ge
kocht und allenthalben unter die Leute verteilt. Der Empfänger spricht ebenfalls, so oft er eine
Erbse verschluckt, einen Buddha-Namen aus. Frauen, die sich etwa mit ihren Ehemännern oder
Schwiegermüttern nicht gut stehen, sowie auch Mägde und Konkubinen, die von ihrem Herrn
oder ihrer Herrin fortgejagt wurden, klagen sich selbst an, indem sie sagen, dafs sie in einem
früheren Dasein versäumt haben, Erbsen auszuteilen und infolgedessen zu keinem guten Verhältnis
zu ihren Mitmenschen gelangen können5).«
»Am 13. (des vierten Monats) werden die Tempel des Yao4-tvang2, des Gottes der Heilkunde,
aufgesucht. Um diese Zeit stehen die Blumen in voller Blüte, und Leute, die daraus Liebhaberei
Wk tä 1 '• CXLVI1- P' H«, Citat aus f |
Up] E I&l T ka Wl 0 1a Vi 4 fl ^ J l c- CXLVII, p. 14 b, Citat aus ^ft !t ® l'S ' Ich wüfste
übrigens nichts anzuführen, wodurch sich die Annahme, dafs der Ausdruck pu4 - lo4 - chia1 mongolischen Ursprungs sei, er
härten liefse.
«> m sm ¥ mn a b m w wr n & ä t m *w m * & s- * m ä hl
W Hl SÄ 35 K ZT 4* P. tifiEo Pc-CXLVII, p.141, Citat aus 'iSijf- Über die tsung'-ts^e3 s. unten,
miäfw m eejh a# ^
1.0. CXLVII, p.l4i, Citat aus 5® üjg # Bit
ä % lifc Z'fäa. Ä T ür A #
•ffl;^ 1. c. CXLVII, p. 15a, Citat aus
68 Wilhelm Grube:
machen, laden Gäste ein, mit denen sie sich in den aufserhalb des Po2-shih2-chuang1, des San'-fa-h o2
und der Brücke Kao1 - liang2- cKiao2 gelegenen Blumengärten der dem Kaiserhause verschwägerten
Familien ergehen1).« _____________
Der 14. des vierten Monats ist der Geburtstag des ^ LiP-tsu3, des Patriarchen Lü, der auch
unter dem Namen § Lw3 Tnng^-pin1 bekannt ist und zu den »acht Unsterblichen« gehört.
Die Taschenspieler und Vertreter der Magie verehren ihn als ihren Schutzpatron; als Schutzpatron
der Barbiere scheint er in Peking nicht bekannt zu sein, vielmehr wurde mir als solcher ein ge
wisser Lo2-tsu3 genannt, der einen Traktat unter dem Titel: ^Ching4-fa3-hsü1-
chih1, »Wissenswertes über die Haarpflege«, verfafst haben soll. In der Tatarenstadt befindet sich
ein grofser Tempel des LiP-tsifi, g |§. f|| Lü3 - tsu3 - ko2 genannt, dessen Priester nicht versäumen,
Einladungskarten zur Beteiligung an dem Feste an die Besucher des Tempels ergehen zu lassen.
Als Antwort auf solche Einladungskarten wird den Priestern in der Regel eine Summe Geldes,
sogenanntes ^i|r hsiang1-ts\P, »Räuchergeld«, übersandt, damit sie dafür im Namen des Gebers
dem Gotte Räucherkerzen darbringen. Es sind besonders Kranke oder Angehörige solcher, die die
Lü-tsu-Tempel aufsuchen, um sich dort wirksame Heilmittelrezepte zu holen. Dieser Brauch heifst:
cKin2 shetl2-fang1, »göttliche Rezepte erflehen«, und das dabei beobachtete Verfahren be
steht in Folgendem. In jedem dieser Tempel giebt es mit Bambusstäbchen gefüllte cylindiische
Behälter, §'j|j cKien1 -fung3, deren Stäbchen mit Nummern versehen sind. Wer nun den ärzt
lichen Beistand des Gottes erflehen will, bringt diesem zunächst Räucherkerzen dar und schüttelt
4|r cliiu2-shih*-cKien1 genannt, heraus-dann jenes Gefäfs so lange, bis eins der Stäbchen, >Jc ^
fällt. Die Nummer des Stäbchens bezieht sich auf eins der gedruckten Rezepte, die an der Wand
hängen. In gröfseren Tempeln giebt es deren in der Regel je hundert für Männer, Weiber und
Kinder. Der Priester händigt dann das der Nummer entsprechende Rezept dem Bittsteller ein, der
nun das betreffende Heilmittel in der Apotheke anfertigen läfst. Diese Art, das Los durch Stäbchen
zu befragen, heifst: * H dl iu2-cKien1, das Geld, das hinterdrein für solche Rezepte gezahlt wird:
SUSI Id-hsiang1 - cKien2, »Geld für das niedergelegte Räucherwerk«. Oft wird für den Fall
der Erhörung des Gebets um Genesung das Gelübde abgelegt, eine Wallfahrt nach dem betreffenden
Tempel zu unternehmen, bei der nach jedem zweiten Schritte Kotou gemacht wird.
Am 14. des vierten Monats wird auch das Geburtsfest des Feuergottes, H uo3-shen2,
gefeiert, der fast in jeder gröfseren Strafse einen Tempel hat. Die Tempel des Feuergottes werden
an diesem Tage besonders von Ladenbesitzern besucht.
»Vom 1. bis zum 18. Tage des vierten Monats strömt die ganze Stadt nach der Brücke
McP-chii1-dliao2 hinaus, wo Fahnenschmuck, Musik und ein grofses Gepränge ist. Ls ist das Ge
burtsfest des Pi4 - hsia2 -jpücin2 - chiln12).« Über diese taoistische Gottheit habe ich nichts Näheies er
mitteln können. (Nach Palladius ist pi4-hsia2 der Name für eine Art von Taoisten gebrauchter Pillen.)
Am 20. des vierten Monats wird das Geburtsfest der Göttin des Augenlichts, yt ^
Yen3-kuang1 -niang2-niang2, gefeiert, deren Tempel bei dieser Gelegenheit besonders von Frauen
stark besucht werden.
Der 5. Tag des fünften Monats3) tuan'-ivu3, im Volksmunde nm3-yüeh4-
chieh2, »das Fest des fünften Monats«, genannt, ist eins der Hauptfeste des Jahres, das im ganzen
lcCXLVI1’ P- I4a> Citat aus ||S& fjß *
2) 0 H ^+A H «.i1##ft^SIÄÄ-Ölo '•c-CXLVn'
p. 15a, Citat aus ^
3) Vergl. die eingehende Untersuchung über dieses Fest in J. J. M. de Groot, Les fetes annuellement celebrees a Emoui
(Amoy), Annales du Musee Guimet, Paris 1886, t. XI, p. 313 ff.
Zur Pekinger Volkskunde. 69
Lande gefeiert wird und an dem Schulen und Geschäfte geschlossen sind. Nach der landläufigen
Auffassung gilt dieses Fest dem Andenken des )g Jgf CKü1 Yiian2, der den Intriguen seines Rivalen
Chin4 Shang4 zum Opfer fiel und sich aus Verzweiflung darüber ertränkte. Indessen
dürfte de Groot1) wohl das Richtige treffen, wenn er das Fest auf den alten Naturkult zurück
führt und darin die Feier der Sommersonnenwende erblickt. Darauf deutet schon der Name tuan1-
jvu3 hin, der »beginnender Widerstand« bedeutet, womit der Widerstand des dunklen Prinzips Yin
gegen das Yang, das lichte Prinzip, mit anderen Worten: der Beginn der abnehmenden Tage ge
meint ist. Bereits im Kalender von ChingI-CKu3 (^lj ^ l|l tNf fiE) > ^er um ^as ^°° n'
verfafst ist, wird erwähnt, dafs der fünfte Monat im Volksmunde als »der böse Monat« bezeichnet
wurde dLnfmmny)’ offenbar, wie de Groot mit Recht annimmt, weil sich während der
Sommerhitze die bösartigen klimatischen Einflüsse in besonders unliebsamer Weise geltend machen.
Diese sowie die jCjzfc WU3-tu2, »die fünf giftigen Tiere«: Schlange, Skorpion, Tausendfufs, Kröte
und Eidechse, sind es denn auch, denen man am 5- Tage des fünften Monats durch allerhand Talis
mane und Zaubermittel, die als prophylaktische Mafsregeln angewandt werden, entgegenzuwirken
sucht3). Zu den letztgenannten gehört vor allem die Schwefelblüte, Jjgf hsiung2-h uang2. Um
Kinder vor den Bissen der genannten giftigen Tiere zu schützen, löfst man pulverisierte Schwefel
blüte in Wein auf, reibt ihnen mit dieser Flüssigkeit Nase und Ohren ein und malt ihnen mit der
selben das Zeichen wenig2, König, auf die Stirn, weil der Tiger angeblich viel Streifen an der
Stirn trägt, die der Gestalt dieses Zeichens entsprechen. Die mit solchem Zeichen versehenen
Kinder sollen mithin Tiger darstellen, vor denen sowohl jene giftigen Tiere als auch die bösen
Geister im allgemeinen bekanntlich die gröfste Angst haben. Auch Erwachsene pflegen an diesem
Tage Wein mit einem geringen Zusatz von Schwefelblüte zu geniefsen, um sich gegen böse Ein
flüsse aller Art zu schützen. Unter den verschiedenen, stets auf gelbes Papier gedruckten Bildern,
denen eine schützende Kraft zugeschrieben wird und die daher an diesem Tage als Talismane ver
wendet werden, sind folgende hervorzuheben:
1. das Bild des SJI'fik Chang1-hsien1, der mit seinem Bogen den Himmelshund tot schiefst.
Der Himmelshund, fiert-kou3, ist ein Stern im Sternbilde Argo, der bei Kindern epileptische
Anfälle hervorruft4 5). Chang1 -hsißn1 wird besonders in Familien, in denen mehrere Kindei dei Reihe
nach nicht am Leben geblieben waren, um seinen Schutz angefleht, und zwar werden ihm, um ihn
günstig zu stimmen, am 1. und 15. Tage jedes Monats Mehlkügelchen, die Schiefskugeln darstellen
sollen, als Opfergabe dargebracht. Wenn diese Kügelchen durch allmähliches Eintrocknen zusammen
schrumpfen, so gilt das als ein Zeichen, dafs der Gott sie zum Schiefsen verwendet hat. Die üblichen
tuk-tszC (antithetischen Verse), die zu beiden Seiten seines Bildes in senkrechten Zeilen angebracht
zu sein pflegen, lauten: »Mit deiner goldenen Arm
brust schiefse den Himmelshund fort, mit deinem kostbaren Bogen bringe uns Kinder und Enkel
herbei«; und die Aufschrift, gjgjj piert-e2, über dem Bilde lautet: % »Schütze unsere
Söhne und Enkel (Citat aus x, 14);
2. das Bild des Chang1-fiert-shih15), dessen Einflufs als Dämonenvertreiber gerade
an diesem Tage für besonders wirksam gilt. Er verfügt über ein Zaubermittel, das den Namen:
ii t JC Im. Kurt-yiian2-Ko2, »Chaosbüchse«, trägt. Dieselbe ist mit ‘/H 7U Äl Kurt -y Hart-chih4-
cKi\ dem ursprünglichen chaotischen Weltäther, gefüllt, aus dem alle Dinge hervorgegangen sind und
dem kein dämonisches Wesen widerstehen kann. Die Schilderung der Wunderthaten des Chang1-
fiert-shih1 bildet den Inhalt der phantastischen Erzählung Wrt-tu2-chuan4, »die Ge
schichte von den fünf giftigen Tieren«;
3. auf gelbes Papier gemalte Flaschenkürbisse. Der Kalebasse wird im chinesischen
Volksglauben eine ähnliche Wirkungskraft zugeschrieben wie dem eben erwähnten Zaubermittel
des Chang1 - f ien1 - shili1. So z. B. ist im Chi4 - kling1 - chuan4, der phantastischen Lebens-
p de Groot, 1. c. p. 206 und 316.
2) Ibid. p. 11 und 320. _
3) Ibid. p. 324 ff. und 133. — Vergl. auch meine Pekinger Totenbräuche, Journ. of the Peking Oriental Soc. vol. , P-
4) IIajiJiay3,iH, ÜHtaficKO-pyccKiH cuonapi» p. 101.
5) Über diesen s. de Groot, 1. c. p. 73 ff-
7° Wilhelm Grube:
beschreibung des j|j Tao4-chi4, der die Inkarnation eines Lohan war, von der Zauberkalebasse
cKien* 2-kcunl-ta4-Kn2-lu2 »grofse Kalebasse der männlichen und weiblichen Kraft«)
des Lao3-hsien1 -weng1 die Rede. Sobald dieser seinen Flaschenkürbis öffnete, drang ein
weifser Hauch aus ihm hervor, durch den jedes dämonische Wesen eingefangen und im Nu ver
nichtet wurde. Die Apotheker pflegen ihre Medikamente in Flaschenkürbissen oder kalebassen
förmigen Gefäfsen aufzubewahren, eine Sitte, die wohl gleichfalls auf den Glauben an die dem Flaschen
kürbisse innewohnende Heilkraft zurückzuführen sein mag. Auch entspricht der Flaschenkürbis in
China unserem Füllhorn1);
4. das Bild der fünf Donnergötter und ihrer vier Feldherren, SW Killt mi3-lei2 s^ö4-
shuai4. Wenn ein Baum vom Blitz getroffen wurde, so ist das ein Zeichen, dafs er von einem der
fünf giftigen Tiere bewohnt war und daher vom Donnergott vernichtet worden ist;
5. bildliche Vorstellungen der fünf giftigen Tiere;
6. Papiere, die mit mystischen Zeichen bedruckt oder beschrieben sind, shen2-fu2,
und an das Hausthor geklebt werden. Auch wird vielfach ein aus rotem Papier ausgeschnittener
Flaschenkürbis mit darauf geklebten Figuren der fünf giftigen Tiere auf weifses Papier geklebt und
dieses unter dem shen2-fu2 ans Thor geheftet.
An den Thürpfosten wird Schilf, p‘u2-ts\&3 und Artemisia, ai4-tsi83, aufge
hängt, ebenfalls um bösen Geistern den Zutritt zu wehren. Kleine Mädchen tragen Papierblumen
mit daran befestigten Figürchen der fünf giftigen Tiere, ivu3-tu2-Kua’rhI genannt, im
Haare. Kindern werden fünffarbige Schnüre g^'^$j^n’U3-shai3-hsien4 als Amulet am Zopf oder
am Gewände befestigt. Möglicherweise mag die Zauberkraft dieser Schnüre in der Analogie zwischen
den fünf Farben und den fünf Elementen ihre Erklärung finden. In Amoy binden die Mütter ihren
Kindern bunte Fäden um das Handgelenk, denen sie eine das Leben verlängernde und das Ge
dächtnis stärkende Kraft zuschreiben2), ein Aberglaube, der in Peking unbekannt zu sein scheint.
Als Opfergaben fungieren an diesem Tage erstens drei Schüsseln mit Kirschen |J|L;]vJ|\yingx-
fao2, sowie schwarzen und weifsen Maulbeeren, sang1 -jen4, und zweitens die sogenannte
öp* tsung4-ts\83 (in der Schriftsprache ^ ^ chiieh2-shu3 genannt)3). Diese letzteren sind Reis
kuchen, in denen sich Jujuben und kandierte Früchte befinden. Sie werden in Düten von Schilf
blättern gethan und darin gekocht; dadurch erhalten sie die Form kleiner dreieckiger Pyramiden.
Um die Mittagszeit werden alle shen2-fn2 abgenommen und auf die Strafse geworfen, desgleichen
auch die von den Kindern getragenen bunten Schnüre und Papierblumen. Dieser Brauch heifst:
jeng1 -tsai1, »das Unheil beiseite schleudern«. Danach bemächtigen sich die Kinder der als
Opfergaben dargebrachten Leckerbissen.
»Am 5. Tage des fünften Monats sammelte man um die Mittagsstunde Artemisia, pflückte
die Blätter ab und legte sie, mit Watte vermischt, in die Kleider. Die Herrscher der Liao-Dynastie
zogen sieben solcher Gewänder an, und jedem von den fremden (also wohl Liao im Gegensatz zu
den Chinesen) und chinesischen Würdenträgern wurden drei Artemisiakleider (ai4-i1) verliehen. Die
Köche von P‘o4-hcai3 (dem Küstengelände von Chi-nan-fu bis T'ien-chin) brachten (dem Kaiser)
Artemisiakuchen (aP-kao1) dar4).«
»Der Tag der Sommersonnenwende hiefs: cKao2-chieh2 »das Audienzfest«(?). An diesem
Tage brachten die Frauen (dem Kaiser) bunte Fächer dar und beschenkten sich gegenseitig mit
Riechtäschchen5).«
»Unter den Chin wurden am 5. des fünften Monats nach dem Vorbilde der Liao auf dem
Ballspielplatze Weidenzweige in zwei Reihen aufgepflanzt. Jeder der am Wettschiefsen Beteiligten
markierte in der seinem Range entsprechenden Reihenfolge seinen Zweig durch ein Tuch und schabte
Li. c. p. 88 und 328 ff.
2) de Groot, 1. c. p. 133.
3) Vergl. über Ursprung und Bedeutung derselben de Groot, 1. c. p. 353 ft.
15:2c H * i/j« » T äi 1. c. CXLVII, p. 15 b, Citat aus
5) M
i|iit •
o 1. c. CXLVII, p. 15 b, Citat aus
Zur Pekinger Volkskunde. 71
an jenem zugleich einige Zoll von dem Erdboden entfernt die Rinde ab, so dafs das Weifse zum
Vorschein kam. Zuerst sprengte dann ein Mann an der Spitze voraus, und die hinter ihm folgenden
Reiter zielten mit querspitzigen Pfeilen ohne Federn (es sind offenbar sichelförmige Pfeilspitzen ge
meint, die nicht zum Durchbohren, sondern zum Durchschneiden bestimmt sind) auf seinen Weiden
zweig. Wem es gelang, diesen mit seinem Pfeile zu durchschneiden und mitten im Galoppieren
mit der Hand zu packen und an sich zu. nehmen, galt als erster Sieger. Wer den Zweig zwar
durchschnitten, aber nicht vermocht hatte, sich seiner zu bemächtigen, war zweiter Sieger. Wer
den Zweig da, wo er grün ist (also nicht an der Stelle, wo die Rinde abgeschabt war), durchschnitten
oder den Zweig nur getroffen hatte ohne ihn zu durchschneiden; desgleichen auch wer ihn
.überhaupt nicht getroffen hatte, hatte verloren. Jeder Schütze wurde durch einen Trommel
wirbel unterstützt, der seine Leidenschaft entfachen sollte. Sobald das Wettschiefsen beendet war,
begann das Ballspiel. Jeder der Teilnehmer bestieg ein Pferd, mit dem er wohlvertraut war, und
hielt einen mehrere Fufs langen Ballstock mit einer sichelförmig gekrümmten Spitze in der Hand.
Nachdem sich sämtliche Mitspielende in zwei Gruppen geordnet hatten, schlugen sie einen Ball
gemeinsam um die Wette. Vorher waren am Südende des Spielplatzes zwei Pfähle errichtet
worden, die oben durch ein Brett verbunden waren, so dafs die so entstandene Öffnung ein Thor
bildete. In diesem letzteren wurde ein Sacknetz angebracht. Wer den Ball an sich zu bringen und
ins Netz zu schleudern vermochte, war Sieger. Der Ball war von der Form einer kleinen Faust,
aus leichtem elastischem Holz, innen ausgehöhlt und (von aufsen) rot bemalt1).«
»Vom i. Tage des fünften Monats bis zum Schlüsse der ersten Dekade gehen die Mädchen
in festlicher Tracht und tragen Blumen im Haar. Vor dem 5. Tage darf im Volke kein Handel
mit Su'-chou1 - Matten getrieben werden. Am Feste tuanx-ivu3 beschenkt man sich gegenseitig mit
chiteh2-shu3 (s. oben) und Mandeln und unternimmt Ausflüge nach der Brücke Kaox-liang2-cJiiao2
oder nach dem Himmelsaltar, wobei man sich mit Wein versieht; Das Wettschiefsen, das am
Himmelsaltare stattfindet, ist ein Überrest des Schiefsens nach den Weidenzweigen. Wenn die
Dämmerung eintritt, drängt sich alles um die Wette durch die Thore (um noch vor Thoresschluss
in die Stadt hineinzugelangen). Taugenichtse und junge Leute pflegen sich an diesem Tage die
Arme mit Schriftzeichen und Darstellungen von Bäumen, Felsen, Vögeln und Vierfüfslern zu
tätowieren. Wenn an diesem Tage jemand ein Sohn geboren wird, so bringt man einen,Baum
oder den Ast eines Dornbusches in der Ahnenhalle als Opfergabe dar; man fällt Bäume von einer
Höhe von fünf bis sechs Fufs. Man spricht dabei folgendes Gebet: »Möge es mit dieser Länge sein
Bewenden haben und er nicht so in die Höhe schiefsen, dafs er nicht zur Thür hinein kann«2).«
»Das Ballspiel ist heutzutage ein von alters her überlieferter Brauch. Am 5. Tage des
fünften Monats und am 9. Tage des neunten Monats versammeln der Kronprinz und die übrigen
Prinzen diejenigen unter den Anführern von Zehntausend und von Tausend aus allen Yamens inner
halb des Thores Hsf-liua'-men2 um sich, die im Ballspiel geübt sind. Sie bedienen sich durch
weg prächtiger Rosse erster Güte, die mit Fasanenfedern, Quasten und Schnüren, Spiegeln und
Schellen geschmückt sind und aussehen wie gemalt. Einer sprengt voraus und schleudert einen
T Mb 15 iS T tH Ä i£iJn ö e: % ft—K ».1 tu S Ä £1 J§ VX M ü fr Sf Z
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l-c-CXI-™, p.15*-!«». Citat aus ^ jfe jjSjjfe.
*> 3l M M B M Hj iP A ßi iE ® M # ü Bl s. B flu R W T ff * B JH £ f
I-<= CXLVI1' p-‘6' Citataus
72 Wilhelm Grube:
grofsen weichen Ball aus zusammengenähten Lederstücken auf die Erde. Alle übrigen Reiter stürmen
hinter ihm drein, und jeder sucht mit dem Ballstock, der mit einem langen Rohr als Handhabe
versehen ist, den Ball aufzufangen. Sobald der Ball zufällig mit dem Stocke aufgefangen ist, darf
er, während das Pferd mit Blitzesschnelle dahinfliegt, nicht ein einziges Mal zu Boden fallen. Wer
Kraft und Übung besitzt, läfst den Ball sich kreisen und in der Luft umherhüpfen, ohne dafs dieser
sich auch nur ein einziges Mal von dem Stocke trennte. Schliefslich schleudert er ihn mit einem
Schlage ins Thor hinein und hat damit den Sieg errungen1).«
»In der Residenz wird das Fest wu3-chieh2 sehr hochgehalten. Am Himmelsaltar ist ein
Gedränge von Spaziergängern und Reitern auf schön gezäumten Rossen. Aufserhalb des Thores
H‘ao2-men2 und des 7a4-/ad(?) sind es Eunuchen, die sich am Wettschiefsen zu Pferde vergnügen:
es sind nämlich durchweg solche, die einen Bade-Urlaub erhalten haben und sich auswärts befinden.
Im Palaste, aufserhalb des lung2-choux (der kaiserlichen Yacht?) findet ein Weidenschiefsen statt: Es
ist dies ein alter Brauch, der unter dem Namen: tsou'i-p‘iaoA-clii2, »Kavalleriereiten«, bekannt und
eine von den Chin und Yüan überkommene Sitte ist. Die tapfersten unter den Aufsehern des
kaiserlichen Marstalles werden zu einem Reitmanöver befohlen. Sie reiten nur einmal vor dem
Kaiser vorüber, und wer die übrigen an Geschwindigkeit übertrifft, ist Sieger. Nur die Vorsteher
des kaiserlichen Kabinetts und der Ministerien, der Ausleger der klassischen Bücher, der kaiserliche
Privatsekretär und die Mitglieder des H'anMin2 (ts\&-ch* en2 fasse ich als »Mitglied des tsz‘e2-lin2«,
d. h. des h‘an4-lin2 auf) erhalten Fächer aus Sze4-ch‘uanT, Räucherwerk und Obst zum Geschenk.
Keins der anderen grofsen Feste ist so hervorragend wie dieses2).«
»Am 5. Tage des fünften Monats wird den Civil- und Militärbeamten gestattet, im hinteren
Palastpark ein Reitmanöver zu veranstalten, das in der Weise ausgeführt wird, dafs ein Mann mit
einer Fahne in der Hand als Anführer vorausreitet, während ein anderer Reiter auf seinem Pferde
allerhand Kunststücke vollführt: bald auf dem Pferde, bald unter demselben, bald rechts, bald links
herabhängend, aufs Pferd und dann wieder vom Pferde herab springend, zeigt er seine Gewandtheit
im Reiten. Nachdem einige hundert Reiter gezeigt, wie Mann und Pferd sich aneinander gewöhnt
haben, legen die Reiter fan2-fu2 genannte Gewänder3) an und führen mit Jagdfalken und Hunden im
ganzen Bereiche der Arena Jagdscenen auf. Der volkstümliche Name für dieses Schauspiel ist: tsoifi-
chieh3. Zum Schlüsse werden die Teilnehmer mit einem Festmahl bewirtet und kehren dann heim4).«
»Während der Regierung YungMo4 (1403—1425) fand in der verbotenen Stadt das Spiel, des
Weidenschneidens, chien1 -liu2, statt, das mit dem Weidenschiefsen, sheA-liu2, identisch ist5).«
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Citat aus
3) Es ist nicht klar, was unter Hpfjc Jjjjj, zu verstehen ist. Vielleicht bedeutet es »rote Gewänder«, da bisweilen
in der Bedeutung »rot« vorkommt; möglicherweise ist es aber auch ein Lapsus calami für in welchem Falle fan1 - fu2 »fremd
ländische Tracht« (also vielleicht die Tracht der Liao oder Chin) bedeuten würde.
«) AÜÄft« — A
li, ft tii S SM ® ± ± A F A ifiliSi A J§ # 1# Sn llt F Sc e ft#
Citat aus *jjl| •
s) l-c-CXLVH, p.lS«, Citat aus jljjlpMg.
Zur Pekinger Volkskunde. 73
»Zum Feste tuan'-mi3 werden den Beamten der Residenz aus dem kaiserlichen Palaste
Fächer verliehen, die aus mit Papier bespannten Bambusstäbchen bestehen und mit Vögeln bemalt
sind. Aus den Enden bunter Fäden einfacher Bänder werden Tigerfiguren hergestellt (gemeint sind
also wohl Tigerfiguren aus Chenille). Es werden reichlich klafterhohe bunte Stangen errichtet und
mit fünffarbigen Fäden umwunden, an denen Tigerfiguren aus Artemisia befestigt sind; auch werden
Papierbogen, die reichlich einen Quadratfufs grofs sind, mit Tigern und allerhand giftigen Insekten
bemalt *).«
»Zum Feste tuan1 -n>u3 schaffen sich in der Residenz alle ohne Unterschied des Ranges
neue aus Schilf geflochtene Schuhe an, die sie das Fest über tragen. Das ist ein Brauch, der
Jahr für Jahr beobachtet wird2).«
»Es herrschte in alten Zeiten der Brauch, dafs sich die Beamten der Medizinalbehörde mit
Bannern, Pauken und Trompeten zum Nein2-liai3-ts^83 hinausbegaben, um dort Kröten einzufangen.
Sie gewannen den Krötensaft durch Lanzettenstiche über beide Augen, wobei die Kröten meist
ums Leben kamen. Der aus meinem Dorfe gebürtige Chu1 Kung'-ju2, der bei jener Behörde einen
untergeordneten Posten bekleidet, machte den Stich nur über ein Auge. Auf diese Weise bleiben
die Kröten unbeschadet des Stiches am Leben. Seitdem ist sein Verfahren befolgt worden3).«
»Am 5. Tage des fünften Monats wird Acorus calamus in den Wein gelegt, Artemisia wird
an die Thüren gesteckt, und Ohren und Nase werden mit Schwefelblüte eingerieben. Man sagt,
dafs solches die giftigen Insekten fern hält. An den Häusern werden Amulette der Donnertrommeln
(Darstellungen des Donnergottes mit seinen fünf Trommeln) aufgehängt, allerhand kleine Papier
amulette werden ins Haar gesteckt und umgebunden. Die Haarnadeln sind mit Figuren, die die fünf
giftigen Tiere oder die wu3-jui4 darstellen, oder auch mit Blumen und Kräutern versehen; auch bindet
man sich bunte Schnüre um den Hals, an denen Gehänge aus Gold oder Zinn in Gestalt von
Münzen und Schlössern befestigt sind; dieselben heifsen: tuan1 -WU3-S03, »Tuan-wu-Schnüre«4).«
»Das »Lustwandeln im Grünen«, fa4-cJiingT, ist ein alter Brauch, der sich auf das Ching1-
ming2 - Fest bezieht. Nur in der Hauptstadt von Yen1 zogen die Leute am 5. Tage des fünften
Monats gruppenweise zu grofsen Scharen, Weinvorräte mit sich führend zu dem Himmelsaltare,
nach dem Fichtenwäldchen, an die Brücke Kao1 - liang2 - ch iao2, nach dem Weidenwäldchen, nach
Man3- ching3 und T‘eng2-yin1 hinaus. Heutzutage versammeln sich alle am Goldfischteich, während
die übrigen Plätze still und verlassen sind5).«
»Am Feste Tuan1 -yang2 verkaufen die Eunuchen am Südthore des kaiserlichen Palastes
ts^-chin1 -ting* (eine Art aromatischer Pillen), die im Palaste angefertigt werden6).«
o 1. c., p. 18 b, Citat aus 10
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
iifragireibaiB^ ........*...........
Wilhelm Grube:
»An den fünf ersten Tagen des fünften Monats werden in der Hauptstadt von Yen1 die
kleinen Mädchen aufs lieblichste herausgeputzt, und Töchter, die bereits geheiratet haben, besuchen
ihr elterliches Haus. Im Volksmunde heifsen diese Tage: »das Mädchenfest«, nü3-erh2-chieh21).«
Mit Bezug auf das an letzter Stelle angeführte Citat ist zu bemerken, dafs verheiratete
Töchter gegenwärtig in Peking ihr elterliches Haus am sechsten Tage des fünften Monats aufzu
suchen und einige Tage dort zu verweilen pflegen. Das geschieht nach der Vorschrift: -kTtfh
AT0 ciii1 pu4 cKu1, pa1 pu4 Kui2, »Am siebenten verläfst man nicht das Haus, am achten
kehrt man nicht heim«. Dieser seltsame Aberglaube erklärt sich durch ein Wortspiel; [Jj dlU1-
ctii1 bedeutet nämlich: »sich von seiner Frau scheiden lassen«, cKi1 pu4-cKux folglich: »sich nicht
scheiden lassen«. Dafs auch der 8. Tag zu meiden ist, soll angeblich darauf zurückzuführen sein,
dafs /\ pa1, acht, gleichlautend ist mit ^ pa1 in dem Kompositum: ß pa'-chieh2, das u. a. auch
»erfolglos« bedeutet. Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Erklärung richtig ist oder nicht. That-
sache ist, dafs es in Peking verheirateten Töchtern untersagt ist, an Tagen, in denen die Zahl
Sieben vorkommt -tWBT). also am 7., 17. und 27., ihr elterliches Haus zu besuchen, und
an Tagen, in denen die Zahl Acht vorkommt, also am 8., 18. und 28., ins Haus ihrer Schwieger
mutter heimzukehren. Daher pflegen sie bereits am 6. Tage ihre Eltern zu besuchen und nicht vor
dem 9. zu ihrer Schwiegermutter heimzukehren. Sie werden bei dieser Gelegenheit von ihren Ange
hörigen beschenkt; auch werden seitens der Eltern der jungen Frau deren Schwiegermutter bereits
vorher zur Feier des 5. Tages sogenannte wiP-tu2 -po'-po1, Kuchen mit Darstellungen
der fünf giftigen Tiere, übersandt.
Der 13. des fünften Monats ist ein dem Kuan1 -ti4 geweihter Tag, an dem sämtliche Tempel
des Kriegsgottes geöffnet sind.
Der 28. des fünften Monats ist der Geburtstag der T'ien1 -hsien1 -niang2-niang2, der obersten
der »neun Göttinnen« (Nr. 49 der Götterliste). Dieses Fest ist gleich dem vorigen ein Tempelfest
ausschliefslich religiösen Charakters.
Der 6. Tag des sechsten Monats hiefs früher: t'ien1 -Kuang4-chieh2, »das Fest
der Himmelsgabe«. Alle Welt begiebt sich auf die Felder hinaus, um das Wachstum des Getreides
anzusehen; daher wird dieser Tag im Volksmunde auch kc an4 - ku3 - hsiu4 »Besichtigung der
Kornblüte« genannt, tn früheren Jahren wurden an diesem Tage die kaiserlichen Elefanten im Stadt
graben, A'w4-dl eng2-Ko2, gewaschen, ein Schauspiel, das stets eine grofse Menschenmenge
herbeizulocken pflegte. Das gegenwärtig ganz verödete Elefantenhaus, hsiang4-fang2 ist noch
erhalten, es befindet sich westlich von dem Thore «tön Shun4-diih4-men2 (in der Schriftsprache
J§t st PI Hsüan1 - mi3 - men2 genannt).
»Am 6. Tage des sechsten Monats werden die grofsen Kasten, die die Sammlungen der
Regesten und Werke der kaiserlichen Ahnen bergen und im kaiserlichen Archiv aufbewahrt werden,
an die Luft gebracht. Das ist ein alter Brauch, der jedes Jahr beobachtet wird. Was die gegen
wärtigen Sitten anlangt, so pflegen sich die Frauen und Mädchen an diesem Tage das Haar zu
waschen: sie behaupten, dafs, wenn sie es gewaschen haben, es weder fettig noch schmutzig werden
könne. Auch läfst man Katzen und Hunde im Flusse baden. Die in der Residenz befindlichen
Elefanten werden an diesem Tage am Ufer des aufserhalb der Mauer befindlichen Gewässers (des
Wallgrabens) abgewaschen. Das geschieht nur dieses eine Mal im Jahre2).«
■) öm.M-BIIBJcJtMMöUiMZ
i?r 14 ni B 1hM Ä o l c’ !-■iS"’ citat
Ä-tfcoL CXLvm. p.i*.
Citat aus HJ" Vti *
Zur Pekinger Volkskunde. 75
»Am 12. des sechsten Monats werden die Pferde des kaiserlichen Marstalles im kOK'/?
Chi1-shui3-fall2 gebadet. Der Zug wird von Trägern roter Standarten geführt, in der Mitte gehen
eine Anzahl Pferde, mit seidenen Tüchern bedeckt, und ganz am Ende geht eine schwarze Kuh
mit einem Plorn. Diese darf nicht vor den Pferden gehen1).«
Der 22. des sechsten Monats ist das Geburtsfest des Drachenkönigs, j|j|3E Lung^-wang2,
der über Brunnen und Quellen herrscht und daher auch jfjEE Ching3 - cKüan2- lung2-wang2
genannt wird. Dieser Tag wird besonders von den Wasserträgern gefeiert, die zum gröfsten Teile
Schantung-Leute sind. Das Ministerium des Innern, jj» li4-pu4, und das der öffentlichen
Arbeiten, kung'-pu4, teilen sich in die Aufsicht über das ;/[< shin3-ll4, d. h. die Zollein
nahmen von den Booten und Schiffen, die den Flufsverkehr vermitteln. Die mit diesen Arbeiten
betrauten Schreiber der genannten Behörden feiern gleichfalls diesen Tag.
Der 23. des sechsten Monats ist das Geburtsfest des Pferdegottes, 3E Ma3-wang2
(s. Nr. 28 der obigen Götterliste), das von allen Wagen- und Pferdebesitzern festlich begangen wird.
Dem Gotte zu Ehren werden Papierfiguren von Pferden und Stallknechten, j|| ma3-t‘ung’rh*,
sowie zwei mit Drachen bemalte Papierfahnen, lung2-cKi2, zwei an Stangen befestigte Tafeln,
ff pai2-kun4, auf denen der Name der Gottheit: Jj| 3l Shui3-ts ao3-ma3-ming2-ivang2
geschrieben steht, und zwei »Stäbe zum Säubern des Weges«, ai1 - lu4 - ti1 - kun4 - ts\23,
verbrannt.
»Am Tage des Herbstanfanges enthält man sich allgemein des Genusses frischen Wassers,
da das erste Plerbstwasser Hitzblattern hervorrufen soll2).«
Der 24. des sechsten Monats ist ein dem Kriegsgotte Lao3 -jeh2 [Kuan1 - ti4) geweihter Tag, dessen
Feier jedoch im wesentlichen auf Militärbehörden und Militärbildungsanstalten beschränkt bleibt. Es wird
ein Schrein, jg] ^ mien4-t‘ing2, mit dem Bilde des Gottes und seiner beiden Begleiter Chou1 Tscmg1
und Kuan1 King2 aufgestellt, rechts davon ein Gestell mit Bogen und Pfeilen, links ein solches mit
Hellebarden. Zu beiden Seiten dieser Gruppe stehen Drachenbanner und Stangen mit Tafeln, die
die Aufschrift: hsieh2-f ien1-ta4-ti4, »der den Himmel unterstützende grofse Fürst«,
tragen. Davor sind zwei Papierpferde von roter Farbe, sogenannte dl ih4- f u4-ma3 (so
heifst das Rofs des Kuan-ti) mit Papierfiguren, die Reitknechte darstellen sollen, aufgestellt. Das
Bild des Gottes trägt in der Regel die Verse:
Sinn war auf das CKun'-diiu1 gerichtet, seine Verdienste galten den HW; sein Herz war der Sonne
und dem Monde gleich, und an Gerechtigkeit glich er dem Himmel«. Die zugehörige Überschrift (pien3-e2)
lautet: A. »der einzige Mensch aus dem gesamten Altertum«. Als Opfergabe dient ent
weder ein Schwein oder ein Hammel, die Mandschu verwenden nur Hammel. Am Abend findet
unter üblichem Geknatter von Schwärmern das sung4-sheng4, die Verbrennung der Papierfiguren, statt.
Am 25. des sechsten Monats ist das Fest der mi3-Ku3-shen2, der fünf Tigergötter
(auch WU3-Klio3-shen2, die fünf Feuergötter, genannt), das speziell von der Artillerie ge
feiert wird (s. Nr. 20 der Götterliste). _____________
An dem ersten mit dem cyklischen Zeichen Jpf keng3 versehenen Tage, der auf den Tag
der Sommersonnenwende folgt, beginnt die Periode EE'f/t sanT-fu2, die 30 Tage umfafst und unseren
+ — 0ffS • -
JCiiEReifeto Ebendas’> citat aus
!) jicfk 0 Äl 7$ ilk T 7k FI nifi fk BI :/R T % # F0 *•>.»*»., «•<ff ä
■)
Ebendas., p. 2 a, Citat aus
76 Wilhelm Grube:
Hundstagen entspricht. Sie zerfällt in eine erste, mittlere und letzte Dekade, shangA-fu2, chung1-
fu2 und hsia'-fu2 genannt. Während dieser Zeit, besonders während der mittleren Dekade, spielen
kühlende Getränke, shu3 -f ang1, aller Art eine grofse Rolle, die aus verschiedenen, in jeder
Apotheke käuflichen, »die Hitze vertreibenden Arzeneien«, TS-ibfä cKW-shiP-ti1 -yaoA, bereitet
werden. Solche kühlende Mittel sind z. B. cKeng2-p i2, getrocknete Orangenschalen, pf ^
iA-hsiangz, Lophantus rugosus F. A. Mey, KouA-pcox, die Rinde von Magnolia spec. nova,
sha'-jen2, Kardamom, ^ hsiang1 -ju2, Elsholtzia cristata Willd., Iiung2-liuat,
Hibiscus rosa-sinensis L., ^ ts^3-ts‘ao3, Lithospermum officinale L., var. erythrorhizon, u. a.
Diese Droguen werden in Wasser gekocht und dann saure Pflaumen mit Zucker in den Dekokt ge-
than. Das Getränk wird in Eis gekühlt. Früher war es üblich, dafs vor jeder Polizeistation auf
Staatskosten Kübel mit Eiswasser aufgestellt wurden, aus denen jedermann trinken durfte. An den
Kübeln waren vier Fähnchen befestigt, von denen jedes eins der Zeichen: j||£ »die kaiser
liche Gnade ist allumfassend« trug. Leider kommt diese Sitte immer mehr in Abnahme, da das
für diesen Zweck bestimmte Geld andere Wege wandert. Hingegen kommt es mehrfach vor, dafs
Privatleute solche Kübel mit Eiswasser zum Besten der Armen vor ihren Häusern aufstellen lassen.
Dafs solche Wohlthätigkeit nicht gerade immer den verdienten Dank findet, beweist das Sprichwort:
»die einen spenden das Eliswasser, die anderen stehlen die Schöpf
löffel«. Obwohl die san1 -fu2 ja nicht zu den Festen gehören, wollte ich sie doch an dieser Stelle
nicht unerwähnt lassen, da sie im Volkskalender immerhin eine erhebliche Rolle spielen.
Der 7. Tag des siebenten Monats ist der Tag, an dem die Zusammenkunft des Kuhhirten
mit der Weberin, niu2-lang2 Jini4 chiK-nü3, stattfindet. Im Volksmunde heifst
dieses Fest1): dii'-hsi\ »der siebente Abend« oder »der Abend des Siebenten«. Der Kuh
hirt und die Weberin sind zwei siderische Gottheiten, die den Sternbildern Aquila und Lyra ent
sprechen. Die Legende, die sich an diese Begegnung schliefst, ist u. a. in dem Drama:
TuA-yin2-Ko2, »die Überschreitung der Milchstrafse«, in volkstümlicher Weise behandelt worden
und hat danach folgenden Inhalt. Der Kuhhirt besafs eine Götterkuh, die ihm verraten hatte, dafs
sich an einem bestimmten Tage göttliche Jungfrauen, hsien1 -nü3, an einem nahegelegenen
Teiche einfinden würden, um dort zu baden. Der Kuhhirt begab sich an dem festgesetzten Tage
dorthin und erblickte in der That am Rande des Teiches die Gewänder der badenden Jungfrauen;
er bemerkte darunter ein rotes Gewand und nahm es an sich. Als nun die Jungfrauen des Über
falles gewahr wurden, ergriffen sie eilig ihre Gewänder und entflohen gen Himmel. Nur die Be
sitzerin jenes roten Gewandes konnte nicht zurück und mufste sich, wohl oder übel, dem Kuhhirten,
der sie zum Weibe begehrte, zu eigen geben. So versprach sie ihm denn, für die Dauer von drei
Jahren an seiner Seite zu bleiben, um nach Ablauf dieser Frist wieder in ihre himmlische Heimat
zurückzukehren. Während dieser Zeit gebar sie ihm zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter.
Mittlerweile fühlte die Götterkuh, dafs ihr Ende herannahte und gebot daher dem Hirten, ihr, so
bald sie tot wäre, das Fell abzuziehen; wenn ihn die Göttin verliefse, würde er ihr dann mittels
des Felles gen Himmel folgen können. Als nun darauf die Trennungsstunde geschlagen hatte und
die Göttin auf einer Wolke gen Himmel fuhr, legte sich der Kuhhirt das Zauberfell um und folgte
ihr in die himmlischen Regionen. Hier aber wurde ihm, dem Unbekannten, von den Göttern der
Einlafs verwehrt. Die Götterkönigin Hsi1-wang2-mu3, die just des Weges kam, nahm sich, wie
sie den Fremdling erblickte, eine Haarspange vom Haupte und zeichnete mit derselben einen Pfad,
der sich alsbald in einen Strom verwandelte und zur Milchstrafse, fienx-lio2, ward, die die
Liebenden voneinander schied. Als Hsi1-wang2-mu3 darauf sah, wie verzweifelt der Kuhhirt war,
ward sie stutzig, und nachdem sie die Ursache seines Kummers erfahren, fafste sie Mitleid für ihn
und gewährte ihm, einmal im Jahre ein Wiedersehen mit der Göttin zu feiern. Seitdem begab er
sich alljährlich am siebenten Tage des siebenten Monats gen Himmel. An diesem Abend sieht man
stets zahllose Elstern in dichten Scharen gen Himmel emporfliegen. Sie bilden eine Brücke über
den Himmelsstrom, auf der sich die Liebenden begegnen, Jedesmals wenn der Kuhhirt sich gen
i) Vergl. über dasselbe de Groot, 1. c., p. 436 ff.
Zur Pekinger Volkskunde. 77
Himmel begab, erwarteten die beiden Kinder hinter einer Weinhecke die Rückkehr des Vaters und
hörten dann deutlich, wie die Eltern weinend miteinander redeten. Auch heute noch herrscht der
Glaube, dafs, wenn sich elternlose Mädchen am siebenten Tage des siebenten Monats um die Zeit
der dritten Nachtwache hinter Weinstöcken verstecken, sie das Schluchzen des Kuhhirten und der
Weberin vernehmen können.
Die Weberin wird von Frauen und Mädchen verehrt, weil sie Geschicklichkeit in weiblichen
Handarbeiten verleiht. Ein ähnlicher Einflufs wird in Peking auffallenderweise auch der Göttin der
Abtritte Mao2-kux-ku1 zugeschrieben. Daher pflegen die Mädchen ihr ein Paar selbst
gestickter Schuhe als Opfergabe darzubringen, die sie an einer Schnur im Abtritt auf hängen. Dabei
sprechen sie die Verse:
»Wenn Mao2-kux-ku1 mich geschickt werden läfst,
Will ich ihr ein Paar Schuhe machen, darein sie ihre Füfse stecke;
Wenn Maoz-kux ~kux mich ungeschickt werden läfst,
Will ich ihr Nest (d. h. den Abtritt) zertrümmern«.
Wenn dann während des darauf folgenden Stuhlganges der Urin zuerst kommt und dann
erst die faeces, so gilt das als eine Erhörung der Bitte, während die umgekehrte Reihenfolge das
Gegenteil bedeutet.
»(Im siebenten Monate) werden auf den Märkten mo2-Kox-lo2(J) genannte, kunstvoll ge
arbeitete Götterfiguren sowie aus Lehm geformte Figuren von Menschen und Tieren verschiedener
Gröfse feilgeboten. Im Palaste sowie in den Behausungen von Ministern, Beamten und Privatleuten
werden grofse Bretterzelte errichtet, in denen Bildnisse, die die am Abend des siebenten Tages statt
findende Begegnung des Kuhhirten mit der Weberin darstellen, aufgehängt werden. Davor werden
Melonen, Obst, Wein, Kuchen und Dörrfleisch aufgestellt. Man lädt weibliche Gäste zu einer
Festfeier ein, die der Kunstfertigkeit (sc. in Handarbeiten) gilt und als »Mädchenfest«, ni/3-h ai rh
chieli2, bezeichnet wird. Man beobachtet dabei die Vorzüge und Mängel der Kleinen und giebt sich
einem fröhlichen Gelage hin. Am nächsten Tage kehren sie mit Geschenken bedacht heim ).«
»Einige Tage vor dem dii'-hsi1 sät man Weizenkörner in ein kleines irdenes Gefäfs, das
den Gott des Sternbildes des Kuhhirten repräsentiert (?); es heifst: »der Napf mit den fünf Getreide
arten«, mP-shengx-p‘en22).«
»Das Fest cKi'-lisi1 steht im Palaste in hohem Ansehen. Auf den Märkten werden künst
liche Früchte verkauft. In allen Häusern werden Festlichkeiten veranstaltet, und die Knaben und
Mädchen verneigen sich gegen die Milchstrafse3).«
»Der Turm Chili3-yin3-fai2(<) ist der Ort, wo am Feste cKf-hsi1 um Kunstfertigkeit in
Handarbeiten gebetet wird. Am Abend verfügen sich die Damen des Palastes auf den Turm, wo
sie fünffarbige Seidenfäden durch Nadeln mit neun Öhren hindurchziehen. Von derjenigen, die
zuerst damit fertig ist, heifst es, dafs sie die Kunstfertigkeit erlangt habe, und von denen, die ihre
Arbeit erst später vollenden, dafs sie sie eingebüfst haben. Die Siegerin wird von allen beschenkt4).«
»Zum Feste cKix-hsi1 werden in allen Palästen Figuren des Kuhhirten und der Weberin samt
ihren Trabanten, sowie Figuren von clii2-lin2, Elefanten, Antilopen, Seepferdchen, Löwen, hsielP-
chai4 (eine Art Einhorn, das Recht und Unrecht zu unterscheiden vermag und die Schuldigen ver-
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aus 151-
•) <-cxLvin,p.2d,
Citat aus
4) A 31 HA A A V» £ f$r äl 9 Üf AS lt Pt A
>• «• CXLVIII, p. 23-3«. Citat aus
78 Wilhelm Grube:
nichtet), Hasen, Leckerbissen des Meeres, kandierten Früchten und kandierten Gemüsen dargebracht.
Dieses alles ist aus weifsem Zuckergufs hergestellt1).«
»Am 7. Tage des" siebenten Monats stellen in Yen1 -ching1 (Peking) die Mädchen einen mit
Wasser gefüllten Napf in die Sonne. Eine jede von ihnen wirft eine kleine Nadel ins Wasser und
läfst sie auf der Oberfläche desselben schwimmen. Dabei beobachtet jede genau den Schatten, den
ihre Nadel auf den Boden des Gefäfses wirft. Je nachdem, ob dieser Schatten sich ausbreitet wie
Blumen oder sich bewegt wie Wolken, ob er fein ist wie ein Faden oder klobig wie ein Hammer,
wird daraus ein Schlufs auf die Kunstfertigkeit des betreffenden Mädchens gezogen2).«
»Zum Feste c1iix-hsix wird im Palaste ein künstlicher Hügel aufgeschüttet, und man legt
Gewänder an, deren p^ifi-ts^3 (Abzeichen) ein Bild der Elsterbrücke darstellen. Die Feier währt
vom 1. bis zum 14.3).«
Der 15. des siebenten Monats, das Allerseelenfest, das dem Gedächtnis der Toten geweiht
ist, ist von allen Festen buddhistischen Charakters wie im übrigen China so auch in Peking das
weitaus volkstümlichste. Der mit diesem Feste verbundene Besuch der Gräber ist jedoch nicht auf
diesen Tag beschränkt, sondern kann vom 10. Tage vor bis zum 10. Tage nach demselben statt
finden, nur mufs dafür ein Tag von ungerader Zahl gewählt werden. Auch die weiblichen Ange
hörigen beteiligen sich am Gräberbesuch, und zwar müssen sie, falls die Trauerzeit seit dem letzten
Todesfälle in der Familie noch nicht abgelaufen ist, am Grabe die Totenklage anstimmen, an der
sich die Männer nicht zu beteiligen haben.
Das Allerseelenfest trägt auch die Namen: 7^7 ^ ißt yü2-lan2-Kui4, 7^7 j||j ^ yü2-lan2-
pcen2-h‘ui4 oder wux-lan2-po2-na2, die Watters4) auf Skr. ullambhana, »Befreiung«,
»Erlösung«, zurückführt, und geht auf die bekannte Legende von Mu4-lien2 (Skr. Maudgälyayana),
der seine Mutter aus der Unterwelt befreit, zurück. Unter verschiedenen anderen dramatischen
Behandlungen, zu denen dieser Stoff die Anregung geboten hat, erfreut sich das Schauspiel ^j|*
vftiij Hcua2-yu2-shanx, »der schlüpfrige Ölberg«, in Peking einer besonderen Popularität. Der
Inhalt des Stückes ist in Kürze folgender: Der Bonze Mu4~lien2 (*Ü1 auch geschrieben)
zeichnete sich allezeit durch Frömmigkeit, Kindesliebe und gute Werke aus, »er versorgte die
Kranken mit Heilmitteln, teilte Thee aus, beobachtete das Verbot des Tötens und gab den lebenden
Wesen die Freiheit wieder« seine Mutter hingegen, Frau Liu2 (tm)
führte einen bösen Lebenswandel, »sie schlachtete Rinder, tötete Hunde, prügelte die Bonzen und
schmähte die Taopriester« 5). Ihr Hauptvergehen aber bestand darin, dafs
sie die Lampe auf dem Altäre Buddhas statt, wie es sich gehörte, mit reinem Leinöl, mit Ölen
speiste, zu deren Bereitung sie Tierfett verwendete. So oft sie diesen Betrug vollführte, gofs Buddha
selbst das unreine Öl jedesmal auf einen Berg aus, der dadurch allmählich vollkommen schlüpfrig
wurde. Kaum war nun Frau Liu2 gestorben, als sie von fünf Teufeln gepackt und auf jenen Berg
hinaufgezerrt wurde, wobei sie bei jedem Schritt auf dem öldurchtränkten Boden ausglitt und nieder
sank, bis sie endlich in der Hölle anlangte. Nunmehr begab sich Mu4-lien2 zu Buddha und flehte
ihn an, seine Mutter von ihren Qualen zu erlösen. Um seines Tugendverdienstes willen, und weil
er mehr Gutes als seine Mutter Böses gethan hatte, gewährte Buddha die Bitte, indem er ihm einen mit
llÜ iHt IÜ für FB Irl !• c* CXLVin, p. 3a, Citat aus rf
s) m ® ix. F-t M -b 0 ja m * # 0 ~f ö « F I i m Z ffi & ü * l&
0iM|> p-3«. a« ™s ‘ygmmm-
a) jt6.H+E| 0 iho i- c- cxLvm, p, 3a,
Citat aus |i|f{ Ji'^; /tl ■
4) Essays on the Chinese Language, p. 421. — Vergl. auch de Groot, 1. c., p. 414 ff.
5) Diese friedliche Nebeneinanderstellung buddhistischer und taoistischer Priester ist höchst bezeichnend für das
chaotische Durcheinander buddhistischer und taoistischer Elemente im heutigen Volksglauben.
Zur Pekinger Volkskunde. 79
neun Ringen versehenen Stab x), jhlSLWi chiu*-lien* 2-li uan2, verlieh. Mit diesen hiefs er ihn ans
Höllenthor klopfen, das sich daraufhin öffnen werde. Mu4-lien2 that, wie ihm geheifsen war, und
befreite seine Mutter aus dem Orte der Verdammnis.
Nachdem ihm das gelungen war, bat er den Buddha um ein Zaubermittel, vermöge dessen
er auch die übrigen Seelen, die noch in der Hölle schmachteten, erlösen könnte. Da gab ihm
Buddha einen mit H: 1Ü ZK kan1 - lu4 - sheng4 - shui3 (Skr. amrita) gefüllten Becher, und
einen Korb, ||| lan2, mit shih'-shih2 -por-pol2). Kaum hatten die verdammten Seelen
von beidem genossen, als der schwarze Hauch, Jiei'-cKi4, der sie bis dahin umgeben hatte,
schwand und sie aus der Hölle befreit wurden. Es scheint, dafs die Legende von der Erlösung
der verdammten Seelen in dieser Fassung nur ersonnen ist, um den dem Chinesen unverständlichen
Namen: yü2-lan2 auf diese Weise durch eine Volksetymologie deuten zu können. In der That ist
auch die volkstümliche Schreibung des Namens in Peking nicht j£lM 1^?, sondern ^ ^ iß?.
Die Erlösung der verdammten Seelen durch Mu4-lien2 und deren Folgen werden in dem
taoistisch gefärbten Schauspiel: Hsiang1 - mei3 - s\&4, »der Tempel der duftenden Pflaumen
blüten«, folgendermafsen geschildert. Als Mu4-lien2 das Höllenthor geöffnet hatte, um seine Mutter
aus dem Orte der Verdammnis zu befreien, gelang es auch allen übrigen Seelen, die dort schmachte
ten, zu entschlüpfen, ohne dafs es der Höllenrichter, =£|J ^ p'an4-kuan1, zu hindern vermochte.
Der »Jadekaiser«, Yii4-Kaang2-shang4-ti4, dem die That des Mu4-lien2 zu Ohren ge
kommen war, ernannte diesen zwar, um sein Verdienst zu lohnen, zum Tit - tsang4-
wang2-p'u2-saI, zugleich aber entsandte er den Höllenrichter auf die Oberwelt, damit er die ent
flohenen Seelen wieder einfange. Dieser wurde alsbald zur Zeit des Kao1-tsu3 der Sui-Dynastie
(581—604) als ein Mensch Namens Hhiang2-cKao2 wiedergeboren und zeichnete sich durch
glänzende Gaben aus. Nachdem er im Examen den Grad eines chuang4 -yiian2 errungen hatte, stellte
er sich dem Kaiser vor. Da er jedoch von auffallend häfslichem Aussehen war, wollte dieser nichts
von ihm wissen und gab ihm keine Anstellung. H‘aang2 - cKao2 gab sich aber damit nicht zufrieden,
vielmehr widmete er sich jetzt dem Studium der Kriegskunst und erlangte bald im militärischen
Examen ebenfalls den höchsten Grad, so dafs er jetzt ein wen2-wu^-chih1-chuang4-yüan2 war. Als
er nunmehr wagte, sich abermals dem Kaiser vorzustellen, erging es ihm nicht besser als das erste
Mal. Da begab er sich voll Ingrimm nach dem Tempel Hsiang1 - mei3-s^S4, wo er Mannschaften
und Pferde anwarb, um einen Aufruhr anzustiften. In jenem Tempel lebte ein Priester Namens ~fv ^
Pien4-lu4, der ihm freundliche Aufnahme gewährte. Diesem teilte er sein Vorhaben mit und hiefs
ihn sich verbergen, da er zum Lohn für die genossene Gastfreundschaft sein Leben schonen wolle.
Pien4-lu4 suchte lange vergeblich nach einem passenden Versteck, bis er endlich in der Nähe seines
Tempels einen uralten Baum entdeckte, dessen Stamm hohl war. In diesem verbarg er sich. Nun
sah sich H‘ nang2 - diao2 nach einem Menschen um, den er seinem Schwerte zum Opfer bringen
könnte, um seinem Unternehmen Erfolg zu sichern. Aber weder im Tempel, noch aufserhalb des
selben vermochte er jemand zu erspähen, da Pien4-lu4 beizeiten allen die Weisung hatte zukommen
lassen, ihr Leben in Sicherheit zu bringen. Da fiel sein Auge plötzlich auf jenen alten Baum: in
Ermangelung eines lebenden Wesens zückte er sein Schwert gegen diesen und spaltete, ohne zu
ahnen, was er that, mit wuchtigem Hiebe den Schädel des Pien4-lu4. Dieser aber war kein anderer,
als der Anführer jener verdammten Seelen, die aus der Hölle entwichen waren. Auch die übrigen
entflohenen Seelen fing IT uang2 - cK ao2 ein, indem er acht Millionen Menschen tötete. Dreitausend
Li weit strömte das Blut, die Seelen der Erschlagenen aber kehrten in die Hölle zurück. H‘uang2-
cKao2 selbst wurde bald darauf von einem Manne Namens Li3 Ts nn2-hsiao4 getötet und
kehrte in die Unterwelt zurück, wo er seinen einstigen Posten wieder einnahm.
Die Feier des Allerseelenfestes erreicht in Peking ihren Höhepunkt und Abschlufs in der
Verbrennung des sogenannten fcf-cKuan2, »des Bootes der Lehre {dharma)«. Auch de Groot
erwähnt unter anderen Papiergegenständen, die an diesem Tage in Amoy als Gaben für die »hun
gernden Seelen« verbrannt werden, Boote, doch spielt dort das ^^Jj)] knl-peng2 »das Gerüst für
1) Damit ist der gewöhnliche Rasselstab, Skr. khakkhara, der buddhistischen Bettelmönche gemeint. Fromme alte
Frauen pflegen Haarspangen von der Gestalt dieser Rasselstäbe als Kopfschmuck zu tragen, auch werden solche H. c
vielfach als Grabbeigaben für Tote weiblichen Geschlechts verwendet. Auch in meiner Sammlung befindet sich
2) Siehe über diese S. 39.
8o Wilhelm Grube:
die Verlassenen«, an dessen Spitze eine grofse Papierfigur, die den Kuei3-wang* 2 3, darstellt,
die Hauptrolle1). Wie es scheint, entspricht dieser seltsame Aufbau mehr der im Kapitel über die Toten
bräuche beschriebenen, KiC-shih2 genannten Opferpyramide. Was nun das fa2-cKuan2 betrifft, so ist es
nach der in Peking landläufigen Auffassung nicht für die abgeschiedenen Seelen bestimmt, sondern
für die Bonzen und Taopriester (jf5 jK flä)’ die S1(dl auf die Bitte des Mu*-lien2 in die Unter
welt begaben, um dessen Mutter zu befreien. Es ist klar, dafs dieser Auffassung der von de Groot
citierte Passus aus dem Yü2-lan2-p‘en2-dling1 zu Grunde liegt, nach dem es nur den
vereinten Kräften sämtlicher Priester der zehn Gegenden gelingen kann, eine Seele aus der Ver
dammnis zu befreien2). Charakteristisch für den modernen Volksglauben ist hier wiederum, dafs die
Taopriester den buddhistischen Bonzen koordiniert erscheinen; auch ist auffallend, dafs die auf dem
fa2 - cKuan2 befindlichen Figuren keine Priester, sondern Götter darstellen. Ich sah ein solches Boot
im Dorfe San1 -chia1 -tien4, das ich am 15. des siebenten Monats auf dem Wege nach dem
Tempel Fa3-Kai3-s\&4 passierte.
Das in meiner Sammlung befindliche fa2-cKuan2 hat die übliche Gröfse solcher Boote, es
ist 2,90 m lang und 2,12 m hoch. An der Spitze des Bootes steht der Kuei3-wang2 mit Diadem (;gfj
e2-ts^3) und Ohrringen (Jjy| yß1 ~erh3~chinx -h uan2). Die an den Schläfen horizontal
abstehenden Haarbüschel heifsen: ff« erh3-Kao2 und die beiden Haarschlingen am Hinterkopfe
fa3-tsan4. Er ist mit einer schwarzen Jacke Kao4-ts\&3) bekleidet, die mit einem
Tigerfellkragen versehen ist. Der an einer gelben Halsschnur hängende Spiegel ist ein sogenannter
Ku^-hsin1 -ching4, »das Herz schützender Spiegel«, wie ihn früher Soldaten als Schutz
gegen Dämonen trugen. Um die Lenden trägt er einen Tigerschurz h n3-p i2-chan4-
dlün2), und auch die Stiefel sind aus Tigerfell. In der Hand hält er einen Dreizack (HJKX san1-
kifi-cKa'). Hinter dem Kuei3 -wang2 steht der Wu2-diang2-kuei3, »der Dämon der Ver
gänglichkeit«, im Volksmunde Tiao4-s^3-kuei3, »der Dämon eines Erhängten«, oder ^
ffi Ä Kao1 -mao4-ts\&3-knei3, »der Dämon mit der hohen Mütze«, genannt. Er ist in ein weifses
Trauergewand gekleidet, und auf seiner Mütze stehen die Zeichen. ^Ij 3iL chien4 ta4 jen ,
»es ist vorteilhaft, einen grofsen Mann zu erblicken« — bekanntlich Wen2-wang2s Erklärung der
zweiten Linie des ersten Hexagramms im Yi4-ching1 (Yih-king). Es ist dies derselbe Dämon, der
bei de Groot (1. c., p. 591) unter dem Namen: WBS# p‘ ai2-Cou2-tieh1, »das Väterchen mit
der Tafel«, erwähnt wird, ein Gehilfe des CK eng2 - Jiuang2 -yeh2, dessen Aufgabe es ist,
alles Gute und Böse im Verwaltungsbereiche seines Herrn ausfindig zu machen. Er gehört zu den
Liktoren der Unterwelt. Neben ihm steht der Zwergdämon Ti4-li3-kuei3. Er trägt eine
viereckige Mütze, [j]| fang1-mao4, und hält eine Tafel mit der Aufschrift: chü3-
ming4 chuf-Kun2, »ich nehme das Leben und stelle den Seelen nach«. Es ist dies derselbe Dämon,
der bei de Groot (1. c., p. 594) unter den Namen: Ai3-ts\83-kuei3, »Zwergdämon«, und
Yin'-cKai1, »Bote der Unterwelt«, erwähnt wird. Vor dem Kajütenhause befindet sich ein
Thorbogen, EE5W1* yü4-shih2-p‘ai2-lou2, »Jadethor«, in dem eine weibliche Figur, ,die
Yii2-lan2-pcu2-saI, steht, die in der Linken einen Fliegenwedel, fi)|j Jj§| fu4-ch en2, in der
Rechten einen Fischkorb hält. Der Fischkorb, yü2-lan2, symbolisiert natürlich nur das gleich
lautende Wort: jgjjljg yik-lan2. Offenbar ist diese Gottheit nur eine besondere Form des Ti4-
tsang4-wang2-p‘u2-sax. Das Kajütenhaus, das nahezu das ganze Schiffsdeck einnimmt, zerfällt in
drei miteinander verbundene Teile. Den vorderen Teil bildet eine offene überdachte Veranda,
jW pao4-hsia4. Vor derselben stehen rechts und links der Dämon mit dem Rindskopf, 2p
Niu2-f ou2, und der Dämon mit dem Pferdegesicht, j§J Ma3-mien43), und in der Veranda steht
links von der Eingangsthür der »kleine Teufel«, Hsiao3-kuei3, mit einer mit Wolfszähnen
besetzten Keule, lang2-ya2-pang2, rechts von der Thür der Höllenrichter, ^-l] 'g' P‘an4-
kuan1, in der Linken das Buch des Lebens und des Todes, sheng1-s^-pu4, in der Rechten
einen Schreibpinsel haltend. An die Veranda schliefst sich eine geräumige Halle mit flachem Dach,
daher 2p ping2-tai2 genannt, in der die zehn Höllenkönige sitzen. In dem der Halle zunächst
1) Les fetes annuellement celebrees ä Emoui, p. 428. 429.
2) L. c., p-415-
3) Vergl. über diese de Groot, 1. c., p. 596.
Zur Pekinger Volkskunde.
gelegenen, mit einem Giebeldach versehenen Raume sitzt auf einem Lotusthrone, Jlg ^ lien2-fai2,
der Ti4 -tsang*-n>ang2-pcu2-saI, auf dem Haupte das fünfteilige Diadem mit den Bildnissen der
fünf Dhyänibuddhas, n>u*-fo2-kuan\ in der Rechten den Stab mit den neun Ringen, m
der Linken die Almosenschale, po1 (patra), haltend. Rechts und links von ihm stehen zwei
Trabanten in Priestergewandung. Hinter der letztgenannten Halle befindet sich das UH: 1 ung^~^oie'
der Raum für die Mannschaft, und auf dem Dache desselben das Steuerhaus, to4-lou2, in dem
das Fischerweib, yü2-p‘o2, das Steuer führt. Sechs Ruderer bilden die Mannschaft des Bootes.
Über dem Kajütenhause erhebt sich eine Fahnenstange, und auf der zugehörigen Fahne stehen die
Worte: Yii2-lan2-shengA-KuiA, »die heilige Vereinigung des yü2-lan2«. Am Hinterteil
des Bootes sind ebenfalls fünf Fahnen, sogenannte TW shuV-cKi2, »Wasserfahnen«, angebracht.
Das Boot wird auf einem freien Platze, gewöhnlich in der Nähe eines Tempels aufgestellt
und demselben gegenüber eine Art Bühne für die Bonzen errichtet. Nachdem die I riester, ähnlich
wie bei der S. 39—40 geschilderten Totenmesse, unter Absingung der üblichen Litanei Weihwasser
gesprengt und Mehlkügelchen umhergestreut haben, wird das Boot um die Zeit dei dritten Nacht
wache verbrannt. Da am 15. die Nachfrage nach Priestern das Angebot zu übersteigen pflegt, kann
diese Ceremonie auch nachträglich am 29. desselben Monats, als dem Geburtsfeste des TiA-tsangA-
ivang2-p‘u2-saI, stattfinden.
Kinder ziehen am 15. des siebenten Monats abends mit sogenannten Lotusblumenlaternen,
tien2" tiuarhl - teng1, durch die Strafsen. Es sind dies Papierlaternen in Gestalt von
Lotusblumen; oft wird auch ein wirkliches Lotusblatt an eine lange Stange befestigt und eine
brennende Kerze hineingesteckt h‘o1-_pehA-tengl). Während die Kinder in langem Zuge
mit ihren Laternen durch die Gassen ziehen, singen sie die Verse:
Hl Ft JtL »Lotusblumenlampen!
tE JtI» 'JÜ Lotusblumenlampen!
Heute zünden wir euch an,
w&mm0 Morgen werdet ihr fortgethan!«
»Im siebenten Monate veranstalten die Bewohner der Residenz ein Ahnenopfer, wobei sie, um
ihre aufrichtige Gesinnung zu dokumentieren, mittels Hanfstengel eine Weinlibation darbringen (offenbar
ist das so zu verstehen, dafs der Opferwein mittels Ruten von Hanfstengeln umhergesprengt wird).
Auch schaffen sie Opfergeld und Papierkleider an, die auf dem Begräbnisplatze verbrannt weiden.
Das nennt man: sung4 Kan2-i\ »Winterkleider darbringen«. Auch wird frische Erde auf die Gräber
geschüttet1).«
»Am 13., 14. und 15. Tage des siebenten Monats sind das Empfangsfest, das Geleitfest und
das Lachfest2).« Leider ist nicht angegeben, was unter dem Lachfest zu verstehen ist.
»Am 13. des siebenten Monats nächtigt der Kaiser (sc. zur Zeit der Liao-Dynastie) in einem
Zelte, das 30 Li westlich vom kaiserlichen Palaste errichtet wird. Vor dem festgesetzten Termine
wird ein Mahl bereitet. Am nächsten Tage spielen die am kaiserlichen Zuge teilnehmenden, zum
Heere gehörenden (nichtchinesischen) Stämme ihre nationalen Weisen; darauf werden sie mit einem
Bankett bewirtet und kehren am Abend nach dem Reisepalast zurück. Das nennt man: ying2-
chieh2, »das Empfangsfest«. Am 15. Tage findet unter den Klängen chinesischer Musik ein grofses
Bankett statt. Am 16. Tage erheben die den Kaiser geleitenden, zum Heere gehörenden (nicht
chinesischen) Stämme ein dreimaliges Geschrei. Das nennt man sung4-chieh2, »das Geleitfest«3).«
»Am 15. des siebenten Monats binden die Leute in den Städten und Dörfern von Yen1
junge Keime von Malven und Hirse sowie von Planf und Korn samt den Wurzeln und der an diesen
H3cfftJÜl$T:fcfI3So l-'-CXLVlII, p .2«, Citat aus Pf TT'
>) 'Li/JTV 1131+ 71. 0 jtßfiSäi 1-C.CXLVlII, p.3i. Ci«a< aus M
a §§ tra1 mzmn+%. 0 wjM
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
1. c. CXLVIII, p. 3 b, Citat aus
nrffl I “
11
82 Wilhelm Grube:
haftenden Erde in senkrechter Lage zu beiden Seiten des Thores an. Aufserdem werden drei
Büschel aufserhalb des Thores in die Erde gesteckt. Denselben werden aus Mehl bereitete Früchte
(oder Mehl und Früchte?) als Opfergabe dargebracht. Man nennt das: chi4-ma2-ku3, »dem Hanfe
und dem Getreide opfern1).«
»In der Nacht des 15. Tages des siebenten Monats wetteifern die Knaben auf den Märkten
von Yen1, langstielige Lotusblätter, in denen brennende Kerzen stecken, zu tragen. Während sie
damit in gewundenem Zuge durch die Gassen ziehen, glitzern die grünen Flämmchen gleich Irr
lichtern 2).«
»Vor dem Feste Chung1 -Jüan2-chieh2 werden wie am Feste CKing2-ming2 die Gräber be
sucht, und in allen Tempeln finden Yii2 -lan2 - Vereinigungen statt. Der Tempel CKang2 - cli an1 - s\e4
ist am stärksten besucht. Gegen Abend dieses Tages, der als das Geburtsfest des TV4-tsang4-fo2
gilt, werden Räucherkerzen auf der Erde aufgestellt. Auf dem Chi2 - shui3 - C an2 und auf dem P'ao4-
ts\£3-Ku2 giebt es schwimmende Lampen3).«
Der 3. Tag des achten Monats ist der Geburtstag des Gottes des häuslichen Herdes,
Tsao4-wang2. Sein östlich vom Hca-Ca-men gelegener Tempel, Tsao4-chün1-miao4,
im Volksmunde Tsao4-chi4-miao4 genannt, ist während der ersten drei Tage des achten
Monats geöffnet und wird besonders von den Köchen der Residenz fleifsig besucht, da Psao4-wang2
recht eigentlich der Küchengott ist. Die Köche bilden eine Art Verein, der die Kosten der Opfergaben
und der mit der Tempelfeier verbundenen Festlichkeiten trägt. Vor dem Eingänge zu dem genannten
Tempel sind zwei Löwen aufgestellt, die nicht, wie das sonst der Fall zu sein pflegt, aus Stein oder
Bronze, sondern aus Eisen bestehen, ein Umstand, der zu einer in Peking sehr gebräuchlichen Redens
art Anlafs gegeben hat. Will man zwei Gegner als einander gewachsen bezeichnen, so sagt man:
Vi Pf na »diese beide Leute sind Löwen vom Tsao4-wang2-Tempel«; das
ist nichts anderes als Umschreibung des Ausdruckes: fieh3-tuirh\ »eiserne Gegner«, der
gleichbedeutend ist mit #1T tui4-shou3, »Gegner, die einander gewachsen sind«.
»Am 8. Tage des achten Monats herrschte unter den Liao2 der Brauch, einen weifsen Hund
zu schlachten und ihn dann sieben Schritte vom Schlafzelte derart in die Erde zu verscharren, dafs
nur die Schnauze sichtbar blieb. Sieben Tage später, am Mittherbstfeste, wurde das Schlafzelt
verlegt und über dem verscharrten Hunde aufgerichtet4).«
Der 15. Tag des achten Monats ist das Mittherbstfest, pj} 'fff) Chung1 - cKiü1 - chieh2, das
zugleich das Mondfest ist. Das Fest wird sowohl in Tempeln als auch in Privathäusern gefeiert, doch
beteiligen sich im letzteren Falle nur Frauen und Kinder an dieser Feier, da der Mond das weibliche
=* ± z m « m * pf $ « ft 0 1. c. CXLVIII, p. 3 b, Citat aus n&sm-
StiHOCÜSo >-c-CXLvni’ V-4«, citat aus
i.c.cxlvih, P.4«, a« aus
‘) mmm
foM -14 ^ Ebendas., Citat aus Üiöil /&V*
Zur Pekinger Volkskunde. 83
Prinzip, Yin, versinnbildlicht. Das Mondopfer findet stets im Hofe, angesichts des Vollmondes statt. Auf
dem Opfertische befindet sich ein Bild, das in der Regel den Mondhasen darstellt1). Zu beiden Seiten
des Bildes sind Bohnenzweige, % ma°*-tou*-chih\ und Hahnenkamm, ||1 chi1 -kuan1-
Jiua1, angebracht. Die letztgenannte Blume drückt durch das Wortspiel: ^ kuan1, »Hut« = ^
kuan1, »Beamter, Mandarin«, den Wunsch aus, dafs es der opfernden Frau beschieden sein möge,
einen zukünftigen Würdenträger zur Welt zu bringen. Mao2-tou4 ist der Name einer Bohnenart,
deren Schoten inwendig behaart sind und die für ein Lieblingsfressen der Hasen gilt. Vor dem
Bilde liegt als vornehmste Gabe der Mondkuchen, flieh* -ping3, ein flacher, runder Kuchen
von beträchtlicher Gröfse, der die Mondscheibe repräsentiert und ebenfalls mit einer Darstellung des
Mondhasen verziert zu sein pflegt. Zwei Melonen, die zu beiden Seiten des Mondkuchens liegen,
symbolisieren vermöge ihrer kugelförmigen. Gestalt die Vollzähligkeit der Familie (—- ^ [||] |[Wj).
Diese Anspielungen auf Kindersegen und vollzähligen Bestand der Familie gehen auf den Glauben
zurück, dafs »der Alte im Monde«, m Yüeh4-lao*, der göttliche Ehestifter ist2). Vor den ge
nannten Opfergaben stehen in einer Reihe fünf Teller mit Äpfeln, Pfirsichen, Granatäpfeln, Wein
trauben und Jujuben.
Vom i. bis zum 15. des achten Monats werden allenthalben, besonders aber vor Tempeln,
Hasenfiguren aus Thon verkauft, die man um diese Zeit den Kindern zu schenken pflegt. Die
Händler halten am 15. ihre Läden die ganze Nacht hindurch geöffnet und laden ihre besten Kunden
ein, um sie festlich zu bewirten. Ein besonders belebtes Bild bietet in diesen Tagen der Pekinger
Obstmarkt dar, wo sich ein Obststand an den anderen reiht.
»Der Kaiser befindet sich vom vierten Monate an in der »oberen Residenz« (shang4- tu1:
vermutlich ist darunter wohl Jehol zu verstehen). Wenn der T'ai4-shih3 (Grofsastrolog) dem Kaiser
den Tag des Herbstanfanges anzeigt, werden rote Blätter gepflückt, und an dem betreffenden Tage
findet ein Bankett statt, an dem die Palasteunuchen rote Herbstblätter darbringen. An dem Herbst
tage finden sich die drei Kaiserinnen, der Kronprinz und sämtliche Prinzen zur Beglückwünschung
ein. Der Kaiser trägt ebenfalls Herbstblätter am Hute. Es findet ein grofses Festmahl statt, das
den Namen: yaT-chieh2, »Niederdrückung der bösen Einflüsse der Periode«, führt. Entsprechend
der Aufeinanderfolge der Blütezeit der purpurfarbenen Chrysanthemen und des Tropoeolum majus
finden ebenfalls Bankette statt; denn für die bei Hofe stattfindenden Festlichkeiten giebt es bestimmte
Vorschriften, und sie können nicht beliebigerweise veranstaltet werden3).«
»Am 15. Tage des achten Monats findet das Mondopfer statt. Die hierbei zur Verwendung
gelangenden Früchte und Kuchen müssen sämtlich rund sein. Die Kürbisse müssen gezahnt ge
schnitten werden, so dafs die Zacken (beider Hälften) ineinander greifen und die beiden Hälften wie
Lotosblumen aussehen. In den Papierläden werden auf Papier gemalte Bilder des Vollmondes feil-
geboten, auf denen eine Figur dargestellt ist, die mit untergeschlagenen Beinen auf einer Lotusblume
thront: das ist der »Bodhisattwa des überallhin leuchtenden Mondglanzes«, M jt fe fi?» SU
Yueh4-knangI-pien4-chao4-pu2-saI. Darunter ist die Mondscheibe gemalt, in der ein Plase in dem
Palaste kuei4-tien4 (kuei4 ist der auf dem Monde befindliche Cassiabaum), auf den Hinter
beinen stehend, mit einer Keule in einem Mörser Heilpulver stampft. Die kleinsten dieser Bilder
sind drei Fufs, die gröfsten eine Klafter grofs. Die schönsten sind in Gold und bunten Farben aus
geführt. In jedem Hause wird das Bild nach der Richtung des aufgehenden Mondes aufgestellt.
Nachdem man die Opfergaben dargebracht und den Mond angebetet hat, wird das Papierbild ver
brannt; die Opfergaben aber müssen, nachdem sie weggeräumt worden, unter sämtliche Familien
glieder verteilt werden. Verwandte beschenken sich gegenseitig mit Mondkuchen und Früchten.
Manche der Mondkuchen haben einen Durchmesser von zwei Fufs. Frauen, die bei ihren Eltern
!) Siehe über diesen de Groot, Les fetes annuellement celebrees a Emoui, p. 495 ff.
2) Siehe de Groot, 1. c., p. 476.
1. c. CXLVIII, p. 43, Citat aus mm
II*
S4 Wilhelm Grube:
zum Besuch waren, müssen an diesem Tage nach Hause zurückkehren. Das Fest heifst: 7 uan2-
yüan2-chieh2, »das Fest der Rundung« (d.h. das Fest, an dem die Familie vollzählig beisammen ist)1).«
»In der Mittherbstnacht werden in allen Häusern Bildnisse des Mondpalastes aufgestellt, auf
denen ein Hase in aufrechter Stellung abgebildet ist. Im Hofe werden Melonen und andere h rüchte
reihenweise geordnet, und auf den Kuchen sind die Kröte2) und der Hase im Monde abgebildet.
Männer und Frauen verneigen sich ehrfurchtsvoll vor dem Bilde und bringen brennende Räucher
kerzen dar. Am Morgen verbrennt man es3).«
»Am Mittherbstfeste senden in der Hauptstadt sowohl die Gebildeten als auch die Leute
aus dem Volke Mondkuchen und Melonen aller Art als Geschenke umher. Man nennt das: k anA-
yüeh4-\i ui4 f »Versammlungen der Mondbetrachtung« 4).«
»Im achten Monate findet in der Residenz das cKiu'-she4, das Herbstopfer für die Götter des
Erdbodens und der Saaten, statt, wobei man sich gegenseitig mit Opferkuchen und Opferwein beschenkt.
In den Palästen der Verwandten des kaiserlichen Hauses weiblicherseits weiden vielfach Fleischschnitte,
mit Gemüse und Obst vermischt, auf den gekochten Reis gestieut, man nennt das. slie4-fan4, Opfer-
reis. Die Frauen suchen ihre Verwandten auf, und ihre Onkel und Tanten beschenken sie mit
frischen Kürbissen, indem sie sagen: »Möge es dem Neffen (sc. dem Mann der Frau, ihrer Nichte)
Nutzen bringen«5).«
Der 9. Tag des neunten Monats ist das Fest UHU® Ch'ung2-Jang2 - chieh2, das durch
das sogenannte »Besteigen von Anhöhen«, teng'-kao1, gefeiert wird. Dieser Brauch be
steht darin, dafs Freunde und Bekannte sich zusammenthun, um an irgend einem höher gelegenen
Punkte in der nächsten Umgebung der Stadt ein Picknick zu veranstalten. Mit Vorliebe werden für
diesen Zweck die Überreste des alten Mongolenwalles ausgesucht. Eine grofse Rolle spielen an
diesem Tage die sogenannten KuaJ-kao1, eine Art besonderer Fruchtkuchen (s. unten).
»Zur Zeit der Liao war es Sitte, am 9. des neunten Monats zu jagen und dabei ein Wett-
schiefsen auf Tiger zu veranstalten. Wer am wenigsten geschossen hatte, hatte verloren. Es fand
an diesem Tage ein allgemeines Bankett statt. Nach beendetem Schiefsen errichtete man an einem
hochgelegenen Punkte Zelte, wo man Chrysanthemumwein trank und Hasenleber, roh geschnitten
und mit Hirschzunge und Bohnensauce vermischt, afs6).«
»Im neunten Monate kehrt der Kaiser nach der Residenz zurück. Anfangs gab es dafür
keine feststehende Bestimmung: bald geschah es vor dem Feste Cfl nng2-chiu3, bald nach demselben,
oder auch im achten Monate. Seit das Chrysanthemumfest bei Hofe zur stehenden Regel geworden
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)i iü A PtU A )h B ‘iL' IM. 4t A Ai FI ffil liil f® iilo L c- CXLVm, P. 5«, Citat aus 4‘ijl Ä A
2) Siehe de Groot, 1. c., p. 485fr.
Ebendas., p. 5, Citat aus 4t V, ^ ^ pE'
4) fl #o Ebendas., p.Si, Citat aus fl
j.G: ^
ir ± itt m a * m A it §§ ^ m m n ie J4 * & wl # 2. ^ s *hm0
Citat aus flf pp'•
») if A h A B tT H li lf ^ fa Ä «i S A—tfo]K &
'C.CXLVIII, P- 5—6, Citat aus f|4Dt§E-
Zur Pekinger Volkskunde. 85
ist, findet nach erfolgtem Eintreffen des Kaisers im Palaste zehn Tage lang grofse Bewirtung mit
Thee statt1).«
»Am 9. des neunten Monats macht man Kuchen aus Weizenmehl. Man feiert das Fest
öiung'2-fang2, indem man sich gegenseitig mit diesen Kuchen beschenkt. Auch werden auf den
Märkten Löffel, Efsstäbchen und Schilfmatten feilgeboten, ähnlich wie an den Festen CKC-hsi2 und
Tuan'-wu2. Die Verkäufer pflegen aufserdem mit kleinen Handkarren durch die Strafsen zu ziehen
und ihre Ware auszurufen. Gelehrte und Beamte legen Wert auf die Beteiligung an diesem Feste,
und altem Brauche gemäfs ist alles unterwegs von Fest zu P'est2).«
»Am 9. des neunten Monats findet auf kaiserlichen Befehl eine Bewirtung der Beamten mit
Kucf-kao1 statt3).«
»Am 9. des neunten Monats versammelt man sich an beliebigen Orten aufserhalb des Thores
Fu4 - eil eng2 - men2. Am zahlreichsten sind die Ausflügler in den Tempeln Chen1 - chiao2 - s\&4 und öun1-
kang^pao^-tso4 (so heifst die Marmorpagode des Tempels Pi4-yün2-s\&4*). Die Kuchenverkäufer
auf den Märkten tragen glückbringende Schriftzeichen am Kopfe (d. h. wohl an den Hüten). Nach der
Periode shuang1 - chiang4 [shuang1 -chiang4, »das Fallen des Reifs«, ist der Name der 18. von den
24 Jahresperioden) veranstaltet man Wachtelkämpfe. Die Käfige (sc. mit den Wachteln) werden wie
Kostbarkeiten im Ärmel getragen5).«
»Am 9. des neunten Monats veranstaltet man Ausflüge, indem man Weingeschirr, Thee-
kessel und Speisenäpfe mitnimmt; man nennt das: teng1 -kao1, »die Höhen besteigen«. Auf hohe
Berge und hohe Türme verzichtet man und läfst sie unbestiegen; vielmehr beschränkt man sich
darauf, Gartenpavillons zu mieten und sich durch Besuche in der Nachbarschaft und Lieder die Zeit
zu vertreiben. Man bestreut die Kuchen aus Weizenmehl mit Jujuben und Kastanien und nennt
solche Kuchen: Iiua1 -kao1 »Blumenkuchen«. In den Kuchenläden werden bunte Fähnchen, so
genannte »Blumenkuchenfähnchen«, in diese Kuchen gesteckt. Die Eltern empfangen (an diesem
Tage) ihre Töchter zum Essen, daher nennt man dieses Fest auch: nii rhZ -clueh2, »das Fest der
jungen Frauen«6).«
»Sowohl vor als auch nach dem Feste CKung2-yang2 werden Festlichkeiten veranstaltet, zu
denen man sich gegenseitig einladet; dieselben heifsen: ying2-shuang1 -yen4, »Bankette zur Begrüfsung
des Reifes«. Auf solchen Gastmählern werden Hasen verzehrt, die man als »Hasen zur Begrüfsung
des Reifes«, ying2-shuang1-Cu1, bezeichnet. Liebhaber dieses Festes schmücken ihre Gemächer mit
Chrysanthemen, indem sie diese in zehn oder mehr Reihen derart aufstellen, dafs die kleineien in
den vorderen, die gröfseren in den hinteren Reihen zu stehen kommen. Das Ganze macht den
Eindruck einer ansteigenden Bergwand, die sich zu einem in allen Farben leuchtenden Ringe schliefst.
Der Name dafür lautet: Ji ua1 -cKeng2, »Blumenmauer«7).«
m t ft uLc-cxLvin' p-6“'ctat aus tvLA
ia p 9 f IS * A % Pt 'h ff $. ± ft PT R ± Ji W M # VA ü. fö % S ® S
Ebendas., aus derselben Quelle.
3) MJl 0 IWF la «fi.1L '• c.CXLVIH, p.61, Citat aus
4) Siehe Edkins, Chinese Buddhism, p. 255. ^
*) % H MMfä W rfü VÜc PI M^& HS ffi W A% ± nßA
Ebendas., Citat aus fj^ M M 4%^ *ÄI|7W
IZ H -p ^ g -p u ig- ^ ig- ff n z. ^ lh 2- M ff! M IS M 1$- ^ 0 «
1. c.CXLVIH, p. 6b— 7«, Citat aus §
86 Wilhelm Grube:
Der I. Tag des zehnten Monats ist dem Andenken der Toten geweiht und wird durch
folgende Ceremonie gefeiert, die den Namen: Sung4-Kan2-ix, »Darbringung von Winter
kleidern«, trägt. Ähnlich wie am 60. Tage nach dem Tode wird eine mit Opfergeld gefüllte
Papiertasche, j[paoT-fu2, auf den K'ang gestellt. Auf derselben ist eine Ahnentafel aufgemalt,
die den Namen des Verstorbenen sowie sein Geburts- und Todesdatum und rechts davon den Namen
des ältesten Sohnes trägt. Das pao'-fu2 fungiert als Repräsentant des Verstorbenen, daher wird
vor demselben ein Tisch aufgestellt, der die Opfergaben trägt, unter denen Fleisch die erste Stelle
einnimmt. Die Chinesen können dabei je nach Belieben entweder Schweine- oder Hammelfleisch ver
wenden, bei den Mandschu hingegen ist für diesen Zweck ausschliefslich Hammelfleisch gestattet,
da Schweinefleisch auf das grofse Ahnenopfer, ta4-chi4, das sich auf den Urahn des Ge
schlechtes bezieht, beschränkt bleibt. Es mag an dieser Stelle erwähnt sein, dafs die Mandschu
von Rechts wegen das Schwein überhaupt nicht als Haus- und Schlachttier, sondern nur als Opfer
tier züchten dürfen. Kommt ein fremdes Schwein auf den Hof eines Mandschu gelaufen, so ritzt
er ihm, bevor er es wieder davonjagt, ein Ohr auf, bis ein wenig Blut herausfliefst; durch dieses
Verfahren ist es symbolisch als Opfer dargebracht worden. Zu beiden Seiten des paoz-fu2, um
wieder auf die Totenfeier zurückzukommen, liegen papierne Winterkleider, han2-!1, oder statt
solcher bisweilen auch aus Papier nachgemachte Seidenrollen, KM eil ih3-f ou2. Die Opferdarbringung
selbst besteht nun in einem regelrechten Mahl, das dem Repräsentanten des Toten, gleich als wäre
dieser lebend zugegen, von dem ältesten Sohne unter jedesmaligem Kotou vorgesetzt wird. Am
Nachmittag, nachdem das Opfermahl seinen Abschlufs gefunden hat, findet die eigentliche »Dar
bringung der Winterkleider« statt. Der älteste Sohn trägt das paox-fil2, ein anderer drei Bogen Opfer
papier, ein dritter ein Gefäfs mit chiang1 -shui3 (in Wasser aufgelöstes Stärkemehl), und die
übrigen Teilnehmer tragen die Papierkleider. So begiebt man sich auf die Strafse hinaus, wo die
Verbrennung der Papiersachen stattfindet. Zunächst wird zur Beschwichtigung der ivai4-sui4,
»der fremden bösen Geister«, worunter die obdachlos umherirrenden Seelen solcher, die keine Nach
kommenschaft hinterlassen haben, gemeint sind, das Opferpapier verbrannt und, anscheinend zu
demselben Zwecke das in Wasser aufgelöste Stärkemehl ausgegossen. Erst nachdem auf diese Weise
übelwirkende Einflüsse beseitigt sind, findet die Verbrennung der für den Toten bestimmten Gegen
stände, des paol-fu2 und der Winterkleider, statt.
»Am i. Tage des zehnten Monats sucht man die Gräber auf, wie am Feste Chung1-
yiian2. Als Opfergabe verwendet man Kügelchen aus Bohnenteig (so glaube ich den Ausdruck:
tou4-ni2-kn3-to3 wiedergeben zu dürfen)1).«
»Zum I. Tage des zehnten Monats werden in den Papierläden buntfarbige Männer- und
Frauenkleider zurechtgeschnitten, etwa einen Fufs grofs; dieselben heifsen: Kan2-!1, Winterkleider.
Sie werden wie Schriftstücke versiegelt, und man erkennt sie an dem Geschlechts- und Zunamen
(des Adressaten) sowie an der Angabe des Altersranges (den der Tote in seiner Familie einnahm),
genau wie bei Briefen. In jedem Hause wird dieser Brauch beobachtet. In der Nacht bringt man
eine Libation dar und verbrennt die Papierkleider unter Wehklagen. Man nennt das: sung4-Kan2-i\
»Darbringung von Winterkleidern«2).«
»Im zehnten Monate werden vor dem Thore TimgI-Kua2-men2 der Kaiserstadt auf aller
höchsten Befehl die Schiefsübungen der Militärbeamten eröffnet. Das ist hergebrachte Satzung im
Reiche3).«
') + JJ M t ‘V #PI pRü )fi äE. ü % *§• V, '■'■ öi ™!. I- 7-. Ctat ‘4t ü ä| hE ■
i.c.cxlviii, ata.
aus Ä Hl $9 § ■
l.c.CXLVIII, p. 7a, Citat
aus
Zur Pekinger Volkskunde. 87
»Die Stiefel Verkäufer auf den Märkten Pekings halten den ersten Tag des zehnten Monats
für den Geburtstag [des Schutzpatrons] der Stiefel und bringen demselben Opfer dar. Je nachdem
dieser Tag trübe oder klar ist, prophezeit man Kälte oder Wärme für den ganzen Winter1).«
Mit dem Tage der Wintersonnenwende beginnt die Periode der »Neunmalneune«, %%
chiiß-chiiß, wie die Chinesen die 81 Tage bezeichnen, die mit dem Wintersolstitium ihren Anfang
nehmen und in neun gleiche Perioden von je neun Tagen eingeteilt werden. Die ersten 27 Tage
gelten für die Periode des strengsten Frostes und bilden somit den Gegensatz zu der Periode 4*Ä
chung1-fu2, die den Hundstagen entspricht; so lehrt es die Bauernregel: 4* >>c^e
Kälte fällt in die ersten drei Neune, die Hitze fällt in die chung'-fu2«. Es ist ein in und um Peking
(ob auch im übrigen China, ist mir nicht bekannt) ziemlich allgemein verbreiteter Brauch, für diese
81 Tage eine sogenannte »Tabelle des abnehmenden Frostes während der Neunmalneune«, jl
chiui-chhfi-hsiao'-Karf-fii2, anzufertigen, wie sie der Leser hier reproduziert sieht2).
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Auf dieser Tabelle, die eine Art Bauernkalender darstellt, wird nicht nur jeder abgelaufene
Tag notiert, sondern auch die Witterung jedes einzelnen Tages vermerkt, und zwar geschieht das
in folgender Weise.
Die in der Mitte der Tabelle stehenden, nur in Konturen ausgeführten neun Schriftzeichen
lauten übersetzt: »Wenn die Wildgans südwärts fliegt, wenn die Weiden üppig knospen, dann ist es
Frühling«. Jedes dieser Schriftzeichen besteht aus neun Strichen, so dafs sie zusammen 81 Striche
enthalten, die den 81 Tagen entsprechen. Nach Ablauf eines Tages werden jedesmal die Konturen
‘) lüOfrÄffAJd+JW |> — FÄlt,
1. c. CXLVIII, p. 76, Citat aus
2) Ich verdanke die Tafel der Güte des Herrn Hsüeh Shen, Lectors des Chinesischen am hiesigen Seminar ur
Orientalische Sprachen.
88 Wilhelm Grube:
eines dieser Striche in der vorgezeichneten Reihenfolge mit dusche ausgefüllt, so dafs sich an den
geschwärzten Strichen mit Leichtigkeit die Zahl der abgelaufenen Tage ablesen läfst. Die neun
quadratisch angeordneten Gruppen von je neun Kreisen sind für die Witterungsnotizen bestimmt,
und in welcher Weise diese zu erfolgen haben, lehrt der gereimte Vierzeiler am Fufse der Tabelle:
»ilTPfKCS
»Oben geschwärzt zeigt trüben Himmel, unten geschwärzt heiteres Wetter,
Links geschwärzt bedeutet Schneefall, rechts geschwärzt bedeutet Wind,
Regen zeigt ein Punkt im Kreise,
Kreis im Kreise heifst: veränderliches Wetter«.
Somit bedeutet © trübes Wetter, Q klaren Himmel, C Schneefall, 9 Wind, O Regen und
© veränderliches Wetter. Die antithetischen Verse zu beiden Seiten der Tabelle dienen lediglich
als poetischer Schmuck und lauten übersetzt:
»Wenn die winterliche Pflaume weifsliche Blüten treibt (wörtlich: Jade haucht), nehmen
Eis und Reif ab,
Wenn die Weide ihre goldenen Fäden herniedersendet, mehren sich Regen und Thau«.
Dafs die Sitte, derartige Kalender- und Witterungstabellen anzulegen, einerseits nicht erst
neuesten Datums, andererseits aber auch nicht auf die hier angegebene Form beschränkt ist, beweist
folgender Passus aus dem Jih4-hsid4-chiU^-JPeTt2-k ao3: »Am Tage der Wintersonnenwende malen
die Leute einen in Konturen ausgeführten Pflaumenbaumzweig mit 81 Blütenblättern, von denen
täglich je eins mit Farbe bemalt wird. Sobald das zu Ende geführt und die neun mal neun Tage
um sind, steht der Lenz in voller Blüte. Man nennt das: chiu3-chtuz-hsiaoI~h an2-tu2, »Tabelle
des abnehmenden Frostes während der Neunmalneune«1).«
»Unter den Liao herrschte die Sitte, dafs sich der Kaiser am Tage der Wintersonnenwende
in die Halle T‘ien'-hsiang2-tien* begab. Die nördlichen und südlichen (d. h. Liao-und chinesischen)
Würdenträger fanden sich in ihrer Alltagskleidung im Palaste ein, woselbst ihnen ihrem Range ent
sprechend Plätze angewiesen wurden. Die Liao safsen nach Süden, die Chinesen nach Noiden ge
richtet. Zu Gruppen vereinigt, zogen sie Losstäbchen. Wer fünf oder sieben Lose gezogen hatte,
erhielt Leckerbissen und Thee. Wenn der Kaiser ein Los gezogen hatte, setzten ihm die Würden
träger Wein vor. Zum Schlüsse wurde allen der Reihe nach Wein gereicht2).«
»Am Tage der Wintersonnenwende überreicht die astrologische Behörde einen Kalendei
(sc. für das kommende Jahr); desgleichen überreicht der mohammedanische Astrolog einen Kalender,
auch illustrierte Kalender werden dargebracht. Hernach finden sich auf den Märkten Verkäufer der
neuen Kalender ein. Die Staatssekretäre erscheinen am Tage des Wintersolstitiums persönlich an
der Spitze ihrer Beamten (im Palaste), überreichen Tücher und bringen örtliche Erzeugnisse als Tribut
gaben dar. Beamte und Privatleute statten einander Gratulationsbesuche ab3).«
»Sämtliche Kalender (sc. für das nächste Jahr) werden alljährlich am I. Tage des zweiten
Monats vorgelegt. Am i.Tage des vierten Monats werden die Formulare für den nächstjährigen
■) 41H A»f i—0 t-if i
üo 1. c. CXLVIII, p. 8b, Citat aus ■ri
1. c. CXLVIII, p. 8 «, Citat aus £§£ )|§ •
3)
l-c. CXLVIII, p.8«,
Citat aus m'm
Zur Pekinger Volkskunde. 89
Kalender in den Provinzen verbreitet und gedruckt. Am i.Tage des zehnten Monats werden sie
überreicht1).«
»Das Fest der Wintersonnenwende wird in der Residenz sehr in Ehren gehalten. Alle ohne
Unterschied des Ranges sind unterwegs, um Gratulationsbesuche zu machen. In jedem Hause liegt
ein Buch aus, in das der Besucher seinen Namen auf ein Blatt einträgt. Seit dem 4. Jahre der
Regierung Cheng-t'ung (1439) ist diese Sitte abgeschafft worden2).«
»Altem Brauche gemäfs wird vom Tage der Wintersonnenwende bis zu dem des Frühlings
anfangs den vor der Audienzhalle postierten Generalen und Offizieren Wein und Fleisch verabfolgt.
Man nennt das: t‘ou2-nao3-chiu3, »Gehirnwein«3).«
»Im elften Monate verstopft man die Fenster, bringt Blütenbäume in Kellergelassen unter
und ifst Hasenbrühe. Verheiratete Töchter pflegen sich meist ins elterliche Haus zu begeben, um
für ihre Mutter zu waschen; man nennt das: »die Güte der Mutter vergelten«. Rund geschliffene
Steine, die wie Bogenkugeln aussehen, werden aut die Erde gelegt, und die Knaben schleudern
sie mit dem Fufse nach vorn und hinten; wer den Stein auffängt und zurückwirft, ist Sieger. Jetzt
beginnt man auch die Hirschfelltrommeln zu schlagen. Die Trommeln bestehen aus einem eisernen
Cylinder, der mit einem einfachen Hirschfell bespannt wird. Je zehn oder fünf Mann thun sich zu
sammen und schlagen die Trommel. Auch Mädchen beteiligen sich daran4).«
Am 8. Tage des zwölften Monats wird sogenannter La-pa-Brei, JIA® la*-pa'-chou\ d. h.
»Brei des 8. Tages des zwölften Monats«, den Göttern und Ahnen dargebracht. Das Gericht besteht
aus Bohnen aller Art, die mit Reis vermischt gekocht werden; man pflegt allerhand getrocknete
Früchte, wie Jujuben, Lichi u. dergl. m. hineinzuthun und den fertigen Brei mit kandierten Früchten
zu verzieren. Nach beendetem Opfer wird der Brei unter die Familienglieder, Verwandten und Dienst
boten verteilt. Der Lamatempel Yung-h'o-kung ist besonders berühmt für sein la^-pa1 -chou1, das
nicht nur verschiedenen anderen Tempeln, sondern auch dem Kaiser und den Mitgliedern des kaiser
lichen Hauses übersandt wird. Am 8. Tage des zwölften Monats pflegt man auch Knoblauch in
Essig einzumachen. Dieser Knoblauchessig, UH/Vga /a4-pa1 -ts u* genannt, dient als Zuthat zu den
Schweinefleischpastetchen, die zum Jahresschlufs gegessen werden.
»Am 8. Tage des zwölften Monats wird den Beamten Brei verabfolgt. Auch im Volke pflegt
man La-pa-Brei anzurichten, der aus Reis, mit Früchten vermischt, bereitet wird. Wer die meisten
Als der Kaiser T'ang2 Ming2-tiuang2, mm fj. (713—756) einmal am I. Tage des zweiten Monates den Wunsch äufserte,
seine Aprikosenbäume blühen zu sehen, holte der Eunuch Kao1 Li^-shlh^ | ' seine lrommel, genannt
chieh2-ku3, herbei, und während er sich mit ihr zum Gesänge des Liedes: ctiun1 - kuang1 - tiaoz - ck ü
begleitete, öffneten sich alle Knospen an den Bäumen. Daher die Redensart: »die die Blüte beschleuni
gende Trommel schlagen« (s. Petillon, Allusions litteraires, p. 517).
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
12
90 Wilhelm Grube:
Arten davon hat, hat den Vogel abgeschossen. Es ist dies ein alter Brauch, der auf die Sung-
Dynastie zurückgeht. Zur Zeit der Sung war la4-pax der 8. Tag des zehnten Monats1).«
»Die Buddhisten nennen den -8. Tag dieses Monats la^-pa'-jih4. Sie kochen roten Hefen
brei, den sie Buddha als Opfer und der Geistlichkeit als Speise darbringen. In der Hauptstadt
bereiten sowohl die Beamten als auch das Volk »Zinnoberbrei«, chu1 -shä1 -cJlOU1. Es heifst, dafs
es auch im kaiserlichen Palaste von alters her in gleicher Weise geschieht2).«
»Im zwölften Monate vergräbt man Pflaumenbäumchen in Kübeln reichlich fünf Fufs tief in
der Erde und zündet noch drei Fufs tiefer Pferdemist an, um das Erdreich ein wenig zu erwärmen.
Wenn die Pflaumenbäumchen allmählich weifse Blüten treiben, schützt man sie durch Papierhüllen
und verkauft sie auf den Märkten. Mit jungen Pfirsichen, Prunus japonica und Jasminum nudifloium
macht man es ebenso. Als Geschenk sind frische Früchte besonders geschätzt. Die Klänge dei
Hirschfelltrommeln werden immer lärmender; man nennt die letzteren: jping2-nien2-ku3, »Trommeln
der Jahresbegrüfsung«. An dem dem Neujahrsabend vorhergehenden Tage, dem sogenannten hsiao3-
cKu2, findet in allen Pläusern Bewirtung mit Wein statt, und man stattet sich gegenseitig Besuche
ab. ’Dieser Brauch heifst: pieh2-sui\ »vom (alten) Jahre Abschied nehmen«. Draufsen vor der
Hausthür werden Räucherkerzen verbrannt; das nennt man t'ien*-hsiang\ »Himmelsräucherwerk«.
Während dreier Tage werden (Papierstreifen) mit auf den Frühling bezüglichen Worten (an Wände
und Thüren) geklebt. Kleine Knaben und Mädchen legen dabei Proben ihrer kalligraphischen Fertig
keit ab3).«
»Man pflegt in der Residenz die Blumen im Winter in die Erde einzugraben, um ihr Wachs
tum zu fördern, ein Verfahren, das bereits seit den Zeiten der Hcan beobachtet wird. Wenn zur
Zeit der H‘an-Dynastie in den Gärten grofser Beamter im Winter Schnittlauch, Zwiebeln oder
Gemüse gepflanzt wurden, brachte man dieselben in gedeckten Räumen unter, in denen Tag und
Nacht hindurch ein glimmendes Feuer unterhalten wurde. Durch die Wärme gelangte das Gemüse
zum Wachstum. Der Schatzmeister Chao1 Hsin4-cK en2 erklärte solches jedoch für ein nicht dei Zeit
entsprechendes Produkt, das den Menschen schädlich und daher nicht geeignet sei, als Speise vor
gesetzt zu werden. Er beantragte daraufhin die Abschaffung dieses Verfahrens. Übrigens wurde
dieses Verfahren nur für die Gemüsezucht, nicht aber für die Blumenzucht in Anwendung gebracht.
Die Päonien, die gegenwärtig im zehnten Monate im Palaste dargebracht werden, werden auch auf
diese Weise gezogen. Zur Zeit der H an ist jedoch nur von gedeckten Räumen die Rede, wählend
heutzutage Gruben gegraben werden, in denen man die blütentreibenden Gewächse birgt. Wenn
man sie in die winterliche Erde hineinlegt, ist deren Odem im Innern warm, und dasjenige, was das
Wachstum der Pflanzen fördert, ist zur einen Hälfte der Odem der Erde, zur anderen dei des Feuers ).«
jtfc * m 5R a# i& *■ E 5i5 fl# IIA ÄP ß A B 0 >• <=■CXLvm. p- * «■Ciat M ® M W ■
P-9«. Citat aus 1fr ih
*) Bifl.üMWMiMit* gr
B l.c. CXLVIII, p. 9.5, Citat aus
pK!t|IWWB=»I» IS* ~ ________ 5^ Hf T 'S G E Ä ^ dH iHj T
Mn m \% tk K T S K % 11 ® M ü £ iS. jtt ft Pt 9 SS M A ‘WÄ rb A Ül 4- ft Sc+n mm *t n jtt & &# m ± w m « m m ss a * & m m & m m m z
7^ A ± 4» M ‘B :Jt W ® A A ll I P M A M *1 A Hl o '• = CXLVIII, p.9i-lou, Cita, austm
Zur Pekinger Volkskunde. 91
Am 23. des zwölften Monats wird dem Gotte des häuslichen Herdes, |||3l Tsao4-wang2,
ein Opfer dargebracht chk-tsao4), da er sich an diesem Tage gen Himmel begiebt, um dem
Hw4 -liuang2 -shang4- ti4 über die guten und bösen Thaten der seiner Obhut anvertrauten Familie
Bericht zu erstatten. Mitten auf dem Altäre befindet sich ein Bild, meist ein roher Buntdruck, in
einem papiernen oder hölzernen Schreine, und vor diesem sind fünf Teller mit Opfergaben aufge
stellt: drei Teller mit Gerstenzucker, kuanJ-tungI-tcang2 (»Zucker aus Kuan-tung«, d. h. aus
der Mandschurei, in der Schriftsprache ff§7fc no4-mi3-1"ang2 genannt), gezuckerten Melonen,
«iß. f ang2-kna1, und Zuckergebäck, ifö tcang2-ping3, sowie zwei Teller mit Zucker, der aus
dem Süden eingeführt wird, nan2-fang2. Links davon steht eine Schüssel mit Heu, tjä,Jhj-
ts ao3-liang2, und links ein Napf mit grünem Thee. Die beiden letztgenannten Opfergaben sind für
das Rofs bestimmt, auf dem der Gott gen Himmel reitet (es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, dafs
die Heimchen, die sich in der Nähe des Herdes aufzuhalten pflegen, 3E tsao4-ivang2-ma3,
»Pferde des Tsao-wang«, genannt werden). Vor den Opfergaben stehen zwei Leuchter mit daran
befestigtem Opfergeld und zwischen ihnen das Räucherbecken.
Während des Opfers dürfen nur Männer zugegen sein; die weiblichen Familienglieder haben
sich verborgen zu halten. Der Familienälteste steckt brennende Räucherkerzen ins Räucherbecken
und macht Kotou, die übrigen männlichen Familienglieder machen nur Kotou, ohne Räucherkerzen
darzubringen. Sobald die Räucherkerzen niedergebrannt sind, trägt der Pater familias den Schrein
mit dem Bilde des Gottes hinaus und legt das letztere auf ein im Hofe befindliches, mit Fichten
zweigen gefülltes eisernes Becken. Nunmehr wird das Bild samt dem Schreine (falls dieser aus
Papier besteht) und dem Opfergelde verbrannt. Dieser Schlufsakt der Feier heifst ^ sun§1'
Tsao4-ivang2, »dem Tsao-wang das Geleite geben«. Sowohl vor als auch nach der Verbrennungs-
ceremonie werden Schwärmer abgebrannt. Um dieselbe Zeit pflegen die Kinder ein wenig von
dem als Opfergabe dargebrachten Zuckerwerk ins Herdfeuer zu werfen, damit der Gott im Himmel
nur »honigsüfse Reden« ^ ffy gj§> im Munde führe.
»Es ist in der Residenz von alters her Sitte, den 24. (also nicht, wie heutzutage geschieht,
den 23.) des letzten Monats als den Tag zu bezeichnen, an dem die Götter gen Himmel steigen.
In dieser Nacht pflegen die Hausgenossen Opfer und Libationen darzubringen und sie durch Reden
zu begleiten, die überdies den Zweck haben, das Schlechte niederzuhalten und das Gute hervor
zuheben *).«
»Am 24. des zwölften Monats werden dem Tsao-wang Zuckergebäck, Hirsekuchen, Jujuben,
Kastanien, Walnüsse und geröstete Bohnen als Opfergaben dargebracht, während seinem Pferde
eine Krippe mit Heu als Futter vorgesetzt wird. Da man meint, dafs er am nächsten Tage gen
Himmel steigt, um über alles, was sich im Laufe des ganzen Jahres in der (seiner Obhut anver
trauten) Familie ereignet hat, Bericht zu erstatten, richtet man das Bittgebet an ihn, er möge über
das Gute viel, über das Schlechte wenig reden. In den Berichten wird einer Opferdarbringung für
die Gemahlin des Tsao-wang Erwähnung gethan. Heutzutage beteiligen sich nur Männer an der
Opferdarbringung, während es Frauen und Mädchen untersagt ist, dieselbe anzusehen. Jungen
Mädchen wird nicht gestattet, von den Überbleibseln der dem Tsao-wang dargebrachten gezuckerten
Früchte zu geniefsen, weil es heifst, dafs, wenn sie von den Überresten der dem Tsao4-ivang2
dargebrachten Opfergaben genossen haben, ihr Mundrand schwarz wird, so oft sie fette Speisen essen2).«
»In Yen (Peking) ist es Sitte, die Bilder des Gottes des häuslichen Herdes auf Holzblöcke
zu schneiden und dann auf Papier zu drucken. Man nennt solche Bilder: Tsao4 -ma?. Sowohl die
Gebildeten wie auch das Volk reifsen sich um dieselben. Am 24. des zwölften Monats werden sie
•) FEBÜSgilL^Jt^^AlS^ätlfifcfi-äW
Lc- CXLVIII, p.ioß, Citat aus JJ'QK] (|{| •
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Bmn
12
92 Wilhelm Grube:
verbrannt, wodurch dem Tsao4-ivang2 bei Antritt seiner Fahrt gen Himmel das Abschiedsgeleite ge
geben wird. Man bringt bei dieser Gelegenheit dem Tsao4-chünx kleines Zuckergebäck und seinem
Pferde schwarze Erbsen sowie auch einen Zoll lange Strohhalme als Futter dar. Die ganze Familie,
grofs und klein, verneigt sich im Kreise und spricht dabei das Gebet: »Gleichviel, ob es bitter,
süfs, stinkend oder beifsend ist: möge Tsao4-n>ang2 nicht davon reden«. Am darauffolgenden
Neujahrstage wird Tsao4-wang2 in gleicher Weise empfangen1).«
Die Kompilatoren des Jih4-hsia4-chiu4-wen2-kcao3 bemerken zu den obigen Angaben: »Es
ist in der Residenz noch immer der alten Sitte entsprechend den Frauen verboten, das Opfer dar
zubringen. Wenn es in einem Hause an männlichen Familiengliedern fehlt, so kann das Opfer
allenfalls durch die Nachbarn dargebracht werden. Als der Termin für die Opferfeier gilt der
23- Tag; nur diejenigen Familien, die aus den südlichen Provinzen eingewandert sind, halten sich
an den 24.2).«
»Um die Zeit der fünften Nachtwache des 25. Tages des zwölften Monats werden zum
Empfange des Yü4-h iiang2 Räucherkerzen und Opferpapier verbrannt, da derselbe an diesem Tage
auf die Erde herabsteigt, um unter den Menschen Umschau zu halten. An diesem Tage darf
bei Leibe kein Weibergezänk vernommen werden3).«
»In der letzten Dekade des zwölften Monats werden alljährlich im reingekehrten und mit
Wasser besprengten Hofe des Tempels Chen4 - kuo2 - s\&4 eine Menschen- und eine Hundepuppe aus
Strohbündeln angefertigt, deren Leiber aus buntfarbigen Atlaslappen bestehen. Dann veranstalten
die vornehmsten Vertreter der hervorragenden Beamten- und Adelsgeschlechter, die eigens für diesen
Zweck gewählt werden, ein gemeinsames Schiefsen auf diese Puppen. Sobald die letzteren ver
nichtet sind, wird ihnen ein Hammel und Wein als Opfer dargebracht. Nach beendetem Opfer
legen die Kaiserin, der Kronprinz, die zum Hofe gehörenden Damen sowie diejenigen, die am
Schiefsen teilgenommen hatten, die Gewänder, die sie (während des Schiefsens) getragen hatten, ab
und lassen durch mongolische Schamaninnen und Schamanen ein Gebet verrichten, nach dessen Be
endigung sie ihnen die Gewänder schenken. Die Ceremonie heifst: t'oI-tsaiI, »Abwendung des
Unheils«. Im Volke nennt man sie: she4 - ts‘ao3 - kou3, »das Schiefsen nach dem Strohhund«4).«
Während der letzten Tage des zwölften Monats herrscht auf den Strafsen ein ungleich
regeres Leben als sonst, auf den Märkten und in den Läden wimmelt es von Käufern und Händlern,
denn da während der ersten Tage des neuen Jahres sämtliche Geschäfte geschlossen sind, mufs sich
z n m m ± X s u * 4m m « m & s s * m s n j§ ä & m & s m n m
E3 ^ "h Ä ^ Sa it % a äiA^TGilLXJt^niiu^iä! liIT,q !• c. CXLVIII, p. lob, Citat aus
M JS
2) m ® ßjjtEMÄ in H1& it MM±^ MM ¥ äc MM MM ÄSSE
0 IlJ 0O l.c. CXLVIII, p. iia.
WiMWMo l-c-CXLVm, p.na, Citat aus M
^ 0 M $Üq L c- CXLVIII, p. 11«, Citat aus TL ^ ^ diese Sitte bezieht sich
somit auf die Zeit der Mongolenherrschaft.
Zur Pekinger Volkskunde. 93
ein jeder rechtzeitig mit dem erforderlichen Bedarf an Lebensmitteln versehen. Auch herrscht in
Peking wie auch im ganzen übrigen China die löbliche Sitte, keine Schulden ins neue Jahr hinüber
zunehmen, sondern alle laufenden Rechnungen vor Ablauf des Jahres abzuschliefsen. In den gröfseren
Geschäften pflegen drei Zahlungstermine, und zwar vor den drei Hauptfesten des Jahres (dem 5. Tage
des 5. Monats, dem 15. Tage des achten Monats und dem Neujahrstage), eingehalten zu werden.
Am Neujahrsabend wird in jedem Hause ein gemeinsames Mahl eingenommen, bei dem
kein Familienglied fehlen darf. Es ist dies eine Art Versöhnungsfeier, und selbst da, wo zu sonstigen
Zeiten nur selten Eintracht herrscht, sind alle Angehörigen verpflichtet, für die Dauer dieses Mahles
das beste Einvernehmen zur Schau zu tragen, eine hübsche Sitte, die übrigens durch das folgende
Sprichwort recht drastisch illustriert wird: »Gab es auch tausendmal Prügel und zehntausendmal
Schelte: am Abend des 30. sitzt man vereint beim Mahle« (*r—T *—S,=-Nı—«
Nach beendetem Mahle nimmt man vom scheidenden Jahre Abschied, ||^||| tsf ä2-sui4. Das
geschieht in der Weise, dafs der Familienälteste zuerst den Hausgöttern und dann den verstorbenen
Vorfahren Räucherkerzen, sogenannte cKang2-ming4-hsiang', darbringt, worauf sämtliche
Familienglieder ihrem Altersrange nach erst vor jenen und dann vor diesen Kotou machen. Bei
den Mandschu kniet der Pater familias dreimal vor dem Ahnenbrett nieder, wobei er je dreimal mit
der Stirn den Boden berührt (— ; auch bedienen sich die Mandschu, wie bereits
erwähnt, keiner Räucherkerzen, sondern jenes unter dem Namen: »tatarisches Räucherwerk«, ta2-
ts\&-hsiang1, bekannten Räucherpulvers, das auf den auf dem Ahnenbrette stehenden Holzteller
gestreut und dann angezündet wird. Die Töchter des Hauses beteiligen sich an dem Kotou vor
den Ahnen nicht, weil sie durch eventuelle spätere Verheiratung aus der väterlichen Familie aus-
scheiden. Nach Beendigung dieser religiösen Ceremonie werfen sich Kinder und Enkel vor ihren
Eltern und Grofseltern auf ihr Antlitz nieder, was diese durch ein kleines Geldgeschenk, ein so
genanntes wm ya'-sui4 (resp. s. oben S. 48), zu erwidern pflegen. In früheren Jahren
bestand auch der Brauch, dafs am letzten Tage des Jahres einer der verheirateten Söhne bei den
verwandten Familien Besuche abstattete, um dort zum Jahresabschiede Kotou zu machen
wo jedoch überhaupt nur ein verheirateter Sohn war, mufste dieser am letzten Tage des
Jahres daheim bleiben, und der Besuch wurde in solchem Falle auf den Neujahrstag verschoben.
Heutzutage wird diese Sitte nicht mehr beobachtet.
Während der Neujahrsnacht wird das Thor CKien2-men2 nur für die Dauer einer halben
Stunde geschlossen, so dafs der Verkehr zwischen der Tataren- und Chinesenstadt fast die ganze
Nacht hindurch unbehindert bleibt. Die meisten verbringen die Neujahrsnacht wachend, da in ihr
die Hausgötter wieder in ihre irdischen Behausungen zurückkehren (f^| MT#)- Ungefähr um
die Zeit der fünften Nachtwache wird ein Mahl eingenommen, und nach diesem findet der Empfang
der Götter, chieh' -shen2, statt, der natürlich in erster Linie dem Gotte des häuslichen
Herdes gilt.
Über ganz China verbreitet ist endlich der Brauch, um die Zeit der Jahreswende Thüren,
Wände, Schränke und Kisten mit roten Papierstreifen zu bekleben, die entweder mit bildlichen
Darstellungen oder mit gliickverheifsenden goldenen Schriftzeichen geschmückt sind und den Zweck
haben, dem Hause die drei höchsten Glücksgüter: Kindersegen, Reichtum und langes Leben zuzu
führen und jegliches Unheil abzuwenden. Desgleichen werden auch lange rote Papierstreifen mit
antithetischen Versen, sogenannte mm tui4-lien2 oder tui4-ts\&4, zu beiden Seiten der Thür
angeklebt. Meine Sammlung enthält folgende Beispiele derartiger Thür- und Hausamulette:
1. Drei Paare von Bildern, von denen je eins den J^Jl! CK in2 CKiung2, das andere den
Mt fö Yü4-chih2 Kung1 (oder J^J* j|g fgl Yü4-chih2 Ching1 - te2) darstellt. Die Bedeutung dieser
beiden Mitbegründer der T'ang- Dynastie als Schutzgötter des Hausthors geht auf folgende Legende
zurück. Der Kaiser T'ai-tsung der T'ang-Dynastie (626 — 650) wurde lange Zeit hindurch allnächtlich
von bösen Geistern gepeinigt. Da erwirkten sich jene beiden Generale die Erlaubnis, vor der Thüi des
kaiserlichen Schlafgemaches zu wachen, und von diesem Tage an wagte keiner der Dämonen mehr,
die Nachtruhe des Kaisers zu stören. Um seinen getreuen Wächtern den lästigen Nachtdienst zu
ersparen, liefs nun der Kaiser ihre Bildnisse anfertigen und an die Thür seines Schlafgemachs heften.
CK in2 CK iung2 und Yü4-chih2 Kung' werden in Peking in der Regel schlechthin als »Thürgeister«,
94 Wilhelm Grube:
jjjfjl men2-shen2, bezeichnet und im Volke vielfach mit Shen* Shu* und ^ Jg Yü4 Lü4
identifiziert, obwohl diese, abgesehen davon, dafs sie ebenfalls als Thürgeister verehrt werden, nichts
mit jenen gemein haben und rein mythologische Phantasiegestalten sind1). Fast an jedem Hausthore
sieht man entweder die Bildnisse von CKin2 CKiung2 und Yü4-chih2 Kling* oder statt ihrer zwei
rote Papierstreifen, auf denen die Namen Shen* Shu1 und Yii4 Lii4 geschrieben stehen. Die beiden
Erstgenannten sind stets als gepanzerte Krieger dargestellt, die entweder Laternen an Stangen in
den Händen halten oder mit Schwertern und Keulen bewaffnet sind.
2. Zwei Bildnisse des Dämonenbezwingers Hg Chung* Kuei2, der das Haus vor Gespenstern
und bösen Geistern, WSk hsieh2-sui4, beschützt. Jedes der beiden Bilder ist mit einer Siegel
aufschrift versehen, die eine lautet: chen4-chai2 shen2-pan4, »der das Haus beschirmende
göttliche Richter«, die andere: chan3-mo2 cKu2-hsieh2, »der Dämonentöter und Vertilger
böser Geister«. Die rote Fledermaus (jgg fu2) über seinem Haupte ist ein Emblem des Glücks
(SS/“’)*.
3- Zwei Bilder (ebenfalls an die Thürflügel zu kleben), die den Wunsch nach Rangerhöhung
und Reichtum ausdrücken. Auf beiden ist die Mittelfigur ein Mandarin, der einen mit Geldmünzen
behängten Baum in den Händen hält. Der Mandarin ist der sogenannte »Hausmandarin«,
chia1 -kuan1, d. h. der Schutzpatron des Hauses. Als Rebus gedeutet, entspricht der Mandarin mit
dem Geldbaume dem Satze: ^ "llf chia*-kuan1 chin4-pao3, »der Hauspatron möge Schätze
herbeibringen«, und substituieren wir ferner für die beiden ersten Zeichen die gleichlautenden Worte:
Mt chia1 -kuan*, so erhalten wir die Devise: Mt chia*- kuan* chin4-pao3, »Beförderung im
Amte und Zuwendung von Schätzen«. Auf beiden Bildern ist die Hauptfigur von vier Knaben um
geben, von denen der ihr zunächst stehende einen mit den Zeichen: 0 ßh4> »Sonne«, und JfJyiieh4,
»Mond«, geschmückten Pfauenwedel, den sogenannten »Sonnen- und Mondfächer«, anm jih4-
yüeh4 - shan4, trägt, während die übrigen drei Knabenfiguren wiederum symbolische Bedeutung haben.
Der zur Linken der Hauptfigur stehende Knabe hält in der einen Hand eine Lotusblume, ||| lien2,
in der anderen eine Pansflöte, sheng*, ein Rebus, das in lien2-sheng*, »möge eine Be
förderung der anderen folgen«, umzudeuten ist. Die Attribute des zweiten Knaben, Granatapfel und
Pfirsich, sind uns bereits als Embleme reichlichen Kindersegens und langen Lebens bekannt. Der
rechts knieende Knabe hält einen Korb mit Päonien, mu3-tan*-Kna*, Chrysanthemen,
chiu3-Jiua* (so genannt, weil ihre Blütezeit in den neunten Monat fällt), und Pfirsichen. Die Päonie
symbolisiert Reichtum und Ansehen, chiu3 in chiu3-Kua* vertritt das gleichlautende £ chiu3, »lange«,
und die Pfirsiche sind als Symbol des langen Lebens bekannt; somit erhalten wir die Wunschformel:
^ JeI* ^ fu4-kuei4 chuß-shou4, »Reichtum, Ansehen und langes Leben«. Auf dem zweiten Bilde
hält der links knieende Knabe einen Korb mit Päonien, Granatäpfeln und dem Kraute der Unsterb
lichkeit, m ling2-chih*-ts‘ao3. Setzt man an Stelle von J|| ling2 das gleichlautende ling2,
»Lebensjahr«, so ergiebt sich die Wunschformel: ^ ju3-shou4 chiu3-ling2 ts\&-
sun*, »lange Lebensdauer, Söhne und Enkel«. Die bereits früher erwähnte, unter dem Namen:
»Buddha-Hand«, fo2-shou3, bekannte, citronenähnliche Frucht in der Hand des Mittelknaben soll
zu san*-tö*-chih*-wai4, d. h. »noch weitere Glücksgüter aufser den drei bekannten« be
deuten. Die Vase Qjjjj p ing2) in der Hand des rechts stehenden Knaben drückt den Wunsch: 'g
J&"fu4-kuei4-p ing2, »Reichtum, Ansehen und Frieden«, aus. Was endlich den mit Geldmünzen
behängten Baum anlangt, so trägt derselbe den Namen: yao2 - cKien2 - shu4, »der Baum,
von dem man Geld herunterschüttelt«, er dient mithin als Symbol eines gewinnbringenden Geschäftes.
Mit demselben Namen pflegen auch die Kupplerinnen die Mädchen zu bezeichnen, die sie kaufen,
um aus ihrem Gewerbe Gewinn zu schlagen.
4. Ein Bild, das eine ähnliche Bedeutung hat wie das vorige. Die Hauptfigur stellt eben
falls den chia*-kuan* dar, jedoch mit einer Rolle in der Hand, auf der die Worte: fJUKÄf#
chia*-kuan* chin4-lu4, »Beförderung und reichliches Einkommen«. Von den drei Nebenfiguren kommt
!) Näheres über sie giebt de Groot, 1. c., p. 597 ff.
Zur Pekinger Volkskunde. 95
nur die mittlere in Betracht, die, auf einem Hirsche reitend, in der einen Hand eine Mütze, in der
anderen ein Buch hält. Jene ist eine Anspielung auf die Verleihung der Mütze als Zeichen der
Mündigkeit, MM chia1 -kuan1, in diesem Falle jedoch im Sinne von Mfä chia1-kuanr, »Beförde
rung«, aufzufassen. Sowohl der Hirsch, hl4, als auch das Buch, ^ lu4, dienen als Symbole des
reichlichen Einkommens, lu4.
W chia4 -pao3 -p‘en2,5. Ein Bild, das einen in einem sogenannten »Schatzbecken«
stehenden Geldbaum darstellt. Auf einem Aste desselben sitzt ein Knabe, der drei am Fufse des
Baumes stehenden Knaben mit Geldmünzen behängte Zweige hinabreicht.
6. Zwei Bilder, die einen auf einem Einhorn, cKi2-lin2, reitenden Knaben darstellen.
Auf dem einen Bilde hält der Knabe in der einen Hand Päonien, in der anderen ein Buch. Für ^
lu4, »Buch«, braucht nur, wie bei Nr. 4, das gleichlautende lu4, »reichliches Einkommen«, gesetzt
zu werden, so ergiebt sich die Deutung: *!§ jlj) fu4-kuei'-chin4-lu4, »Reichtum, Ansehen und
reichliches Einkommen.« Auf dem anderen Bilde erscheint der Knabe mit einem Buche und einem
Blütenzweige von Osmanthus fragrans Lour., kuei4 - hlua1. Da ^ kuei4 das homophone
kuei4, »Ansehen«, vertritt, so erhalten wir dieselbe Devise wie auf dem vorigen Bilde. Zu Füfsen
des Einhorns liegen verschiedene Embleme des Reichtums, wie Geldmünzen, Silberbarren, Korallen
u. dergl. m. umhergestreut.
7. Zwei Bilder ähnlicher Art und nur durch die Attribute der Knaben von dem vorigen
unterschieden. Auf dem einen Bilde hält der auf dem Einhorn reitende Knabe in der Linken ein
Gliicksscepter, ju2-i4, in der Rechten eine flache runde Schale, auf der sich ein Affe unter einem Pfirsich
baume befindet, während eine Biene an die Pfirsiche herangeflogen kommt; von dem Pfirsichbaume hängt
ein Siegel in gelber Umhüllung herab. ' kua4, »hängen«, bedeutet in Verbindung mit yin4,
»Siegel«: »das Siegel umhängen«, d. h. »zum Oberbefehlshaber ernennen«; die Biene, ^ und
der Affe, Kou2, aber sind im Sinne von f'eng2-Kcu2, »mit der Würde eines Vasallenfürsten
belehnen« zu verstehen. Auf diese Weise erhalten wir als Auflösung des Rebus die Worte:
kua4-yin4 feng'-liou2, »möge die Ernennung zum Oberbefehlshaber und Lehensfürsten (oder,
nach der heutigen Geltung dieses Adelsprädikates, Marquis) beschieden sein«. Der Pfirsichbaum drückt
überdies noch den Wunsch langer Lebensdauer und das ju2-i4, wie sein Name besagt, die Erfüllung aller
Wünsche aus. Das zweite Bild unterscheidet sich von dem ersten nur dadurch, dafs auf der Schale,
die der Knabe in der Linken hält, ein Kranich, liiiil hsien1 -Kao2, mit dem Kraute der Unsterb
lichkeit, Ung2-chih1 -ts’ao3, im Schnabel steht. Diese beiden Embleme der Unsterblichkeit
lassen sich entweder durch tiao2-ling2 »die Lebensdauer der Kraniche«, oder durch füll*
hsien1 - ling2, »die Lebensdauer der Unsterblichen«, wiedergeben. Das Einhorn dient auf beiden
Bildern als Ausdruck der Devise: KÜpf cKi2-lin2-sung4-fu2 »das clii2-lin2 möge Glück spenden«.
8. Zwei Bilder, die jedes zwei Knabenfiguren darstellen. Die beiden Hauptfiguren halten
Räucherbecken, und die Rauchwolken, die aus diesen aufsteigen, enthalten die Schriftzeichen:
shuang1 -hsk lin2 men2, »möge doppelte Freude, dem Hause beschieden sein«. Von den
beiden Nebenfiguren hält die eine einen blühenden Päonienzweig und eine »Buddha-Hand« = ji|
zr ^ fu4-kuei4 san'-to1, »Reichtum, Ansehen und Kindersegen«, die andere Chrysanthemen und
einen Pfirsich = J| chiu^-shou4, »lange Lebensdauer«.
9. Ein Bild, das die Götter des Glückes, des reichlichen Einkommens und des langen Lebens
darstellt. Der Fischbehälter, ^ jjHj yü2-kangx, spielt auf das gleichlautende j|£ yü2, »Überflufs«,
an, woraus sich die Devise: /w2 hl4 shou4 VU3 yü2, »Glück, reichliches Einkommen
und langes Leben in Hülle und Fülle«, ergiebt.
10. Zwei Bilder, die zwei mit Schätzen beladene Karren darstellen. Auf jedem derselben
sitzt ein Knabe: der eine hält einen blühenden Päonienzweig (—fu4-kuei4, »Reichtum und Ansehen«),
der andere drei Citronen, san'-yüan2, die als 7^ san'-yüan2, »die drei höchsten Grade,
die bei den Staatsprüfungen verliehen werden«, zu deuten sind.
11. Zwei Bilder mit Figuren in der Tracht hoher Würdenträger, deren jede eine geöffnete
Rolle in den Händen hält. Auf der einen stehen die Worte: kuo2-en2 chia'-ch ing4,
»kaiserliche Gnade und häusliches Glück«, auf der anderen: ^^Wr Jen2 shou4 men feng , »den
Menschen möge eine lange Lebensdauer beschieden und das Jahr fruchtbar sein«.
96 Wilhelm Grube:
12. Ein Bild, das einen sceptertragenden göttlichen Mandarin darstellt, als bildliche Wieder
gabe des Wunsches: ® jg; fien'-kuan1 tsffr ju2-i\ »der himmlische Mandarin möge Er
füllung der Wünsche gewähren«. Der Knabe zur Linken der Hauptfigur hält, wie auf Nr. 3, eine Lotus-
blume und eine Pansflöte als Ausdruck rascher Beförderung im Amte, während der Knabe zu ihrer
Rechten eine Vase hält, in der drei Miniaturhellebarden, ein Symbol, das schon im Kapitel über
die Hochzeitsbräuche (S. 32) Erwähnung fand und den Wunsch einer Erhöhung um drei Rang
stufen auf einmal ausdrückt. Die Fügurengruppe ist von allerhand Emblemen des Glückes, Reichtums
und langen Lebens, wie Fledermäusen, Phönixen, Luftschlössern (Jftic shen3-lou2, fata morgana),
Geldmünzen, Silberbarren, Muscheln, Perlen, Kranichen u. dergl. m., umgeben.
13. Ein Bild mit der Aufschrift: §| jfjojg ta*-fa'-tscii2-yüan2, »die grofse Quelle des
Reichtums«. Das Bild zeigt als Hauptfigur einen bärtigen Mann in fremdartiger Tracht, der einen
mit Schätzen beladenen Karren vor sich her schiebt.
14. Ein Bild, dessen Hauptfigur einen göttlichen Würdenträger darstellt, der eine Rolle mit
der Aufschrift: fien1 -kuan1 tsfd fu2, »der himmlische Mandarin verleiht Glück«, in
den Händen hält. Zwei Trabanten rechts und links tragen Standarten, von deren jeder eine Fleder
maus, zwei Geldmünzen und ein Pfirsich herabhängen. Die mit einem viereckigen Loch in der
Mitte versehenen Münzen werden | - cK ien2, »mit einem Auge (d. h. Loch) versehene Münzen«,
genannt, ein Ausdruck, der in dem vorliegenden Falle in J'erP-ch'‘ien2, »vor Augen«, umzudeuten
ist; auf diese Weise ergiebt die Zusammenstellung von Fledermaus und Geldmünzen die Devise:
fl©'jü: itf f11* tsaiA yen* cKien2, »Glück vor Augen«. Die Verbindung von Fledermaus und
Pfirsich bedeutet: fu2-shou4, »Glück und langes Leben«. Im Vordergründe stehen noch zwei
Knabenfiguren, von denen die eine eine Fahne und einen Silberbarren, die andere eine geöffnete Rolle
mit der Aufschrift: fii m 1U1 h^-shifa-hsien'-kuan1, »der göttliche Verwalter des guten Marktes«,
in den Händen hält. Bilder solcher Art finden vorzugsweise in Kaufläden Verwendung.
15. Sogenanntes »Buddha-Geld zum Aufhängen«, fo2-kua*-cKien2. Das Wort:/o2,
»Buddha«, ist in diesem Falle in der allgemeineren Bedeutung: »Gott«, resp. »Götter«, aufzufassen
und bezieht sich speziell auf die Hausgötter. Das fo2-kua*-cKien2 besteht aus fünf Blättern braun
roten, zierlich ausgeschnittenen und am unteren Rande ausgezackten Papieres, von denen jedes mit
einer farbigen Papierfigur beklebt ist. Das Mittelblatt trägt das Bildnis des Gottes des langen
Lebens, ShouA-hsing , während auf den übrigen vier Blättern die acht Genien, pci1 -hsien1, paarweise
dargestellt sind. Die fünf Blätter werden wie eine Art Vorhang am oberen Rande des Götter
schreines, fo2-k‘an2, an geheftet.
16. Den vorigen ähnliche Blätter, nur dafs auf ihnen die erwähnten Bilder durch buntgemalte
Blumenkörbe vertreten werden, die mit den Attributen der acht Genien versehen sind; sie werden
daher BtAflll anA-pax-hsien1, »die versteckten acht Genien«, genannt und gelten für würdiger als
die vorigen. Diese Blätter werden in derselben Weise wie diese verwendet.
l7• h‘ung2-kua*-cKien2 »rotes Hängegeld«, dem vorigen ähnlich und gleichfalls
aus fünf Blättern bestehend. Jedes Blatt enthält in der Mitte die paarweise gruppierten Schrift
zeichen: Jll j|f climg*-Ko4 hsin'-cKun*, »Glückwunsch zum neuen Lenze«, und darüber als
Überschrift, pien^-e2, die durch zwei Swastika (= wan*, »zehntausend«) getrennten Worte:
taA-chi , »grofses Glück«. Zu beiden Seiten stehen in senkrechten Zeilen die antithetischen Verse,
tuk-ts^-. ‘/X Jl| ^ ^, »Ströme und Berge prangen seit alter Vorzeit in
Schönheit, Blumen und Bäume erfreuen sich das ganze Jahr hindurch eines dauernden Lenzes«. Die
Chrysanthemen am unteren Rande bedeuten mit den Hakenkreuzen des oberen kombiniert: Ä R
wan -tat -chang -cluu3, »zehntausend Generationen und lange Dauer«. Sämtliche Schrift
zeichen und Ornamente sind ausgeschnitten. Diese Blätter werden über der Hausthür angeheftet.
18. Fünf ebensolche Blätter, die sich von den vorigen nur dadurch unterscheiden, dafs sie im
Mittelfelde dieZeichen: fu*-kuei* jung2-Kua2, »Reichtum, Ansehen und Ruhm«, tragen.
19. Fünf ähnliche Blätter, nur dafs das Muster, welches aus ineinandergreifenden Ringen
besteht, Geldmünzen darstellt; daher der Name: ku^-cKien2 »alte Münzen« (alte Münzen
dienen als Amulette).
Zur Pekinger Volkskunde. 97
20. Fünf Blätter, die dasselbe Dessin zeigen wie das vorige, nur dafs es in der Mitte das
Zeichen j|(g fu* 2, »Glück«, trägt.
21. Ein kleineres Blatt von quadratischer Form, mit einem goldenen jjjg fu2, »Glück«, ver
sehen, das jedoch mit einer Löwenfigur »einem Löwen, der einen gestickten Ball
rollt«) überklebt ist. Seine Bedeutung als Glücksemblem verdankt der Löwe möglicherweise dem Um
stande, dafs vor dem Flaupteingange der Behausungen kaiserlicher Prinzen sowie auch vor gröfseren
Tempeln zwei Steinlöwen aufgestellt zu sein pflegen. Der Umstand, dafs von diesen beiden Löwen
figuren das Männchen eine Kugel, das Weibchen ein Junges unter der rechten Vordertatze hält,
hat im Pekinger Volke zu dem seltsamen Glauben Anlafs gegeben, dafs die Löwin Eier legt und
ihre Jungen an den Klauen säugt. Diese und die folgenden Blätter werden an Schränke, Kisten
u. dergl. geklebt.
22. Zwei quadratische Blätter mit einem goldenen fu2, »Glück«.
23. Quadratische Blätter mit den monogrammartig verschlungenen Zeichen:
Kuang2 chin1 wan4 hang3, »zehntausend Unzen Gold«. Dergleichen Monogramme, die sehr beliebt
sind, heifsen: ts'ou^-ts^ oder hen2-ts\&4, »aneinandergefügte oder kombinierte Zeichen«.
24. Blätter gleich den vorigen, nur dafs die Aufschrift mit buntbemalten Papierfiguren über
klebt ist, von denen die eine den lh-shih4-hsien1 -kuan1 (s. Nr. 14), die andere das Schatzbecken
(s. Nr. 5), darstellt.
25. Ähnliche Blätter mit den kombinierten Zeichen: mmm ^ chaol-tscai2 chin4 -pao3,
»Herbeischaffung von Reichtümern und Schätzen«. Dieselben sind teils einfach, teils mit einem Bilde
überklebt, das einen mit Schätzen beladenen Karren, 5|§ TU ^ J|l chin4-yüan2-pao3-c!i e1 (s. Nr. 10),
darstellt.
26. Kleine rote Papierstreifen, von denen jeder in fünf Quadrate eingeteilt ist. Jedes Quadrat
enthält ein Monogramm oder auch ein einzelnes Schriftzeichen in Golddruck: es sind dies erstens
die beiden soeben erwähnten Gruppen von kombinierten Zeichen und zweitens die Charaktere:
jjlg fu2, »Glück«, j|L hsi3, »Freude«, und das cyklische Zeichen f]vu3. Diese fünf Quadrate werden
auseinandergeschnitten und einzeln angeklebt. Es scheint, dafs sie vorzugsweise für Waren verschiedener
Art verwendet werden, so z. B. sah ich in gröfseren Holzlagern einzelne Bretter mit solchen Glückszeichen
versehen. Zu bemerken ist dabei noch, dafs das Zeichen stets auf dem Kopfe stehend angebracht
werden mufs: ein solches »umgekehrtes yu3«, tao3-yu3, hat dann nämlich den Sinn von fiJW
tao4-yu3, »zu Besitz gelangen«.
27. Kleines gelbes Opfergeld, j|f hsiao3-Kuang2-cKien2, aus kleinen gelben Papier
blättchen bestehend.
28. Zwei Blätter aus weifsem Papier, mm pai2-kua4-cliien2, das auf gleichem Dessin
wie Nr. 19 und 20 das Wort: ferguwecuke, in Mandschuschrift enthält. Blätter dieser Art werden
von den Mandschu am Ahnenbrett befestigt und pflegen vor dem Ahnenopfer durch neue ersetzt
zu werden.
»In der fünften Nachtwache des Neujahrsabends verbrennt man Opferpapier, um dem Yü4-
Kuang2, der sich gen Himmel begiebt, das Abschiedsgeleit zu geben; zugleich bewillkommnet man
den neuen Gott des häuslichen Herdes bei seiner Herabkunft auf die Erde. Man steckt Sesam
stengel unter das Vordach über der Thür und in die Fensterbrüstungen: wie es heifst, fängt man
die Dämonen darin ein, um sie nicht wieder herauszulassen. An Thüren und Fenster werden aus
rotem Papier ausgeschnittene Flaschenkürbisse geklebt, das nennt man: »die Seuchendämonen ein
fangen«. In der Nacht werden im Hofe Fichten- und Cypressenzweige verbrannt; man nennt das:
sung1 -pcen2 ou'-sui4, »durch ein Becken mit Fichtenzweigen das Jahr erhitzen (oder dörren)«. Man
hängt die Bilder der verstorbenen Vorfahren auf und bringt ihnen shih1 - hsien1 -tou3- fang21) und
ma2-Iiua1-san32) als Opfergaben dar. Dieselben werden auf ein Gestell aus buntgefärbten Schilf
stengeln gelegt. Nachdem sich die älteren und jüngeren Familienglieder (vor den Bildern) verneigt
x) Vermutlich ist damit ein Zuckergebäck in Gestalt von Löwen und Genien gemeint.
2) Ein striezelähnliches Gebäck aus zopfartig geflochtenen Teigstreifen.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. 13
haben, verneigt sich zum Schlüsse jedes von ihnen einzeln. Man nennt das: ts{82-sui4, »vom (alten)
Jahre Abschied nehmen«. Endlich setzen sich alle vereint zu gemeinsamem Mahle nieder, was man
shou3-Sui4, »das Jahr bewachen«1), nennt.
Um die Zeit der Jahreswende bleiben die Behörden einen Monat lang geschlossen. Der
Beginn dieser Amtsferien fällt auf den 19., 20. oder 21. des zwölften Monats und ist mit einer feier
lichen Ceremonie verbunden, die unter dem Namen fengx-yinA, »Siegelverschlufs«, bekannt
ist. Selbstverständlich mufs für dieselbe zuvor ein glückbringender Tag und eine glückbringende
Stunde gewählt werden, eine Obliegenheit, die dem<|^^j|^ Chinx -fien1 -einen4, der astronomischen
oder Kalenderbehörde, zufällt.
Jedes Yamen besitzt sein Siegel, das sich unter der Obhut des Siegelbewahrers, £p 'jgk
chien4 -yin4- kuan1, befindet. Amtliche Schriftstücke werden dem Vorsitzenden der betreffenden Behörde
zunächst im Konzept, (ST ti3-ts\e3 oder kao3-tsp?3, zur Genehmigung und Unterschrift
vorgelegt2). Die Unterschrift, plp h\iax~yax, meist ein aus zwei Zeichen bestehendes Monogramm,
pflegt, zur Vermeidung von Fälschungen, nur den Eingeweihten verständlich zu sein. Nach voll
zogener Unterschrift wird eine Reinschrift des Schriftstücks angefertigt und diese mit dem Siegel
versehen. Das Siegel befindet sich unter Verschlufs, und den Schlüssel zu demselben hat der Vor
sitzende; so oft das Siegel gebraucht wird, hat daher der Siegelbewahrer den Schlüssel von dem
Vorsitzenden gegen Aushändigung einer silbernen Legitimationsmarke, yao4-shih2-pcai2,
auf der die Zeichen Jgpp 'j§£ chien4-yin4 - kuanx, »Siegelbewahrer«, eingraviert sind, zu erbitten. Der
Siegelbewahrer hat jedes gestempelte Schriftstück unter Angabe, wievielmal dasselbe mit dem Amts
stempel versehen worden ist, in ein Journal einzutragen und dieses samt dem Siegel dem Vorsitzenden
der Behörde zuzustellen, woraufhin er seine Legitimationsmarke wieder zurückerhält. Besonders
wichtige Aktenstücke werden auch mit dem Namen des Siegelbewahrers versehen.
An dem Tage des Siegelverschlusses wird das vorher rein gewaschene Siegel mitten auf den
in der Haupthalle der Behörde, jg* kling1-fang2 oder ^ ^ ltat-fang*, aufgestellten Tisch gelegt.
Zu beiden Seiten des Siegels stehen zwei Leuchter mit brennenden Kerzen, und vor demselben
befindet sich ein Räucherbecken. Die Eingangsthür der Halle wird mit Draperien aus roter und
grüner Seide, ts af-cKou2 (ähnlich denen, die bei der Hochzeitsfeier verwendet werden, s. S.17),
geschmückt. Während die höheren Beamten unter Vortritt des Vorsitzenden die Halle betreten,
stehen die übrigen Beamten in Galatracht zu beiden Seiten der Stufen und begrüfsen ihre Vorgesetzten
durch diingi-an1. Nachdem der Vorsitzende brennende Räucherkerzen in das vor dem Siegel be
findliche Räucherbecken gesteckt hat, vollzieht er drei Kniebeugungen, deren jede von einem drei
maligen Kotou begleitet ist, worauf er die Glückwünsche seiner Beamten anläfslich des Siegelver
schlusses, jÜäM'IpP tao4 fängx -yin4 -chih1 hsi3, entgegennimmt. Nunmehr findet die eigentliche
Ceremonie des feng1-yin4 in folgender Reihenfolge statt. Zunächst wird das Siegel mit einer Papier
hülle versehen und diese mit einem roten Papierstreifen zugeklebt, auf den das Zeichen M fengx,
»versiegelt«, sowie das gleichbedeutende Mandschuwort: fempilehe geschrieben wird. Alsdann wird
das Siegel in den zugehörigen Kasten, EPit yin4 - Ko2 oder £p ^ yin4 -hsiangx, gelegt, der mittels
eines silbernen Vorlegeschlosses zugeschlossen wird. Endlich wird der Kasten in einen gelbseidenen
Beutel, Knang2-paox -fu2, gelegt und dieser mit zwei roten Papierstreifen kreuzweise über
klebt. Auf dem einen dieser beiden Streifen stehen die Worte: fengx yin4 taA chi2,
»möge der Siegelverschlufs von grofsem Glück begleitet sein«, während der andere die Aufschrift:
Hl EP^C^a k‘aixyinA ta4-chi2, »möge die Siegelöffnung von grofsem Glück begleitet sein«, trägt, und
Zur Pekinger Volkskunde. 99
zwar wird, im Hinblick auf die bevorstehende Siegelöffnung, der letztere quer über den ersteren
geklebt. Nunmehr übergiebt der Siegelbewahrer den Schlüssel wieder dem Vorsitzenden und trägt
das Siegel in die Siegelkammer, jcp Jj|t yin4-k‘u4. Damit hat der feierliche Akt sein Ende erreicht,
und die Beamten verlassen unter gegenseitigen Glückwünschen den Ort ihrer Thätigkeit, um sich
erst einen Monat später wieder an demselben einzufinden.
Der Tag des feng'-yin4 ist in Peking ein besonderer Festtag für die Bettler und Vagabunden,
da sie an diesem Tage straffrei sind. Sie benutzen daher die Gelegenheit, um mit Vorliebe Passanten,
die, von ihren Markteinkäufen heimkehrend, Mundvorräte bei sich führen, zu bestehlen. Werden
sie auf der That ertappt, so riskieren sie höchstens, eins ausgewischt zu bekommen, ohne jedoch
böse Folgen gewärtigen zu müssen.
Die Siegelöffnung, £p k‘ai1 -yin4, die den Wiederbeginn der dienstlichen Thätigkeit be
zeichnet, erfolgt genau einen Monat nach dem feng1-yin4 und ist mit der nämlichen Ceremonie wie
dieses verbunden. Man achtet darauf, dafs das erste Aktenstück, das im neuen Amtsjahre mit dem.
Siegel versehen wird, ein Hy ^ chf-hsiang^-ti'-kung'-shih4, d. h. ein solches sei, dessen
Inhalt von günstiger Vorbedeutung ist.
Fünftes Kapitel.
V olksbelustigungen.
I. Fahrendes Volk: Sänger und Sängerinnen, Geschichtenerzähler.
cliang4 - ch‘ü’rhI - ti\
Erst seit etwa zwanzig Jahren sollen in Peking die sogenannten ffi - J1 cliurhI -pan1 -
tszä3, d. h. Truppen von Eiedersängerinnen, bestehen. Dieselben stehen unter der Leitung eines
Impresario, =g= chang3-pari1 -ti1, der meistens irgend ein verkommenes Subjekt ist und zugleich
die Rolle eines Zuhälters spielt. Derselbe kauft zwölf- bis dreizehnjährige Mädchen von hübschem
Äufsern auf, gewöhnlich Töchter armer Eltern, läfst sie im Gesang und in der Musik ausbilden und
sorgt dafür, dafs sie stets elegant und geschmackvoll gekleidet sind Man Hfst diese
Sängerinnen oft zu Vermählungs- und Geburtstagsfeiern sowie auch zum man3-yüeh4 (s. S. 5) ins Haus
kommen und die Gesellschaft durch ihre Gesangsvorträge unterhalten. Sie erscheinen dann im
schönsten Staate und beglückwünschen das Familienoberhaupt stets durch Kotou; auch beschränken
sie sich bei solchen Gelegenheiten nicht nur darauf, ihre Lieder vorzutragen, sondern bedienen aufser-
dem die anwesenden Damen nach Wunsch mit Tabakspfeifen u. dergl. Gewöhnlich singen sie zunächst
irgend ein Glückwunschlied, so z. B. bei einer Hochzeitsfeier das Lied: 55llt JÜfg, >>der Himmels
mandarin möge Glückssegen verleihen«, oder bei einer Geburtstagsfeier das Lied: Af|lj »die
acht Genien wünschen Glück«. Nachdem sie dann noch ein oder zwei Lieder vorgetragen haben,
werden Zettel, die das Repertoire der Truppe enthalten, shou3-che2, umhergereicht, und zwar
geschieht das bei den Herren durch den Impresario, bei den Damen durch die Mädchen selbst. Es
steht jedem der Gäste frei, eine Nummer aus dem Programm zu wählen, doch mufs er in solchem
Falle für den Vortrag des gewünschten Liedes ein Geldgeschenk von mindestens 8 Tiao spenden.
Das Geld wird vom Impresario in Empfang genommen und einkassiert; die Mädchen erhalten ubei-
haupt keine Bezahlung, sondern nur freie Station und Kleidung: sie sind Eigentum des chang
pari1 - ti1. Obwohl diese Sängerinnen, wenn sie in Privathäusern auftreten, sich stets höchst anständig
und gesittet aufführen, so sind sie doch jederzeit käuflich und stehen daher in dieser Hinsicht auf
gleicher Stufe mit den Prostituierten.
IOO Wilhelm Grube:
2- ic$k nü3-hsi4.
Unter nü3-hsi4 versteht man Truppen von Schauspielerinnen, die in einem gemeinsamen
Standquartier, —f\j|| hsiaA-ch u4, leben und ebenfalls unter der Oberleitung eines Impresario,
fjl Ö'J chang3-pan1 -ti1 oder lao3-pan1 (auch lao3-pan3 genannt), stehen. Dieser kauft
sie ihren Eltern in der Regel im zarten Alter von zehn Jahren ab, um sie in der Schauspielkunst
unterrichten zu lassen. Nur wenige Bevorzugte dürfen bei den Proben, hsüeh2 -hsi4, die im
hsia4-chu4 stattfinden, zugegen sein. Die nü3-hsi4 treten zumeist in Privathäusern bei den
san4 - sheng1 -jih4 genannten Geburtstagsfeiern auf. Man unterscheidet nämlich in Peking (ob auch im
übrigen China, ist mir nicht bekannt) drei Kategorien von Geburtstagen: I. ta4-cKing4, »grofses
Glück«, d. h. den 39., 49., 59., 69. u. s. w. Geburtstag, 2. J£J|| cheng4-cKing4, »ordentliches Glück«,
d. h. den 40., 50., 60., 70. u. s. w. Geburtstag, und Sc£'H san4 - sheng1-jih4, »zerstreute oder da
zwischenliegende Geburtstage«, worunter der 31. bis 38., 41. bis 48., 51. bis 58. u. s. w. Geburtstag
verstanden wird. Die beiden erstgenannten Kategorien werden auch als cheng3 - sheng1 -
jih4, d. h. »volle Geburtstage«, bezeichnet. Die san4 - sheng1 -jih4 werden stets nur im Kreise der
nächsten Freunde und Verwandten gefeiert, zu deren Unterhaltung und Belustigung wohlhabendere
Leute Theateraufführungen durch die in Rede stehenden Schauspielerinnen veranstalten. Fällt ein
solches Fest in eine wärmere Jahreszeit, so findet die Aufführung im Hofe statt, im Winter jedoch
wird zu diesem Zwecke eine mit Seidendraperien dekorierte, sogenannte »warme Bühne«, Bj| ^
nuan3-tcai2, in der Haupthalle errichtet. Wie bei den cKang4-ch‘Ürhl-ti1, ist es auch bei diesen
Aufführungen statthaft, dafs die Anwesenden — natürlich gegen besondere Bezahlung — ein Stück,
das nicht auf dem Programm stand, auswählen und es aufführen lassen (man nennt dieses Verfahren
|Pj& j||£ tien3-hsi4, »ein Stück punktieren«, weil in solchen Fällen der auf der Liste verzeichnete Titel
des gewünschten Stückes durch einen beigefügten Punkt markiert wird).
Die Schauspielerinnen gelten im allgemeinen für anständiger als die Sängerinnen. Die nii3-
hsi4 giebt sich nicht, wie jene, zu unsittlichen Zwecken her: höchstens kann man sie dem Impresario,
falls dieser darauf eingeht, abkaufen und sie zur Konkubine nehmen.
3- lien2-Kua1-lao4.
Im siebenten Monate verlieren die Lotusblumen ihre Blätter, in diesem Monate stellt der
Landmann seine Arbeit ein und kann sich dem Vergnügen und dem Gesänge hingeben; daher der
Name lien3-Kua1 -lao4, »die Lotusblumen fallen von den Stengeln«. Die unter diesem Namen bekannten
Sänger sind stets männlichen Geschlechts, gehen jedoch als Mädchen verkleidet und gehören durch
weg den ft TI» shih2-pu4-hsien2 (s. unten) an. Ihre den Gesang begleitenden Musikinstrumente
setzen sich aus Bambuscastagnetten, pan3-ts\e3 oder cha2-pan3, und aus einer Art Rassel,
qp dneh2-ts\£3, die aus einem Bündel kleiner Bambusstäbchen besteht, zusammen. Die lien2-
Kua1-lao4 bilden keine Truppen. Bei festlichen Gelegenheiten läfst man sie ins Haus kommen und
ihre Lieder vortragen.
4- nü3-lao4-ts\&3.
Die unter diesem Namen bekannten Sängerinnen, in der Regel Töchter der eben erwähnten
lien2 -h ua1 - lao4, bilden gleich den cKang4-cKü’rhl-ti1 einzelne Truppen, deren jede unter der Leitung
eines chang3-pan1 -ti1 steht. Ihre Lieder, die sie mit Castagnetten begleiten, sind meist obscönen
oder doch wenigstens pikanten Inhalts; dennoch sollen sich die nii3-lao4-ts\&3 durch einen sittsameren
Lebenswandel auszeichnen als die cKang4-cKü'rhl-ti1.
5- /\^ gfc pa1-chüeh2-ku3.
Pa1 -chiieh2-hu3, d. h. »achteckige Trommeln«, ist die Bezeichnung für gewisse Sänger, die
ihren Gesang mit diesem Instrumente, einem achteckigen, mit Metallschellen versehenen Tamburin
mandschurischen Ursprungs, sowie mit einem Saiteninstrument begleiten. Diese Kunst wird sowohl
von professionellen Sängern als auch von Liebhabern, ~jr ts^-ti4, betrieben. Manche von ihnen
führen auch Taschenspieler mit sich. Die pä1 -chiieh2-ku3 sind stets Männer.
Zur Pekinger Volkskunde. IOI
6. hsitf-ts^3.
Es sind dies die blinden Sänger, die man, mit einem langen Stabe bewaffnet und ihren
Gong schlagend, allenthalben in den Strafsen Pekings umherziehen sieht. Sie erfreuen sich, vielleicht
weil sie meistenteils zugleich Wahrsager sind, eines gewissen Ansehens und werden als
hsien1 - sheng1, »Herr« oder »Lehrer« (in der Schriftsprache ku3-che3), angeredet. Es giebt
auch blinde Sängerinnen, die lisia1 -kurhl genannt werden. Diese blinden Sänger stammen
gröfstenteils aus der Provinz Chihli, bilden gewissermafsen Schulen und wohnen gruppenweise in
gemeinsamen Quartieren, die sich gewöhnlich in Tempelbauten befinden.
7. shuo1 - shu1-ti1.
Die Geschichtenerzähler, shuo1 -shu1 -ti1, werden ebenfalls mit dem Titel hsien1 -sheng1 an
geredet. Sie treten in öffentlichen Lokalen auf, die ihnen von den Besitzern für diesen Zweck zur
Verfügung gestellt werden. Die Lokale, in denen die Vorträge stattfinden, heifsen SSI shu1-
kuan’rh3. Durch an denselben angeheftete Ankündigungen, pao4-ts\&3, wird bekannt ge
macht, welcher Erzähler am Tage und am Abend vorträgt, zugleich auch, was zum Vortrag ge
langt. Jeder Besucher zahlt dem Inhaber des Lokals fünf bis sechs Cash, wofür ihm Thee gereicht
wird. An der Mitte der Rückwand des Vortragsraumes ist ein Podium errichtet, auf dem ein Tisch
und ein Stuhl steht. Auf dem Tische liegt stets, auch im Winter, ein Fächer, der niemals fehlen
darf. Zur festgesetzten Stunde besteigt der Erzähler das Podium und giebt, indem er mit einem
würfelförmigen Holzblock auf die Tischplatte klopft, das Zeichen für den Beginn des Vortrages.
Dieser Holzwürfel, der die Gestalt des gewöhnlichen chinesischen Siegelstempels trägt und @1*
hsing3-mu4, d. h. »Weckholz«, genannt wird, dient dem shuo1 - chu1 - ti1 zugleich als eine Art Legiti
mation. Die Geschichtenerzähler bilden nämlich regelrechte Schulen; jeder von ihnen hat seinen
Lehrmeister und erhält von diesem nach Absolvierung des Lehrkursus ein hsing2-mu4, das ihn als
ausgebildeten Schüler des betreffenden Lehrers legitimiert. Gleichzeitig erhält er das Recht und
die Pflicht, auch den Namen seines Meisters zu führen, und zwar führt er denselben entweder an
zweiter oder an dritter Stelle, d. h. entweder zwischen seinem Familien- und Zunamen oder hinter
dem letzteren.
Sobald der Geschichtenerzähler das Signal gegeben hat (man nennt dies: pc ai1 - hsing3-
mu4, »mit dem Weckholz klopfen«), trägt er zunächst vier einleitende Verse vor, die sich auf den Inhalt
der betreffenden Geschichte beziehen, yin3-cKang2-shih1. Nach jedem Kapitelschlufs, der
stets an einer besonders spannenden Stelle erfolgt, giebt der Vortragende ebenfalls ein Zeichen,
woraufhin der Diener mit einer Sammelbüchse, die die Gestalt des üblichen Getreidemafses, sheng1,
hat und daher auch diesen Namen trägt, umhergeht und Beiträge einsammelt. Jeder Zuhörer zahlt
gewöhnlich einen Cash. Diese Kollekte heifst ^ ta3 - cKien2. Der Beginn jedes neuen Kapitels
wird abermals durch ein Signal mit dem Weckholz angekündigt, doch werden die einleitenden Verse
nur vor dem ersten Kapitel citiert. Der Geschichtenerzähler liest seine Erzählungen niemals ab,
sondern trägt sie stets auswendig vor. Des vorhin erwähnten Fächers bedient er sich zu panto
mimischen Darstellungen von Kampfscenen. Im Winter finden solche Vorträge sowohl am Tage als
auch abends statt, im Sommer jedoch nur am Tage. Der Ertrag wird zwischen dem Lokalver
mieter und dem Erzähler in der Weise geteilt, dafs dem letzteren gewöhnlich sieben Zehntel des
selben zufallen. Seinen Stoff wählt sich der Vortragende nach eigenem Ermessen; einer ganz be
sonderen Beliebtheit erfreuen sich jedoch das UPfl ^ Liao4-chai1 -chih4-i4, das
Yung3 - cKing4- sheng1 -ping2 und das ^ jffj ching1 - chung1 - chuan4. Es giebt heutzutage be
sondere Spezialisten unter den Geschichtenerzählern, die sich ausschliefslich auf den Vortrag der
Erzählungen des Liao4 - chai1 - chili4 - i4 beschränken und daher m mm Mm p‘ing2-chiang3 liao4-
chai1 - chih4 - i4 genannt werden.
Es giebt noch eine niedere Abart von shuo1-shu1-ti1, die man als »Strafsenerzähler« bezeichnen
könnte und denen man allenthalben in gröfseren Verkehrsstrafsen begegnen kann. Im Winter halten
sie ihre Vorträge ganz im Freien, im Sommer jedoch meist unter einem Mattendach, das sie und
Wilhelm Grube:
Berlin
102
ihre Zuhörerschaft vor den sengenden Strahlen der Sonne schützt. Die meisten Geschichtenerzähler
beginnen ihre Laufbahn in dieser Weise auf den Strafsen.
Die shuo1-shuI-tiI verehren den mythischen Erfinder der Schrift Tsang1 Chieh2 und
den Confucius als ihre Schutzpatrone.
II. Gauklervereine.
Es giebt in Peking zahlreiche Gauklervereine, die aus Liebhabern bestehen und sich, jedoch
nur auf besondere Einladung, an öffentlichen Aufführungen und Umzügen beteiligen. So wird z. B.
den unter dem Namen ^ k‘ai1 -kuang1 bekannten Tempelfesten gern durch die Mitwirkung
solcher Gauklerbanden ein besonders festliches Gepräge und zugleich ein mehr oder weniger karne
valistischer Charakter verliehen. Wird die Beteiligung von Gauklervereinen an einer K'ai-kuang-
Ceremonie gewünscht, so gehen die Einladungen nicht von den Bonzen, sondern von sogenannten
hsüJ-tsi&3 aus. Unter hsü1 -ts\& versteht man wohlhabende Leute, meist Beamte aufser
Dienst shen1 -shih4), die ihrem Vergnügen leben und gröfstenteils zu der Kategorie jener
eleganten Sport- und Lebemänner gehören, die mit dem verächtlichen Namen WU2-lai4-
ts\d. h. »Umherstreicher« oder »Taugenichtse«, bezeichnet werden.
Jeder Verein dieser Art steht unter der Oberleitung eines Obmannes, parh? -tou2
genannt, dem die Beschaffung der erforderlichen Kostüme und sonstigen Requisiten obliegt. Ent
weder in seinem Hause oder in einem von ihm gemieteten Tempel finden neun- bis zwölfmal
monatlich unter der Leitung eines Lehrmeisters, chiao4-hsi2, regelmäfsige Übungen und Proben
statt. Dem Obmann steht ein chih4-shih4-ti1 zur Seite, der die geschäftlichen Angelegen
heiten des Vereins verwaltet. Wer einen derartigen Verein, Kui4, ins Leben rufen will, mufs,
bevor er mit demselben an die Öffentlichkeit tritt, eine Eröffnungsfeier veranstalten, die mit dem
Namen m h‘o4-p‘ai2, »Festschau«, bezeichnet wird und zu der die Obmänner sämtlicher von
früher her bestehenden ähnlichen Vereine geladen werden. Diese Feier findet gewöhnlich in einem
gröfseren Restaurant statt. In der Mitte der Halle werden auf Tischen zwei grofse und eine Anzahl
kleinerer lung2-ts\&3 aufgestellt: das sind Kasten, meist schichtenweise aufeinandergesetzte,
cylindrische Holzbehälter, in denen die dem Vereine gehörenden Gerätschaften und Requisiten auf
bewahrt und von Ort zu Ort transportiert werden. Sämtliche lung2-ts\& sind mit Fähnchen ge
schmückt, an denen kleine Metallschellen, ling2-tangl, hängen; sowohl die Kasten als auch
die Fähnchen tragen den Namen des neugegründeten Vereins. Vor den lung2 -ts\& liegen sämtliche
Kostüme und Gerätschaften zur Besichtigung ausgebreitet, und vor dem Ganzen steht eine Art
Altar, auf dem sich Räuchergefäfs, Leuchter und Opferpapier befinden. Die Feier nimmt nun da
durch ihren Anfang, dafs sich zunächst der Obmann vor dem Altäre niederwirft und brennende
Räucherkerzen darbringt; ihm folgen in derselben Weise zuerst der Geschäftsführer, darauf die Lehr
meister und schliefslich sämtliche Mitglieder des Vereins nach der Reihenfolge ihrer Rollen. Diese
Ceremonie, ^ Kah-p'ai2 genannt, die mit einer gegenseitigen Beglückwünschung schliefst, findet
entweder nachts oder in aller Frühe statt, bevor die geladenen Repräsentanten der übrigen Vereine
erschienen sind. An das Kak-p'ai2 schliefst sich ein gemeinsames Mahl der Vereinsmitglieder. Im
Laufe des Vormittags finden sich die Obmänner und Geschäftsführer der übrigen Vereine ein. Sie
kommen in Karren angefahren, deren jeder mit dem entsprechenden Vereinsbanner geschmückt ist.
Auch hält aufserdem jeder Obmann ein solches in den Händen, während er das Festlokal betritt.
Der Obmann des neugegründeten Vereins geht seinen Gästen ebenfalls mit seinem Vereinsbanner
zur Begrüfsung entgegen, die durch beiderseitige Kniebeugung, C^cing3-an1, erfolgt. Nach
dem die Gäste vor dem Altäre Kotou gemacht und Räucherkerzen dargebracht haben, beglück
wünschen sie ihren neuen Kollegen sowie dessen Vereinsmitglieder, worauf ein allgemeines Gastmahl
stattfindet. Der neugegründete Verein besitzt aufser seinem Vereinsbanner noch eine zweite Fahne,
auf der die Namen sämtlicher Vereine verzeichnet werden, deren Vertreter zu der Eröffnungsfeier
erschienen sind. Je mehr Namen auf der Fahne zu lesen sind, um so ehrenvoller ist es für den be
treffenden Obmann. Vor einiger Zeit gründete ein in kaiserlichen Diensten stehender Pfunuch privatim
einen derartigen Verein, indem er selbst als Obmann an die Spitze desselben trat. Zu der Er
öffnungsfeier fanden sich die Vertreter von mehr als hundert ähnlichen Vereinen ein.
Zur Pekinger Volkskunde. 103
Man unterscheidet unter den Fahnen Civilbanner, wen2-cKi2-ts\&3, und Militär
banner, mi3-chci2-tsiä3', jene sind blau mit weifsem Rande, diese schwarz mit weifsem
Rande. Vereine, denen die Ehre zu teil geworden, ihre Künste vor dem Kaiser produzieren zu
dürfen, führen von diesem Tage an ein gelbes, mit einem Drachen geschmücktes Banner; dadurch
sind sie staatlich legitimiert und heifsen von nun an j|f Kuang2-Kui4, »gelbe Vereine« oder Gf ^
Kuang2-KuiA, »kaiserliche Vereine«. Wohl die meisten der bestehenden Vereine gehören dieser
Kategorie an.
Nicht eher, als bis die Eröffnungsfeier abgehalten worden, hat der neue Verein das Recht,
Einladungen zur Mitwirkung an Festlichkeiten anzunehmen. Sobald der Obmann eine solche Ein
ladung erhalten hat, übergiebt er sie dem Geschäftsführer, der nun seinerseits sämtliche Mitglieder
von derselben in Kenntnis zu setzen hat. An dem für die Mitwirkung festgesetzten Tage stellen
sie sich zunächst sämtlich im Hause des Obmannes ein, der sie mit einem Mahle bewirtet. Darauf
brechen zunächst die Träger, die die lung2-ts\&3 zu transportieren haben, auf; bevor jedoch die
lung2-ts\&3 das Haus des Obmannes verlassen, wirft sich dieser mit brennenden Räucherkerzen vor
denselben nieder. Der Einladende oder Festgeber, IS# 04 cKing3 -KuiA- til, hat dafür zu sorgen,
dafs jeder der zur Mitwirkung geladenen Vereine eine passende Unterkunft findet. Sobald die
Träger mit den hing2-ts^3 eines Vereins vor dem Tempel, in dem die Festlichkeit vor sich gehen
soll, eingetroffen sind, geleitet der Einlader sie in das für den betreffenden Verein bestimmte Absteige
quartier. Hier angelangt, wird sofort das Vereinsbanner vor dem Thore aufgepflanzt. Sobald die
Träger die Kasten dort deponiert haben, bleibt einer von ihnen zur Bewachung derselben zurück,
während die übrigen sich zu dem Obmann verfügen, um diesem das Haus anzugeben, das für
seinen Verein bestimmt ist. Dann erst begiebt jener sich mit sämtlichen Mitgliedern dorthin,
wobei stets je zwei Mann in einem Karren fahren. Jeder Karren ist mit einer Vereinsfahne ge
schmückt. Vor ihrem Absteigequartier angelangt, werden die Vereinsmitglieder zunächst vom Ein
lader mit Danksagungen willkommen geheifsen und verfügen sich dann ins Haus. Es werden drei
Signale gegeben; beim ersten Signal treten sämtliche Mitglieder zur Kontrolle ihrer Vollzähligkeit
an und begeben sich dann in das ihnen angewiesene Haus, um sich dort zu kostümieren. Beim
zweiten Signal müssen sie fertig und bereit sein, und mit dem dritten Signal beginnt der Abmarsch.
Das Marschsignal heifst t‘iao2-hsiangI-tien’rh3, »Signal zur Darbringung von Räucher
werk«. Die Bestimmung der Marschordnung, der Reihenfolge, in der die verschiedenen Vereine
zu marschieren haben, ist eine gar wichtige Angelegenheit, die auf Grund einer gemeinsamen Be
ratung sämtlicher Obmänner und Geschäftsführer vereinbart wird. An der Spitze des Zuges geht
stets der unter dem Namen chung'-fan1 »das Glockenbanner« bekannte Verein. Er geniefst
diese Bevorzugung, weil sein Banner den vor Buddha-Altären hängenden Bannern nachgebildet ist.
Die zweite Stelle nimmt der Verein kangA-hsiang1-kuan1 ein. Die Reihenfolge der übrigen
Vereine mufs von Fall zu Fall durch gemeinsame Beratung festgesetzt werden. Sie richtet sich in
der Regel nach der Entfernung der betreffenden Absteigequartiere vom Festplatz. Auch der ein
zuschlagende Weg, hsiangI-taoA, d. h. »Weg der Darbringung von Räucherwerk«, genannt,
mufs vorher zwischen dem Einlader und den Obmännern der beteiligten Vereine bestimmt worden
sein. Dieser Weg pflegt von einer dichtgedrängten Menschenmenge belagert zu sein. Wenn der
Zug an dem Hause irgend eines bekannten hsih-ts^3 vorbeikommt, wird bisweilen auf Veranlassung
dieses letzteren Halt gemacht. Solche Unterbrechungen der Prozession heifsen chieh2-KuiA.
Es pflegen dann zu beiden Seiten des Weges Tische mit Thee und Erfrischungen aufgestellt zu
sein, und sobald der an der Spitze des Zuges marschierende Verein vor dem betreffenden Hause
angelangt ist, begriifst der Besitzer desselben den Obmann mit der Anred
dieng2-lao3-tn1-kuari3, »ehrwürdiger Oberleiter, der du von ehrerbietiger und aufrichtiger Gesinnung
bist«, und fordert ihn auf, den Marsch einen Augenblick zu unterbrechen und mit den Mitgliedern
seines Vereins einen Schluck Thee zu nehmen. Wird die Einladung angenommen, so bittet ei^den
Verein, seine Künste sehen zu lassen. Die stereotype Formel dieser Bitte lautet: fg pgfßifPI
d. h. »ihr Herren, seid ehrerbietig und aufrichtig«, wobei die Worte »ehrerbietig una
aufrichtig« die Bitte, eine Vorstellung ^u veranstalten, involvieren. Der Obmann stellt sich dann
mit seinem Banner an einen der Tische, das Publikum gruppiert sich im Kreise, und nun öie
104 Wilhelm Grube:
Verein seine Kunst zum besten. Sobald der erste Verein seine Schuldigkeit gethan hat, kommt
der nächste daran und so fort, bis endlich der Marsch wieder fortgesetzt werden kann.
Ist der Zug endlich an seinem Bestimmungsort angelangt, so werden vor der Haupthalle
des Tempels die eigentlichen Aufführungen veranstaltet, worauf die Mitglieder sämtlicher Vereine
der Reihe nach den Tempel betreten, um dort ihre Andacht zu verrichten, d. h. brennende Räucher
kerzen in das auf dem Altäre aufgestellte Räucherbecken zu stecken, sliao1-hsiang1. Sobald
das geschehen, verfügen sie sich in ein zum Tempel gehörendes Gebäude, wo sie ihre Kostüme ab-
legen und die Schminke abwaschen, TI* hsia-lien’rh3. Die Träger tragen die lung2-ts\£i ins Haus
des Obmannes zurück, und jeder Obmann begiebt sich mit den Mitgliedern seines Vereins in irgend
eine Restauration, wo er sie mit einem Mahle bewirtet. Einige Tage darauf erscheint der Einlader
an der Spitze der Bonzen des betreffenden Tempels bei allen Obmännern, deren Vereine sich an
dem Feste beteiligt hatten, und spricht ihnen für ihre Mitwirkung seinen Dank aus.
An der alljährlich stattfindenden Wallfahrt auf den Miao4-fengI-shanI pflegen sich zahlreiche
Vereine dieser Art zu beteiligen. Es wird dann vor jeder der vielen Tempelstationen Halt gemacht
und eine Vorstellung gegeben. An jeder derselben giebt der Obmann eine Karte, pah-fiehr,
ab, auf der sein Name sowie der Name seines Vereins steht, zum Zeichen, dafs die Priester des
betreffenden Tempels sich an ihn wenden können, falls sie bei Gelegenheit einer Festlichkeit die
Mitwirkung des Vereins begehren sollten. Zum Danke erhält jeder Verein freies Quartier im so
genannten »Theezelt«, chca2-peng2.
Ich gehe nunmehr zu einer Beschreibung derjenigen Gauklervereine über, die in meiner für
das Museum angelegten Sammlung durch Gruppen von Thonfiguren dargestellt sind.
In der Gruppe, aus der sich dieser Verein zusammensetzt, befinden sich in der Regel sechs
Paare von Kastenträgern, die allerhand Sprünge und Tänze zum besten geben. In den Kasten, die,
an langen Stangen hängend, von je zwei Trägern getragen werden, liegt das Opferpapier sämtlicher
Vereine, das zum Schlüsse in dem Tempel, der das Ziel der Prozession bildet, verbrannt wird. Der
»Mandarin«, dessen Obhut der Opfergeldkasten anvertraut ist, /fff jffj ^ kang4 -hsiang1 -kuan1 genannt,
sitzt auf einer Stange, die gleichfalls von zwei Trägern getragen wird. Ihm zur Seite geht ein Schirm
träger, an dessen langer Schirmstange er sich festzuhalten pflegt, um nicht von seinem unbequemen
Sitze herunterzufallen. Der kang4-hsiang1 -kuan1 ist die Hauptperson des nach ihm benannten Ver
eins. Jedermann aus dem Publikum hat das Recht, ihn durch Überreichung einer sogenannten Be
schwerdeschrift, JKT chuang4 -ts\&, zu hänseln. Selbstverständlich enthalten derartige Scherz
klagen meist persönliche Spitzen gegen den kang4-hsiang1-kuan1. Dieser ist verpflichtet, jede
dieser Beschwerdeschriften entgegenzunehmen und laut zu verlesen; natürlich mufs er auch in jedem
einzelnen Falle sofort sein richterliches Urteil verkünden und hat dabei reichlich Gelegenheit, durch
Witz und Schlagfertigkeit die Lacher auf seine Seite zu bringen. Ein sehr beliebter Witz besteht
darin, das Verständnis derartiger Schriftstücke durch möglichst komplizierte und wenig gebräuchliche
Schriftzeichen zu erschweren. Wenn dann der »Mandarin« ein solches nicht zu entziffern vermag und
beim Verlesen stecken bleibt oder einen Fehler macht, wird er vom ganzen Publikum weidlich aus
gelacht. — An der Spitze dieser Gruppe marschieren Gongschläger und Standartenträger.
2- Yang1-ko1.
Yang1-ko1 bedeutet erstens: Lieder, die bei der Umpflanzung der jungen Reisschöfslinge
gesungen werden; zweitens Sänger, die auf Stelzen einhergehen. Die Yang1 -ko1 sind in der Regel
Bauern und tragen diesen Namen, weil die Bauern, sobald die jungen Getreideschöfslinge zum Vor
schein gekommen sind, wenig zu thun haben und sich daher dem Vergnügen und dem Gesänge
hingeben können. Die Yang1-ko1 gehen stets auf Stelzen; nur wenn sie sich an der Wallfahrt
auf den Miao-feng-shan beteiligen, erscheinen sie ohne Stelzen. Dieser Verein setzt sich aus
folgenden Rollen zusammen.
Zur Pekinger Volkskunde. 105
i- srnm® f ou2 - f o2-Kuo2 - shang4. Unter diesem Namen versteht man einen Priester,
der noch nicht die Weihen erhalten hat. Der Träger dieser Rolle ist als Eu3 Chih4 - shen1
aus dem 7jv '/jft-fH Shui3-K u3 - chuan2 kostümiert. Derselbe war ursprünglich ein hoher militärischer
Würdenträger und zeichnete sich dadurch aus, dafs er am ganzen Leibe tätowiert war tsfe4-
liua*). Dieser Lu3 Chih4-shen1 begegnete eines Tages dem durch sein wüstes Leben berüchtigten
Bösewicht ißjjf f||] jJEj Chen4 Kuan1 -hsi1 und versetzte demselben, vom Zorn iibermannt, drei wuchtige
Fausthiebe, die den durch seine Ausschweifungen entkräfteten Chen4 Kuan1 - hsi1 tot zu Boden streckten.
Um seiner Strafe zu entgehen, flüchtete er sich auf den Berg Ulk Liang2 - shan1, wo er fortan als
Priester lebte. Seiner Tätowiertheit wegen wurde er unter dem Spitznamen »der bunte Bonze«,
Kna1 -Kuo2-shang4, bekannt. Der fou2-Co-Kuo2-shang1 ist eine stumme Rolle; er hält
stets zwei kurze Stäbe in den Händen, tanzt und macht allerhand Akrobatenkunststücke. Er spielt
die Hauptrolle unter den Yang1 -ko1.
2. yj'vSIlilj' hsiao3-erh4-ko1. Diese Rolle wird von einem zwölf- bis dreizehnjährigen
Knaben gegeben. Er hält in der einen Hand einen Blumenkorb, in der anderen eine Gerte, mit der
er die zum Verein jfäfi-J-* shih1 -ts\&3 gehörenden Löwen vertreibt, wenn sie den Eingang zum Tempel
versperren.
3. Jzä sha3 -kung1 -ts\er]li und
4. Eo3-tso4-ts\e3 (in diesem Falle ist ^ nicht chün4, sondern tso4 zu lesen). Dieses
würdige Paar stellt die Eltern des hsiao3 - erh4-ko1 dar. Der sha3-kung1-tsjerh3, der aus seinem
Schnurrbart einen Zopf geflochten hat, spielt die Rolle eines Hanswurstes: bald schäkert er mit seiner
besseren Hälfte, bald spielt er auf 72 verschiedene Arten mit seinem Fächer; dazwischen neigt er
sich auch so weit hintenüber, bis er seinen Kopf zwischen den Beinen hindurchsteckt, und giebt
überhaupt die verschiedensten Akrobatenstückchen zum besten. Die Vertreter dieser Rolle pflegen
aus einem südöstlich von Peking gelegenen Dorfe T'ang2 - chia1-fen2 (der Name bedeutet:
»Grabstätte der Familie T'ang«) herzustammen. Die lao3-tso4-ts^S3 mit grünen Schönheitspflästerchen,
fai4-yang2-kao1, auf den Schläfen hat nur mit den Augen zu kokettieren, jjfj |=J 5^ J[pf,
und mufs darin eine grofse Geschicklichkeit entfalten.
5. *j|*|ip| kaox-yao4, der Quacksalber, ist ebenfalls ein Spafsmacher, der allerhand Ulk
treibt. Ist beispielsweise der sha3-kung1 -ts\frhZ just im Begriffe, seine Gattin zu umarmen, dann
steckt der Quacksalber plötzlich seinen Kopf zwischen die beiden, so dafs die Zärtlichkeiten des
verliebten Ehemannes an die falsche Adresse gelangen, u. dergl. m.
6. '/Ä ^ jik~Weng1, »der Fischer«, trägt Lieder vor. Er ist als Hsiao1 En1 kostümiert,
der als ein sogenannter ^ hsia2 -Ko4 bekannt war. Unter hsia2-Ko4 versteht man eine Art von
Raubrittern, die, um Unrecht, das anderen widerfuhr, zu sühnen, sich nicht scheuten, selber ein
Unrecht zu begehen, oder auch solche, die, gleich dem heiligen Crispin, die Reichen beraubten,
um mit dem geraubten Gute den Armen zu helfen. Alt geworden, sah er ein, dafs sein Gewerbe
doch nicht ganz einwandfrei war; daher zog er sich in die Einsamkeit zurück und fristete sein
Leben als Fischer.
7. 'j|jf]?|| Yang4-fou2, die in dieser Rolle kurzweg als yii2-pco2, »die Fischerin«, be
zeichnet wird, ist die Tochter des Vorigen. Die beiden letztgenannten Rollen sind dem Schauspiel
cKing4-ting3-chul, »die Beglückwünschung des Mützenknopfbesitzers«1), entnommen. Der
Bräutigam der Yang4-fou2, ebenfalls ein hsia2-Ko4, besafs nämlich eine kostbare Perle, die er an seiner
Mütze trug. Als er um die Hand der Yang4-fou2 warb, schickte er jene Perle dem Hsiao1 En1 als Ver
lobungsgeschenk, )^jjlf§ ting4-li3, woraufhin sich dessen Freunde alle bei ihm einfanden, um ihn zu
beglückwünschen: daher der Name des Stückes. Der Inhalt des Dramas ist kurz folgender: Hsiao1 En1
fährt mit seiner Tochter auf seinem Boote stromabwärts, um einen für den Fischfang ergiebigeren
Platz aufzusuchen. Da wird er plötzlich von zwei Männern, die am Ufer entlang gehen, angerufen.
Es sind dies die beiden Freunde j^f|| T'ang1 Lung2 und El3 Chün4, deren ersterer dem
Hsiao1 En1 wohlbekannt war. Auf die Einladung des Hsiao1 En1 gesellen sie sich zu ihm, und als
sie von der Verlobung der Yang4-fou2 hören, beglückwünschen sie Vater und Tochtei zu dem
freudigen Ereignis. Während sie in traulichem Geplauder dem Weine zusprechen, gewahien die
J) Dieses Drama ist unter den dramatischen Gruppen meiner Sammlung vertreten.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. 14
io 6 Wilhelm Grube:
beiden Gäste plötzlich einen Herumstreicher, der am Ufer neben dem Boote einhergeht und die
Jungfrau mit lüsternen“ Blicken verfolgt. Unwillig fragen sie ihn nach seinem Begehr. Jener thut,
als hätte er sich verirrt und erkundigt sich nach dem Wege. Hsiao1 En1 giebt ihm die gewünschte
Auskunft, worauf der Landstreicher seiner Wege geht. Es dauert jedoch nicht lange, so erscheint
abermals ein Mann am Ufer. Diesmal ist es ein Unterbeamter des Chih-fu, der für seinen Vor
gesetzten die Abgaben von den Fischern eintreibt. Dieser ruft den Hsiao1 En1 ans Ufer heran und
verlangt, dafs er ihm die Summe, die er dem Chih-fu schuldet, sofort auszahle. Hsiao1 En1 bittet
um Aufschub: da infolge andauernder Hitze der Flufs wasserarm sei und es nur wenig Fische
gebe, bringe ihm sein Gewerbe keinen Ertrag; doch wolle er, sobald er wieder bei Gelde sei, die
gewünschte Summe einsenden. Auf dieses Versprechen hin entfernt sich jener, und Hsiao1 En1
kehrt wieder auf sein Boot zurück. Hang1 Lung2 und Li3 Chün4, die nachgerade des süfsen Weines
voll sind, fragen den Hsiao1 Ein1, was der Mann von ihm gewollt habe, worauf dieser ihnen erzählt,
um was es sich handelte, und zugleich hinzufügt, dafs der betreffende Chih-fu ein Spitzbube sei. In
ihrem Zorne, der noch durch die Trunkenheit gesteigert wird, rufen die beiden den Mann zurück
und fragen ihn, ob er die Fischerei-Abgaben auf Grund eines kaiserlichen Befehles eintreibe, was
jener verneint. Ob denn aus einem der sechs Ministerien ein derartiger Befehl gekommen sei? —
»Auch das nicht«, erwidert jener. — Wie er denn dazu komme, ein solches Ansinnen an den
Hsiao1 En1 zu stellen? »Der Chih-fu verlangt es — aus keinem anderen Grunde.« Da erklärten
die beiden Freunde, von Fischerei-Abgaben werde künftighin nicht mehr die Rede sein, und wenn
sie dem Chih-fu zufällig einmal begegnen sollten, so werde es ihm schlecht ergehen. »Sollte er
mir in den Weg kommen«, fügt Li3 Chün4 hinzu, »so ziehe ich ihm die Haut vom Leibe und reifse
ihm die Augen aus!« -— Bei diesen Worten verliert der Beamte jedoch schliefslich auch die Geduld,
und nur durch die Besonnenheit des Hsiao1 En1, der beide Parteien zur Ruhe ermahnt und den
Beamten seiner Wege gehen heifst, wird eine Schlägerei vermieden. Nach diesem Intermezzo fragen
die beiden Gäste den Hsiao1 En1, warum er denn eigentlich dem Fischfang obliege. Dieser will
nicht recht mit der Sprache heraus, läfst aber durchblicken, dafs er es aus Not und um des Er
werbes willen thue. Darauf beschliefsen die beiden, ihm Silber und Reis zu schicken, und ver
abschieden sich schliefslich von ihm mit der Bitte, er möge doch diesen mühsamen und kümmer
lichen Broterwerb aufgeben. Hsiao1 En1 rudert heim. Mittlerweile hat der Beamte dem Chih-fu
von dem, was vorgefallen, Mitteilung gemacht, ihm die groben Reden der beiden Gäste berichtet,
zugleich aber auch das höfliche Benehmen des Hsiao1 En1 rühmend hervorgehoben. Aber auch
jener zuerst erschienene Vagabund, der es auf die Yang4-t‘ou2 abgesehen hat und der ebenfalls
den Posten eines Schreibers in der Behörde des Chih-fu bekleidet, ist nicht müfsig gewesen. Er
hat den Hsiao1 En1 bei dem Chih-fu anzuschwärzen versucht, indem er behauptete, dafs, nachdem
derselbe, auf die Hilfe seiner beiden Kumpane bauend, die Abgabe verweigert hätte, nun auch
die übrigen Fischer seinem Beispiele folgen würden. Er schlägt daher vor, den Fechtmeister, ^
chiao4-shih1, mit der Eintreibung der Abgabe zu beauftragen und ihn gleichzeitig anzuweisen, den
Hsiao1 En1 im Falle der Weigerung festzunehmen und ins Yamen zu bringen. Der Chih-fu geht
auf den Vorschlag ein, und als Hsiao1 Enx abermals erklärt, dafs er im Augenblick nicht in der
Lage sei, die Abgabe zu entrichten, wird er gefesselt und aufs Yamen geschleppt; doch gelingt es
ihm dank den Erfahrungen aus seiner kriegerischen Vergangenheit, den chiao4-shih1 zu überwinden
und sich zu retten. Damit ist das Stück aus. Der nämliche Stoff ist jedoch noch in einem anderen
Drama verwertet, das den Titel ff tal-yii2 sha1 chiax, »ein Fischer rottet ein ganzes Haus
aus«, trägt, wo die Fabel noch eine Fortsetzung erhält. Nach dieser Fassung wird Hsiao1 En1 infolge
seiner Weigerung von Gewissensbissen und zugleich auch von der Furcht geplagt, schliefslich doch
durch Waffengewalt überwunden zu werden. Er beschliefst daher, sich an einen Richter zu wenden
und Klage zu führen. Der Richter nimmt jedoch Partei für den Chih-fu, läfst den Hsiao1 En1 durch
prügeln und befiehlt ihm, die eingeforderte Abgabe binnen drei Tagen zu entrichten. In seinem
Zorne dringt dieser nun in Begleitung seiner Tochter und mit einem Schwerte bewaffnet in das
Haus des Chih-fu ein und tötet diesen samt seinem ganzen Hause. Da er jedoch infolge der er
haltenen Stockhiebe sich nur schwer bewegen und sich daher auch nicht durch die Flucht retten
kann, macht er durch einen Schnitt in die Kehle seinem Leben ein Ende. Die Tochter aber rettet
sich in das Haus ihres Verlobten.
Zur Pekinger Volkskunde. 107
7. ch'iao2-fuI, der Holzhacker. Er ist als der Theehändler ßrß Shih2 Hsiu4 aus
dem Drama 1*1 Jpjp [Jj Ts'ui4-p'ing2-shan1 kostümiert. Als er eines Tages seine Ware zum Verkaufe
durch die Strafsen der Stadt trägt, sieht er plötzlich, wie Yang2 Hsiung2, der als Häscher,
panT-t ou2, im Dienste des Chih-fu stand, von Vagabunden überfallen und durchgeprügelt
wird. ShiJi2 Hsin* rettet ihn, indem er die Vagabunden mit seiner Tragstange durch wuchtige Hiebe
in die Flucht treibt. Aus Dankbarkeit nimmt Yang2 Hsiung2 den Sliih2 Hsiu4 in sein Haus und
schliefst einen Bruderbund mit ihm. Yang2 Hsiung2 hat eine Frau, die ihn als Witwe in zweiter
Ehe geheiratet hat (Su-h'ua: wan^-h'un1 oder h'otf-h'uri1, Wen-h‘ua: ^|j|| tsai4-chiao4).
Sie heifst Yfj iE P'an1 Ch'iao3-yün2 und ist eine Tochter des Pan1 lao3-chang4, »des
alten Herrn P'an«, der einen Fleischhandel betreibt und den Shih2 Hsiu4 in seinem Geschäfte an
stellt. Es dauert nicht lange, so sucht die P'an1 Ch'iao3-yün2 den Shih2 Hsiu4 an sich zu locken;
er aber läfst sich auf nichts ein und verhält sich stets ablehnend. So ist das Herz des lüsternen
Weibes zwischen Liebe und Hafs geteilt, bis sie endlich durch einen Bonzen entschädigt wird, der
sie nun fast allnächtlich besucht. Shih2 Hsiu4 kommt bald hinter diese Schliche und teilt die Sache
sofort seinem Freunde mit. Dieser sucht seinen Gram und Ärger durch einen Rausch zu ver
scheuchen und ergeht sich in angeheitertem Zustande seiner Frau gegenüber in gewissen Anspielungen,
die diese nur zu gut versteht. Sie errät natürlich sofort, dafs kein Anderer als Shih2 Hsiu4 ihrem
Manne ihr schamloses Treiben enthüllt hat und sinnt nun auf Rache. Am nächsten Tage findet
} ang2 Hsiung2 sie in Thränen. Auf seine Frage, was ihr denn fehle, will sie nicht mit der Sprache
heraus. Yang2 Hsiung4 ist peinlich berührt und sucht sie auf jede Art zu beruhigen. Er fragt sie,
ob ihr jemand etwas zu Leide gethan, etwa ihr Vater, jemand von den Dienstboten oder am Ende
gar Shih2 Hsiu4. Bei diesem Namen bricht sie abermals in heftiges Schluchzen aus, ist aber noch
immer nicht zum Reden zu bewegen. Als er sie endlich fragt, warum sie ihm als ihrem Gatten
ihr Leid nicht anvertrauen wolle, erwidert sie: »Weil er dein bester Freund ist und du mir daher
doch nicht glauben wirst«. — Da besteht er darauf, dafs sie reden solle, und nun lügt sie
ihm vor, dafs Shih2 Hsiu4 sie habe verführen wollen. So geschickt spielt sie ihre Rolle, dafs
Yang2 Hsiung2 ihr Glauben schenkt und ihr in seinem Zorne über den vermeintlich treulosen
Freund das Versprechen giebt, denselben aus dem Hause zu jagen. Bald darauf begegnet er
auf dem Wege zum Yamen dem Shih2 Hsiu4 und setzt ihn durch allerhand Anspielungen, die
diesem völlig unverständlich sind, in Erstaunen. Er durchschaut aber bald das Ränkespiel und begiebt
sich nun zum Schwiegervater des Yang2 Hsiung2, um ihm seine Rechnungsbücher vorzulegen und
ihn zugleich um seine Entlassung zu bitten. Der Alte sucht ihn von seinem Entschlüsse abzu
bringen; die P'an1 Ch'iao3 -yün2 jedoch, die zufällig zugegen ist, sagt ihm, er brauche gar nicht erst
abzurechnen, sondern solle nur seine sieben Sachen zusammenpacken und seiner Wege gehen. Es
kommt zu einem Wortwechsel; schliefslich verläfst er das Haus. In der Nacht aber begiebt er sich,
mit einem Schwerte bewaffnet, an das hintere Hausthor, um dem Bonzen aufzulauern. Es gelingt
ihm auch, den letzteren zu packen, als er gerade im Begriff ist, das Haus zu verlassen und sich
wieder nach seinem Tempel zurückzubegeben. Zunächst zwingt er ihn, sich zu entkleiden und ent
deckt dabei, dafs der Bonze unter seinem Obergewande ein Frauengewand anhat, das der P'an1
Ch'iao3-yün2 gehört. Es ist dies ein sogenanntes piao3-clii4, d. h. »Andenken«, eine Art
Liebeszauber, den Weiber ihren Liebhabern geben, um sie dauernd an sich zu fesseln. Der Bonze
weigert sich, das Weibergewand auszuziehen, und erst als Shih2 Hsiu4 ihm mit dem Schwerte droht,
fügt er sich ins Unvermeidliche. Nachdem das geschehen, sticht Shih2 Hsiu4 den Bonzen mit dem
Schwerte nieder, nimmt seine Kleider samt dem Gewände der P'an1 Cli iao3-yün2 an sich und begiebt
sich geradeswegs zu Yang2 Hsiung2, dem er unter Vorweisung des corpus delicti seine That
berichtet. Dieser erkennt natürlich das Gewand und ist nunmehr von der Schuld seiner Frau über
zeugt. Es wird beschlossen, dafs Yang2 Hsiung2 sich am nächsten Tage mit seiner Frau auf den
Berg Ts'ui4-p'ing2-shan1, auf dem sich ein vielbesuchter Wallfahrtsort befindet, begeben soll, um
die P'an1 Ch'iao3 -yün2 unterwegs an einem einsamen Orte zur Rede zu stellen. Shih2 Hsiu4 soll
daselbst das Ehepaar erwarten. Der Plan wird ausgeführt, und zwar nimmt P aw1 Ch iao3-yün2 ihie
Zofe Ying1 -erh2, die ihr bei all ihren Liebesangelegenheiten behilflich zu sein pflegt, mit
auf den Weg. An dem verabredeten Orte angelangt, tritt ihnen plötzlich Shih2 Hsiu4 entgegen.
14*
io8 Wilhelm Grube:
Pan1 Giiao*-yün2 erschrickt zwar heftig, doch fafst sie sich alsbald und begrüfst ihn mit gröfster
Höflichkeit. Statt jeder Antwort versetzt jener ihr einen Schlag, wirft ihr das Bündel Kleider vor
die Füfse und fragt sie, wem die Kleider gehörten. Vor Angst bringt sie kein Wort über die
Lippen. Er wendet sich zu der Zofe und fragt sie, was es für eine Bewandtnis mit dem Bonzen
gehabt habe; sie bekennt alles und wird für ihre Mithilfe durch einen Schwertstreich zu Boden
gestreckt. P an1 (Jiiacfi-yün2 bittet den Shih2 Hsiu4 demütig um Erbarmen; aber, zu Yang2 Hsiung2
gewandt, sagt er, nun dürfe auch sie nicht geschont werden, nachdem der Bonze und die Zofe die
verdiente Strafe erlitten hätten. Yang2 Hsiung2 wagt nicht zu widersprechen, und so mufs denn
auch P an1 Chiao^-jün2 ihre Schuld mit dem Tode büfsen. Es giebt ein Sprichwort: ^
iS:äc41 >>um einen Dieb greifen zu können, mufs er das gestohlene Gut haben, und um
Ehebrecher festnehmen zu können, mufs man sie in flagranti ertappen«. Das war nun in diesem
Falle nicht geschehen; daher beschliefsen Shih2 Hsiu4 und Yang2 Hsiung2 zu fliehen, um auf diese
Weise der Strafe zu entgehen. Das Tsui4-ping2-shan1 schliefst mit der Ermordung des Bonzen;
in der erweiterten Form, die ihren Abschlufs mit der Flucht der beiden Freunde findet, trägt das
Stück den Titel: |JL[ ^^ [_Lf Tsui4-pSng2-shan1 tai4 sha1 shan1, »der Berg Ts\ii4-pSng2-shan1
samt der Mordthat auf dem Berge«. Die Fortsetzung der Fabel wird in zwei Schauspielen gegeben,
die beide den gleichen Titel: Chu4 - chia1 - chuang1 tragen, von denen jedoch das eine ein
Civil-, das andere ein Militärdrama ist. Während die beiden Freunde, die kein Geld bei sich haben,
den Kopfschmuck der ermordeten Frauen an sich nehmen, springt plötzlich ein Mann von einem
in der Nähe befindlichen Baume herab. Es ist der Räuber Shih2 CKieri1, der den ganzen
Vorgang von seinem Versteck aus beobachtet hat. Er tritt an die beiden Männer heran und fragt
sie, aus welchem Grunde sie die Frauen bei hellem lichten Tage ermordet hätten. Yang2 Hsiung'2 teilt
ihm den Sachverhalt der Wahrheit gemäfs mit, worauf jener ihnen den Vorschlag macht, mit ihm
auf den Berg ^ jjj Liang2-shan1 zu gehen und sich dort der Räuberbande anzuschliefsen, der
auch er angehört. So machen sie sich denn selbdritt auf den Weg. Das Haupt der Bande, pj^/X
Sung4 Cluang\ liegt schon seit geraumer Zeit in blutiger Fehde mit dem Flecken jjifl Ony
chia1 -chuang1. Wiederholt hat er denselben erfolglos angegriffen, wobei jedesmal viele seiner Leute
in die Gefangenschaft gerieten. Es ist ihm nicht mehr zweifelhaft, dafs die Belagerten irgend eine
schlau ersonnene Kriegslist anwenden; und um ihnen endlich hinter ihre Schliche zu kommen, schickt
er zwei Spione in die Stadt. Der eine ist ^ijyj; Yang2 Lin2, ein Taopriester; der andere ist Shih2
Hsiu4, der als harmloser Theehändler unbemerkt durch die Strafsen wandert, bis ihn ein alter
Mann anhält und nach dem Preise seiner Ware fragt. Shih2 Hsiu4 überläfst ihm, den Preis, den
er zahlen wolle, selbst zu bestimmen. Da heifst ihn der Alte, ihm in sein Haus zu folgen. Kaum
sind sie daselbst angelangt, als sie von der Strafse her Stimmengewirr und lauten Lärm vernehmen.
Es erweist sich, dafs Yang2 Lin2 als Spion ertappt ist und festgenommen wird. Shih2 Hsiu4 will
ihm zu Hilfe eilen, aber der Alte hält ihn mit den Worten, es sei offenbar nur ein Spion erwischt
worden, zurück. Jener stellt sich unwissend, und nun erzählt ihm der arglose Alte von den Feind
seligkeiten mit den Räubern vom Liang2 - shan1 und teilt ihm zugleich mit, wo die übrigen Gefangenen
untergebracht sind. Shih2 Hsiu4 fragt verwundert, wie es denn möglich gewesen, so viele Gefangene
zu machen. Der Alte geht auf den Leim und plaudert ihm aus, dafs in allen Strafsen, wo die
Bäume mit weifsen Marken versehen sind, tiefe Fallgruben angelegt sind; zugleich entläfst er ihn
mit dem wohlgemeinten Rate, nur solche Strafsen zu betreten, wo keine weifsmarkierten Bäume
ständen. Als Shih2 Hsiu4 gerade im Begriffe ist, das Haus wieder zu verlassen, tritt der Sohn des
Alten in angeheitertem Zustande hinein. Derselbe ist Anführer der Thorwächter. Es erweist sich,
dafs er die Gefangennahme des Yang2 Lin2 veranlafst hat und dafür vom Kommandanten mit einem
Kruge Wein belohnt worden ist. Ohne den Fremden zu beachten, erzählt er seinem Vater von einer
neuen Kriegslist: der Kommandant habe an einem Wachtturme eine lange bewegliche Stange an
bringen lassen, an der am Tage eine Fahne, in der Nacht eine rote Laterne befestigt sei. Durch
die Richtung dieser Stange könne jederzeit angegeben werden, von welcher Seite her der Feind in
die Stadt eindringt, so dafs sich die Besatzung sofort an der gefährdeten Stelle zusammenscharen
kann. Aufserdem solle von jetzt an jeder zur Besatzung gehörige Krieger eine weifse Hahnenfeder
am Hute tragen; jeder, der keine Feder am Hute habe, solle ohne weiteres niedergemacht werden.
Shih2 Hsiu4 ist im Begriffe, sich mit diesen wichtigen Nachrichten auf den Weg zu machen, als
Zur Pekinger Volkskunde. 109
abermals von der Strafse her Lärm und Waffengeklirr ertönt: Sung4 Chiang1 ist mit seiner Räuber
schar in die Stadt eingedrungen. Als Shih2 Hsin4 die Tragstange auf die Schulter legt, packt der
Alte dieselbe, um ihn zurückzuhalten, damit er sich nicht der Gefahr aussetze; aber in demselben
Augenblicke gewahrt er, dafs in der hohlen Stange eine Lanze verborgen ist und prallt vor Schreck
zurück. Shih2 Hsiu4 stürzt dem Sung4 Chiang1 entgegen und berichtet ihm, was er soeben ver
nommen. Dieser giebt einem seiner Leute mit Namen äjfe ^ H‘ua2 Jung2, einem geübten Bogen
schützen, der nie sein Ziel verfehlte, den Befehl, die rote Laterne von der Signalstange herunter-
zuschiefsen, was auch sofort geschieht. Im Handumdrehen ist nun der Sieg errungen. Die Spionage
des Shih2 Hsiu4 wird im Civildrama behandelt, während die eigentlichen Kampfscenen den Inhalt
des Militärdramas bilden.
Aufser den erwähnten Rollen gehören noch zwei Gongschläger, XTHt |“Kl ta3-lo2-tiT, sowie
zwei Trommler, XT Li3-kifi-ti1, zum Personalbestände der Yang1-ko1. Die Trommler sind
dem Stücke 4 ta3-hcuaJ-ku’rh3 entnommen, das nicht mehr aufgeführt wird. Sie werden
von Knaben, XU hsiang4-kung1, gegeben. Die Gongschläger sind als Mädchen gekleidet. Sowohl
jene wie diese machen allerhand Kunststücke mit ihren Gongs und Trommeln, werfen sie in die Luft
und fangen sie wieder auf u. dergl. m. Wenn die Gongschläger und Trommler bemalte Gesichter
haben, heifsen sie cliou3-ku3 und cKou3-lo2, mit unbemalten Gesichtern heifsen sie
mt chiin4-ku3 und JJ4 Uff chün4-lo21).
Die unter Nr. 1, 2, 3, 5 angeführten Personen sind wu3-chüeh2, Militärrollen, Nr. 4
und 6 hingegen wen2-chüeli2, Civilrollen. Die Vertreter von Nr. 1, 2, 3, 5 sind sogenannte
&}] JC yiJ-kung1, d. h. Leute, die sich von Jugend auf in ihrer Kunst üben. Die aus ang2-chia1-
fen2 stammenden Mitglieder sind wohlhabende Bauern, die Städter in der Regel Söhne von Beamten
u. dergl.
3- wu3-liu3-kun4, die Stäbe der fünf Tiger.
Die hinterste Reihe dieser Gruppe bilden die Musikanten, ~yT J|§ wen2-diang2. Im Theater
versteht man unter wen2-cliang2 nur solche Musikanten, die auf Saiteninstrumenten spielen, während
Gongschläger und Trommler als ^ wiP-cliang2 bezeichnet werden. Nur wenn diese, wie hier,
an Prozessionen teilnehmen, werden sie wen2 - di ang2 genannt, und unter wu3-cliang2 versteht man
dann die eigentlichen Teilnehmer am Kampfspiele. Was nun die Rollen betrifft, aus denen sich
die ivu3-Ku3-kun4 zusammensetzen, so gehen dieselben auf eine Fabel zurück, die den Stoff zum
Drama fjjjf chan3-Kuang2-jffao2, »die Hinrichtung eines mit einem gelben Gewände Bekleideten«
(d. h. eines Mitgliedes des kaiserlichen Hauses), geliefert hat und deren Inhalt kurz folgender ist.
Bevor j{|j Chao4 K'uang'-fin4, der Gründer der Sung-Dynastie, zum Kaiser proklamiert
worden war, hatte es der Zufall einmal so gefügt, dafs er mit den sogenannten Jf /L wu3-Jiu3,
»den fünf Tigern«, in Berührung kam. Unter diesem Namen waren dazumal fünf Brüder bekannt,
die eine Schwester mit sich führten. Weit und breit waren dieselben ob ihrer Körperkraft und Kühn
heit gefürchtet, und niemand, den sein Weg in ihre Nähe führte, versäumte es, sie aufzusuchen,
und sich ihrer Gunst zu versichern. Chao4 K\iangJ-yin4 sucht sie zu überreden, sich ihm anzu-
schliefsen und die verworrenen Zeitläufte zu einer entscheidenden That zu benutzen. Sie weisen
jedoch seinen Vorschlag geringschätzig zurück, und es kommt zu einem erregten Wortwechsel, der
schliefslich in eine regelrechte Schlägerei ausartet. Die wu3-Ku3-kun4 sind jeder mit einem Stocke
bewaffnet und dringen auf den wehrlosen Chao4 K‘ uan1 -fin4 ein. Dieser ist bereits nahe daran,
der Übermacht seiner Angreifer zu unterliegen, als ihm plötzlich ein Mann zu Hilfe kommt, der
dem ungleichen Kampfe schon seit einer Weile zugesehen hat. Es ist der Ölhändler Cheng4
En1, der sich trotz seines friedlichen Berufs von Jugend auf im Waffenhandwerk geübt hat, im
übrigen jedoch seiner Beschränktheit wegen unter dem Spitznamen üz/3 Cheng El , >der
Einfaltspinsel Cheng4 En1«, bekannt ist. Rasch entschlossen, benutzt er seine Tiagstange als Waffe
und eilt dem Bedrängten zu Hilfe. Bald haben die beiden mit vereinten Kräften die fünf Brüder,
denen sich noch die kampfgewandte Schwester als sechste hinzugesellt, in die Flucht ^eschla^
x) Das Gesicht bemalen heifst in der Schriftsprache j§J liua2 -mien4, in der Vulgärsprache XT JJaa
I IO Wilhelm Grube:
Chao4 K‘uang1 -yin4 schliefst bald darauf einen Bruderbund mit Cheng4 En1 und mit ^13 Oi ai2
Shao4. Der letztere wird auf den Thron erhoben und verleiht seinen beiden Freunden den Prinzen
rang. Nach dem Tode des CK ai2 Shao4 folgt ihm Chao4 Kc uang1-y in4 auf dem Thron. Um diese
Zeit gelangte ein niederer Civilbeamter Namens Han2 Lung2 allmählich zu einem gewissen
Ansehen. Nachdem derselbe bereits dem CKai2 Shao4 eine seiner Schwestern als Konkubine ge
geben hatte, giebt er nun dem Chao4 Kcuang1-gin4 eine zweite zu demselben Zwecke, die in kurzer
Zeit die Gunst des Kaisers in so hohem Grade zu gewinnen weifs, dafs dieser einen eigenen Palast
für sie bauen läfst, dem er den Namen T‘ao2-Kua1-kung1, »Pfirsichblüten-Palast«, giebt.
In seiner Einfalt sagt Cheng4 En1 einmal scherzend zu Han2 Lang2, falls er dereinst als Dritter
den Thron bestiege, solle er ihm gleichfalls eine seiner Schwestern als Konkubine geben. Han2
Lnng2 aber hat nichts Eiligeres zu thun, als diesen harmlosen Scherz dem Kaiser zu hinterbringen
und dem Cheng4 En1 zugleich Usurpationsgelüste zu imputieren. Cheng4 En1 erfährt es und rächt
sich, indem er den Han2 Lung2 seine körperliche Überlegenheit fühlen läfst. Blutend und mit zer
rissenem Gewände flüchtet dieser sich in den K ao2-K ua1-kung1, wo sich der Kaiser just beim
Becher Wein mit seiner Favoritin die Zeit vertreibt. Han2 Lung2 berichtet über die ihm wider
fahrene Schmach und fügt hinzu, das sei noch das wenigste: Cheng4 En1 habe obendrein gewagt,
die Person des Kaisers zu beschimpfen. Trunken, wie er ist, befiehlt ihm dieser, den Cheng4 En1
aus der Welt zu schaffen. Da mit des Fürsten Wort nicht zu spafsen ist, läfst Han2 Lung2 den
Delinquenten festnehmen und gefesselt nach dem Richtplatz geleiten. Cheng4 En1 ist überzeugt, dafs
der Kaiser ihn, um seiner Verdienste willen und weil er mit ihm verbrüdert ist, begnadigen werde,
auch baut er mit Zuversicht auf die Fürsprache seiner Freunde unter den höchsten Würdenträgern.
In der That verfügen sich auch diese, an ihrer Spitze Kao1 H\iai2-tei2, ein jüngerer Bruder der
Kaiserin, unverzüglich in den Palast, um die Gnade des Kaisers zu erflehen. Da jedoch der Kaiser,
des süfsen Weines voll, schlummert und daher niemand vorgelassen wird, mufs das Gesuch dem
Obereunuchen zur Weiterbeförderung übergeben werden. Wenn es sich, wie in diesem Falle, um
besonders wichtige Eingaben an den Thron handelt, die in geschlossenem Couvert eingereicht und
daher feng'-tsou4, »couvertierte Eingaben«, genannt werden, darf und mufs sogar der Kaiser
geweckt werden, wenn er zufällig schläft. Die Konkubine Han2, froh, die ihrem Bruder wider
fahrene Unbill gerächt zu sehen, verbietet dem Eunuchen, den Kaiser zu wecken. Dadurch ver
streicht die Frist; denn wenn der Befehl zur Exekution am Vormittag gegeben ist, so darf dieselbe
nicht später als um 12i Uhr stattfinden. Cheng4 En1 wird hingerichtet. Vom Zorne übermannt,
sticht Kao1 H‘uai2-tei3 den Thorwächter nieder, dringt in den Palast ein und stellt den Kaiser, der
inzwischen erwacht ist, zur Rede, aus welchem Grunde er den Cheng4 En1 habe hinrichten lassen.
Der Kaiser kann sich seiner im Rausche gesprochenen Worte nicht mehr entsinnen und behauptet,
nie einen derartigen Befehl gegeben zu haben. Auf seine Frage, wer die Hinrichtung geleitet habe,
nennt Kao1 H uai2-tei2 den Han2 Lung2. Vom Kaiser zur Verantwortung gezogen, beruft sich
dieser auf den Befehl des ersteren. Darauf erwidert ihm der Kaiser, dafs er nun zur Strafe selbst
den Tod erleiden solle, da er sich doch hätte sagen können, dafs jener angebliche Befehl nicht
ernst gemeint war. Kaum hat Kao1 H\iai2-tei2 diese Worte vernommen, als er sein Schwert zieht
und den Han2 Lung2 niedersticht. Der Kaiser bereut die Hinrichtung des Cheng4 En1 schmerzlich
und fragt, warum denn niemand sich für ihn verwendet habe, worauf Kao1 H‘uai2-tei2 den Kaiser
übei den wahren Sachverhalt aufklärt und ihm zugleich berichtet, dafs weitaus die meisten der
Wüidenträger sich dem Gesuche um Begnadigung angeschlossen hätten. Die wenigen, die sich
an der Kundgebung zu Gunsten des Cheng4 Ln1 nicht beteiligt haben, werden ihrer Ämter enthoben.
Mittlerweile erfährt T'ao2 San1 - cKun1, die Gemahlin des Cheng4 Eil1, die, im Gegen
satz zu diesem, für ihre Klugheit bekannt ist, was sich ereignet hat. Entschlossen, ihren Gatten
zu rächen, dringt sie an der Spitze einer beträchtlichen Heeresmacht in die Residenz ein. Der
Kaiser läfst die Thore des Palastes schliefsen und begiebt sich in Begleitung des Kao1 Huai2-tei2
auf den Söller, von wo aus er die Kao2 SaK-cKun1 um eine Unterredung bitten läfst. Diese
leistet der Aufforderung Folge, bleibt jedoch am Fufse des Söllers stehen. Indem sie des Kaisers
ansichtig wird, stürzen ihr Thränen des Zornes aus den Augen, und sie schmäht ihn als den Mörder
ihres Gatten. Der Kaiser sucht sie zu besänftigen, indem er ihr der Wahrheit gemäfs berichtet
dafs ihm nichts ferner gelegen habe, als den Cheng4 En1 zu töten und dafs er den verhängnisvollen
Zur Pekinger Volkskunde. rn
Befehl im Rausche erteilt habe, ohne zu wissen, was er that; zugleich erbietet er sich, den Nach
kommen des Cheng4 En1 den erblichen Prinzenrang sowie ein Land zum Lehen zu verleihen, wenn
sie nur ihre Truppen zurückziehen wollte. Aber T ao2 San'-cKiiri1 fügt zu diesen beiden Be
dingungen noch eine dritte: die Auslieferung der Konkubine Han2 als der Hauptschuldigen. Der
Kaiser weigert sich. Da stürmen die feindlichen Truppen die Mauern des Palastes, so dafs er sich
schliefslich dennoch genötigt sieht, nachzugeben: seine Geliebte wird von der Mauer hinabgestürzt
und ihr Frevel dadurch gesühnt, dafs sie bei lebendigem Leibe in Stücke zerhackt wird.
Die Iruppe der rvu3-K u3-kunA setzt sich demgemäfs aus folgenden zehn Personen zu
sammen: dem Chao4 K\iang2-yin4, den fünf Brüdern, dem Cheng4 En1, der die Schwester der letzt
genannten auf seinen Armen balanciert, dem parh3-Cou2 und dem Geschäftsführer des Vereins. Bis
weilen schliefsen sich den ivu3 - E u3 - kun4 noch die sogenannten T# shao3-hn2 an, die allerhand
Waffen- und Kampfspiele aufführen. Dieselben sind jedoch nicht kostümiert, sondern gehen in
ihrer Alltagskleidung und werden daher auch ^ J§p SU4-sherirhI, »die gewöhnlich Gekleideten«,
genannt. Der Name shao3-lin2 geht auf den im südlichen Teile Pekings gelegenen Tempel Ay jffi,
Shao3-lin2-Sfä4 zurück, wo sie ihre Übungen abhalten. An der Spitze derselben steht ein kleiner
Beamter des Justizministeriums Namens Ch'en H'ui-yüan, der durch Bestechungen allmählich zu
einem ansehnlichen Vermögen gelangt ist. Er bezieht nämlich von sämtlichen hsü1 - ts^S3 (s. S. 102)
einen regelmäfsigen »squeeze«, da dieselben erklärlicherweise oft mit den Gesetzen in Konflikt ge
raten und sich für solche Fälle nach Möglichkeit schadlos zu halten suchen.
4. :^i]T-p shih1 -ts\83, die Löwen.
Die Mitglieder dieses Vereins führen, wie schon durch den Namen angedeutet wird, Löwen
spiele auf, wobei immer je zwei Mann einen Löwen darzustellen haben. Das Kostüm besteht aus
einem Löwenkopf aus Pappe mit daran befestigtem nachgemachtem Löwenfell; als Fufsbekleidung
dienen tatzenförmige Stiefel mit Fellschäften. Die shih'-ts\ö3 treiben besonders bei Tempelfesten
ihr Wesen. Wenn sie sich z. B. mit einem der anderen Gauklervereine nicht gut stehen oder ihn
auch nur necken wollen, legen sich zwei solcher »Löwen« vor das Tempelthor und versperren das
selbe auf diese Weise. In solchem Falle mufs der zum Vereine der auf Stelzen einhergehenden
yangx-ko1 gehörende hsiao3 - erh4 - ko1 ihnen unter allerhand Tänzen und Sprüngen 64 Peitschenhiebe
versetzen, und zwar auf lauter verschiedene commentmäfsig vorgeschriebene Stellen. Passiert dabei
ein Versehen, so gewähren die Löwen den Zutritt zum Tempel nicht eher, als bis zwischen den
beiderseitigen pa’rh3-fou2 ein Einvernehmen erzielt worden ist; sind die Hiebe hingegen in vorschrifts-
mäfsiger Weise erteilt worden, so springen die beiden Löwen nach dem letzten Hiebe auseinander
und geben dadurch das Tempelthor frei. Es hält immer sehr schwer, für die shihx-ts\&3 ein Ab
steigequartier zu bekommen, wo sie sich kostümieren können; denn da sie, sobald sie erst in ihrem
Löwenfell stecken, stets allerhand Allotria treiben, auf das Dach klettern die Dachziegel hinunter
werfen und was dergleichen Scherze mehr sind, so mag sie in der Regel niemand beherbergen.
Besonders hervorragend durch ihre gymnastischen Leistungen sind die shih'-tsfö3, die im
Tg Hui4-chao4-si&4, einem westlich von Peking gelegenen Tempel, ihre Übungen abhalten.
Bei'den Übungen wird statt des verhältnismäfsig leichten Löwenkostüms eine Art grofser schwerer
Holzmulde verwendet, an der für die Augen zwei Löcher angebracht sind. Die Löwendarsteller von
H\ä4 - chao4 - s\£4 sind gröfstenteils Töpfer und Dachdecker, weil die letzteren besonders von Berufs
wegen gewandte Turner zu sein pflegen. Grofser Beliebtheit erfreuen sich auch die Löwendarsteller
aus dem draufsen vor dem Thore Tung1 -pien4-men2 gelegenen Dorfe ___ ^ Erh4-cha2.
Diese sind sämtlich Bootsleute und führen ihre Kunststücke im Wasser auf. Neuerdings hat sich ein
Verein von Löwendarstellern gebildet, der den Namen Ay tai4-shilix shao3-shihI fuhrt. Be
kanntlich entsprechen diese beiden Termini dem heutigen fai4-pao3 und Ayffi shao3-pao3,
»älterer und jüngerer Erzieher des Thronerben«. In diesem Falle handelt es sich jedoch offenbar
um ein Wortspiel, welches nach Substituierung von ^|ji shih1, Löwe, für (jfjj shih , Lehier, die
deutung: »grofse und kleine Löwen« ergiebt. In der That setzen sich diese shih ts^c aiic
zwei grofsen und fünf kleinen Löwen zusammen, und zwar werden die kleinen Löwen ^n je einem
Manne dargestellt. Der letztgenannte Verein führt übrigens aufserdem noch den Namen M Ä
I 12 Wilhelm Grube:
wiß-shih4 t‘urig2-fang2, »die gemeinsame Halle von fünf Generationen«. Wenn in einer Familie
fünf Generationen gleichzeitig am Leben sind, wird derselben von Staatswegen eine Tafel,
pien3-e21), mit dieser Aufschrift als besondere Auszeichnung verliehen, die in dem Hauptgemach
des Hauses aufgehängt wird. In dem gegebenen Falle dient der Name lediglich als eine glück
bringende Bezeichnung, chi2-hsiailg2-K ua4, die den Wunsch dauernden Bestehens zum Aus
druck bringt.
5. Kak-lu4, die Wegsäuberer.
Diese Gruppe setzt sich aus sechs Teufeln zusammen, von denen fünf mit jenen Teufeln
identisch sind, die die |J Liu2-shili\ die Mutter des g ^ Mu4-lien2 (Skr. Maudgalyäyana) auf
den ^Pj*yjl] |_L| H'ua2-j'u2-sharil zerrten (s. S. 78), während der sechste den fgjj yttj f ouJ -yu2 -kuei3,
den »ölstehlenden Teufel«, darstellt. Dieser »Öldieb« entwendet heimlich Öl aus den Buddha ge
weihten Lampen und schafft dasselbe in die Unterwelt. Je nach der Beschaffenheit jener Ölproben
wird erkannt, ob die betreffenden Menschen reines Herzens sind oder nicht. Es giebt in der Unterwelt
ein sogenanntes »Buch des Lebens und des Todes«, sheng*-s\&3-pu4, in dem das Geburts
und Todesdatum jedes Menschen verzeichnet steht und in das alle guten und bösen Thaten eines
jeden eingetragen werden. Wer zehn gute Thaten in ununterbrochener Reihenfolge aufzuweisen hat,
wird durch eine zehntägige Verlängerung seiner Lebensdauer belohnt, während zehn aufeinander
folgende geringfügige Vergehen einen Abstrich von ebenso vielen Tagen von der zugemessenen
Lebensdauer zur Folge haben. Für ernstere Vergehen richtet sich die Strafe nach der GrÖfse der
Sünde. Die eingesammelten Ölproben werden nun für die Lampe verwendet, deren sich der Richter
der Unterwelt bei den Eintragungen in jenes Buch bedient.
Es giebt ein volkstümliches Schauspiel, das den Titel Jjji]^|J 'jg1' Cha2-p aiP-kuan1, d. h. »der
Höllenrichter mit dem Hackschwert«, führt und einen Prozefs behandelt, in dem Pao3 Cheng3,
ein berühmter Richter aus derZeit der Sung-Dynastie, eine hervorragende Rolle spielt. Einreicher
alter Witwer Namens |Jjp'yifc Liu2 H'ung2 hatte sich mit einer Tochter des Hauses ^ Feng2 ver
heiratet. Derselbe hatte aus erster Ehe keinen Sohn, sondern nur eine Tochter, Liu2 Chin1-
cKan2 (»die Cikade aus dem Hause Liu2«) mit Namen, die schon als Kind dem Sohne einer jüngeren
Schwester ihres Vaters zugesprochen worden war. Jene Schwester war ursprünglich an einen wohl
habenden Mann verheiratet gewesen, hatte jedoch nach dessen Tode das von ihm geerbte Vermögen
allmählich eingebüfst. Sie schickte ihren Sohn FslS Yen2 CKa2-San4 in Begleitung eines jungen
Dieners (eines sogenannten shux-fung’rh2) Namens yß. M Yü4 Mo4 in die Residenz, damit
er dort sein Examen ablege und dann heirate. Yü4 Mo4 zeichnete sich durch grofse Intelligenz aus
und war zugleich seinem Herrn treu ergeben. Während Herr und Diener selbander ihre Strafse
zogen, trafen sie eines Tages in einer Herberge mit einem Manne zusammen, der eigentlich Q yfy lg’
Po2 Yü4-fang2 hiefs, aber als Mitglied einer Vereinigung freier Ritter, hsiaI-ko4, die sich
»die fünf Ratten«, wu3-shu3, nannten, den Namen Chili3 Mao2-shu3 führte, diesen
aber wiederum, um nicht erkannt zu werden, mit den ähnlich lautenden Zeichen: Chin'
Mao4-shu2 zu schreiben pflegte. Da er in Militär- und Civilangelegenheiten gleich bewandert war,
war ihm Yen2 CK a2-san4 als Gelehrter dem Namen nach bekannt, und er wollte sich jetzt persönlich
überzeugen, ob und wie weit er seinem Rufe entsprach. Durch ein Gespräch über litterarische
Dinge schlossen sie bald Freundschaft miteinander, und da Yen2 CKa2- San4 den Eindruck hatte,
dafs Chin3 Mao2-shu3 in ärmlichen Verhältnissen lebte, schlug er ihm gleich am ersten Tage ihrer
Bekanntschaft vor, sein Mahl mit ihm zu teilen. Vom nächsten Tage an setzten sie dann die Reise
gemeinsam fort und stiegen auch stets in der gleichen Herberge ab, wobei Yen2 CKa2-san4 immer
die gemeinsamen Kosten aus seiner Tasche bestritt. Schliefslich wurde Yü4 Mo4 argwöhnisch und
machte seinen Gebieter darauf aufmerksam, dafs das ohnehin knappe Reisegeld auf die Dauer für
drei Mann nicht ausreichen werde. Er war überzeugt, dafs Chin3 Mao2-shu3 seinen Herrn nur aus-
beuten wollte. Als er jedoch sah, dafs seine Vorstellungen nichts fruchteten, bat er den Yen2 CKa2-
san4, künftig wenigstens in kleineren und weniger kostspieligen Herbergen abzusteigen, was denn
auch geschah. Chin3 Mao2-shu3 nahm indessen auch gern mit einem bescheideneren Unterkommen
i) Im Gegensatz zu den in senkrechten Zeilen geschriebenen tili4 -lien2 ist die Schrift auf den pien2-e2 stets horizontal.
Zur Pekinger Volkskunde. 11 3
fürlieb, und Yü4 Mo4 vermochte seinen Unwillen über den Reisegefährten seines Herrn so wenig
zu verbergen, dafs jener sich dadurch von der treuen Anhänglichkeit des Dieners überzeugen konnte.
Allmählich ging das Geld auf die Neige; Yü4 Mo4 aber wagte nicht, dem Yen2 CK a2-san4 den
wahren Sachverhalt einzugestehen, aus Furcht, ihn zu erzürnen, sondern zog es vor, heimlich seine
eigenen Unterkleider zu versetzen. Den Yen2 CKa2 -san4 vermochte er zwar auf diese Weise zu
täuschen, aber Chili3 Mao2-shu3 hatte alles durchschaut und damit seinen Zweck erreicht: er wufste
nun, was er von beiden zu halten hatte.
Als Yen2 CKa2 - san4 eines Tages abermals in einer kleinen Herberge abstieg, schlofs sich
ihm Chin3Mao2-shu3 nicht an; dafür erschien jedoch am Abend ein feingekleideter Diener, um den Yen2
CKa2-san4 im Aufträge seines Herrn einzuladen, dessen Gast zu sein. Auf die Frage, wer denn sein
Herr sei, nannte der Bediente den Namen Q Po2 und fügte hinzu, dafs er ihn kennen müsse. Obwohl
Yen2 CKa2-san4 überlegte, dafs er keinen Bekannten dieses Namens hatte, entschlofs er sich dennoch
auf Zureden des Yü4 Mo4, der sich freute, dafs sein Herr auf diese Weise sein Geld sparen konnte,
die Einladung anzunehmen. So machten sie sich denn beide in Begleitung des Boten auf den Weg.
Kaum waren sie im Hofe eines eleganten Absteigequartiers, an dessen Eingänge viele schöne Rosse
standen, angelangt, als ein Mann in vornehmer Kleidung an Yen2 CKa2-San4 herantrat und ihn in
ehrerbietiger Weise begrüfste. Dieser ward mifstrauisch und sagte, dafs er noch nicht die Ehre
gehabt habe, den Herrn zu sehen. Da lachte jener, und als Yen2 CKa2-san4 ihn näher ansah, er
kannte er, dafs es kein anderer war, als sein Reisegefährte Chin3 Mao2-slm3. Auf die Frage, warum
er sich denn plötzlich Po2 nenne, klärte Chin3 Mao2 - shu3 ihn über alles auf, indem er ihm erzählte,
dafs er zum Bunde der »fünf Ratten« gehöre und auf der Insel H7 Hsien4-KungJ-tao3 lebe.
Nachdem sie Hand in Hand das Haus betreten hatten, schlug Chin3 Mao2-shu3 seinem Gaste vor,
einen Bruderbund zu schliefsen. Yen2 CKa2-san4, der schon oft von den hsiax-Ko4 auf der Insel
Hsien4-Kungl-tao3 gehört hatte, lehnte zwar das ehrenvolle Anerbieten mit der bescheidenen Be
merkung ab, er sei nur ein geringer Gelehrter und dürfe nicht wagen, nach so Hohem zu streben,
aber jener beharrte bei seiner Bitte und liefs zugleich einen Altar mit dem Bildnis des Kuan-ti
aufstellen. Als beide, wie das in solchen Fällen üblich ist, ihr Alter nannten, erwies es sich, dafs
Yen2 CKa2- san4 der Ältere war.
Unterdessen war Yü4 Mo4 ins Thor getreten, um seinen Herrn zu suchen und hatte von
dort aus den ganzen Vorgang verfolgen können. Jetzt kam er herbei und warf sich vor Po2 Yü4-
fang2 auf sein Antlitz nieder, indem er ihn wegen seines unhöflichen Benehmens um Verzeihung
bat. Dieser versicherte ihm, dafs er seine Treue gegen seinen Herrn sehr wohl durchschaut und
ihm daher auch nichts zu verzeihen habe; zugleich gab er ihm die Kleidungsstücke, die er versetzt
hatte, zurück. Als hsiar-Ko4 besafs er nämlich die Macht, Gegenstände, die sich in Pfandhäusern be
fanden, ohne Vorweisung einer Quittung, gegen blofse Einzahlung der Pfandsumme, einzulösen.
Yen2 CKa2-san4 blieb noch einige Tage als Gast bei seinem Freunde, und als er endlich
aufbrach, schenkte ihm dieser zwei schöne Rosse, auch gab er ihm obendrein noch zwei Diener mit auf
den Weg, die das Reisegepäck, das durch Geschenke an Gold und Kleidern vermehrt worden war,
tragen sollten. Am Ziele seiner Reise angelangt, begab er sich geradeswegs zu seinem Oheim.
Dieser plauderte gerade mit seiner Gattin, als ihm der Besuch gemeldet wurde. Da er wufste, dafs
sein Neffe verarmt war, setzte ihn der Besuch in eine gewisse Verlegenheit. Frau Feng2 riet ihm,
er solle'sich verleugnen lassen, Liu2 H‘ung2 aber befahl seinem Diener, zunächst nachzusehen, wie
der Fremde gekleidet war. Yen2 CKa2-san4 wufste sehr gut, dafs sein Oheim auf Reichtum sah,
und hatte daher wohlweislich die schönen, ihm von Po2 Yü4-fang2 geschenkten Kleider angelegt.
Als nun der Diener mit der Meldung zurückkam, der Fremde sei ein feiner Herr und führe drei
Diener mit sich, empfing ihn IJu2 H‘ung2 aufs freundlichste in seinem Arbeitszimmer und erkun
digte sich nach dem Befinden der Mutter des Yen2 CKa2-san4 sowie nach dem Zwecke seiner Reise.
Dieser berichtete darauf, dafs seine Mutter ihn nach der Residenz geschickt habe, damit er dort
nach bestandenem Examen heirate; zugleich bat er den Oheim, ihn seiner zukünftigen Schwieger
mutter vorzustellen.
An diesem Punkte setzt erst das Drama ein, während die vorausgeschickte Einführung in
den Gang der Fabel dem Pao'-kung'-an4, einem im Stile der Umgangssprache gesc ne-
benen Romane, entnommen ist.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
i5
Wilhelm Grube114
Liu2 Hhing2 verspricht seinem Neffen, ihn am nächsten Tage mit seiner Gattin bekannt zu
machen. Yen2 CKa2^san4 schickt die beiden Diener des Po2 Yü4-Cang2 mit einem an diesen ge
richteten Schreiben zurück und bleibt mit Yü4 Mo4 im Hause seines Onkels wohnen. Frau Feng2
stellt sich über den günstigen Eindruck, den Yen2 CKa2-San4 auf ihren Gatten gemacht hat, sehr
erfreut, obwohl ihr der Besuch nichts weniger als willkommen ist. Um nämlich das Vermögen ihres
Gatten nach dessen Tode in den Besitz ihrer Familie zu bringen, hat sie den schlauen Plan ersonnen,
ihre Stieftochter mit ihre m Neffen ^ ^ >|‘R Feng2 Chiin1 -Keng2 zu vermählen. Da dieser sich
jedoch weder durch Kenntnisse noch durch Schönheit auszeichnet, fürchtet sie, ihren Willen nicht
durchsetzen zu können. In diesem Augenblicke erscheint plötzlich der Neffe und fragt seine Muhme,
weshalb sie so besorgt dreinschaue. Nachdem diese ihm ihr Herz ausgeschüttet hat, erklärt er, er
werde schon mit seinem Nebenbuhler fertig werden; er wolle ihn so lange aufziehen und zum Narren
halten, bis der Oheim schliefslich einsieht, dafs er doch der Klügere sei. Mit diesen Worten begiebt
er sich zu Yen2 CKa2-san4 und stellt sich ihm vor. Yen2 CKa2-San4 empfängt ihn sehr höflich
und befleifsigt sich im Gespräch zierlicher Wendungen der Schriftsprache, wie das unter litterarisch
gebildeten Leuten zum guten Tone gehört. Bald merkt er jedoch, dafs sein Gast viel zu unwissend
ist, um ihm folgen zu können, und geht nun, um ihn nicht länger zu peinigen, zur Vulgärsprache
über. Inzwischen blättert Feng2 Chiin1 -Keng2 ganz ungeniert in den Büchern und Papieren des
Feil2 CKa2-san4 und erdreistet sich sogar, dessen schriftstellerische Arbeiten zu kritisieren, ohne
selber ein Wort davon zu verstehen, so dafs jener sich kaum des Lachens erwehren kann. Schliefslich
begiebt er sich wieder zur Muhme zurück und gesteht ihr, dafs Yen2 CKa2-san4 ein gefährlicher
Mensch ist, dem er nicht gewachsen sei.
Während nun Frau Feng2 und ihr Neffe miteinander beratschlagen, wie sie den lästigen
Nebenbuhler beseitigen könnten, werden sie von der Magd der Liu2 ChiiV-cKan2 belauscht, die
gerade draufsen vorbeigeht, um ihrer Herrin den Thee zu bringen. Natürlich berichtet sie der letz
teren getreulich alles, was sie vernommen hat. Obwohl Liu2 ChinJ-cKan2 den Yen2 CKa2-san4 nicht
kannte, so war sie ihm doch zugethan, da sie viel Gutes über ihn gehört hatte, während ihr Feng2
Chiin1-Keng2 verhafst war. So war sie denn sehr besorgt, ohne zu wissen, wie sie dem Bedrohten
helfen sollte. Die Magd aber war ihr treu ergeben und stand mit ihr auf vertrautem Fufse; daher
wagte sie, ihr vorzuschlagen, sie solle einen Brief an Yen2 CKa2-san4 richten und ihm darin den
Rat erteilen, nicht länger in dem Hause ihres Vaters wohnen zu bleiben. Aus Schamgefühl kann
sich das Mädchen mehrere Tage lang nicht zu dem verhängnisvollen Schritt entschliefsen, bis sie
endlich dennoch den Rat der Magd befolgt. Da sie jedoch weifs, dafs Yen2 CKa2-san4 unbemittelt
ist, beschliefst sie zugleich, ihm ihr Geschmeide zu schicken, damit er durch den Erlös desselben
die Kosten des Aufenthaltes bestreiten könne. Unterdessen belästigt Feng2 Chiin1 -K eng2 den Yen2
CKa2-san4 tagtäglich durch seine Besuche, so dafs dieser seine Langeweile kaum mehr zu verbergen
vermag. Schliefslich bittet Feng2 Chiin1 -Keng2 den Yen2 CKa2-san4, ihm ein Gedicht auf seinen
Fächer zu schreiben, was dieser aus Bescheidenheit ablehnt. Da nimmt er den Fächer des Yen2
Ch a2-san4 an sich und läfst ihm dafür den seinen zurück, indem er ihm zugleich erklärt, dafs er
ihm seinen Fächer nicht eher wiedergeben werde, als bis jener ihm seine Bitte erfüllt habe.
Eines Tages kommt nun Yü4 Mo4 in die Küche, um das Essen für seinen Herrn zu holen,
und macht dort die Bekanntschaft der Magd der Liu2 Chin1 -cKan2, welche die Gelegenheit benutzt,
ihm heimlich den Brief ihrer Herrin zuzustecken. Als darauf Yen2 CKa2-san4 gerade im Begriffe
ist, den Brief zu öffnen, erscheint zufällig Feng2 Chiin1 -Keng2 wieder auf der Bildfläche, so dafs
jener genötigt ist, das Schreiben ungelesen in ein Buch zu stecken. Während Yen2 CKa2-san4
mit dem Essen beschäftigt ist, blättert Feng2 Chiin1 -Keng2 in jenem Buche, entdeckt darin den
Brief, erkennt die Handschrift der Liu2 Chinr-cKan2, nimmt ihn heimlich an sich und geht dann
seiner Wege. Als Yen2 CKa2-san4 hinterdrein bemerkt, dafs der Brief verschwunden ist, ist er
sehr bestürzt, um so mehr, als er dessen Inhalt nicht kennt. Da das Schreiben im Stile der Schrift
sprache abgefafst ist, bleibt es dem Feng2 Chiin1-Keng2 zum gröfsten Teile unverständlich; nur so
viel errät er, dafs es sich darin um ein Stelldichein am Gartenthore handelt. Er begiebt sich daher
am Abend an den bezeichneten Ort und wartet dort der Dinge die da kommen sollen. Um die
Zeit der dritten Nachtwache öffnet sich denn auch das Thor, und es erscheint eine weibliche Gestalt
mit einem Päckchen in der Hand. In der Dunkelheit vermag Feng2 Chiin1-K eng2 das Gesicht des
Zur Pekinger Volkskunde. 115
Mädchens zunächst nicht zu erkennen, und erst nachdem er sich einige Schritte genähert hat, sieht
er, dafs es die Magd der Liu2 Chin1 - cKan2 ist. Diese stöfst einen Schrei aus, als sie plötzlich den
Feng2 Chün1-K eng2 vor sich erblickt. Sofort springt der letztere auf sie zu und hält ihr die Hand
vor den Mund. Die Magd gleitet auf dem schlüpfrigen, mit Moos bewachsenen Wege aus, stürzt
zu Boden und wird im nächsten Augenblick von Feng2 Chün1 -Feng2 erwürgt. Darauf legt dieser
den Fächer des Yen2 CK a2 - san* samt dem Briefe der Lin2 Chin1-cKan2 neben die Ermordete und
entfernt sich schleunigst. Durch den Lärm aufmerksam geworden, kommt der Nachtwächter herbei
und meldet alsbald das Geschehene seinem Herrn. Nunmehr erscheint auch Liu2 H ung2 mit seiner
Frau und überzeugt sich durch die Spuren der Erdrosselung am Halse der Magd, dafs diese eines
gewaltsamen Todes gestorben ist. Er nimmt Brief und Fächer an sich und begiebt sich wieder ins
Haus, indem er den Nachtwächter bei der Leiche zurückläfst, damit die letztere nicht vom That-
orte entfernt werde. Als er sich dann überzeugt, dafs der Fächer dem Yen2 CKa2-san* gehört und
der Brief von seiner Tochter herrührt, gerät er in hellen Zorn; er teilt seiner Gattin den Inhalt des
Schreibens mit und ruft voll Wut, jetzt wisse er, was er von seiner Tochter zu halten habe. Frau
Feng2 aber benutzt die günstige Gelegenheit, um noch Öl ins Feuer zu giefsen. Als Stiefmutter,
sagt sie, habe sie bisher nicht alles zu sagen gewagt, was sie gewufst, jetzt aber könne sie nicht
länger schweigen. Es sei ihr längst bekannt, dafs Chin1 - dl an2 ein Liebesverhältnis mit einem der
jungen Diener des Hauses unterhalte. Sollte Yen2 CKa2 - san* nun das Mädchen trotz alledem heiraten,
so würden die beiden sicherlich dem Vater nach dem Leben trachten. Nun kennt der Zorn des
Liu2 H'ung2 keine Grenzen mehr; er stürzt zu seiner Tochter und spricht die vernichtenden Worte:
»Du hast ja etwas Schönes angerichtet! Um solcher Schande willen bist du wert zu sterbenL Nach
dem Pao1-kling1-an* macht das Mädchen nach diesen Worten durch Erdrosselung seinem Leben
ein Ende; nach dem Cha2-p‘an*-kuan1 hingegen nimmt die Handlung jetzt folgenden Verlauf. Fest
überzeugt von der Unschuld des Yen2 CK a2-san*, will sich Liu2 Chin1-cKan2 zu dessen Mutter
flüchten. Nachdem sie um Morgengrauen eben das elterliche Haus verlassen hat, begegnet sie einem
Tagelöhner ihres Vaters Namens Li3 Pao3-erh2 und läfst sich durch dessen Bitten bewegen,
sich zunächst in sein Haus zu begeben. Auf die Frage der Frau des Li3 Pao3-erh2, was sie zu
der seltsamen Flucht bewogen habe, erzählt sie dem Ehepaare, was sich am vergangenen Abend
zugetragen hat und teilt ihnen zugleich ihr Vorhaben mit. Li3 Pao3-erh2 erbietet sich, sie zu der
Mutter des Yen2 CKa2-san4 zu begleiten, giebt ihr aber auch zu erwägen, dafs der Weg dorthin
weit sei und für einen Wagen oder eine Sänfte das Geld fehle. Da reicht ihm Liu2 Chin1-cK an2
ihre goldenen Armspangen und ihren Kopfschmuck, damit er für deren Erlös eine Sänfte miete.
Als die Frau des Li3 Pao3-erh2 den reichen Schatz erblickt, regt sich in ihr die Begierde; sie lockt
ihren Gatten zum Hause hinaus und raunt ihm dort zu, es werde nichts Gutes dabei herauskommen,
wenn er dem Mädchen bei dem Fluchtversuch behilflich sei, er solle ihr lieber den Garaus machen,
dann könnten sie beide vom Ertrag des Geschmeides ein gutes Leben führen, ohne fortan für
Tagelohn arbeiten zu müssen. Es gelingt ihr, ihren Gatten zu überreden, und, ins Haus zurück
gekehrt, schlägt dieser dem Mädchen vor, ein wenig der Ruhe zu pflegen, bis er eine Sänfte
herbeigeschafft habe. Kaum ist sie nun, erschöpft nach der durchwachten Nacht, eingeschlafen,
so führt das Ehepaar seinen Mordplan aus und erdrosselt die Schlummernde. Nach vollbrachter
That trägt Li3 Pao3-erh3 auf das Geheifs seiner Gattin die Leiche an jenes Gartenthor und legt
sie dort neben der ermordeten Magd nieder.
Inzwischen hat Liu2 Ff'ung2 dem Chih-hsien die Mitteilung zugehen lassen, dafs Yen2 CKa2-
san4 die Magd zu vergewaltigen versucht und sie, da sie nicht nachgeben wollte, ermordet habe.
Da Liu2 H‘ung2 ein reicher Mann ist, bemüht sich der Chih-hsien, ihm zu Willen zu sein und
läfst den Yen2 CK a2-san4 sofort in aller Stille ins Gefängnis abführen. Als Yü* Mo* sieht, dafs
sein Herr gefesselt wird, fragt er den Gerichtsdiener, was das zu bedeuten habe, und erfährt von
diesem die Anklage des Liu2 H‘ung2. Auf diese Weise errät auch Yen2 CKa2-san*, dafs jener
verhängnisvolle Brief offenbar die Aufforderung an ihn enthalten habe, an das Gartenthor zu kommen,
ferner aber auch, dafs Feng2 Chün1 -Keng2 den Brief entwendet und die Mordthat verübt hat. Zu
gleich aber sagt er sich, dafs, wenn er verraten würde, dafs er den Brief empfangen habe, ei da
durch den Ruf des Mädchens schädigen könnte. Aus diesem Grunde beschliefst er um ihretwillen
zu erklären, dafs er der Mörder sei. Lieber will er unschuldig den Tod erleiden, als den guten Ruf
i5*
Wilhelm Grube:116
des Mädchens schädigen. Vom Chih-hsien ins Verhör genommen, erklärt er demgemäfs: ermordet
habe er die Magd, aber nicht vergewaltigt; er habe sie aus Zorn getötet, weil er von ihr beschimpft
worden sei. Nachdem er das Protokoll unterzeichnet, wird er ins Gefängnis abgeführt.
Inzwischen ist Po2 Yü*-Cang2 durch einen seiner Diener, der sich zum Schutze des Yen2
Qicf-san* heimlich im Hause des Liu2 H'ung2 aufgehalten hat, von dem Geschehenen in Kenntnis
gesetzt worden und begiebt sich ins Yamen, um die Rettung seines Freundes zu versuchen. Auf
dem Wege dorthin begegnet ihm Yü* Mo4, der im Begriff ist, seinem Herrn den Reis ins Gefängnis
zu tragen, und vernimmt durch ihn das Geständnis des Yen2 CKa2-sein*. Durch eine Bestechung
des Gefängniswärters gelingt es dem Po2 Yü*-fang2, zu seinem Freunde vorgelassen zu werden. Als
Yen2 CKa2-san* auch ihm gegenüber seine vor Gericht gethane Aussage wiederholt, fragt er ihn, aus
welchem Grunde er sich denn um jene nächtliche Stunde ans Gartenthor begeben habe, worauf jener
keine Antwort zu geben vermag. Da sagt Po2 Yü*-t‘ang2: »Wir sind Brüder auf Leben und Tod,
daher mufst du mir die volle Wahrheit sagen«. Dieser Bitte vermag Yen2 CKa2-san* nicht länger
zu widerstehen und berichtet ihm alles der Wahrheit gemäfs. Auf die Frage des Po2 Yü*-Vang2}
was denn aus seiner Mutter werden solle, falls er stürbe, bricht Yen2 CKa2-san4 in Thränen aus,
denn jetzt erst wird ihm klar, dafs ihm das Wohl seiner Mutter doch wichtiger sein mufste, als der
Ruf jenes Mädchens, das sich ohnehin durch den Brief kompromittiert hatte; andererseits aber kann
er die einmal gegebene Aussage auch nicht wieder zurücknehmen. Po2 Yü*-fang2. sucht ihn auf
alle Art zu beruhigen und verspricht ihm, Mittel und Wege zu finden, um jene Aussage zu wider
rufen. Darauf besticht er den Wärter nochmals reichlich, damit er für das leibliche Wohl des Ge
fangenen Sorge trage; den Yü* Mo* aber mietet er in einer Herberge ein und heifst ihn dort das
Weitere ab warten.
Um jene Zeit war Pao3 Cheng3 Oberrichter in K'ai-feng-fu, der die Kraft besafs, sich in
schwierigen Fällen in der Unterwelt Rat zu holen. Als Zaubermittel diente ihm das sogenannte
Seelentuch, |&|£j l|]Q yu*-Kun2-p a*, das er sich über den Kopf legte, so oft ersieh in die Unter
welt begeben wollte. Po2 Yü*-Cang2 dringt nun bei Nacht und Nebel in das Haus des Pao3 Cheng3
ein, begiebt sich in dessen Schlafgemach und legt einen Zettel, auf dem die vier Worte flfj ^
»dem Yeti2 CKa2-san* ist Unrecht widerfahren«, geschrieben stehen, auf das Bett. Nachdem
er dann noch sein blankes Schwert in das Bett des Schlummernden gesteckt hat, begiebt er sich,
unbemerkt von den Wächtern, wie er gekommen, wieder von dannen. Pao3 Cheng3 findet am
nächsten Morgen die anonyme Mitteilung und erteilt sofort den Befehl, dafs man ihm den Yen2 CKa2-
san* vorführe. Dieser wiederholt auch vor ihm seine erste Aussage. Pao3 Cheng3 errät indessen,
dafs die Aussage falsch sein müsse und beschliefst, der Sache auf den Grund zu gehen. Er läfst
den Yen2 CKa2-san* zunächst in Untersuchungshaft nehmen und zugleich den Liu2 H'ung2 vorladen.
Nachdem Liu2 H'ung2 die Nachricht von der Ermordung seiner Tochter erhalten hatte,
war die frühere Liebe zu seinem Kinde in ihm wieder erwacht; er liefs der Leiche schöne Toten
gewänder anlegen und sie dann einsargen. Vor Gericht aber verheimlichte er den Fall. Als er nun
die Vorladung vor den Oberrichter erhält, gerät er in grofse Furcht, weil eine derartige Verheim
lichung vor dem Gericht für straffällig gilt. Pao3 Cheng3 stellt ein ausführliches Verhör mit Liu2
Heutig2 an, das zu dem Ergebnis führt, dafs der letztere nicht im stände ist, einen Beweis für seine
Anklage gegen Yen2 CKa2-san* vorzubringen. Schliefslich entläfst ihn der Richter mit den Worten,
er sei überzeugt, dafs es sich um eine falsche Anschuldigung handle, aber er wolle dem wahren
Sachverhalt auf den Grund kommen. Froh, nicht über den Tod seiner Tochter befragt worden zu
sein, macht sich Liu2 LPung2 auf den Heimweg. Pao3 Cheng3 aber beschliefst, sich in die Unter
welt zu begeben.
Die Seele der Liu2 Chin1 -cKan2 war inzwischen in der Unterwelt angelangt und hat daselbst
vor dem Richter ausgesagt, dafs sie von dem Li3 Pao3-erh2 ermordet worden. Der Richter trug ihre
Aussage in das »Buch des Lebens und des Todes« ein, und infolge dieser Missethat war dem Mörder
nur noch eine Lebensdauer von wenigen Monaten beschieden. Nun ist aber der Richter der Unterwelt
ein Oheim des Li3 Pao3 - erh2, und um seinen Neffen zu retten, reifst er das soeben geschriebene Blatt
heimlich aus und ersetzt es durch ein anderes, auf dem er die Mordthat des Li3 Pao3-erh2 unerwähnt
läfst. Bekanntlich werden chinesische Bücher vor dem endgiltigen Heften mittels Seidenfäden durch
Papierschnüre, sogenannte chü1 -ts\S3, notdürftig zusammengeheftet, damit die einzelnen Blätter
Zur Pekinger Volkskunde. !I7
gleichmäfsig und in der richtigen Reihenfolge liegen bleiben. Zu einer solchen Schnur dreht nun
der Richter jenes ausgerissene Blatt und heftet damit das Buch wieder zusammen. Während dieser
Manipulation ist er aber, ohne dafs er es merkt, von dem Ölteufel beobachtet worden, und als er
diesen jetzt plötzlich hinter sich erblickt, fragt er ihn, was er da zu suchen habe. Jener erwidert,
er sei nur gekommen, um das Öl in der Lampe nachzufüllen. Der Richter schöpft indessen Arg
wohn; um sich den Ölteufel womöglich günstig zu stimmen, zieht er ihn teilweise ins Vertrauen
und bittet ihn, die Seele der Liu2 Chhf-cKan2 hinter den »dunklen Berg«, |JL| Yin'-shan1, zu
führen, damit sie dort verborgen gehalten werde, bis die Lebensdauer des Li3 Pao3-erh2 ihren Ab-
schlufs erreicht hat. Zugleich verspricht er ihm, für seine baldige Beförderung Sorge zu tragen.
Der Ölteufel erklärt sich auch bereit, den Auftrag auszuführen; als er jedoch auf dem Wege nach
dem Yin1 -shan1 von Liu2 Chinx-cKan2 den wahren Sachverhalt erfährt, wird er von Unwillen gegen
den Richter erfüllt, und da sich Pao3 Cheng3 gerade in der Unterwelt befindet, teilt er ihm die
Fälschung des Richters mit. Pao3 Cheng3, der inzwischen alles, was er zu wissen wünschte, erfahren
hat und bereits im Begriffe ist, wieder auf die Oberwelt zurückzukehren, begiebt sich auf diese
Kunde hin zum Herrscher der Unterwelt [f|] $|U Yen2-lo2-wang2 in dessen Palast
Sen1 -lo2-tien* und setzt ihn von den Umtrieben des Richters in Kenntnis. Yen2-lo2-wangx läfst
den ungetreuen Beamten kommen, überzeugt sich auf Grund der Zeugenaussage des Ölteufels von
der begangenen Fälschung und überantwortet daraufhin den Richter dem Pao3 Cheng3. Dieser aber
läfst ihn mit dem »hundsköpfigen Hackmesser«, ^pjjkou3 - f ou2 - cha2, hinrichten. Abgeschiedene
Seelen, die als solche nochmals den Tod erlitten haben, heifsen chien*, und wie sich die
Menschen vor den kuei3, den abgeschiedenen Seelen, fürchten, so fürchten diese sich vor den
chien*. Der Ölteufel wird zum Lohne zum Richter der Unterwelt ernannt. Liu2 Chin1 - cKan2 aber
wird wieder auf die Oberwelt zurückgeschickt.
Im Pao3-kung1-an* wird dann weiter erzählt, wie Pao3 Cheng3 die Angelegenheit des y en2
CKa2-san* in seine Hand nimmt und den Feng2 Chüm-h'eng2 hinrichten läfst.
6. Shih2-pu*-hsien2.
Die Shih2-pu*-hsien2 sind eine Art Bänkelsänger, die sich jedoch statt des bei unseren
mittelalterlichen Bänkelsängern üblichen »Bänkels« eines Karrens bedienen, dessen Fläche sie durch
darübergelegte Bretter vergröfsern und so in eine Bühne umformen. Die Mitte dieser Bühne wird von
einem Tisch eingenommen, auf dem sich ein Musikgestell mit daran befestigten Gongs, Trommeln
und Cimbeln, sowie ein Theeservice mit zwei Laternen zu beiden Seiten des letzteren befinden.
Die Shih2-pu*-hsien2 setzen sich aus fünf Personen zusammen. Die Hauptrolle spielt der Spafs-
macher oder Hanswurst, g|J^ cKourh3, dem eine Sängerin, P|| ® cKang*-cKii’rh'-ti\ als
Partnerin zur Seite steht. Dazu kommen noch zwei weibliche Rollen: das »garstige alte Weib«,
jgl| cKou3-po2-ts\&3, mit einem Gong, und die »Kopftuchträgerin«, SB Ö4 Pa°x-^ou2-ti\
mit Castagnetten. Ursprünglich trugen die Vertreter der weiblichen Rollen stets Kopftücher; daher
der Name. Die am Musikgestell befestigten Trommeln und Gongs werden von einem Trommler,
trliöfi ta3-ku3-tix, bearbeitet.
Es giebt zwei Arten von Shih2-pu*-hsien2: erstens berufsmäfsige und zweitens Liebhaber.
Wenn zu einer Prozession berufsmäfsige Shih2-pu*-hsien2 hinzugezogen werden, so nehmen sie stets
den letzten Platz im Zuge ein.
III. Theater.
Es giebt zweierlei Gattungen von Schauspielern: die erh*-Kuang2, ZL-J|b un(^ die pang1-
ts\£3, MR Die ersteren stammen ursprünglich aus dem Süden, zumeist aus den Provinzen H u-
kuang, Kuang-tung und Kuang-hsi, und befolgen daher stets, auch in Peking, die südliche Aus
sprache. Wie der Name besagt, bedienten sie sich ursprünglich zweier Flöten, die den Gesang
begleiteten, heute jedoch durch die Ku2-cKin'rhZ, genannte, mit vier Saiten bespannte
Geige verdrängt sind. Die pangI-ts\&3 stammen aus Shan-si und Shen-si und halten sic
Aussprache von Shan-si. Ihre Musikinstrumente bestehen aus dem pang -ts\& , einer
118 Wilhelm Grube
rassel, wie sie die Nachtwächter führen, und dem sogenannten tm h‘u2-h‘u2, einer Art Violine,
die in der Provinz Shan-si heimisch ist. Es ist in Peking nichts Seltenes, dafs auch Dilettanten,
ts\e3-ti4, auch }j|| p iaol genannt, die Bühne betreten; in solchen Fällen werden sie von den
Schauspielern der betreffenden Truppe ausdrücklich eingeladen, sich an öffentlichen Aufführungen
zu beteiligen (4^F nifpFLH&)- Bannerleuten und Söhnen hoher Würdenträger ist das Betreten öffent
licher Bühnen (SÖM) untersagt, doch soll dieses Verbot oft genug umgangen werden. Wenn
man während des ersten Monats durch die Strafsen Pekings wandert, hört man vielfach die Klänge
von Trommeln und Gongs aus verschiedenen Läden schallen; das pflegt ein sicheres Zeichen zu
sein, dafs dort Dilettantenvorstellungen veranstaltet werden. Die Dilettanten spielen stets in ihren
gewöhnlichen Kleidern und in sitzender Stellung; nur wenn sie eine öffentliche Bühne betreten, legen
sie das ihrer Rolle entsprechende Kostüm an. Das Spielen ohne Kostüm heifst öiWt^ shuo1-
pai2 cKing1 - dl ang4. Ein Spielhonorar- erhalten Dilettanten für ihre Mitwirkung nicht.
Schauspielertruppen, die in Peking das Genre der erli4-Jiuang2 kultivieren, werden dort
tÜJiE lim1-pan1 genannt, ein Name, der auf die Stadt f§£ jf | /fyf H'ui-chou-fu in der Provinz
An-h' ui zurückgeht, aus der besonders viele Schauspieler stammen sollen. In Peking bestehen folgende
vier grofse Jini1 -pan1:
1. |JCJ s\e4-hsi3-pan1, »die Truppe der vierfachen Freude«. Unter »vierfacher Freude«
ist Glück und Freude während der vier Jahreszeiten, also das runde Jahr hindurch, gemeint;
2. san1-eil ing4-pan1, »die Truppe des dreifachen Glückes« (Glück, reichliches
Einkommen und langes Leben);
3. p| clinn1 -Cai2-pan1, »die Truppe der Frühlingsbühne«. Der Name involviert den
Wunsch, dafs die Bühne dem Lenze gleich florieren möge;
4. sung1 -chu4-panx, »die Truppe der Priester der Fichte«. Da die immergrüne
Fichte eins der Symbole der langen Lebensdauer ist, so drückt dieser Name die Hoffnung auf
dauerndes Bestehen aus.
Aufser diesen vier grofsen Truppen giebt es noch eine Anzahl kleinerer. Gegenwärtig gilt
die an erster Stelle angeführte Truppe für die weitaus beste, während die Leistungen der drei übrigen
sehr ungleichmäfsig sein sollen. Jede Truppe steht unter der Leitung eines Direktors, pan1-
chu3. Renommierte Schauspieler erhalten aufser ihrem Quartalsgehalt, ff s m jra2-pao1 -/in2,
noch ein besonderes Spielhonorar für jedes Auftreten und stehen Sich auf diese Weise mitunter sehr
gut. Die Mitglieder des zum Palaste gehörenden kaiserlichen Privattheaters, jjVf- nan2-fu3, rekru
tieren sich ausschliefslich aus den Palasteunuchen; sie nehmen eine Sonderstellung ein und stehen in
keinerlei Verbindungen mit den übrigen Bühnen der Residenz. Alle übrigen Bühnenmitglieder gehören
einer gemeinsamen Gilde an, die ihren besonderen, aufserhalb des Thores H'a-t'a-men gelegenen
Tempel, fiL&JSj ching1 - chung1 - miao4, hat. Dieser Tempel ist dem Yiieh4 Fei1 geweiht,
den die Schauspieler als ihren Schutzpatron verehren. Die Thaten dieses, als erfolgreichen Bekämpfers
der sogenannten Kin-Tataren1) bekannten Feldherrn, der im XII. Jahrhundert v. Chr. lebte, sind
in romantischer Färbung in einem Romane, der den Titel Ching1-chung1 führt, geschildert2).
Es wird dort u. a. folgende Episode aus dem Leben dieses Helden erzählt. Ein Rebell mit Namen
Yang2 Yao1, der auf einer Insel im See Tung-ting-lfu hauste, hatte erfahren, dass Yiieh4 Fei1
infolge von Intriguen von seinem Posten enthoben worden war und entsandte seinen Mitverschworenen
T \fe Wang2 Tso4 zu ihm mit der Bitte, ihn mit seinem Rate zu unterstützen. Es gelang dem
Wang2 Tso4 bald, die Preundschaft des Yiieh4 Fei1 bis zu solchem Grade zu gewinnen, dafs dieser
einen Bruderbund mit ihm schlofs. Erst nachdem es so weit gekommen war, teilte er ihm die Bitte
des 1 ang2 Yao1 mit. Obwohl in Ungnade entlassen, war Yüeh4 Fei1 loyal genug, das Ansinnen, an
einer Verschwörung gegen seinen Herrscher, dem er stets treu gedient hatte, teilzunehmen, von
sich zu weisen. So blieb dem Wang2 Tso4 nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge wieder
abzuziehen; da er jedoch mit liiieh4 Fei1 einen Bruderbund geschlossen hatte, so war er genötigt,
sich, bevor er seine Heimreise antrat, bei dessen Mutter persönlich zu verabschieden. Hernach
fragte diese ihren Sohn, wie es denn komme, dafs Wang2 Tso4, nachdem er sich kaum mit ihm
D. h. der Juchen, deren Dynastie unter dem chinesischen Namen Kin und unter dem Mandschunamen Aisin
bekannt ist.
2) Leider steht mir der Text nicht zu Gebote.
Zur Pekinger Volkskunde. I 19
verbrüdert hätte, wieder von dannen gezogen sei, und als ihr nun Yiieh4 Fei1 den Sachverhalt mit
teilte, war sie hoch erfreut über die Handlungsweise ihres Sohnes. Sie begab sich gleich darauf mit
ihm in den Ahnentempel, und nachdem sich Yiieh4 Fei1 daselbst vor seinen Ahnen auf sein An
gesicht niedergeworfen hatte, nahm sie ihm sein Gewand ab und ritzte ihm die Worte: M aS $ ß Hl
ching1 -chung1 pao4 kuo2, »Vergilt dem Staate durch Lauterkeit und Loyalität«, auf den entblöfsten
Rücken (daher auch der Name des Tempels Ching1 - chung1 - miao4), und damit sich die Schriftzüge
nie wieder verwischten, rieb sie Tusche hinein. Dieses Tätowierungsverfahren heifst A{<?4-
Aj<?4, »Schriftzeichen einritzen«. In dem Repertoire der pang1 -tsfö3 findet sich ein Stück, das
den Titel: A{'£4-/s{£4 J) trägt und in dem dieser Stoff dramatisiert ist. Die Mutter ermahnte den
Yiieh4 Fei1, diese Worte nach ihrem Tode als ihr Vermächtnis zu betrachten. Als Yiieh4 Fei1 später
durch die Empfehlung eines hohen Würdenträgers wieder eine Anstellung erlangt hatte, wünschte
der Kaiser, der von der Sache gehört hatte, den Rücken des Yüeh4 Fei1 zu sehen und war hoch
erfreut, als er jene Schriftzeichen erblickte. Er erteilte der Mutter des Yiieh4 Fei1 die erste Rang
klasse, indem er sie zu einer —* A- yiK-pSn2-fu1-jen2 ernannte; ihm selbst aber verlieh er
ein Banner mit der Aufschrift: ching1 chung1 pao4 kuo2. Heutzutage wird das Verdienst des Yiieh4
Fei1 nicht mehr so recht anerkannt, weil er gegen die Vorfahren der herrschenden Dynastie
gekämpft hat.
Die Chinesen unterscheiden zwei Arten des Schauspiels: das Civildrama und das Militär
drama, wen2-hsi4 und £ ivu3-hsi4. Die Vertreter des ersteren verehren den Yiieh4 Fei1,
die des letzteren den Glücksgott Hsi3-shen2 (eine Deifilcation des letzten Kaisers der Sliang-Dynastie
Chou4-ipang2) als ihren Schutzpatron. Beide gemeinsam erweisen dem KaiserMing2-Kuang2 der
T'ang-Dynastie als dem Begründer der Schauspielkunst unter dem Namen |*|3 jjifp Lao3-lang2-
shen2 göttliche Ehren. Yiieh4 Fei1 und Hsi3-slien2 haben besondere Tempel, während der eigent
liche Theatergott Lao3 - lang2 - shen2 ausschliefslich im Theater selbst verehrt wird. Die Oberaufsicht
über sämtliche Schauspielertruppen ruht in den Händen von sechs Obmännern, t ou,h , die
den Namen J|g 'g' miao4-shou3, »Tempelhäupter«, tragen, weil sie ihre Versammlungen in dem
genannten Tempel abhalten. Diesen sechs ordentlichen Obmännern, JfJ J|| ]§( cheng4-miao4-shou3,
stehen noch zwei aufserordentliche, pHj jj|j§ J=§ fu4-miao4-shou3, zur Seite.
Die Theater Pekings befinden sich ohne Ausnahme in der Chinesenstadt, in der Nähe des
Thores Ch'ien-men. In der Strafse ffl Ta4-sha4-lan2 (im Pekinger Jargon ^ rfj
shih4-lan’rh2 genannt) allein liegen folgende sechs Theater: i • Jfg JJIl CK ing4-lo4-yüan, »der Garten
des Glückes und der Freude« (der Ausdruck Jüan2, Garten, wird bekanntlich oft für Theater und
Theehäuser angewendet, s. auch Giles, Dict. s. v.), 2. §£^00 CK ing4-Kuo2-yüan2, »der Garten
des Glückes und der Eintracht«, 3. |g] Tung2-lo4-hsiianI, »das Lusthaus gemeinsamer Freude«,
^ Kuang3-te2-lou2, »der Turm der weiten Tugend« (der Ausdruck lou2 bezeichnet zu
gleich jedes mehrstöckige Gebäude), 5. —Ulli San1 -cKing4-yüan2, »der Garten des dreifachen
Glückes, und 6. Chung1-Kuo2-yüan2, »der Garten der Mittelwegigkeit und Eintracht«
(chung1 im Sinne von innerem Gleichgewicht). In nächster Nachbarschaft von diesen liegen aufserdem
noch die beiden Theater J§ Kuang3-Kuo2-lou2, »der Turm der weiten Eintracht«, und ^ % 0
Fieri1 -lo4-yiian2, »der Garten der Himmelsfreude«. Die beiden an erster Stelle genannten Theater
gelten für die besten. Jedes Theater steht unter der Leitung eines Direktoriums, dessen Mitglieder
als cliang3-kuei4-ti\ Geschäftsführer oder Leiter des Unternehmens, bezeichnet werden.
Kein Theater verfügt über eine stehende Truppe, sondern die verschiedenen Truppen der erh4-Kuang2
und der pangl-ts\&3 können für jede beliebige Schaubühne verpflichtet werden, indem das Direk
torium die gewünschte Truppe am Jahresschlüsse für eine bestimmte Zeitdauer engagiert. Das Gast
spiel-Engagement, anx-chuan’rh3 genannt, wird mit dem Leiter der betreffenden Iruppe,
J>j(£ z|r pan1 - chit3, abgemacht. Der Engagementspreis wechselt natürlich je nach der Güte dei
Truppe; bei besonders renommierten Truppen fallen dem Direktorium gewöhnlich 20 Piozent,
der Truppe 80 Prozent der Einnahme zu.
Was den Zuschauerraum anbetrifft, so zerfällt derselbe in ein Parterre und einen Balkon,
der die Logen, cho^ts^3, d. h. »Tische«, genannt, enthält. Hier unterscheidet man wiederum
i) Vergl. Journal of the China Branch of the Royal Asiatic Society, New series, vol. XX, p. 195 ^
120 Wilhelm Grube:
Mittelrang, IE# cheng4-lou2, und Seitenrang, p' ang2 -lou2. In den Mittellogen sitzt man
an Tischen, in den" Seitenlogen hingegen auf den Tischen (man nennt das ^ tso4-cho’rhl),
vermutlich um die Bühne besser überblicken zu können. Aufserdem giebt es noch zwei Seitenlogen
dicht an der Bühne, die für besonders vornehm gelten, also ungefähr unseren »Fremdenlogen« ent
sprechen und ^ ^ kuan1 -tso4 heifsen. Die Preise sind in allen Theatern gleich, nämlich für einen
Parterresitz 3, für Mittel- und Seitenlogen 8 und für die an der Bühne gelegenen Logen 24 Tiao.
Auf der Bühne befinden sich stets zwei Thüren: durch die linke mit der Aufschrift A#
ju4-hsiang4 betreten die Schauspieler die Bühne, durch die rechte mit der Aufschrift cKu1-
chiang4 verlassen sie dieselbe. Hinter der Bühne liegen die Garderoberäume, liou4-f ai2, »hintere
Bühne«, genannt. Die Bühne darf nach Süden, Osten oder Norden, unter keinen Umständen jedoch
nach Westen gerichtet sein, weil der Westen dem unglückbringenden Gestirn des weifsen Tigers,
ÖE pai2-Ku3, entspricht. Auch an Wohnhäusern darf die Eingangsthür sich nicht auf der west
lichen, d. h. rechten Seite befinden.1) Aufser den öffentlichen Theatern giebt es auch noch in den
meisten gröfseren Restaurants Bühnen, die für Privatvorstellungen vermietet werden. Theatervor
stellungen können alle Tage stattfinden mit Ausnahme der Fasttage, chai1 -chieh4, und der
»zu vermeidenden Tage«, |^J chi4-jih4, d. h. solcher Tage, an denen ein Kaiser der herrschenden
Dynastie gestorben ist. Die Vorstellungen beginnen um Mittag und dauern bis Dunkelwerden, so
dafs im Winter etwa sechs, im Sommer acht bis neun Stücke an einem Tage gegeben werden.
Wie bereits oben erwähnt, unterscheiden die Chinesen Civil- und Militärdramen. Während
die ersteren mehr oder weniger unseren Begriffen von einem Schauspiel entsprechen, bestehen die
letzteren vorwiegend aus gymnastischen und akrobatischen Vorführungen. Aufser diesen beiden
Hauptgattungen des Dramas giebt es noch Lustspiele oder Possen, bei denen man wiederum
nao4-hsi4 und j||£ fen3-hsi4 unterscheidet. Beiden gemeinsam ist der Charakter des Derbkomischen,
Burlesken, und sie scheinen sich nur dadurch voneinander zu unterscheiden, dafs die nao4-hsi4
oder »Lärmstücke« von den fen3-hsi4 oder »geschminkten, übertünchten Stücken« an Obscönität
noch überboten werden. Bevor die erhA-Knang2 und die pang1 -ts\&3 in Peking auftauchten,
existierte dort nur das unter dem Namen jfrj kaö1 -cKlang1 -hsiA bekannte höhere Drama, das
im Gegensätze zum heutigen Schauspiel keine Musikbegleitung kannte. j|fj kao1 - cKlang1 bedeutet
»hohe Töne«; möglicherweise sollte daher durch diesen Namen der vorherrschende Gebrauch der
Fisteltöne angedeutet werden, eine Eigentümlichkeit, durch die sich übrigens auch das heutige
Drama der Chinesen auszeichnet. Der Text dieses höheren Dramas bewegte sich zum gröfsten
Teile in der Schriftsprache und blieb dadurch der überwiegenden Mehrheit der Zuhörer unverständlich;
infolgedessen war diese Gattung der dramatischen Litteratur wenig populär und ist gegenwärtig ganz
aus der Mode gekommen. Vor einigen Jahren existierte noch in Peking eine Truppe, die den
Namen ^ ||g en1 -cKing4-pan1, »Truppe der Gnade und der Freude«, führte und ausschliefslich
dieses Genre kultivierte. Dieselbe hatte jedoch beständig mit Verlusten zu rechnen, bis sich der
»siebente Prinz«, der Vater des jetzt regierenden Kaisers, ihrer erbarmte und sie aus seiner Tasche
unterstützte. Nach seinem Ableben löste sich die Truppe auf.
Was die Dramatis personae anlangt, so setzen sich dieselben aus folgenden fünf Typen
zusammen:
I. Ljr shengr, die männliche Hauptrolle; dieselbe ist entweder 1. Ku2-ts\<t3-sheng1,
ein bärtiger Mann in mittleren Jahren, oder 2. /{: lao3-sheng1, ein Greis mit weifsem Barte,
oder 3. hsiao3 - sheng1, ein junger bartloser Mann, der in Fisteltönen spricht;
II. tan4, die weibliche Hauptrolle, die ebenfalls durch drei Figuren vertreten sein kann:
1. XEJä cheng4-tan4, Mädchen oder Frau von gutem Charakter, 2. lao3-tan4, alte Frau,
die mit fast männlicher Stimme spricht, 3. Kua1 -tan4, auch hsiao3-tan4 genannt, jugend
liche Kokette;
III. ^ ching4, männliche Rolle, die stets einen guten, ehrlichen Charakter darstellt. Der
Vertreter dieser Rolle spricht in der Regel mit rauher Stimme;
IV. moh4, eine männliche Nebenrolle (»Nebenrolle« heifst |jj[l ^ pcei4-chüeh2 im Gegen
satz zur »Hauptrolle« cheng4-chiieh2)\
x) »Östlich« und »westlich« gelten dem Chinesen als Synonymausdrücke für »links« und »rechts«.
Zur Pekinger Volkskunde. 121
V. cKon3, eine Art Spafsmacher oder Hanswurst, männliches Gegenstück zu der liua'-
tan4 oder hsiao3-tan4.
Oft werden auch Theatervorstellungen in Privathäusern veranstaltet. Wer zu solchem Zwecke
eine Truppe zu mieten wünscht, begiebt sich nach dem Absteigequartier, ~J\ hsia4-cliii4, der
selben, das als Obdach für die ärmeren Schauspieler, die keine eigene Wohnung haben, und zugleich
als Theaterschule dient, wo Kinder zu Schauspielern ausgebildet werden. Hier wird sowohl das
Programm als auch das Honorar festgestellt und gleichzeitig ein Teil des letzteren als Wartegeld,
%T4 -cKien2, vorausbezahlt. Meist finden sich bei solchen Gelegenheiten auch noch andere
Schauspieler ein, die, ohne zu der bestellten Truppe zu gehören, ebenfalls (wohl meist als Statisten)
mitwirken; dieselben werden ff® wai4-cKuan4 genannt und erhalten eine Geldbelohnung. In
Häusern besonders reicher Leute kommt es vor, dafs bei Hochzeitsfeiern drei Tage und drei Nächte
hindurch ununterbrochen gemimt wird; der erste Tag gilt dann gewöhnlich den Ehrengästen, die
die Mitgift in Empfang nehmen, der zweite denen, die die Braut abholen, und der dritte den Ver
wandten und Freunden.
Frauen ist der Besuch öffentlicher Theater untersagt; daher werden für dieselben besondere Auf
führungen veranstaltet, die unter dem Namen J|| ^ ^ ^ fing1 -fang2-hui4-hsi4 (vielleicht am besten
durch »Salon-Aufführungen« zu übersetzen) bekannt sind und meist in Tempeln, bisweilen aber auch
in Privathäusern stattfinden. In manchen Tempeln giebt es Bühnen, und wo eine solche fehlt, wird
sie gemietet und ad hoc aufgestellt. Der »Manager«, ^ ^ |^J kuan3 - shih4 - ti1, der betreffenden
Truppe hat alle geschäftlichen Präliminarien zu erledigen: er mietet den erforderlichen Tempel und
sorgt dafür, dafs der Zuschauerraum, in dem zahlreiche Tische mit Bänken Platz finden, durch eine
Art Zelt überdacht wird. Die Theaterzettelverkäufer, j|L |^J sung4-hsi4-tanrhl -ti1, auch
nach ihrem Nebenberufe zfC |^J mai4 - shui3 -yen1 - ti1, Wasserpfeifen-Verkäufer, genannt, haben
die Ankündigung der Vorstellung mit Angabe der Preise unter den Habitues des betreffenden
Theaters zu verteilen. In diesem speziellen P'alle werden die Theaterzettel-Verkäufer mit dem
Namen cKin2-lang’rh*, »strebsame Herrchen«, oder Jj|ff cKin2-laorh2, »die Arbeit
samen«, bezeichnet, Auf jeden Tisch im Zuschauerraume wird ein roter Zettel mit dem Namen
der Dame, die ihn belegt hat, geklebt, und die Inhaberinnen von Plätzen sorgen dafür, dafs ihre
Tische durch seidene Decken, hübsches Theegeschirr u. dergl. einen möglichst reichen und eleganten
Anblick gewähren. Am Tage der Aufführung erscheinen die Damen im schönsten Staate, von
ihren Mägden begleitet, deren jede neben dem Sitze ihrer Herrin stehen bleibt. Dergleichen Vor
stellungen währen in der Regel mindestens drei Tage. In der Wahl der aufzuführenden Stücke
richtet man sich natürlich nach dem Geschmacke des weiblichen Publikums, daher wird das Civil-
drama bevorzugt, doch ist auch eine harmlosere, unter dem Namen hsiao3-WU?-hsi4, »kleine
Militärdramen«, bekannte Abart der kriegerischen Schauspiele zulässig. Possen, nao4-hsi4, sind
ebenfalls gestattet, doch müssen sie sich in den Grenzen des Anstandes halten und sich auf An
spielungen und Andeutungen beschränken Dfß ^\ |||:, w*e ^er Chinese sagt).
Wenn eine solche Damen-Vorstellung in einem Privathause stattfindet, stellt der Hausherr
das Lokal kostenfrei zur Verfügung und übernimmt zugleich die Bewirtung der Zuschauer, die er
in dieser Hinsicht als seine Gäste behandelt. Dafür stellt ihm die betreffende Truppe eine Anzahl
Tische gratis zur Verfügung, während die übrigen Plätze von dem Unternehmer verkauft werden.
Es finden sich bei solchen Gelegenheiten immer zahlreiche Damen von zweifelhaftem Rufe ein, die
dann stets durch besonders prächtige und auffallende Toiletten excellieren. Daher sind es in der
Regel nur reiche Leute, die nicht gerade den besten Kreisen angehören, die ihr Haus zu solchen
Zwecken hergeben. Auch Männern ist zu derartigen Aufführungen der Zutritt gestattet, doch
dürfen diese nur die hinteren Plätze einnehmen.
Ich gebe nunmehr im folgenden eine gedrängte Inhaltsübersicht derjenigen Dramen, deren
handelnde Personen in meiner Sammlung durch Thonfiguren veranschaulicht sind.
i. CKierf-JeunJ-tai4, »der Gurt des Himmels und der Erde«.
Das Stück beginnt mit einem längeren Monolog des zweiten Kaisers der T ang- Dynastie
T‘ai4-tsungz, 627—650) Namens Li3 Shih4-min2. Der Monolog bietet die Fabel,
auf der sich die dramatische Handlung aufbaut, und hat in Kürze folgenden Inhalt.
16
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
I 22 Wilhelm Grube:
Nachdem der Vater des Li3 Shih3-min2, Li3 Yiian2, der nachmalige 0j jjlü Kao1-tsn3
der T'ang-Dynastie (618—627), nach einem elfjährigen Feldzuge endlich einen glänzenden Sieg in
Chiang-nan erfochten hatte und in die Residenz heimgekehrt war, gab der damalige Kaiser der Sui-
Dynastie Yang2-ti4 (605 —617) daselbst ihm zu Ehren ein Gastmahl. Als sich während des
selben der Thronerbe ^ j|j| Yang2 Kuang3 erdreistete, unbotmäfsige Reden zu führen, versetzte
ihm Li3 Yiian2 einen Schlag mit dem kaiserlichen Becher und machte ihn sich dadurch zum Feinde.
Auf den Thron gelang, machte sich Yang2 Kuang3 durch seine Grausamkeit verhafst und fiel nach
einer kaum einjährigen Regierung durch Mörderhand. Li3 Yiian2, der sich der besonderen Gunst zweier
Konkubinen des verstorbenen Kaisers Yang2-ti4 erfreute, mit denen er ein Verhältnis angeknüpft
hatte, wurde nunmehr auf den Thron erhoben, was Empörungen in 18 Ortschaften zur Folge hatte.
Von den drei Söhnen des Li3 Yiian2, $|f Chien4-cKeng2, Shih4-min2 und 7E ^ Yiian2-chi2,
war der zweite der befähigtste, und da er sich zugleich die Liebe aller zu erwerben gewufst hatte,
übertrug ihm der Vater die Niederwerfung des Aufstandes in der richtigen Voraussetzung, dafs sich
die Mehrheit der Nation ihm anschliefsen werde. Während seiner Abwesenheit starb seine Mutter,
und als er endlich als Sieger heimkehrte, fand er den Vater an einer schweren Krankheit danieder
liegend vor. Während dieser Zeit verletzten die beiden Brüder des Shlh4-min2 das Sittengesetz
gröblich (^Ej Jf! Jrf, 'pEj* Ü A Ä)^ und um diese Zeit >>kehrte der Drache ins Meer zurück«,
wie der Tod eines Kaisers umschrieben zu werden pflegt. Shih4 - min2 folgte seinem Vater auf dem
Throne. Bald darauf überfiel der König ^ fp Mo4-li4-shaJ von Hsi'-fan2 (Tibet) die
Grenzen des Reiches, und der Kaiser schickte seinen Schwiegersohn CKin2 H\iai2-yii4
gegen ihn ins Feld.
i) Um was es sich hier handelt, erfahren wir aus einem anderen Drama, das während der Krankheit des Kaisers
spielt. Die beiden Brüder des Shih4-min2 hatten nämlich die Krankheit ihres Vaters benutzt, um nun auch ihrerseits ein
Liebesverhältnis mit dessen beiden Konkubinen anzuknüpfen. Als Shih4-min2, der sich den Tag über ganz der Pflege seines
Vaters zu widmen und nur die Nacht daheim zu verbringen pflegte, eines Abends im Begriffe war, seine Behausung aufzusuchen,
kam er unterwegs am Palaste jener beiden Konkubinen vorbei, aus dem ihm der wüste Lärm einer sich am Morraspiel
h'UCl2-ch'üari2) ergötzenden Gesellschaft entgegentönte; und als er genauer hinhorchte, vermochte er sogar die Stimmen seiner
Brüder zu unterscheiden. Er hatte bisher den Gerüchten über deren sträfliches Verhältnis keinen Glauben schenken wollen;
um so gröfser war nun sein Unwillen über das schamlose Treiben in so ernster Zeit. Er nahm seinen Jadegurt ab und befestigte
ihn am Thtirring, um dadurch seinen Brüdern anzudeuten, dafs er um ihr Treiben wufste, klopfte an die Thür und ging dann
seines Weges. Während die beiden Missethäter sich vor Schreck unter den Tisch verkrochen, traten die Frauen zur Thür
hinaus, um nachzusehen, wer dort Einlafs begehrte. Als sie den Gurt erblickten, nahmen sie ihn mit sich ins Haus und
zeigten ihn ihren Liebhabern, die sich inzwischen wieder aus ihrem Versteck hervorgewagt hatten. Diese erkannten sofort den
Gurt ihres Bruders und sagten: »Shih4-min2 weifs jetzt alles; er wird die Sache ans Licht bringen und uns alle preisgeben«.
Die beiden Weiber wufsten jedoch Rat. Sie begaben sich am nächsten Tage zum Kaiser und berichteten ihm, dafs Shih4 -min2
nächtlicherweile in ihren Palast eingedrungen sei und sie habe vergewaltigen wollen; sie aber hätten ihm den Gurt vom Leibe
gerissen und ihn mit demselben geschlagen. Der Kaiser wollte ihren Worten zuerst keinen Glauben schenken; als sie ihm jedoch
den Guit vorwiesen, geriet er in den heftigsten Zorn und gab den Befehl, den Shih4-min2 hinzurichten. In dem Wunsche,
einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, konnte dieser sich nicht entschliefsen, die volle Wahrheit zu sagen. Alle hohen Würden
träger traten für ihn ein und flehten den Kaiser an, ihn um seiner hohen Verdienste willen zu begnadigen. Aber der Kaiser
blieb unerschütterlich und drohte sogar, jeden, der für den Verurteilten eintreten würde, als Rebellen zu behandeln und gleich
falls hinrichten zu lassen. Da drang ein gewisser Ch‘u3 Sui4 - Hang2, der von der Unschuld des Shih4-min2 über
zeugt war, in Lumpen gehüllt und sich wie ein Verrückter gebärdend, in den Palast ein und verlangte, den Kaiser zu sehen.
Auf die Frage des letzteren, warum er sich wie ein Rasender gebärde, erwiderte er: nicht er sei verrückt, wohl aber scheine
der Kaiser seiner Sinne nicht mächtig zu sein, da er den Shih4-min2 wolle hinrichten lassen, obwohl bisher kein Beweis seiner
Schuld vorliege. Als ihm nun der Kaiser den Gurt zeigte, war er zwar im ersten Augenblick betroffen; bald aber heiterte sich
sein Antlitz auf und er fragte, wann Shih4-min2 nach der Aussage der Frauen in deren Palaste gewesen sein soll. »Um die
Zeit der dritten Nachtwache«, erwiderte der Kaiser. »Und wann hatte er den kaiserlichen Palast verlassen?« fragte jener weiter.
»Um die Zeit der vierten oder fünften Nachtwache«, lautete die Antwort. Da sagte Cfiu3 Sui4-Hang2: »Dann müfste ersieh
ja in zwei Hälften geteilt haben, um, während er seinen Vater pflegte, gleichzeitig im Palaste der beiden Konkubinen sein zu
können! Und angenommen auch, dafs er sich heimlich hinweggeschlichen hätte: wenn die Frauen ihn wirklich mit dem Gurte
gezüchtigt hätten, so müfste dieser doch beschädigt sein; er ist aber heil«. Daraufhin sah der Kaiser ein, dafs er hintergangen
worden war. Er übergab dem Cliu3 Sui4-Hang2 den Gurt und beauftragte ihn zugleich, sich sofort auf den Richtplatz zu
begeben und das Todesurteil rückgängig zu machen. Triumphierend machte sich nun Ch u3 Sui4 -liang auf den Weg und
erreichte sein Ziel gerade zeitig genüg, um den Shih4-min2 noch retten zu können.
Zur Pekinger Volkskunde. 123
Gegen Ende des Monologs ertönt Wehklagen hinter der Scene, und im nächsten Augen
blick erscheint die Kaiserin j-tj Chan11), die zweite Gemahlin des Kaisers, auf der Bühne. Schluchzend
tritt sie vor den Kaiser hin und berichtet ihm auf seine Frage, weshalb sie in solcher Aufregung
sei, dafs CKin2 Ying1, der Sohn der Prinzessin Yin2-p‘ing2, der Tochter des Kaisers
und Gemahlin des CKin2 Huai2 -JrüA, aus unbekannten Gründen ihren Vater erschlagen habe. Der
Kaiser erteilt einem der Eunuchen den Befehl, die Prinzessin samt ihrem Sohne in die Halle zu
führen. Der Eunuch überbringt der Prinzessin den kaiserlichen Befehl. Man hört, wie diese ihrem
Sohne hinter der Scene Vorwürfe wegen seiner That macht, die dieser mit der Bemerkung von
sich weist, es sei doch kein Verbrechen, einen Reichsverräter wie den Chan1 -Caü-shifc zu töten.
Beide betreten die Bühne: die Prinzessin wirft sich vor ihrem Vater auf ihr Antlitz nieder, während
CK in2 Ying1 in einiger Entfernung niederkniet. Nach kurzem Verhör wird der letztere vom Kaiser
zum Tode verurteilt und gefesselt vom Henker abgeführt; die Prinzessin aber flüstert dem Henker
zu, erst einen weiteren Befehl des Kaisers abzuwarten, ehe er den CK in2 Ying1 hinrichte, und läfst
durch einen Eunuchen ihre Mutter, die Kaiserin ^ Chang1 -sun1, rufen, die denn auch alsbald
erscheint und sich ins Mittel legt. Als ihr der Kaiser auf ihre Frage, was da geschehen sei, mit
teilt, dafs CKin2 Ying1 den Chan1 -fai4-shih3 ermordet habe und dafür hingerichtet werden solle,
sagt sie, das Haus CKin2 habe zehn Männer hervorgebracht, die sich durch kriegerische Verdienste
hervorgethan; daher solle der Kaiser den Knaben lieber begnadigen, statt ihn hinrichten zu lassen.
Als der Kaiser jedoch nichts davon hören will, bittet sie ihn, die Hinrichtung wenigstens so lange
hinauszuschieben, bis CKin2 H\iai2 -yüA von seinem Feldzuge heimgekehrt wäre. Auch die Prinzessin
schliefst sich der Bitte ihrer Mutter an, indem sie ihrem Vater gleichzeitig zu bedenken giebt, dafs
der Jüngling der einzige männliche Sprofs des Hauses CKin2 ist und dafs mithin, wenn er dem
Tode verfiele, niemand mehr übrig bliebe, um den Vorfahren Opfer darzubringen. Dagegen sucht
nun Chan1-fei1 wiederum ihr Recht geltend zu machen, so dafs der Kaiser, von beiden Paiteien
bestürmt, unschlüssig wird und nicht mehr weifs, wem er recht geben soll. Nach einiger Über
legung heifst er seine Tochter einen Becher Wein nehmen, denselben der Chan -fei darbieten und
ihr ein freundliches Wort sagen. Diese zögert zunächst, da sie sich nicht entschliefsen kann, als
Tochter der rechtmäfsigen Kaiserin vor der Nebenfrau des Kaisers niederzuknieen, bis sie es auf
Zureden ihrer Mutter schliefslich dennoch thut. Durch diesen Akt der Selbsterniedrigung gewinnt
sie das Herz der Chan1-fei1, die nunmehr Hand in Hand mit Yin2-pin2 vor den Kaiser tritt und
ihn auch ihrerseits bittet, den CKin2 Ying1 zu begnadigen. Gerührt durch die Grofsmut seiner
Nebenfrau, erteilt der Kaiser den Begnadigungsbefehl, und als nun CKin2 Ying1 dem Kaiser fufs-
fällig dankt, sagt ihm dieser: »Nicht ich bin es, der dir den Tod erlassen wollte: das hast du der
Bitte der Frau Chan1 zu verdanken. Und nun geh deiner Wege!« Nachdem er dann auch dieser
seinen Dank abgestattet hat, tritt CKin2 Ying1 ab, und die Frauen ziehen sich gleichfalls in ihre
Gemächer zurück. In diesem Augenblicke erscheint der Minister Hsü2 Chi1 mit der Nach
richt, dafs CKin2 H'uai2-yüA, von MoA-liA-shal eingeschlossen, sich in bedrängter Lage befinde und
um Hilfskräfte bitte. Auf den Vorschlag des Hsü2 Chi1 verleiht der Kaiser darauf dem CKin2 Ying1
das Feldherrnsiegel samt dem Gurte CKien2-Kunx-taiA und befiehlt ihm, an der Spitze von drei
tausend Mann seinem Vater zu Hilfe zu eilen. Nachdem der Kaiser in seinen Palast zurückgekehrt
ist erklärt CKin2 Ying\ dessen Einfalt seiner Körperkraft gleichkam, er wage nicht, abermals
Menschen zu töten, da er dadurch sein Leben verwirken würde. Erst als Hsü2 Chi1 ihm erklärt
hat dafs es ein Unterschied sei, ob man einen Menschen ermorde oder in ehrlichem Kampfe töte,
zieht er fröhlich lachend von dannen.
H'ai3-ch'ao‘-chu’, »die Perle der Meeresflut.'2).
Das Stück spielt um die Mitte des VI. Jahrhunderts v. Chr., und der Held dessdben ist
kf Ts'ui' Chu\ auch fg "f Tsui'-tsgenannt, der für seinen Herrn, den Fürsten von Ul t ,
siang
*) Wohl richtiger pfcj zu schreiben.
2) Inhaltlich geht dieses Drama auf das TsoA- chuciK zurück, woselbst
von Zu3 die Ermordung des Fürsten ChuüYlg erzählt wird.
im Kommentar zum 25. Jahre des Fürsten
16*
Wilhelm Grube:
in den Krieg gezogen war. Für seine Verdienste wurden er und seine Gemahlin T‘ang2 Chiang1
reich belohnt. Er erhielt Gold und Silber, und sie wurde mit Juwelen und Perlen beschenkt, unter
denen sich eine besonders grofse Perle befand, die den Namen: LTai3-cKao2-chii1, »die Perle der
Meeresflut«, trug. Die ebenso schöne wie kokette T‘ang2 Chiang1 begab sich in den Palast, um sich
persönlich für das reiche Geschenk zu bedanken. Der Fürst war entzückt von ihrer Schönheit und
lud sie ein, Platz zu nehmen. Auf seinen Wunsch wiederholte sie ihre Besuche, der Fürst beschenkte
sie jedesmal aufs reichste, und das Verhältnis nahm mit jedem Tage einen vertrauteren Charakter
an. 7YuC-tsfö3 ist unterdessen immer noch abwesend, ohne etwas von jenen intimen Zusammen
künften zu ahnen, während der Fürst seinerseits ihm eine Gunst nach der anderen erweist, jedoch
gleichzeitig seine Abwesenheit absichtlich in die Länge zieht. Endlich dringt ein Freund des
Tscuil-ts\&3, mit Namen CK en2 Wen2-ts\83, brieflich in ihn, er möge doch sobald als
möglich heimkehren, worauf jener denn auch seinen Abschied nimmt und zurückkommt. CKen2
Wen2 -ts\e3 geht dem Freunde entgegen und teilt ihm den ganzen Sachverhalt mit, der inzwischen
schon ein öffentliches Geheimnis geworden war. Tshli1 -ts\C will es nicht glauben; jener aber ent
hält sich jeglicher Antwort und geht lächelnd von dannen. Ts" ui1 - ts\ä3 meldet sich zunächst bei
seinem Fürsten und wird von diesem überaus gnädig empfangen. Darauf begiebt er sich nach
Hause. Je länger er seine Gemahlin beobachtet, um so veränderter und fremder erscheint sie ihm
in ihrem Wesen, so dafs er allmählich anfängt, dem bösen Gerüchte Glauben zu schenken. Um
der Sache auf den Grund zu kommen, stellt er sich krank. Die Frau heuchelt Schmerz und Mit
gefühl und sagt ihm, sie wolle in den Garten gehen und Himmel und Erde anflehen, ihn gesund
zu machen; in Wahrheit bittet sie jedoch Himmel und Erde, ihn sterben zu lassen.
Der Fürst benutzt nun die Gelegenheit, ins Haus des Tshii1 -Is^S3 zu kommen, um sich
angeblich nach seinem Befinden zu erkundigen. Die T‘ang2 Chiang1 sagt dem Ts* ui1 - tsfö3, als
der fürstliche Besuch gemeldet wird, sie wolle, da er doch krank daniederliege, den Fürsten statt
seiner empfangen. Bald darauf kommt der Fürst, von der Frau begleitet, ins Krankenzimmer.
Tsuf-tS^C verläfst sein Lager, und während er sich vor dem Fürsten auf sein Antlitz niederwirft,
nimmt er wahr, wie die beiden sich gegenseitig verliebte Blicke zuwerfen. Auch bemerkt er, dafs
der Fürst gar nicht auf seine Worte achtet, sondern nur für die schöne T‘ang2 Chiang1 Sinn hat.
Endlich verabschiedet sich der Fürst mit einer gewissen Verlegenheit, indem er dem Kranken bal
dige Besserung wünscht und ihm zugleich verspricht, ihm seinen Leibarzt schicken zu wollen. Der
Fürst verläfst das Gemach in Begleitung der T*ang2 ChiangT; Ts* ui1 -ts^ä3 aber schleicht sich leise
an die Thür, um das Paar zu belauschen und hört nun, wie Tang2 Chiang1 den Fürsten fragt,
warum er seinen Arzt schicken wolle, der doch ihren Gatten sicherlich wieder gesund machen
werde. Der Fürst erwidert ihr, sie sei doch sonst nicht so einfältig; selbstverständlich werde er den
Arzt beauftragen, ihrem Gatten Gift zu geben. Bei diesen Worten stürzt Ts ui1 - ts\&3 aus seinem
Versteck hervor und ersticht sowohl den Fürsten als auch sein ungetreues Weib.
Das Stück beginnt mit der Heimkehr des Ts'ni1 -ts{&3.
3* -A-fftÜlj Pa'-chao1 -miao4, »der Tempel der acht ChaoI«1).
Das Stück spielt zur Zeit der gegenwärtigen Dynastie, und die demselben zu Grunde liegende
Fabel ist dem Romane jjfa Shih1 -kling1 -an4, »die von Shih1 vorgenommenen Verhöre«, ent
nommen. Dieser Shih1, mit seinem vollen Namen: Üt"fffti Shih1 Shih4-lim2, war ein hoher Justiz
beamter, der allenthalben umhergeschickt wurde, um die Verwaltung in den verschiedenen Provinzen
des Reiches zu kontrollieren. In seiner Begleitung befanden sich folgende sieben Beamte, die ihm
bei seinen Untersuchungen behilflich waren: H'uang2 Tien1 -pa4, H‘o4 Jen2-
chieh2 (ein Knabe), ||fj^ CKu3 Piao1 (ein alter Mann), ~f] Chin1 Ta4-li4 (»Chinx, der Starke«),
Chi4 CKu an2, |||j /J> jf| Kuan1 Hsiao3 - cKi1 und [j^ Chu1 Kuang1 - tsu3.
Jedesmal, wenn Shih1 Shih4-lun2 auf seinen Reisen in einer Herberge abstieg, zogen seine
sieben Begleiter sofort Erkundigung über die örtlichen Verhältnisse ein, deren Ergebnisse sie dann
ihrem Herrn berichteten. So kam er denn auch einmal an einen Ort, wo ein berüchtigter Böse-
i) Chao1 oder chu1 ist der Name eines Insektes, dessen genauere Bedeutung ich nicht anzugeben vermag. Sollte
es vielleicht ein lapsus calami für pa1-cha1 sein? Vergl. Mem. conc. les Chinois XII, 384.
125Zur Pekinger Volkskunde.
wicht Namens ^ Fei4 Te2-kung1 lebte, der Mädchen und Frauen nachstellte und raubend
und mordend umherzog. Es liefen denn auch zahllose Klagen wider ihn ein, während Shih1 Shih4-
lun2 in jenem Orte weilte. Fei4 Te2-kling1 verliefs sich indessen auf seine Gewandtheit und auf
seine Waffen. Er besafs nämlich aufser einem Schwerte, mit dem er jedes andere Schwert in
Stücke hacken konnte, noch einen Dolch, den er im Ärmel versteckt zu halten pflegte, ein sogenanntes
»Ärmelschwert«, hsiu4-chien4, das er mit grofser Gewandtheit unbemerkt aus seinem Ärmel
herauszuschleudern verstand.
In seiner Nähe wohnte ein Mann, der den Rang eines militärischen chü3-jen2 besafs
(mithin die zweite der drei Staatsprüfungen bestanden hatte) und eine durch ihre Schönheit ausge
zeichnete jüngere Schwester hatte. Fei4 Te2-kungJ verliebte sich sterblich in sie und übersandte
ihr ohne weitere Präliminarien die üblichen Verlobungsgeschenke. Die Folge davon war, dafs der
Bruder des Mädchens die Annahme der Geschenke ablehnte und ’ihre Überbringer, mit einer Tracht
Prügel belohnt, wieder heimschickte. In seinem Zorne begab sich der verschmähte Liebhaber am
Abend desselben Tages in das Haus seines Widersachers und tötete dort vierundzwanzig von dessen
Dienern, ohne dafs einer der Insassen den Einbruch bemerkt hatte. Shih1 Shih4- kling1 erfuhr die
Sache und schickte seine Leute aus, um Erkundigungen einzuziehen.
Zufällig fand um diese Zeit gerade ein Tempelfest im Tempel PaI-chao1-miao4 statt1),
wohin sich alle Frauen und Mädchen begaben, um Räucherkerzen darzubringen. Fei4 Te2-kling1
schleicht sich auch hinein, um Umschau zu halten und die Schönste für sich auszusuchen. Aber auch
H'uang2 T'ien1 -pa4 ist zugegen. Während Fei4 Te2-kling1 gerade im Begriffe ist, im Tempel
einem besonders hübschen Mädchen Gewalt anzuthun, legt deren Magd sich ins Mittel; Fei4 Te2-
kung1 aber sticht sie nieder und treibt zugleich den Diener der jungen Dame in die Flucht. H'uang2
T'ien1-pa4 erkundigt sich bei einem der Priester nach dem Frevler und erfährt, dafs es Fei4 Te2-
kung1 ist. H'uang2 T'ien1 -pa4 begiebt sich darauf auf den Heimweg und begegnet unterwegs jenem
alten Diener, den er mit sich zu Shih1 Shih4-kling1 nimmt. Dieser beruhigt den Alten, heifst ihn
ruhig nach Hause gehen, er werde schon seine junge Herrin aus den Händen des Fei4 Te2-kling1
befreien. Dann fragt er seine Leute, ob wohl einem von ihnen bekannt sei, worin die eigentliche
Stärke des Fei4 Te2-kling1 bestehe. Ch'u3 Piao1 weifs Bescheid und teilt seinem Herrn mit,
dafs jener zwei Waffen besitze, denen niemand Widerstand zu leisten vermöge; im offenen Kampfe
werde man ihn daher nicht überwinden können, sondern nur durch List. Daraufhin überträgt Shih1
Shih4-kling1 dem Ch'u3 Piao1 die Oberleitung. Dieser berät sich nun mit seinen sechs Genossen
über die anzuwendende List und erklärt schliefslich, es gelte vor allem, sich der beiden Waffen zu
bemächtigen, und dies könne am leichtesten erreicht werden, wenn H'uang2 T'ien1 -pa4 sich ent-
schliefsen wolle, seine durch ihre Gewandtheit bekannte Gattin Chang1 Kui4-lan2 ins
Haus des Fei4 Te2-kling1 zu schicken, damit sie dort jene Waffen entwende. Er selbst wolle als
alter Bauer verkleidet erscheinen, während Chang1 Kui4-lan2 die Rolle seiner Tochter spielen und
H'o4 Jen2-chieh2 deren Sohn darstellen solle. Dann könnten sie gemeinsam so thun, als wollten sie
sich nach dem Tempel Pa1 -chao1 -miao4 begeben, um Räucherkerzen darzubringen. Unterwegs sollten
sie sich, scheinbar ermüdet, vor dem Hause des Fei4 Te2-kling1 ein wenig ausruhen. Dann werde
sicherlich einer von dessen Dienern seinem Herrn melden, dafs sich ein hübsches Weib vor dessen
Hause aufhalte, und dieser werde sich ohne Zweifel des Mädchens zu bemächtigen suchen. Auf
diese Weise werde die Chang1 Kui4-lan2 die Möglichkeit finden, jene Waffen zu entwenden.
Der Plan wird gutgeheifsen und ohne Verzug ausgeführt. Chang1 Km4-lan2 thut, als schmerz
ten ihr die Füfse, und läfst sich auf einer Bank vor dem Hause des Mädchenräubers nieder. Wie
vorausgesehen war, läfst dieser sie gewaltsam in sein Haus führen, und CKu3 Piao1 geht weinend
seiner Wege. Fei4 Te2-kling1 hat zufällig Besuch und kann sich daher vorläufig nicht seiner Beute
widmen. Chang1 Kui4-lan2 unterhält sich unterdessen mit den Mägden, wobei es ihr mit Leichtigkeit
gelingt, deren Vertrauen zu gewinnen. Schliefslich fragt sie die Mädchen, durch was für Mittel
Fei4 Te2-kung1 alle seine Schandthaten verübe. Da plaudern die Mägde das Geheimnis von den
beiden Waffen aus. Chang1 Kui4-lan2 stellt sich dumm, fragt, was denn das für Waffen seien
und ob sie sie nicht zu sehen bekommen könnte. Um die Chang1 Kui4 -lan2 wohlgemut zu stimmen,
b An dieser Stelle setzt das Stück ein.
126 Wilhelm Grube:
erfüllen die Mägde ihren Wunsch und bringen ihr die Waffen, die die Chang1 Kui4-lan2 unbemerkt
an sich nimmt. T/'o4 Jen2 - chieh2, der seiner angeblichen Mutter in das Haus gefolgt war, studiert
unterdessen, scheinbar spielend, die Lokalverhältnisse, um hernach die Führerrolle übernehmen zu
können. Als am Abend Fei2 Fe2-kung1 sich der Chang1 Kui4-lan2 zu nähern sucht, legt H‘o4
Jen2-chieh2 Feuer an, worauf die übrigen Genossen ins Haus eindringen. Da Fei4 Te2-kling1 seine
entwendeten Waffen vergeblich sucht, wird er mit Leichtigkeit überwunden.
4- 3l Tß/|p] Wifi-Kua1-tung4, »die Höhle der fünf Blumen«.
Unter dem Namen: Wifi-Kua1 -tung4 ist der Name einer Höhle zu verstehen, in der zur
Zeit der Sung4-Dynastie fünf Dämonen hausten. Zu jener Zeit wollte P^an1 Chin1 -lien2, die
Frau eines gewissen Wifi Ta4-lang2, der von auffallend kleiner Gestalt war, eines Tages
ihr elterliches Haus besuchen. Ihr Gatte begleitet sie dorthin. Als sie unterwegs an einem Berge
vorbeikommen, in dessen Nähe sich jene Höhle befand, wird P'an1 Chin1 -lien2 von Hunger geplagt
und bittet ihren Mann, ihr Speise und Trank zu verschaffen. Kaum hat Wifi Ta4-lang2 sich zu
diesem Zwecke auf den Weg gemacht, so hat einer der fünf Dämonen die Gestalt des Wifi Ta4-
lang2 angenommen und bringt ihr das Gewünschte. Gleichzeitig nimmt ein anderer der Dämonen
die Gestalt der P'an1 Chin1-lien2 an und foppt auf diese Weise den Wifi Ta4-lang2, der nun die
mitgebrachten Speisen der falschen P'an1 Chin1-lien2 bringt. Als sich nun die beiden identischen
Paare erblicken, entspinnt sich ein Streit zwischen ihnen, indem einer dem anderen vorwirft, ein
Dämon zu sein. Endlich macht der wahre Wifi Ta4-lang2 den Vorschlag, ein in der Nähe befind
liches Yamen aufzusuchen, um dort den wahren Sachverhalt auf klären zu lassen. Aber auch der
Chih1 -hsien4 jenes Yamens vermag keinen Unterschied zwischen den beiden Paaren zu entdecken und
giebt ihnen den Rat, sich an den berühmten Pao1 Cheng3, der zu jener Zeit Gouverneur der
Hauptstadt K'ai-feng-fu war, zu wenden. Derselbe besafs drei überaus wirksame Zaubermittel. Das
erste derselben war ein altes Metallbecken, kifi - chin1 -pceil2. Dieses Becken wurde im
Sommer für die Nacht auf den Hof hinausgestellt, und wenn sich dann am nächsten Morgen Blinde mit
dem im Becken angesammelten Tau die Augen benetzten, so erlangten sie ihre Sehkraft wieder.
Das zweite war das sogenannte »Seelentuch«, J^J zfy lfj@ fU1 - Kun2 -tfa4, das ihn, sobald er es sich
aufs Haupt legte, befähigte, die Unterwelt zu betreten. Das dritte seiner Zaubermittel war »ein
Spiegel, in dem sich Dämonen widerspiegelten«, Bf? chao4 -yao1 - ching4.
Als nun Pao1 Cheng3 den beiden Paaren den Spiegel vorhält, ist wiederum das ursprüng
liche Wesen der Dämonen nicht zu erkennen, und da er ebenfalls nichts ausrichten kann, so be-
giebt er sich zum Boote des Taoistenpapstes, Chang1 T Jen1 -shih11), der gerade um jene
Zeit, einer Einladung des Kaisers folgend, nach K‘ai-feng-fu gekommen war, und trägt ihm die
Sache vor. Dieser besitzt einen weit schärferen Spiegel als Pao1 Cheng3, und kaum haben die
beiden Dämonen einen Blick in denselben geworfen, so ergreifen sie auch eiligst die Flucht. Darauf be-
giebt sich der Chang1 T ieifi-shih1 in Begleitung seiner Jünger nach der Höhle Wifi-Kua1 -tung4,
woselbst es zu einem heftigen Kampfe kommt, in dem die Dämonen vernichtet werden.
5- F[‘ua1-Jiu2-tieh4, »die bunten Schmetterlinge«.
Das Stück spielt während der Sung-Dynastie. Unter Kua1-Ku2-tieh4 versteht man Mädchen
schänder und h rauenräuber, Jf$ yin2-tsei2. Ein solcher ist der Held dieses Stückes. Diesen
Bösewichtern pflegen die '(/Ja5^. hsia2-Ko4, Schützer der Tugend, nachts nachzustellen; daher werden
J) Der Begründer des taoistischen Papsttumes, [ffc? Chang1 Tao4 -ling2, lebte im I. Jahrhundert unserer
Zeitrechnung, und sein Wohnsitz auf dem Lung2-hcu3-shan1 ist bis auf den heutigen Tag der Sitz der taois
tischen Päpste geblieben. Im Jahre 424 wurde ein Jünger seiner Lehre Namens JP K‘ou.4 Ch‘ien1 - chih1 zum
Nachfolger des Chang1 Tao4 -ling2 erklärt und erhielt zugleich den Titel fiien1 -shih1, »Meister des Himmels«. Im
Jahre 749 wurde durch den T‘ang-Kaiser Jg ^ Hsüan2-tsung1 der Titel: Chang1 TcieK -shih1 als erbliche Würde der
Nachfolger des Chang1 Tao4 - ling2 anerkannt. Siehe J.J.M. de Groot, Les fetes annuellement celebrees ä Emoui (Annales du
Musee Guirnet, t. XI), p. 74 ff.
Zur Pekinger Volkskunde. 127
die letzteren auch iffij[-f^j'eh4-hsing2-jen2, »in der Nacht umhergehende Menschen«, genannt. Der
Bösewicht, um den es sich hier handelt, hat sich zu einem seiner Freunde Namens jj|. Teng4 CKe1
geflüchtet, weil er weifs, dafs derselbe von den »fünf Ratten«, jfv -shu3l), einem Vereine von
hsia2-k‘o4, verfolgt wird. An der Spitze der »fünf Ratten« steht Po’ Yü4-fang2, und
seine mit ihm verbrüderten Gefährten heifsen: Lu2 Fang1, jpr; Han2 Chang1, ||| Hsii2
CKing4 und Chiang3 P‘ing2. Die »fünf Ratten« wissen bereits, wo sich der Kua1-Ku2-tieh4
versteckt hält, und haben sich daher in der Nähe des Hauses des Teng4 CKe1 einquartiert; den
Chiang3 P^ing2 aber schicken sie, als Taopriester verkleidet, dorthin, um zu spionieren. Da er sich
für einen Wahrsager ausgiebt, so läfst ihn der Kua1 -Kil2-tieh4 zu sich kommen. Wie er ihn sich jedoch
näher ansieht, kommt er ihm bekannt vor, und er wird mifstrauisch. Er teilt seinen Verdacht dem
Chiang3 P'ing2 mit, und sie nehmen ihn fest. Als sie ihn untersuchen, finden sie eine mit Wider
haken versehene Keule, eine Art kurzen Fischspeer, bei ihm versteckt. An dieser Waffe erkennen
sie, dafs der angebliche Taopriester kein anderer ist als Chiang3 P‘ing2. Töten können sie ihn
zu ihrem Leidwesen jedoch nicht, weil es gerade der Geburtstag des Teng4 CKe1, mithin ein glück
bringender Tag, ist. So begnügen sie sich, ihn durchzuprügeln und nachher einzusperren, um ihn
am nächsten Tage zu töten.
Da Chiang3 Pcing2 nicht heimkommt, merken seine Gefährten, dafs er in Gefangenschaft
geraten ist, und begeben sich am Abend bewaffnet ins Haus des Teng4 CKe1, das sie überall durch
suchen, bis sie plötzlich ein Stöhnen, das ihnen aus einem dunklen Gelafs entgegentönt, auf die rechte
Fährte führt. Sie befreien den Chiang3 Ping2, rüsten ihn mit einem Schwerte aus und machen
sich nun daran, den Kua1 -Ku2-tieh4 zu suchen. Endlich finden sie auch ihn, wie er, mit seinem
Gaste in einem Kiosk sitzend, dem Weine zuspricht. Es gelingt ihm jedoch, zu entkommen. Schliefs-
lich verzichten sie darauf, ihm nachzusetzen, da sie sich vor seinem Wurfeisen, piao2, fürchten,
und beschränken sich darauf, den Teng4 CKe1 gefangen zu nehmen.
6. Chao4-chia1 -lou2, »der Turm des Hauses Chao4<-<.
Der Stoff dieses Stückes ist der populären Erzählung: Chi3 - kung1 - chuan4 ent
nommen, und sein Held, der den Namen: ft Hl-gl! H\ia4 Yiin2-hing2 führt, ist ein berüchtigter
Mädchenschänder. In seiner Jugend übte er sich unter der Leitung seines Freundes mm Yang2
Ming2 in der Waffenkunst. Ganz allmählich wandte er sich dem Laster zu. Yang2 Ming2
merkte es und ermahnte ihn zur Besserung, aber jener hörte nicht auf ihn; so kam es end
lich zum Bruch und damit auch zum Kampfe zwischen den ehemaligen Freunden. Hua4 Yün2-
lung2 traf den Yang2 Ming2 mit seinem Wurfeisen; da kam ^ Chi3-hing1 hinzu und vermochte
gerade noch den Yang2 Ming2 sowie dessen Mitkämpfer || fJJ Lei2 Ming2 und gijg CKen2 Liang4,
die ebenfalls von Hua4 Yiin2-hing2 zu Boden geworfen waren, rechtzeitig zu retten. Vor Chi3-
kung1 aber ergriff selbst Hua4 Yün2-lung2 die Flucht. Chh-kung1 stellte die Verwundeten durch
heilkräftige Wundermittel sofort wieder her. Da er seiner ursprünglichen Natur nach ein Lo-ffan
war, verstand er sich aufs Prophezeien, und als er eines Abends mit den drei Freunden beim
Weine safs, sagte er plötzlich (und hiermit beginnt der Inhalt des Stückes): »Heute abend wird
Hua4 Yiin2-hing2 in den Turm (resp. in das obere Stockwerk) des Hauses Chao4 einbrechen, um
die Tochter des Hauses zu vergewaltigen; lasst uns das Mädchen retten!«
Hua4 Yiin2-lung2 war inzwischen nach seiner Niederlage auf einen Berg entflohen, auf dem
eine Räuberbande hauste. Die beiden Führer derselben, JpL_[^ Cs ao3-sliang4-fei1 und ‘]j|L&b
Yi1 -chih2-she1, erwählten ihn zu ihrem Anführer und schlossen einen Bruderbund mit ihm. So lebt
er dort herrlich und in PVeuden, bis er sich endlich zu langweilen beginnt. Da machen ihn eines
Tages seine beiden Genossen auf die schöne Tochter des Chao4, die am Fufse des Berges wohnt,
aufmerksam und reden ihm zu, sich ihrer doch zu bemächtigen und sie auf den Berg zu entfuhren.
Hua4 Yün2 - lung2 geht mit Freuden auf den Vorschlag ein und begiebt sich am Abend mit seinen
beiden Gefährten in das Haus des Chao4, und während die beiden anderen draufsen wachestehen,
dringt er ins obere Stockwerk ein und zündet dort die Lampe an. Die Jungfrau samt ihrer
x) Siehe S. 112.
128 Wilhelm Grube:
ist noch wach und will, als sie den Einbrecher erblickt, um Hilfe rufen; dieser aber droht ihr mit
seinem Schwerte für-den Fall, dafs sie auch nur einen Laut von sich gäbe. In diesem Augenblicke
treffen Chi3 - kungT und seine drei Genossen ein und rufen dem Hua4 Yün2 - hing2 vom Hofe aus zu,
er solle herauskommen. Kaum hat dieser die Stimme des Yang2 Ming2 erkannt, so folgt er auch
dem Rufe, in der Absicht, jenen zu töten. Er beginnt auch den Kampf mit Yang2 Ming2, während
seine Gefährten sich über Lei2 Ming2 und Clien2 Liang4 hermachen. Yang2 Ming2 und seine beiden
Freunde sind bereits nahe daran, zu unterliegen, als plötzlich Chfi-kung1 auf dem Dache des Hauses
erscheint und den Kämpfenden zuredet. Kaum hat Hua4 Yün2 - hing2 die ihm wohlbekannte Stimme
vernommen, als er eiligst mit seinen beiden Kumpanen das Weite sucht.
7- ** '/[p] Shui3-lien2-tung4, »die Höhle mit dem Wasservorhang«.
Der Stoff sowohl dieses Stückes als auch der beiden folgenden ist dem jfEf =jjß Hsk-yu2-
chi4 entlehnt, einem Cyklus phantastischer Erzählungen, die die Schicksale und Thaten des J|jf —
Fang2 San1- tsang4 (Ls ^ Hsüan2 Chuang3) zum Gegenstände haben.
No2-cKa4, der Sohn des Li3 Ching1, Befehlshabers der Veste ^ §J] CKen2-
fang2-kuanr, hatte den dienenden Knaben der Göttin hfa h Shih2 - chi1 - mang2-mang2 durch
einen Pfeilschufs getötet, wonach die Göttin, um den Frevel zu sühnen, ihn zu vernichten trachtete.
Da kam der Zauberer ^ ^ jlf T‘ai4-yi3 chenT-jen2 zur Rettung seines Schützlings und Jüngers
herbei und schleuderte seinen »Feuerdeckel der neun Drachengötter«, chiut-lung»-
shen2-K uo3 - chao4, nach der Shih2-chi1-niang2-niang23). Von der Zauberwaffe getroffen, schmolz sie
unter deren Flammen zu einem Steine zusammen. Damit hatte sie nur ihre ursprüngliche Gestalt
wiedererlangt, denn sie war aus einem Steine hervorgegangen, den die Göttin Ni'P-iva1, die
Schwester des mythischen Kaisers Fu2 Hsi1, nachdem sie das Himmelsgewölbe geflickt hatte, übrig
gelassen hatte. Späterhin that sich der Stein unter dem Einflüsse des Himmels und der Grundkräfte
der Sonne und des Mondes wieder auf, worauf der Affe Sun1 Wu^-Fung1 aus demselben
hervorging, der als Gefährte des San1-tsang4 einer der Haupthelden des Hsi1-yu2 - chi4 ist. Sun1
Wik-Fung1 ergab sich dem Studium des Tao und der Magie und herrschte dann als Affenkönig,
üffVE Mei3-Kou2-wang2 auf dem Berge Hhia1-kuo3-shanI, woselbst er in einer
prächtigen Höhle hauste. Ein Vorhang aus Perlenschnüren, der einem Wasserfalle glich, verhüllte den
Eingang der Höhle: daher der Name des Stückes. Auf jenem Berge bildete er ein Heer heran, das er
unter den Oberbefehl eines schwarzen und eines weifsen Affenfeldherrn stellte. Einst begab sich Sun1
Wi^-Fung1 zum Drachenkönige, der in der Meerestiefe herrschte, und erblickte vor dem Eingänge
zu dessen Palaste eine Eisenstange, die zur Hälfte in der Erde stak. Auf seine Frage, was sie zu
bedeuten habe, sagte ihm der Drachenkönig, dafs es »die das Meer bezwingende Götterkeule«,
aE: ting4-Kai3-shen2 -pang4, sei. Mit einem gewaltigen Ruck zog sie der Affe heraus und
sah nun, dafs es eine wuchtige Eisenstange war, an deren beiden Enden Goldreifen glänzten. Die
Waffe gefiel ihm gar wohl, nur erschien sie ihm zu grofs und schwer: kaum aber hatte er das ge-
äufsert, als die Stange in seiner Hand zu der Gröfse einer Nadel zusammenschrumpfte. Im Besitze
dieser Zauberwaffe, der er den Namen: chin1 -ku1-Vieh3-pang4, »die Eisenkeule mit
den Goldreifen«, gab, brauchte sich Sun1 Wu4-Fting1 vor niemand mehr zu fürchten und unternahm
nun nichts Geringeres, als den Yü4-Kuang2-ti4 von seinem Himmelsthrone zu stürzen. Vergeblich
sandte jener seine Heerscharen gegen ihn aus: sie vermochten nichts auszurichten, bis endlich
Buddha selbst ihn ergriff und unter einem Berge vergrub. Hier blieb er verborgen, bis endlich
nach vielen Jahren der fromme Pilger San1 -tsang4 an jenem Berge vorbeikam und den Affen im
Aufträge der Kuan-yin aus seiner Gefangenschaft befreite. Seitdem blieb Sun1 Wu4-klungz der
treue Gefährte und Beschützer des San1-tsang4.
Das Drama beginnt damit, dafs Sun1 Wu4-kung1 König seines Reiches wird, und endet
mit seiner Niederlage. Die Figurengruppe, die das Stück in meiner Sammlung veranschaulicht,
zeigt als Mittelfigur den Affenkönig Sun1 Wu4-kcungT, der zwischen dem Dämonenfürsten,
') Vergl. ^ Feng1 - sheti2 -yen3 - i4, Cap. XIII, wo diese Episode erzählt ist.
129Zur Pekinger Volkskunde.
Kuei3-wang2, und dem Niu2-mo2-ivang2 (s. S. 58), steht, während im Vordergründe ein
Affensoldat seine Turnerkünste vorführt. Das Stück ist ein »militärisches Schauspiel« und besteht
daher zum gröfsten Teil aus Akrobatenkunststückchen.
8. pan2-s\P-tung4, »die von Fäden umsponnene Höhle«.
San1 -tsang4 schickt eines Tages seinen Jünger iAi Chu1 Pa1 - chieh4 oder ^ j'^ pjjl
Chu1 Wu4-ching4 aus, um milde Gaben einzusammeln. Dieser kommt an ein Haus, in dessen Thor
ein hübsches Mädchen steht. Er betritt den Hof und erblickt dort vier Jungfrauen, die in einem
Teiche baden. Ohne zu ahnen, dafs die Jungfrauen Spinnendämonen sind, tritt er näher; aber ehe
er sich’s versieht, umgeben jene ihn mit einem dichten Netz von Spinngewebe, so dafs er sich nicht
von der Stelle zu rühren vermag. San-tsang, der aus dem langen Fortbleiben seines Jüngers Arg
wohn schöpft, sendet nun den Sun1 WK-Kung1 aus, um ihn zu suchen. Dieser vertraut seinen
Meister dem Schutze des Sha1 Wu4-ching4 an und macht sich dann auf den Weg. Kaum
ist er jedoch fortgegangen, so kommen die Spinnendämonen herbei und schleppen den San1 - tsang4
in ihre Höhle, deren Eingang sie durch ein Spinngewebenetz verschliefsen. Als nun Sun1 Wu4-Kling1,
der nach vergeblichem Suchen zurückkommt und auch den Meister nicht mehr vorfindet, durch
Sha1 Wu4-ching4 erfährt, wie San1-tsang4 plötzlich, ohne dafs jener es verhindern konnte, durch
einen heftigen Orkan dahingenommen worden, wird ihm klar, dafs das Ganze ein Werk von Dämonen
ist. Mit Hilfe himmlischer Heerscharen gelingt es ihm dann endlich, die Dämonen zu vernichten
und den San1 -tsang4 zu retten.
9. ft^|i shuangI-hsin1-tou4, »der Zweikampf«.
Eines schönen Tages erteilt SanJ-tsang4 dem Sun1 Wu4-Kungz infolge eines Zerwürfnisses
den Laufpafs. Vergeblich fleht dieser den Meister an, ihn doch nicht von sich zu stofsen; San1 -tsang4
bleibt unerbittlich, und auch Chu1 Pa1-chieh4, der dem Sun1 Wu4-Kling1, weil dieser ihn stets
beaufsichtigt, nicht gerade wohlgesinnt ist, giebt ihm als tertius gaudens den guten Rat, sich dem
Befehl des Meisters nicht zu widersetzen, sondern lieber seiner Wege zu gehen. So bleibt denn
dem Affen nichts anderes übrig, als auf seinen heimatlichen Berg H'ua1 -kuo3-shan1 zurückzukehren.
Bald darauf erscheint er jedoch wieder und schlägt mit seiner Zauberwaffe den San1- tsang4
tot. Chu1 Pa1 - chieh4 läfst die Leiche des Meisters unter dem Schutze des Sha1 Wu4-ching4 zurück
und eilt selbst hilfesuchend zur Kuan-yin. Diese giebt ihm eine Wunderpille, mit deren Hilfe es
ihm glückt, den toten San1-tsang4 wieder ins Leben zurückzurufen. Darauf läfst die Kuan-yin den
Sun1 Wu4-Kling1 zu sich entbieten, indem sie sich sagt: wenn er den Mord begangen hat, so.kommt
er nicht; wenn er also kommt, so ist das ein Zeichen seiner Unschuld. Sun1 Wu4-Kung1 kommt.
Auf die Frage der Göttin, aus welchem Grunde er seinen Meister erschlagen habe, erwidert der
Affe, er habe den San1-tsang4, seit er von ihm entlassen worden, überhaupt nicht wiedergesehen,
geschweige denn erschlagen. Da befiehlt ihm die Kuan-yin, da es doch seine Pflicht gewesen wäre,
den Meister zu schützen, nun wenigstens den Mörder ausfindig zu machen. Sun1 Wu4-KungJ spioniert
vergeblich allerorten, bis er endlich, unverrichteter Dinge auf den H'ua1 -kuo3 - shan1 heimgekehrt, da
selbst einen fremden Affen erblickt, der sein genaues Ebenbild ist. Der Kampf, der sich nun
zwischen Sun1 Wu4-Kung1 und seinem Doppelgänger entspinnt, bleibt unentschieden, da sie ein
ander völlig gewachsen sind. Darauf begeben sich dann, die beiden Gegner zur Kuan-yin, auf dafs
sie entscheide, welcher von ihnen der echte sei. Aber auch die Göttin ist ratlos, und so wenden
sie sich schliefslich an die höchste Instanz, an Buddha selbst, der denn auch auf den ersten Blick
den Betrüger entlarvt. Kaum hat Buddha seinen Schiedsspruch verkündet,, als auch Sun1 Wu4-
Kung1 in seinem Zorne den Gegner niedersticht.
10. hsiung-Kuang2-cKen2, »der Schwefelzauber«1).
Dieses Stück sowie die beiden folgenden entlehnen ihren Stoff der Fabel von der weifsen
und schwarzen Schlange, die in dem Romane Po2 -she2 - chuan4 behandelt wird.
9 Siehe Journal of the Peking Oriental Society, vol. IV, p. 122 ff.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde. 17
130 Wilhelm Grube:
Die beiden Schlangendämonen hatten die Gestalt lieblicher Jungfrauen angenommen. Als
sie eines Tages miteinander in Streit gerieten, sprach die weifse Schlange zur schwarzen: »Siegst
du, so werde ich dir dienen; siege ich, so wirst du meine Sklavin sein«. Die weifse Schlange be
hielt die Oberhand, und die schwarze ward der Abmachung gemäfs ihre Dienerin. Bald darauf
gelang es der weifsen Schlange, einen Mann Namens Hsü3 Hsüan1 (oder m füi Hsü3 Hsien1),
der ihr in einem früheren Dasein das Leben gerettet hatte, derart durch ihre Reize zu umgarnen,
dafs er sie schliefslich zum Weibe nahm. Jetzt wollte sie ihm durch ihre Liebe seine Wohlthat ver
gelten. Wie bereits im Kapitel über die Jahresfeste (S. 68) erwähnt, herrscht der Brauch, am
fünften Tage des fünften Monats Wein mit einem Zusatz von Schwefelblüte zu geniefsen, wodurch
man gegen die fünf giftigen Tiere gefeit ist. Hsü3 Hsüan1 befolgte ebenfalls diesen Brauch und
gab auch seiner ahnungslosen Frau von dem Weine zu trinken. Als diese hernach merkte, was sie
gethan hatte, erschrak sie zwar heftig, doch vertraute sie auf ihre Zauberkraft und hoffte, der
Wirkung des Mittels widerstehen zu können. Unter dem Vorwände, müde zu sein, begab sie sich
frühzeitig zur Ruhe. Kaum aber war sie eingeschlafen, als ihre menschliche Hülle entwich und
dafür die ursprüngliche Schlangengestalt zum Vorschein kam. Als dann nach einer Weile Hsü3
Hsüan1 das Schlafgemach betrat und den Bettvorhang zur Seite schob, um sich gleichfalls nieder
zulegen, erblickte er mit Entsetzen eine grofse weifse Schlange, die, auf dem Bett zusammengekauert,
ihm ihr Haupt entgegenreckte und Feuerflammen aus ihrem Rachen spie. Vom Schreck gelähmt,
sank Hsü3 Hsüan1 tot zu Boden. Durch den Lärm aus dem Schlafe geweckt, kam die schwarze
Schlange herbeigestürzt und weckte, als sie sah, was geschehen war, ihre Herrin. Diese nahm,
indem sie erwachte, wieder ihre menschliche Gestalt an und brach nun in Thränen aus, als sie sah,
was sie, ohne es zu wissen, angerichtet hatte. Nachdem sie sich jedoch von ihrem ersten Schreck
erholt hatte, fiel ihr zum Glück ein, dafs auf dem von dem Gotte des langen Lebens bewohnten
Berge das lebenschaffende Kraut ff|;§f Jj! ling2 - chih1 - ts ao3 wachse. Flugs begab sie sich dort
hin, um heimlich ein wenig von dem Kraute zu entwenden und ihren Gatten dann durch den Genufs
desselben wieder ins Leben zurückzurufen. Es gelang ihr auch, des Krautes habhaft zu werden,
aber dem Gotte blieb der Frevel nicht lange verborgen; er überraschte die Fliehende, bevor sie ihr
Ziel hatte erreichen können, und machte sie durch den Rauch von brennender Schwefelblüte wehr
los. Als er jedoch erfuhr, zu welchem Zwecke sie das Wagnis unternommen, überlegte er, dafs
ihr Vorhaben im Grunde zu billigen sei und erliefs ihr nicht nur jegliche Strafe, sondern schenkte
ihr obendrein das entwendete Kraut und hiefs sie dann ihrer Wege gehen. Das Wunderkraut be
währte denn auch seine Wirkung, und der Tote ward dem Leben wiedergegeben.
11. ^ »der Tempel Chin1 - shan1 - s^ä4«.
Um dem Hsü3 Hsüan1 jeden Wunsch erfüllen zu können, fügten die beiden Dämonen anderen
Menschen mancherlei Schaden zu. So bestahlen sie hinter seinem Rücken die Staatskasse, um ihm
Reichtümer zuzuwenden. Als der Fehlbetrag in der Kasse entdeckt wurde, mufste der unschuldige
Verwalter derselben den Betrug mit seinem Leben büfsen. Darauf eröfifneten sie eine Apotheke
und verbreiteten, um ihr Geschäft zu fördern, allerlei Krankheiten unter der Bevölkerung. Bald
jedoch kam der Abt des Tempels Chin1 -shan1-s^e4, Fa2-Kai3 mit Namen, der sich auf
die Austreibung von Dämonen verstand, hinter ihre Schliche. Unter dem Vorwände, milde Gaben
für seinen Tempel zu erbitten, begab er sich in das Haus des Hsü3 Hsüan1. Als dieser ihm nun
eine Gabe darbot, sagte ihm Fa2-Kai3, er sehe krank und abgehärmt aus, sicher stehe er unter
dem schädigenden Einflüsse irgend welcher Dämonen. Da weihte Hsü3 Hsüan1 den Priester in sein
Geheimnis ein und flehte ihn an, sich seiner zu erbarmen und ihn zu retten. Fa2-Kai3 gab ihm
den Rat, sich in dem Tempel Chin1 - shan1 -sp?4 niederzulassen; sobald die Dämonen hinkämen, um
ihn zurückzufordern, wolle er sie vernichten. Hsü3 Hsüan1 machte sich alsbald auf den Weg, in
dem er seine Frau in dem Glauben liefs, dafs er in den Tempel gehe, um dort Räucherwerk dar
zubringen.
Als aber ein Tag nach dem anderen vergeht, ohne dafs ihr Gatte heimkehrt, beschliefst
die weifse Schlange, sich mit ihrer Dienerin nach dem Chin1 -shan-s^S4 zu begeben, um den Ver-
mifsten zu suchen; zugleich gesteht sie jener, dafs sie ein Kind unter dem Herzen trage, durch
Zur Pekinger Volkskunde. I 3 I
dessen Geburt sie dem Hsü3 Hsüan1 die ihr einst erwiesene Wohlthat zu vergelten hoffe. So fahren
sie, als Pilgerinnen verkleidet, auf einem Nachen nach dem auf einer Insel im Hsü-llU2 ge
legenen Tempel. Hier tritt ihnen jedoch Fa?-Kai3 entgegen, hält ihnen ihre Missethaten vor und
heifst sie gebieterisch ihrer Wege gehen; falls sie sich diesem Befehle widersetzten, sei es um sie
geschehen. Wutentbrannt zücken die beiden Dämonen ihre Zauberschwerter gegen den Priester,
F‘a2-Kai3 aber schleudert seinen mit einem Drachenkopf versehenen Stab in die Luft, worauf sich
derselbe in einen Drachen verwandelt, der jene zu verschlingen droht. Sie entweichen nun durch
einen Zauberwind auf den See, aus dem allerhand Drachen und sonstige Wasserungetüme hervor
tauchen und die Insel zu überfluten suchen. Da tritt FF2-Kai3, von Hsü3 Hsüan1 und sämtlichen
Priestern umgeben, vor das Tempelthor, legt sein Priestergewand, chia'-sha1 (Skr. kachaya)
ab und breitet es auf den Erdboden aus. Durch diesen Zauber hebt sich die Insel in demselben
Mafse wie das Wasser steigt und entgeht auf diese Weise der Gefahr, überschwemmt zu werden.
Dann beschwört er die himmlischen Heerscharen, die ihm daraufhin zu Hilfe eilen, bis sich uner
warteterweise ^ J|| K'ueü-hsing1, der Schutzgott der Litteraten, als Deus ex machina ins Mittel
legt. Da nämlich der Knabe, den die weifse Schlange im Leibe trägt, bestimmt ist, den Grad eines
Chuang4-yüan2 zu erringen, hat || Wen2-cKang2, der Gott der Wissenschaft und Litteratur, den
FCueü-hsing1 zu Fa2-Kai3 entsandt, damit er ihm den Sachverhalt mitteile. Dadurch sind die beiden
Dämonen bis auf weiteres ihrem Schicksal entgangen und kehren unversehrt heim.
12. tuan4-cKiao2, »die zerbrochene Brücke«.
Dieses Schauspiel schliefst sich unmittelbar an das vorige an. FF2-Kai3 teilt dem Hsü3
Hsüan1 den Sachverhalt mit und giebt ihm den Rat, zu seiner Gattin heimzukehren und zunächst
deren Niederkunft zu erwarten : das übrige werde sich dann finden. Widerwillig und nur auf wieder
holtes Zureden verläfst Hsü3 Hsüan1 den Tempel und trifft auf dem Heimwege auf einer Brücke
mit seiner Gattin und deren Magd zusammen. Als die letztere ihn erblickt, zieht sie ihr Schwert
gegen ihn, um ihn zu töten und so die Schmach, die er ihrer Herrin angethan, zu rächen. Die
weifse Schlange aber legt sich ins Mittel und schützt ihren Gatten gegen die Wütende. Beide
weinen, von Rührung übermannt, ohne ein Wort zu reden: ihre Gefühle sind zwischen Furcht und
Liebe geteilt. Unmittelbar nach der gemeinsamen Heimkehr wird dem Hsü3 Hsüan1 ein Sohn ge
boren, aber bereits drei Tage später entführt Fca2-hai3 die beiden Dämonen durch seine Zauber
kraft nach der Pagode Lei2-feng1 -V ä3, und Hsü3 Hsüan1 ist von dem Banne befreit.
■3- nmmm Ta3 kun4 cKu1 hsiang1, »zu Tode geprügelt, wieder lebend
der Kiste entstiegen«.
Das Stück spielt zur Zeit der Sung-Dynastie. Der Held desselben, Fan4 Chung4-
jü3, begiebt sich mit seiner Frau Namens Q Pai2 und seinem kleinen Sohne nach der Haupstadt
K'ai-feng-fu, um sich dort der Staatsprüfung zu unterziehen. Nachdem er das Examen mit dem
Grade eines Chuang4-yüan2 bestanden, verläfst er die Residenz wieder mit seiner Familie, um den
in der Umgegend lebenden Eltern seiner Frau einen Besuch abzustatten. In der Heimat der Pai2
angelangt, erfahren sie jedoch, dafs deren Eltern den Ort verlassen haben, und niemand weifs ihnen
zu sagen, wohin sie gezogen sind. Fan4 Chung4-yü3 beschliefst, weitere Erkundigungen einzuziehen
und läfst seine Frau vom Esel steigen und einstweilen seine Rückkehr abwarten. Kaum hat er sich
entfernt, so stürzt sich ein Tiger auf das Kind und eilt mit demselben davon, bevor die Mutter es zu
retten vermocht. Während diese nun wehklagend dasitzt, kommt plötzlich eine fröhliche Jagd
gesellschaft des Weges: es ist der berüchtigte |gjgg!| Ko2 Teng1 -yiin2, der jüngere Bruder einer
Nebenfrau des Kaisers, mit seinem Gefolge. Auf seine Frage, was ihr zugestofsen sei, klagt ihm
Frau Pai2 ihr Leid. Von der Schönheit der jungen Frau angezogen, giebt sich ihr Ko2 Teng1 -yün2
für einen Gelehrten und somit Berufsgenossen ihres Mannes aus und bittet sie, sein Haus als Obdach
zu benutzen; er wolle einen von seinen Leuten zurücklassen, damit er den Fan4 Chung4-yü3 nach
dessen Rückkehr ebenfalls nach seinem Hause geleite. Nach langem Zögern läfst sie sich endlich
überreden und geht in die Falle.
D*
132 Wilhelm Grube:
Bald darauf kommt Fan4 Chnng4-yü3 zurück und sieht, dafs Weib und Kind verschwunden
sind. Vergeblich sucht er sie allenthalben, bis er endlich einem alten Manne begegnet, der ihm
berichtet, dafs er vorhin den Ko2 Feng1-yiin2 gesehen, wie er eine junge Frau, die weinend in
einer Sänfte safs, begleitete. Auf diese Kunde hin begiebt sich Fan4 Chnng4-yü3, dem der böse
Ruf jenes Mannes wohl bekannt war, in heller Verzweiflung geradeswegs in dessen Haus und stellt
ihn sofort zur Rede, indem er ihm erzählt, was er soeben vernommen hat. Ko2 Feng'-yün2 aber
erwidert ihm gelassen: »Es giebt ein Sprichwort: »Worte, die flüchtig ans Ohr dringen, darf man
nicht hören, unterwegs vernommene Worte noch weniger
TW«- Übrigens füllen die Speisen, die vor mir aufgestellt sind, einen Raum von einer Klafter
im Geviert, auch habe ich Hunderte von Dienern und Beischläferinnen1): wie sollte es mich also wohl
nach deinem Weibe gelüsten?« Als Fan4 Chung4 -yii3 sich bei diesen Worten einer gewissen Ver
legenheit nicht ganz erwehren kann, verspricht ihm Ko2 Teng1 -yün2, Nachforschungen nach dem
Verbleib der Vermifsten anstellen zu wollen, er aber solle die Nacht in seinem Hause verbringen
und das Ergebnis ab warten. Fan4 Chnng4-yii3 nimmt das freundliche Anerbieten dankend an und
erhält ein Gemach angewiesen, wo er sich zur Ruhe legt. Ko2 Feng1-yiin2 aber befiehlt einem
seiner Leute, den Fan4 Chnng4 -yü3 in der Nacht meuchlings zu ermorden. Jener begiebt sich hin,
um den Befehl auszuführen, und öffnet behutsam die Thür, indem er die Spitze seines Schwertes
durch die Thürritze steckt und den Bolzen beiseite schiebt; aber als er darauf im Begriffe ist, das
Schwert zwischen den Zähnen haltend, das Gemach zu betreten, stolpert er über die Schwelle und
fällt dabei selber der Mordwaffe zum Opfer. Durch den Lärm erwacht, erkennt Fan4 Chung4-yü3,
in welcher Gefahr er geschwebt. Als Ko2 Feng'-yiin2 das Geschehene erfährt, läfst er den Fan4
Chnng4-yiin2 zu sich entbieten und beschuldigt ihn, dafs er seinen Boten ermordet habe. Jener
beteuert vergeblich seine Unschuld; er mufs eine Bastonnade über sich ergehen lassen, bis er das
Bewufstsein verliert. Scheinbar tot, wird er in eine Kiste gelegt und diese schleunigst fortgeschafft.
Unterwegs werden die Träger von einer Räuberbande überfallen und ergreifen die Flucht. Die
Räuber machen sich über die Kiste her, lassen sie dann jedoch stehen, nachdem sie sich überzeugt
haben, dafs sie statt der erwarteten Schätze nur den entseelten Körper eines Ermordeten enthält.
Bald darauf kommt Fan4 Chnng4-yü3 wieder zum Bewufstsein und begiebt sich stracks nach Iv'ai-
feng-fu zurück, um vor dem Präfekten der Hauptstadt, ^ Pao1 Cheng3, Klage zu führen.
Inzwischen hat Frau Pai2 durch die Mägde und Konkubinen des Ko2 Feng1-yün2 erfahren,
welches Los ihr bevorsteht, ist jedoch entschlossen, was es auch kosten möge, ihre Ehre zu wahren.
Da Ko2 F'eng1 -yiin2 bald einsieht, dafs er durch Güte nichts bei ihr ausrichten kann, wendet er
an ihr dasselbe Mittel an wie an ihrem Manne, und auch das Resultat ist das nämliche. Sie bleibt
bewufstlos liegen, wird für tot gehalten und in einen Sarg gelegt. Der Haushofmeister des Ko2
Feng1 -yiin2 giebt sie für seine Mutter aus und läfst den Sarg interimistisch in einem taoistischen
Tempel beisetzen fing2-ling2). Den Priestern jenes Tempels fällt die Einfachheit des Sarges
auf, da sie doch wissen, dafs jener Haushofmeister ein wohlhabender Mann ist; sie vermuten daher,
dafs die ärmliche Hülle um so kostbarere Schätze in ihrem Innern bergen werde und öffnen den
Sarg. Kaum ist das jedoch geschehen, da richtet sich die Totgeglaubte plötzlich unter lauten Ver
wünschungen des Ko2 Feng1 -yiin2 auf. Von Entsetzen gepackt, sind die Priester gerade im Begriffe,
sie zu erdrosseln, als ein glücklicher Zufall den Fan4 Chnng4-yü3 auf seinem Wege nach K'ai-feng-fu
an jenem Tempel vorbeiführt, und als Deus ex machina rettet er sein Weib.
Wie sich von selbst versteht, bleibt auch das Kind am Leben. Ein Holzhacker, der im
Walde beschäftigt ist, sieht den Tiger, wie er das Kind noch lebend im Rachen hält. Rasch ent
schlossen, spaltet er dem Tiger den Schädel und rettet das Kind. Da nach dem herrschenden
Volksglauben Kindern, die aus Lebensgefahr gerettet worden sind, ein besonders günstiges Geschick
beschieden ist, beschliefst er, den Knaben an Kindes Statt anzunehmen. Bald darauf gelingt es den
Bemühungen des Pao1 Cheng3, die Angehörigen der Frau Pai2 ausfindig zu machen, und da erweist
es sich, dafs jener Holzhacker kein anderer ist als ihr jüngerer Bruder tjfe Pai2 Hsiung2, der
kinderlos mit seiner alten Mutter zusammen lebt. So sieht sich denn zum Schlüsse die ganze Familie
glücklich vereint.
■) A- Es ist dies ein Citat aus Meng-tsze VII, II, II, 34.
Zur Pekinger Volkskunde. 133
I4- Fien1-h‘o2-p‘ei4, »die Vereinigung an der Milchstrafsec.
Wie schon der Titel besagt, hat dieses Stück die bereits im vorigen Kapitel (S. 76) er
wähnte Fabel vom Kuhhirten und der Weberin zum Gegenstände.
15- Mai4-yen7 -chih1, »die Salbenkrämerin«.
Dieses Stück, dessen Originaltext mir handschriftlich vorliegt, gehört dank seiner derben
Situationskomik zu den beliebtesten Possen der Pekinger Bühne. Da der Schwank bereits in einer
französischen Übersetzung vorliegt1), so glaube ich auf eine nochmalige Wiedergabe seines Inhaltes
verzichten zu dürfen.
Die drei folgenden Stücke sind durch' die Figuren repräsentiert, die auf den drei Stufen
der auf S. 39 erwähnten Opferpyramide aufgestellt sind, und zwar stehen auf der obersten Stufe
(in dei Reihenfolge von links nach rechts): Hsü2 TsungT, Hsü2 Ts‘e4 und der Schuldiener, shiü-fung2,
aus dem Chü3-ting3 kuan7-Jiua4, auf der mittleren: Chao4 Yün2, Kung3 Ming2 und Chiang1 Wei2
aus dem Fienx-shui3-kuan1, und auf der untersten: P‘u2 Fienz-peng2, Pao4 Chin7-Jiua7, Pao4
Ts\ä4-an1, Yü2 Chien1 und Feng2 H‘ung2 aus dem - chieh2 - ts'un1.
mmm ,jj: ChiP-iing3 kuan7-h\ia4, »die Kraftprobe und die Betrachtung
der Ahnenbilder«.
Dieses Stück ist nur im Zusammenhänge mit dem Drama: Fa2-cKang2-Kuan4-
»der Austausch der Söhne auf dem Richtplatze«, zu verstehen, dessen unmittelbare Fort
setzung es bildet. Beide gehen inhaltlich auf den historischen Roman: JXjif Fan3 Fang2
yen^-chuan4, »Erzählung von der Empörung gegen das Haus T‘ang«, zurück2). Es spielt zur Zeit
des Kaisers Kao7-tsung1 der T'ang-Dynastie (650 — 683).
Der Generalissimus WTlU Hsüeh1 Fing1-shan1, ein Sohn des berühmten Heerführers^^
Hsüeh1 Jen2-kuei4, hatte drei Söhne. Der älteste, Hsüeh1 Meng3, war gleich seinem
Vater ein Feldherr, der zweite, ^ _p| Hsüeh1 Ynng3, diente ebenfalls im Heere, und nur der dritte,
J^PIl] Hsüeh1 Kang1, ein Mann von ungewöhnlicher Körperkraft, aber beschränkten Geistes, be
kleidete kein Amt. Ihm war es beschieden, das ganze Geschlecht ins Verderben zu stürzen. In
betrunkenem Zustande rief er im Gedränge der Illumination am Laternenfest auf offener Strafse eine
Schlägerei hervor und hatte dabei das Unglück, unversehens einen Prinzen des kaiserlichen Hauses
zu töten. In Anbetracht der grofsen Verdienste, die sich das Geschlecht Hsüeh um das Reich er
worben hatte, wollte der Kaiser die Strafe ursprünglich auf den Hsüeh1 Kang1 beschränken, bis
m± Chang1 Tcai4 schliefslich dennoch, im Gegensätze zu allen übrigen Grofswürdenträgern, die
Ausrottung des ganzen Geschlechtes durchsetzte. Daraufhin nahm sich Hsüeh1 Ynng3 selber das
Leben, während Hsüeh1 Kang1 sich durch die Flucht rettete. Hsüeh1 Meng3 jedoch sollte mit seiner
Gattin ,|3| Ma3 und seinem erst drei Monate alten Sohne Hsüeh1 Chiao1 hingerichtet werden.
Hier setzt das erste der beiden Stücke ein. Hsü2 Ts‘e4, ein Freund des Hsüeh1
Meng3, beschliefst, seinen eigenen gleichalterigen Sohn Chüü-tou3 gegen den Hsüeh1 Chiao1
einzutauschen, um auf diese Weise den Fortbestand des Hauses Hsüeh zu sichern. Sein Weib
sträubt sich gegen ein solches Opfer, bis Hsü2 Ts'e4 vor ihr auf die Kniee sinkt und sie durch
diesen Akt der Selbsterniedrigung nötigt, seinem Willen nachzugeben. So siegt in ihr schliefslich
der Gehorsam über die Mutterliebe, und die beiden Ehegatten begeben sich gemeinsam zur Richt
stätte, um von dem Rechte Gebrauch zu machen, den zum Tode Verurteilten als letzte P'reundes-
gabe Speise und Trank darzubringen. Auf dem Richtplatze angelangt, überreichen sie den beiden
Delinquenten die Speiseschachtel, in der sie ihr einziges Kind verborgen haben. Frau Ma3 dankt
x) Jules Arene, La Chine familiere, 2me ed., Paris, G. Charpentier & Cie., 1883, p. 174 ff.
2) Eine sehr seltene handschriftliche mongolische Übersetzung dieses Romanes unter dem Titel: Sine sailuksan
(sic für seilüksen) iibere ügütel-ün emünedü tang-un jirum-i silgcaksan bürin -e sastar (sic für sastir) -un tobci biak
in 20 Heften habe ich in Peking erworben.
Wilhelm Grube:
der Gemahlin des Hsü2 7Ye4 fufsfällig und unter Thränen für das Freundesopfer und giebt ihr die
Speiseschachtel zurück, nachdem sie zuvor den Hsiieh1 Chiao1 hineingelegt hat. Darauf verläfst
Hsü2 Tse4 mit seiner Gattin und dem neuen Pflegesohne den Richtplatz. Nach vollzogener Hin
richtung erweist es sich, dafs das Kind durch ein Versehen am Leben geblieben ist. Der Henker
übergiebt es dem Chang1 T‘ai4, der die Exekution geleitet hat. Dieser findet Wohlgefallen an dem
Knaben und will ihn zuerst an Kindes Statt annehmen; dann aber siegt in ihm die Angst, dafs ihm
in dem Knaben vielleicht dereinst ein Rächer seiner Eltern erstehen könnte, und er läfst ihn in drei
Stücke zerhacken. Damit schliefst das erste Stück.
Hsiieh1 Chiao1 wächst nun unter dem Namen ^ Hsü2 Tsung1 im Hause seiner Pflege
eltern auf, und das zweite Stück beginnt damit, dafs Hsü2 Tsung1, der inzwischen fünfzehn Jahre
alt geworden ist, in Abwesenheit seines Vaters mit seinem gleichalterigen Schuldiener, t!^ fp
shu1 -Cung2, im Hofe des väterlichen Hauses spielt und dabei schliefslich auf den Einfall kommt,
eine Kraftprobe zu veranstalten, wer von den beiden im stände wäre, die beiden Steinlöwen, die
vor dem Hausthore stehen, von der Stelle zu rücken. Nachdem der Schuldiener den Versuch ver
geblich gemacht hat, besteht Hsü2 Tsung1 die Probe mit Leichtigkeit. Unmittelbar danach kommt
Hsü2 Ts‘e4 nach Hause, sieht, was geschehen ist, und fragt unwillig, wer die beiden Steinkolosse
zusammengerückt habe. Der Schuldiener nimmt die Schuld auf sich; als er aber dann die Löwen
auf Befehl des Hsü2 IYe4 wieder auseinanderrücken soll, straft er sich selber Lügen und gesteht
schliefslich, dafs es Hsü2 Tsung1 ist, der die beiden Steinlöwen von der Stelle gerückt hat. Dieser
wird herbeigerufen und bekennt sich als den Thäter. Der Vater will es nicht glauben und richtet
an ihn die gleiche Aufforderung wie vorhin an den Schuldiener — aber siehe da: ehe er es ver
hindern kann, hat Hsü2 Tsung1 das Kunststück zum zweiten Male vollbracht und die Löwen wieder
auseinandergerückt. Da sich Hsü2 Ts'e4 von der Heldenkraft seines Pflegesohnes überzeugt hat,
sieht er ein, dafs dieser trotz seiner fünfzehn Jahre kein Knabe mehr, sondern wohl im stände ist,
die seinem Hause angethane Schmach zu sühnen, und begiebt sich mit ihm in den Ahnensaal. Hier
sieht Hsü2 Tsung1 zum ersten Male die Bilder derer vom Geschlechte Hsiiehl, ohne jedoch zu ahnen,
dafs es seine eigenen Vorfahren sind, deren Bildnisse er betrachtet. Hsü2 Ts‘e4 macht ihn mit den
Namen und Schicksalen der einzelnen Personen bekannt. Endlich bleiben sie vor einem Bilde stehen,
das eine zerstückelte Kindesleiche darstellt. Auf die Frage des Hsü2 Tsung1, wer jenes Kind sei,
bricht Hsü2 Ts‘e4 in Thränen aus und sagt, vor innerer Erregung aus der Rolle fallend: »Das
Knäblein dort ist mein Sohn Chin1 -tou3\ Weh mir, mein Sohn!« — Hsü2 Tsung1 weifs nicht, wie
ihm geschieht, und sagt: »Ich, dein Sohn, bin ja hier!« Da fafst sich Hsü2 Ts‘e4 zwar wieder und
sucht dem lästigen Frager auszuweichen, aber jetzt hilft ihm keine Ausrede mehr: Hsü2 Tsung1
dringt mit Ungestüm in ihn, er will die volle Wahrheit erfahren — und er erfährt sie. Nun hält
es ihn aber auch nicht länger im Hause derer, die er bis zu diesem Augenblicke für seine Eltern
gehalten, auf der Stelle will er fort und den Frevel des Chang1 Hai4 sühnen; Hsü2 Tse4 aber hält
ihn zurück und sagt: »Gemach, mein Sohn! eine Seidenfaser ist noch kein Paden und ein Baum
macht noch keinen Wald!1) Du besitzest noch eine Muhme in ^ |Jj Hait-shan1, an diese will
ich dir ein Schreiben mitgeben, damit sie dich mit Mannschaften und Pferden ausrüste, dann wirst
du immer noch Zeit genug haben, dein Rachewerk zu vollenden«. — Während Hsü2 IYe4 den Brief
aufsetzt, legt Hsiieh1 Chiao1, alias Hsü2 Tsung1, sein Kriegsgewand an. Bald ist der Brief ge
schrieben, und Hsiieh1 Chiao1 erscheint in kriegerischer Rüstung: jetzt giebt es kein Halten mehr,
es folgt nur eine kurze Abschiedsscene, in der Hsü2 Tse4 den Hsiieh1 Chiao1 ermahnt, falls er seine
Pflegeeltern bei seiner Heimkehr nicht mehr am Leben finden sollte, ihr Andenken durch Verbrennen
von Opferpapier zu ehren. Darauf schwingt sich der Jüngling aufs Pferd und stürmt davon. Hsü2
Tse4 aber begiebt sich in die Frauengemächer, um seiner Gattin das Vorgefallene mitzuteilen.
17. ^7jC||] die Feste THen1 - shui* - kuan1.
Der Inhalt dieses Stückes ist dem XIX. Kapitel des San1 - kuo2 - chih4 frei entlehnt. |L
Chao4 Yün2, der von K'ung3 Ming2 ^ Chu1 - ko2 Liang4) mit der Führung der Vorhut
Zur Pekinger Volkskunde. 135
betraut worden ist, hat soeben die Feste Feng4-ming2-kuan1 erobert und deren Komman
danten ||ä Man2 Teh2 samt dessen vier Söhnen getötet. Jetzt wendet er sich gegen die Feste
W ien1 - sJiui3-kuan1, die von j|| Ma3 Tsun1 verteidigt wird. Durch das Schicksal des H‘an2 Teh2
entmutigt, beschliefst dieser, auf den Kampf zu verzichten, aber Chiang1 Wei2, der tapferste
unter seinen Offizieren, will nichts davon wissen, sondern erbietet sich vielmehr, selber den Kampf mit
Chao4 Yün2 aufzunehmen. In der That glückt es ihm auch, die Truppen des Chao4 Yün2 zu
schlagen, und es hätte nicht viel gefehlt, so wäre sogar dieser selbst dem Feinde in die Hände ge
raten. Da beschliefst der vielgewandte K'ung3 Ming2, den Chiang1 Wei2 zu überlisten. Er hält
einen Kriegsrat mit seinen vier Truppenführern Wei4 Yen2, ^ Fla3 Tai4, [||] A Kuan1
Hsing1 und Chang'1 Pao1 und entwirft folgenden Schlachtplan. Wei4 Yen2 soll sich als
Chiang1 Wei2 verkleiden und seine Truppen mit denselben Fahnen ausstatten, wie jener sie führt,
Ma3 Tai4 hingegen soll den wahren Chiang1 Wei2 zum Kampfe herausfordern, dann aber scheinbar
die Flucht ergreifen und dadurch jenen soweit als möglich hinter sich her locken. Gleichzeitig soll
Wei4 Yen2 die Feste überrumpeln und den Ma3 Tsun1 überreden, sich mit ihm gemeinsam dem
Staate Shu3 (in dessen Diensten Chu1-Iw2 Liang4 steht) anzuschliefsen. Letzteres gelingt auch
ohne Schwierigkeit, aber nun kommt der wahre Chiang1 Wei2 mit seinen Truppen zurück und ver
langt Einlafs in die Feste. Ma3 Tsunr, der ihn für einen Verräter hält, weigert sich, ihm die
Thore zu öffnen. Gleichzeitig wird Chiang1 Wei2 von den feindlichen Truppen angegriffen und in
einen Engpafs gelockt. Als der Morgen graut, sieht er, dafs er von allen Seiten eingeschlossen
ist, und ergiebt sich der Gnade des Kiung3 Ming2. Dieser aber, der den Mut und die Fähigkeiten
des Chiang1 Wei2 wohl zu schätzen weifs, empfängt den gefangenen Feldherrn mit hohen Ehren.
18. [19 S\&4-chieh2-tscun1, »das Dorf der vier Helden«.
Dieses Stück ist eine dramatisierte Episode aus dem Romane Lü4 - mu3 - tan1, der
zur Zeit der Sung-Dynastie spielt, und ist nur im Zusammenhänge mit der vorangehenden Erzählung
verständlich. In fjj Yang2-choU1 lebte ein Mann Namens P'u2 Tien'-p eng2, der unter
der Leitung seines Lehrmeisters ßfy jy^ Pao4 Ts\&4-aril kriegerischen Übungen oblag. Da er
der befähigtste unter seinen Schülern war, gab ihm Pao4 Tsf^-an1 seine Tochter Pao4
Chin2-hcual zum Weibe. Seit sich nun aber Wu2 Wien1-peng2 auf diese Weise wohlversorgt sah,
kümmerte er sich wenig mehr um das Kriegshandwerk, sondern lebte müfsig in den Tag hinein. Um
seinen Ehrgeiz zu wecken, machte Pao4 Ts^P-an1 eines Tages die Bemerkung, die beiden tüchtigsten
Männer in der Stadt seien doch Lo4 Hcung2-hsün1 und ^ ^ Yü2 CJiien1, da ersterer
trotz seines Reichtums sich stets mit Eifer der Waffenkunst befleifsige und sich nicht, wie so
mancher andere, einem müfsigen Wohlleben hingebe. [Lo4 Kling2-hsün1 war nämlich ein reicher
Mann, der sich schon in jungen Jahren sowohl im Civil- als auch im Militärdienst ausgezeichnet
hatte- Yü2 CJiien1 aber war sein treuer Diener, den er jedoch als ehemaligen Schulgenossen mehr
als seinen Freund behandelte.) Wu2 Wien1-peng2 verstand die Anspielung und beschlofs nun, die
Gewandtheit jener beiden durch einen kühnen Streich auf die Probe zu stellen. Er führte sein Vor
haben aus, indem er bei nächtlicher Weile in das Haus des Lo4 H\mg2-Jisün1 eindrang. Der
wachsame Yü2 CKien1 erwischte ihn jedoch und führte ihn vor seinen Herrn. Auf die Frage des
letzteren, warum er den Einbruch begangen habe, erwiderte P\i2 Wien1 -p eng2, er habe so oft die
Tüchtigkeit des Lo4 H\ing2-hsiin1 und seines Dieners rühmen hören, dafs er sich gern selber
einmal von derselben überzeugen wollte; das habe er nun erreicht: jetzt möge man ihm die ver
diente Strafe zu teil werden lassen. Statt ihn jedoch zu bestrafen, entliefs vielmehr Lo4 Mung2-
hsiin1 den seltsamen Einbrecher mit einem ansehnlichen Geldgeschenk und sicherte sich durch diese
Grofsmut dessen Dankbarkeit und Ergebenheit.
Bald darauf begab es sich, dafs ein gewisser §|§J! |g Luan2 I4-wan4 eine Bühne für Ring
kämpfe, lei4-t ai2, errichtete, auf der JgggH Liao2 Hsi2-lung2 mit seinen vier Kumpanen
^fj Chu1 Lung2, ^ pi Chu1 HW, Chu1 Piao2 und Chu1 Pao4 Ringkämpfe ver
anstaltete. Es waren dies berüchtigte Raufbolde, die die ganze Gegend unsicher machten, sie
nannten sich selbst die »vier Helden«, |JCJ S\&4-chieh2, und das befestigte Dorf, in dem sie
hausten, S\e4 - chieh2 - ts‘ un1. Zahlreiche Zuschauer hatten sich um die Bühne geschart, unter denen
Wilhelm Grube:136
sich auch Pao4 Ts^P-an1 mit seiner Tochter und seinem Schüler Feng2 H ung2 sowie auch
Lo4 H ung2-hsün1 mit Yü2 Chien1 und ein Freund und Berufsgenosse des Pcio4 Tsf S4 - an1 Namens
LL F} H ua1 (Men4- fang1 befanden. Auf die Herausforderung des Liao2 Hsi2-lung2 sprang
Yü2 Ch len1 auf die Bühne und nahm den Kampf mit Chu1 Lung2 auf, den er auch alsbald ohne
Schwierigkeit zu Boden warf. Nun trat ihm Liao2 Hsi2-hing2 selbst entgegen, und auch diesem
Gegner schien er gewachsen zu sein, bis derselbe einen Kniff anwandte, auf den Yü2 CKien1 nicht
gefafst gewesen war: er versetzte ihm mit voller Wucht einen Schlag mit der Seite der flachen
Hand (einen sogenannten jjiljlchu1 -sha1 -shen2 -shoiß) und zerschmetterte ihm dadurch den
Arm. Voll Zorn sprang Lo4 H'ung2-hsiin1 seinem treuen Diener zu Hilfe, aber auch gegen ihn
wandte Liao2 Hsi2 - lung2 dasselbe Mittel an und schleuderte ihn dadurch von der Bühne herunter.
Nun mischte sich Pao4 Chin1 -Kua1 in den Kampf, um den Wohlthäter ihres Gatten zu rächen. Als
aber Chu1 Piao2 sie erblickte, verliebte er sich sofort in sie und bat seinen Meister, statt seiner den
Kampf mit ihr aufnehmen zu dürfen, um sie zu überwinden und sich ihrer dann zu bemächtigen.
Kaum aber hatte er sie zu umfassen versucht, als Pao4 Chin1-Kua1 einen Luftsprung machte und
ihm mit den Spitzen ihrer kleinen Schuhe beide Augen ausstach. Nun kam es zu einem allgemeinen
Handgemenge, an dem sich alle Anwesenden beteiligten und das damit endete, dafs die Raufbolde
in die Flucht getrieben wurden. Lo4 Hcung2-hsiin1 und sein Diener genasen dank der aufopfernden
Pflege des Pao4 Ts\e4-an1 und des Hhia1 Chen4-fangx bald wieder von ihren Verletzungen, und
Lo4 H ung2-hsünx heiratete ^iTL^|| LTua1 Pi4-hen2, die Tochter des H ua1 Chen4-fang1, wo
durch sich sein Preundschaftsbund mit diesem und dem Pao4 Tsfä4-an1 nur um so inniger gestaltete.
Bald darauf überfiel indessen Liao2 Hsi2-lung2 mit seinen vier Genossen den Lo4 Hung2-hsiin1 und
führte ihn samt dem Yü2 Chien1 ge fangen nach S^ö4 - chieh2 - tsun1, jedoch gelang es dem Yü2 CKien1
unterwegs zu entkommen und in einem nahe gelegenen Tempel Zuflucht zu finden. Durch einen
glücklichen Zufall befand sich Feng2 LLung2 um jene Zeit gerade in dem Tempel. Derselbe machte
sich sofort auf den Weg, um seinen Meister von dem Geschehenen in Kenntnis zu setzen. In jenem
Tempel aber lebte ein Bonze mit Namen jH' Hsiao1 Yüeh4, der selbst in seinen jüngeren Jahren
ein berühmter Kämpfer gewesen war und sich des Yü2 CKien1 freundlich annahm. Von Hsiao1 Yüeh4
mit Schild und Schwert versehen, begab sich Yü2 CKien1 nun in die Nähe von S^e4-chieh2-tsun1,
um sich über die Lage des Ortes zu orientieren.
An diesem Punkte setzt das Drama ein. Da Yü2 CKien1 auffallend lange nicht zurückkehrt,
wird Hsiao1 Yüeh4 ängstlich und tritt vor den Tempel hinaus, um nach dem Vermifsten auszuspähen:
da erblickt er plötzlich seinen alten Freund Pao4 TsfP-an1. Beide begeben sich in den Tempel,
um gemeinsam zu beraten, welche Schritte sie zur Befreiung des Lo4 Hhing2-hsiin1 thun sollen.
Zum Glück erscheint bald darauf Yü2 Ch len1 und berichtet, dafs er bis vor das Thor von Sf&4-
chieh2-tsun1 vorgedrungen sei und sich nur dank dem Schilde des Hsiao1 Yüeh4 vor den Pfeilen
der Räuber gerettet habe. S\&4 - chieh2 - tscun1 sei von drei Seiten von Bergen eingeschlossen und
von der vierten Seite durch einen Bach geschützt. Die Lage sei so uneinnehmbar, dafs es selbst
Vögeln schwer fallen müsse, hineinzufliegen. Hsiao1 Yüeh4 weifs dennoch Rat: er nimmt die
hölzerne Tafel, die über dem Eingänge zur Haupthalle des Tempels befestigt ist und die Aufschrift:
f* chin1 kuang1 p\ü chao4, »der goldige Glanz überstrahlt alles«, trägt, herab und giebt
sie den Freunden, damit sie sich ihrer als Steg über den Bach bedienen. Nun übernimmt Pao4
TsfP-an1 die Leitung und beauftragt Yü2 CKien1, Phi2 Tienx-peng2 und Feng2 H ung2, um die
Zeit der dritten Nachtwache ins feindliche Dorf einzudringen, auch seiner Tochter gestattet er
schliefslich auf deren flehentliche Bitten, sich an dem Unternehmen zu beteiligen. Hsiao1 Yüeh4
verspricht seinerseits, um die festgesetzte Stunde mit der Tafel zur Stelle zu sein. Der Plan wird
darauf glücklich ausgeführt und Lo4 Hung2-hsiin1 nach blutigem Kampfe gerettet.
Zur Pekinger Volkskunde, 137
Anhang.
Erklärung der auf Tafel I — X reproduzierten Pekinger Stickmuster.
Jedes der auf den folgenden Tafeln reproduzierten Stickmuster besteht aus fünf Schichten
dünnen weifsen Papiers, die leicht von einander zu trennen sind, so dafs die fünf identischen
Exemplare einzeln verwendet werden können. Die Muster werden auf den zu verarbeitenden Stoff
geklebt und dann übernäht, wobei die Wahl der Farben der Stickerin überlassen bleibt. Ich habe
die Stickmuster gleich an Ort und Stelle auf Kartons aufziehen lassen; daher sind sie mit chinesi
schen Zahlzeichen numeriert worden, doch wird die folgende Tabelle auch dem der chinesischen
Schrift Unkundigen eine leichte Orientierung ermöglichen.
0 =
s. =
—
-b =
A =
X =
+ =
+ =
+
+
+
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
= 13
14
+
z
+
+
-b
+
A
+
%
+
+
+
= 15
= 16
— 17
= 18
= 19
= 20
— 21
= 22
+
+
0
+
3L
+
+
-b
23 + = 29 + = 35
X z
= 24
25
26
= 27
-p = 28
A
+
+
+
+
+
0
30
= 32
33
-+* = 36
31 —
+
-b
+
A
+
X
El
+
34
= 37
= 38
39
40
Tafel I.
1. kan'-chih'-mei3, Pflaumenblütenzweig ohne Blätter. Die Pflaumenblüte, mei3,
ist das Symbol der Schönheit (= mei3, schön).
2. simg'-shu3 t‘ou'pu2-fao2, Eichhörnchen, die Weintrauben stehlen. Die
Bedeutung dieses Musters ist unsicher. Vermutlich soll ^ sung1, die Fichte (als Bestandteil des
Kompositums sungI-shu3), auf lange Lebensdauer hindeuten, in welchem Falle vielleicht t ao
(in pu2-t‘ao2) als Wortspiel für ^ fao2, Pfirsich, mithin in demselben Sinne, aufzufassen wäre.
3. Ein Blütenzweig von Osmanthus fragrans Lour., hueiA-huax, im Sinne des gleich
lautenden üf kuei*, »angesehene Stellung« (vergl. S. 95).
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
18
*3« Wilhelm Grube:
4. Eine Blume, die den Namen cKin2-niang2-ts\£3, »die emsige Jungfrau«, trägt.
Sie öffnet ihren Kelch vor Morgengrauen, um ihn, wenn die Sonne scheint, wieder zu schliefsen,
und wird daher mit der üeifsigen Jungfrau verglichen, die bereits in frühester Morgenstunde ihr
Tagewerk beginnt. Der Schmetterling, Iiu2-tieh4, symbolisiert das homophone ||| tieh4, »hohes
Alter«. Somit drückt das Muster den Wunsch aus, dafs die fleifsige Jungfrau, für die die Stickerei
bestimmt ist, ein hohes Alter erreichen möge.
5. Kai3-fang2, Kirschblüten (Pyrus spectabilis). Die Kirschblüte ist das Symbol
mädchenhafter Anmut.
6. jflj^ lan2-Kuax, Orchideen. Die Orchideen haben einen »lauteren Duft«, In
diesem Sinne lautet ein antithetischer Sinnspruch: ||fj yp^ ^ AolO > »das Kraut der
Unsterblichkeit und die Orchideen entsprechen der Natur des Edlen (der Lauterkeit), Fichte und
Cypresse entsprechen der Gesinnung der Alten (der Beständigkeit)«.
7. Kirschblüten = Nr. 5.
8. ^jgljrg pienx-fu2, Fledermaus = jjfg fn2, Glück, ^^fao’rh2, Pfirsich, als Symbol des
langen Lebens, |||] 4^ lan2-Kuax, Orchidee, hier als Wortspiel für das gleichlautende ^ lan2, »zur Neige
gehen«, »ein Ende finden«, und ling2-chihx, das Kraut der Unsterblichkeit, im Sinne des gleich
lautenden ling2, »Alter von neunzig Jahren«, überhaupt »hohes Alter«. Somit dient dieses Muster
als Ausdruck der Devise: jjfg I|| j||j ||Ä fu2-shou4 lan2-ling2, »mögen Glück und Lebensdauer erst
im höchsten Alter ihr Ende finden«.
9. jUl tunx-ts\&-lan2, Orchideenstraufs (s. Nr. 6).
10. jJL] zjö 4J? s\&4 - chi4-K ua1, die Blumen der vier Jahreszeiten, nämlich: shih‘-
liu2-Kuax, Granatblüten, Kai3-fang2-Kuax, Kirschblüten, lan2-Kuax, Orchideen, und ÜT chih1 -
ts\&3, Gardenia florida L.
n. 4(5)]^ Ku2-tieh4, Schmetterling, = ^ tieli4, »hochbejahrt«, und Orchideen im Sinne
des gleichlautenden ^ lan2 (vergl. Nr. 8). Dient als Ausdruck der Devise: ^ tieh4-lan2, »möge
das Ende erst im höchsten Alter eintreten«.
12. Kirschblüten = Nr. 5 und 7.
■3- chnf-Kuä1, Chrysanthemen, Symbol langer Lebensdauer % s. S.94).
14. Pfirsiche und Pfirsichblüten = ^!|| cKiian2-shou4, »vollkommene Langlebigkeit«.
*5- $1^ llijv IfJ "tS Ku2-tieh4 nao4 mei3, ein Schmetterling, der Pflaumenblüten umflattert, spielt
auf langes Leben und Schönheit an (vergl. Nr. 1 und 11).
16. chili1-ts\e3, Gardenia florida L.
17• mo4-li4-Kuax, Jasminblüten = T M mo4-li4, »Vorteil bis ans Ende«.
la3-pax-Kuax, Stechapfelblüten, Datura alba Nees.
19. shih2-hu2-Kua1, Granatblüten. Der Granatapfel symbolisiert reichlichen Kindersegen
(vergl. S. 94).
20. Schmetterling (s. Nr. 11) mit Narcissen, ?R fiii shui3-hsienx (im Sinne von füj »Halbgott«,
»Unsterblicher«). Diese. Zusammenstellung ergiebt demgemäfs: tieh4-hsien1, »hochbetagter
Unsterblicher«.
21. Orchideen und cKin2-niang2-ts\&3 (vergl. Nr. 4).
22. Pflaumenblüten = Nr. 1.
23. Orchideen und Kirschblüten. Substituiert man für fang2 das gleichlautende ^ fang2,
»Gemach«, so ergiebt sich die Lesung |||] dg* lan2-fang2, »Orchideengemach«, d. h. »Frauengemach«,
offenbar eine Anspielung auf weibliche Sittsamkeit oder eheliches Glück.
24. wan3-hsiangx-yü4, Polianthes tuberosa L.
25. Lotusblume mit Blatt und Knospe, ^Jl|| cKiian2-lien2, im Sinne des gleichlautenden
cKiian2-lien2, »vollzählige Vereinigung«, womit die Vollzähligkeit der Familie gemeint ist.
26. mu^-tanx-Kuax, Päonie, die auch fn4-kuei4-Kuax, »die Blume des
Reichtums und Ansehens«, genannt wird und somit Reichtum und Ansehen versinnbildlicht.
27. Kirschblüten (vergl. Nr. 5, 7 und 12).
Zur Pekinger Volkskunde. 139
Tafel II.
I. Schmetterling mit Orchideen = Taf. I, Nr. 11.
2- mo4-li4 - tieh4, Jasminblüten mit Schmetterling, im Sinne von: ^^iJÜ mo4-
li4-tieli4, »ein Ende in vorteilhafter Stellung und hohem Lebensalter«.
3- 1U||ܧ hsien1 -Kao2, Kranich, Symbol langer Lebensdauer.
4. nan2-Ku2, »südlicher Schmetterling«, ein erst kürzlich aus dem Süden eingeführtes
Schmetterlingsmuster. Da sich eine Orchidee im Schmetterling befindet, so ist dieses Muster seiner
Bedeutung nach identisch mit Taf. I, Nr. 11.
5. Scepter, in ju2-i4 (das Kompositum bedeutet wörtlich: »den Wünschen gemäfs«), mit
Schmetterling, der auch hier im Sinne des gleichlautenden ||| tieh4, »hochbetagt«, verwendet ist.
Das Muster drückt somit den Wunsch aus, dafs dem Betreffenden, für den die Stickerei bestimmt
ist, sich alles nach Wunsch gestalten und er ein hohes Alter erreichen möge.
6. Lotusblumen mit Blatt und Knospe — Taf. I, Nr. 25.
7- Ku2-lu2, Kürbis. Der Kürbis dient vermöge seines Samenreichtums als Symbol
zahlreicher Nachkommenschaft. Die diesem Muster entsprechende Devise lautet daher: T#Ä
^ ts\&3 sun1 ivan4 tai3, »zehntausend Generationen von Kindern und Kindeskindern«.
8- W shih4, Kakifrucht = j||. sliih4, »Geschäft«, »Unternehmen«, ^ cKing4, Klang
stein = ||| cKing4, »Heil«, ^ chi2, Hellebarde (dargestellt ist nur die Spitze einer solchen) =
chi2, »Glück«, und ff^jrü2, Lisch = j|^ yii2, »Überflufs«. Nach Substituierung dieser Bedeutungs
werte an Stelle der ursprünglichen erhalten wir die Devise: |||. ^ Jg| ^ ^ shih4-shih4 clii2-
cKing4 yu3-yü2, »bei allen Unternehmungen Glück und Heil in Hülle und Lulle«.
9. yen3-cKien2, mit einem Auge (d. h. mit einem viereckigen Loche), versehene
Münze — HU IUI]' yen3-cKien2, »vor Augen«, »gegenwärtig«, ^ mei3, Pflaumenblüte = ^ mei3,
»jeder«, »jederzeit«, tieh4, Schmetterlinge tieh4, »hochbetagt«, und fu2, Fledermaus =
fg fu2, »Glück«. Die Lösung des Rebus lautet: jgjjfgIj^jjy mei3 tieh4 fu2 tsai4yen3-cKien2,
»möge (der Betreffende) bis ins höchste Alter allezeit Glück vor Augen haben«.
10. ]f|j| fijA, J|i£ lu4-S\P wo4 lien2, ein Reiherpaar auf Lotusblumen ruhend (so ist mir
dieses Muster gedeutet worden, obwohl die Blume eher der Gardenia in der üblichen Darstellungs
weise zu entsprechen scheint). Vermutlich eine Anspielung auf eheliches Glück.
11. Kürbis = Nr. 7.
12. ^ cKin2, Zither, ^ cKi2, Schachspiel, 1§| shu1, Bücher, und ||| liua4, Bildrolle, als
»die vier Kostbarkeiten des Gelehrten«, tAIf wen2 -jen2-s\&4-ipao3.
13. Kirschblüten (vergl. Taf. I, Nr. 5, 7, 12, 27).
14. Kürbis == Nr. 7 und 11.
15. Pflaumenblüten (vergl. Taf. I, Nr. 1, 22).
16. jflj) Zjd s\£4-chi4-Kuar, die Blumen der vier Jahreszeiten (vergl. Taf. I, Nr. 10). In
diesem Falle sind es jedoch Gardenia florida, Granatblüten, Kürbisblüten und Narcissen.
iy. Jg mao4, Katze == ^ mao4, »hochbetagt«, ^ tieh4, Schmetterling = |jg tieh4, »hoch
betagt«, mei3, Pflaumenblüten == mei3, »allezeit«, und Y$ chu2, Bambus = jjjjj chu4, »beten«
(Yj und die sich im Pekinger Dialekt durch den Ton unterscheiden, haben ursprünglich beide
den Lautwert chuk). Somit lautet die Lösung dieses Rebus: @jjlftl|| me^ chu* ma°4 tiefl4’
»allezeit erflehen wir ein hohes Alter« (sc. für denjenigen, dem die Stickerei geschenkt werden soll).
18. Kürbis und Bambus als Ausdruck der Devise: ts\e3 sun1 cli ang2 cliing1,
»mögen Kinder und Kindeskinder dauernd blühen« (wörtlich: »grünen«, gleich dem immergrünen
Bambus).
19. Pflaumenblüten (vergl. Nr. 15 und Taf. I, Nr. 1, 22).
20. Pfirsich als Symbol der Unsterblichkeit, Lledermaus — fu2, »Glück«, und Münzen (s. Nr.9).
Dieser Kombination entspricht die Devise: j|i§^ fu2 shou4 tsai4yen3-ch ien , »mögen Glück
und langes Leben vor Augen sein«.
18*
140 Wilhelm Grube:
21. Schmetterling, der Pflaumenblüten umflattert = Taf. I, Nr. 15.
22. Dieselbe Kombination wie Nr. 20.
23. Zwei Kakifrüchte und Scepter = shi4-shih4 ju2-i4, »mögen alle Unterneh
mungen nach Wunsch ausfallen« (vergl. Nr. 8).
24. Y±.'tfc kuei4-Jlua1, Osmanthus fragrans Lour. (vergl. Taf. I, Nr. 3), hier vielleicht im Sinne
von jf|j knei1 verwendet, und Kirschblüten, woraus sich die Verbindung: pj ^ kuei1 - f ang2, »Frauen
gemach«, ergeben würde. Vermutlich, ähnlich wie Taf. I, Nr. 23, eine Anspielung auf eheliches Glück.
25. Zwei Kakifrüchte, ein Scepter und ein Fisch als Ausdruck der Devise: T|f fg]TP
^ shih4-shih4 ju2-i4 yu3-yü2, »mögen alle Unternehmungen in Hülle und Fülle nach Wunsch
gedeihen« (vergl. Nr. 5 und 8).
26. Ein Blütenzweig von Osmanthus fragrans Lour. = Taf. I, Nr. 3.
27. ^ mei3, Pflaumenblüte — mei3, »jeder«, shih4, Kakifrucht = shih4, »Unter
nehmen«, in J|r ju2-i4, Scepter = »nach Wunsch«, und fao2, Pfirsich — »langes Leben«. Die
dieser Kombination entsprechende Devise lautet: ^ W mei% Ju*~f to'-shou4,
»möge jegliches Unternehmen nach Wunsch gedeihen und eine lange Lebensdauer beschieden sein«.
28. 'Yf chu2, Bambus = chu4, »beten«, fu2, Fledermaus = ijjg fu2, »Glück«, Pfirsich
als Symbol der langen Lebensdauer, j|||;^ ling2-chihx, »das Kraut der Unsterblichkeit« = j|A ling2,
»hohes Alter«, und JJ lan2, Orchideen = ||| lan2, »auf die Neige gehen«. Aus dieser Kombination
ergiebt sich die Devise: jj^ ||J Up Hl chu4 fu2 shou4 ling2 lan2, »wir flehen, dafs Glück und
Lebensdauer erst im höchsten Greisenalter ihr Ende finden mögen«.
29. Pfirsichblüten als Symbol der Unsterblichkeit.
30. Pflaumenblüten und Bambus = mei3 chu4, »wir beten allezeit« (sc. dafs demjenigen,
für den die Stickerei bestimmt ist, langes Leben, Glück o. dergl. beschieden sein möge).
31. Chrysanthemen (vergl. Taf. I, Nr. 13).
32. Desgleichen.
33. dH tieh4, Schmetterling = j|j lieh4, »hochbetagt«, fu2, Fledermaus = jjjg fu2,
»Glück«, das Schriftzeichen J|l hsi3, »Freude«, ||£ cKing4, Klangstein = j|g cKing4, »Heil«, endlich
zwei Fische, ^ yü2 — ^ yü2, »Überflufs«; bedeutet: )|jf jjjg j|g jj£ tieh4 fu2 hsi3 cKing4
yu3 yü2, »möge bis ins höchste Greisenalter Glück, Freude und Heil in Hülle und Fülle beschieden sein«.
34. JiLftjl hsi3-cKüeh4, Elster, und Pflaumenblüten. J|l hsi3-cKiieh4 teng1 mei3,
»eine Elster, die sich auf einen Pflaumenblütenzweig setzt« = ä hsi3-cKüeh4 mei3 teng1,
»möge die Elster (als glückbringender Vogel) überall hinkommen« (wörtlich: überallhin emporsteigen).
35- $0 chih1 -ts\83-Kua1, Blüten von Gardenia florida L. (vergl. Taf. I, Nr. 16).
Tafel III.
1. Muster für ein Fächerfutteral: jjilfe tieh4, Schmetterlinge = tieh4, »hochbetagt«, und
||| lan2, Orchideen = p] lan2, »auf die Neige gehen«. Ergiebt den Wunsch: ||| p] tieh4 lan2,
»möge (das Leben) erst im höchsten Greisenalter sich seinem Ende zuneigen« (vergl. Taf. I, Nr. 11).
2. Die Elemente dieses Musters sind in der Reihenfolge von links nach rechts: f|(g fu2,
Fledermaus = jjg fu2, Glück, ^ fao2, Pfirsiche — ||| shou4, langes Leben, ting4, Silber
barren = ^ ting4, bestimmen, bestimmt, ||| pi4, Pinsel = jj£\ pi4, bestimmt, ^ kuei4, Osmanthus
fragrans = kuei4, Ansehen, jä cKing4, Klangstein = Jg| cKing4, Heil, mu3-tanl, Päonie,
symbolisiert den Reichtum, ijffj er ju2-i4, Scepter = »nach Wunsch«, zwei shih4, Früchte von
Diospyros kaki = shi4-shi4, alle Angelegenheiten, ein Swastika als Abkürzung für |j| man4,
zehntausend, jjj shan4, Fächer = shan4, gut, f|| yüan2, eine Art chinesische Citrone == ^
yüan2, folgen, verbunden sein. Aus diesen Elementen lassen sich folgende Kombinationen bilden:
Zur Pekinger Volkskunde. 141
a) Swastika + Fledermaus + Swastika + Pfirsiche ergiebt: |§ jjjg |§ wan4-fu2 wan4-
shou4, »zehntausendfaches Glück und zehntausendfache Lebensdauer«.
b) Fächer + Citrone + Fledermaus + Klangstein = || J§§ shan4-yüan2 fu2-cKing4,
»durch gute Werke erlangt man Glück und Heil«. || yüan2, entspricht dem bud-
histischen »Karma«, und ^shan4-yüan2, bedeutet daher eigentlich: »eine gute
Verbindung«, d. h. gute Werke als Mittel zur Erlangung einer günstigen Wiedergeburt.
c) Pinsel -f- Silberbarren + Scepter == t=F pi4-ting4 ju2-i4, »möge es bestimmt
nach Wunsch ergehen«.
d) Die beiden Kakifrüchte -4- Scepter = shih4-shih4 ju2-i\ »mögen alle An
gelegenheiten nach Wunsch ausfallen«.
e) Päonie + Osmanthus fragrans + Scepter = jft ftu fuA-kuei4 ju2-i4, »möge Reich
tum und Ansehen nach Wunsch beschieden sein«.
3- Für dieses Muster, das aus Orchideen, zwei Vögeln und einem Hunde zusammengesetzt
ist, habe ich keine befriedigende Deutung zu ermitteln vermocht.
4. Die Elemente, aus denen sich dieses Muster zusammensetzt, sind in der Reihenfolge von
links nach rechts: Kai*-fang2, Kirschblüte = ^ fang2, Halle, yü2, Fisch = J% yü2,
Überflufs, ij| pi\ Pinsel (?) = jj£\ pi4, bestimmt, j|j shan4, Fächer = Ä shan4, gut, f|| yüan2,
Citrone = fäfcyüan2, verbunden sein, shi4, Kakifrucht = ^.shih4, Angelegenheiten, |g: cKing4,
Klangstein = J|g ching4, Heil, fu2, Fledermaus = j|fg fu2, Glück, Swrastika als Abkürzung für
jvan4, zehntausend, tao2, Pfirsich = shou4, langes Leben, p'an2-cKang2, eine
gewundene Figur, die zu den unter dem Namen pax -pao3 bekannten lamaistischen Emblemen
gehört, tib. dpal-be’u, mong. üldsei utasun, »Glücksfaden«; hier im Sinne von cKang2, lang,
verwendet, VT ju2-i4, Scepter = »nach Wunsch«, endlich ein Chrysanthemum, chiuß-Kua1
— chiu3, dauernd. Daraus ergeben sich folgende Kombinationen :
a) Fledermaus -f- Pfirsich -f- Chrysanthemum + pcan2 -cKang2 = fu2-shou4
chiu3-cKang2, »mögen Glück und Leben von langer Dauer sein«.
b) Fächer + Citronen -f- Fledermaus -f- Klangstein = oben Nr. 2 b.
c) Pinsel -f- Scepter = Nr. 2 c.
d) Swastika + Fledermaus -f Swastika -f Pfirsich = Nr. 2 a.
e) Swastika -f- Kakifrucht + Scepter = ^ jjr; ivan4-shih4 ju2-i4, »mögen alle An
gelegenheiten nach Wunsch ausfallen«.
f) Fledermaus + Pfirsich + Kirschblüte = fu2-shou4- f ang2, »Halle des Glücks
und des langen Lebens«.
g) Fledermaus + Pfirsich + Fische = glj ||J ^ fu2-shou4yu3yü2, »möge Glück und
langes Leben im Übermafs beschieden sein«.
5. Ein aus dem Süden eingeführtes Schmetterlingsmuster (vergl. Taf. II, Nr. 4); im Schmetter
ling die unter dem Namen: cKin2-niang2-ts\& bekannten Blumen (vergl. Taf. I, Nr. 4).
6. Mäander - Motiv (0* Kui2 -wen2).
7. Desgleichen.
8. Muster für die Schuhspitze. Es scheint, dafs der Schmetterling durch ein Mifsverständ-
nis hineingeraten ist; setzen wir eine Fledermaus an seine Stelle, so ergeben sich die beiden folgenden
Kombinationen:
a) Fledermaus -j- Klangstein + Fische = jpg Jgf 'ff /w2 - cKing4 yu3 yü2, »Glück und
Heil im Übermafs«.
b) Fledermaus + Osmanthus fragrans + drei Citronen = jpg JQ fu2-kuei4 sa?ix-yüan2,
»Glück, Ansehen und Erlangung des ersten Grades in den drei Staatsprüfungen«.
9. Chrysanthemum = Taf. I, Nr. 13 und Taf. II, Nr. 31. „
10. Kürbisse mit Blüten — ts^-sun1 n>an4-tai3, »zehntausend Generationen
von Kindern und Kindeskindern« (vergl. Taf. II, Nr. 7, 11, 14 und 18).
11. Fledermaus + Pfirsich + Orchidee + Kraut der Unsterblichkeit = jftg llp f|l] jip fu2~
shou4 lan2-ling2, »mögen Glück und Lebensdauer erst im höchsten Alter ihr Ende finden« (vergl.
Taf. I, Nr. 7).
142 Wilhelm Grube:
12. Fledermaus == fu2, Glück.
13. Stilisierte Form des Zeichens shou4, langes Leben, mit doppeltem Swastika = ^
^|| It| ivanA-wan*-shou*, »zehntausendmal zehntausendfache Lebensdauer«.
14. Schmetterling als Symbol hohen Alters (vergl. Taf. I, Nr. 4).
15. Korb mit Pflaumenblüten (vergl. Taf. I, Nr. 1).
16. Schmetterling.
17. Kranich mit dem Kraut der Unsterblichkeit im Schnabel = Kao2-ling2, »das
hohe Alter des Kranichs«.
18. Schmetterling.
19. Blumenvase mit Blumen.
20. Hahn mit einem Hahnenkamm im Schnabel, chk-kuan1 -Kua1, wobei ^ kuan1,
Hut, im Sinne von 'j"*' kuan1, Beamter, Amtsrang, aufzufassen ist, so dafs sich die Devise 'p*
kuan1 - shang* chial-kuanT, »möge eine Rangerhöhung auf die andere folgen«, ergiebt.
Tafel IV.
1. Fledermaus — fu2, Glück.
2. Schmetterling.
3. Fledermaus, deren Flügel scepterartig stilisiert sind, = im m ju2-k-fie, »Glück
nach Wunsch«.
4. Schmetterling.
5. Desgleichen.
6. |!Upj lung2-ching1 -yü2, »Drachenaugen-Fisch«, eine Art Goldfisch mit hervor
quellenden Augen und vielfältig geteiltem Schwänze.
7. Fledermaus.
8. = Nr. 6.
9. Fledermaus.
10. = Nr. 6 und 8.
11. Fledermaus. \
12. Schmetterling.
13. Desgleichen.
14. — Nr. 6, 8 und 10.
15. Fledermaus.
16. Liing2 -ching1 -jü2 (vergl. Nr. 6) mit Lotusblume im Maule.
17. Schmetterling.
18. = Nr. 6, 8, 10 und 14.
19. Schmetterling.
20. Desgleichen.
21. Desgleichen.
22. Gardenia florida L (vergl. Taf. I, Nr. 10 und Taf. II, Nr. 16).
23. Fledermaus.
24. Schmetterling.
25. Desgleichen.
26. Fledermaus.
27. Schmetterling.
28. Blumenvase mit Blumen.
29. Hahn.
30. Schmetterling.
31. Desgleichen.
Zur Pekinger Volkskunde. 143
32. Desgleichen.
33. Desgleichen.
34. Desgleichen.
35- in ei3, Pflaumenblüte = mei3, jederzeit, ff chu2, Bambus = M chu*, erflehen,
Jtjr huei*, Osmanthus fragrans = "pf* kuei*, Ansehen, ling2 - chih1, das Kraut der Unsterblich
keit = ||^ ling2, hohes Alter, fu2, Fledermaus = fu2, Glück, >jvj|£ fao2, Pfirsich =
shou*, langes Leben, chiu3-Kuax, Chrysanthemum = ^ c/zzw3, dauernd, ergiebt demnach:
^LI ufj Up /K ^ mei3 chu* kuei*-ling2 fu2-shou*yung3-chiu3, »allezeit erflehen wir Ansehen,
hohes Alter, Glück, langes Leben und dauernden Bestand«.
36. lien2-Iiuax -cKan2, Lotusblume und Kröte, und
bestimmt, die zur Totenkleidung der Mandschufrauen gehören; sie illustrieren den Reimspruch:
§f—chcan2yix o2Kao3 kuo* Nai*-Ko2, »mit einer Kröte und einer Gans ist’s
leicht, den Nai-h'o zu überschreiten« (vergl. meine »Pekinger Totenbräuche« im Journ. of the Peking
Or. Soc. IV, p. 83). Die Lotusblume drückt den Wunsch aus, dafs die Tote, den Göttern gleich auf
Lotusblumen wandelnd, den Nai-h'o überschreiten möchte (ebendas, p. 82).
38. Eine Blume, die in Peking unter dem Namen yü*-mei3-jen2, »die liebliche
Maid«, bekannt ist, deren botanische Bedeutung ich jedoch nicht anzugeben vermag.
39. Gardenia florida L. (vergl. Taf. I, Nr. 10, Taf. II, Nr. 16 und Taf. III, Nr. 22).
40. Orchideen (vergl. Taf. I, Nr. 6).
Tafel V.
I. Kirschblüten als Muster für die mit einem Rande von schwarzem Atlas eingefafsten
Winterschuhe, sogenannte jang1 -fiao2-ts\83-hsieh2. Die Winterschuhe pflegten früher
auf Fell gefüttert zu sein und hiefsen: mao2-ivor, »Fellnester«; heutzutage werden sie nur
wattiert und heifsen daher auch: ts mien2-hsieh2, »wattierte Schuhe«.
2. Orchideen (vergl. Taf. I, Nr. 6 und Taf. II, Nr. 40), ebenfalls für Winterschuhe.
3. Kürbisse mit Blättern und Blüten = ^ |§ ts^-sun1 ivan*-tai3, »zehntausend Gene
rationen von Kindern und Kindeskindern« (vergl. Taf. I, Nr. 7, 11, 14 und 18 und Taf. III, Nr. 10).
4. Zwei Zweige mit Pflaumenblüten ohne Blätter (vergl. Taf. I, Nr. 1).
5. Narcissen (vergl. Taf. I, Nr. 20).
6. Gardenia florida L. (vergl. Taf. I, Nr. 10, Taf. II, Nr. 16 und Taf. III, Nr. 22).
7. Lotusblumen (vergl. Taf. I, Nr. 25 und Taf. II, Nr. 6).
8. Chrysanthemen (vergl. Taf. I, Nr. 13 und Taf. II, Nr. 31).
9. Kakifrucht + Scepter und Swastika + Kürbis, ergiebt die beiden Devisen: ♦♦#n
shih*-shih* ju2-i*, »mögen alle Angelegenheiten den Wünschen entsprechen«, und ts\&3-
sun1 wan*-tai3, »zehntausend Generationen von Kindern und Kindeskindern«.
10. Jasminblüten und Schmetterlinge = Vorteil bis ins höchste Alter (vergl. Taf. I, Nr. 17).
11. Das Zeichen g lisi3, Glück, Freude, f|| Jüan2, Citronen, hier = El J& sanx-yüan2,
die drei höchsten Grade, die bei den Staatsprüfungen erlangt werden können, und eine Lotusblume,
eine Glocke, chung1 — pfl chung*, bestehen, treffen, erlangen, jg| lien2 = j|| lien2, im Zu
sammenhänge, der Reihe nach. Daraus ergiebt sich der Wunsch: g Pfl TU ^Sl3 °hung* lien2yüan2,
»möge der Reihe nach der höchste Grad in den drei Staatsprüfungen erlangt werden«.
12. Lotusblumen (vergl. Taf. I, Nr. 25, Taf. II, Nr. 6 und Taf. V, Nr. 7).
13. Orchidee (vergl. Taf. I, Nr. 6 und Taf. IV, Nr. 40).
144 Wilhelm Grube:
Tafel VI.
1. Chrysanthemum (vergl. Taf. I, Nr. 13, Taf. II, Nr. 31 und Taf. V, Nr. 8).
2. Desgleichen.
^ 3. Ling2-chiK, das Kraut der Unsterblichkeit -f- Orchidee + Bambus + Pfirsich = J|A ^
hng* ton2 chuA-shou4, »bis ins höchste Alter erflehen wir ein langes Leben«.
4. Orchidee (vergl. oben).
5. Desgleichen.
6. Jasminblüten (vergl. Taf. I, Nr. 17 und Taf. V, Nr. 10).
7- JgLtör? ßng'-chih'-tstf3, vom Winde bewegte Gardenia florida L. (vergl. Taf. I, Nr. 10,
Taf II, Nr. 16, Taf III, Nr. 22 und Taf. V, Nr. 6).
8. ifEBÜfH) cKui2-fou2-ton2, Orchidee mit herabhängendem Kopfe.
9- ^ tsinA-cKiaorh\ Delphinium anthriscifolium Hce. Ursprünglich bezeichnet der
Name dieser Blume den Eisvogel, Alcedo bengalensis; da jedoch der Penis kleiner Knaben, weil er
noch unbehaart ist, hsiao3-cKiao>rh3, »kleiner (ungefiederter) Spatz«, genannt wird, zieht
man für die Blume den Namen jpg tsuf-ton2 vor (vergl. unten Nr. 27).
10. Blütenzweig von Osmanthus fragrans Lour. (vergl. Taf. I, Nr. 3).
11. Chrysanthemum (vergl. oben).
12. eil in2-niang2-ts\f3 (vergl. Taf. I, Nr. 4).
13. Jasminblüten (vergl. Taf. I, Nr. 17, Taf. V, Nr. 10 und Taf. VI, Nr. 6).
14. Orchideen.
15. yang2-fao2-KuaI, Blüten von yang2-fao2 (vergl. Bretschneider, Botanicon
sinicum, Nr. 188).
16. Gardenia florida L. (vergl. Taf. I, Nr. 10, Taf. II, Nr. 16, Taf. III, Nr. 22, Taf. V, Nr. 6
und Taf. VI, Nr. 7).
17. Orchideen.
yeK-li3 ts ang2 Kua1, »im Dunkel der Nacht verborgene Blume«, wobei
$ yeh4, »Nacht«, als Wortspiel für das gleichlautende jj|| yeh4, »Blätter«, zu deuten sein soll (also
eigentlich: »im Blätterdickicht verborgene Blume«), während Kua1, »Blume«, angeblich auf Mädchen
anspielt. Der Sinn entspricht demnach ungefähr unserem: »Im Dunkeln ist gut Munkeln«. Anständige
Frauen und Mädchen vermeiden, wie mir gesagt wurde, dieses Muster.
19. Lotusblumen mit Blättern und Knospen = Taf. I, Nr. 25.
20. Eichhörnchen, das an Weintrauben nascht = Taf. I, Nr. 2.
21. Gardenia florida L. (vergl. oben).
22. Bambus, bedeutet als immergrünes Gewächs soviel wie: cK ang2 - shou4
cKang2-cKmg1, »langes Leben und dauernde Blüte«.
23- chih'-tsifr, Gardenia florida L., und Kai3-fang2, Kirschblüten, soll in
dieser Zusammensetzung chiK-fang2, Studierzimmer, bedeuten.
24. Orchideen.
25. Desgleichen.
26. Zweig mit Pflaumenblüten ohne Blätter (vergl. Taf. I, Nr. 1).
27- tscuiA-cKiao’rhi, Delphinium anthriscifolium Hce., in einem Korbe, ||| lan2
~ jp li£ tsuf-ton2 (vergl. oben Nr. 9).
Tafel VII.
1. la3-pal-Kua1, Stechapfelblüten, Datura alba Nees (vergl. Taf I, Nr. 18).
2. Zweig mit Pflaumenblüten ohne Blätter (vergl. Taf. I, Nr. 1 und Taf VI, Nr. 26).
3. Die Elemente dieses Musters sind: zwei Kakifrüchte, ein Scepter, ein Silberbarren,
ein Schreibpinsel, ein Fisch und ein Svastika. Daraus ergeben sich die beiden Devisen:
Zur Pekinger Volkskunde. 145
piA-tingA ju2-iA, »möge es bestimmt nach Wunsch ergehen« (vergl. Taf. III, Nr. 2 und 4), und ^
wanA-shihA ju2-iA yu3-yü2, »mögen alle Angelegenheiten im Übermafs nach Wunsch
ausfallen«.
4. ln2, Räucherbecken = luA, reichliches Einkommen (?), und ping2, Blumenvase
= 2p. pcing*} Frieden; ergiebt: luA-p‘ing2, »reichliches Einkommen und Frieden«.
5. Dieses Muster enthält, von links nach rechts gezählt, folgende Bestandteile: zwei Kaki
früchte, shihA — l||.j||. shihA-shihA, alle Angelegenheiten, zwei Münzen, yen3-diien2
= Jren3-cKien2, vor Augen, gegenwärtig, eine Fledermaus, (&{§ fu2 = jjig fu2, Glück, ein
Chrysanthemum, AfE chhfl-Jiuä1 = chiu3, dauernd, ein Scepter, in Vf ju2-iA — nach Wunsch,
einen Pfirsich, ^ fao2 = || shouA, langes Leben, ein jgJI pan2-cKang2 (vergl. Taf. III, Nr. 4)
— cKang2, lang. Die Pflaumenblütenknospe scheint bedeutungslos und nur als ornamentaler
Abschlufs angefügt zu sein. Daraus ergeben sich folgende drei Devisen:
») fu2-shouA diiu3- dl ang2, »mögen Glück und Leben von langer Dauer
sein« = Taf. III, Nr. 4a.
b) eT shihA-shihA ju2-iA, »mögen alle Angelegenheiten nach Wunsch ausfallen«
= Taf. III^Nr. 2d.
c) Sa iR |JU fa2 tsaiAyen3-dfiien2, »möge das Glück vor Augen bleiben« (vergl. Taf. II,
Nr. 20). *
6. Pflaumenblüten, Kröte und Gans. Dieses Muster wird für Schuhe, die zur Totenkleidung
der Mandschufrauen gehören, verwendet, und zwar haben Kröte und Gans hier dieselbe Bedeutung wie
auf Taf. IV, Nr. 36 und 37. Die Erklärung der Pflaumenblüten bietet folgender Passus aus meinen
»Pekinger Totenbräuchen« (1. c. p. 82): »In der That hat das Wortspiel im chinesischen Volksbe-
wufstsein eine wesentlich andere, ungleich schwerer wiegende Bedeutung als bei uns, und oft ver
mag man kaum zu entscheiden, wo der Ernst aufhört und der Scherz beginnt. Besondeis eklatant
und charakteristisch in dieser Beziehung ist der folgende Fall. Bei den Mandschu heirscht noch
vielfach der Brauch, auf die Sohlen der für Tote bestimmten Stiefel eine Lotusblume zu sticken,
auf dafs sie, Göttern gleich auf Lotusblumen wandelnd, den Nai-ho, den chinesischen Styx,
überschreiten mögen. Die Chinesen hingegen pflegen heutzutage auf die Sohlen dei zur weiblichen
Totenkleidung gehörenden kleinen Schuhe entweder nur Pflaumenblüten oder Lotusblumen und
Pflaumenblüten zu sticken. Diese Abweichung von dem ursprünglichen Brauche findet ihren Grund
darin, dafs sich eines schönen Tages plötzlich die Kunde verbreitete, die Toten, deren Schuhsohlen
mit Lotusblumen bestickt waren, hätten schwer unter dem Zorne des Yen-lo-wang, des Fürsten
der Unterwelt, zu leiden. Da ward denn bald das schlaue Auskunftsmittel ersonnen, Pflaumen
blüten neben die Lotusblumen zu sticken, und die Schwierigkeit war beseitigt. Nun heifst die
Pflaumenblüte meh-Kua1, und da es ein gleichlautendes mei2 mit der Bedeutung: »nicht vorhanden
sein«, giebt, so liefs sich die Kombination von Lotusblumen und Pflaumenblüten unschwer als Rebus
verwerten und, mit Substituierung des zweiten mei2 für das erste, als mei2 - lien2 - h ua1,
d. h. »es sind keine Lotusblumen dabei«, lesen.« In dem gegebenen Falle bedeuten also die Pflaumen
blüten einfach: {^.4^ meri-hua1, »es sind keine Blumen dabei«, indem unter Blumen Lotusblumen
gemeint sind. .
7. Lotusblume mit Kröte und Gans. Dieses Muster ist seinem Sinne nach identisch mit
Taf. IV, Nr. 36 und 37.
8. Bambus und Schmetterlinge = JjlfJ jj chuA-tiehA, »wir beten um ein langes Leben«.
9. Muster für die Bänder, mit denen die Frauen oberhalb des Schuhes ihre Knöchel um
winden, ffy |$JSI JS chiao’rh2-tf kcuA- fui’rh3: fo2-shou3, Granatäpfel, Fledermäuse und Pfirsiche
= m fu2-shouA san1 tor oder to'-fu2 to'-shou* to'-tstf2, »reichliches
Glück, reichliche Langlebigkeit und reichlichen Kindersegen« (vergl. S. 36).
10. Muster für denselben Zweck. Die Zusammenstellung: ^ JUHt cKin2 ch i2 shu1 h uaA,
Laute, Schachspiel, Bücher und Bilder, spielt auf die vier hauptsächlichsten Liebhabereien der Ge
bildeten an (vergl. Taf. II, Nr. 12). .
11. Muster für denselben Zweck: Jrang2~t ao2-h uax (veigl. Taf. VI, r. 15
Schmetterlinge.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
19
146 Wilhelm Grube:
Tafel VIII.
1. Muster für Winterschuhe. K$|J IJÄ ?£ la?-pa'-Kua', Stechapfelblüten, Datura alba Nees
(vergl. Taf. I, Nr. 18 und Taf. VIII, Nr. 1).
2. Muster für Winterschuhe. /\ anA-pa-hsien\ die Attribute der acht Genien
(vergl. S. 96).
3- Stechapfelblüten (vergl. Nr. 1).
4 y\< fii) shui^-hsien1, Narcissen (vergl. Taf. I, Nr. 20 und Taf. V, Nr. 5).
5- Kirschblüten.
6. Desgleichen.
7. Stechapfelblüten (vergl. Nr. 12).
8. Orchideen.
9. shuang'-tsc eng2-shui3-hsien,1, gefüllte Narcissen (aus dem Westen eingeführt;
die chinesischen sind stets ungefüllt, tan1-ts eng2).
1 o. [dtj jV|f hsi1-fan1 - lien2, Passiflora caerulea L.
Ir- (vergl. Taf. VI, Nr. 15 und Taf. VII, Nr. n).
12. Bambus, in derselben Bedeutung wie Taf. VI, Nr. 22.
13. Hund.
14 bis 18. Die fünf giftigen Tiere: Schlange, Skorpion, Kröte, Tausendfufs und Eidechse,
beziehen sich auf das Fest tuaW-wu3 (vergl. S. 69).
19. Orchidee.
20. Zwei Katzen, mao1 — J||) maoA, achtzigjährig, hochbetagt, drücken den Wunsch
aus, dafs die Person, für welche die Stickerei bestimmt ist, ein hohes Alter erreichen möge.
21. Eine Vase mit Orchideen.
22. Kirschblüten.
23. Pflaumenblüten mit Schmetterlingen (vergl. Taf. I, Nr. 15).
24- Ä^/02 - shou3 (vergl. Taf. VII, Nr. 9) mit Schmetterlingen = <|||||| tieh4-shouA, »hohes
Alter und langes Leben«.
Tafel IX.
1. Mäandermotiv, Km2-wen2, für Winterschuhe.
2. CKm2-niang2-ts\£3 (vergl. Taf. I, Nr. 4 und Taf. VI, Nr. 12).
3. Mit Blumen gefülltes Mäandermotiv, taiA-Kna'rh}-Kui2 - wen2.
4. Orchideen.
5- Schmetterling.
6- »o ton1 -tu4-k‘ou3, Halsrand für einen Kinderbauchschurz, tou'-tu4 (vergl. S. 6).
7. Jasminblüten (vergl. Taf. I, Nr. 17, Taf. V, Nr. 10 und Taf. VI, Nr. 6 und 13).
8. Gardenia florida L. (vergl. Taf. I, Nr. 10, Taf. II, Nr. 16, Taf. III, Nr. 22, Taf. V, Nr. 6,
Taf. VI, Nr. 7, 16 und 21).
9. Orchidee.
10. Lotusblume mit dem »drachenäugigen Fisch«, ^ lung2-ching1 -yü2 (vergl. Taf. IV,
Nr. 6, 8, 10, 14 und 18).
11. Gardenia florida, L. (vergl. oben).
12. Narcissen (vergl. Taf. I, Nr. 20, Taf. V, Nr. 5 und Taf. VIII, Nr. 4).
13. Lotusblume mit lung2 - ching1 -fii2 — Nr. 10.
14. Kirschblüten.
15. Chrysanthemen, ^ 4g chiu^-Kua1 = chiu3, dauernd, nach Art der ^^ fo2-shou3
stilisiert, soll vermutlich auf den dauernden Bestand der drei Glücksgüter (Glück, langes Leben und
Kindersegen) hindeuten.
Zur Pekinger Volkskunde. 147
16. Kirschblüten.
17. Zwei kämpfende Schmetterlinge als Muster für Winterschuhe.
18. Dieses Muster enthält, von links nach rechts gezählt, folgende Bestandteile: eine Fleder
maus mit zwei Münzen, dann ein sogenanntes ff fang1-sheng4, nämlich eine Figur, die aus
zwei ineinander greifenden Vierecken besteht und vielleicht im Sinne des nahezu gleichlautenden
ff ^ fangx~ sheng2, »blühender Zustand«, zu deuten ist; identisch mit dieser Figur scheint der so
genannte »Knoten«, chieh2-ts^e3, als Glücksemblem zu sein (vergl. Gaillard, Croix et Svastika
en Chine [Varietes Sinologiques Nr. 3], Shanghai 1893, p. 22). Dann kommen zwei Kakifrüchte,
Scepter, Silberbarren mit Schreibpinsel, Klangstein, Fisch und Swastika. Daraus ergeben sich
folgende Kombinationen:
a) Fledermaus und Münzen = ijlg fjj^. ]gy fu2 tsai4 yen3-cliien2, »das Glück sei vor
Augen« (vergl. Taf. II, Nr. 20 und Taf. VII, Nr. 5c).
b) ff ^ f'ang1 -sheng4 — ff ^ fang1-sheng2, »blühender Zustand«.
c) Schreibpinsel + Silberbarren-f Scepter = T§T pi4-ting4 ju2-i4, »möge es be
stimmt nach Wunsch ergehen« (vergl. Taf. III, Nr. 2c).
d) Swastika + Kakifrucht + Scepter = wan4-shih4 ju2-i4, »mögen alle An
gelegenheiten nach Wunsch ausfallen« (vergl. Taf. III, Nr. 4e).
e) Fledermaus + Klangstein + Fisch = fl® J|§ Tfl j|£ /«2-cKing4 yn3-yü2, »Glück und
Heil im Übermafs« (vergl. Taf. III, Nr. 8 a).
19. ^j^\ifyiyang2-fao2-lina1 (vergl. Taf. VI, Nr. 15, Taf. VII, Nr.u, und Taf. VIII, Nr. 11).
Tafel X.
1. Muster für eine Gürteltäschchenklappe, shih2- lien’rh*- kai4: Gardenia florida L.,
Kirschblüten, Chrysanthemum und Osmanthus fragrans.
2. Desgl.: drei glückbringende Spielkarten, nämlich: A f t! h ung2 -Jen w. %%
chin3-so3 und fl cKienx-ivan4, auch lao3-ch‘ien’rht genannt. Wer diese drei Karten
besitzt, gewinnt.
3. Desgl.: blühendes Pflaumenbäumchen mit Pfister und Schmetterling. Daraus ergeben
sich folgende beiden Kombinationen:
a) ä hsi3 - dl üeh4 mei3 teng, »möge die Elster überall hinkommen« (vergl.
Taf. II, Nr. 34).
b) $1 IlfJ hivi-tieh4 nao4 mei3, »ein Schmetterling, der Pflaumenblüten umflattert«
(vergl. Taf. I, Nr. 15).
4. Desgl.: cKen2-lou2, Fata morgana (= cKunx, Frühling), auf in Gestalt des
Krautes der Unsterblichkeit, J||4jL ling2-chihl (= jÜ chih4, gelangen), stilisiertem Schaume aus den
Wellen hervorsteigend, ferner ein Sonnendiskus (= 0 jih4, Tag), ebenfalls auf ähnlich stilisiertem
Schaume ruhend, eine Fledermaus = fu2, Glück, und ein Fisch — ^ yü2, Übermafs. Daraus
ergiebt sich die Devise: fl®Jfff;§ 0 ßi su^ diun2 jih4 chih4 yu3 yü2, »Glück im Gefolge
des Lenzes möge alle Tage in Fülle Zuströmen«.
5. Desgl.: Orchideen.
6. Desgl.: Löwe.
7. Desgl.: Fledermaus, Pfirsich und fo2-shou3 = flfg|||££ff? fu2-shou4 san1 to1, »Glück,
langes Leben und Kindersegen« (vergl. S. 36).
8. Desgl.: Swastika mit Fledermäusen = flfg ivan4-fu2, »zehntausendfaches Glück«.
9. Desgl.: die »acht Kostbarkeiten«, /\ pax-pao3 (vergl. Taf. III, Nr. 4).
10. Desgl.: fünf Päonien = §£ fu4-kuei4 cKi2-yü2, »Reichtum und Ansehen im
Übermafs«.
11. Muster für einen Tabaksbeutel, yen1-li o2-paox, in Form einer Vase mit
Orchideenmuster.
19'
148 Wilhelm Grube: Zur Pekinger Volkskunde.
12. Muster für ein Uhrfutteral, piao^-fao4: Orchideen und Schmetterling = p|
tiete-lan2, »möge das Ende erst im höchsten Alter eintreten« (vergl. Taf. I, Nr. 11).
13. Muster für eine Gürteltäschchenklappe: Jg lu\ Hirsch == lu\ »reichliches Ein
kommen«.
14. Desgl.: Schmetterling.
15. Desgl.: Schmetterling.
16. Desgl.: lung2 - ching1 -jpü'2, in den vier Schwanzblättern die Blumen der vier Jahreszeiten
(vergl. Taf. IV, Nr. 6, 8, 10, 14 und 18 und Taf. IX, Nr. 10).
17- Desgl.: gesatteltes Pferd.
18. Muster für ein Brillenfutteral: Orchideen mit Schmetterlingen = Nr. 12.
Deutscher Index,
Abreiben des Kindes nach überstandenen Pocken 60.
Abschiedsmahl der Braut 30.
Affe, symbolische Bedeutung desselben 95.
Ahnentafeln 52. 53.
Ahnentempel 45. 46.
Allerseelenfest 64. 78 fif.
Alte, der, im Monde 83.
Amitabha 40.
amrita 79.
Amulette 69 fif. 73.
Anbetung des Himmels und der Erde seitens der Neuver
mählten 22.
Apfel, symbolische Bedeutung desselben 19. 21. 22. 27. 60.
Aprikose, symbolische Bedeutung derselben 36.
Artemisia 3. 5. 70.
Atlas, für Totengewänder unzulässig 37.
Bad des Neugeborenen 3 fif.
Ballspiel 71. 72.
Bambus 139. 140. 143 ff.
Bauchschurz für Kinder 6.
Bauernkalender 87 ff.
Becken, »das Becken nachfüllen« 4. 5.
Besuche des elterlichen Hauses seitens der verheirateten Töchter
27. 28; — erster Besuch am dritten Tage nach der Ver
mählung 27; — Besuche des elterlichen Hauses im 1. Monate
nicht gestattet 28; — Tage, an denen der Besuch des elter
lichen Hauses nicht gestattet ist 74.
Bettler, am Tage des Siegelverschlusses straffrei 99.
Biene, symbolische Bedeutung derselben 95.
Birne, ominöse Bedeutung derselben 29.
Blinde Sänger xoi.
Blitzgöttin 57.
Blumen als Sinnbild der Jungfräulichkeit 24.
Blumenvase 145.
Brautanzug 30.
Brautaussteuer 32 fif.
Brautbett 18. 19.
Brautgemach 15. 19- 21 fif. 25. 31; — vier Arten von Per
sonen, denen das Betreten des Brautgemachs verboten ist 19.
Brautgeschenke 15 ff- 29.
Brautsänfte 17. 20. 31.
Brautschleier 18. 22.
Brautschuhe 20. 23.
Brücken aus Papier, die am 60. und am 100. dage nach dem
Tode verbrannt werden 45.
Buch, symbolische Bedeutung desselben 95.
£akyamuni 53. 62.
Cassiabaum im Monde 83.
Ceremonie des gemeinsamen Weintrinkens bei der Ehe
schliessung 15. 31.
Ceremonie des Weintrinkens der Ehrendamen bei der Ehe
schliessung 26.
Ch'ing - ming - Fest 28.
Chrysanthemum 94 ff. 138. 140. 141. 143 ff.
Chrysanthemumfest 84 fif.
Citrone 140. 141. 143.
Civildramen 119. 120.
Confucius 56. 102.
Cyklische Tiere, vor denen man sich bei der Hochzeitsfeier zu
hüten hat 15; — solche, die bei Leichenfeiern zu vermeiden
sind 15.
Dämon eines Erhängten 80.
— mit der hohen Mütze 80.
— mit dem Pferdeantlitz 80
— mit dem Rindskopf 80.
— der Vergänglichkeit 80.
Darbringung von Winterkleidern für Tote 86.
Delphinium anthriscifolium Hce. 144.
Dharani-Decke 37.
Dilettanten (Schauspieler) 118.
Diospyros kaki 52.
Donnergott 57.
Drachenkönig 56. 75-
— der vierte goldene 54.
Ehen, drei Arten von unzulässigen XI.
Ehevermittler 10. 29. 30.
Ehrendame, die die Braut aus dem elterlichen Hause abholt
15. 17. ff.
— die die Braut ins Haus ihres Ehegatten geleitet 15. 19.
Ehrendamen, die mit der Überbringung der Brautgeschenke
betraut sind 12 fif.
Ehrenwache am Sarge 41.
Eier als »Glücksfrüchte« 4.
Einladung zur Hochzeitsfeier 15.
Eiswasser, das während der Hundstage kostenfrei verabfolgt
wird 76.
Elefantenbad 74.
Elster 140. 147.
Empfangsfest 81.
Erbsen 66 ff.; — symbolische Bedeutung derselben 60.
Erdopfer 61.
Fächer 140. 141.
Fahnen mit bildlichen Darstellungen der 24 Beispiele kind
licher Pietät 45.
Fasten 47.
Feier der Vollendung des ersten Monats 5. 6.
Wilhelm Grube:150
Feier der Vollendung des xoo. Tages 7.
Fest der Sommersonnenwende 29. 69 ff.
Festordner bei der Hochzeitsfeier 31.
Feuerbecken, Uber das die Brautsänfte hinweggehoben wird 21.
Fisch, symbolische Bedeutung desselben 25. 36 ff. 139— 141.
144. 147.
Flaschenkürbiss, vergl. Kalebasse.
Fledermaus, Emblem des Glücks 94. 138 ff. 145. 147.
Gans 143. 145.
Gauklervereine 65. 102 ff.
Geburtsfest Buddhas 66.
Geburtstage und deren Feier 100.
Gefäss mit den fünf Getreidearten 18.
Gehversuch, der erste 7.
Geleitfest 81.
Genien, die acht 6. 96.
Geomant 15.
Geschenke, die die neuvermählte Frau unter die Hochzeits
gäste verteilt 26.
Geschichtenerzähler 101.
Geschlecht des Neugeborenen, an der Lage des Kopfes bei
der Geburt erkennbar 2. 3.
Getreidearten, die fünf 18.
Glocke 143.
Glücksfrüchte 4. 5. 29. 32.
Glücksgetreide 18. 21.
Glücksgott 24. 48. 61.
Gott, der über die neun Drachen gebietet 54.
— der Brunnen und Quellen 58.
— des Erdbodens 56. 61.
— der Erde 56.
— des Feuers 55. 68.
— der Getreidemafse 54.
— des Hagels 57.
— des häuslichen Herdes 25. 58. 61. 82. 91.
— der Heilkunde 52. 55. 67.
— der Heuschrecken 62.
— des Himmels 55.
— der Hunde 56.
— des langen Lebens 6. 31. 55. 95.
— der Litteratur 55.
— des Nordens 55.
— des Ofenfeuers 56.
—- des östlichen heiligen Berges 55.
— der Pferde 56. 75.
— des Pflaumenbaumes oder der Pflaumenblüte, Schutzpatron
der Färber 55.
— des Pueraria Thunbergiana 55.
— des Regens 57. 58.
— der Saaten 56.
— der Wege 62.
— der Wege als Schutzpatron der Gastwirte 54.
— des günstigen Windes 56.
Götter der Freude und des Ansehens 56.
— die über Jahr, Monat, Tag und Stunde herrschen 57.
Götterschrein 25. 52.
Göttin der Abtritte, verleiht Geschicklichkeit in Handarbeiten 77.
— des Augenlichts 58. 68.
— der Barmherzigkeit 56.
— des Erdbodens 61.
— der Erde 62.
— die die Geburt überwacht 58.
Göttin, die Nachkommenschaft verleiht 58.
— des Tou-Gestirns 61.
Göttinnen, die drei 52-
— die neun 4. 58- 60.
Grabstätte, erster Besuch derselben seitens der neuvermählten
Frau 27. 28.
Granatapfel 36. 52- 94- *38. 145.
Grün, bezieht sich auf den Mann 32.
Haar, dem Kinde abrasiert und in die für die Pflegemutter be
stimmten Schuhe eingenäht 8; — Austausch des Haares von
Braut und Bräutigam 30; — Haar, ein Produkt des Blutes 30.
Haarnadeln für Tote 37-
— mit Darstellungen der fünf giftigen Tiere zur Abwehr böser
Einflüsse 73.
Haartracht der verheirateten Frauen 24. 26.
Haarwäsche der Frauen und Mädchen am 6. Tage des 6. Monats 74.
Hahn 142.
Hahnenkamm 142.
Halsschloss als Amulett 6.
Halsschnüre als Amulette 6. 9. 46.
Hanswurst 105.
Hebamme 2.
Hellebarden 42. 43; — symbolische Bedeutung derselben 31.
32- 139-
Herdopfer 51.
Hirsch, symbolisiert reichliches Einkommen 43. 95. 148.
Hirschfelltrommeln 89 ff.
Hitzblattern, durch den Genuss frischen Wassers am Tage des
Herbstanfanges hervorgerufen 75.
Hochzeitsbräuche der Chinesen 29 ff
— der Mandschu 10 ff
Hochzeitsfeier 17 ff.
Hochzeitsgeschenke 25.
Hochzeitskerzen 23.
Hochzeitsstandarten 29.
Höllenkönige, die zehn 80.
Höllenrichter 79 ff. 116. 117.
Holzhacker 107.
Holzkohle zur Abwehr böser Geister 19.
Honig und Öl in der Hochzeitslampe 23.
Hühnerzunge, symbolische Verwendung derselben 7-
Hund, weisser, am 8. Tage des 8. Monats in die Erde ver
scharrt 82.
Hundstage 76.
Insekten ausräuchern 63.
Jasminblüten 138. 139. 143. 144. 146.
Jujuben, symbolische Bedeutung derselben 4.
Kakifrucht 139 ff. 143 ff. 147.
Kalebasse zur Abwehr böser Geister 69 ff. 97-
Kalender 88; — als Talisman gegen böse Einflüsse 20.
Kamm, symbolische Verwendung desselben 4. 5.
Kastanien, symbolische Bedeutung derselben 4. 29. 52.
Katze, symbolisiert hohes Alter 139. 146.
Khakkhara 37. 79.
Kirschblüten 138. 140. 141. 146. 147.
Klangstein, symbolische Bedeutung desselben 32. 60. I39ff. 147.
Knöpfe, an Totengewändern unzulässig 37.
Zur Pekinger Volkskunde.
Kondolenzgeschenke 39.
Kranich, symbolische Bedeutung desselben 43. 95. 139. 142.
Kraut der Unsterblichkeit 138. 140 fr. 147.
Kriegsgott 52. 74. 75.
Kröte 143- J45-
Krötensaft, am 5. Tage des 5. Monats gewonnen 73'
Kuan-yin, die weifsgewandige kinderspendende 59.
Kuchen mit Darstellungen der fünf giftigen Tiere zur Abwehr
böser Einflüsse 74.
Kuhhirt und Weberin 76 ff.
Kunstfertigkeit in Handarbeiten 77 ff.; — Erprobung derselben 78.
Kürbis, symbolisiert Kindersegen 139. 141. 143.
Lachfest 81.
Lampen, schwimmende 82.
Laternenfest 29. 49 ff.
Leichendecke 37.
Leichenzug 42 ff.
Libation 38. 41.
Libationstisch 38.
Liebeszauber 107.
Lotusblume 94. 138. 139. 143. 144.
Löwen, Aberglaube in Betreff derselben 97.
Mäander-Motiv 141. 146.
Mädchenfest 74* 77-
Mahl, gemeinsames, am Neujahrsabend 93.
— gemeinsames, der Neuvermählten 23. 31.
Maitreya 53-
Manjugff 61.
Maudgalyayana 37. 56.
Mehlkügelchen bei der Totenmesse und ihre angebliche Be
deutung 39 ff.; — als Schiefskugeln des Chang-hsien 69.
Melonen 83.
Messer, Gebrauch desselben am Neujahrstage untersagt 47.
Milch, Ausbleiben der 3.
Militärdramen 119. 120.
Mitgift 18.
Mittherbstfest 82 ff.
Mondfest 82 ff.
Mondhase 83.
Mondkuchen 52. 83.
Moxa 4. 5’
Münzen als Amulett 10. II. 96; — in Stickmustern 139. i4S-
147.
Nabelschnur, Abschneiden der 3.
Nachgeburt, Vergraben der 3.
Nachkommenschaftskuchen 20. 22.
Namengebung 7.
Narcissen 138. 143. 146-
Nephelium lichi, Früchte von, und ihre symbolische Bedeutung
29. 52.
Nephelium longan, Früchte von 4- 29- 52-
Neujahrsabend 93.
Neujahrsfest 47 ff.
Niederkunft 2.
Niesen am Neujahrsmorgen 49.
Opfer, das dem Gotte des häuslichen Herdes seitens der Neu
vermählten dargebracht wird 25; — das seitens der Neu
vermählten dem Himmel und der Erde dargebracht wird
22. 31,
151
Opferdarbringung für die Pockengöttinnen 59.
Opfergaben für den Reichtumsgott 49.
Opfergeld 5. 22. 39.
Opferpapier 38. 60.
Opferpyramide bei der Totenmesse 39.
Opfertiere 46.
Orchideen 138 ff. 143. 144. 146 ff.
Osmanthus fragrans, symbolische Bedeutung desselben 95.
138. 140. 141. 143. 147-
Pansflöte, symbolische Bedeutung derselben 94.
Päonie, symbolisiert Reichtum und Ansehen 94 ff. 138. 140.
141. 147.
Papiergegenstände, die zum Verbranntwerden bestimmt sind
39. 40. 60.
Perlen, an Totengewändern unzulässig 37-
Pfeile, die der Bräutigam zur Abwehr böser Einflüsse ab
schiefst 18. 21.
Pferdeschwemme 75.
Pfirsich, symbolische Bedeutung desselben 36. 52. 94fr. 138fr.
143 ff.
Pflaumenblüten 137 ff. 142 fr.
Pflegeeltern 8.
Pinsel 140. 141. 144. 147.
Pockengötter 56.
Pockengöttinnen 59 ff.
Polterabend 31.
Possen 120.
Quacksalber 105.
Rasselstab der Bettelmönche 37. 79.
Raubritter 105.
Räucherbecken 145.
Räuchern zur Abwehr böser Geister 9. 18.
Reichtumsgott 48—50. 52—-54. 56. 61.
Reichtumsgötter, fünf 55.
Reichtumsgöttin 61.
Reiterspiele 71. 72*
Repräsentant des Toten 45.
Ringkämpfe 61.
Rollenfächer x 20.
Rot, glückbringende und böse Einflüsse abwehrende Farbe
13. 17; — bezieht sich im Gegensatz zu Grün auf die Frau 32.
Sängerinnen 99 ff.
Sattel, den die Braut überschreitet 18. 22.
Scepter 12. 13. 29. 139 ff. 144. 145- H7-
Schamanen, mongolische 92.
Scharlachgöttin 58.
Schaukeln 65.
Schauspieler 117 ff.
Schauspielerinnen 100.
Schicksalsstern 51.
Schiefsübungen für Militärbeamte im 10. Monat 86.
Schiff aus Papier, das am 60. und am 100. Tage nach dem
Tode verbrannt wird 45; — Papierschiff, das am Allerseelen
feste verbrannt wird 79 ff.
Schilf zur Abwehr böser Einflüsse 70.
Schlachten des Opfertieres 46.
Schloss, silbernes, als Amulett 8.
Schmetterling, symbolisiert hohes Alter 138 ff I42- r43- J45
152 Wilhelm Grube: Zur
Schnur, rote, als Lampendocht, Symbol des Kindersegens 23.
Schnüre, bunte, am 5: Tage des 5. Monats zur Abwehr böser
Einflüsse verwendet 73.
— fünffarbige, als Amulett in den Zopf geflochten 70.
Schuhe aus Schilf zum Feste TuatlJ -wu? 73.
— die Kindern zum man? -yüeh4 geschenkt werden 5. 6.
Schutzgott der Branntweinbrenner 59.
— der Gärtner und Blumenhändler 61.
— des Hausthores 58. 62.
— der Kohlengruben 56.
— lokaler 58.
— der drei Lehren 58.
— der Kornspeicher 55.
— der öffentlichen Getreidespeicher 58.
— der Rinder 58.
— der Schiffer 56.
— der Thüren 58. 62.
— der Zimmerleute, Töpfer, Schmiede und Steinmetzen 61.
Schutzgötter des Hauses, die sechs 58.
— des K'ang 3. 57.
Schutzgöttin der Frauen 58.
— der Kinder 61.
— der Münze 56.
Schutzpatron der Arbeiter an den Münzen 56.
— der Artillerie 55.
— der Barbiere 68.
— des Buddhismus 62.
— der Färber 55.
— der Gastwirte 54.
— der Geschichtenerzähler 102.
— des Hauses 94.
— der Markthändler 56.
— der Stiefelverkäufer 87.
— der Taschenspieler und Vertreter der Magie 68.
— der Töpfer 62.
Schutzpatrone der Schauspieler 118 ff.
Schutzpatronin der Pilger auf den Miao4-feng1 - shan1 66.
Schwangerschaft 1. 2.
Schwefelblüte als Talisman gegen die fünf giftigen Tiere 69. 73.
Schwein als Opfertier 46. 86.
Seelen, abgeschiedene, die als solche nochmals den Tod er
leiden 117.
— obdachlose 44.
Seelenbanner 38. 45.
Sesamstengel, am Neujahrsabend unter das Vordach gesteckt 97.
Siddharta, Geburtsfest des 64.
Sieb, symbolische Verwendung desselben 4. 5. 31.
Siegel, symbolische Verwendung desselben 95.
Siegelöffnung 99.
Siegelverschluss 98. 99.
Silberbarren 140. 141. 144. 147.
Sophora japonica 3.
Spatenstich, erster, für einen Hausbau 61.
»Speicher füllen« 62.
Spielkarten 147.
Stadtgott 62.
Sterne, 72 glückbringende und 36 unheilbringende 51.
Sternenfest 51. 52.
Pekinger Volkskunde.
Strohhund, Schiefsen nach demselben 92.
Swastika 96. 140 ff. 147.
Tabernakel 38.
Tanne als Symbol langen Lebens 44.
Tempelfest des Pc? -yür? - kuan4 62.
Teufel, der das Öl aus den Buddha geweihten Lampen ent
wendet 112. 117.
Theater 117; — Zuschauerraum 119 ff.; — Bühne 120.
Theatervorstellungen für Frauen 121.
Thürgeister 93.
Thüropfer 51.
Thürschmuck bei der Hochzeitsfeier 17. 24.
Tiere, die fünf giftigen 69 ff. 146.
Tierfiguren aus Chenille zur Abwehr böser Einflüsse 73.
Tiger 69.
Töchter der Mandschu, Ausnahmestellung derselben 45.
Totenbahre 41. 44-
Totenbräuche 36 ff.
Totengewänder 37.
Totenlampe 38.
Totenlitanei 40. 41.
Totenmesse 39.
Trauerceremonie 38 ff.
Ullambhana jS.
Veda 62.
Vereine, religiöse 65.
Verlobungsgeschenke 11 ff. 18.
Volksbelustigungen 99 ff.
Votivgaben 58.
Wachtelkämpfe am 9. Tage des 9. Monats 85.
Wage mit Gewichten, symbolische Bedeutung derselben 4. 5.
Wagestange, symbolische Bedeutung derselben 30.
Wahrsager II.
Wallfahrt auf den Miao4-feng1-shan1 65.
Weberin, verleiht Geschicklichkeit in Handarbeiten 77.
Wehklagen bei der Leichenfeier 41.
Weidenzweige und mit diesen verbundener Aberglaube 64.
Weihwasser 40.
Wetterprophezeiung 87.
Wettrennen 63. 64.
Wettschiefsen 70. 71; — auf Tiger 84.
Windgöttin 57.
Wintersonnenwende 87 ff.
Witze, obscöne, bei der Hochzeitsfeier 25. 31.
Wöchnerin 3; — Beglückwünschung der Wöchnerin durch die
Hebamme 3; — Besuche der Wöchnerin und mit diesen
verbundener Aberglaube 3.
Wortaberglaube 29. 37. 48.
Wortspiele 4. 9. 25. 31. et passim.
Zahl, gerade und ungerade 29. 45. 64. 78.
Zuckerwerk, ins Herdfeuer geworfen 91.
Zwiebeln, symbolische Bedeutung derselben 4. 5.
Chinesischer Index.
ai4-iz 70.
ai4 -jung2 4- 5-
ait-kao1 7°-
ai4 - ts^e3 -J-* 70.
Ai3-ts^e3 -kuei3 MA-% SO.
■ ■ . -4 1.
ai4-yeh4 3.
an4-pa1-hsienI Qjj /\ f|i| 96. 146.
an1 - fs^e3 Sfi1 18. 22.
Chci2 -pcan4 - kuan1 |0lj =j^lj 112.
chan4 - fang2 töW -
Chan3 - Kuang2 -pcao2 fJfÄffi 109.
Chang1 - hsien1 SSfiii 69.
Chang1 - lao3 - hsiang4 - kung1 57-
chang3 - pan1 -ti1 Ä1K1 99 ff-
Chang1 -1 Ken1 - shih1 SS 3c Biß 69
Chao4-chia1-lou2 127fr.
Chao1 -ts‘ai2-tcung2-ts$e3 ^ fft M 59-
che2-so3 IO-
Chen1 - wu3 - hsüan2 - tKen1 - ta4 - ti4 JM.
55-
cheng4 - tan1 ]Ea 120.
cAi'2 @( 3i- 32-
chi4-hsingJ /U 51
Chi4 - kung1 - chuan4 ^ 69. 127.
cAz4 - men2 51 •
cAi4 - tSrtO4 #*t 5..
chi4 - wen2 46.
CAia1 - cAm'2 - liu4 -shen2 =£7 y*C jp$ 58-
chia1-kuan1 ifc 94-
chiang4-chün1 -t‘an4 7)!^ Ip. /TJc *9-
Chiang1 - Ko2- hsiao3 - sheng4 /X ?pj /]> §1 59-
chiao1-pei1 31.
chieh4 - chih3 fÄ4B '*•
chieh2 -fa2-fu1 - cKi1 7^ 3c J§|: 30.
chieh2-hcui4 103.
chieh2 -kü3 89.
Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde.
chieh1-san1 ^—3^ 39-
chieh1 - shen2 Jj]|j3 93.
chieh1 - sheng1 WA -
chien4 117.
42.
22.
chih2 - sAz’A4
chin1 - chiü3
chin1 - cKiao2 ^ 45.
Chin1 - /w2 - sheng4 - ku1 56-
CAm1 - hing2 - s^e4 - tai4 - wang2
chin1-mi3 23-
cAm1 - sAtm1 4:lii 40.
CAm1 - shan1 - s^e4 ^Ui^ 130. 131.
chin4 -yüan2-pao3- cKe5 5^ yjj jfl 97-
ching4 120.
ching4 - chih3 60.
Ching1 - cliung1 - miao4 ^pj 118.
Ching3 - cKüan2 - lung2 - wang2 75-
Ching3 - cKüan2 -tcung2 - tajre3 58.
cAm3 - chiü3 %% 87ff
cAm3 - chiü3 - hsiao3 - Kan2 - Vu2 jiLAMU
chiü3-lien2-Kuan2 37- 79-
chiu3 Liu2 so3 |f|] ^ 9-
Chiü3 - lung2 - chih1 -shen2 XMZnft 54-
chiü3 - niang2 - niang2 iß 4.
chiu3-so3 ^f(j 147-
Chou4 -wang2 M3E 53- ll9-
chu3-chi4 46.
Chu4-chia1-chuan g1 108.
chu4 - niang2 - chia1 ^X 2^-
chu1-sha1-chou1 90.
eAn1 -Lien1 - tsung3 - sheng4 f^f ^
chuan3-chou4 39-
Chung1 - cKiu1 -chieh2 82.
chung1 -fan1 io3-
Chung1 - Kuo2 - chieh2 415fa# «s.
Chung1 K'ueC ftfl llH 94.
Chung1 - tou3 - hsing1 - chün1 4* 61.
154 Wilhelm Grube:
Chü4 -pao3 - chao1 - tscai2
Chü3-ting3 kuan1 -Kua4 ^
chiieh2 - s/m3 ÄS
chiin4-ku3 109.
chün4-lo2 109.
54.
ffiS x33- x34-
cK an2-ching1 40.
cK an4 -mu3 jt# 3.
diangt-cliurh'-ti1 P|| ($} 99.
cKang2-ming4- teng1 tffj JM 23-
cKao2-chieh2 m# 70.
cK en4 -kung4 fjg fit 52.
cKen2 - lou2 nt# 96. 147.
CKeng2-Kuang2-chih1 -shen2 ^ j|j||j 62.
CKeng2 - Kuang2 -yeh2 tyfc (5 8o.
cKeng4-kan1 {'f 30.
cKeng4-Ko4 4- 5-
c/z'z1 -/zs/1 76 ff.
cKK-hsing1 - ts^e3 i|l -jp* 5.
cKi2-lin2 jSJtfH 95-
cKiao2-fu1 tH xo7-
cli ien2 tjjffo 3. 30.
cKien1 -chang1 “p ijr|| 5. 22. 60.
cKien1 - kuan1 t‘*[ ! 41-
Oi ien2 - Kun1 - tai4 ^ 121 ff.
di"ien2 - Hang2 -p"en2 50.
CK ien2 - hing2 - ti4 -pao3
cKien1 -Kung3 68.
di"ien2 - tsao4 tji£j 11.
cKien1 -u>an4 ^ 147.
cKih2-yiian2-fan4 \VfL |[j| %fj^ 25.
CKin2 Qi hing2 f^k 93 ff.
cKin2 - lang’i'h 2 »BBJS
chW-tao'rh* Ifill gf lg ,2,.
r c • ^ch mg4 ^ 32. 140.
CKing1 - lung2 - chih1 - shen2 ^ ^ ^ jjjtjj 59.
CKing1 -miao2 - chih1 - shen2 pp jj-j 4^ JJjljj 56.
CKing1 -ming2 y|g EJPj 23. 64 ff. 73.
cKing3-fo2 gif $|j 40.
CKing4 - ting3 - chu1 SlTÄ% 105.
cKiu1 -she4 84.
cKiu2-shen2-fang1 68.
chcou3 *121.
c/z'm1 -/en4 - zs^e3
CKuang2 - kung1 CKuang2 -mu3
cKuang3-ming’rh 2 7-
CKung2 -chiu3 Ept 84 ff.
CKung2 - wang2 - chih1 - shen2 62.
CKung2 -yang2 - chieh2 J|£ |^r 'j||J 84 fr.
cKü3 - cKin1 - fi1 - /<zo3 -yeh2 -^j£- 2
cAcü3 - cA'm1 - ti1 -tcai4 -t"ai4 ^
20—23.
CKü1 Yüan2 69.
cKüan2rfu2 -fu1 -jen1 17. 24. 27.
en1 -cKing4-pan1 ,qJ 120.
erh4-Kuang2 ii7ff.
Edi4-lang2 ZZL M|3 56- 63.
erh4 - shi2- s^e 4 - hsiao4 - dii2- ts^e3 _ +izg
45-
T33-Fa2-cKang2 Kuan4-tsje3
fa2 - cKuan2 £}=• 79 ff-
fa2 - tieh2 40.
Ja2-Kai2 p 39. 40. 41.
fan1 - ching1 tlT 40.
fan1 -i1 -ts^e3 ®^C^38-
Fan1- T"ang2 -yeri3 - chuan4 133.
fang4-hsiao3-ting4 )}gf yj'» 11 ff.
fang1 - sheng4 ij Bf 147.
fang4 -ta4- ting4 y/i j< 12
fen4 - chin1 <fe 4i.
fen2-cho1 59-
fen3 - hsi4 I2°-
fen3 - hsiao4 - Kua’rl‘4 öS Ä 31-
fen1 -ta4- hsiao’rh 3 25-
Feng1 -po4 Illö 53.
Feng1 -p‘o2-p"o2 57-
Feng1 - shen2 -yen3 - i4 thj* jflljl ^
feng1 -yin4 ^ fP 98 ff.
fo2 - kua4 - cK ien2 mmm
fo2- Kan2 f*||} 25. 52.
fo2-pao3 5- 22. 60.
fo2-shou3 36. 52. 94. 145 ff.
/4/2 - hsing1 jjfg 61.
128.
Hcai3 -cKao2 -chu1 V-fi 121
T5- i7-
MF
Zur Pekinger Volkskunde. 155
Ko2-KunJ-ti1
Ko2 -pao1 ffifc »•
Ko4-pcai2 'fpi 102.
H‘ou4 Hsiian1 - wu3 - chih1 -shen2 ^ ^ ^ Jjjfp 61.
Hcou4 - du3 - chih1 - s/ze'zz2 62.
H‘ou4-t‘u3-ta4- ti4 leriA'fi? 56.
hsi3 -chiao4 Ja* tj||| 17.
/zsz3 - c/zzzz3 g. M 6.
hsi3 - chu2 Ja. g 6.
hsi3-Kung2 24.
Hsi3 - Kn ei4 - chih1 - shen2 g j *} ^
hsi3 - kuo3 - ts^e3 4. 29. 32.
hsi3 - liang2
hsi3-san1 jjfe fff 3.
Hsi3 - shen2 Jal jjflfl 24. 48. 119.
hsi3-ts^e’fh4 ifi*.
Hsi1-yu2 - chi4 |jij| gp, 128.
üsz1 - wang2 - mu3 ©3E# 64.76.
hsia2-Ko4 5^. 105. 112. 113. 126.
hsia1 - ts\e3
hsiang3-fang2 ffy 19.
Hsiang1 - mei3- s^e4
hsiang1 - tao4 7^] 103.
hsiang1 - ts^e1 f=p 68.
Hsiao4 - chieh2 81.
Jisiao3 - diiao'rh 3 /M££ 144.
hsiao3-erh4-ko1 /Ja * -pfj-- 105.
Hsiao3-kuei3 /Jj Jzff^ 80.
hsiao3-ming’rh2 /Ja ttÄ 7-
hsiao3-sheng1 /J'* 2J= „o.
hsiao3-tan1 120.
hsieh2-pc en2 [[[[ :u£ 2-
hsien4-po2 j||zJ 4Ö-
hsien4 - sheng1 fett 46.
hsien4-shou2 47-
hsien4-so3 ^ 9*
/zcu2-shih2 fjjj ja, 39.
Hcu2 - tu1 - c/zz’/z1 - s/zen2 56-
Kn2 - ts^e3 - sheng1
V7C zz4 - iuez’4 ft «»■
H'ua1 - chieh3 59.
Kua1-chu2 23.
Kuad-cKeng2 85.
Hcua1-Ku2-tieh4 yfc
Kua1 - /cao1 84 ff.
/z'zza1 - tazz1 TEä 120.
Hua2 -yu2 - slian1 ftvttUi 78. 112;
Kuai2 -diao2 3.
Huang2-cKao2 J|l 97.
Kiiang2-cKien2 J^T^I 5- 22. 60.
K uang2 - K ui4
Hhid-Ko2 45-
Hcui1 - Ko2 - cKuan2 MST ÄS 45-
Kui2 -men2 um 27. 28.
K ui1-pan1
Kung2 -jen’rh2 ftAÄ 147.
Kung2 -sha4 17-
Hcuo2 - Ko2 - erh4 - shen2
/zczzo3 - Kuai4 - ts%e3 •kfä -T- 3.
Kuo2 - shang4 - ching1 f~a®m 40.
H‘uo3 - shen2 Von# 55- 68-
Hcuo3 - te2 - hsing1 - chiin1 ycüMttss.
Wilhelm Grube:156
Kuan1 -ti4 |fj 52- 53- 74- 75-
kuan1-tiao4-s%e4-se4 'jlf tp; j||^ ffi 39.
Kuan1-y in1 Tg* 52. 56.
kuei3 ^n7-
kuei4 -K ua1 95-
kuei4 - tien4 ^ 83.
Kuei3-wang2 Ä3E 80. 128.
kuei4-yüan2 fjjj 4. 52.
Kung1 - cheng4-Ku2 - shen2 A JJ7 54.
kung4-niang2-niang2 fit ^ ^ 59.
A'wo4 - h'uo3-pcen2 2i-
W-/i3 jjjg ,5. ,8. 29.
k‘ai1 - lieri3 ^ 24. 30.
riai1-lu4 jjg ii2 ff.
K'ai1 -p‘ai2 102.
K‘ai1 -shan1 Lü3-tsu3 p{§ [JL| § jjj§, 6x.’
A'zrz1 - so3 10.
k'ai1 -yin4 §f| [:[] 99-
k‘an4 - ku3 - hsiu4 74.
kcan4-yüeh4-h‘ui4 i^fjp 84.
Kc an g4 -fu4 3.
Kcang4 -kung1 $L& 57-
Kcang4-miß *J(Jl f^r 3.
A‘z<4 Jffjf. 40.
Khtei1 - hsing1 Jjl 55- 131*
A'mz1 3.
kcuri-tsao4 11
Kcung3 Ming2 ?UD3 40.
/a3 -ma1- ching1 Jljijij] ||j^ 40.
la4-pa1 -chou1 JJj|A?fö 89-
Ia4-pa1-jih4 |]f[/V 0 90.
la4-pa1 - ts‘u4 J)|| /\ 0H 89.
/a2 - js>an4 - chiao3 - ts^e3 MnmL 7.
lan3-meri -chung1 |J|f) ^ 26.
lao3-ch.cien’rh1 147.
Lao3 - lang2 - shen2 |||3 j]jjj3 119.
lao3-lao3 2-
lao3-man2 30.
lao3-sheng1 120.
lao3-tan1 120.
lao3 -tso4 -ts^e3 ML 105.
Lao3 - ts^e3 ff
Lao3-yeh2 52. 53- 75-
Lei2-kung 57-
/z4 - chih1 «tt - >* 5-
/z2 - niang2- niang2 30.
Lz4 - s/zz7z4 - hsien1 - kuan1 bl Hj fili W 56. 96. 97.
li4-ts^e3 3- 4- 29. 52.
liang3-pa’rh3-tcou2 pffJEj^Bjf 2Ö-
liao4-kang4 fjj* fff 41.
lieri -riua1 - lao4 fifi yg 100.
lieri-ts\e4 ylfl 97.
liri-pceri Eg ^ 2.
ling4-chien4 jp yjij 44-
ling2 - chih1 - tscao3 J|| JpL 94ff- 129. 140. 143. 144. 147
ling2-cho1 Hl ifj; 38-
ling4-cli i2 ))% 44-
Ling2-ying1 -Ko2-shen2 j§f| Jff§ jfäj Jllfjj 61.
liu4-ts\e3 -g" 12.
Lo2-cKa1 - riü3 58
lo4 - hsiang1 - diieri yg 68.
Lo2 - tsu3 68.
lou2 'HH 40.
Lu2 - hcuo3 -chih1 -shen2 Myc£i#s6.
Ltz3 Pari ^ 61.
lung2-fai2-Pou2 flUBM 63-
lung3-tsje3 \%L 4.5.
Lung’-wang2 f|3E 75
Lung2 - ivang2 - chih1 - s/zeYz2 M3E 56.
Lü4 -mu3-tan1 135-
Lzz3 Tung4-piri § /fpj 6l- 6^.
Liz3 - tsu3 § li. 68.
Ma3 -mien4 p|f 80.
Ma3 - ming2 - rvang2 ■%W3i 56.
Ma3-wang2 ^ ^ 75-
mai3-lu4-criien2 ^ 44-
Mai4 -yeri-chih1 ÄJ@I§ r33-
man3 - kcou3 ^ P 6.
mari-Pou2 4°-
man3 -yüeh4 i® J=! 5- 6.
man3-yüeh*-so3 ‘/^j 41 li'i 7-
Mao2 -ku1 -ku1 f MM 77
mez2 -jz?n2 1A '»•
Mei3 Ko2 hsien1 -weng1 If SflhÄ 55-
Mei2 -yao2 - chih1 - shen2 Ä Mr L JBfP 56.
men2 -Uu4 -Vieh1 H ^ W -o.
men2 -pao1 nn 20.
Men2-shen2 ™ j|jjj3 58. 93.
men4 - teng1 ß|] 38.
Mi2-le4-/o2 53-
miaoA-shou3 |SH Zj' iiq.
mien4-t‘ing2 jjfj Ap» 59.
mo4 * 120.
Mn4- lien2 g (A)3l 37- 56. 78 ff. 112.
mu4-shuz A1Ä 4- 5-
mu3 - tan1 - Kua1 95- 139-
Mu4-yang2-cKüan1 32 ff
na2 - c/zz'tz3 Po1 - * ‘ozz2 #iB*lsS 27-
Nai'-h'o2 ^ ;|if 42.
Nai3 - mu3 - niang2 - niang2 ~j£j:
zzan2 -/zz3
nao4-hsi4 120.
nao4-tung4-fang2 fffj) ‘/|p| 31-
nien4 - ching1 40. 41.
niu2 -fen4 -p\ii3 26.
niu2 - lang2 Kid4 chiK-nü3
iVzzz2 - mo2 - wang2 «I 58. 129.
Niu2-dou2 8°-
iVzzz2 - wang2 +3E 58.
vVz'n2 - wang2 - chih1 - shen2 58.
No2 -cKa4 pf p£ >’8-
niz3 - <?r/z2 - chieh2 icÄtf 74-
niz3 - /z‘az ’z-ä 2 - chieh2 77-
nü3-hsi4 A/Ö lo°-
niz3 - lao4 - ts^e3 A 100.
Niz3 - iva1 AÄ I2g-
Pa1 -chao1 -miao4 AI 124 fr.
jzzz1 - chüeh2 - ku3 100.
pa1 -hsien1 Affil 6. 96.
pal-pao3 /\ ilf I4I< J47-
pa1-pao3-cKiang1 /\ ^j§ 43-
pa1-ts^e4 /\-^ 8.
jpa1 - Asye4 - dieh’rh 1 AflÄÄ "•
■ - hsiang1 64.
2 - kua4- cKien2 |^| ^|' 97•
1 - kuo’rh3 Öl£<-
5ZZZ ’rh 4 g 7.
paP-tien’rhi Q |gß 5.
pai4-dien1 -ti4 22. 31.
Pan1 - c/zz?n3 - niang2 - niang2
pan4-san1-dien1 3-
pao3-kai4 60.
Pao1 - kung1 - an4
pao3-pcing2 jf^ 18. 27.
pao4-pci3-chai2 25.
pa’rh3~dou2 JGÄffi 102 ff
Pz-3 üTan1 53-
piao3-chi4 ^ 107.
Pien4-lu4 j[|7jc 79-
ping1 -jen2 f A 29.
Ping1-pao2-shen2-wei4 A'Hz 59-
po2 - chia1 -i1 g A 9-
po2-chia1 -so3 g ^ ^ 9.
po2-fen4 g ^ 53.
Po2 - Piz3 - chih1 - shen2 Öl^Jf
Po2-she2-chuan4 mtm 129. 130.
Po2 - z1 - sung4 - ts^e3 Kuan1 -yin1 Ö2c=üff-;
59-
po2-lu’rh4 Uff 7.
po2-shou4-i1 g ^ A 37
pu4-ts‘ai4 'ffj 25.
Pcai2 -dou2 -tieh1
pc an2 - cK ang2 i4>- >45-
p'an4-kuan 1 f'J® 79-
P'an2-dao2-Kui4 64.
P‘an2 - s^e1 - tung4 ^ /jiij 129.
PCN2 -yang3 - niang2 - niang2 pp 58. 59-
> ^
/zao1 ^ 11
pzo4-wu’rh3 47.
p‘u2-po4 62.
p‘u2 - sa1 - so3
p'u4- l!^e‘ ;(^j y- 70
# 9
sä3 -man3 -dien1 -hsing1 M 20
san1-chieh2 —• 64.
San1 - chieh4 - chih2 -fu2 - shih3 - che3
57-
said-fid zn'fjt 75 ff
san1-hsiang4 zu z8. 21.
san1 -hsiang1 ^ 26.
San1-kuo2-chih4 zu [Ü] 4°-
San1 - /ni1 -/zz1 -7'en2 — A 58'
iS« Wilhelm Grube:
San1 - kuan1 - chih1 - shen2 — 55.
San1 - /azo2 - chih4 —. HH 134-
San1 - /zn^2 - /z‘ou2 - chih1 - s/zen2 j||| ^ j]j||j 61.
San1 - tsung1 - chih1 - shen2 jjllfl 58.
san1 - wet4 - niang2 - niang2 3ll 52.
San1 -jrao2 - chih1 - s/zeV ^ jjjtjj 62.
san1-yüan2 zyjQ 141- 143.
sang1 - 7/en2 - Zs^e3 4..
sha4-ch‘i4 20. 31.
sha3-kung1-ts^e’rhi 105.
shaT-ts^e3 ff 4. 5.
Shan3- tien4 - niang2 - niang2 57-
shang4-fen2-k‘oI-tcou2 {" ^fC^nn Bll 28.
shao1 - huo2 39-
s/zao3 - /m2 ui.
she4-fan4 jjf±|^ 84.
she4 - tscao3 - kou3 92.
s/ze3 -yüan2 - tou4 66.
s/zen2 - fu2 70.
Shen2 Shu1 62. 94.
shen2-shu4 jjjt)3 ^ 40. 41.
sheng1 120.
sheng4 - shou3 - c/ze1 - /an2 im 37-
sheng1 - s^e3 -pu4 112.
S/zz4 - c/zza4 - wen2 -fo2 HMifls 53-
Shih1 - kung1 - an4 M&M 124.
shih2 Liu2 so3
shih2 -pu4 - hsien2 ft 7'RS 100. 117.
shih2 - san1-pcan2 “p EEl 26.
shih1 -shih2-po1 -po1 39.
shih1 - ts^e3 MT in ff.
Shou4-hsing1 6. 55. 96.
shou1-sheng1 -pco2 -
shuang1 - chi2 25.
shuang1 - li3 ffjjjfl 25.
Shui3-hcu3 - chuan4 A'/tHf 105.
Shui3 - lieh2 - tung4 im y(pj 128 ff.
Shuang1 - hsin1 - tou4 |||] 129.
shui3-teng1 7JC Jß$ 82.
Shun4 -feng1 - ta4 -chi2 pf 56.
shuo1-shu1-ti1 ^j§- ^ 101.
so3-ts^e3 ^ -J-* 46.
su4 - hsiao4 - h‘ua’rfl 4 *#t§SÄ3..
su4-shen’rh1
Sun1 Wu4 - k'ung1 58-
sung4 - chieh2 'ffl 81.
sung4 - chuang1 - ti1 mikffy .8-
sung4-cli in1-ti1 -t‘ai4-tcai4 Jj*, ^ i5'
20—23.
sung4-h an2 - i ■ 86.
sung4-hsi3 - chih3 3^5 -j|y- 22.
sung4-niang2-niang2 60.
sung4-san1 jjs; 7 39- 4°-
sung4-sheng4 ÜB 4°- 41 •
sang4 Tsao4 -wang2 3^fc gg, ~F 91-
Sung4 - ts^e3 - niang2 - niang2 52.
S^e4 - chieh2 - Zs'un1 Ei&W T35- 136.
S^e4 - chih2 - kung1 - tscao2 57-
S^e1 - ming4 - chih1 - shen2 HJ Iw )Ü$ 61.
57c4 -yen3 -jen2 3.
ta3-chin1 -chieh2-yen3 ^J efo- 62.
Ta3 - kun4 - cK u1 - hsiang1 tlfSbifl 132-
ta4 -mei2 -km 29.
La4 -ming2 -ts^e3 k'gff-7.
ta4-pin1 3/^^ 3°-
ta2 - ts^e3 - hsiang1 3|j| 7# 46.
Ta3-yü2 sha1-chiaI 106.
ton1 J=][ 120.
tao4 - ching1 40.
tao3-pao3-p‘ing2 27-
tao3-yu3 ^lj [Zf 97.
teng1-chieh2 ^1[] 29. 49.
teng1 -kao1 84 ff.
Zz4 - c/zz4 61.
Ti4- li3 -kuei3 80.
Ti4-tsang4-wang2-pcu2-sa1 J^jl -p 56.
80.
Tzao4 - .s'^e3 - kuei3 80.
Zzen4 - chih2 - cho1 38.
Tien4-mu3 i|) 57.
ting4 - li3 j|j|| 18.
Tou4-chen3 -niang2-niang2 3)\j 59.
Tou3 - nzu3 -yüan2 - chün1
tou1-tu4 6.
Tou’rh 4 _ chieh3 - chieh3 56. 59. 60.
Tou rh4-ko1-ko1 iä'ljf-lj' 57- 59- 60.
Tu4 -yin2 - hc o2 JSffifäJ 76.
Tuan4-ch‘iao2 Ulf 131.
tuah-wu3 JJ^[ 68 ff.
tuan1-yang2-chieh2 29.
tung4 -fang2 '/|pj jfp 31.
Tung1 -yo4 - ta4 - ti4 55-
Va4-chzing1 ^ ^ 73.
T'ai4 - shang4 - lao3 - chiin1
VaV-shih1 shao3-shih1 I».
VaV-Vou2 8.
Tcai4 -ts'ang1 -chih1 - shen2 58-
Tc ai4-yinx - chih1 - s/zen2 ±P#^JTi# 6..
Tcang2 Sanx-tsangx 58.
Viao2 - hsiang1 - tien’rh 3 103.
Vien2-Jen2 JpL^H 64.
T‘ienx - hsien1 - niang2 - niang2 52- 56. 59-
Tcienx-h‘o2-peix ^5 fäf @E 133-
t'ien1 - Kuang4 - chieh2 TclÄlfl 74-
Vien1 - kuan1 9cW 57.
Vienx-pcen2 4- 5-
Tc ien x-shui3 - /czzzzzz1 9c *81 '34- 135-
Vien2-ts'ang1 ipL-^|' 62.
Ving1 -fang2-hc ui4-hsi4 J||| 121.
Vo2-lo2-ching1 -pei4 37-
Vox-tsai4 jjjjfc 92.
V ou2 - nao3 - chiu3 lljf ]|jlj Yff 89.
£'ozz2 -Vo2 - Kuo2 - shang4 .05.
7‘ou1 -yu1 - kuei3 fjjlj 7lll j»U "2-
Tzu3 -kung1 ±T
T‘u3-mu3 I" 61.
r«3-^ ii'tb 58.
7"‘zz4 - ft'4 - cheng4 - shen2 zh IE JJi$ 56.
TcZZ4-ft'4-503 9-
Vuan2-yüan2 [4^1 [fj] 4-
Vuan2-yüan2-kuo3 (51 |Ml 29-
Tcuix-yün2-Vung’rh2 ft j| jfj^ 57-
Vungx-hsin4 J5- 29-
Vung1 -shu1 |§|" 15- 29.
fs<3n4 - /j3 kuan1) jjj|f () 31 • 46•
Tsao4 - chiu3 -hsien1 - weng4 iSÄfli)# 59.
Tsao4 -wang2 25. 58. 9rff.
Tsao4-wang2-so3 7^ -f ^ 9. 82.
tsao4-wang2 -ma3 9*-
Tseng1-fu2-ts‘ai2-shen2 4t |g Mt )W 53-
tso4 - chang4 mm -5
tso4-y eh4 4..
6$o4 -yüeh4 - ts^e3 mnT*
tsou3-fanx 42.
tezz3 - tsung1 -pan3 - tsje3 mm mt 46.
tsung4 - ts^e3 fjjjf-jE 67. 70,
tsje3-hzo2-chcex ^ 3.
Ts je3 - sun1 - niang2 - niang2 58. 59-
Zs^e4 - sun1 -po1 -po1 20.21.
/57c3 - ti4 TT, "8.
Ts^-wei'-ta'-ti, #? ® -* 'fr 57-
Ts'ai2 -kung1 StÄ ««•
Tscai2-mu3 mn *>•
Ts‘ai2-shen2 fltir# 48. 49- 52- 53-
fs'zm1 - /mg-2 |p[ 41.
tscai3-Vang2-hsieh2 20.
ts‘ai3-ts^e3 r7- 24-
Ts‘angx - ao2 - chih1 - shen2 i&BTnty 55.
Tscangx Chieh2 102.
tszou4-ts^e4 97-
^czz4 gä 4.
tszui4-cKiao’rh3 )‘y j^i r44-
tscui4-lan2 144.
Tszui4 - pcing2 - shan1 iy. miM 107.
Tscui4 -pcing2 - shan1 tai4 sha1 shan1
[ I f 108.
tszuix - sheng1 mT..
7 5czzz1 - sheng1 - niang2 - niang2 fg pfeift 58. 59-
® 4- 5-
tsfe2-ling2 41.
tsfe2-sui4 |||: 93. 98.
Tsfe4-tsje4 ^lj 119-
wai4-cKuan4 ««■
wai4-sui4 86.
Wang2 - erh4 -yeh2 - chih1 - shen2 T—MZW 56.
Wang2-mat-ma1 3E @1A? 59-
Wang2 - nai3 - nai3 IMM 66.
Wzrag'2 - tieh1 -tieh1 ^E 5 9 •
Wei2-Vo2 $|)((P£) 62.
Wen2- chüeh2 109.
wen2 - chc ang2 ü? 109.
Wen2-cKang1 ^ 55. 131.
wen3-hsi4 ff fjfj^ 119.
wen2-pco2 2.
Wen2-shu1 -pcu2-sax 6l-
wu3-chüeh2 109.
16o Wilhelm Grube: Zur Pekinger Volkskunde.
55-
wu3-cK ang2 io9-
wu2-cKang2-kuei3 ijffi ^ Bo.
\vu3-hsi4 119-
Wü3 -hsien3 -tscai2 - shen2 -ff 1
wm3 -hcu3- kun4 3LfMfä 109 ff.
wu3 - hcu3 - shen2 75-
Wu3-Kua1-tung4 3l /|p) 126.
Pffu3-kung^ fit 38. 52.
wu1-lan2-f02-na2 $£§£§£ 78.
Wll3-/^_f‘ungri_tea 54.
w«3 - se4 - Asien4 70.
wu3-shu3 JLMi 112-
Wti3 -tao4- chih1 - shen2 iltil 62.
Wu*-ti*-h‘uo3-p‘ao*-ta4-chiang4-chiin* tftl ^ ^ ^
55-
w»3 - fn2 3l# 69.
Wn3 - ta2 - chuan4 Jy fjl| 69.
\vu3-tu2-bLua’rh1 7°-
wu3 - tu2 - po1 -po1 74-
)w<3 -yüeh4 - chieh2 II« 68 ff.
jpa1 - chiao4 J[|| jjj|| 20.
ya'-k'ang4 JÜ 19.
jr^-sm4 48. 93.
jr^2 H§r II.
yang2 -chai2 28.
Yang1-ko1 104 ff.
yang1 -pang3 Jt&W 16.
Yang4 -?cou2 105.
jK^o2 - chcien2 - sAn4
yao2-pai4 15. 25.
Yao4-sheng4 Wei2-chen1-jen2 55.
yao4-wan^2 52. 55. 67.
Yen3- kuang1 -niang2 - niang2 NtUtiMK 52. 58. 59. 68.
yen4-kcou3 P 39- 40.
Yen2 -lo2-w ang2 117-
yi1 -chang1 -kung1 san1 - chih1 - hsiao3 - einen4
Ei ß ff! 18.
j^m1 11.
yin1 -chav
yin2 - chiu3
Yin1 -cli ai
yin2 - cK iao1
28.
iß« 22.
Gtü 80.
■ ÄS 45-
■/an' 51^,® 38. 45-
2 -niang2- niang2 51 itiK
yin -mi'
59. 61.
!’3 23>
jpm2 - sAan1 ffi lif 40.
ying2 - chieh2 &f& 8'-
ying2 - chuang1 - i8-
ying2 - men2-chung1 f mi. 26.
ying2 - shuang1 -Vu1 ilf 85.
ying2 -shuang1 -yen4 Jg Je 85-
ying3-1‘ing2 43-
Yü4-chih2 Kung1 (Ching1 -te2) Jp'j* j|[| piWiMi) 93fr.
Yii4 - A‘ uang2 - shang4 - ti4 siif 49- 55-
yü2 - lan2 (~pcen2) - li ui4 J ||®f- 78 ff.
Yü4-lü4 ijgj|» ('»li 62. 94.
Yü3-shih1
yü2-pco2
yü2-wengx
yüan2-fan4
57- 58.
io5-
I# io5-
Hffi 31-
yüan2 - hsiao1 ^ 49.
Yüan2 - lin2 - shu4 - shen2 \ u 61.
yuam-yuan2 l|
Yüeh4 Fei1 fjj- n8ff.
Yüeh4-lao3 83.
yüeh4 -ping3 MW 52. 83
/g (oder ) 4. 29.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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