6ERNST FRIZZI
Verstorbenen, um seine Eltern zu suchen. Es kam zu dem Flusse Oropera und konnte nun
nicht hinüber. Auf der anderen Seite des Flusses sah es eine Menge der verstorbenen Seelen.
Seine Eltern konnte es nicht entdecken. Es wurde aber von seiner Mutter erblickt, welche
erfreut, ihr Kind zu sehen, über den Fluß kam. Doch die Mutter hatte große Angst für das
selbe, denn wenn es die bösen Geister sehen, würden sie es töten. Sie sprach daher zu ihrem
Kinde: Warte bis es Nacht geworden ist, dann will ich dich mit mir nach Hause nehmen. Denn
bei Tag darf ich das nicht tun, die bösen Geister würden dich töten, wenn sie merken, daß
du nicht gestorben bist. Als die Mutter nachts ihr Kind zu sich ins Haus brachte, kamen alle
Geister in große Aufregung, denn sie vermuteten sofort, das ein lebendes Kind auf Besuch
seiner toten Eltern sich in deren Hause befinden muß. Die Geister umstellten das Haus und
sprachen: tsimate? (es starb?). Vater und Mutter aber sprachen: matesiu (es starb nicht).
Große Angst erfüllte nun die Eltern, die Mamari, eine Art böser Geister, würden das Kind
lebend verzehren. Sie sorgten daher dafür, daß das Kind wieder zurückkehre. Sie gaben ihm
eine Bambusflöte, welche damals noch nicht bekannt war und lehrten dem Kinde auch das
Spiel auf dieser. Sie schärften demselben ein, unterwegs darauf keinen Lärm zu machen,
sonst würde es dadurch die Geister anlocken und sich auf diese Weiss der Gefahr aussetzen,
von denselben getötet zu werden. Erst wenn du zu Hause bist, sagten sie, darfst du auf der
Flöte spielen. Das Kind befolgte aber diesen Ratschlag nicht und probierte die Flöte schon
vorher. Die Geister kamen und nahmen dem Kinde das Instrument weg. Dem Kinde selbst
taten sie aber nichts zu leide. So wäre jedenfalls das Flötenspiel auf der Erde nicht bekannt
geworden, ohne dasselbe ist das sing-sing jetzt undenkbar, wenn nicht eine andere Begeben
heit, von der die zweite Geschichte berichtet, sich zugetragen hätte.
II.
Baitsinani und seine Frau Bari suchten nach Fischen im Meere. Da kam der Bruder des
Baitsinani namens Tebu hinzu und entbrannte in heißer Liebe zu seiner Schwägerin. Baitsinani
sah dies und wurde darüber sehr traurig. Er dachte aber dabei an nichts Schlimmes. Die
beiden anderen hielten sich im Wasser versteckt und begingen einen Ehebruch. Als die Frau
zu ihrem Manne zurückkehrte, sah er Blut an ihrem Körper und auf seine Frage legte ihm
Bari ein Geständnis ab. Baitsinani beschloß nun, sich an seinem treulosen Bruder zu rächen.
Er bat seinen Bruder, ihn zu diesem Zwecke auf einer Kahnfahrt zu begleiten. Derselbe wil
ligte ein, und sie fuhren hinaus auf das offene Meer. Als sie soweit waren, nahm Baitsinani
eine Kokosnus, um sich zu erfrischen. Er spaltete sie mit einem Messer und ließ eine Hälfte
davon, wie aus Versehen, in das Wasser fallen. Daraufhin sprang Tebu ins Wasser, um
wieder herauszuholen. Diesen Augenblick benützte der betrogene Ehemann, um eilends davon
zu rudern. Doch zu Tebu kam ein Fisch geschwommen und sprach zu ihm: Wenn du mir
ein Stück von deiner Kokosnuß gibst, will ich dir helfen, daß du unversehrt an die Küste
zurückkommst. Das geschah. Als der erste Fisch ermüdet war, wurde derselbe von einem
zweiten Fisch abgelöst, dem Tebu für seine Hilfeleistung ebenfalls ein Stückchen von seiner
Nuß zu essen gab. Auch eine Schildkröte nahm sich des Tebu an. So wechselten oftmals die
Tiere des Meeres, und Tebu gelangte glücklich wieder ans Land. Er ging zu seiner Mutter
Murauna, die aus Freude über die glückliche Rettung ihres Sohnes den Fischen zu Ehren ein
großes Festessen veranstaltete. Viele Schweine wurden geschlachtet und den Fischen vorge
setzt. Nachdem die Fische sich so reichlich bewirtet fanden, ergriffen sie zum Erstaunen der
Eingeborenen ihre Bambusflöten und begannen zu diesem eigenartigen Flötenspiel einen nicht
minder wunderlichen Tanz aufzuführen. So lernten die Eingebornen das Flötenspiel und den
Tanz kennen, und so erklärt man sich auch das dabei eigenartige Wippen und Nicken, welches
diesen Tanz auszeichnet.